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MELDUNG/158: Trierer Forscher eröffnen Sperrfeuer in der Harzhornschlacht (Universität Trier)


PRESSEMITTEILUNG DER UNIVERSITÄT TRIER - 28.11.2012

Trierer Forscher eröffnen Sperrfeuer in der Harzhornschlacht

Team um Prof. Christoph Schäfer führt rekonstruierte römische Feldgeschütze vor



Wissenschaftler der Universitäten Trier und Osnabrück sowie der Helmut- Schmidt-Universität der Bundeswehr Hamburg haben auf dem historischen Schlachtfeld am Harzhorn im Kreis Northeim authentische Rekonstruktionen römischer Feldgeschütze vorgeführt. Die Universität Trier war mit einem Team und einem Geschütztyp vertreten. Den Wissenstransfer in die Schule leisteten Lehrer und Schüler des Gymnasiums Ising. Gefördert wurde das Projekt von der Varus-Gesellschaft in Osnabrück.

Es ist kalt an diesem Novembermorgen. Die Bedienmannschaften stehen fröstelnd um ihre Geschütze und nehmen letzte Justierungen vor. Gleich wird die Batterie römischer Feldgeschütze das Feuer eröffnen und den gegenüberliegenden Hügel mit Sperrfeuer belegen. Die Szenerie erinnert an das Jahr 235 n. Chr., dem vermeintlichen Datum der Harzhornschlacht zwischen Römern und Germanen. Anders als damals wird an diesem Tag jedoch nicht auf lebende Ziele geschossen. Vielmehr steht heuer die Präsentation rekonstruierter römischer Feldgeschütze an. Eine Gruppe der Geschützkonstrukteure kommt von der Universität Trier.

Die Trierer Wissenschaftler unter Leitung des Althistorikers Prof. Dr. Christoph Schäfer haben knapp zwei Jahre an der Rekonstruktion des römischen Feldgeschützes gearbeitet. "Neben der authentischen Rekonstruktion geht es uns vor allem um die intensive Erprobung und Untersuchung der verschiedenen Geschütze. Hierfür setzen Ballistiker der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg modernste Messtechnik ein", erklärt Schäfer. Um möglichst gute Ergebnisse zu erzielen, sollen die Geschütze bis zur maximalen Belastung getestet und zur Untersuchung der klimatischen Einflüsse verschiedenen Bedingungen wie Kälte, Hitze oder Nässe ausgesetzt werden.

Zu Beginn der Arbeiten stand die Auswertung der archäologischen Befunde und literarischen Quellen der Antike. Unter Berücksichtigung technischer Überlegungen und der Beschaffenheit und Belastbarkeit des Materials wurden im Anschluss dreidimensionale CAD-Zeichnungen erstellt, die den Betrieb der jeweiligen Geschütze theoretisch umsetzten. Erst dann konnte an die eigentliche Produktion der Waffen gegangen werden. Dabei baute jede Projektgruppe jeweils einen anderen, zeitlich verschiedenen Geschütztyp, die später im direkten Vergleich getestet wurden. Gerade durch diese vergleichenden Ergebnisse ist es möglich, Entwicklungstendenzen zu erkennen und die sukzessive Verbesserung der Geschütze über die Jahrhunderte hinweg zu erschließen.

Insgesamt sechs Feldgeschütze standen bei der Vorführung am Harzhorn aufgereiht zum Abschuss bereit. Als letztes Team machten sich die Trierer für ihre Schüsse bereit. Die Projektleiter Christian Nitschke und Marcel Simonis kommandierten jeweils eines der beiden Geschütze vom Typ "Caminreal/Teruel". Sie wurden unterstützt von Arne Döpke und Peter Pfeiffer, die beide maßgeblich an dem Nachbau mitbeteiligt waren. Simon Thijs dokumentierte den Auftritt mit der Videokamera. Trotz aller Anstrengungen schafften es die Trierer, wie auch zuvor ihre Kollegen, nicht, die in knapp 50 Metern Entfernung aufgestellten Zielscheiben zu treffen. Weitere Fehlschüsse hätten die Reputation des ganzen Projektes in Zweifel ziehen können. Noch einmal wurden die Geschütze geladen. Ein dumpfer Knall ließ alle Anwesenden aufhorchen. Mit dem letzten Schuss des Tages traf eines der Trierer Geschütze den als Ziel aufgestellten römischen Schild.

"Glück gehabt", sagte Schütze Arne Döpke, unterschlug dabei jedoch, dass dies nur ein geringer Teil des Erfolges war. Mit Glück allein haben die Römer ihre Schlachten nicht gewonnen, sondern mit Disziplin, Effizienz und technischer Überlegenheit. Das bestätigte auch Marcel Simonis: "Ein nicht unwesentlicher Bestandteil dieser technischen Überlegenheit war die Feldartillerie, die jede Legion im Geschützpark mitführte."

Die römischen Geschützmannschaften waren allerdings Profis, die neben der Konstruktion auch die Bedienung perfekt beherrschten und die aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung die Bolzen mit tödlicher Präzision ins Ziel brachten.

Hintergrund

Das Projekt "Rekonstruktion und Test römischer Feldgeschütze" wird von der Varus-Gesellschaft zur Förderung der vor- und frühgeschichtlichen Ausgrabungen im Osnabrücker Land e.V. getragen. Neben den Wissenschaftlern und Studenten der Universität Trier sind die Helmut- Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg, die Universität Osnabrück und das Gymnasium LSH Schloß Ising (Chiemsee) beteiligt. Technische Unterstützung erhalten die Projektteilnehmer von Ingenieur Hans-Werner Berg, der als Mitglied der I. Roemercohorte Opladen e.V. bereits Erfahrung mit dem Nachbau römischer Geschütze gesammelt hat.

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Quelle:
Pressemitteilung: 183/2012 vom 28.11.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 30. November 2012