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MITTELALTER/018: Eher auf dem Weg des Friedens als des Krieges... (RUBIN)


RUBIN - Wissenschaftsmagazin, Herbst 2008
Ruhr-Universität Bochum

Eher auf dem Weg des Friedens als des Krieges...
Polemik contra Verständigung - zwei Stimmen zum "islamischen Problem" um die Mitte des 15. Jahrhunderts

Von Reinhold F. Glei und Concetta Finiello


Niemand im Abendland sah im ausgehenden Mittelalter die Möglichkeit einer dauerhaften friedlichen Koexistenz zwischen Christentum und Islam. Doch während "Hardliner" in ihren Schmähschriften kein gutes Haar an der "Sekte" Muhammads ließen und zum Kreuzzug gegen die Türken trommelten, machten sich andere für ein vertieftes Verständnis des Islams stark - etwa durch eine penibel genaue Koran-Übersetzung: "...damit die Menschen ihn Schritt für Schritt durchlesen und ihn entweder glauben, oder eben nicht."


*


Spätestens nach der Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Türken, die im Abendland einen Schock auslöste, hatte auch die lateinische Kirche ein globales Problem: den Islam. Wie zu erwarten war, stritt man um den richtigen Weg und die geeigneten Strategien, dieses "islamische Problem" zu lösen. Zwei besonders markante Stimmen waren die zweier spanischer Theologen, die die zeitgenössischen Gegensätze besonders deutlich verkörperten: Juan de Torquemada und Juan de Segovia. Doch beginnen wir mit den Gemeinsamkeiten. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts hatte man im Westen ungefähr folgendes Bild vom Islam: Der Islam, so die allgemeine Meinung, sei keine eigenständige, von Gott gestiftete Religion, sondern ein Konglomerat heidnischer, jüdischer und christlich-häretischer Lehren. Muhammad, der Prophet des Islams und Empfänger der koranischen Offenbarung, sei ein Betrüger, der aus Machtstreben die Menschen zu seiner gefährlichen Irrlehre verführt habe, indem er ihnen im Vergleich zum Christentum (Dreifaltigkeit aus Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist) einfach gestrickte Glaubensaussagen ("Es gibt keinen Gott außer Gott") angeboten und für das Jenseits statt der (für viele wenig verlockenden) seligmachenden Schau Gottes vor allem handfeste sinnliche Genüsse (Essen und Trinken, Verkehr mit schönen Jungfrauen) versprochen habe. Der Koran, das heilige Buch der Muslime, sei reines Menschen- oder vielmehr Teufelswerk, enthalte ungezählte Widersprüche und Ungereimtheiten, sei konfus und überhaupt auf weite Strecken unverständlich.

Die tatsächlichen Kenntnisse über den Islam in jener Zeit waren dürftig und stützten sich fast ausschließlich auf eine Sammlung arabischer Schriften, die um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Toledo zusammengestellt worden war, das sog. Corpus Toletanum. In der berühmten Übersetzerschule von Toledo waren damals der Koran und einige weitere Schriften aus der islamischen Traditionsliteratur ins Lateinische übersetzt und in ganz Europa verbreitet worden. Besonders die Koranübersetzung - als Initiative ja durchaus verdienstvoll - war allerdings durch so viele Fehler, Auslassungen, Missverständnisse und bewusste Verfälschungen gekennzeichnet, dass sich ein authentisches Bild des Islams daraus schwerlich gewinnen ließ. Dennoch blieb sie nicht nur das gesamte Mittelalter hindurch die entscheidende Quelle für das Abendland, sondern auch noch bis weit in die Neuzeit, da sie 1543 in Basel im Druck erschien und so die alleinige Grundlage für Übersetzungen in die europäischen Volkssprachen wurde.

In nur vier Monaten verfasste "Chefideologe" Torquemada ein Kompendium der 40 wichtigsten Irrlehren des Islams samt deren Widerlegung

Als Konstantinopel fiel, hielt auch im Westen die Türkenfurcht Einzug: Man musste jetzt nach Wegen suchen, mit dem "islamischen Problem" fertig zu werden - sei es mit kriegerischen Mitteln, sei es durch eine friedliche Verständigung. Beide Positionen fanden ihre Befürworter, aber bei aller Verschiedenheit in der Methode gingen beide davon aus, dass der Islam unter allen Umständen besiegt werden müsse, und man war hier nicht zimperlich in der Wortwahl: Selbst gemäßigte Vertreter sprachen von "vernichten", "auslöschen" usw. Niemand im Abendland sah die Möglichkeit einer dauerhaften friedlichen Koexistenz.

Zu den Hardlinern gehörte auch der italienische Humanist und Kirchenpolitiker Enea Silvio de' Piccolomini, der unermüdlich die Idee eines neuen, paneuropäischen Kreuzzugs gegen die Türken verfocht. Als er im August 1458 Papst wurde (Pius II.), sah er die Gelegenheit gekommen, sein Programm durchzusetzen, und lud bereits im Oktober desselben Jahres die europäischen Fürsten zu einem Kongress nach Mantua ein, um den Kreuzzug vorzubereiten. Als "Chefideologen" berief er den ebenso scharfzüngigen wie papsttreuen Kurienkardinal Juan de Torquemada (s. Info 1) in sein Team und beauftragte ihn mit der Abfassung eines antiislamischen Traktats. Da er selbst, Pius, vom Islam keine Ahnung hatte, wollte er sich auf diese Weise das nötige theologische Rüstzeug und einen Fundus von Argumenten verschaffen. Juan de Torquemada, der seine Islamkenntnisse freilich ebenfalls nicht authentischer Quellenlektüre, sondern dem Studium einschlägiger antiislamischer Literatur verdankte, verrichtete seine Arbeit gründlich und bot nach nur etwa vier Monaten (ca. Januar 1459) dem Papst ein Kompendium der 40 wichtigsten Irrlehren samt Widerlegung an (s. Info 2, Abb. 2), das in seiner polemischen Schärfe nichts zu wünschen übrigließ: An der "Sekte" Muhammads, wie der Islam verächtlich genannt wurde, und am Propheten selbst ließ er kein gutes Haar (s. auch Info 3); daneben nehmen sich heute umstrittene Karikaturen eher schmeichelhaft aus.

Um ein Beispiel dieser Polemik zu geben, sei ein Zitat angeführt, das das übliche Sprachniveau dieser Auseinandersetzung deutlich machen kann. Die Intention seiner Schrift umreißt Juan de Torquemada mit den Worten: "Ich will aber vor allem zeigen, dass Muhammad ein Lügenprophet war, der sein Volk verführt hat, und dass sein Gesetz (gemeint ist der Koran) nicht von Gott, sondern vom Teufel stammt, und dass seine Irrlehre gleichsam wie eine Kloake die Irrtümer sämtlicher Häretiker versammelt hat." Dass derartige Entgleisungen nicht bloß einem vergangenen "finsteren Mittelalter" angehören, haben auch Ereignisse aus der jüngsten Vergangenheit in erschreckender Weise gezeigt.

Als Pius II. sah, dass seine Kreuzzugspläne bei den europäischen Machthabern auf wenig Begeisterung stießen, entschloss er sich zu einem heute verzweifelt wirkenden Versuch, den osmanischen Sultan mittels eines langen Briefes zum Christentum zu bekehren und die Türken so ins christliche Abendland zu integrieren. Wie unzureichend dieser Versuch war, zeigt die Tatsache, dass der Papst dabei über weite Strecken auf den Traktat Juan de Torquemadas zurückgriff, ja ihn teilweise wörtlich abschrieb, obwohl dieser ja kaum geeignet war, beim Gegenüber Wohlwollen zu erwecken. Pius milderte nur die allerschärfste Polemik und die übelsten Ausfälle, blieb aber ansonsten bei der "Holzhammermethode" seines ideologischen Vordenkers, den Islam in Bausch und Bogen zu verdammen und als teuflische Erfindung darzustellen. Ob der Brief seinen Adressaten jemals erreichte, ist unbekannt; wenn ja, hätte der Sultan ihn wohl kaum einer Antwort gewürdigt.

Papst Pius II.: Zuerst Kreuzzugspläne gegen die Türken, dann der Versuch, den osmanischen Sultan zum Christentum zu bekehren

Bei seiner "Widerlegung" des Islams stützte sich Juan de Torquemada einerseits auf Schrift-, andererseits auf Vernunftbeweise, eine in der Bekämpfung der Juden und christlicher Häretiker seit Jahrhunderten bewährte Praxis. Dabei werden angebliche Irrlehren zunächst mit möglichst vielen Zitaten aus dem Alten und ggf. dem Neuen Testament (also der auch vom jeweiligen Gegner anerkannten Offenbarung) widerlegt, um dann zusätzlich eine auf der bloßen Vernunft basierende Argumentation anzuschließen. Das hört sich eigentlich plausibel an; gegenüber dem Islam aber steht zumindest die erste Beweismethode auf sehr schwachen Füßen, da der Koran zwar die vor ihm herabgesandten Schriften (Torah und Evangelium) als prinzipiell authentische Offenbarung anerkennt, deren Abweichungen von der letztgültigen, koranischen Offenbarung aber damit erklärt, dass Juden und Christen im Laufe der Zeit ihre heiligen Schriften nicht authentisch bewahrt hätten. So hätten etwa die Christen das Evangelium gefälscht und behauptet, Jesus sei von den Juden gekreuzigt worden; in Wahrheit habe Gott ihn aber vor diesem schmählichen Tod bewahrt und zu sich entrückt, weil er ein großer Prophet gewesen sei. Damit wird natürlich die ganze christliche Erlösungstheologie hinfällig, was den Theologen Torquemada empört und zu wortreichen Darlegungen über die Heilsnotwendigkeit des Kreuzestodes Christi veranlasst hat.

Der Schriftbeweis, den Juan de Torquemada extensiv anwendet, ist also gegenüber dem Islam streng genommen gar nicht anwendbar, da alle zum Beweis herangezogenen Schriftstellen unter dem Generalverdacht der Verfälschung stehen. Mit den Vernunftbeweisen hat sich der Autor dann aber gar nicht mehr so viel Mühe gegeben und hauptsächlich schulmäßige Argumente aus Thomas von Aquin abgeschrieben. Er begründet z.B. ausführlich, warum Gott und die Engel unkörperlich seien, und greift den Koran wegen seines angeblich primitiven, anthropomorphen Gottes- und Engelbildes an. Das klingt vernünftig, hat jedoch den Schönheitsfehler, dass wir auch in der Bibel eine ebenso anthropomorphe Vorstellung von Gott und den Engeln finden. Die überraschende Antwort Torquemadas auf dieses Problem lautet, dass die Bibel an diesen Stellen bloß metaphorisch rede. Dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird, liegt auf der Hand. Und noch eine andere Kostprobe des "Vernunftbeweises": Dass der Islam die Polygamie erlaube, widerspreche vernünftiger Einsicht, da es ungerecht sei, wenn ein Mann mehrere Frauen, eine Frau aber nicht mehrere Männer haben dürfe. Dem wird man zustimmen können, aber dabei wird geflissentlich verschwiegen, dass nicht nur der Koran, sondern auch die Bibel von einer Gleichberechtigung der Geschlechter weit entfernt ist.

Während der Papst und sein Chefdenker also auf diese Weise ihre Ansichten formulierten und in der christlichen Welt entsprechenden Einfluss ausübten - ein Maßstab dafür ist die weite Verbreitung dieser Werke in Handschriften und später im Buchdruck -, verhallten andere Stimmen weitgehend ungehört. Doch es gab sie immerhin, und das allein ist in dem oben skizzierten geistigen Milieu schon bemerkenswert. Der deutsche Kardinal Nikolaus von Kues entwarf in seiner kurz nach dem Fall Konstantinopels verfassten Schrift "Über den Religionsfrieden" die utopische Vision einer globalen Konferenz der Religionen, auf der Christus selbst die widerstreitenden Parteien von der Wahrheit des Evangeliums überzeugen sollte; später verfasste er noch eine spezielle Untersuchung des Islams ("Sieb des Korans"), in der er nachweisen wollte, dass auch im Koran, wenn er erst einmal von den Irrtümern gereinigt sei, die Wahrheit des Evangeliums aufscheine.

Doch nicht von dem berühmten Cusaner soll hier die Rede sein, sondern von einem bisher weniger beachteten Theologen, der große Verdienste um eine friedliche Auseinandersetzung zwischen Christentum und Islam hat: Juan de Segovia (s. Info 4). Er kann in vieler Hinsicht als Gegenbild zu seinem spanischen Landsmann Juan de Torquemada gelten: Schon auf dem Konzil von Basel (1431-1449) trafen die beiden vehement aufeinander - Torquemada als Vertreter eines universalen päpstlichen Machtanspruchs, Segovia als Befürworter der Konzilsautorität. Nach dem Konzil wirkte Torquemada weiterhin als kirchenpolitische Allzweckwaffe im Dienst mehrerer Päpste, wurde zeitweise sogar selbst als papabile gehandelt, während Segovia sich in die Einsamkeit eines Benediktinerklosters in den Alpen zurückzog, um sich fortan bis zu seinem Tod Studien über den Islam zu widmen. Er verfasste zunächst eine ausführliche Widerlegungsschrift gegen den Islam, die er in Anspielung auf die seinerzeit diskutierten Kreuzzugspläne programmatisch mit "Über den geistigen Kreuzzug gegen den Islam" betitelte (so würde man heute übersetzen; in der Sprache der Zeit heißt es wörtlich: De mittendo gladio divini spiritus in corda Sarracenorum - "Über den Schwertstoß des göttlichen Geistes in die Herzen der Sarazenen"). Doch die Schrift blieb unvollendet liegen, weil Juan de Segovia im Verlaufe der Arbeit gemerkt hatte, dass die Quellen, die ihm zur Verfügung standen, insbesondere die alte lateinische Koranübersetzung, unzureichend waren.

Spektakuläres Projekt des 15. Jahrhunderts: Eine Koranübersetzung als christlich-muslimisches Gemeinschaftsunternehmen

Hier begann nun das spektakulärste Projekt des ausgehenden Mittelalters: Eine Neuübersetzung des Korans als christlich-muslimisches Gemeinschaftsunternehmen. Juan de Segovia hatte erkannt, dass man nur durch eine genaue Kenntnis des Korans überhaupt in einen Dialog mit den Muslimen werde eintreten können. Zwar blieb das Fernziel die Bekehrung der Muslime, aber jetzt stand zunächst einmal ein vertieftes Verständnis des Islams im Vordergrund. Dem ehemaligen Diplomaten gelang es, den Korangelehrten und Vorsteher der muslimischen Gemeinde seiner Heimatstadt Segovia, Isa Gidelli, durch Geld und gute Worte für das Projekt zu gewinnen und in die Bergeinsamkeit von Savoyen zu locken. In mehrmonatiger Arbeit übersetzte Isa den Koran aus dem Arabischen in die kastilische Volkssprache, da er des Lateinischen nur sehr unvollkommen mächtig war. Dabei verpflichtete Juan de Segovia ihn, bei der Übersetzung penibel genau, ja Wort für Wort zu verfahren, um den Wortlaut des Korans möglichst authentisch abzubilden. Er selbst übertrug dann die kastilische Version seinerseits Wort für Wort ins Lateinische, wobei er sich nicht scheute, sogar die lateinische Grammatik zu misshandeln, um das arabische Original auf keinen Fall zu entstellen.

So entstand der berühmte dreisprachige Koran des Juan de Segovia: In zwei Kolumnen stand links der vollständig vokalisierte arabische Text, von Isa selbst geschrieben, rechts die von einem Schreiber ebenfalls kalligraphisch gestaltete spanische Übersetzung, zwischen deren Zeilen in roter Tinte die lateinische Übersetzung des Juan de Segovia. Dieses großartige Dokument christlich-muslimischer Verständigung ist verschollen, ein unersetzlicher Verlust für die Wissenschaft; der Verdacht liegt nahe, dass es, weil es kirchenpolitisch nicht opportun war, eine friedliche Auseinandersetzung mit dem Islam zu suchen, absichtlich beseitigt wurde.

Nur das Vorwort zu dieser Koranübersetzung blieb in einer vatikanischen Handschrift erhalten, weil Juan de Segovia es, zusammen mit seiner weitverzweigten (heute würde man sagen: vernetzten) Korrespondenz bezüglich des "islamischen Problems", separat Enea Silvio übersandte. Auch der Islamtraktat, den Juan de Segovia aufgrund der durch die neue Übersetzung gewonnenen Erkenntnisse zu überarbeiten begonnen hatte, ist zufällig erhalten, allerdings nur in einer einzigen, nicht sehr zuverlässigen Handschrift. Gedruckt wurde er, im Gegensatz zum Papstbrief und Juan de Torquemadas Pamphlet, nie. So bleibt am Ende als Mahnung die Frage, die Juan de Segovia bereits 1454 brieflich an seinen Freund Nikolaus von Kues stellte: "ob man nicht, von der notwendigen Verteidigung abgesehen, viel mehr den Weg des Friedens als des Krieges zur Überwindung der Sekte Muhammads beschreiten solle". Heute, im Zeichen globaler Koexistenz, stellt sich die Frage anders, aber nicht weniger aktuell.


Prof. Dr. Reinhold F. Glei, Concetta Finiello, Klassische Philologie, Fakultät für Philologie


info 1

Juan de Torquemada

*1388 in Vallodolid, 1403 Eintritt in den Konvent von San Pablo, Studium in Salamanca und Paris (1425 Magister der Theologie). 1431 Reise als Ordensdelegierter zum Basler Konzil, wo Papst Eugen IV. dem unermüdlichen Verteidiger der päpstlichen Autorität das Magisterium des apostolischen Palastes (1434) übertrug und den Ehrentitel defensor fidei (1439) verlieh. Nach seiner Ernennung zum Kardinal (1439) stand er fortan im diplomatischen Dienst des Papstes, mit dessen Rückkehr nach Rom (1443) der Haustheologe Torquemada seinen Auftrag als erfüllt ansah. In der Folgezeit widmete er sich vornehmlich der literarischen Tätigkeit, in der u.a. sein Hauptwerk Summa de Ecclesia (1453) entstand. Mit der Wahl von Enea Silvio de' Piccolomini zum Papst (1458) betrat Torquemada als Widersacher des Islams wieder das öffentliche Parkett, das er aber nach dem Scheitern der Kreuzzugpläne (1464) ruhmlos verließ; stattdessen widmete er sich bis zu seinem Tod (26.9.1468) kirchlichen und literarischen Arbeiten.


info 2

Juan de Torquemada

Tractatus contra principales errores perfidi Machometi
Kap.1-6:
Einleitung
 1.-3.
 4.

 5.
 6.
Muhammad als falscher Prophet
Der Islam ist keine eigenständige Religion, sondern ein
Konglomerat von Häresien
Methodische Grundlagen: Schrift- und Vernunftbeweis
Übersicht über die Hauptirrlehren
Kap.7-47:
Die 40 Hauptirrlehren
 7-13.
 14.
 15-17.
 18.
 19-20.
 21-22.
 23-28.
 29-30.
 31-32.
 33-36.
 37-38.
 39.
 40.
 41.
 42-45.
 46.
 47.
Irrlehren 1-7: Irrtümer über Trinität und Christologie
Irrlehre 8: Schriftverfälschung durch Juden und Christen
Irrlehren 9-11: Gottesbild, Prädestination
Irrlehre 12: Beschneidung
Irrlehre 13-14: Bilder- und Heiligenverehrung
Irrlehren 15-16: Heilsinklusivität vs. -exklusivität
Irrlehren 17-22: Engel und Dämonen
Irrlehren 23-24: Seelenlehre
Irrlehren 25-26: Kosmologie
Irrlehren 27-30: Ehe, Scheidung, Sexualität
Irrlehren 31-32: Paradies
Einschub: Antwort auf einige Argumente Muhammads
Irrlehre 33: Weinverbot
Irrlehre 34: Verhältnis der Schöpfung zu Gott
Irrlehren 35-38: Maria im Islam
Irrlehre 39: Propheten und Apostel als erste Muslime
Irrlehre 40: Generelle Falschheit und Lügenhaftigkeit
Kap.48-50:
Schlussteil
 48.
 49.
 50.
Vorzüge des christlichen Glaubens gegenüber dem Islam
Gründe für die weite Verbreitung des Islams
Aufruf zum Kreuzzug

info 3

Segovia versus Torquemada

Incantat proh dolor quam plurimos Machumeti secta leniter, sed non sapienter. Equidem superficialiter illam intuentibus apparentiam exhibet quandam verisimilitudinis. Quod agnovi experimento. Nam cum nonnullis etiam doctis viris aliquando ostenderim, prout occurebat, Alqurani librum de Azoara una vel pluribus legendo illis, velut de me causabantur, quare librum non communicarem, cum in illo multae continentur utiles exhortationes ad mores bonos. (fol. 10v)

Ach so viele verzaubert sanft, aber ohne Weisheit, die Sekte Muhammads! Denn denen, die sie nur oberflächlich anschauen, vermittelt sie den Anschein von Wahrscheinlichkeit. Das habe ich durch eigene Erfahrung festgestellt. Denn als ich einigen, und zwar sogar gelehrten Männern, wie es sich ergab, das Buch des Korans zeigte und ihnen aus der einen oder anderen Sure etwas vorlas, stritten sie geradezu mit mir, warum ich das Buch nicht weitergebe, da in ihm viele für die guten Sitten nützliche Ermahnungen enthalten seien.

"Ideo pedetentim Alquranum posuimus, ut homines pedetentim ipsum perlegant seu credant seu minime." Itaque tam laudantes quam redarguentes, ut plena illius intelligentia habeatur, pedetentim legere oportet, quod a principio non feci. (fol. 12r)

"Daher haben wir den Koran Schritt für Schritt geoffenbart, damit die Menschen ihn Schritt für Schritt durchlesen und ihn entweder glauben oder eben nicht." (Koran, Sure 17,106-107) Deswegen müssen die, die ihn loben oder anzweifeln, Schritt für Schritt lesen, um ihn voll zu verstehen, was ich am Anfang nicht gemacht habe.

(aus: Juan de Segovia, De mittendo gladio divini spiritus in corda Sarracenorum, einzige erhaltene Handschrift: Sevilla, Biblioteca Colombina, Ms. 7-6-14)


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Quod vero post alios, qui contra Machometum aliqua desudasse reperiuntur, aliquid scribere voluerim, non arrogantiae aut temeritati attribuendum est, sed quodammodo necessitati, quoniam illorum tractatus potius historiam originis et vitae Machometi ac eius fabulas texere, quam errores eius perniciosos contra Catholicam fidem bonosque mores repellere nisi sunt, quod maximum prosequendum esse videtur. (fol. 3va-b)

Dass ich aber nach (all den) anderen, die sich gegen Muhammad etwas abgeschwitzt haben - so hat man den Eindruck -, auch etwas schreiben wollte, geschah nicht aus Arroganz oder Unüberlegtheit, sondern gewissermaßen aus Notwendigkeit, da deren Traktate eher die Geschichte von Muhammads Herkunft und seiner Biographie sowie seine Märchen nacherzählen wollten als seine verderblichen Irrtümer gegen den katholischen Glauben und die guten Sitten zu widerlegen - was doch vordringlich verfolgt werden müsste.

Sic in secta Machometi convenit: ibi enim nonnulla vera inserta sunt, sicut de unitate dei, de uno colendo deo, et malis bona commixta, sicut de eleemosynis faciendis et aliquando ieiunare et huiusmodi, quod sit causa fallendi, ut falsa propter vera credantur et ut mala propter bona recipiantur. (fol. 10rb)

(Dass sie eine Häresie ist), trifft auch auf die Sekte Muhammads zu: Dort sind nämlich einige Wahrheiten eingestreut, z.B. über die Einzigkeit Gottes und die Verehrung des einen Gottes; dem (ansonsten) Schlechten ist auch Gutes beigemischt, z.B. über das Geben von Almosen und über das zeitweilige Fasten und dergleichen, was der Täuschung dient, damit das Falsche wegen des Wahren geglaubt und das Schlechte wegen des Guten angenommen wird.

(aus: Juan de Torquemada, Tractatus contra principales errores perfidi Machometi, 14 Handschriften erhalten, Erstdruck: Brüssel, ca. 1475-1480)


info 4

Juan de Segovia *~1393 in Segovia, Studium und später Lehrstuhlinhaber der Theologie in Salamanca (1418-1433), 1430 Ernennung zum päpstlichen Referendar. Segovia zeigte schon früh Interesse am Islam und suchte den Dialog mit den Andersgläubigen; 1431 führte er erstmals ein Religionsgespräch mit dem muslimischen Gesandten des Königs von Granada, dem weitere folgten. Wenig kompromissbereit gab sich Segovia auf dem Konzil in Basel. Der entschiedene Verfechter des Konziliarismus verfasste eine wortgewaltige Rede, aufgrund derer der Papst im Mai 1439 zum Häretiker erklärt und seines Amtes enthoben wurde. Er gehörte zu den 33 theologischen Wahlmännern, die am 5. November 1439 den Grafen Amadeus von Savoyen zum Gegenpapst Felix V. wählten, wofür dieser ihn zu Kardinal ernannte. Mit der Auflösung des Konzils (1449) trat er von der öffentlichen Bühne ab und zog sich bis zu seinem Tod (14.5.1458) in das Kloster Ayton in Savoyen zurück.


info 5

Aus dem philologischen Alltag: Handschriftenvergleich und Edition

Immer so nah wie möglich an der Urschrift lautet die Devise und das heißt, die überlieferten Handschriften - sog. Textzeugen - miteinander zu vergleichen.

Juan de Torquemadas Tractatus ist durch eine Vielzahl von Textzeugen überliefert. 14 Handschriften und 5 Drucke sind bisher bekannt, die den Bochumer Philologen aus verschiedenen Bibliotheken in Form von Mikrofilmen oder Papierkopien zur Verfügung stehen. Als Arbeitsgrundlage dient der frühe Brüsseler Druck des Traktats (ca. 1475-80), von dem eine elektronische (buchstabengetreue) Reproduktion (Transkription) angefertigt wurde. Sämtliche Textzeugen - versehen mit einer Sigle aus den Anfangsbuchstaben der die Schrift besitzenden Bibliothek und jeweiliger laufender Nummer (tiefgestellte Ziffer) - werden Wort für Wort miteinander verglichen und die vom Brüsseler Druck abweichenden Lesarten an entsprechender Stelle vermerkt (Kollation, s.u.). Abweichungen können auf Verwechslungen ähnlicher Buchstaben, falscher Auflösung von Abkürzungen und Abschreibefehlern bis zu eigenmächtigen Ergänzungen der Schreiber beruhen, wie der nachfolgende Ausschnitt aus der Kollation zeigt:

asserit enim deum esse corporeum
   corporeum esse S2
   corporeum esse S1
   corporeum esse V3
   corporeum esse T

V4 = corporeum esse V2
     corporeum esse Pa

et habentem membra corporea
corporea membra V3
mebra T
sicut manus pedes oculus ??
sicut manus pedes oculus et cetera S1
sicut manus pedes oculus et cetera
sicut manus pedes oculus et cetera V3
sicut manus pedes oculus et cetera

V4 = sicut manus pedes oculus et cetera V3
     sicut manus pedes oculus et cetera Pa

Im Textbeispiel "asserit enim deum esse corporeum et habentem membra corporea" haben S2 S1 V2 V3 V4 T Pa "esse corporeum" und V3 "membra corporea" umgestellt. Hinzugefügt haben S2 S1 V1 V3 T Pa "sicut manus pedes oculus et cetera" und V2 V4 "sicut manus pedes et cetera".

Transkription
asserit enim deum esse corporeum et habentem membra corporea.
In hoc secutus est hereticos dictos anthropomorphitas, qui simplicitate rusticana deum habere humana membra arbitrati sunt.

Übersetzung
Er (sc. Muhammad) behauptet nämlich, Gott sei körperlich und habe körperliche Glieder.
Darin folgte er den Häretikern, den sogenannten Anthropomorphiten, die in ihrer bäuerlichen Beschränktheit glaubten, Gott besitze menschliche Gestalt.

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wird der Traktat des Juan de Torquemada am Seminar für Klassische Philologie erstmals ediert.


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Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Abb. 1: Um Verständigung bemüht: Papst Benedikt XVI und der Mufti von Istanbul Mustafa Cagrici in der Blauen Moschee, November 2006.

Abb. 2: Kostbare Handschrift: In der Bibliothek des Archivio Generale in Rom konnte Concetta Finiello die überlieferte Handschrift O. P. XIV. 168 "Ioannis de Turrecrem. Card. S. Sixti Contra Principales errores perfidi Machometi" im Original einsehen.


Den gesamten Artikel inkl. allen Bildern finden Sie im Internet im PDF-Format unter:
www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/


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Quelle:
RUBIN - Wissenschaftsmagazin, Herbst 2008, S. 26 - 32
Herausgeber: Rektor der Ruhr-Universität Bochum in Verbindung
mit der Gesellschaft der Freunde der Ruhr-Universität Bochum
Anschrift: Pressestelle der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum
Tel. 0234/32-22 133, -22 830, Fax 0234/32-14 136
E-Mail: rubin@presse.ruhr-uni-bochum.de
Internet: www.ruhr-uni-bochum.de/rubin/

RUBIN erscheint zweimal im Jahr
(sowie ein Themenheft pro Jahr).
Das Einzelheft kostet 2,50 Euro.
Jahreabonnement: 5,00 Euro (zzgl. Versandkosten)


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. November 2008