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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/279: Iran-Report Nr. 6 - Juni 2012


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 6 - Juni 2012
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.

Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

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INNENPOLITIK
  • Siege der Konservativen bei der zweiten Runde der Parlamentswahl
  • Ahmadinedschad will zu UN-Gipfel Rio+20 nach Brasilien reisen
  • Attentäter des iranischen Atomwissenschaftlers hingerichtet
  • Acht Jahre Gefängnis für ehemaligen Außenminister
  • Pasdaran-Terroranschläge vereitelt
  • Teilnahmerecht für alle Verlage an der Buchmesse gefordert
  • Nutzung ausländischer Internetserver für Firmen verboten
  • IAEA-Inspekteur starb bei Verkehrsunfall
  • Gefängnisstrafe für den Vater eines Opfers bei Protesten von 2009
  • 25 Peitschenhiebe für eine Karikatur
  • Härtere Kontrollen der Kleidungsvorschriften
  • Diplomat wegen sexueller Belästigung entlassen
  • Presseerklärung von Gewerkschaftlern aus dem Gefängnis

SIEGE DER KONSERVATIVEN BEI DER ZWEITEN RUNDE DER PARLAMENTSWAHL

Bei der zweiten Runde der Parlamentswahl ist der Sieg der Konservativen bestätigt worden. Die beiden wichtigsten Bündnisse der Konservativen sicherten sich 44 der 65 Sitze, die in der zweiten Wahlrunde noch zu vergeben waren, wie die Nachrichtenagentur IRNA am 6. Mai berichtete. Demnach erhielten die Reformer, die mehrheitlich die Abstimmung boykottiert hatten, nur zwei Sitze. Damit sind sie in der neuen Maschles nur noch mit insgesamt 21 Abgeordneten vertreten. Zuvor hatten sie 60 der 290 Mandate.

Das konservative Bündnis "Vereinigte Front der Konservativen" um den bisherigen Parlamentspräsidenten Ali Laridschani und den Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf verfügt nach Angaben von Fars fortan über 65 Abgeordnete. Es steht in kritischer Distanz zu Präsident Ahmadinedschad und tritt für mehr Rationalität in der Politik ein. Die nicht weniger konservative "Front der Andauernden Islamischen Revolution", die Ahmadinedschad nahe steht, kommt auf 25 Abgeordnete.

Zudem gibt es noch 61 Parlamentarier, die beiden Bündnissen angehören, sowie 15 Abgeordnete kleinerer konservativer Gruppen. Die religiösen Minderheiten, Christen, Juden und Zoroastrier, sind mit insgesamt fünf Abgeordneten vertreten. Den größten Block im neuen Parlament stellen aber "unabhängige" Kandidaten. Auf welche Seite sich diese letztendlich schlagen werden, bleibt offen. Die meisten von ihnen sind bisher wenig bekannt. Manche Beobachter sind der Meinung, es handele sich bei ihnen um getarnte Anhänger Ahmadinedschads. Die Erfahrung zeigt jedenfalls, dass selbst Abgeordnete, die einer Gruppe angehören, je nach den sich verändernden Machtverhältnissen im Laufe der Legislaturperiode die Seite wechseln.

Insgesamt sind 196 der 290 Abgeordneten das erste Mal im Parlament. Die erste Wahlrunde fand am 2. März statt.


AHMADINEDSCHAD WILL ZU UN-GIPFEL RIO+20 NACH BRASILIEN REISEN

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat sich zum UN-Umweltgipfel Rio+20 im brasilianischen Rio de Janeiro angemeldet. Zudem werde der chinesische Regierungschef Wen Joabao zu der vom 20. bis 22. Juni stattfindenden Konferenz erwartet, teilte das brasilianische Außenministerium am 18. Mai mit. Bereits zuvor hatten Frankreichs Präsident Francois Hollande, Russlands Staatschef Wladimir Putin sowie EU-Kommissionschef Manuel Barroso und sechs seiner Kommissare zugesagt.

Absagen kamen hingegen von Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem britischen Premierminister David Cameron. Eine elfköpfige Delegation des Europäischen Parlaments sagte ihre geplante Reise zu dem Gipfeltreffen aus Protest gegen hohe Hotelpreise in Rio de Janeiro ab. Noch nicht geäußert hat sich US-Präsident Barack Obama. Es wird aber erwartet, dass er sich in den USA dem begonnen Wahlkampf widmen und nicht zu der Konferenz reisen wird.

Rio+20 findet im Juni genau 20 Jahre nach dem Erdgipfel (UNCED) in der brasilianischen Metropole statt. Im Januar 1992 hatte die Staatengemeinschaft die Nachhaltigkeit als Grundprinzip für verschiedenste Bereiche, etwa für die Wirtschaft in Industriestaaten oder die Armutsbekämpfung in Entwicklungsländern, verankert. Zu dem Nachfolgetreffen werden Vertreter aus etwa 120 Staaten erwartet.

Oppositionelle Iraner fragen sich, was Ahmadinedschad zur Teilnahme an der Konferenz bewogen haben mag. Es sei schwer vorstellbar, dass es ökologische Interessen sind. Denn allein ein Blick auf die Hauptstadt Teheran zeige, dass die Regierung sich nicht einmal um diese Metropole kümmere, deren 14 Millionen Bewohner in der verseuchten Luft am Ersticken seien. Es sei jedoch bekannt, dass der Präsident kaum eine Gelegenheit verpasse, um auf internationalem Parkett für einen Eklat zu sorgen und so die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu lenken.

Ahmadinedschad wollte auch zu den Olympischen Spielen nach London reisen, aber er darf nicht. Zu den iranischen Sportlern, die an der Wettkämpfen teilnehmen werden, sagte er laut der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA bei einem Treffen mit den Athleten, er würde die Sportler gerne vor Ort unterstützen, "aber der Gastgeber hat ein Problem damit". Ahmadinedschad führte der Meldung vom 17. Mai zufolge nicht aus, ob er einen Antrag gestellt habe, um zu den Spielen zu reisen oder ob Großbritannien ihm die Einreise verwehrt. Das Internationale Olympische Komitee äußerte sich zunächst nicht zu dem Sachverhalt.

Der Präsident empfahl den Sportlern, sich bei den Wettkämpfen würdig wie echte Sportler zu verhalten, an die lange Tradition des Sports in Iran und den Nationalhelden Arasch Kamangir zu denken und für das hohe Ansehen Irans zu sorgen. "Die Fremden sehen es nicht gern, wenn iranische Sportler den Podest der Sieger erobern."

Das Verhalten Irans gegenüber den Olympischen Spielen war bislang ambivalent. Zuerst hatte Iran das Emblem der Olympischen Spiele in London kritisiert, weil es von dem Wort "Zion" stamme. Teheran warf Großbritannien vor, seine "zionistische Politik" auf den Sport übertragen zu wollen. Das iranische olympische Komitee hatte sogar damit gedroht, die Wettkämpfe zu boykottieren, sollte London das Emblem nicht ändern. Dazu sagte der britische Premier David Cameron, Irans Abwesenheit werde bei den Spielen "keinen leeren Platz hinterlassen".

Iran hatte bereits 2011 die Änderung des Emblems gefordert, war jedoch vom Internationalen Olympischen Komitee zurückgewiesen worden. Später erklärte Iran, es werde mit vierzig Sportlern an den Spielen teilnehmen.

Die Olympischen Spiele beginnen am 27. Juli in der britische Hauptstadt und dauern bis zum 12. August. Großbritannien hatte im vergangenen Jahr seine Beziehungen zu Iran abgebrochen und seine Botschaft geschlossen, nachdem militante Studenten die britische Vertretung in Teheran gestürmt hatten.


ATTENTÄTER DES IRANISCHEN ATOMWISSENSCHAFTLERS HINGERICHTET

Nach Angaben der iranischen Justizbehörde wurde Madschid Dschamali Fasch, der im August 2011 für die Ermordung des Atomwissenschaftlers Massud Ali Mohammadi schuldig gesprochen worden war, am 15. Mai hingerichtet. Laut IRNA wurde er am Morgen im Evin-Gefängnis in Teheran gehenkt. Der Atomphysiker war im Januar 2010 durch Sprengung eines Motorrads getötet worden.

Unter der Leitung des Richters Abolghassem Salawati sprach das Revolutionsgericht in Teheran den 26-jährigen Dschamali Fasch schuldig, im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad gehandelt und für den Mord 120.000 Dollar entgegengenommen zu haben. Kurz vor dem Prozess wurde im Fernsehen ein "Geständnis" Dschamali Faschs ausgestrahlt, in dem er sagte, er sei für die Tat in Israel ausgebildet worden. Er wurde, wie sonst bei Terroristen üblich, wegen "Krieg gegen Gott und Verderben auf Erden" zum Tode verurteilt.

Seit der Ermordung Ali Mohammadis wurden in Teheran drei weitere Atomwissenschaftler durch Bombenanschläge ermordet. Die iranische Führung machte jeweils die USA und Israel dafür verantwortlich. Mehrfach gaben die iranischen Behörden im Zusammenhang mit den Anschlägen Festnahmen bekannt, aber Dschamali Fasch ist bislang der einzige Verurteilte.


ACHT JAHRE GEFÄNGNIS FÜR EHEMALIGEN AUßENMINISTER

Ebrahim Yazdi, ehemaliger Außenminister unter Ministerpräsident Bazargan, soll ins Gefängnis. Im Dezember war er zu acht Jahren verurteilt worden. Dem nun Achtzigjährigen wurde vorgeworfen, die Staatssicherheit gefährdet zu haben. Laut einer Mitteilung der Menschenrechtsorganisation Human Right Watch teilte ihm die Strafvollzugsbehörde am 16. April mit, dass er drei Wochen Zeit habe, um seine Gefängnisstrafe anzutreten. Angesichts des hohen Alters und des Gesundheitszustands des Oppositionspolitikers, der an Krebs und Herzproblemen leidet, bedeutet dies, ihn zum Tode im Gefängnis zu verurteilen.

Yazdi, der bereits unter dem Schah als Oppositioneller politisch aktiv war, wurde nach der Revolution in der Übergangsregierung von Mehdi Bazargan, dem Vorsitzenden der liberalen Freiheitsbewegung, zum Außenminister ernannt. Nach dem Tod Bazargans 1979 trat er dessen Nachfolge als Vorsitzender der Partei an. Obwohl die Partei ebenfalls aus dem islamischen Lager stammte, wurde sie verboten. Dennoch setzte sie ihre Aktivitäten in der Halblegalität fort.

Yazdi schloss sich 2099 den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl Ahmadinedschads an. Er wurde vorübergehend in Haft genommen. Im Dezember 2011 wurde er von einem

Teheraner Revolutionsgericht wegen Gefährdung nationaler Sicherheit zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Nun versuchen seine Anwälte eine Haftverschonung durchzusetzen.


PASDARAN-TERRORANSCHLÄGE VEREITELT

Die Revolutionsgarden (Pasdaran) gaben am 7. Mai bekannt, mehrere in der Nähe der Hauptstadt Teheran geplante Terroranschläge vereitelt zu haben. Die Anschläge hätten "sensiblen Objekten" in der Hauptstadt gegolten.

Mohssen Kasemi, Kommandeur der Pasdaran in Teheran, sagte in einem Interview mit der Agentur Fars, die Vereitelung sei während der Neujahrsfeiertage erfolgt. Er sagte aber nicht, gegen welche Ziele die angeblichen Anschläge gerichtet gewesen seien.

Mitglieder der Pasdaran hätten lange vor den Feiertagen die Terrorgruppen im Visier gehabt und hätten dann in einem "günstigen Moment" zugeschlagen, sagte Kasemi.

Bereits zuvor hatte Mohammad Ali Dschafari, Oberkommandierender der Pasdaran, von einer "Vereitelung der feindlichen Verschwörungen während der Feiertage" gesprochen. Seit Monaten warnen iranische Politiker und Militärs vor Terroranschlägen. Informationsminister Heidar Moslehi hatte vor den Parlamentswahlen gesagt, es habe 15 Pläne für Terroranschläge gegen die Islamische Republik gegeben. Er versicherte aber zugleich, dass seine Behörde wachsam sei und genaue Anweisungen erteile, um die Anschläge rechtzeitig vereiteln zu können.


TEILNAHMERECHT FÜR ALLE VERLAGE AN DER BUCHMESSE GEFORDERT

Fortschrittliche Verlage werden von der jährlichen Teheraner Buchmesse für gewöhnlich ausgeschlossen. Auch in diesem Jahr durften zahlreiche Verlage ihre Bücher nicht ausstellen. Dazu veröffentlichte der Iranische Schriftstellerverband am 8. Mai eine Erklärung, in der die Politik des Ministeriums für Kultur und Islamische Führung, bei der auch die Zensurbehörde untergebracht ist, scharf kritisiert und das Recht eines jeden Verlags gefordert wird, an der Messe teilzunehmen.

Nicht nur Verlage wie "Agah", "Bastab Negar", "Digar", Kawir", "Nika", die von vornherein keine Erlaubnis zur Teilnahme hatten, sondern auch Verlage, die eine Teilnahmeerlaubnis erhalten hatten, wie "Tscheschmeh", seien ausgeschlossen worden, heißt es in der Erklärung. Der stellvertretende Minister habe dazu erklärt, "Tscheschmeh" habe so oft Gesetze gebrochen, dass der zuständige Ausschuss keinen Ausweg mehr gesehen habe, als dem Verlag die Teilnahme an der Messe zu verbieten. Diese Äußerung erwecke den Eindruck, als habe der Verlag tatsächlich schwere Schuld auf sich geladen. Dabei gehe es, wie aus den Akten zu entnehmen sei, nur darum, dass der Verlag der Zensurbehörde Manuskripte zur Erteilung von Druckerlaubnis eingereicht habe, die aus der Sicht der Behörde nicht nur hätten abgelehnt werden müssen. Schon der Antrag für solche Manuskripte sei nicht zulässig gewesen, schreiben die Autoren. "Das ist eine Kulturpolitik, die absolut nichts zu tun hat mit dem verbrieften Recht auf freie Rede und freie Meinungsäußerung."

Solche unhaltbaren Vorwürfe dienten als Vorwand, um mehr Druck auf unabhängige Verlage auszuüben. Die Veröffentlichung von Büchern und die Teilnahme an der Buchmesse gehörten zum unbestreitbaren Recht aller Verleger, auch der Verlage, deren Teilnahme an der Messe längst verboten worden sei. Die Buchmesse, so wie sie vom Ministerium für Kultur und Islamische Führung organisiert worden sei, habe keine andere Funktion als die freie Meinungsäußerung zu verhindern und die Zensur von Büchern aufrechtzuerhalten.


NUTZUNG AUSLÄNDISCHER INTERNETSERVER FÜR FIRMEN VERBOTEN

Die iranische Regierung hat Banken, Versicherungen und Telefongesellschaften des Landes einem Medienbericht zufolge die Nutzung ausländischer Anbieter von Internetleistungen verboten. Die Unternehmen dürften ab sofort nur noch im Inland registrierte Provider nutzen, berichtete die iranische Wochenzeitung "Asr-e Ertebatat" am 13. Mai. Ähnliche Regelungen sollen demnach auch für die öffentliche Verwaltung und die Universitäten gelten.

Die Regierung hatte bereits angekündigt, bis Mai ein Datennetz für Iran aufbauen zu wollen. Zur Begründung nannte sie Sicherheitsbedenken bei über ausländische Sender laufenden Datenströmen. Bereits im Dezember sollen nach offiziellen Angaben fast allen Internetseiten der Regierung bei inländischen Providern registriert gewesen sein.

Iran war bereits mehrfach Opfer massiver Hackerangriffe geworden. Unter anderem drang im Jahr 2010 der Computervirus Stuxnet in Rechner des Atomprogramms ein und legte einen Teil der Zentrifugen zur Urananreicherung still. Iran warf damals den USA und Israel vor, hinter der Attacke zu stehen.


IAEA-INSPEKTEUR STARB BEI VERKEHRSUNFALL

Ein Inspekteur der Internationalen Atombehörde (IAEA) kam am 8. Mai in Iran bei einem Verkehrsunfall ums Leben, sein Kollege wurde verletzt. Wie die iranische Atomenergie-Organisation mitteilte, waren die IAEA-Inspekteure in der Nähe des im Bau befindlichen Schwerwasser-Reaktors bei Chondab rund 190 Kilometer westlich von Teheran unterwegs, als ihr Auto von der Straße abkam und sich überschlug. In der Mitteilung sprach die Behörde der IAEA und der Familie des Opfers ihr Beileid aus.

Das Außenministerium in Seoul bestätigte den Tod eines südkoreanischen Inspekteurs. Sein slowenischer Kollege und ein iranischer Fahrer seien ins Krankenhaus gebracht worden.

Die Anlage in Chondab ist Teil eines unter den Namen Arak bekannten Komplexes. Dort sollen nach Angaben der iranischen Regierung radioaktive Isotope zur Nutzung in der Medizin und Industrie produziert werden.


GEFÄNGNISSTRAFE FÜR DEN VATER EINES OPFERS BEI PROTESTEN VON 2009 

Das Teheraner Revolutionsgericht hat Mehdi Ramesani, Vater von Ramin Ramesani, der bei den Unruhe von 2009 gegen die manipulierte Wiederwahl von Ministerpräsident Ahmadinedschad ums Leben kam, zu drei Jahren Gefängnis verurteil.

Wie die den Reformern nahe stehende Webseite Kalameh am 15. Mai schrieb, "wird zum ersten Mal der Vater eines Opfers der Unruhen nach den Wahlen von 2009 verurteilt, obwohl immer noch nicht aufgeklärt ist, wie sein Sohn getötet wurde." Der 22-jährige Ramin Ramesani wurde bei den Protesten durch Schüsse getötet. Er fiel bei den Auseinandersetzungen mit den Basidsch-Milizen, die unbegründet das Feuer auf die Demonstranten eröffneten. Die Regierung behauptete damals, die Demonstranten hätten den Stutzpunkt der Basidsch-Milizen besetzen wollen. Dagegen hätten sich die Milizen gewährt. Dabei existiert ein Video-Film, in dem zu sehen ist, wie einer der Milizen auf die Demonstranten zugeht und auf sie zu schießen beginnt.

Der Vater hatte vor eineinhalb Jahren in einem Interview erklärt, er halte nicht den Milizionär, der auf seinen Sohn geschossen habe, für schuldig, sondern den, der ihm den Befehl dazu erteilt habe. Er verwies auf ein Gespräch mit Zafar Ali Beratlu, dem Stellvertreter des Gouverneurs von Teheran, das nach dem Tod seines Sohnes stattgefunden habe. Beratlu habe ihm gesagt, bei Unruhen werde zunächst der Befehl erteilt, Luftschüsse mit Plastikgeschossen abzugeben, um die Demonstranten zu vertreiben. Wenn man damit keinen Erfolg habe, werde den Milizen nach vierzig Minuten befohlen, auf die Demonstranten zu schießen.

Ramesani wurde nach diesen Äußerungen in Haft genommen. Nach eineinhalb Jahren kam er gegen eine hohe Kaution frei. Im März wurde dann sein Prozess aufgenommen und am Ende wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Gegen das Urteil kann er Berufung einlegen.


25 PEITSCHENHIEBE FÜR EINE KARIKATUR

Wegen einer Karikatur des konservativen Parlamentsabgeordneten Ahmad Lotfi Aschtiani aus der Stadt Arak wurde der Karikaturist Mahmud Schokrajeh zu 25 Peitschenschlägen verurteilt, wie die Agentur IRNA am 8. Mai berichtete. Ein Schöffengericht der Zentralprovinz, das für die Presse zuständig ist, hielt das Wochenmagazin "Amir" nach der Anhörung des Verteidigers des Angeklagten und des Chefredakteurs des Magazins für schuldig und sprach das Urteil gegen den Karikaturisten aus. Die Zeitschrift ist das auflagenstärkste Wochenblatt der Provinz, sie besteht seit zehn Jahren.

Der bekannte iranische Karikaturist Mana Nejestani rief seine Kollegen und Kolleginnen dazu auf, gegen das Urteil zu protestieren und jeweils eine Karikatur Aschtianis zu zeichnen. "Ich habe mich dieses Mal dazu entschlossen, statt mich mit den Behörden auseinanderzusetzen, aus Solidarität mit dem verurteilten Kollegen und aus Protest gegen die Heiligsprechung eines Parlamentsabgeordneten, die mit diesem Urteil erfolgt, eine Karikatur des Herrn Aschtiani zu zeichnen", sagte Nejestani. "Ich fordere auch meine Kollegen dazu auf, das Urteil nicht unwidersprochen hinzunehmen. Wir brauchen keine Unruhen zu veranstalten und sollten uns hüten, in die politischen Fänge zu geraten. Wir brauchen nur unsere Federn zu nehmen und dasselbe zu tun, was Schokraijeh getan hat, ohne Beleidigung eine Karikatur des Abgeordneten aus Arak zu zeichnen und in unseren Blogs zu veröffentlichen."

Es ist das erste Mal, dass in Iran ein Karikaturist wegen einer Karikatur zu Peitschenschlägen verurteilt wird. Allerdings gibt es eine ganze Reihe von Karikaturisten, die mit Gefängnis bestraft wurden. Ali Diwandari war der erste Karikaturist, der Anfang der achtziger Jahre in der Islamischen Republik mit Gefängnis bestraft wurde.

Auch Mana Nejestani musste 2007 wegen einer Karikatur, die von iranischen Aseries als Beleidigung aufgefasst wurde, einige Monate in Haft verbringen. Danach hat er das Land verlassen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat die "brutale Strafe" gegen Schokraijeh scharf verurteilt. Es sei unerträglich, dass die freie Meinungsäußerung eines Künstlers mit dieser Härte bestraft werde, erklärte die Organisation.


HÄRTERE KONTROLLEN DER KLEIDUNGSVORSCHRIFTEN

Wie zu jedem Sommeranfang sollen auch in diesem Jahr die Kleidungsvorschriften schärfer kontrolliert und durchgesetzt werden. General Hossein Sajedi, Befehlshaber der Teheraner Polizei, erklärte Ende April, die Polizei werde durch größere Präsenz auf den Straßen der Hauptstadt auf die Einhaltung der Kleidungsvorschriften achten und gegen Personen, die die Vorschriften missachten, mit Härte vorgehen. Die Kontrollen würden sich nicht nur auf die Konsumenten beschränken, sondern auch auf die Produzenten ausgedehnt werden. Er forderte alle Produzenten, Importeure, Verkäufer und Käufer dazu auf, die Vorschriften einzuhalten. Produktionsstätten sowie Geschäfte, die die Warnungen der Polizei ignorierten, würden geschlossen.

Sajedi rief die Bevölkerung dazu auf, die Polizei bei ihrem Vorhaben zu unterstützen. Die Polizei werde auf jede Anzeige sofort reagieren.

Die obligatorischen islamischen Kleidungsvorschriften wurden mit der Gründung der Islamischen Republik 1979 eingeführt. Doch viele Frauen setzen sich seit Jahrzehnten dagegen zur Wehr.


DIPLOMAT WEGEN SEXUELLER BELÄSTIGUNG ENTLASSEN

Ein iranischer Diplomat in Brasilien wurde wegen sexueller Belästigung junger Mädchen nach Teheran zurückberufen und aus dem Dienst entlassen. Das Außenministerium in Teheran erklärte, das Verwaltungsgericht habe das Verhalten des Beamten als "unsittlich und mit islamischen Grundsätzen unvereinbar" eingestuft und ihn von seinem Dienst suspendiert.

Der Mann hatte im vergangenen Monat in einem Schwimmbad in Brasilien versucht, rund zehn junge Mädchen im Alter zwischen 9 und 15 Jahren unsittlich zu berühren. Er wurde kurz darauf festgenommen, aber von der Polizei unter Hinweis auf seine diplomatische Immunität wieder auf freien Fuß gesetzt.

Zwar hatte die iranische Botschaft in Brasilia Medienberichte dementiert, aber der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, erklärte, die Anwesenheit des Diplomaten in einem gemischten Freibad sei nach iranischen Gesetzen strafbar. In Iran sind seit der Gründung der Islamischen Republik gemischte Freibäder und Strände verboten.

Augenzeugen berichteten, Hekmatollah Ghobani sei ins Wasser getaucht und habe die Körper junger Mädchen betastet. Sexuelle Belästigungen Minderjähriger werden in Brasilien mit neun bis fünfzehn Jahren Gefängnis bestraft.


PRESSEERKLÄRUNG VON GEWERKSCHAFTLERN AUS DEM GEFÄNGNIS

Zwei Gewerkschaftler, Resa Schahabi und Behnam Ebrahimsadeh, die sich wegen ihrer gewerkschaftlichen Aktivitäten im Gefängnis befinden, haben aus Anlass des internationalen Tags der Arbeit (1. Mai) eine Presseerklärung veröffentlicht, in der sie auf die "unerträglichen Zustände" hinweisen, unter denen Millionen iranische Arbeiter ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.

Zunächst beklagen sie, dass die Regierung unabhängigen Arbeiterverbänden nicht erlaubt, am internationalen Tag der Arbeit Kundgebungen und Demonstrationen zu veranstalten und ihre beruflichen Forderungen öffentlich kundzutun. Ohnehin seien unabhängige Gewerkschaften nicht zugelassen, heißt es in der Erklärung.

Die Arbeitsbedingungen seien "miserabel". Niedrige Löhne bei zunehmender Inflation hätten Millionen Arbeiter in die Armut getrieben. Versprechungen der Verantwortlichen seien nie eingelöst worden. Die Rechte der Arbeiter seien in Iran weit geringer als von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vorgesehen. Obwohl Iran die Satzung der ILO offiziell anerkennt, seien die Verantwortlichen nicht bereit, unabhängige Arbeiterverbände zu akzeptieren. Gewerkschaftler, die sich für die Belange der Arbeiter einsetzen, werden mit Sanktionen belegt oder mit Gefängnis bestraft. So befinden sich führende Gewerkschaftler der Teheraner Busfahrer, der Zuckerfabrik in Haft Tappeh und Arbeiter des Teheraner Laleh-Parks in Haft.

Am Ende der Presseerklärung äußern die beiden Gewerkschaftler den Wunsch, dass die Zeit kommen möge, in der kein Arbeiter bestraft werde, wenn er seine Rechte einfordere. Abschließend formulieren sie folgende Forderungen:

• "Wir Arbeiter in Haft fordern die Bildung von freien regierungsunabhängigen Gewerkschaften und Arbeitsgesetze, die internationalen Standards entsprechen."

• "Wir fordern das Recht auf öffentliche Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen."

• "Wir fordern die Schaffung neuer Arbeitsplätze, gleichen Lohn für Frauen und Männer, ein Verbot der Arbeit für Kinder und Jugendliche unter achtzehn Jahren und ein Verbot von Blanko-Arbeitsverträgen."

• "Wir fordern ein Verbot willkürlicher Entlassungen sowie Verfolgung und Inhaftierung aktiver Gewerkschaftler."

• "Wir solidarisieren uns mit den Protesten der Arbeiter in aller Welt, die sich gegen Wirtschaftskrisen, Zunahme der Armut und Vertiefung der Kluft zwischen den Gesellschaftsklassen zur Wehr setzen."

Ebenfalls aus Anlass des internationalen Tags der Arbeit warnte der Vizechef der Union iranischer Arbeiterverbände, Abolfasl Fattollahi, vor den Folgen von zunehmenden monatlichen oder saisonalen Arbeitsverträgen oder so genannter Blanko-Arbeitsverträge (hier handelt es sich um Verträge, die ohne Angabe einer Vertragsdauer abgeschlossen sind und jederzeit gekündigt werden können). In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Mehr am 29. April sagte Fattollahi, solche Verträge, die die Arbeiter kurzfristig in den Ruin stürzen könnten, würden nicht zuletzt deshalb geschlossen, weil die Arbeitnehmer unsicher seien und der Zukunft nicht trauen würden.

Gerade die Blanko-Verträge hätten zugenommen, seitdem die Regierung mit der ersten Phase des Plans zu direkten Subventionen begonnen habe. Dieser Plan, der vor mehr als einem Jahr beschlossen wurde, sieht vor, die bisher getätigten staatlichen Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie nach und nach zu streichen und stattdessen den Familien monatlich eine festgelegte finanzielle Unterstützung zukommen zu lassen. Die Folge dieses Plans ist eine rapide Verteuerung der Lebensmittel und Energie, was auch zur Steigerung der Produktionskosten führt. Zwar erhöht die finanzielle Unterstützung die Kaufkraft, aber die Unterstützung reicht nicht, um den Preisanstieg auszugleichen.

Obwohl die Regierung die erste Phase des Plans mit wenig Erfolg durchgeführt habe, sagte Fattollahi, wolle sie nun mit der zweiten Phase beginnen. Dies habe die Unternehmer zusätzlich verunsichert, denn sie befürchten eine weitere Verteuerung der Produktionskosten. Aus diesem Grund hätten die zeitlich beschränkten oder Blanko-Verträge rapide zugenommen. Sowohl die kleinen als auch die großen Unternehmen wollten sich damit die Möglichkeit bewahren, im Falle einer weiteren Verteuerung der Produktion Arbeiter kurzfristig oder auch sofort zu entlassen. Zurzeit würden schätzungsweise fünfzig Prozent der Verträge zeitlich begrenzt oder blanko abgeschlossen. Es werde erwartet, dass mit dem Beginn der zweiten Phasen direkter Subventionen solche Ausbeutungsmethoden zunehmen. Auch die steigende Zahl der Arbeitslosen führe dazu, dass Arbeiter sich gezwungen sehen, sich den Bedingungen der Unternehmer zu unterwerfen.

Für die Frauen sähe die Lage noch schlechter aus als für die Männer, fügte Fattollahi hinzu. Rund siebzig Prozent der arbeitenden Frauen müssten sich mit Blanko-Verträgen zufrieden geben.

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WIRTSCHAFT
  • Atomgespräche weiterhin ohne Ergebnis
  • US-Senat gibt grünes Licht für weitere Sanktionen
  • Mehr Ölexport in die Türkei
  • Einschränkung von Devisen für Auslandsreisen
  • EU-Öl-Embargo wird Ölpreis verteuern
  • Iran wickelt Ölgeschäfte in chinesischer Währung ab
  • Großbritannien will Versicherungsverbot für Iran-Öl verschieben
  • Geistliche zeigen sich besorgt über die steigende Inflation

ATOMGESPRÄCHE WEITERHIN OHNE ERGEBNIS

Dass auch bei der zweiten Runde der Gespräche um das iranische Atomprogramm in Bagdad keine Erfolge erzielt würden, zeichnete sich bereits im Vorfeld ab, obwohl einige Aktivitäten die Hoffnung weckten, dass es zu einer Einigung kommen könnte.

Am 9. Mai erklärte Ali Asghar Soltanieh, der iranische Botschafter bei der Internationalen Atombehörde, laut Reuters in Wien, die Islamische Republik werde niemals ihre Urananreicherung aufgeben und sei auch nicht bereit, den Atombunker in Fordo zu schließen. Die unterirdische Urananreicherung stehe unter internationaler Kontrolle. "Wenn es einen sicheren Ort gibt, einen sicheren Ort unter der Kontrolle der IAEA, warum wird dann von uns verlangt, dass wir ihn schließen sollten?"

Demgegenüber erklärten Vertreter Israels bei einem Gespräch mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton: "Die Gespräche in Bagdad können nur dann erfolgreich sein, wenn Iran drei zentralen Punkten sowie einem klaren Plan zustimmt". Neben einem vollständigen Stopp der Urananreicherung fordere Israel auch, dass alles bisher angereicherte Material außer Landes gebracht werde. Zudem müsse die Anreicherungsanlage in Fordo bei Ghom abgebaut werden. "Die Iraner missbrauchen die Gespräche dazu, Zeit zu gewinnen, und es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die iranische Regierung die Absicht hat, ihr aggressives Streben nach einer Atombombe zu beenden." Ashton war am 9. Mai nach Israel gereist, um Ministerpräsident Netanjahu über die bevorstehenden Verhandlungen mit Iran zu informieren. An dem Gespräch in Jerusalem nahmen auch Außenminister Avigor Lieberman, Verteidigungsminister Ehud Barak sowie der neue Vizeministerpräsident Schaul Mofas teil.

Am 14. und 15. Mai führten Soltanieh und der IAEA-Chefunterhändler Herman Nackaerts Gespräche in der iranischen Botschaft in Wien. Es sei wichtig "dass Iran uns Zugang zu Menschen, Dokumenten, Informationen und Standorten gibt", sagte Nackaerts. Er forderte die Klärung offener Fragen zu einer möglichen militärischen Dimension des Atomprogramms. Zudem sollte den IAEA-Inspekteuren der Zugang zur Militäranlage Parchin bei Teheran erlaubt werden, auf der Sprengstoff getestet worden sein soll.

Das Gespräch in Wien wurde allgemein als wichtiger Test für die Atomverhandlungen in Bagdad betrachtet. Just an dem Tag, an dem die Gespräche in Wien stattfanden, wurde der Nachrichtenagentur AP eine Zeichnung zugespielt, auf der eine Sicherheitskammer zu sehen sein soll. In solchen Sicherheitskammern wird unter anderem die Sprengwirkung einer atomaren Explosion getestet. Die Kammer soll sich in der Militäranlage Parchin befinden. Zugespielt wurde der AP die Zeichnung von einem Gewährsmann, dessen Land das iranische Programm aufzudecken sucht. Sie stamme von einem Informanten, der die Einrichtung auf Parchin gesehen habe, erklärte der Gewährsmann. Weitere Einzelheiten könne er nicht nennen, da dies das Leben des Informanten gefährden würde. Der Gewährsmann ist aus einem IAEA- Mitgliedsland, das den Behauptungen Irans über sein Atomprogramm höchst kritisch gegenübersteht. Er bestehe auf Anonymität, hieß es in der AP-Meldung.

Der frühere IAEA-Vizegeneraldirektor Olli Heinonen hält laut AP die Aufnahme für korrekt. Er sagte, sie habe "große Ähnlichkeit" mit dem Foto, das er vor kurzen gesehen habe und zeige seiner Meinung nach die Druckkammer, die die IAEA in Parchin vermute.

Die Gespräche in Wien verliefen ohne konkrete Ergebnisse. Die Teilnehmer sprachen jedoch von einem guten Meinungsaustausch. Für Überraschung sorgte der IAEA-Chef Yukiya Amano, der einen Besuch zwei Tage vor Beginn der Gespräche in Bagdad ankündigte. "Wir haben in den jüngsten Gesprächsrunden zwischen Iran und der IAEA gute Fortschritte erzielt. Wir müssen den Schwung aufrechterhalten", sagte er vor seiner Abreise in Wien. Nach seinen Gesprächen in Teheran mit hohen Vertretern der iranischen Führung äußerte er sich zufrieden. Die Gespräche seien "sehr nützlich und intensiv" gewesen und hätten in einer "guten Atmosphäre" stattgefunden, sagte Amano laut einem Bericht des iranischen Fernsehens. Er gehe davon aus, dass sie einen "positiven Effekt" auf die Verhandlungen in Bagdad haben würden. Auch die iranische Seite zeigte sich zufrieden. Der iranische Unterhändler Said Dschalali sprach von "sehr guten Gesprächen". Doch konkrete Ergebnisse gab es auch dieses Mal nicht. Offenbar konnte insbesondere über die Besichtigung von Militäranlagen und über direkte Gespräche mit Forschern keine Einigung erzielt werden.

Amanos überraschende Reise hatte Spekulationen über einen eventuell bevorstehenden Durchbruch aufkommen lassen. Sogar der Ölpreis sank auf einen Sieben-Monats-Tiefstand.

Ein Barrel Rohöl zur Auflieferung im Juli kostete in New York am 23. Mai knapp 91 Dollar und war damit im Preis um 88 Cent gefallen. Bereits am Vortag hatte der Ölpreis um rund einen Dollar nachgelassen. Die in London gehandelte Rohölsorte Brent gab um 1,3 Dollar nach und kostete damit 107,11 Dollar. Seit Monatsbeginn war der Ölpreis um rund 14 Prozent gesunken, da Investoren das Risiko eines Angriffs Israels und der USA auf iranische Atomanlagen geringer als zuvor einschätzten.

Kurz vor den Verhandlungen in Bagdad bekräftigte Iran, sich nicht unter Druck setzen zu lassen. "Ihre Politik des Drucks und der Einschüchterung ist nutzlos", sagte Irans Außenminister Ali Akbar Salehi am 23. Mai. "Die Ideen, die uns unterbreitet wurden, bringen die Tatsache zum Ausdruck, dass die andere Seite Bagdad gerne zum Erfolg machen würde. Wir hoffen, dass wir in einem oder zwei Tagen gute Neuigkeiten vorlegen können."

Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte, Iran scheine bereit zu sein, konkrete Schritte zur Lösung des Atomstreits zu unternehmen.

Doch die Hoffnung wurde nicht eingelöst. Teheran legte ein Gegenkonzept zu den Vorschlägen des Westens vor. Iran habe einen Fünf-Punkte-Plan präsentiert, erklärte ein Mitglied der iranischen Delegation. Die Vorschläge stützten sich auf den Atomwaffensperrvertrag sowie auf die bei den Verhandlungen der Gruppe im April in Istanbul getroffenen Vereinbarungen. Zu Details äußerte sich der Vertreter nicht. Der Versuch des Westens, Iran zumindest dazu zu bewegen, die Urananreicherung auf 20 Prozent aufzugeben, scheiterte. Berichte aus Teheran deuteten bereits am 23. Mai darauf hin, dass iranische Unterhändler mit dem Verlauf der Gespräche nicht zufrieden waren. "Die Vorschläge beinhalten nichts Neues, sie sind unausgewogen und daher nicht nützlich", zitierte IRNA aus iranischen Verhandlungskreisen. Der staatliche Nachrichtensender Press TV kommentierte auf seiner Internetseite: "Die Westmächte haben erneut bewiesen, dass sie in ihren Verhandlungen mit Iran nicht ausreichend seriös sind."

Wie bereits in Istanbul konnte auch nach den Gesprächen in Bagdad zumindest verkündet werden, dass die Gespräche weitergeführt würden. Sie sollen am 18. und 19. Juni in Moskau fortgesetzt werden. "Die Gespräche in Bagdad haben einmal mehr gezeigt, wie mühsam der Verhandlungsweg ist", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle. Selbst der vorgesehene Verhandlungsort ist bei der iranischen Delegation umstritten. Der iranische Sprecher Mehdi Mohammadi sagte, es werde darüber gesprochen, wie und ob überhaupt die Gespräche fortgesetzt werden sollen. Die Forderung Irans, sein Recht auf ein ziviles Atomprogramm anzuerkennen, sei in Bagdad nicht wie von Teheran erwartet berücksichtigt worden. "Es ist klar, dass beide Seiten Fortschritte wollen und dass es Gemeinsamkeiten gibt. Jedoch bleiben bedeutende Meinungsverschiedenheiten", sagte Ashton zum Abschluss des Treffens. Die internationale Gemeinschaft sei entschlossen, den Konflikt durch Verhandlungen zu lösen und alle Anstrengungen zu unternehmen.

Iran hatte auf eine Lockerung der Sanktionen gehofft. Aber die USA kündigten weitere Sanktionen gegen die Islamische Republik an. Man halte an dem zweigleisigen Modell von Verhandlungen und Strafmaßnahmen fest, sagte Außenministerin Hillary Clinton am 25. Mai in Washington. "Alle unsere Sanktionen bleiben in Kraft und werden in dieser Zeit vorangetrieben", sagte sie. Der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, sagte, die US-Regierung halte die im Juni geplante Fortsetzung der Gespräche für positiv. Die USA hätten keinen Durchbruch in den ersten zwei Runden erwartet. Es seien aber "konkrete Ideen" ausgetauscht worden.

Am 27. Mai sagte der Chef des iranischen Atomprogramms, Fereidun Abbassi Dawani, laut der Zeitung "Chorrassan", Teheran habe "keinen Grund", die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent zu stoppen. Iran werde nur soviel angereichertes Uran produzieren, wie es für seinen Forschungsreaktor benötige: "Nicht mehr und nicht weniger." Außerdem lehnte er eine Besichtigung von Parchin ab. "Gründe, die uns überzeugt hätten, einen Besuch zu erlauben, hat die IAEA bislang nicht vorgelegt", sagte Dawani der Nachrichtenagentur Fars.

Einen Tage später sagte Außenamtssprecher Mehmanparast, Iran wäre unter Bedingungen bereit, sein Programm zur Anreicherung von Uran auf 20 Prozent einzustellen. Allerdings müsste dafür das Recht des Landes auf ein eigenes Atomprogramm anerkannt werden. "Unser Atomrecht müsste anerkannt und zur Grundlage weiterer Verhandlungen werden, nur so kann es ein Durchbruch geben", betonte er.


US-SENAT GIBT GRÜNES LICHT FÜR WEITERE SANKTIONEN

Zwei Tage vor der zweiten Verhandlungsrunde in Bagdad über das iranische Atomprogramm gab der US-Senat grünes Licht für eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Iran. Bei den einstimmig am 21. Mai vom Senat beschlossenen Maßnahmen handelt es sich um weitere Sanktionen gegen die Revolutionsgarden und deren Rolle beim Ölexport.

"Heute hat der Senat Iran ein klares Zeichen gesendet, während das Land sich auf die 5+1-Gespräche in Bagdad vorbereitet", sagte der Co-Autor der Vorlage, der demokratische Senator Robert Menendez. Teheran müsse bei den Gesprächen einen überprüfbaren Plan zur vollständigen Offenlegung seiner Atomwaffenpläne vorlegen. "Ansonsten wird Washington die wirtschaftliche Schlinge weiter zuziehen", sagte der Senator aus New Jersey.

Man habe der Führung in Teheran deutlich gemacht, "dass sie alle Aktivitäten zur Urananreicherung stoppen oder sich auf eine weitere Runde von Wirtschaftssanktionen der Vereinigten Staaten einstellen muss", meinte auch der republikanische Senator Mark Kirk aus Illinois.


MEHR ÖLEXPORT IN DIE TÜRKEI

Der Daten über den iranischen Ölexport in die Türkei zeigen, dass der Monat März die höchste Steigerung seit Januar 2009 aufweist. Nach offizieller Darstellung des türkischen Amts für Statistik importierte die Türkei im Monat März 1,174 Millionen Tonnen Rohöl aus Iran, das sind 270.000 Barrel pro Tag. Im Vergleich zum Vorjahresmonat zeigen die Daten eine Steigerung von 90 Prozent.

Nach Einschätzung von Experten ist die ungewöhnlich hohe Steigerung darauf zurückzuführen, dass die Türkei die Absicht hatte, vor Beginn des Inkrafttretens des EU-Embargos gegen iranisches Öl am 1. Juli soviel wie möglich Öl aus Iran einzuführen.

Der türkische Ölminister sagte, die Türkei versuche ihren Bedarf an Rohöl aus verschiedenen Quellen zu decken. Die Türkei habe begonnen, auch aus einigen afrikanischen Ländern wie Libyen und Nigeria Öl einzuführen.

Indes erklärte Indien, dass Iran nach wie vor zu den Hauptländern gehöre, aus denen Indien Öl beziehe. Die USA versuchen das Land unter Druck zu setzen, damit es seinen Ölimport aus Iran reduziert.

Indien solle sich nach dem Willen der USA an die vom Westen verhängten Sanktionen gegen Iran anpassen und seine Ölimporte aus dem Land senken. Bei einem Besuch in Kalkutta sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am 7. Mai, Indien habe zwar Maßnahmen eingeleitet, um die Abhängigkeit von iranischem Öl zu senken, doch sei das nicht genug. "Wir wollen den Druck auf Iran aufrechterhalten", erklärte sie. Das Angebot sei ausreichend, um den indischen Markt mit Öl zu versorgen.

Iran ist mit rund neun Prozent der Öl-Importe Indiens zweitwichtigster Erdöl-Lieferant nach Saudi-Arabien. Wie auch anderen Großverbrauchern iranischen Öls könnten Indien Ende Juni US-Sanktionen drohen, sollte Washington zu dem Schluss kommen, dass Neu-Delhi die Einfuhr iranischen Öls nicht deutlich gesenkt hat.

Offenbar zeigte der Druck aus den USA Wirkung. Einer der stellvertretenden Ölminister Indiens sagte, sein Land werde bereits im laufenden Jahr seinen Ölimport aus Iran um 11 Prozent reduzieren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, beträgt der indische Ölimport aus Iran 15,5 Millionen Tonnen im Jahr oder im Durchschnitt 310 000 Barrel pro Tag.

Auch Japan hat seinen Ölimport aus Iran inzwischen um 15 bis 22 Prozent drastisch gesenkt und konnte dadurch von möglichen Sanktionen seitens der USA verschont bleiben.

Saudi-Arabien will inzwischen seine Ölproduktion erhöhen, um das fehlende iranische Öl auf dem Weltmarkt ersetzen zu können. Ali Naimi, saudischer Ölminister, sagte am 8. Mai, sein Land sei bereit, seine Ölproduktion zu steigern. Während eines Besuchs in Japan erklärte Naimi, sein Land produziere zurzeit zehn Millionen Barrel Öl pro Tag, sei aber auch in der Lage, die Produktion um 2,5 Millionen Barrel zu erhöhen.


EINSCHRÄNKUNG VON DEVISEN FÜR AUSLANDSREISEN

Während bislang Auslandsreisende jeweils ausländische Devisen im Wert von 2000 Dollar erhielten, erklärte die iranische Zentralbank Ende April, Reisende würden künftig für Reisen ins asiatische Ausland 400 Dollar und für andere Länder 1000 Dollar Devisen bekommen. Reisende in das Nachbarland Irak erhalten sogar nur noch 200 Dollar. Insgesamt würden staatliche Devisen jährlich nur einmal gewährt. Reisende, die mehrmals im Jahr ins Ausland reisen oder mehr Devisen mitnehmen wollen, müssen diese auf dem freien Markt kaufen.

Mit den neuen Bestimmungen erkennt die Zentralbank indirekt die Existenz eines freien Devisenmarkts an. Das steht im Widerspruch zu dem Beschluss der Bank vor einigen Monaten, den freien Devisenmarkt für illegal zu erklären. Dieser Beschluss sollte der Regierung ermöglichen, die entstandene Krise auf dem Devisenmarkt unter Kontrolle zu bekommen.


EU-ÖL-EMBARGO WIRD ÖLPREIS VERTEUERN

Das EU-Importverbot für iranisches Öl wird nach Einschätzung des iranischen Wirtschaftsministers Schamseddin Hosseini zu einem höheren Ölpreis führen. Die Preise würden "sicherlich" steigen, sagte Hosseini CNN in einem am 20. Mai ausgestrahlten Interview. "Sogar der Internationale Währungsfond (IWF) sagt, dass die Ölpreise als Ergebnis dieser Sanktionen die Marke von etwa 160 Dollar pro Barrel erreichen und darum schwanken." In Europa werde man die Auswirkungen "wirklich" merken, kündigte Hosseini in dem vom Dolmetscher übersetzten Gespräch an. Er warnte, die Sanktionen würden den Ländern, die sie abgesprochen hätten, einen "wirtschaftlichen Rückschlag" bringen. Das EU-Embargo tritt am 1. Juli in Kraft.


IRAN WICKELT ÖLGESCHÄFTE IN CHINESISCHER WÄHRUNG AB

Um Umsatzbußen durch westliche Embargos auszugleichen, versucht die iranische Regierung verschiedene Auswege. Nach Discount-Preisen für asiatische Großabnehmer akzeptiert das Land nach einem Berichtet der britischen Wirtschaftszeitung "Financial Times" vom 8. Mai bei Geschäften mit China nun auch den Renminbi als Zahlungsmittel. Dabei beruft sich die Zeitung auf industrielle Kreise in Peking und Kuwait sowie auf Banker in Dubai.

Bei dem Deal mit China soll es sich laut Financial Times um ein klassisches Gegengeschäft handeln: Die eingenommenen Devisen fließen im Gegenzug für importierte Waren und Dienstleistungen zurück in die Volksrepublik. Das liegt auf der Hand, denn die chinesische Währung ist bislang ohnehin nicht frei handelbar, so dass der Nutzen für Iran im internationalen Handel begrenzt wäre. Das vereinbarte Geschäftsvolumen soll sich dem Bericht zufolge auf 20 bis 30 Milliarden Dollar pro Jahr belaufen. Die Transaktionen sollen größtenteils über Sinopec, die zweitgrößte chinesische Ölgesellschaft, und Zhuhai Thenrong, eine weitere Handelsfirma, abgewickelt werden.


GROßBRITANNIEN WILL VERSICHERUNGSVERBOT FÜR IRAN-ÖL VERSCHIEBEN

Wie die Nachrichtenagentur Reuters unter Hinweis auf Informationen von Diplomaten am 9. Mai meldete, strebt Großbritannien eine Verschiebung des geplanten Versicherungsverbots für Schiffe mit iranischem Öl an. Die Regierung in London werde innerhalb der EU darauf drängen, das Verbot um sechs Monate zu verschieben, sagte ein Diplomat, der anonym bleiben wollte, Reuters. Es werde befürchtet, dass die Maßnahme zu einem sprunghaften Anstieg des Ölpreises führe. Insbesondere die britische Versicherungsbranche in London dürfte die Sanktionen spüren. Dort sitzt das Zentrum für maritime Versicherungen.

Das Versicherungsverbot ist an das EU-Embargo gekoppelt, das am 1. Juli in Kraft tritt. Iran exportiert den Großteil seiner 2,2 Millionen Barrel Öl pro Tag nach Indien, China, Japan und Südkorea. Dem Diplomaten zufolge regt sich vor allem in Japan und Südkorea Widerstand gegen das Versicherungsverbot, da noch kein Ersatz für die Policen aus Europa gefunden sei. Dies könne dazu führen, dass die Länder ihren Ölbedarf auf dem Markt anderweitig decken müssen, was den Ölpreis nach oben treiben dürfte. "Der Hauptgrund ist der Druck aus Japan und Südkorea, die Schwierigkeiten haben, nach dem 1. Juli Öl zu kaufen", sagte der Diplomat. Ein anderer Diplomat sagte, er habe Kenntnis von dem britischen Vorstoß. Allerdings befinde sich die Initiative in einem frühen Stadium und habe noch keine Unterstützung innerhalb der EU. Ein für Mitte Mai angesetztes Treffen zum Thema EU-Embargo gegen Iran ist ohne neuen Termin verschoben worden.


GEISTLICHE ZEIGEN SICH BESORGT ÜBER DIE STEIGENDE INFLATION

Einige hochrangige Geistliche in der heiligen Stadt Ghom zeigten sich in einem Schreiben an die Regierung "äußerst besorgt" über die zunehmende Inflation. In dem Schreiben vom 30. April, das unter anderem vom Vorsitzenden des "Obersten Rats der Gelehrten", Mohammad Yasdi, unterzeichnet wurde, heißt es: "Nachrichten und Berichte der letzten Monate zeugen von einer rapiden Teuerung von Preisen wichtiger Waren, was zu großen Problemen und zur landesweiten Unzufriedenheit in der Bevölkerung geführt hat."

Die Geistlichen forderten Präsident Ahmadinedschad auf, mit Hilfe von Experten dem Preisanstieg Einhalt zu gebieten.

Die Initiative der Geistlichen ist erfolgt, nachdem das Parlament die Durchführung der zweiten Phase der Subventionspolitik durch die Regierung als Ursache für die Inflation kritisiert hatte. Die Inflationsrate liegt zurzeit nach offiziellen Angaben bei 20 Prozent. Die öffentliche, an die Regierung gerichtete Aufforderung durch religiöse Instanzen deutet auf die Tiefe der Krise, in der die iranische Wirtschaft steckt. Die Hauptgründe für die Krise liegen nach Meinung von Experten nicht in erster Linie in den wegen des Atomkonflikts gegen Iran verhängten Sanktionen, sondern in der Misswirtschaft und Korruption.

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AUSSENPOLITIK
  • USA auf Militärschlag gegen Iran vorbereitet
  • Russland: Westen erwägt weiter Militärschlag gegen Iran
  • "De Telegraaf": Angriff auf Iran könnte näher rücken
  • Israel und Iran
  • Israels Ex-Geheimdienstchef wirft der Regierung "Täuschung" vor
  • USA-Tarnkappenjäger nahe Iran verlegt
  • Hamas lehnt Einmischung in möglichen Krieg gegen Iran ab
  • Strategische Partnerschaft von USA und Afghanistan kritisiert
  • Protest gegen geplante Union von Bahrain und Saudi-Arabien
  • US-Pastor verbrennt erneut Ausgaben des Koran
  • Deutsche Welle ehrt Iran-Blog
  • Freie Einreise für bolivianische Bürger - Probleme mit Aserbaidschan
  • Laut UN liefert Iran weiterhin illegal Waffen an Syrien
  • Google mit Klage gedroht
  • Internationale Umfrage: Mehrheit gegen iranische Atombombe
  • Razzia bei iranischem Fernsehen in Kairo
  • FDP-Lokalpolitiker trifft Ahmadinedschad

USA AUF MILITÄRSCHLAG GEGEN IRAN VORBEREITET

Nach Darstellung des US-Botschafters in Israel, Dan Shapiro, ist die Option eines Militärschlags gegen Iran vorbereitet. Iran sollte mit diplomatischen Mitteln unter Druck von seinem Atomprogramm abgebracht werden, sagte Shapiro auf einer nicht öffentlichen Veranstaltung laut einer Meldung der israelischen Zeitung "Makor Rishon" vom 17. Mai. Es sei aber auch eine militärische Option vorbereitet. "Die nötige Planung ist getan um sicherzustellen, dass sie bereit ist."

Es gebe nur ein kleines Zeitfenster für diplomatische Mittel, sagte der Botschafter dem Blatt zufolge. An einem bestimmten Punkt müsse man entscheiden, ob Diplomatie Erfolg habe.

Der scheidende Chef der israelischen Luftwaffe, Generalmajor Ido Nehushtan, erklärte, die Luftwaffe sei für künftige Einsätze bereit. Sie verstehe die möglichen Einsätze und baue ihre Stärke auf, sagte er im israelischen Fernsehen. Auf die Frage, ob er dabei konkret einen Iraneinsatz meine, sagte er nur: "Ich glaube, ich habe damit eine ganze Menge gesagt."

George Little, Sprecher des Pentagon, bestätigte die Äußerungen des US-Botschafters. Die Politik der Vereinigten Staaten habe sich nicht geändert, sagte er. Die Aussagen des Botschafters "stimmt völlig mit dem überein, was wir lange zuvor im Bezug auf Iran gesagt haben und sagen. Wir konzentrieren uns auf diplomatische und wirtschaftliche Instrumente."


RUSSLAND: WESTEN ERWÄGT WEITER MILITÄRSCHLAG GEGEN IRAN

Nach den Worten des russischen Vizeaußenministers Sergej Ryabkow Plant der Westen weiterhin einen Militärschlag gegen Iran. "Es ist eins von vielen verschiedenen Signalen verschiedener Quellen, dass ein Militärschlag als realistisch und möglich betrachtet wird", sagte Ryabkow am 20. Mai im Flugzeug auf dem Rückweg vom G8-Gipfel in Camp David. Einige Signale deuteten darauf hin, dass diese Option derzeit in einigen Hauptstädten als passender angesehen werde. "Wir sind darüber sehr besorgt", betonte der stellvertretende Außenminister. Zugleich wies Ryabkow Vorwürfe als haltlos zurück, Russland wolle Spannungen im Zusammenhang mit Iran hoch halten, um von hohen Ölpreisen zu profitieren.


"DE TELEGRAAF": ANGRIFF AUF IRAN KÖNNTE NÄHER RÜCKEN

Im Hinblick auf die Bildung einer großen Regierungskoalition in Israel schrieb die niederländische Zeitung "De Telegraaf":

"Mit einem politischen Geniestreich hat Benjamin Netanjahu seine Position als Premier gestärkt. Aber dies ist auch ein Schritt, der einen Angriff auf Iran möglicherweise näher bringt. (...) Die neue Koalition hat die Unterstützung von mehr als drei Viertel des Parlaments und kann bedeutende Beschlüsse durchsetzen. Der wichtigste ist in absehbarer Zeit der Beschluss zu Iran. (...) Auf den ersten Blick erscheint ein Angriff auf die iranischen Atomanlagen durch den Regierungsbeitritt der Zentrumspartei Kadima zwar weniger wahrscheinlich geworden zu sein. Kadima-Chef Schaul Mofas hat die Kraftmeierei von Netanjahu und dessen Verteidigungsminister kritisiert. Doch der in Iran geborene frühere Generalstabschef hat seine Meinung durchaus schon öfter um 180 Grad gedreht." (Die Übersetzung zitiert nach dpa vom 9. Mai)


ISRAEL UND IRAN

Auch im Monat Mai setzte Israel seine Warnungen vor den Gefahren des iranischen Atomprogramms fort. Am 1. Mai sagte Verteidigungsminister Ehud Barak: "Iran ist weiter bestrebt, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen. Sie kommen dem näher." Zwar seien die Sanktionen gegen Iran noch nie so scharf gewesen wie jetzt und hätten Teheran gezwungen, sich wieder an den Verhandlungstisch zu setzen. "Aber die Zusagen Irans flößen kein Vertrauen ein." Deshalb sei es wichtig, dass alle Möglichkeiten inklusiv militärischer Schritte, auf dem Tisch blieben.

Am 14. Mai schickte Ahmadinedschad wieder einmal eine seiner Verbalattacken an Israel. Er bezeichnete Israel als eine "Mücke", die die langfristigen Ziele Irans nicht beeinflussen könne. Israel sei eine "Belästigung für die Menschheit", sagte er. "Es scheint, dass die Zionisten am Ende eines Tages keine Ruhe haben, wenn sie keine Jugendlichen in Palästina umbringen oder keine Häuser zerstören", zitierte ihn die Agentur Fars. Es sei kein Krieg notwendig, um das israelische Regime zu zerstören. Die arabischen Staaten "bräuchten nur ihre Beziehungen zu den Zionisten zu beenden, anstatt ihre Öleinkommen unnötig für Waffen auszugeben."

Am 19. Mai nannte der österreichische Verteidigungsminister Norbert Darabos den israelische Außenminister Avigdor Lieberman "unerträglich". "Ein Herr Lieberman ist für mich als Mitglied der israelischen Regierung unerträglich", sagte er der in Wien erscheinenden "Presse am Sonntag". Der Sozialdemokrat Darabos warf der rechtsgerichteten israelischen Regierung vor, "Außenfeinde" wie Iran und Palästinenser in den Vordergrund zu stellen, um von innenpolitischen Problemen abzulenken.

Israel äußerte sich auch zu den Atomgesprächen in Bagdad skeptisch. "Die Iraner betrügen bei den Gesprächen nur", sagte Außenminister Lieberman am 20. Mai laut dpa. "Alle verstehen worum es geht, es gibt keine Illusionen hinsichtlich der iranischen Absichten und ihres militärischen Programms."

Am 21. Mai appellierte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu an die westlichen Mächte, Teheran gegenüber keine Schwäche zu zeigen. Iran "will Israel zerstören und entwickelt Atomwaffen, um dieses Ziel zu verwirklichen", sagte er nach Angaben seines Büros während einer Ansprache. "Iran bedroht Israel und den gesamten Weltfrieden."

Angesichts der zerstörerischen Absichten Teherans müssten die führenden Weltmächte "Entschlossenheit und keine Schwäche zeigen."


ISRAELS EX-GEHEIMDIENSTCHEF WIRFT DER REGIERUNG "TÄUSCHUNG" VOR

Der frühere Chef des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Beth, Juwal Diskin, hat der Regierung seines Landes vorgeworfen, die Bevölkerung hinsichtlich des Umgangs mit Iran zu "täuschen". "Ich glaube nicht, dass sie in der Lage sind, mit einem solchen Ereignis umzugehen und dieses im Griff zu haben", sagte Diskin am 28. April laut israelischen Medien mit Blick auf einen möglichen Krieg mit Iran über Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak.

"Sie täuschen das Land in der Iran-Frage", sagte Diskin laut der Zeitung Haaretz und dem Militärradio. Die israelische Regierung betone, dass Iran keine Atombomben entwickeln könne, wenn Israel handle. Zahlreich israelische Experten seien jedoch davon überzeugt, dass ein Angriff auf Iran das iranische Atomprogramm noch beschleunigen werde, sagte Diskin, der den Schin Beth in den Jahren 2005 bis 2011 führte. Auch der frühere Chef des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, Meir Dagan, warnte vor einem Angriff auf Iran.


USA-TARNKAPPENJÄGER NAHE IRAN VERLEGT

Die USA haben nach Medienberichten mehrere Kampfjets in die Nähe Irans verlegt. Wie der US-Sender ABC am 28. April berichtete, stationierte die Luftwaffe 300 Kilometer vom iranischen Festland entfernt eine Reihe ihrer hoch entwickelten Tarnkappenjagdflugzeuge vom Typ F-22 "Raptor". Die Stationierung auf dem Stutzpunkt A1 Dafra in den Vereinigten Arabischen Emiraten sei aber nicht als Drohgebärde an Teheran zu verstehen, zitierte der Sender einen Pentagon-Sprecher. "Es handelt sich um einen gewöhnlichen Einsatz, um die militärischen Beziehungen zu verbessern", erklärte der Vertreter der Luftwaffe, John Dorrian. Wie viele US-Kampfflieger auf dem Stützpunkt des arabischen Landes sind und wozu sie dort eingesetzt werden, verriet Dorrian nicht.


HAMAS LEHNT EINMISCHUNG IN MÖGLICHEN KRIEG GEGEN IRAN AB

Der Ministerpräsident des Gazastreifens, Ismail Hanieh, lehnt eine Einmischung in einen möglichen Krieg Israels gegen Iran ab. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters antwortete Hanieh auf die Frage, ob die Hamas im Falle eines israelischen Angriff gegen iranische Atomanlagen gegen Israel aktiv werden würde: "Die Hamas ist eine palästinensische Bewegung, die in Palästina aktiv ist und demzufolge nur dann aktiv wird, wenn die Interessen Palästinas im Spiel sind." Er bestritt jede Absicht der Einmischung in den möglichen Krieg. "Iran hat uns auch nicht darum gebeten und ich denke auch nicht, dass Iran einen Beistand von Hamas nötig hätte."

Hanieh meinte zugleich, dass die Gefahr eines Krieges nicht vorbei sei und warnte vor den Gefahren, die ein solcher Krieg zur Folge haben würde. Die Drohungen Israels seien zu offensichtlich und bedürften keiner weiteren Erläuterung, fügte er hinzu. Er könne zwar nicht Einzelheiten eines solchen Kriegsszenarios voraussehen, sei sich jedoch sicher, dass ein Krieg verheerende Folgen für die gesamte Region haben würde.

Manche politische Beobachter vertreten die Meinung, dass sowohl Hamas vom Westen als auch die libanesische Hisbollah vom Norden her Israel mit Raketen angreifen würden, wenn es zu einem Krieg Israels gegen Iran käme. Dafür habe Iran den beiden Organisationen ausreichend Waffen zur Verfügung gestellt. Israel müsse dies auf jeden Fall in seine militärischen Pläne einbeziehen.

Die iranische Staatsführung hat sich zwar bislang nicht dazu geäußert, wie Hamas und Hisbollah auf einen möglichen Angriff Israels auf Iran reagieren würden. Aber immer wieder betont, dass ein solcher Angriff verheerende Folgen für Israel haben und in der gesamten Region zu Aufruhr führen würde. Iranische Politiker verweisen immer wieder auf den Libanon-Krieg von 2006, bei dem es der Hisbollah gelungen war, den israelischen Angriff zurückzuschlagen und Israel zum Rückzug zu zwingen. Auch die Hamas habe sich 2008 gegen israelische Angriffe erfolgreich verteidigen können. Syrien, Hisbollah, Hamas und andere palästinensischen Gruppe bilden nach Darstellung Teherans gemeinsam mit Iran eine Widerstandsfront gegen die israelische Besatzungsmacht.

Demgegenüber sind Kommentatoren der Meinung, dass diese Front spätestens nach dem Ausbruch der Unruhen in Syrien starke Risse bekommen habe. Sie verweisen dabei auf die Entscheidung der Führung der Hamas, sich aus Syrien zurückzuziehen und in anderen arabischen Staaten niederzulassen. Auch darauf, dass der Besuch des Hamas-Führers Khaled Maschal beim König von Jordanien in Teheran viel Unmut ausgelöst habe.

Hanieh hatte bei einem Vortrag an der Al Azhar-Universität in Kairo die Aufstände in den arabischen Staaten begrüßt, ebenso "das heldenhafte syrische Volk, das nach Freiheit, Demokratie und Reformen strebt".

Hamas ist eine sunnitisch-islamische Bewegung, auch die Mehrheit der syrischen Bevölkerung gehört zu den Sunniten, während das Land seit mehr als vierzig Jahren von Alleviten regiert wird. Hanieh bezeichnete die politischen Veränderungen in Tunis, Ägypten, Libyen und Jemen als vorteilhaft für die Palästinenser, denn die Regime, die zu Israel enge Beziehungen hatten, seien gestürzt.


SCHE PARTNERSCHAFT VON USA UND AFGHANISTAN KRITISIERT

Iran hat das zwischen den USA und Afghanistan geschlossene Partnerschaftsabkommen für die Zeit nach dem US-Truppenabzug vom Hindukusch kritisiert. "Iran ist besorgt über den Vertrag", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums am 6. Mai nach Angaben der Nachrichtenagentur IRNA. "Nicht nur weil der strategische Pakt die afghanischen Sicherheitsprobleme nicht lösen wird. Er wird auch die Unsicherheit und Instabilität in Afghanistan erhöhen", sagte Ramin Mehmanparast.

Das von Iran kritisierte Abkommen hatte US-Präsident Barack Obama bei einem Besuch in Kabul gemeinsam mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai unterzeichnet. Es soll die Partnerschaft zwischen Washington und Kabul für das Jahrzehnt nach dem offiziellen Ende des Einsatzes der US-Kampftruppen am Hindukusch Ende 2014 besiegeln.

Das Abkommen hat zu starker Verstimmung zwischen Teheran und Kabul geführt. Am 7. Mai warf das afghanische Parlament dem neuen Botschafter Irans in Kabul, Abolfasl Sohrehwand, Einmischung in innere Angelegenheiten Afghanistans vor. Der Botschafter habe bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden des afghanischen Senats verlangt, der Senat sollte das Abkommen zwischen den USA und Afghanistan ablehnen. Der Vorsitzende erklärte, er habe den Botschafter zurechtgewiesen und erklärt, der Senat richte sich bei seinen Entscheidungen nach afghanischen Gesetzen und Interessen.

Afghanische Medien hatten zuvor berichtet, dass der iranische Botschafter den Senatsvorsitzenden mit einem "drohenden Ton" zur Ablehnung des Vertrags mit den USA aufgefordert habe. Parlamentsabgeordnete forderten das Außenministerium auf, den Botschafter einzubestellen und von ihm eine Erklärung für sein Verhalten zu verlangen.

Irans Botschaft in Kabul hat bislang zu dem Vorwurf nicht Stellung genommen.


GEGEN GEPLANTE UNION VON BAHRAIN UND SAUDI-ARABIEN

Mehrere Tausend Menschen haben am 18. Mai in Teheran gegen die geplante politische Union zwischen Bahrain und Saudi-Arabien demonstriert. Die Demonstranten versammelten sich nach dem Freitagsgebet vor der Universität mit rot-weißen Fahnen Bahrains und riefen "Tod dem Verräter Al-Saud", wie das Staatsfernsehen zeigte. Auch in zahlreichen anderen Städten des Landes gab es nach Angaben der Medien ähnliche Proteste.

Die Führung hatte dazu aufgerufen, den "amerikanischen Plan zur Annexion Bahrains durch Saudi-Arabien" zu verurteilen und den Zorn auf die herrschenden Dynastien der Al-Saud und der Al-Chalifa auszudrücken. In Teheran verurteilte der Freitagsprediger Kasem Sedighi die geplante Union als "amerikanisch-zionistische Verschwörung". Eher als den Forderungen seiner Bevölkerung nachzugeben, wolle Bahrain seine Identität aufgeben.

190 der 290 Abgeordneten des Parlaments unterzeichneten eine Protesterklärung gegen die geplante Union. Der Abgeordnete Hosseinali Schahriari sagte, Bahrain sei bis 1961 eine von den 14 Provinzen Irans gewesen. Der Verrat des Schah und der schändliche Beschluss des damaligen Parlaments habe dann zu der Trennung Bahrains von Iran geführt. Wenn es nun Änderungen geben sollte, sei nicht Saudi-Arabien, sondern Iran dafür zuständig.

Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte, "Bahrain ist kein Happen, den Saudi-Arabien leicht herunterschlucken könnte."

Der Zusammenschluss der beiden Königreiche in einer Union wird von der mehrheitlich schiitischen Bevölkerung Bahrains vehement abgelehnt. Im März 2011 hatte es im kleinen Inselstaat, der einst zum Persischen Reich gehörte, wochenlange Proteste gegen die sunnitische Herrscherfamilie der Al-Chalifa gegeben, die schließlich mit Hilfe saudi-arabischer Truppen blutig nieder geschlagen worden war. Damals hatte Iran scharf protestiert.

Die Staatschefs der Golfstaaten hatten am 14. Mai beschlossen, ihre Gespräche über die Bildung einer politischen Union fortzusetzen. Die Außenminister der Mitgliedsstaaten des Golf-Kooperationsrats sollten bei einem Sondergipfel in Riad ihre Vorschläge dazu vorlegen, sagte Saudi-Arabiens Außenminister Prinz Saud al-Faisal nach einem Gipfel in Riad. Die Idee einer Union war im Dezember vom saudiarabischen König Abdallah aufgebracht worden und wird auch von Bahrains Emir Hamad Ben Issa al-Chalifa unterstützt.

Al-Faisal warnte Iran, sich in die Beziehungen Saudi-Arabiens und Bahrains einzumischen. Auch wenn sie eine Union bilden sollten, gehe das Iran nichts an, sagte der Außenminister.

Geplant ist zunächst die Bildung einer Union zwischen Saudi-Arabien und Bahrain. Der Erfolg des Projekts ist unklar. 31 Jahre nach der Gründung des Golf-Kooperationsrats kommt die Integration der Wirtschaftsräume nur schleppend voran. Die Umsetzung einer 2003 beschlossenen Zollunion wurde auf 2015 verschoben. Die Einführung einer ursprünglich für 2010 geplanten Gemeinschaftswährung scheint auf Eis zu liegen.


US-PASTOR VERBRENNT ERNEUT AUSGABEN DES KORAN

Der umstrittene US-Pastor Terry Jones hat erneut mehrere Ausgaben des Koran sowie ein Bild des Propheten Mohammad verbrannt. Wie die Zeitung "The Gainesville Sun" am 29. April berichtete, wollte er mit der Aktion in Gainesville im US-Bundesstaat Florida gegen die Inhaftierung des evangelischen Pastors Jossef Naderkhani in Iran protestieren. Naderkhani droht die Todesstrafe, weil er als Muslim zum Christentum konvertiert war.

Laut dem Zeitungsbericht forderte das US-Verteidigungsministerium Jones auf, von der Aktion abzusehen, da die Verbrennung des heiligen Buchs der Muslime das Leben von US-Soldaten in Afghanistan und anderen Ländern gefährden könne. Im März 2011 hatte Jones' Vertreter Wayne Sapp ein Exmplar des Koran verbrannt und die Aktion im Internet veröffentlicht. Bei anschließenden Protesten im Norden Afghanistans wurden mindestens zwölf Menschen getötet.

Das Außenministerium in Teheran bezeichnete in einer Presseklärung vom 30. April die Aktion als "widerwärtig, beleidigend und provokativ". "Die internationale Gemeinschaft erwartet eine sofortige, harte und eindeutige Reaktion der amerikanischen Regierung ebenso wie Maßnahmen, die eine Wiederholung solcher Aktionen ausschließen", hieß es in der Erklärung. Die Aktion des Pastors werde religiösen Hass schüren und in der islamischen Welt Wut erzeugen. Die Verantwortung für die Folgen trage die amerikanische Regierung.

Weiterhin verwies das Außenministerium auf die "Verbrechen amerikanischer Soldaten in den Gefangenenlagern von Guantanamo und Abu Ghoreib sowie die Koranverbrennungen im afghanischen Bagram-Gefängnis und forderte die US-Regierung auf, sich dafür zu entschuldigen.


DEUTSCHE WELLE EHRT IRAN-BLOG

Der Preis der Deutschen Welle für das beste Blog ging in diesem Jahr an einen Exiliraner: Arash Sigarchi berichte in seinem Blog "Window of Anguish" (Fenster der Angst) "unermüdlich über die Einwicklungen in seiner Heimat" und schlage mit seinen Beiträgen auf Englisch und Persisch eine Brücke zu den Menschen in Iran, begründete die Jury am 2. Mai ihre Entscheidung zur Vergabe des Hauptpreises der seit 2004 verliehenen BOBs (Best of the Blogs).

"Ich habe das Blog "Window of Anguish" genannt, weil ich jeden Tag, wenn ich ein neues Fenster in meinem Browser geöffnet habe, auf schlechte oder beängstigende Nachrichten gestoßen bin", zitierte die Deutsche Welle den Preisträger Sigarchi. Der Blogger und Journalist lebt seit 2008 in Washington. Wegen seiner journalistischen Arbeit wurde er 2004 in Iran zu 14 Jahren Haft verurteilt. Später wurde das Strafmaß auf drei Jahre reduziert.

In der Kategorie für das Engagement in sozialen Medien ("Best Activism Campaign") wurde die Facebook-Seite "Free Syrian Blogger & Activist Razan Ghazzawi" ausgezeichnet: Hier setzt sich die syrische Aktivistin Sherry Al-Hayek zusammen mit anderen für die Freilassung der im Dezember 2011 inhaftierten Bloggerin Razan Ghazzawi ein. Weitere BOBs gingen an Preisträger in Ägypten, Mali, China und Bangladesch. Die Preise werden am 26. Juni auf dem Global Media Forum der Deutschen Welle in Bonn verliehen.


FREIE EINREISE FÜR BOLIVIANISCHE BÜRGER - PROBLEME MIT ASERBAIDSCHAN

Am 21. Mai beschloss die iranische Regierung, den Visumszwang für Iran für die Bürgerinnen und Bürger Boliviens aufzuheben. Diese Maßnahme diene der Verbesserung der Beziehungen Irans zu anderen Staaten sowie zur Vertiefung der Beziehungen zwischen Iran und Bolivien, erklärte die Regierung in Teheran. Demnach können Boliviens Staatsbürger künftig mit einem normalen Reisepass in Iran einreisen und sich 30 Tage lang ohne Aufenthaltserlaubnis im Land aufhalten. Der Beschluss trete in Kraft, sobald auch Bolivien dieselbe Entscheidung für iranische Bürger getroffen habe, sagte Mohammad Resa Rahimi, erster Vizepräsident Irans.

Iran hat in den vergangenen zehn Jahren seine Beziehungen zu lateinamerikanischen Staaten spürbar intensiviert. Die diplomatischen Beziehungen zu Bolivien wurden vor fünf Jahren wieder aufgenommen. Am Anfang stand die Einladung des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad zu den Feiern, die vor fünf Jahren zur Amtseinführung des neu gewählten Präsidenten Evo Morales veranstaltet wurden. Seitdem haben sich die beiden Präsidenten mehrmals gegenseitig besucht. Dabei wurden auch Verträge im Bereich der Ölindustrie und Landwirtschaft geschlossen. Iran hat auch größere Summen in Bolivien investiert.

Neben Bolivianern können Bürger aus Syrien, Venezuela und der Republik Aserbaidschan ohne Visum in Iran einreisen. In Bezug auf Aserbaidschan gilt diese Regelung nur einseitig. Iranische Bürger, die nach Aserbaidschan reisen wollen, benötigen weiterhin ein Visum. Die Regierung in Baku erklärte, ein Visumerlass für Iraner sei nicht geplant.

Zurzeit herrscht zwischen Teheran und Baku ohnehin Verstimmung. Iran hat am 22. Mai den Botschafter des ESC-Gastgeberlandes Aserbaidschan einbestellt. Der Schritt wurde damit begründet, dass Aserbaidschan den Islam beleidigt habe. Auch der iranische Botschafter in Baku wurde zu Beratungen nach Teheran zurückbeordert.

Iranische Geistliche kritisierten Aserbaidschan wegen der Ausrichtung des diesjährigen Eurovision Song Contests (ESC) scharf. Sie warfen der Regierung in Baku außerdem vor, Kundgebungen von Homosexuellen erlaubt zu haben, die in Iran verboten sind. Allerdings fand in Baku nie eine Schwulenparade statt.

Die Nachbarländer Iran und Aserbaidschan haben ein angespanntes Verhältnis. Aserbaidschan unterhält im Gegensatz zu Iran gute Beziehungen zu den USA und Israel. Die Regierung in Teheran äußerte in den vergangenen Monaten Bedenken, israelische Agenten seien in Aserbaidschan aktiv. Die aserbaidschanischen Behörden nahmen ihrerseits etwa ein Dutzend Terrorverdächtige fest, die im Auftrag Irans Anschläge auf amerikanische und israelische Einrichtungen geplant haben sollen.

Erst im Februar hatte Teheran den Botschafter Aserbaidschans einbestellt. Zuvor hatte die Regierung in Baku einen Vertrag über die Lieferung von Rüstungsgütern im Wert von 1,6 Milliarden Dollar mit Israel unterzeichnet. Westliche Medien hatten zudem berichtet, Aserbaidschan habe Israel erlaubt, im Falle eines Angriffs auf iranische Atomanlagen das Territorium des Landes überfliegen zu dürfen. Einige Zeitungen berichteten sogar, Aserbaidschan habe Israel einen Flughafen zur Verfügung gestellt. Das wäre für Israel äußerst günstig. Der Luftweg über Aserbaidschan nach Iran wäre weitaus kürzer als über andere Länder. Auch müssten die Maschinen so nicht mehr in der Luft betankt werden - ein Problem, das für das Land nicht leicht zu lösen wäre.

Inzwischen hat aber Baku die Medienberichte dementiert. Die Regierung würde niemals einem anderen Land erlauben, zum Angriff gegen Iran sein Territorium zu nutzen, hieß es.


LAUT UN LIEFERT IRAN WEITERHIN ILLEGAL WAFFEN AN SYRIEN

Einem Bericht der UN zufolge liefert Iran nach wie vor illegal Waffen nach Syrien. Ein Expertenausschuss zur Überwachung der UN-Sanktionen gegen Teheran sei auf drei neue illegale Waffenlieferungen gestoßen, davon zwei an Syrien und eine an Taliban-Kämpfer in Afghanistan, hieß es am 17. Mai aus Kreisen des Weltsicherheitsrats in New York laut einer Reuters-Meldung.

Die iranische Regierung habe unter anderem durch die Fälschung von Dokumenten versucht, die Lieferungen zu verschleiern. Ziel sei gewesen, die internationalen Sanktionen zu umgehen, erklärte ein UN-Diplomat.


GOOGLE MIT KLAGE GEDROHT

Die iranische Regierung hat dem US-Konzern Google mit einer Klage gedroht, sollte er auf seinen Karten das Meer zwischen Iran und der arabischen Halbinsel nicht wieder als Persischen Golf bezeichnen. "Wenn Google nicht umgehend seinen Fehler berichtigt, werden wir offiziell Klage einreichen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, am 17. Mai. Er bezeichnete es als Teil der "Verschwörung" gegen Iran, dass Google das Seegebiet nicht länger als Persischen Golf bezeichnet. Die Länder in der Region sollten bei der Verwendung von Begriffen und Namen darauf achten, die Menschen in Iran nicht zu beleidigen, fügte er hinzu. Iran werde keinem Land erlauben, sich in Angelegenheiten der Islamischen Republik einzumischen.

Google Maps hatte die Bezeichnung entfernt, um eine Positionierung im Streit zwischen Iran und den arabischen Golfstaaten zu vermeiden. Während Iran darauf beharrt, dass der Golf persisch ist, sprechen die arabischen Nachbarn vom Arabischen Golf. 2010 drohte Iran sogar den Fluggesellschaften, die die Bezeichnung "Arabischer Golf" benutzen, mit dem Entzug der Überflugrechte.


INTERNATIONALE UMFRAGE: MEHRHEIT GEGEN IRANISCHE ATOMBOMBE

Einer Umfrage des US-Meinungsforschungsinstituts Pew Research Center in Washington zufolge lehnt eine Mehrheit der Bevölkerung in 21 Ländern eine atomare Bewaffnung Irans ab, ist jedoch in der Frage der Gegenmaßnahmen gespalten. Mehr als 90 Prozent der Befragten in westlichen Ländern wie den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland (96 Prozent) hätten sich gegen eine iranische Atombombe ausgesprochen, teilten israelische Medien am 19. Mai Bezug nehmend auf die Umfrage mit.

In Russland, das ebenso wie China zur Verhandlungsgruppe mit Teheran gehört, waren es immerhin noch 77 Prozent, in China jedoch nur noch 54 Prozent. In Indien und Pakistan, selbst Atommächte, sinkt die Ablehnung auf 34 Prozent beziehungsweise 11 Prozent. In den muslimischen Ländern der Region überwiegt die Ablehnung. In Jordanien ist der Widerstand mit 76 Prozent am größten, in der Türkei sind es 54 Prozent und in Ägypten 66 Prozent. Die Umfrage wurde kurz vor der Reise des Chefs der Internationalen Atombehörde IAEA, Yukiya Amano, nach Teheran veröffentlicht.

Differenzen tun sich bei der Frage wirtschaftlicher Sanktionen gegen Teheran und noch schärfer beim Thema eines Militärschlags gegen Iran auf. Zwischen 74 und 80 Prozent der Befragten in westlichen Ländern unterstützen schärfere wirtschaftliche Sanktionen. In Russland hielten dies jedoch nur 46 Prozent für eine gute Idee, in China sogar nur 38 Prozent. Ein militärisches Eingreifen würden zwar noch 63 Prozent der Amerikaner unterstützen, aber nur noch 51 Prozent der Briten und Franzosen und 50 Prozent der Deutschen. In Russland waren nur noch 24 Prozent der Befragten mit militärischen Aktionen einverstanden, in China 30 Prozent.

Insgesamt wurden im März und April 26210 Menschen in 21 Ländern befragt. Die Fehlmarge wurde je nach Land mit 3,2 bis 5,2 Prozent angegeben.


RAZZIA BEI IRANISCHEM FERNSEHEN IN KAIRO

Ägyptische Sicherheitskräfte haben am 14. Mai in Kairo die Redaktion des iranischen Fernsehens Al-Alam durchsucht und die Ausstattung beschlagnahmt. Die Razzia sei mit einer fehlenden Betriebserlaubnis begründet worden, sagte Redaktionsleiter Ahmed el Siufi. Diese habe der Sender seit Beginn seiner Arbeit vor fast neun Jahren wiederholt beantragt, erklärte el Siufi. Die Behörden hätten eine Genehmigung abgelehnt, aber die Arbeit des Senders gebilligt. Mehrere Mitarbeiter wurden nach Angaben des Redaktionsleiters festgenommen. Er vermutet, dass hinter der Razzia der Versuch stehe, die Medien vor der Präsidentenwahl in die Schranken zu weisen.


FDP-LOKALPOLITIKER TRIFFT AHMADINEDSCHAD

Ein FDP-Lokalpolitiker wurde während einer zehntägigen Reise nach Iran von Staatspräsident Ahmadinedschad empfangen. Claus Hübscher, Delmenhorster FDP-Vize und niedersächsischer Landtagskandidat, soll nach dem Gespräch erklärt haben, Ahmadinedschad sei nie ein Holocaustleugner gewesen. Ferner soll er laut "Nordwest-Zeitung" vom 3. Mai die Überzeugung geäußert haben, dass Iran keine Atomwaffen besitze und auch den Bau von Nuklearwaffen nicht anstrebe.

In einer Erklärung ging Hübscher auf die angeblichen Äußerungen nicht direkt ein, versicherte aber, er setze sich "für den Austausch und die Freundschaft zwischen Juden und Christen sowie zwischen Bürgern des Staates Israel und Deutschen ein". Außerdem bemühe er sich um den "interkulturellen Dialog mit anderen Religionen und Glaubensrichtungen, wie dem Islam".

Die Reise nach Iran habe im Übrigen "rein privaten Bildungsinteressen" gedient. Das Zusammentreffen mit Ahmadinedschad war seiner Darstellung nach "im Programm nicht vorgesehen und wurde im Verlauf der Reise spontan organisiert". Hübscher fügte hinzu: "Von seinen wiederholten Holocaustleugnungen, seiner Negierung des Existenzrechts und seinen Aufrufen zum Kampf gegen den Staat Israel distanziere ich mich in aller Deutlichkeit."

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler sprach von einer "Solidaritätsreise" Hübschers, die das "menschenverachtende iranische Unrechtsregime" stütze und legitimiere. Ahmadinedschad habe mehrmals öffentlich zur Vernichtung Israels aufgerufen und den Holocaust geleugnet. "Möllemann lässt grüßen", sagte Kindler in Anspielung auf den früheren FDP-Politiker Jürgen Möllemann, der einst mit seiner Kritik an Israel für Empörung gesorgt hatte. Kindler forderte, die FDP-Gremien sollten prüfen, ob Hübscher weiterhin als Landtagskandidat für die Wahl in Niedersachsen tragbar sei.

Derweil sieht der Generalsekretär der niedersächsischen FDP, Gero Hocker, "zunächst einmal keinen Anlass" für Konsequenzen wie das Versagen der Landtagskandidatur oder gar ein Parteiausschlussverfahren. Man nehme Hübscher beim Wort, dass er weder den Holocaust leugne, noch das Existenzrecht Israels infrage stelle. Auf einer Sitzung des Bezirksverbandes am 14. Mai in Oldenburg würden die Reise sowie Hübschers Äußerungen besprochen.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Vera Lorenz
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11. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 6/2012 - Juni 2012 / 11. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Juni 2012