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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/226: Iran-Report Nr. 1 - Januar 2009


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 1 - Januar 2009


Mit dem iran-report stellt die Heinrich-Böll-Stiftung der interessierten Öffentlichkeit eine Zusammenfassung ihrer kontinuierlichen Beobachtung relevanter Ereignisse in Iran zur Verfügung.

Nach der von der Heinrich-Böll-Stiftung im April 2000 veranstalteten Berlin-Konferenz und verstärkt infolge der Anschläge am 11. September stellen die Entwicklungen in Iran und der Region einen zentralen Arbeitsschwerpunkt der Stiftung dar.

Der iran-report erscheint monatlich (Nr. 02/2009 Anfang Februar) und wird einem breiteren InteressentInnenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin, im Januar 2009

I. Innenpolitik
Chamenei setzt weiter auf Ahmadinedschad
Neun Häftlinge gehenkt
Ebadis Menschenrechtsbüro geschlossen
BBC-Mitarbeiter in Teheran festgenommen
Ahmadinedschads Weihnachtsansprache im britischen Fernsehen
Aufständische haben laut Bericht 16 Polizisten getötet
Tageszeitung wegen Hamaskritischen Artikels geschlossen
Sturm auf die britische Botschaft in Teheran
Lob für "Schuh-Intifada"
Werbung für USA-Reisen verboten

II. Wirtschaft
OPEC muss Ölförderung deutlich senken
Gasexportländer beraten in Moskau über Zusammenarbeit
USA warnen Russland vor Raketengeschäft mit Iran
Ahmadinedschad will Subventionen abbauen

III. Außenpolitik
El Barradei zum iranischen Atomkonflikt
Steinmeier bereitet neue Strafen vor
Bush: USA werden Iran keine Atombombe bauen lassen
Irak fordert Obama zum Dialog mit Iran und Syrien auf
Obama bietet Israel Schutz vor Angriff aus Iran
Sicherheitsabkommen mit Bahrein verlängert
Sechsergruppe führt Gespräche mit arabischen Staaten über Iran
Angriff auf saudiarabische Fluggesellschaft in Iran
Ahmadinedschad rief Arabische Liga zum Handeln in Gaza-Krise auf
Iranischer Top-Diplomat zu Gesprächen mit Hamas in Syrien
Irakischer Regierungschef in Teheran
Teilnahme an Afghanistan-Konferenz abgesagt
Türkei und Iran bombardieren PKK-Stellungen im Nordirak
Scharfe Kritik aus der EU nach Schließung von Ebadi-Büro

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I. Innenpolitik

Chamenei setzt weiter auf Ahmadinedschad

Obwohl die Position des Staatspräsidenten Mahmud Ahmadinedschad nicht nur in der Bevölkerung, sondern sogar auch im Lager der Konservativen immer schwächer wird, setzt offensichtlich Revolutionsführer Ali Chamenei nach wie vor auf den amtierenden Präsidenten. Bei seinem nicht angekündigten Auftritt am 16. Dezember an der Technischen Universität in Teheran bezeichnete Chamenei Ahmadinedschad als einen "revolutionären, pflichtbewussten, fähigen, aktiven und mutigen Staatspräsidenten" und als "großes und bedeutendes Vorbild für herausragende Kräfte an den Universitäten". Eigentlich sollte der Auftritt Chameneis am Tag des Studenten (6. Dezember) erfolgen. Er wurde jedoch ohne Begründung kurzfristig abgesagt.

Chamenei stellte sich im Verlauf seiner Rede voll hinter den Staatspräsidenten, lobte dessen Innen- und Außenpolitik. Selbst die vor allem hausgemachte tief greifende Krise, die seit der Amtsübernahme Ahmadinedschads die iranische Wirtschaft zunehmend in Mitleidenschaft zieht, konnte Chamenei nicht zu einer kritischen Bemerkung veranlassen.

Chameneis Absicht lag offenbar darin, für die Präsidentenwahl im Juni die Richtung zu weisen und erstens den Reformern zu verstehen zu geben, dass ein Kurswechsel nicht erwünscht sei und zweitens die regierungskritischen Konservativen vor Spaltungen und der Aufstellung alternativer Kandidaten zu warnen. Bereits vor einigen Monaten hatte Chamenei bei einem Empfang der Mitglieder der Regierung gerichtet an Ahmadinedschad gesagt, die Regierung solle nicht nur für das nächste Jahr, sondern für die nächsten fünf Jahre planen.

Aber wird Ahmadinedschad tatsächlich zu halten sein? Hat Chamenei soviel Macht, um ihn trotz seiner katastrophalen Wirtschafts- und Außenpolitik im Amt zu behalten? Manche Beobachter sind der Meinung, die eindeutige Schützenhilfe, die der Revolutionsführer dem Präsidenten gewährt, diene dazu, der Regierung, die von allen Seiten einer zunehmenden Kritik ausgesetzt ist, bis zu den Wahlen eine gewisse Stabilität zu verleihen. Auch nach außen soll der Eindruck eines stabilen, in sich geeinten und handlungsfähigen Staates erweckt werden. Dies scheint umso notwendiger, als mit der Regierungsübernahme durch Barack Obama in Washington die Atempause, die in der Übergangszeit von Bush zu Obama Iran gewährt wurde, zu Ende sein wird. Auch in Teheran weiß man, dass das Thema Iran zu den Hauptthemen der amerikanischen Außenpolitik gehört und trotz der signalisierten Verhandlungsbereitschaft Obamas die Islamische Republik vor schwierige Herausforderungen stellen wird.

Andere Beobachter sind der Meinung, dass für Chamenei eigentlich keine andere Alternative bleibt als Ahmadinedschad. Denn ein Wechsel an der Regierung, ob durch Reformer oder Konservative, würde zwangsläufig zu einem Macht- und Autoritätsverlust des Revolutionsführers führen. Dies hat zum Beispiel Chatami ganz offen ausgesprochen, indem er sagte, er werde nur für das Amt des Staatspräsidenten kandidieren, wenn er die Garantie bekäme, genügend Macht zu erhalten, um sein Reformprogramm durchzusetzen. Das bedeutet, dass der Revolutionsführer einen Teil seiner Macht abgeben und es unterlassen müsste, sich in die Angelegenheiten der Regierung einzumischen. Käme auch einer aus dem Kreis der moderaten Konservativen an die Regierung, er würde höchstwahrscheinlich dieselben Bedingungen stellen. Die Frage ist nur, ob es für Chamenei besser wäre, einen Machtverlust in Kauf zu nehmen oder das Risiko weiterer vier Jahre Ahmadinedschad einzugehen und damit den islamischen Staat der Gefahr eines völligen Zusammenbruchs auszusetzen. Die nächsten Monate werden zeigen, wie sich Chamenei die Rettung aus dieser Zwickmühle vorstellt.


Neun Häftlinge gehenkt

Im Evin-Gefängnis der Hauptstadt Teheran wurden am Morgen des 24. Dezember neun Häftlinge durch den Strick hingerichtet. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Fars, ohne nähere Einzelheiten zu den Betroffenen zu nennen. Nach iranischen Zeitungsberichten war unter den Hingerichteten auch eine Frau, die ihre siebenjährige Stieftochter bei lebendigem Leibe begraben haben soll. Die 30-jährige hatte zunächst ein Geständnis abgelegt, dies aber später widerrufen.

Iran ist Beobachtungen von Menschenrechtsorganisationen zufolge nach der Volksrepublik China das Land, in dem am häufigsten die Todesstrafe vollstreckt wird. Die Regierung in Teheran behauptet, dass die abschreckende Wirkung die Kriminalitätsrate senkt. Häufig werden mehrere Exekutionen am selben Tag vollstreckt. Im Juli wurden an einem Tag im Evin-Gefängnis 29 Menschen hingerichtet, die wegen Vergewaltigung, Mordes, Raubes und Drogendealerei eingesperrt waren. 2007 wurden in Iran nach einer Zusammenstellung von Amnesty International 317 Todesurteile vollstreckt, 2008 waren es nach einer vorläufigen Zählung der Nachrichtenagentur AFP 243.


Ebadis Menschenrechtsbüro geschlossen

Iranische Behörden haben am 21. Dezember das Büro einer Menschenrechtsorganisation unter der Leitung von Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi geschlossen. Ziel der Polizeiaktion war das Zentrum zum Schutz von Menschenrechten in Teheran, das eine Feier zum 60. Jahrestag der Menschenrechte abhalten wollte. Dabei sollte der Aktivist Taghi Rahmani geehrt werden, der in der Islamischen Republik unter dem Vorwurf von Umsturzbestrebungen 17 Jahre lang inhaftiert war.

Die Organisation war zwar bereits im vergangenen Jahr verboten worden, der Betrieb lief aber in einem Büro im Norden von Teheran weiter. Die zum Teil in Zivil gekleideten Sicherheitskräfte hätten keinen Durchsuchungsbefehl vorgelegt, sagte Ebadi. Das Gebäude sei geschlossen worden. Berichte über Festnahmen lagen nicht vor. Ebadi kündigte an, die Gruppe werde ihre Arbeit fortsetzen und Rahmani werde zu einem späteren Zeitpunkt geehrt. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr berichtete, Grund für die Schließung des Büros sei eine fehlende behördliche Erlaubnis gewesen. Die Organisation habe Erklärungen abgegeben, die in den vergangenen Jahren Ursache für eine Atmosphäre "medialer Publicity gegen das Establishment" gewesen seien. Zudem würden in dem Zentrum illegale Pressekonferenzen und Seminare abgehalten und unerlaubte Kontakte zu einheimischen und ausländischen Organisationen unterhalten. In einem im Mai veröffentlichten Bericht hatte die Organisation erklärt, seit dem Amtsantritt des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad 2005 sei es um die Meinungsfreiheit in Iran immer schlechter bestellt.

Außenamtssprecher Hassan Ghaschghawi sagte zu dem Vorfall, es sei selbstverständlich, dass jede Organisation offiziell registriert sein müsse. Auch ein Bäcker müsse eine Arbeitserlaubnis besitzen. "Selbst in Staaten, die sich angeblich auf Menschenrechte berufen, dürfen Vereine nicht ohne Registrierung arbeiten", sagte Ghaschghawi mit Blick auf die zahlreichen Proteste aus dem Ausland. Es sei der Großzügigkeit und der Geduld der Behörden zu verdanken, dass das Zentrum seit Jahren ungehindert habe arbeiten können.

Die Schließung des Menschenrechtszentrums löste scharfe Proteste unter anderem der EU und der USA aus. Ebadi kritisierte die Aktion als illegal und kündigte an, das Vorgehen der Behörden werde sie und ihre Kollegen nicht an ihrer Arbeit hindern. Am 24. Dezember erklärten die Justizbehörden in Teheran, das Zentrum dürfe wieder geöffnet werden, sobald die entsprechende Erlaubnis des Innenministeriums vorliege. Es seien keine juristischen Schritte gegen die Organisation und deren Mitarbeiter eingeleitet worden. Das Zentrum betrachtet die Begründung für die Schließung als Vorwand. Im Grunde gehe es um die Liquidierung einer Organisation, die über die Lage der Menschenrechte in Iran informiert.

In einer Erklärung des Zentrums heißt es, das Zentrum zur Verteidigung der Menschenrechte habe im Jahr 2000 seine Arbeit aufgenommen und die offizielle Registrierung bei der für Parteien und Vereine zuständigen Behörde beantragt. Der damalige Staatssekretär im Innenministerium, Ali Djannati, habe den Antrag bestätigt und das Zentrum als "legal" bezeichnet. Anschließend sei die Gründung im Amtsblatt und anderen Zeitungen bekannt gegeben worden.

Gemäß seiner Satzung hat das Zentrum drei Aufgaben: "Kostenlose Verteidigung von politisch Angeklagten", "Unterstützung der Familien der politisch Angeklagten" und "Kontinuierliche Berichterstattung über Verletzung der Menschenrechte in Iran". Tatsächlich haben die im Zentrum organisierten Anwälte, darunter auch Schirin Ebadi, in den vergangenen Jahren zahlreiche Angeklagte bei politischen Prozessen verteidigt. Die Berichte des Zentrums dienten als wichtige Grundlage für Stellungnahmen internationaler Menschenrechtsorganisationen sowie der Menschenrechtsorganisation der Vereinten Nationen. Es ist also kein Wunder, dass das Zentrum dem Regime in Teheran schon längst ein Dorn im Auge war und man nach einem Vorwand suchte, um die Schließung anzuordnen.

Aber auch die Person Schirin Ebadis soll, insbesondere seitdem sie 2003 den Friedensnobelpreis erhalten hat, zum Schweigen gebracht werden. Doch ihre internationale Popularität macht die Durchsetzung dieses Ziels schwierig. Sie wird ständig in der rechten Presse denunziert. Nun greift man offenbar zu härteren Maßnahmen. Am 30. März 2008 nahmen Sicherheitsbeamte, getarnt als Angestellte der Steuerbehörde, ihr Büro ins Visier. Sie durchsuchten ihre Amtskanzlei in Teheran und beschlagnahmten Dokumente sowie Computer. In der rechten Presse hieß es, die Durchsuchung sei wegen Unstimmigkeiten in Steuerangelegenheiten erfolgt. "Wir machen uns große Sorgen um Schirin Ebadis Sicherheit", hieß es in einer am 31. März veröffentlichten Mitteilung der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch.

Am 1. Januar haben rund 150 Demonstranten vor dem Haus Ebadis gegen die Anwältin protestiert. Die Teilnehmer hätten das Schild ihrer Anwaltskanzlei abgerissen und Parolen auf die Wände geschmiert, berichtete Ebadi der Nachrichtenagentur AFP. Außerdem riefen die Demonstranten: "Amerika und Israel begehen Verbrechen, Ebadi unterstützt sie." Nachdem die Polizei gekommen sei, seien die Demonstranten abgezogen. Die Kundgebung habe nichts mit der Lage im Gaza-Streifen zu tun, versicherte Ebadi. Sie habe bereits vor zwei Tagen die israelischen Angriffe verurteilt und die Palästinenser unterstützt.

Der Leiter der Basidji-Studenten an der Teheraner Universität, Ali Reza Keyghobadi, sagte der Nachrichtenagentur ISNA, Ebadi habe den Friedensnobelpreis unter anderem wegen der Verteidigung der Rechte der Kinder erhalten. "Wir haben vor ihrem Haus demonstriert und wollten wissen, ob die Kinder im Gaza-Streifen nicht genug Wert seien, auch ihre Rechte zu verteidigen."

Ebadi sagte gegenüber der Los Angeles Times, zwei Polizisten, die nach ihrem Anruf bei der Polizei zu ihrem Haus gekommen waren, hätten zunächst zugeschaut, wie die Demonstranten das Anwaltsschild abgerissen haben. Seit der Demonstration habe sie Angst, sich in ihre Wohnung zu begeben. Ebadi wurde oft mit dem Tod bedroht.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich in einer am 2. Januar veröffentlichten Erklärung "tief besorgt" um die Sicherheit von Schirin Ebadi. Aus demselben Grund wurde in Paris der Botschafter Iran ins Außenministerium einbestellt.


BBC-Mitarbeiter in Teheran festgenommen

Dem britischen Sender BBC zufolge wurden einige seiner britischen Mitarbeiter am 23. Dezember unter dem Vorwurf der Spionage in Teheran festgenommen. Ein Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik im iranischen Parlament, Mohammad Karim Abedi, erklärte dem Bericht zufolge gegenüber der Nachrichtenagentur Fars: "Einige britische Staatsangehörige, getarnt als BBC-Reporter, hatten die Absicht, iranische Journalisten für ihre Spionagetätigkeit anzuwerben.

Doch sie wurden, bevor sie zu ihrem Ziel gelangen konnten, von Mitarbeitern des iranischen Geheimdienstes festgenommen." Es habe sich um ein Team gehandelt, das den Aufbau eines breit angelegten Spionagenetzes in Iran plante, sagte Abedi. Über den Zeitpunkt der Festnahme machte er keine Angaben.

Der Nachrichtenagentur Ilna sagte Abedi, einige Reporter hätten unter falschen Namen in einem Hotel Zimmer reserviert. Nachforschungen des iranischen Geheimdienstes hätten ergeben, dass die BBC, unterstützt von der britischen Botschaft in Teheran, Aktivitäten in Gang gesetzt habe, um ein Spionagenetz aufzubauen.

Hintergrund des neuen Konflikts zwischen Teheran und London ist die von der BBC angekündigte Einrichtung eines Fernsehprogramms in persischer Sprache für iranische Zuschauer. Gegen diesen Plan hatte das Teheraner Ministerium für Kultur und islamische Führung bei der britischen Regierung Protest eingelegt. Das Vorhaben sei eine "eindeutige Einmischung in die inneren Angelegenheiten Irans", hieß es. Das Vorhaben sei "illegal und verdächtig", erklärte das Ministerium. "In Anbetracht der Tatsache, dass die BBC durch den britischen Staat finanziert wird, durch einen Staat mit einer unrühmlichen Vergangenheit, der die Souveränität anderer Staaten verletzt und mit seinem kolonialistischen Verhalten sich in innere Angelegenheiten anderer Staaten eingemischt hat, ist in der iranischen Öffentlichkeit der berechtigte Verdacht entstanden, dass mit der Einrichtung des persischsprachigen Programms der BBC das Ziel verfolgt wird, die Politik der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Islamischen Republik fortzusetzen, ethnische und religiöse Spaltungen und Konflikte zu schüren und die nationalen Interesse des iranischen Staates zu beeinträchtigen", heißt es in der in Teheran veröffentlichten Erklärung des Ministeriums.

Tatsächlich scheint das Regime in Teheran über das Vorhaben des britischen Senders äußerst besorgt zu sein. Daher versucht es, BBC-Mitarbeiter unter strenger Kontrolle zu halten. Bereits am 3. Oktober hatte der Vorsitzende des Wächterrats, Ahmad Djannati, während seiner Freitagspredigt behauptet, "der Botschafter eines europäischen Staates" versuche "Krisen" in der iranischen Wirtschaft zu erzeugen. Welchen europäischen Staat er meinte, sagte er nicht. Doch die Medien waren einhellig der Meinung, dass Djannati den britischen Botschafter gemeint hatte. Noch deutlicher wurde eine Woche später der inzwischen wegen Dokumentenfälschung abgesetzte Innenminister Ali Kordan. Bei einer Versammlung der Freitagsprediger warf er der britischen Botschaft vor, sie verhalte sich "unter diplomatischer Würde". "Wir werden zu einem geeigneten Zeitpunkt die Öffentlichkeit über die viermonatigen Aktivitäten des neuen britischen Botschafters in Teheran informieren", drohte Kordan.


Ahmadinedschads Weihnachtsansprache im britische Fernsehen

Ein britischer Fernsehsender hat eine Weihnachtsansprache des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad ausgestrahlt und damit einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Channel 4 sendete die Grußbotschaft am ersten Weihnachtstag als "Alternative" zur traditionellen Weihnachtsansprache der britischen Königin. Politiker, Menschenrechtler sowie Israelis nannten die Entscheidung des Senders einen "Skandal" und bezeichneten Ahmadinedschads Grußwort an die Christen als "irreführend" und "gefährlich".

In der Rede, die mit englischen Untertiteln ausgestrahlt wurde, wünschte Ahmadinedschad den Christen ein friedliches Neues Jahr und forderte mehr Besinnung auf religiöse Werte. Der "allgemeine Wille" der Nationen sei es, "zu menschlichen Werten" zurückzufinden. Ahmadinedschad sagte weiter, wenn Jesus heute auf der Welt wäre, würde er gegen "Kriegstreiber, Besatzer, Terroristen und Tyrannen" vorgehen. "Er würde ohne Zweifel gegen die tyrannische Politik der vorherrschenden, globalen wirtschaftlichen und politischen Systeme kämpfen". Die meisten Probleme in der Welt stammten von Führern, die sich von der Religion abgewandt hätten, sagte Ahmadinedschad. Die britische Regierung kritisierte die Botschaft als beleidigend. Ahmadinedschad habe während seiner Amtszeit "eine Reihe entsetzlicher antisemitischer Äußerungen" gemacht. "Die britischen Medien haben das Recht, ihre eigenen redaktionellen Entscheidungen zu treffen", sagte eine Sprecherin des britischen Außenministeriums. "Aber diese Einladung wird nicht nur hier, sondern auch im Ausland als Beleidigung empfunden und sorgt für Irritation."

Der Schattenaußenminister der Konservativen, William Hague, nannte die Ausstrahlung "bizarr und töricht". Ahmadinedschad für die Ansprache auszuwählen, hinterlasse den falschen Eindruck, er komme in Großbritannien mit seinen Ansichten gut an.

Der israelische Botschafter in London, Ron Prosor, kritisierte die Sendung als "geschmacklos und eine pervertierte Ironie", da in Iran Menschen, die zum Christentum konvertierten, verfolgt würden. Der Menschenrechtler Peter Tachell erklärte, Ahmadinedschad sei einer der "blutrünstigsten Tyrannen der Welt". Auch Homosexuellen-Verbände und britische Abgeordnete kritisierten die Rede als Legitimierung eines Politikers, der den Holocaust infrage stelle, Menschenrechte verletze und im eigenen Land gegen Christen vorgehe. Es werde damit einem "gefährlichen Fanatiker eine unangefochtene Plattform" gegeben, sagte die Labour-Abgeordnete Louise Ellman.

Channel 4 erklärte dagegen, er wollte eine alternative Weltanschauung zeigen. Die Beziehungen zwischen dem Westen und Iran werden 2009 eine entscheidende Rolle spielen. Deshalb sei Ahmadinedschad für die Ansprache gewählt worden. Im Vorspann der Ansprache wies der Sender ausdrücklich auf die Probleme in Iran hin. Die Nachrichtenchefin von Channel 4 verteidigte im Vorfeld die Entscheidung, Ahmadinedschad zu der Ansprache einzuladen. Die "Ansichten eines Führers eines der mächtigsten Länder im Nahen Osten" hätten "äußersten Einfluss", sagte sie. "Wir wollen unseren Zuschauern einen Einblick in eine alternative Weltanschauung geben." Mit der Botschaft wolle Ahmadinedschad den Briten Glückwünsche zur Geburt Jesu aussprechen. Darin werde er auch sagen, der "allgemeine Wille der Nationen" sei es, zu "menschlichen Werten" zurückzukehren.

Der Sender Channel 4, der sich privat finanziert, aber einen öffentlichen Auftrag hat, hat mit seinen jährlichen alternativen Ansprachen schon öfter für Wirbel gesorgt. In diesem Jahr wurde die Botschaft aber ausnahmsweise nicht gleichzeitig mit der Ansprache der Queen, die von BBC und ITV übertragen wurde, gesendet, sondern einige Stunden später. Zu den früheren Rednern gehörten Sacha Baron Cohen ("Borat") sowie ein Elternpaar, dessen Sohn ermordet wurde. 2006 trat eine verschleierte Muslimin auf, die den damaligen Innenminister Jack Straw wegen seiner Kritik am Gesichtsschleier angriff.


Aufständische haben laut Bericht 16 Polizisten getötet

Eine Gruppe sunnitischer Aufständischer hat nach einem Bericht des staatlichen iranischen Rundfunks 16 im Juni entführte Polizisten getötet. Die Beamten seien bereits zwei Wochen nach ihrer Entführung zu Märtyrern geworden, sagte der stellvertretende Polizeichef General Hossein Sadschedinia dem Radiosender am 5. Dezember.

Zwei Polizisten seien von der Gruppe Dschundallah (Soldaten Gottes) unmittelbar nach der Entführung getötet worden Die übrigen 14 in den zwei Folgewochen, nachdem die Regierung die Forderung nach Freilassung von inhaftierten Kämpfern nicht erfüllt hatte. Die Organisation ist im Südosten Irans aktiv. Die Regierung in Teheran macht Dschundallah für mehrere Anschläge verantwortlich und vermutet eine Verbindung der Gruppe zur Al Kaida. Einige Politiker und Experten in Iran zählen Dschundallah zu jenen Gruppen, die in einigen Teilen des Landes aktiv sind und von den USA unterstützt werden, um ethnische oder religiöse Konflikte zu schüren. Sie sollen zur Isolierung und Schwächung der Zentralregierung und des islamischen Regimes beitragen.


Tageszeitung wegen Hamas-kritischen Artikels geschlossen

Wegen eines Hamas-kritischen Artikels hat das iranische Kulturministerium am 31. Dezember die reformierte Tageszeitung "Kargozaran" geschlossen. Das berichtete die Nachrichtenagentur IRNA. Das Blatt hatte am 30. Dezember die Erklärung der Studentenorganisation Tahkime Wahdat publiziert, in der die Hochschüler der radikal-islamischen Hamas vorwarfen, ihre Kämpfer auch in Kindergärten und Krankenhäusern zu verstecken. Der Text erschien zu einer Zeit, in der die Führung in Teheran angesichts des Gaza-Konflikts nahezu täglich antiisraelische Demonstrationen organisierte. (s. nachfolgenden Bericht).

In der Stellungnahme von Tahkim-e Wahdat wurde zunächst der Angriff Israels auf die Palästinenser scharf verurteilt. Danach hieß es: "Ebenso zu verurteilen ist, dass sich militante Gruppen in Kindergärten und Krankenhäusern verstecken und damit Kinder und Zivilisten den Bombardierungen ausliefern und ihren Tod in Kauf nehmen. Das ist inhuman."

Die rechtsextreme Tageszeitung Kayhan sah offensichtlich sofort in der Erklärung eine Chance, eine Pogromstimmung gegen die Studentenorganisation sowie gegen die Kargozaran, die der Reformfraktion im islamischen Lager nahe steht, zu erzeugen. "Hier ist Radio Israel. Sie hören uns aus dem Büro von Tahkim-e Wahdat", lautete der Titel eines Hetzartikel gegen die Studentenorganisation. Es sei keineswegs nachzuweisen, dass die Hamas-Kämpfer sich in Kindergärten oder Krankenhäusern versteckt hätten, schrieb Kayhan. Außerdem könne man Hamas-Kämpfer nicht von der übrigen Bevölkerung trennen. Die Erklärung von Tahkim-e Wahdat sei identisch mit den Äußerungen der Vertreter des israelischen Staates. Wenige Stunden nach dem Erscheinen des Artikels in Kayhan wurde Kargozaran verboten.

Zu dem Verbot sagte ein Redaktionsmitglied von Kargozaran, in Iran genüge für das Verbot von Zeitungen ein Vorwand. Sobald der sich finden lasse, würden unabhängige oder Reformzeitungen verboten.


Sturm auf die britische Botschaft in Teheran

Demonstranten stürmten am 31. Dezember auf das Gelände der britischen Botschaft in Teheran, um gegen die israelischen Angriffe im Gaza-Streifen zu protestieren. Nach Berichten der Nachrichtenagentur IRNA wollten die Protestierenden, zu denen zahlreiche Studenten zählten, vor allem ihren Unmut über die britische Unterstützung für Israel zum Ausdruck bringen. Sie rissen im Botschaftsgarten die britische Fahne herunter und hissten stattdessen die palästinensische Flagge. Ein britischer Botschaftsvertreter bestätigte den Vorfall. Seinen Angaben zufolge wurden die Demonstranten jedoch von der Botschaftspolizei wieder vertrieben. Nach Angaben der Agentur Fars kam es zu Auseinandersetzungen zwischen den Ordnungskräften und Demonstranten. Dabei seien einige Studenten verletzt worden.

Seit dem Beginn des israelischen Angriffs auf den Gaza-Streifen hat es mehrere Demonstrationen in Teheran und anderen Städten Irans gegen Israel, USA, Großbritannien und einige arabische Staaten gegeben, an denen auch zahlreiche Personen teilnahmen, die sich freiwillig zur Teilnahme am Kampf der Palästinenser gegen Israel gemeldet hatten. Den iranischen Medien zufolgen versammelten sich am 1. Januar einige Tausend Studentinnen und Studenten mit Totenhemden bekleidet vor der früheren US-Botschaft in Teheran. Sie verbrannten israelische und amerikanische Fahnen und skandierten Parolen wie Tod Israel, Tod USA. Auch Bilder des ägyptischen Präsidenten Hussni Mubarak wurden in Brand gesteckt. Danach zog der Demonstrationszug zur Teheraner Universität.

Wie die Nachrichtenagentur IRNA berichtete, seien bisher rund 25 000 Freiwillige dem Aufruf des Revolutionsführers Ali Chamenei zur Unterstützung des Kampfes der Palästinenser gefolgt. Chamenei hatte am 28. Dezember die Muslime in der ganzen Welt zur Unterstützung der Palästinenser in Gaza und zum Kampf gegen Israel aufgerufen. Er sagte, jeder, der bei diesem Kampf getötet werde, gelte als Märtyrer.

Nach schiitischer Darstellung kommen Märtyrer ins Paradies. Seit dem Aufruf melden sich täglich Tausende von Freiwilligen, die sich unter anderem auch an Protestkundgebungen vor der jordanischen Botschaft und der ägyptischen Interessenvertretung beteiligt haben. Die ägyptische Regierung wird vor allem kritisiert, weil sie ihre Grenze zum Gaza-Streifen geschlossen hält. Fünf Studentenverbände stellten der Regierung in Kairo ein Ultimatum, bis zum 1. Januar die Grenze zu öffnen. Sollte dies nicht geschehen, müssten die Angehörigen der ägyptischen Interessenvertretung unverzüglich Iran verlassen. "Es ist unsere revolutionäre Pflicht, das zu wiederholen, was am 3. November 1979 geschah", heißt es in der Erklärung der Studenten. Damals wurde die US-Botschaft in Teheran besetzt und die Botschaftsangehörigen wurden in Geiselhaft genommen.

Das Ultimatum verstrich folgenlos. Die Studenten, die an den Demonstrationen teilgenommen und sich zur Unterstützung des Kampfes gegen Israel gemeldet haben, gehören fast ausschließlich der Basadjis an. Diese Organisation wurde zu Beginn der Revolution zum Aufbau des Landes gegründet. Inzwischen kontrolliert sie mit Millionen zum Teil bewaffneten Mitgliedern sämtliche staatliche Einrichtungen, auch Universitäten und Schulen. Der Oberkommandierende der Revolutionsgarden, General Mohammad Ali Dschafari, hatte am 25. Dezember auf einer Versammlung der Basidjis aus 140 Universitäten des Landes erklärt: "Wir wollen Vorbereitungen treffen, damit die studentischen Basidjis nötigenfalls eine ähnliche Aktion wie damals am 3. November durchführen können." Er versicherte, dass die Revolutionsgarden es als ihre "Pflicht" betrachten, "revolutionäre Aktionen der studentischen Basidjis zu unterstützen und ihnen jedes Hindernis aus dem Weg zu räumen". Kritik der Studenten an der Regierung sei nicht Ungewöhnliches, sagte Dschafari, doch dies dürfe niemals zur Gewohnheit werden. Es sei jedoch möglich, dass eine Fraktion die Regierungsmacht übernimmt, die dafür keine Legitimation besitzt. "In diesem Fall müssen Studenten ihre Rolle wahrnehmen und dagegen einschreiten."

Politische Beobachter in Teheran äußern die Befürchtung, dass radikale Aktionen und ein weiteres Anheizen der Atmosphäre gegen Israel und die USA diesen Mächten einen Vorwand liefern könnten, noch vor dem Regierungswechsel in Washington einen militärischen Schlag gegen Iran zu starten.


Lob für "Schuh-Intifada"

Ein iranischer Ayatollah hat den Angriff eines irakischen Journalisten auf US-Präsident George W. Bush als "Schuh-Intifada" gefeiert. Die Schuhe sollten in einem irakischen Museum ausgestellt werden, forderte der streng konservative Ayatollah Dschannati während des Freitagsgebets am 19. Dezember in Teheran. Iraner und Iraker sollten künftig bei antiamerikanischen Demonstrationen auch Schuhe mitführen. "Das sollte ein Vorbild sein", sagte er zum Schuh-Wurf von Muntadhar al Seidi auf Bush.

Unterdessen erklärte der irakische Richter Dhia al Kiani in Bagdad, die Schuhe seien von Ermittlern bei der Untersuchung auf Explosivstoffe zerstört worden. In der muslimischen Welt ist al Seidi mit seiner Tat inzwischen zum Helden avanciert. Das Oberhaupt einer wohlhabenden Familie aus dem Westjordanland, Ahmad Salim Dschudeh, erklärte, seine Familie wolle al Seidi eine Tochter zur Braut geben. Zudem hätten die rund 500 Clan-Mitglieder etwa 30.000 Dollar für seine Verteidigung gesammelt.


Werbung für USA-Reisen verboten

Die iranische Regierung hat Zeitungsanzeigen für Reisen in die USA verboten. Die staatliche Zeitung "Iran" berichtete am 30. Dezember unter Berufung auf das Kultusministerium, die Vereinigten Staaten seien eine "tyrannisierende und arrogante" Macht. Dies sei der Grund für das Werbeverbot. Die Zeitung "Hamschahri" hatte am 27. Dezember in einer Anzeige für eine USA-Reise geworben, die nach New York, Las Vegas, San Francisco und Honolulu führen soll. Der Preis beträgt rund 17.000 Dollar pro Person.


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II. Wirtschaft

OPEC muss Ölförderung deutlich senken

Die OPEC benötigt nach Ansicht Irans bei der Verringerung des Rohöl-Überangebots die Unterstützung von Ländern, die nicht dem Förderkartell angehören. "Um aus dem derzeitigen Zustand herauszukommen, müssen wir das Überangebot am Markt beseitigen. Sobald der Markt ausgeglichen ist, werden wir erstrebenswerte Preise erzielen", sagte der iranische OPEC-Gouverneur Mohammad Ali Khatibi am 13. Dezember vor einem Treffen des Ölkartells am 17. Dezember in der westalgerischen Stadt Oran. Die OPEC-Staaten hätten dieser Politik bereits zugestimmt. Jetzt brauche man für diesen Kurs die Unterstützung der Nicht-OPEC-Länder. 2009 dürfte die Öl-Nachfrage zudem "sehr schwach" bleiben, fügte Khatibi hinzu.

Als Reaktion auf den Ölpreisverfall hatte Russland angekündigt, enger mit der OPEC zusammenarbeiten zu wollen. Das Land ist kein Mitglied der OPEC, nimmt aber regelmäßig an ihren Treffen als Beobachter teil.

Das Fass Öl hat sich seit dem Sommer um knapp hundert Dollar verbilligt. OPEC-Präsident Chakib Khelil hatte bereits gesagt, dass zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage eine deutliche Drosselung der Öl-Produktion nötig sei. Der iranische Ölminister Cholamhossein Nozari sagte der Zeitung "Poul" vom 13. Dezember, dass der Ölpreis über hundert Dollar pro Barrel liegen sollte. "Nach meiner Ansicht sollte der wahre Preis für jedes Barrel Öl über 100 Dollar betragen." Saudi-Arabien hatte zuvor 75 Dollar pro Barrel als fairen Preis bezeichnet. Andere OPEC-Vertreter nannten bislang 70 bis 80 Dollar als Ziel.

Am 17. Dezember kündigte die OPEC die größte Einzelkürzung ihrer Geschichte an. Ab Anfang 2009 soll die Förderung um 2,2 Millionen Barrel oder 10 Prozent am Tag eingeschränkt werden. Das ist ein Minus von 4,2 Millionen Barrel im Vergleich zur September-Förderquote. Auch die Nicht-OPEC-Länder Russland und Aserbaidschan wollen ihre Produktion drosseln. Ob dadurch der Ölpreis die angestrebte Höhe erreichen wird, ist nach Einschätzung von Experten mehr als fraglich. Schon im Herbst hatten die 13 OPEC-Mitgliedsländer die Produktion zwei Mal heruntergefahren. Doch die Erfahrung zeigt, dass OPEC-Staaten sich oft nicht an der Vereinbarung halten.

2007 hatten der Boom in China und anderen Ländern sowie politische Spannungen in den Förderländern den Ölpreis um 57 Prozent in die Höhe getrieben. 2008 begünstige der fallende Doller zusätzlich den Preisanstieg. Mitte Juli erreichte der Ölpreis einen Allzeitrekord von 147 Dollar pro Barrel. Doch die allgemeine weltweite Finanzkrise, die Mitte 2008 ausbrach, führte auch zum Zusammenbruch des Ölmarkts. Die Investoren zogen Anlagen in Rohstoffen ab, die Turbulenzen bei den Banken zogen auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft. In der zweiten Jahreshälfte 2008 stürzte der Ölpreis um mehr als hundert Dollar ab und notierte im Dezember teilweise bei unter 40 Dollar je Fass. Kurz vor Weihnachten erreichte der Preis des OPEC-Öls mit 34,49 Dollar pro Barrel den tiefsten Stand seit Dezember 2004, verzeichnete jedoch in den letzten Tagen des Jahres aufgrund des eskalierenden Nah-Ost-Konflikts einen leichten Anstieg. Am 31. Dezember lag er bei 42 Dollar pro Fass.

Angesichts des trotz starker Drosselung noch viel zu niedrigen Ölpreises erwägt OPEC ein außerordentliches Treffen für Mitte Januar. "Wir werden den Markt erneut prüfen und eine angemessene Entscheidung fällen, wenn wir sehen, dass die Ölpreise trotz der beschlossenen Drosselung weiter fallen", sagte Chakib.

OPEC ist für etwa ein Drittel der weltweiten Ölproduktion verantwortlich Die Organisation wollte ursprünglich erst am 15. März zu ihrem nächsten regulären Treffen zusammenkommen. Wiederholt hat das Kartell Nicht-Mitglieder aufgefordert, ihre Fördermengen ebenfalls zu senken. An Russland richtet sich die Kritik, zu wenig gegen den Ölpreisverfall zu unternehmen.


Gasexportländer beraten in Moskau über bessere Zusammenarbeit

Die wichtigsten Gasexportländer trafen am 23. Dezember in Moskau zusammen, um ihre Zusammenarbeit auszubauen. An dem Treffen nahmen neben den Vertretern Russlands und Irans zwölf weitere Vertreter Gasexportierender Länder (GECF) teil. Nach ihren Gesprächen am Vormittag in einem Moskauer Hotel wurden sie am Nachmittag von Ministerpräsident Wladimir Putin empfangen. Importeure von Ergas befürchten, das GECF solle in Moskau zu einem Gaskartell nach dem Vorbild der Organisation Erdölexportierender Länder (OPEC) umgebaut werden. Dies haben Forumsmitglieder bislang zurückgewiesen.


USA warnen Russland vor Raketengeschäft mit Iran

Die USA haben Russland vor einem Verkauf von Raketen an Iran gewarnt. Die Regierung verlange von Moskau eine Erläuterung diesbezüglicher Meldungen, sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Wood, am 22. Dezember.

Zuvor hatte die für Waffenausfuhren zuständige russische Behörde die Lieferung von Abwehrraketen an Iran angekündigt. Zu Berichten in iranischen Medien, dass auch hoch entwickelte Langstreckenraketen vom Typ S-300 zu der Lieferung gehörten, nahm Rosoboronexport nicht Stellung. Der Stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im iranischen Parlament, Esmail Kowsari, hatte am 21. Dezember der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA gesagt, derartige Systeme sollten in naher Zukunft geliefert werden. Die Einigung sei nach mehrjährigen Verhandlungen erzielt worden, hieß es.

Gegen den möglichen Export von S-300-Raketen haben die USA und Israel protestiert. Sie befürchten, dass damit das militärische Gleichgewicht in der Region empfindlich gestört würde. Israel habe Moskau auf die iranischen Medienberichte angesprochen, teilte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums am 22. Dezember mit. Es sei versichert worden, dass der Bericht jeder Grundlage entbehre und Russland nichts unternehme, was Israels Sicherheit gefährden würde. Widersprüchliche Signale lieferte hingegen eine Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax, die einen Vertreter der Streitkräfte mit den Worten zitierte, dass ein S-300-Export vorbereitet werde.

Auch andere russische Medien hatten bereits Tage zuvor über eine mögliche Lieferung von etwa fünf S-300-Systemen berichtet. Am 18. Dezember meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf "vertrauliche Quellen", Russland werde Luftverteidigungswaffen von Typ S-300 an Iran liefern. Die russische Führung dementierte am 22. Dezember die Nachricht. Solche Waffen würden nicht nach Iran exportiert, teilte die für militärische Kooperation mit dem Ausland zuständige Stelle der Agentur Interfax zufolge mit.

Mit S-300-System könnte Iran seine Atomanlagen gegen Angriffe der USA oder Israels schützen. Die modernste Version des S-300-Abwehrsystems kann anfliegende Ziele in einer Entfernung von 120 Kilometern erfassen und bekämpfen.


Ahmadinedschad will Subventionen abbauen

Die iranische Bevölkerung muss sich trotz der bereits hohen Inflation auf steigende Energiepreise einstellen. Präsident Mahmud Ahmadinedschad legte dem Parlament am 30. Dezember ein Wirtschaftspaket vor, das in den nächsten Monaten einen drastischen Abbau staatlicher Subventionen vorsieht. Das betrifft auch die kostspieligen Subventionen für Treibstoff, Wasser und Strom.

Ahmadinedschad begründete das Sparprogramm mit den sinkenden Öleinnahmen wegen der stark gefallenen Rohölpreise. Als Ausgleich für die wegfallenden Subventionen sollen Bedürftige direkte Geldzahlungen erhalten. Der Subventionsabbau wird wohl zu einer höheren Inflation führen, die derzeit bereits bei 28 Prozent liegt.

Das Sparprogramm dürfte die weit verbreitete Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Präsidenten verstärken, der sich in diesem Jahr höchstwahrscheinlich zur Wiederwahl stellen wird.


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III. Außenpolitik

El Baradei zum iranischen Atomkonflikt

In einem Interview mit Welt-Online vom 14. Dezember nahm der Generalsekretär der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed el Baradei zum iranischen Atomkonflikt Stellung. Wir halten Baradeis Äußerungen für beachtenswert und zitieren deshalb einige Passagen aus dem Interview:

Auf die Frage, ob die Iran-Politik der internationalen Gemeinschaft ein Erfolg oder Misserfolg gewesen sei, antwortete el Baradei:

"Bisher war sie ein Misserfolg. Eigentlich haben wir uns keinen Zentimeter bewegt, außer dass wir einige Resolutionen des Sicherheitsrates angenommen und Sanktionen verhängt haben, die tatsächlich zu einer Verhärtung der iranischen Position geführt haben, auch bei den Iranern, die das Regime nicht mögen. Aussicht auf Erfolg besteht erst, wenn die Parteien - und damit meine ich die USA und den Iran - sich an den Verhandlungstisch setzen und über Missstände zu sprechen beginnen, die bis 1953 zurückreichen (damals wurde Irans demokratisch gewählter Ministerpräsident Mohammad Mossadegh durch einen CIA-Putsch gestürzt - IR). Für den Iran geht es um Sicherheit und einen Machtkampf mit den USA im Nahen Osten. Iran ist von einigen Atomstaaten umgeben. Er ist von 150.000 US-Soldaten umgeben. Es ist also ein Gefühl der Unsicherheit, genau wie in Nordkorea. Wirklichkeit oder Mythos, so ist es, und man muss damit umgehen. Man muss verstehen, warum der Iran auf die Entwicklung der Atomtechnologie drängt. Möglich, dass sie es nicht gleich auf die Waffe abgesehen haben, wie sogar der amerikanische "National Intelligent Estimate" schließt, aber sie wollen definitiv die Technologie, weil sie glauben, die Technologie verschaffte ihnen die Macht, das Prestige und den Einfluss und würde sie am Ende in die Lage versetzen, ein großes Geschäft mit den USA, mit dem Rest der Welt zu machen - ein großes Geschäft, das ihnen, aus ihrer Perspektive, ermöglichte, die Rolle der Regionalmacht zu spielen, auf die sie Anspruch zu haben meinen. ...

"Im Westen wird der Iran oft als religiös fundamentalistischer Staat gesehen, der mit Hochdruck Atomwaffen entwickelt, um, wie seine Führer sagen, Israel zu zerstören". Ist das auch Ihre Meinung, fragt die Welt.

"Ich bin kein Iran-Spezialist", antwortet el Baradei. "Aber wenn ich in den Iran reise, sehe ich alle erdenklichen Farben und Schattierungen, vom Atheisten über den religiösen Fanatiker bis hin zu Menschen, die den westlichen Lebensstil übernehmen. ... Nun ist meine Überzeugung, dass die Beschäftigung mit dem Iran, die Integration des Landes in den Rest der Welt, den Einfluss der Gemäßigten vergrößern würde. Isolation und Druck hingegen vergrößern den Einfluss der Hardliner. ... Einige Äußerungen einiger iranischer Spitzenpolitiker über Israel waren widerwärtig. Allerdings wurde mir auch gesagt, dass, wenn man diese Äußerungen in Farsi lese - und ich kann Farsi nicht lesen -, diese besagten, dass Palästina ein Staat sein sollte und nicht ein jüdischer Staat, was sich von den Äußerungen Jassir Arafats, vieler Palästinenser und sogar Hannah Arendts, der jüdischen Philosophin, nicht unterscheidet. Indes wurde der Eindruck erweckt, dass diese Äußerungen besagten, Israel solle von der Landkarte gefegt werden. Solche Äußerungen sind, um das Mindeste zu sagen, widerwärtig und nicht hilfreich. Doch wenn man eine Strategie entwickeln will, die eine Generation lang Bestand haben muss, kann man sie nicht allein auf eine bestimmte Rhetorik gründen. Selbst wenn die Rhetorik widerwärtig ist, muss man immer noch mit diesen Leuten reden, Fragen klären und dafür sorgen, dass ihre Haltung sich ändert. Das ist es, was wir kreative Diplomatie nennen. Es ist frustrierend, braucht Zeit, aber einen anderen Weg gibt es nicht. Ich sehe keine andere Lösung."

"Wie würden Sie die Folgen dieses rhetorischen Patts beschreiben?", wird el Baradei gefragt.

Antwort: "Die Folge war eine Stereotypisierung des Iran. Der Iran ist das fortschrittlichste Land der Region. Farsi ist die Sprache Nummer eins für Übersetzungen deutscher Philosophie. Im Iran erlebt man Diskussionen über Kierkegaard, über Heidegger. Die Vorstellung, die Iraner wären verhärtet oder kämen aus dem Mittelalter, muss offensichtlich korrigiert werden." Hier der Link zum Interview:

http://www.welt.de/politik/article2876 340/Iran-will-definitiv-die- Atomtechnologie.html#reqRSS


Steinmeier bereitet neue Strafen vor

Deutschland will nach einem Magazinbericht mit neuen Sanktionen die Verhandlungsbereitschaft Irans im Streit um sein Atomprogramm erzwingen. Der "Spiegel" berichtete am 13. Dezember vorab, die von Außenminister Frank-Walter Steinmeier angeregten Strafen sollten die erwarteten Versuche des neuen US-Präsidenten Barack Obama unterstützen, Bewegung in den seit Jahren festgefahrenen Streit zu bringen. Das Auswärtige Amt wollte keine Stellung zu dem Bericht nehmen. Die USA bekräftigten, sie erwarteten von Iran einen Politikwechsel.

Die Islamische Republik wird verdächtigt, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms den Bau von Atombomben zu betreiben. Iran bestreitet dies, hat sich jedoch immer wieder gegen Kontrollen seiner atomaren Anlage gesperrt.

Die neuen Strafen sollen nach den deutschen Vorschlägen auf Banken und Transportunternehmen abzielen, schreibt der Spiegel. Entsprechende Vorschläge seien Frankreich und Großbritannien gemacht worden. Der Vorstoß müsste auch in der so genannten Sechsergruppe abgestimmt werden, die mit Iran über dessen Atomprogramm verhandelt. Zu ihr gehören neben den drei europäischen Ländern die USA, Russland und China.

US-Verteidigungsminister Robert Gates erklärte bei einer Konferenz in Bahrain, auch die neue US-Regierung werde die besonderen Interessen der USA im Nahen Osten nicht aufgeben. Die USA fühlten sich in besonderer Weise der Sicherheit Israels verpflichtet. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte während eines Besuchs in Jerusalem erklärt, die Sicherheit Israels sei nicht verhandelbar. Vor diesem Hintergrund werden in Israel die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Iran kritisiert. Der Spiegel berichtete, Steinmeiers Staatssekretär Richard Silberberg habe eine Runde mit Vertretern der Ministerien und des Kanzleramts eingeladen, um über Wege zur Eindämmung des Warenverkehrs zwischen Deutschland und Iran zu beraten. Ein erstes derartiges Treffen habe es bereits im Oktober gegeben, es habe aber wenig gebracht.


Bush: USA werden Iran keine Atombombe bauen lassen

Die USA werden nach den Worten des scheidenden Präsidenten George W. Bush Iran am Bau einer Atombombe hindern. "Für die Sicherheit unseres Volkes und für den Frieden in der Welt werden die USA Iran nicht erlauben, eine nukleare Waffe zu entwickeln", sagte Bush am 5. Dezember in Washington nach einem vorab verteilten Redemanuskript bei einem Kongress des Saban Zentrums für Nahostpolitik am Brookings-Institut.

Die Invasion der USA und ihrer Verbündeten im Irak habe 2003 Teherans Ambitionen zum Bau einer Atombombe gedämpft, betonte Bush. Nach der Wahl von Mahmud Ahmadinedschad 2006 zum iranischen Präsidenten sei diese Politik der Zurückhaltung wieder aufgegeben worden. In einem vor einem Jahr veröffentlichten US-Geheimdienstreport hatte es geheißen, dass Iran 2003 sein nukleares Waffenprogramm gestoppt habe, allerdings nach wie vor versuche, seine Fähigkeiten zur Entwicklung solcher Waffen zu verbessern.

Auch der künftige US-Präsident Barack Obama und seine nominierte Außenministerin Hillary Clinton haben mehrfach betont, dass sie eine Nuklearmacht Iran nicht zulassen würden. Allerdings will Obama verstärkt mit diplomatischen Mitteln und auch direkten Gesprächen mit der Führung in Teheran diese zum Einlenken bewegen.


Irak fordert Obama zum Dialog mit Iran und Syrien auf

Die irakische Regierung hat den künftigen US-Präsidenten Barack Obama zu einem Dialog mit Iran und Syrien aufgefordert. Nur so könnten langjährige Probleme des Nahen Ostens gelöst werden, erklärte ein Regierungssprecher am 12. Dezember. Er bot Washington zudem an, die Gespräche mit Syrien anzubahnen.

Die Regierung des scheidenden Präsidenten George W. Bush hatte fast alle diplomatischen Verbindungen mit Damaskus gekappt. Bush hatte Syrien für seine schlechte Bewachung der Grenzen kritisiert und damit für die Aufstände im Irak mit verantwortlich gemacht. Auch Iran wird von den USA der Unterstützung von Aufständischen im Irak verdächtigt. Die Zahl der panzerbrechenden Bomben, die nach Angaben Washingtons aus iranischer Produktion stammen, ging jedoch zuletzt im Irak zurück, wie die US-Armee am 11. Dezember mitteilte.


Obama bietet Israel Schutz vor Angriff aus Iran

Barack Obama will Israel einem Medienbericht zufolge einen strategischen Pakt anbieten, um Iran vor Angriffen auf das Land abzuschrecken. Zentraler Teil der Abmachung sei das Versprechen, einen Angriff der Islamischen Republik mit einem entsprechenden Gegenschlag zu beantworten, berichtete die Tageszeitung "Haarez" am 11. Dezember unter Berufung auf eine Obama nahe stehendene Person. Die US-Botschaft wollte sich zu dem Artikel zunächst nicht äußern. Ein israelischer Regierungsvertreter sagte: "Wir beteiligen uns nicht an Spekulationen, die aus undeutlichen Quellen stammen."


Sicherheitsabkommen mit Bahrain verlängert

Am 25. Dezember erklärten die Außenminister Irans und Bahrains, Manuchehr Mottaki und Scheich Khaled bin Ahmed bin Mohammad al Chalifeh, auf einer Pressekonferenz in Teheran, das bereits seit fünf Jahren bestehende Sicherheitsabkommen zwischen beiden Staaten am Persischen Golf sei verlängert worden. Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit beider Staaten bei der Drogenbekämpfung und beim Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus.

Mottaki sagte, bei seinem Treffen mit Bahrais Außenminister sei auch über eine mögliche Ausweitung der Zusammenarbeit in anderen Bereichen, wie die Energieversorgung, gesprochen worden. Mit der Intensivierung der Zusammenarbeit soll auch den Versuchen einiger Außenmächte entgegengewirkt werden, Zwietracht zwischen den Nachbarstaaten zu säen. Daher seien bei dem Treffen auch Fragen der Sicherheit der gesamten Region sowie politische und wirtschaftliche Probleme einzelner Staaten erörtert worden, sagte Mottaki.

Schließlich sei auch der jüngste Vorschlag des Königs von Bahrain, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Iran und dem Golf- Kooperationsrat (GCC) zu intensivieren, zur Sprache gekommen.

Bahrais Außenminister nahm Bezug auf mehrere Treffen, die in den letzten Monaten zwischen den USA und einigen arabischen Staaten stattgefunden hatten und insbesondere in Teheran als Versuch der USA bewertet wurden, eine so genannte "arabische Front" oder "sunnitische Front" gegen Iran zu bilden. Er sagte, das Treffen, das Anfang Dezember in Bahrains Hauptstadt Manama stattgefunden und an dem auch der Verteidigungsminister der USA, Robert Gates, teilgenommen hatte, sei keineswegs gegen Iran gerichtet gewesen.

Dort sei lediglich über die Probleme der Golfregion gesprochen worden. Bei diesem Treffen hatte Gates erklärt, niemand plane einen Regimewechsel in Iran. "Wir wollen einen Politikwechsel und eine Verhaltensänderung, damit Iran ein guter Nachbar für die Völker der Region wird, anstatt eine Quelle der Instabilität und der Gewalt zu sein", sagte der Pentagonchef. Allerdings forderte Gates bei diesem Treffen, an dem führende Politiker und Sicherheitsexperten aus mehr als 25 Ländern teilgenommen hatten, mehr Druck auf Iran auszuüben. "Iran hat sein Atomprogramm fortgesetzt, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf die Entwicklung von Nuklearwaffen angelegt ist", sagte der Minister.

Zu dem Treffen der ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland Mitte Dezember in New York mit Vertretern Jordaniens, Iraks, Ägyptens und arabischer Golfstaaten (s. nachfolgenden Bericht), das wiederum in Teheran als Komplott gegen Iran bezeichnet wurde, sagte Bahrains Außenminister, sein Land habe an diesem Treffen teilgenommen, um sich über den Stand der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm zu informieren. "Allerdings ist dieses Treffen von manchen Kommentatoren falsch interpretiert worden", fügte er hinzu.

Bei einem weiteren Treffen von Bahrains Außenminister mit Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad bezeichnete der iranische Präsident die Beziehungen zwischen Iran und Bahrain als "gut" und erklärte, die Golfstaaten müssten ihre Probleme ohne Einmischung fremder Mächte selbst lösen. Es werde schon der Tag kommen, an dem "die aggressiven und so genannten Großmächte uns in Ruhe lassen werden", sagte er und begründete diese Äußerung mit "politischen, militärischen und wirtschaftlichen Problemen, die diese Mächte in die Sackgasse geführt haben".

Bahrains Außenminister überreichte dem iranischen Präsidenten eine Botschaft des Monarchen seines Landes und sagte: Bahrain werde stets und überall die Islamische Republik Iran unterstützen.

Bahrain ist Mitglied des Golf-Kooperationsrats. Die fünfte Flotte der USA hat ihren Hauptstützpunkt in der Hauptstadt Manama.


Sechsergruppe führt Gespräche mit arabischen Staaten über Iran

Die so genannte Sechsergruppe (5+1) hat am 16. Dezember Gespräche mit mehreren arabischen Staaten geführt, um ihre Entschlossenheit im Atomstreit mit Iran zu verdeutlichen. Die Vertreter der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschlands kamen in New York hinter verschlossenen Türen mit Repräsentanten aus Jordanien, Ägypten, dem Irak und den sechs Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrats (GCC) zusammen. Für die Sechsergruppe nahmen US-Außenministerin Condoleezza Rice, ihr britischer Kollege David Miliband, der russische Botschafter in den USA, ein ranghoher Diplomat aus Frankreich sowie die UN-Botschafter von Deutschland und China teil.

Nach Angaben eines ranghohen Mitarbeiters des US-Außenministeriums wollte die Sechsergruppe den arabischen Teilnehmern bei dem Treffen versichern, weiter Druck auf Iran auszuüben. Der UN-Sicherheitsrat hat bereits drei Mal Sanktionen gegen das Land verhängt, weil Teheran trotz internationaler Kritik an seinem Atomprogramm festhält.

Nach dem Treffen teilte US-Außenministerin Rice mit, die fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats und Deutschland hätten mit arabischen Staaten regelmäßige Konsultationen über das iranische Atomprogramm vereinbart. Alle arabischen Staaten hätten ihre Sorge über die Atompolitik Irans und dessen regionale Ambitionen geäußert, sagte Rice. Zu dem Treffen nahm der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani Stellung. Er warnte die arabischen Staaten, sich in das iranische Atomprogramm einzumischen, was zum "Verlust ihres Ansehens" führen würde. Vor einer Versammlung der Teheraner Freitagsprediger sagte Laridschani am 27. Dezember: "Die arabischen Staaten sollten aufpassen, dass sie nicht mit den zusammenbrechenden USA wetteifern und durch die Einmischung in das iranische Atomprogramm ihr Ansehen verlieren." Er fügte hinzu: "Manche Führer in den USA beschuldigen uns, dass wir die Hisbollah und Hamas unterstützen. Dabei sind wir stolz darauf, Hamas und Hisbollah zu unterstützen." In Teheran wurde das Treffen der Sechsergruppe mit den arabischen Staaten als eine neue Verschwörung gegen die Islamische Republik gedeutet. Die iranische Vertretung bei den Vereinten Nationen erklärte, das Treffen sei völlig unnötig gewesen. Es habe mit der Sicherheit der Region nichts zu tun gehabt. Wenn die arabischen Staaten um die Sicherheit der Golfregion besorgt sein sollten, dann sicherlich nur wegen der ständigen Einmischung der USA, die die Spaltung der Nachbarstaaten, Ethnien und Glaubensgemeinschaften betrieben.

Auch Revolutionsführer Ali Chamenei bezeichnete das Treffen als Versuch, "manche Führer arabischer Staaten gegen Iran und sein Atomprogramm aufzuwiegeln".


Angriff auf saudiarabische Fluggesellschaft in Iran

Aus Protest gegen den saudischen Friedensplan für den Nahen Osten hat eine militante Gruppe das Büro der Saudi Arabien Airlines am 10. Dezember in Teheran angegriffen. Es seien mehrere Brandsätze gezündet worden, die geringe Sachschäden angerichtet hätten, meldeten iranische Medien am 13. Dezember. Zugleich zitierten sie aus der Erklärung der Gruppe Achwan al Radwan (Brüder des Himmels). Demnach verübten sie den Anschlag auf die Fluggesellschaft, um gegen den Friedensplan des saudischen Königs Abdullah zu protestieren. Der Plan sieht eine diplomatische Anerkennung Israels in der arabischen Welt vor, wenn sich das Land aus den 1967 besetzten Gebieten zurückzieht. Die Islamische Republik hat immer wieder betont, dass sie niemals bereit sein würde, Israel anzuerkennen.


Ahmadinedschad rief Arabische Liga zum Handeln in Gaza-Krise auf

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die Arabische Liga vor ihrem Krisentreffen zu einem schnellen Eingreifen in der Gaza-Krise aufgefordert. "Wenn die Arabische Liga jetzt nicht handeln will, wann will sie etwas unternehmen", fragte Ahmadinedschad am 31. Dezember auf einer Kundgebung in der iranischen Stadt Sahedan. Die Palästinenser im Gaza-Streifen seien "unterdrückte Araber". Die Arabische Liga sollte auf ihrem Krisentreffen in Kairo daher schnell konkrete Schritte zur Unterstützung der Bevölkerung im Gaza-Streifen beschließen.

Wer dagegen nur Reden und Erklärungen von sich gebe, der erlaube es Israel, seine Angriffe fortzusetzen, sagte der iranische Präsident. Vor diesem Hintergrund kritisierte Ahmadinedschad die Vereinten Nationen und warf dem UN-Sicherheitsrat Parteilichkeit zugunsten Israels vor.


Iranischer Top-Diplomat zu Gesprächen mit Hamas in Syrien

Ein ranghoher iranischer Gesandter hat in Syrien wegen der israelischen Militäroffensive im Gaza-Streifen Gespräche mit Präsident Baschar Assad und der Hamas-Führung geführt. Das berichtete die syrische Nachrichtenagentur SANA am 3. Januar. Der iranische Atomunterhändler Said Dschalili traf demnach auch den im Exil lebenden Hamas-Führer Khaled Maschaal und den Chef des Islamischen Dschihad, Ramadan Abdullah Schallah.

Einzelheiten zu den Gesprächen wurden nicht mitgeteilt. Iran ist enger Verbündeter und Financier der Hamas. Israel verdächtigt Teheran, der Hamas neben Millionen Dollar auch modernere Raketen für den Kampf gegen Israel zu geben.

Mit der Militäraktion sei Israel seinem Zusammenbruch um einen Schritt näher gekommen, sagte Dschalili den Medien zufolge. Ziel seiner Reise sei es, "in dieser sensiblen Lage" durch eine engere Zusammenarbeit mit Syrien, zur Lösung der Probleme des Nahen Ostens beizutragen.

Der iranische Regierungssprecher Gholamhossein Elham sagte am 3. Januar vor Journalisten in Teheran, die Regierung sei bemüht, eine Konferenz der Außenminister islamischer Staaten zur Lösung des Nahostproblems einzuberufen.


Irakischer Regierungschef in Teheran

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad will die Beziehungen zum Nachbarland Irak intensivieren. Die regionale Zusammenarbeit werde Sicherheit in die Region bringen, sagte Ahmadinedschad nach Angaben der Webseite des iranischen Staatsfernsehens am 3. Januar bei einem Treffen mit Iraks Regierungschef Nur el Maliki. Dank des "Willens und der Weisheit" ihrer politischen Führer könnten beide Länder ihre Beziehungen und den wirtschaftlichen Austausch schnell entwickeln, erklärte Ahmadinedschad. Er betonte, wie wichtig "Unabhängigkeit und Fortschritt des Iraks" für Teheran seien. Maliki sagte laut einer von seinem Büro veröffentlichten Erklärung, für die Projekte zum Wiederaufbau brauche sein Land die Unternehmen der Nachbarstaaten. Maliki wurde bei seinem zweitägigen Besuch von den Ministern für Handel, Energie und Transport begleitet. Das Handelsvolumen der beiden Länder stieg im Jahr 2008 auf fünf Milliarden Dollar.

Malikis vierte Iran-Visite seit seinem Amtsantritt 2006 fand in einer historischen Phase statt: Am 14. Dezember unterzeichnete seine Regierung nach zähen Verhandlungen mit den USA ein Abkommen über die Bedingungen des Abzugs der US-Truppen, der bis Ende 2011 abgeschlossen sein soll. Teheran hatte das Abkommen als "Kapitulation" Iraks kritisiert. Neben diesem Abkommen, das auch die Stationierung der etwa 150 000 US-Soldaten im Irak regelt, wurden über die künftigen Beziehungen mit Washington nach der Amtseinführung des neuen Präsidenten Barack Obama und über die jüngste Eskalation im Nahostkonflikt Gespräche geführt.


Teilnahme an Afghanistan-Konferenz abgesagt

Nach einem diplomatischen Streit mit Frankreich hat der iranische Außenminister Manuchehr Mottaki einen angekündigten Besuch in Paris abgesagt. Wie am 13. Dezember aus dem französischen Außenministerium verlautete, sollte Mottaki mit seinem dortigen Kollegen Bernard Kouchner zusammentreffen und am 14. Dezember an einer Außenministerkonferenz zu Afghanistan teilnehmen.

Bereits am 11. Dezember hatte das iranische Außenministerium den französischen Botschafter in Teheran wegen einer Äußerung des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy über seinen iranischen Amtskollegen Mahmud Ahmadinedschad einbestellt. Dem Diplomaten Bernard Poletti seien "ernste Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen" angedroht worden, meldete die amtliche iranische Nachrichtenagentur IRNA. Paris habe eine "dilettantische und extremistische Vorgehensweise an den Tag gelegt", hieß es in der Note des Teheraner Außenministeriums. Sarkozy hatte auf einer Feier aus Anlass des 60. Jahrestags der Erklärung der Menschenrechte in Paris gesagt, dass er Ahmadinedschad wegen seiner Israel-Feindschaft weder die Hand reichen noch sich mit ihm an einen Tisch setzen wolle. Außerdem hatte er gemeint, dass der iranische Präsident nicht die Bevölkerung Irans repräsentieren würde.

Frankreich bestätigte die Einberufung seines Botschafters, ohne auf die Drohungen der iranischen Regierung einzugehen. Das Existenzrecht Israels infrage zu stellen, sei nicht hinnehmbar, betonte ein Sprecher des Außenministeriums unter Bezugnahme auf entsprechende Äußerungen, die iranischen Politikern zugeschrieben werden.

Frankreich sei jedoch weiter offen für den Dialog. Unter anderem habe man Iran für den 14. Dezember zu einem Treffen der Afghanistan-Anrainerstaaten nach Paris eingeladen. Bei der Konferenz sollten die Nachbarländer, darunter Iran, überzeugt werden, sich stärker an der Stabilisierung des Landes zu beteiligen. Zu den Äußerungen Sarkozys meinte Ahmadinedschad: "Es gibt niemanden in Iran, der den Wunsch hätte, Herrn Sarkozy die Hand zu reichen oder mit ihm Gespräche zu führen." "Jeder, der mit dem iranischen Volk verhandeln will, sollte wissen, dass Iran niemals das zionistische Regime anerkennen wird und jeder sollte wissen, dass das iranische Volk nur mit jenen verhandeln wird, die das Ende der Verbrechen, der Aggressivität, der Besatzung durch die Zionisten und der Beseitigung ihrer Ideen und Grundsätze aus der Welt verlangen", sagte Ahmadinedschad am 16. Dezember vor einer Versammlung in der südiranischen Stadt Ahwaz. "Dieser verehrte Herr, der ständig die Rolle des Führers einer Supermacht imitiert, versucht, wenn er am Rednerpult steht, wie ein Pharao zu reden. Er sagte, er werde jemandem, der die Beseitigung des zionistischen Regimes fordert, nicht die Hand geben und nicht mit ihm reden."

Die Beziehungen zwischen Iran und Frankreich hatten sich während der Präsidentschaft Chatamis bzw. Chiracs merklich gebessert. Doch mit der Regierungsübernahme durch Ahmadinedschad in Teheran und Sarkozy in Paris hat der außenpolitische Kurswechsel in beiden Staaten zu einer zunehmenden Abkühlung ihrer Beziehungen geführt.


Türkei und Iran bombardieren PKK-Stellungen im Nordirak

Türkische Kampfflugzeuge und iranische Artillerie haben am 17. Dezember Ziele im Nordirak bombardiert. Die Angriffe hätten in einigen Dörfern große Schäden verursacht, sagte Dschabbar Jawar, der Sprecher der Pischmarga-Einheiten irakischer Kurden, der Nachrichtenagentur AFP. Viele Bewohner befänden sich auf der Flucht.

Am zweiten Tag in Folge flog die türkische Luftwaffe Angriffe auf Stellungen der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Kandil-Gebirge. Das teilte die türkische Armee in einer Erklärung auf ihrer Internetseite mit. Über mögliche Opfer machte sie zunächst keine Angaben. In der Erklärung hieß es lediglich, die Flugzeuge hätten ihre Mission erfolgreich abgeschlossen und seien ohne Probleme zurückgekehrt. Zudem habe die Armee Vorsichtsmaßnahmen getroffen, um die Zivilbevölkerung nicht zu gefährden. Bereits in der Nacht zum 14. Dezember hatte die türkische Luftwaffe mehrere Dörfer im Norden Iraks bombardiert und dabei nach PKK-Angaben sieben Menschen getötet. In der Vergangenheit hatten türkische Kampfflugzeuge immer wieder Stellungen der PKK im Norden Iraks angegriffen. Der NATO-Partner USA unterstützt die Türkei dabei mit Geheimdienstinformationen.

Die türkische Regierung wirft den irakischen Kurden vor, die Aktivitäten von 2000 PKK-Kämpfern, die sich in den Bergen im Norden des Landes versteckt halten sollen, zu dulden und sogar zu unterstützen. Die Türkei, die europäische Union und die USA stufen die PKK als Terroristenorganisation ein. Seit 1984 kämpft die Gruppe für einen kurdischen Staat oder zumindest größere Autonomie im mehrheitlich von Kurden bevölkerten Südosten der Türkei. In dem Konflikt sind bislang 44 000 Menschen getötet worden.

Auch Iran greift immer wieder Stellungen kurdischer Rebellen im Nordirak an. Teheran macht eine Schwesterorganisation der PKK für bewaffnete Aktionen im Westen Irans verantwortlich.


Scharfe Kritik aus der EU nach Schließung von Ebadi-Büro

Nach der Schließung eines Büros von Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi in Teheran wurde Iran mit scharfer Kritik aus der Europäischen Union konfrontiert. Das Auswärtige Amt in Berlin zeigte sich besorgt. "Wir sehen es als ein weiteres Zeichen, dass sich der Spielraum für Verteidiger der Menschenrechte in Iran verkleinert", sagte der AA-Sprecher Jens Plötner am 22. Dezember in Berlin. Gerade mit Blick auf die für Juni angesetzte Präsidentenwahl in dem Land sei das Vorgehen gegen das Menschenrechtszentrum bedenklich. Wahlen und Wahlkampf lebten letztlich von einer lebendigen und kritischen Zivilgesellschaft. Hier zeige sich jedoch genau das Gegenteil.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte sich nach Angaben Plötners Ende September mit Ebadi getroffen Die französische EU-Präsidentschaft forderte die iranischen Behörden am 22. Dezember dazu auf, sofort eine Wiedereröffnung der Räume zu gestatten. Die EU verurteile die Schließung des Büros durch die Polizei auf das Schärfste. Teheran müsse den internationalen Verpflichtungen hinsichtlich der Menschenrechte nachkommen und dem Büro legalen Status gewähren, hieß es in einer in Paris veröffentlichten Erklärung.

Die 61-jährige Ebadi hatte sich wiederholt für Dissidenten und religiöse Minderheiten eingesetzt. In Deutschland war sie Anfang Oktober mit dem Toleranzpreis der Evangelischen Akademie Tutzing ausgezeichnet worden. Den Nobelpreis hatte die Iranerin 2003 für ihren Einsatz für Kinder- und Frauenrechte sowie Dissidenten erhalten.


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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
8. Jahrgang


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Quelle:
Iran-Report Nr. 1/2009 - Januar / 8. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2009