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FRAGEN/006: Fünf Fragen an ... Professor Dr. Wolfram Hogrebe (forsch - Uni Bonn)


forsch 4/2008 - November 2008
Bonner Universitäts-Nachrichten

Fünf Fragen an ... Professor Dr. Wolfram Hogrebe


Kürzlich hat die Universität Bonn die Einrichtung eines "Internationalen Zentrums für Philosophie" beschlossen. Bereits im Mai hatte der Landtag einstimmig dem Namenszusatz "Nordrhein-Westfalen" für das Zentrum zugestimmt. Er soll die landesweit herausragende Stellung der Philosophie in Bonn verdeutlichen. "forsch" sprach mit dem Initiator des Zentrums Professor Dr. Wolfram Hogrebe.


Frage: Herr Professor Hogrebe, das neue Internationale Zentrum für Philosophie an der Universität Bonn trägt den Namenszusatz "Nordrhein-Westfalen". Ist das nur gut fürs Image, oder bedeutet das mehr?

Prof. Hogrebe: Natürlich ist das auch gut fürs Image. Aber es handelt sich nicht nur um "Image", wenn ein Landtag in der Bundesrepublik Deutschland einen solchen Beschluss fasst. Das ist einmalig. Die Universität Bonn ist ab jetzt die Referenzuniversität für Philosophie in Nordrhein-Westfalen. Das ist zugleich eine enorme Verpflichtung für die Zukunft.

Frage: Dass es dieses Zentrum gibt, ist zum großen Teil auf Ihre Bemühungen zurückzuführen. Erfüllt Sie das mit Stolz?

Prof. Hogrebe: Zwar habe ich die Sache initiiert. Aber das wäre völlig sinnlos gewesen, wenn wir in Bonn nicht seit Jahren so starke Philosophen gehabt hätten. Exzellente Persönlichkeiten wie Wolfgang Kluxen, Ludger Honnefelder, Josef Simon sind für die gegenwärtige Generation mit Dieter Sturma, Christoph Horn, Andreas Bartels, Theodor Kobusch und andere natürlich eine hohe Messlatte, der man jeden Tag gerecht werden muss.

Frage: Was bedeutet die Einrichtung des Zentrums konkret für die beteiligten Institute?

Prof. Hogrebe: Zunächst sind die beteiligten Institute auch in eine neue Körperschaft eingetreten, die sie zu einer konzertierten Aktion geradezu zwingt. Man muss vor allem aber auch bedenken, dass das Zentrum schon in der Antragsstellung innerhalb der Universität interdisziplinär verfasst war. Matthias Schmoeckel, unser Rechtshistoriker in Bonn, war und ist mit von der Partie. Diese interdisziplinäre Verfassung werden wir noch ausbauen. Hier gibt es bereits konkrete Pläne, die Anfang des nächsten Jahres umgesetzt werden.

Frage: Momentan sind die Bonner Philosophen auf verschiedene Standorte im Hauptgebäude und im Bonner Talweg verteilt. Wird sich das jetzt ändern?

Prof. Hogrebe: Meine größten Anstrengungen im letzten Jahr waren darauf gerichtet, die Anmietung eines neuen Gebäudes in Bonn zu realisieren. Das alte Bundesratsgebäude hat uns die Firma Hyundai vor der Nase weggeschnappt. Ein anderes Gebäude war einfach zu teuer. Alle Institute der Philosophie unter ein Dach zu bringen, kann die Universität per Neuanmietung offenbar nicht finanzieren. Wir werden andere Lösungen anstreben müssen. Die Universitätsleitung und vor allem Kanzler Dr. Lutz sind hier sehr hilfreich.

Frage: Fortschritte in Medizin und Biowissenschaften werfen neue ethische Fragen auf. Antworten zu dem, was erlaubt ist und was nicht, erwartet man immer häufiger von der Philosophie. Befürchten Sie, dass Ihr Fach darüber mehr und mehr als reiner Dienstleister wahrgenommen wird?

Prof. Hogrebe: Zwar ist die Philosophie unverzichtbarer Gesprächspartner für Probleme biomedizinischer Art. Hier ist die Philosophie in Bonn mit dem Institut für Wissenschaft und Ethik (IWE) und dem Deutschen Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften (DRZE) unter gegenwärtiger Leitung von Prof. Dieter Sturma auch hervorragend "aufgestellt", wie man heute sagt. Aber daran erschöpft sich die Philosophie natürlich nicht. Im Kern hat sie zur Aufgabe, die Dimensionen begründungsfähigen Argumentierens in allen Bereichen auszumessen und abzutasten. Dazu gehören selbstverständlich auch metaphysische Fragen. Sie bilden die Mitte der Philosophie.


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Quelle:
forsch - Bonner Universitäts-Nachrichten Nr. 4, November 2008, Seite 7
Herausgeber:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2008