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MEMORIAL/063: Oktober 2007 - Der Ratzingerpapst sprach 498 Kreuzritter Francos selig (Gerhard Feldbauer)


Der Ratzingerpapst sprach 498 Kreuzritter Francos selig

Für Verbrechen im Namen des christlichen Glaubens

von Gerhard Feldbauer, 28. Oktober 2012



Am 28. Oktober 2007 sprach Benedikt XVI. 498 Kreuzritter Francos selig. Es waren katholische Geistliche, die sich auf die Seite des faschistischen Putschregimes Francos stellten und während des Bürgerkrieges 1936-39 ums Leben kamen. Unter den Seliggesprochenen befanden sich zwei Bischöfe, 24 Priester und viele Mitglieder religiöser Orden. Benedikt hatte es so eilig, sich zu den Verbrechen des Franco-Faschismus zu bekennen, dass er entgegen geltendem Kirchenrecht auf die Benennung vollbrachter Wunder durch die Seliggesprochenen verzichtete. Sie seien für "ihren christlichen Glauben" gestorben, hieß es zur Begründung.

Was geschah 1936 bis 1939 im Namen des "christlichen Glaubens" in Spanien? Am 17. Juli 1936 putschte General Sanjurjo von der Kolonie Spanisch Marokko aus gegen die im Februar des Jahres bei den Corteswahlen mit überwältigender Mehrheit gewählte Regierung der Volksfront aus Kommunisten, Sozialisten, der Gewerkschaft Union General del Trabajo und Linksrepublikanern. Unter dem republikanischen Schriftsteller Azaña y Díaz (ab Mai Präsident) leitete sie bürgerlich-demokratische Reformen ein und garantierte die Autonomie Kataloniens und der Basken. Nachdem Sanjurjo mit einem Flugzeug abgestürzt war, riss Francisco Franco die Führung an sich. Die ersten Opfer des Mordterrors waren loyale Offiziere, vor allem der Luftwaffe, die sich widersetzten. Sie wurden von den Meuterern kurzerhand erschossen. Darunter die Generäle Batet, Molero, Nuñez de Prado, Romerales, Admiral Azarola.


Pius XI. rief zur Unterstützung der Putschisten

Der klerikalfaschistische Staatsstreich brach auf dem Festland in den meisten Garnisonsstädten am Widerstand der Volkskräfte zusammen. Sein Scheitern wurde durch die sofortige bewaffnete Intervention Hitlerdeutschlands und Mussoliniitaliens verhindert. Pius XI., wandte sich zur Unterstützung der Putschisten an die Weltöffentlichkeit und arbeitete mit Mussolini und Hitler zusammen. Die spanische Jesuitenzeitschrift "Civiltà Cattolica" schrieb, in dem faschistischen Putsch habe sich "eine hundertmal gesegnete und ruhmreiche Haltung" gezeigt. Aktiv unterstützte das Opus Dei das Franco-Regime. Acht seiner Mitglieder traten in die Regierung des "Caudillo" ein. Die katholische Kirche wurde zu einer der wichtigsten Stützen Francos. Der sie beherrschende Klerus jubelte dem Caudillo zu und begrüße ihn mit dem "Führergruß" Hitlers und Mussolinis.

Mit dem Segen des Klerus begannen die Francofaschisten und ihre deutschen und italienischen Helfershelfer eine erbarmungslose Menschenjagd. Loyale Republikaner wurden massenweise gequält, verstümmelt, ermordet. "Die Methoden der Mordkommandos sind bestialisch", schrieb der Kämpfer der Internationalen Brigaden Fritz Teppich in seinen Erinnerungen "Spaniens Himmel", (Berlin 1996). Der Weg der Franco-Truppen "ist von Massenmorden gezeichnet. In Badajoz, nicht weit von der portugiesischen Grenze, ließ der Kommandeur der marokkanischen Truppen, General Yagüe, einer der Schlächter von Asturien, niedermetzeln, was seinen Söldnern vor die Gewehre kam. Alle Republikaner, derer sie dabei habhaft werden konnten, wurden in die Stierkampfarena getrieben und dort mit Maschinengewehren zusammengeschossen."

Georges Bernanos, französischer Schriftsteller und gläubiger Katholik, berichtete in seinem Buch "Die großen Friedhöfe unter dem Mond", München 1949: In der kleinen Stadt Manacor auf Mallorca waren zweihundert Einwohner, "die den Italienern verdächtig waren, mitten in der Nacht aus ihren Betten gezerrt und schubweise auf den Friedhof gebracht worden, wo man sie mit Kopfschüssen niederstreckte." Der Erzbischof hatte dazu einen "Geistlichen gesandt, der, mit den Schuhen im Blute watend, jeweils zwischen zwei Salven Absolution erteilte". Andere werden mit Lastwagen zu einem einsamen Feldweg gefahren. "Sie steigen ab, stellen sich in Linie auf, küssen eine Medaille oder auch nur den Nagel des Daumens. Peng! Peng! Peng! - Die Leichen werden an den Rand der Böschung geschleift, wo sie der Totengräber am nächsten Morgen findet, mit zerschmettertem Schädel, im Nacken ein hässlicher Klumpen schwarzen geronnenen Blutes."


Menschenjagd unter Kruzifixen und Marienbildern

Der baskische katholische Priesters Inaki de Aberrigoyen, schilderte in seinem Buch "Sieben Tage und sieben Monate in Franco-Spanien" (Vita Nova Verlag, Luzern 1939) wie der Klerus die Massenmorde an katholischen Priestern und ihren Gläubigen absegnete. Als er im September 1936 wegen seiner seelsorgerischen Tätigkeit in der baskischen "Arbeitersolidarität", die keinerlei politische Ziele verfolgte, eingekerkert wurde, erlebte er am eigenen Leib Gefängnis, Folter und massenweise Hinrichtungen. Sowohl die zuständigen Generalvikariate als auch der Erzbischof von Pamlona erhoben dagegen keine Einwände. Aberrigoyen beschrieb, wie Francos Truppen im Baskenland auf Volksfrontanhänger wie auf Geistliche, die sich nicht sofort dem Putsch anschlossen, unter Kruzifixen und Marienbildern eine gnadenlose Jagd begannen. Das Gefängnis von Ondarrta und das Asyl des Heiligen Josef in San Sebastian, das in ein Gefängnis verwandelt worden war, habe mehr als vierzig Priester beherbergt. "Die Verfolgung war allgemein. Es gab kaum ein Dorf, wo man nicht auf einen oder mehrere Priester Jagd gemacht hatte. Hunderte von Ordensleuten - Jesuiten, Kapuziner, christliche Schulbrüder - verließen ihre Klöster, um nach Amerika zu fliehen. Man nahm keine Rücksicht, weder auf Alter noch auf Krankheit und nicht auf ganz offenkundige Unschuld. Ich kann die Angst, die diese Verfolgung unter uns auslöste, gar nicht beschreiben." Das sei "ganz offen vor den Augen der spanischen Hierarchie (erfolgt), die nicht einen einzigen öffentlichen Protest einlegte." Der Autor bezeugte, dass die Volksfront-Regierung die Kirche nicht antastete, es erst nach den barbarischen Massakern an ihren Anhängern, an denen sich die Geistlichkeit beteiligte, zu Übergriffen kam.

Fast eine Million Menschen fiel dem von der klerikalfaschistischen Reaktion entfesselten Bürgerkrieg zum Opfer. Der US-amerikanische Historiker Gabriel Jackson schrieb in seinem Buch "La Repubblica espaniola e la Guerra civile": "die Zahl der auf der 'nationalen' Seite zwischen 1936 und 1944 ermordeten oder hingerichteten Menschen (beziffert sich) zwischen 150.000 und 200.000, die in der republikanischen Zone auf 20.000 während der drei Kriegsjahre". Die Kurie hat sich bisher nirgendwo zu ihrer Schuld an diesen Verbrechen bekannt. Keiner der von den Faschisten ermordeten Geistlichen wurde bisher selig oder heilig gesprochen.


Bekenntnis zum Bündnis der Kurie mit Reaktion und Faschismus

Mit der Seligsprechung von 498 Kreuzrittern Francos bekannte sich der Ratzingerpapst wie mit der 2009 folgenden Rehabilitierung der klerikalfaschistischen Piusbrüderschaft zum Bündnis der Kuriere mit Reaktion und Faschismus gegen die Arbeiterbewegung, gegen Kommunisten und Sozialisten aber auch gegen bürgerliche Oppositionelle, ja selbst Andersdenkende in den eigenen Reihen. Die Grundlage für dieses Bündnis, legte bereits Leo XIII. 1891 mit seiner Enzyklika "Rerum Novarum", die sich gegen "jede Form des Sozialismus" wendete, der als "Pest" gebrandmarkt wurde, und forderte: "Wenn die Massen sich von üblen Doktrinen hinreißen lassen, darf der Staat nicht zögern, mit starker Hand zuzufassen". Pius XI., der 1922 offen die Machtübergabe an Mussolini unterstützt hatte, knüpfte in seiner Enzyklika "Quadragesimo anno (1) im Mai 1931 an "Rerum Novarum" an, verlangte, weltweit "eine schonungslose Unterdrückung" der Kommunisten und erklärte, dass die Rettung "im Faschismus" liege.

Mit der Unterstützung des Franco-Regimes setzte dieser Papst das Bündnis fort. Ihm folgte Pius XII., der sein Pontifikat am 2. März 1939 antrat. Während in Spanien nach Francos Sieg die Mordkommandos wüteten, gratulierte er dem Caudillo in einer Botschaft: "Die von Gott als wichtigster Diener der Evangelisation der Neuen Welt und als uneinnehmbares Bollwerk des katholischen Glaubens auserwählte Nation hat soeben den Anhängern des materialistischen Atheismus unseres Jahrhunderts den erhabensten Beweis dafür geliefert, dass über allen Dingen die ewigen Werte der Religion und des Geistes stehen." Ein weiteres Glückwunschtelegramm erhielt Hitler, dem der Papst "mit besten Wünschen den Segen des Himmels und des allmächtigen Gottes" übermittelte.

Von Benedikt ist bisher kein Wort der Verurteilung oder auch nur des Bedauerns zu diesen Verbrechen bekannt geworden. Seine Seligsprechung der Kreuzritter Francos heißt die unter dessen Mörderregime begangenen Untaten gut. Benedikt XVI. stellt sich damit auch hinter die Glückwünsche, die Pius XII. Franco und Hitler übermittelte.


Gerhard Feldbauer schrieb dass Buch: Der Heilige Vater. Benedikt XVI. - Ein Papst und seine Tradition. Papyrossa, Köln 2010.


Fußnote:
(1) "Im Vierzigsten Jahr", zur Bekräftigung von "Rerum Novarum".

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Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Oktober 2012