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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/286: Iran-Report Nr. 12 - Dezember 2012


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 12 - Dezember 2012
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Der Konflikt um das iranische Atomprogramm, die Wahlfälschung vom Juni 2009, die Verfolgung der Opposition und die Verletzung der Menschenrechte sind einige der wiederkehrenden Themen des Iran-Reports. Er wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus, auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter. Der Iran-Report wird einem breiten Interessentenkreis aus Politik, Wissenschaft und Medien zur Verfügung gestellt.

INNENPOLITIK

• Chamenei: Jeder, der Streitigkeiten öffentlich austrägt, ist ein Verräter
• Auf Befehl des Revolutionsführers verzichtet Parlament auf Befragung des Präsidenten
• Mord durch Folter an einem Blogger
• Karrubi darf ins Krankenhaus
• Rafsandschani besuchte Tochter und Sohn im Gefängnis
• Repressionen gegen Bahais verstärkt
• Bombenleger festgenommen
• Luftwaffe führt Großmanöver durch


CHAMENEI: JEDER, DER STREITIGKEITEN ÖFFENTLICH AUSTRÄGT, IST EIN VERRÄTER

Die unverkennbaren Differenzen und Machtkämpfe innerhalb der iranischen Staatsführung und zwischen der Regierung, der Justiz und dem Parlament haben Revolutionsführer Ali Chamenei zu der Warnung veranlasst: "Jeder, der Streitigkeiten öffentlich austrägt und dabei in der Bevölkerung Emotionen hervorruft, ist ein Verräter."

Vor einer Versammlung von Schülern und Studenten sprach Chamenei über die verschiedenen Phasen des Kampfes zwischen den USA und der Islamischen Republik in den vergangenen Jahren. Er berichtete von den schweren Niederlagen und vom steilen wirtschaftlichen, militärischen und geistigen Niedergang der Supermacht USA. Diesem Niedergang stellte er den bewundernswerten materiellen und geistigen Fortschritt der Islamischen Republik gegenüber, der nur errungen werden konnten durch den unbeugsamen Willen zum Widerstand, durch Weisheit, durch den Glauben an Gott, durch unermüdlichen Schaffensdrang und durch die Einheit im Volk. Dann betonte er: "Die Verantwortlichen, insbesondere die Leiter der drei Gewalten, müssen pflichtbewusst die sensible gegenwärtige Lage begreifen und unter allen Umständen vermeiden, ihre Differenzen in die Öffentlichkeit zu tragen. Sie sollten wissen, dass jeder, der von nun an bis zu den Präsidentschaftswahlen (im Juni) die Emotionen der Bevölkerung im Zusammenhang mit Streitigkeiten für sich nutzt, ohne Zweifel ein Verräter ist."

Chamenei blickte auf die Geschichte zurück. Der Kampf gegen die USA habe bereits in den fünfziger Jahren begonnen, sagte er und erinnerte an den von der CIA organisierten Putsch gegen die Regierung von Mohammad Mossadegh. "Die Amerikaner haben, um ihre unrechtmäßigen Interessen durchzusetzen, gemeinsam mit Großbritannien Mossadegh, der nichts gegen sie hatte und ihnen sogar Vertrauen schenkte, gestürzt und das Schah-Regime an die Macht zurückgebracht", sagte Chamenei. Auch die Verbannung Ayatollah Chomeinis ins irakische Exil sei mit Hilfe der USA erfolgt. So hätten die Amerikaner das iranische Volk nach eigenem Gutdünken ausgebeutet und beherrscht. Doch ihr Sieg sei nicht von langer Dauer gewesen. Das tapfere iranische Volk hat sie unter der Führung von Ayatollah Chomeini hinaus gejagt. Die Gründung der Islamischen Republik sei somit der Sieg über die USA gewesen, ein Triumph des Rechts gegen das Unrecht.

Gleich zu Beginn der Revolution hätten die USA durch Intrigen versucht, die Revolution zu schwächen. Die amerikanische Botschaft hatte sich in ein "Haus der Spionage" verwandelt. Revolutionsführer Chomeini habe dann die Besetzung der amerikanischen Botschaft in Teheran als einen weiteren Sieg über die USA bezeichnet. "Diese Niederlangen der USA dauern bis heute an", sagte Chamenei. Aber ebenso die Intrigen. Dennoch sei die Islamische Republik nicht geschwächt worden, sie habe sich im Gegenteil in den vergangenen 34 Jahren seit ihrem Bestehen immer weiter entwickelt und mehr und mehr an Kraft gewonnen. Der beste Beweis dafür sei die heutige Jugend in Iran, die mit großem Elan, mit Tatkraft und gestützt auf den Glauben in allen Bereichen der Gesellschaft aktiv sei.

Iran habe nicht nur wirtschaftliche, wissenschaftliche und technologische Fortschritte gemacht und damit die Bewunderung der ganzen Welt auf sich gezogen, das Volk habe sich auch geistig weiterentwickelt. Als Indiz dafür verweist Chamenei auf die Teilnahme der Massen an den gemeinsamen religiösen Trauerfeiern und an den Wahlen.

Demgegenüber hätten die USA Jahr für Jahr an Ansehen verloren. Das gäben sogar die Amerikaner selbst zu. Es gebe keine Regierung auf die Welt, die weltweit so verhasst sei wie die amerikanische. Der Wertezerfall in den Vereinigten Staaten sei unübersehbar. Zu diesen Werten gehörte nach eigenen Angaben der Kampf gegen den Terrorismus. Doch inzwischen seien die Amerikaner so weit heruntergekommen, dass sie eng mit Terroristen zusammenarbeiten, darunter mit den Volksmodjahedin, die sie kürzlich von der Liste der Terrororganisationen gestrichen haben. Die Amerikaner geben an, die Demokratie verteidigen zu wollen. Dabei wisse man, dass sie die blutrünstigsten Diktaturen unterstützen, darunter auch den zionistischen Staat, der seit sechzig Jahren die Rechte der Palästinenser mit Füßen tritt. Die USA behaupten, dass reichste Land der Welt zu sein, dabei hätten sie im Vergleich zu anderen Staaten die höchsten Schulden.

Chamenei betonte, dass sich der Kampf zwischen Iran und den USA fortsetzen werde. Dieser Kampf stärke das iranische Volk. Dabei müsse man stets wachsam sein und dürfe sich nie auf eigene Errungenschaften ausruhen. Wichtig in diesem Kampf sei zunächst der Glaube an Gott, dann käme das allgemeine Engagement für die Weiterentwicklung des Landes. Wichtig sei aber die unbedingte Wahrung der Einheit. Es sei höchst schädlich, wenn die Verantwortlichen im Staat sich streiten und dann auch noch die Auseinandersetzungen öffentlich austragen. "Ich warne ausdrücklich vor solchen Auseinandersetzungen", sagte Chamenei.

Der Revolutionsführer sicherte den politischen Verantwortlichen seine volle Unterstützung zu. Doch niemand dürfe aus der Reihe tanzen und die Öffentlichkeit in die Auseinandersetzung einbeziehen. Jeder müsse seine Verantwortung wahrnehmen. Die Feinde der Islamischen Republik seien bemüht, Unruhe zu stiften und durch Intrigen Streit zu erzeugen. "Wir müssen alle wachsam sein", betonte Chamenei. Meinungsverschiedenheiten seien ganz natürlich. Doch diese dürften nicht dazu führen, dass man dem Gegner Stolpersteine in den Weg legt und öffentlich gegen ihn agiert. "Wer bis zu den Wahlen die Auseinandersetzungen öffentlich macht, der begeht ohne Zweifel Verrat am eigenen Land", sagte der Revolutionsführer. Alle Verantwortlichen im Staat seien mit vollem Einsatz bei ihrer Arbeit und um das Wohl des Volkes besorgt. Dass sie dabei auch gelegentlich Fehler machen, sei natürlich. "Ich bitte um Gottes Beistand und hoffe, dass sie alle mit ihren guten Absichten dem Volk dienen können und auf allen Gebieten erfolgreich sind. Das wird auch so sein."


AUF BEFEHL DES REVOLUTIONSFÜHRERS VERZICHTET PARLAMENT AUF BEFRAGUNG DES PRÄSIDENTEN

Am 1. November ergriffen einige Abgeordnete die Initiative, ihre Kollegen für einen Antrag auf Befragung des Staatspräsidenten zu gewinnen, wofür sie deren Unterschrift benötigten. Andere hielten eine solche Initiative für unzureichend. Sie sind der Ansicht, dass es weitaus besser wäre, wenn sich die Justiz mit den Vorwürfen gegen Ahmadinedschad beschäftigen würde.

Der Abgeordnete Mohammad Dehghan, Präsidiumsmitglied des Parlaments, sagte der Zeitung Hamshahri am 1. November, einige Abgeordneten seien der Meinung, dass eine Befragung im Parlament das Gegenteil dessen erreichen würde, was die Abgeordneten anstrebten. Sie würde dem Präsidenten wieder einmal eine Tribüne zur Verfügung stellen, auf der er nicht die Fragen der Abgeordneten beantworten, sondern seine eigenen Ansichten propagieren würde.

Genau dies war bei der letzten Befragung - die erste in der Geschichte der Islamischen Republik überhaupt - im März geschehen. Damals wurde der Präsident wegen mutmaßlichen Missmanagements und Widerstands gegen den Revolutionsführer ins Parlament einbestellt. Da versuchte Ahmadinedschad zu witzeln und die Abgeordneten lächerlich zu machen. "Aber ehrlich, die Fragen, die hier gestellt wurden, sind nicht schwer zu beantworten. Ich hätte bessere stellen können", sagte er. Das Verhalten rief scharfe Proteste des Parlaments hervor.

Die Abgeordneten werfen Ahmadinedschad vor, Beschlüsse des Parlaments und der Justiz ignoriert bzw. gegen sie verstoßen zu haben. Ferner werden er und seine Regierung beschuldigt, Misswirtschaft betrieben und damit der iranischen Wirtschaft großen Schaden zugefügt zu haben. Konkret wird ihm der katastrophale Verfall der Landeswährung zur Last gelegt.

Am 4. November wurde der Antrag zur Einbestellung des Präsidenten im Parlament vorgetragen. Darin wurde der Präsident zur Beantwortung der Frage aufgefordert, warum seine Regierung keinerlei Vorkehrungen zur Regelung des Devisenmarkts getroffen habe. Die Abgeordneten wiesen auf den rapiden Anstieg des Dollarkurses hin, der am 13. September am Morgen noch bei 2200 Tuman lag, am Mittag auf 2500 und am Abend desselben Tages auf 2700 kletterte. Drei Wochen später hatte der Dollar den Preis von fast 4000 Tuman erreicht. Dennoch habe sich die Zentralbank nicht genötigt gesehen, Dollars aus der Reserve auf den Markt zu bringen. Dies habe die Inflationsrate in die Höhe getrieben und die Investoren davon abgehalten, ihre Aktivitäten fortzusetzen. Zudem kritisierten die Abgeordneten den rapiden Anstieg des Imports, was zu ruinösem Schaden der einheimischen Industrie und Landwirtschaft geführt habe.

Der Antrag war von 77 Abgeordneten unterzeichnet worden. Für die Annahme des Antrags waren mindestens 74 Unterschriften notwendig. Mit der Entgegennahme des Antrags muss der Staatspräsident gemäß der Verfassung innerhalb eines Monats vor dem Parlament erscheinen und die Fragen der Angeordneten beantworten. Sollten die Antworten für mehr als zwei Drittel der Abgeordneten nicht zufrieden stellend sein, ist das Parlament befugt, die Fragen an die Justiz weiterzuleiten und eine richterliche Entscheidung zu verlangen.

Ali Mottahari, einer der Hauptinitiatoren des Antrags, sagte, "wir warten darauf, dass der Herr Präsident so bald wie möglich endlich ausspricht, was er bisher nach eigenen Angaben aus Rücksicht auf die Staatsräson verschwiegen hat." Ahmadinedschad hatte gedroht, Geheimnisse, die er bisher für sich behalten hatte, öffentlich zu machen. Er glaube, dass die Drohung eher dazu diene, die Abgeordneten zu einem Rückzieher zu veranlassen, sagte Mottahari. "Aber ich betone, wir begrüßen alles, was der Präsident zu sagen beliebt." Er warnte Ahmadinedschad davor, das Parlament und damit sich selbst lächerlich zu machen.

Doch die ganzen Aktivitäten der vom Volk gewählten Angeordneten wurden mit einem Federstrich des Revolutionsführers hinweg gewischt. Chamenei befahl dem Parlament, die Befragung außer Kraft zu setzen. Er schrieb am 21. November in einem Brief an den Parlamentspräsidenten: "Die Formulierung der Fragen an den Staatspräsidenten war soweit positiv ... Aber die Fortsetzung der Prozedur wäre genau das, was unsere Feinde sich wünschen. Ich bitte die Abgeordneten, die ganze Geschichte nun einzustellen."

Das genügte. Parlamentspräsident Ali Laridschani sendete unverzüglich ein Schreiben an den Revolutionsführer, in dem es hieß: "Selbstverständlich ist der Wunsch des Führers der islamischen Welt ... für uns ein Befehl, auf den sowohl ich als auch sämtliche Mitglieder des Parlaments stolz sind." Auch Mottahari sagte, "obwohl wir die Fragen an den Präsidenten für nützlich halten, werden wir uns dem Befehl des Revolutionsführers beugen." Kurz darauf zogen sämtliche Abgeordnete, die den Antrag unterzeichnet hatten, ihre Unterschrift zurück und veröffentlichten eine Erklärung, in der es hieß: "Die Empfehlungen des Revolutionsführers und seine Befehle gelten für Abgeordnete als das letzte Wort. Wir begrüßen seinen Befehl und verzichten auf die Befragung."

Es war nicht das erste Mal, dass Chamenei per Befehl Beschlüsse des Parlaments außer Kraft setzte. Doch war die Degradierung des Parlaments und die Demonstration der absoluten Macht den Abgeordneten gegenüber noch nie so auffällig gewesen. Es zeigte sich wieder einmal, dass Wahlen im Iran mitsamt der gewählten Volksvertretung nichts anderes sind als eine Farce.


MORD DURCH FOLTER AN EINEM BLOGGER

Am 8. November berichteten einige oppositionelle und unabhängige Internetseiten über den Tod eines Bloggers, der wenige Tage zuvor in Haft genommen worden war. Die Internetseite Kalameh war die erste, die die Nachricht verbreitete. Die Familie von Sattar Beheschti sei aufgefordert worden, den Leichnam des Sohnes bei der Gerichtsmedizin der Stadt Kahrisak entgegenzunehmen, schrieb Kalameh bereits am 6. November. Selbst die konservative Internetseite Bastab, die dem ehemaligen Kommandanten der Revolutionsgarde Mohssen Resai nahe steht, schrieb, einige Parlamentsabgeordnete hätten von dem Vorfall erfahren und wollten sich darum kümmern.

Ein Mitglied der britischen Regierung erklärte, sollte die Nachricht zutreffen, habe Iran einen "beschämenden Schritt gegen die Freiheit seiner Bürger" unternommen. Unter Verweis auf die Verantwortung der Regierung für die Sicherheit der Gefangenen forderte der Brite die iranische Justiz auf, unverzüglich herauszufinden, was mit Beheschti geschehen sei. Eine Frau, die sich als Schwester des Ermordeten ausgab, behauptete in einem Interview mit dem britischen Sender BBC, ihr Bruder sei nach seiner Verhaftung in einen Hungerstreik getreten und liege zurzeit im Krankenhaus.

Nach Auskunft der Familie war Beheschti Arbeiter und betätige sich auch als Blogger, wobei er sich kritisch mit der Regierung auseinandersetzte. Wie sämtliche Verwandte und Bekannte bezeugten, sei Beheschti bei seiner Festnahme kerngesund gewesen. "Er war ein völlig gesunder junger Mann", sagte ein Onkel der Internetseite Rooz.

Eine Schwester von Beheschti sagte der Kalameh, der Familie sei nicht erlaubt worden, an der religiösen Waschung teilzunehmen.

Beheschti, 35 Jahre alt, war am 2. November von der Internet-Polizei in seiner Wohnung abholt worden, vier Tage später war er tot. Am 9. November veröffentlichte Kalameh Notizen mit der Handschrift Beheschtis, der sich über die Folter während des Verhörs beklagte. In dem Schreiben, das sich an den Gefängnisdirektor richtet, heißt es: "Ich wurde am 2. November ohne Haftbefehl in meiner Wohnung festgenommen, in den folgenden zwei Tagen permanent verhört und dabei schwer misshandelt." Er sei, während man ihn an einen Tisch festgebunden hatte, brutal geschlagen, beschimpft und beleidigt worden. "Gerade werde ich wieder abgeholt. Ich erkläre hiermit, dass die Internetpolizei für alle Folgen verantwortlich sein wird. Ich erkläre ebenso, dass jedes mögliche Geständnis durch Folter erzwungen worden ist. Meine Mitgefangenen können die Zeichen der Folter an meinem Körper bezeugen."

Erst am 12. November bestätigte ein Staatsanwalt wohl unter dem Druck der Öffentlichkeit den Tod des Bloggers. Die halbamtliche Nachrichtenagentur Mehr meldete unter Berufung auf Staatsanwalt Gholam Hossein Ejehi, an der Leiche des Bloggers seien Wunden festgestellt worden. Zudem gebe es eine Kopie eines Briefes des Inhaftierten Sattar Beheschti, in dem sich dieser über seinen Vernehmungsbeamten beschwere.

Einen Tag zuvor hatte Justizchef Sadegh Laridschani erklärt, er habe die Order erteilt, "alle Dimensionen des Falls genau zu untersuchen". Das Ergebnis werde bald der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Die Justiz werde jede Person, die an diesem Vorfall beteiligt gewesen sei, ohne Rücksicht auf Amt und Würde verfolgen.

Der Parlamentsabgeordnete und Mitglied im Ausschuss für Nationale Sicherheit und Außenpolitik Ahmad Bachschajeschi erklärte kritisch, die Justiz hätte zu dem Fall Stellung beziehen und die Öffentlichkeit darüber informieren müssen, bevor er vom Ausland propagandistisch verwendet wurde. Auch der prominente Abgeordnete Ahmad Tawakoli kritisierte das anfängliche Schweigen der Justiz und des Außenministeriums. Der Vizepräsident des Parlaments, Mohammad Hassan Abutorabifard, gab bekannt, dass ein Sonderausschuss zur Untersuchung des Falls Beheschti gebildet worden sei.

Der Tod Beheschtis löste international Empörung aus. Das Komitee zum Schutz von Journalisten in New York forderte am 10. November die iranischen Behörden auf, alle Details zum "verdächtigen Tod" Beheschtis zu veröffentlichen. Auch das Außenministerium in Washington forderte eine umfassende Untersuchung.

Am 13. November äußerte die Polizei ihr Bedauern über den Tod Beheschtis. Der Vizepräsident der iranischen Polizei, Ahmad Resa Radan, erklärte, ein Team der Polizei sei mit der genauen Untersuchung des Falls betraut worden. Er versicherte, dass mögliche Schuldige entsprechend bestraft werden würden.

Indes erklärte Staatsanwalt Abbas Dschafari Dolatabadi, einige Personen seien im Zusammenhang mit dem Tod Beheschtis festgenommen worden. "Unser Schweigen in den ersten Tagen bedeutete keineswegs, dass wir zu dem Fall nicht Stellung nehmen wollten", sagte er. "Es ging vielmehr darum, den laufenden Untersuchungen nicht vorzugreifen und Spuren, die verfolgt werden, nicht zu verwischen." Er versprach, innerhalb der nächst zehn Tagen Details zu dem Vorfall zu veröffentlichen.

Am 14. November erklärte Justizchef Laridschani iranischen Medien zufolge, sollte sich herausstellen, dass Beheschti tatsächlich durch Folter gestorben sei, müsse dies als verbrecherisches Vergehen einiger Beamten angesehen werden, und dürfe nicht zu einem Vorwand benutzt werden, um die Polizei und die Justiz Schwäche vorzuwerfen.

Laridschani verurteilte "einige der Regierung nahe stehende Internetseiten", warf ihnen "Aufruhr gegen nationale Sicherheit" "und unverschämten Missbrauch des Todesfalls" vor. "Ich bin erstaunt, dass einige der Regierung nahe stehenden Internetseiten diesen Vorfall zum Anlass für die Aussage genommen haben, sie könnten nun verstehen, warum der Staatspräsident kürzlich die Gefängnisse besuchen wollte". Tatsächlich hatte die Justiz vor einigen Wochen den Wunsch Ahmadinedschads, das Teheraner Evin-Gefängnis zu besuchen, abgelehnt.

Am 19. November erklärte Dr. Ahmad Schodschai, der mit der ärztlichen Untersuchung des Leichnams beauftragt war, er habe Symptome festgestellt, die durch Schläge entstanden sein könnten, doch die Wunden könnten nicht Ursache des Todes gewesen sein. "Wir werden die endgültigen Ergebnisse in den nächsten Tagen veröffentlichen, aber unserer Ansicht nach ist Beheschti durch einen natürlichen Tod gestorben." Auch Zeichen, die auf Vergiftung oder Ersticken deuten, seien nicht festgestellt worden. Er vermute, dass der Gefangene durch Herzversagen gestorben sei. Dies sei in einer Stresssituation, der er durch die Haft und durch das Verhör ausgesetzt gewesen sei, durchaus möglich.

Demgegenüber erklärte die Mutter des Opfers in einem Interview mit der Internetseite http://sahamnews.org, ihr Sohn sei im Gefängnis durch Folter getötet worden. Er sei vor seiner Einlieferung völlig gesund gewesen und hatte nie Medikamente genommen. Der Familie sei nicht erlaubt worden, an der Waschung des Toten teilzunehmen. Das Totenhemd ihres Sohnes sei voller Blutflecken gewesen, sagte die Mutter weiter. Die Beamten des Geheimdienstes hätten ihr untersagt, Interviews zu geben und hätten ihr als Drohung einen Haftbefehl gegen ihre Tochter gezeigt. Ihr sei auch ein Blutgeld als Entschädigung angeboten worden. Sie habe jedoch abgelehnt und die genaue Untersuchung des Falls gefordert.

Politische Beobachter rechnen damit, dass die Behörden zwar vorerst Entschlossenheit demonstrieren und Versprechungen abgeben, doch später, wenn der Fall aus den Schlagzeilen heraus ist, wird man wie bereits in ähnlichen Fällen alles zu den Akten legen.

Am 22. November veröffentlichte die Staatsanwaltschaft eine Erklärung, in der auf ein medizinisches Gutachten verwiesen wird, das besagt, dass Beheschti nicht infolge von Krankheiten gestorben sei. "Die wahrscheinlichste Ursache des Todes ist vermutlich ein Schock, der entweder durch Schläge oder durch psychischen Druck hervorgerufen worden ist", heißt es in der Erklärung. Um den genauen Vorgang festzustellen, seien einige Beamte und Gefängniswärter in Untersuchungshaft genommen, erklärte die Staatsanwaltschaft. Was dabei herausgekommen ist, wurde aber nicht bekannt gegeben.

Indes gab die Gerichtsmedizin bekannt, die Untersuchung des Leichnams abgeschlossen zu haben. Es sei ihr jedoch nicht erlaubt worden, sie zu veröffentlichen. Dem widersprach am 26. November das Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik, Mehdi Dawatgar. Der Abgeordnete sagte der Agentur Fars, es sei "vollkommen klar", dass die Polizei am Tod Beheschtis schuld sei. Sie habe ohne Gerichtsbeschluss und eindeutig illegal Beheschti festgehalten. Dieses Vergehen der Internet-Polizei habe dem Ansehen der Islamischen Republik großen Schaden zugefügt und müsse Konsequenzen haben. Diese müsse der Chef der Internet-Polizei tragen und zurücktreten.


KARRUBI DARF INS KRANKENHAUS

Mehdi Karrubi, der seit mehr als 650 Tagen unter Hausarrest steht, darf, wie die Internetseite Saham News am 23. November berichtete, ins Krankenhaus, sollte sein vertrauter Hausarzt nach einer eingehenden Untersuchung dies für notwendig halten. Er war wenige Tage zuvor aus dem Krankenhaus entlassen und in Hausarrest zurückgebracht worden. Wie seine Angehörigen berichten, leidet er unter Gewichtsabnahme, Appetitmangel, Schwindel und Übelkeit. Sein Sohn Mohammad Taghi Karrubi sagte in einem Interview mit der BBC, die medizinische Fürsorge, die ihm bisher zuteilwurde bzw. die Medikamente, die er bekommen habe, hätten sein Zustand nicht gebessert. Die Familie hatte eine gründliche medizinische Betreuung gefordert und erklärt, andernfalls seien die zuständigen Behörden für die Folgen verantwortlich.

Der Sohn sagte, sein Vater genieße nicht einmal die Rechte eines normalen Gefangenen. Die Behörden weigerten sich bislang, der Familie die Diagnose der ihn betreuenden Ärzte zur Verfügung zu stellen.

Mehdi Karrubi und Mir Hossein Mussavi, der sich mit seiner Frau Sahra Rahnaward ebenfalls im Hausarrest befindet, waren Kandidaten bei der Präsidentenwahl 2009. Sie führten die monatelangen Proteste gegen die eklatante Wahlfälschung, die zur Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschads führte, an. Als der so genannte arabische Frühling begann, riefen sie zu einer Solidaritätskundgebung mit den Aufständischen in Tunesien und Ägypten auf. Es kam zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Seitdem befinden sie sich im Hausarrest. Alle Forderungen der Opposition, sie freizulassen oder einen öffentlichen Prozess durchzuführen, wurden von der Staatsführung ignoriert. Karrubi und Mussavi haben praktisch keine Verbindung zur Außenwelt. Nur ganz selten durften ihre nächsten Angehörigen sie besuchen.


RAFSANDSCHANI BESUCHTE TOCHTER UND SOHN IM GEFÄNGNIS

Der Vorsitzende des Schlichtungsrats und ehemalige Staatspräsident Haschemi Rafsandschani hat am 20. November zum ersten Mal seinen Sohn Mehdi Haschemi und seine Tochter Faezeh Haschemi im Teheraner Evin-Gefängnis besucht. Zuvor hatte er seinen Sohn einmal im Krankenhaus besucht. Der Sohn war vor zwei Monaten nach einem dreijährigen Auslandsaufenthalt nach Teheran zurückgekehrt und am Tag nach seiner Ankunft festgenommen worden. Später wurde er zur Untersuchung für einige Tage ins Krankenhaus gebracht, wo ihn sein Vater besuchte. Seit langem lag gegen Mehdi Haschemi ein Haftbefehl vor. Ihm werden Aktivitäten gegen die Islamische Republik und finanzielle Delikte vorgeworfen.

Die Tochter Faezeh besuchte Rafsandschani zum ersten Mal seit sie in Haft ist. Faezeh war im Januar 2012 wegen Propaganda gegen die Islamische Republik zu sechs Monaten Haft und fünf Jahren Verbot politischer, kultureller und journalistischer Tätigkeit verurteilt worden. Vor eineinhalb Monaten wurde sie abends um 23 Uhr in ihrem Haus verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Seitdem verbüßt sie ihre Strafe.

Zu dem Umgang mit seinen Kindern erklärte Rafsandschani: "Es gibt keinen Unterschied zwischen meinen und anderen Kindern." Fatemeh Haschemi, eine andere Tochter Rafsandschanis, äußerte die Vermutung, ihre Schwester sei festgenommen worden, weil man den in Großbritannien weilenden Bruder vor einer Rückkehr warnen wollte, vor allem weil sich die Rückkehr für den Vater positiv auswirken würde.

Politische Beobachter vermuten, dass die Rückkehr des Sohnes für den Vater zu dessen Vorbereitung zur Teilnahme an der Präsidentschaftswahl im Juni gehöre. Ein Verbleiben des Sohnes im Ausland trotz Haftbefehl hätte negative Folgen für ihn haben können. Nun versuchen einige Gegner Rafsandschanis im Parlament, ein Gesetz durchzusetzen, wonach das Höchstalter für Präsidentschaftskandidaten auf 75 festgelegt wird. Damit wäre der Weg für den 78-jährigen Rafsandschani ins Amt der Präsidenten versperrt.

Ein entsprechender Antrag mit Unterschriften von 50 Abgeordneten stand bereits am 21. November auf der Tagesordnung des Parlaments. Darin wird das Höchstalter auf 75 und das Mindestalter auf 40 Jahre festgelegt.


REPRESSIONEN GEGEN BAHAIS VERSTÄRKT

Zahlreiche Verhaftungen, Einschüchterungen, Schmierereien an Hauswänden, Hasspropaganda in den Medien und Moscheen, Zwangsschließungen von Geschäften und das Exmatrikulationen von Studierenden der Universität der iranischen Stadt Semnan haben in den letzten Wochen das Leben der Anhänger der Bahai-Religion erheblich erschwert.

Diese Ereignisse haben den Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte, Markus Löning, zu einer Protesterklärung veranlasst. "Mit großer Besorgnis erfüllen mich insbesondere die Berichte über die Verfolgung der Bahai in der iranischen Provinz Semnan", schrieb Löning in einer Pressemitteilung, die das Auswärtige Amt am 14. November veröffentlichte. "Anschläge, Verhaftungen und gezielte Einschüchterungen von Angehörigen der Bahai sind ebenso wenig hinnehmbar wie die willkürliche Schließung von Geschäften und Exmatrikulation aus iranischen Universitäten. Iran verstößt damit gegen die fundamentalen Prinzipien der Religionsfreiheit, zu deren Einhaltung sich Iran unter anderem durch die Unterzeichnung des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte verpflichtet hat."

Der Menschenrechtsbeauftragte appellierte an die iranische Führung, der Verfolgung von Angehörigen der Bahai umgehend Einhalt zu gebieten und sich an seine völkerrechtliche Verpflichtungen zu halten.

"Die Bahai-Gemeinde in Deutschland sieht in den Geschehnissen in der nordiranischen Stadt genügend Belege, wonach Semnan für einen strategischen Test zur landesweiten Eliminierung" dienen soll, hieß es bereits zuvor in einem Mitteilung der Gemeinde.

Die Internationale Bahai-Gemeinde hat unterdessen einen Bericht zur Lage der Bahai in Semnan veröffentlicht. Darin werden die Unterdrückung der Bahai in Semnan und in einigen anderen Städten, einschließlich Abadeh, Aligudars, Bukan, Isfahan, Ivel, Khorramabad, Lajidjan, Maschhad, Rafsandjan und Schiras ausführlich beschrieben und dokumentiert. Weitere Informationen sind über http://iran.bahai.de erhältlich.


BOMBENLEGER FESTGENOMMEN

Iran gab die Festnahme mehrerer Verdächtiger bekannt, die Bomben gelegt und Energieanlagen sabotiert haben sollen. Die "Terroristen" stünden in Verbindung mit westlichen und arabischen Geheimdiensten und hätten in der Erdölprovinz Chusestan Sprengsätze gelegt, berichtete die Nachrichtenagentur IRNA am 16. November. Demnach stellten die Sicherheitsorgane Bomben und Waffen sicher, die aus einem arabischen Land stammten.

Die iranischen Behörden geben immer wieder die Festnahme von Personen bekannt, die Spione der USA oder Israels sein sollen. Häufige Angriffe auf die Erdöl- und Gasindustrie in den letzten Jahren nähren Spekulationen über Sabotage.


LUFTWAFFE FÜHRT GROßMANÖVER DURCH

Nach offizieller Darstellung hat die iranische Luftwaffe das größte Manöver in der Geschichte der Islamischen Republik durchgeführt. Das Manöver begann am 12. November. Geübt wurde der Einsatz von Bombern und Kampfflugzeugen hieß es in den Berichten staatlicher Medien. Die 8000 beteiligten Soldaten aus Elite- und regulären Einheiten testeten zudem Raketen- und Artillerieverbände sowie Aufklärungseinrichtungen. Das Gebiet des Manövers umfasste über die Hälfte des iranischen Territoriums. Der gesamte Nordosten, Osten und Südosten gehörten zum Einsatzgebiet.

Die Übung begann vor dem Hintergrund der Kriegsdrohungen Israels und der USA. Gerade die US-Streitkräfte, insbesondere die US-Marine, sind an den iranischen Grenzen, vor allem im Persischen Golf massiv vertreten. Es kommt immer wieder zu Reibereien zwischen ihnen und den iranischen Abwehrkräften. Zuletzt schoss Iran auf eine amerikanische Drohne, die nach Angaben Teherans iranisches Gebiet überflog. Die Amerikaner bestritten die Darstellung, die Drohne habe sich über internationalem Gewässer befunden, hieß es aus Washington.

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Durchbruch in der Drohnen-Technologie
• Auch Diesel soll rationiert werden
• Export einiger Güter untersagt
• Inlandsflüge bis zu 70 Prozent teurer
• Karlsruher wegen Verstosses gegen Iran-Embargo festgenommen


ATOMKONFLIKT

Am 4. November erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast, die Islamische Republik habe vorgeschlagen, künftig die Atomverhandlungen zwischen seinem Land und der Gruppe 5+1 (ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats plus Deutschland) live im Fernsehen zu senden. Die Beiträge Irans bei den vergangenen Verhandlungen seien so klar verständlich und die Lösungsvorschläge so logisch gewesen, dass Iran den Verhandlungsteilnehmern vorgeschlagen hatte, künftig die Verhandlungen direkt vom Fernsehen übertragen zu lassen. "Wir haben nichts zu verbergen", fuhr Mehmanparast fort. "Wir tragen unsere Ideen und konkreten Vorschläge vor. Ihre Direktübertragung wird alle Manipulationsmöglichkeiten ausschließen und unsere Rechte sichern."

Mehmanparast lehnte direkte bilaterale Atomgespräche zwischen Teheran und Washington ab. "Für diese Gespräche gibt es einen besonderen Rahmen", sagte er.

Am 6. November erklärte die Islamische Republik anders als bisher ihre Bereitschaft zur Teilnahme an der Konferenz der Internationalen Atombehörde zur Einrichtung einer atomwaffenfreie Zone im Nahen Osten. Er habe heute die Teilnahme seines Landes an der Konferenz in Helsinki angemeldet, sagte der iranische IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh der Nachrichtenagentur AFP am Telefon. Ein Treffen zur Vorbereitung der Konferenz im vergangenen Jahr hatte Iran noch boykottiert.

Soltanieh sagte, Iran meine es "ernst" mit seiner Teilnahme und wolle sich "aktiv" an der Konferenz beteiligen. Ein genaues Datum für die IAEA-Veranstaltung steht bislang nicht fest. Ursprünglich war sie für Dezember geplant, wurde jedoch inzwischen vertagt.

Bislang hatte Iran seine ablehnende Haltung gegenüber der Konferenz damit begründet, dass Israel anders als Iran den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat. Das seit 1970 gültige Abkommen ist die rechtliche Basis für das Vorgehen der internationalen Gemeinschaft gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen. Israel ist offiziell keine Atommacht. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass das Land über mindestens 250 atomare Sprengköpfe verfügt.

Israel hat sich bisher nicht festgelegt, ob es an der Konferenz in Helsinki teilnimmt. Die "derzeit unbeständige und feindliche" Situation im Nahen Osten sei für die Schaffung einer atomwaffenfreie Zone nicht "förderlich", sagte Shaul Chorev, der Vorsitzende der israelischen Kommission für Atomenergie, im September. Dauerhaft friedliche Beziehungen in der Region seien die Voraussetzung für die Schaffung einer solchen Zone.

Am 6. November warf die IAEA Iran mangelnde Kooperation bei den Ermittlungen ihrer Inspektoren zu geheimen Teilen seines Programms vor. Die Gespräche seien zwar nach einem IAEA-Bericht vom November vergangenen Jahres intensiviert worden. In diesem war auch die Rede von "glaubwürdiger Information über iranische Aktivitäten, die relevant für die Entwicklung eines explosiven nuklearen Sprengsatzes" sein könnten, sagte IAEA-Generalsekretär Yukio Amano in New York. "Es sind jedoch bisher keine konkreten Ergebnisse erreicht worden."

Iran bekräftigt immer wieder die nach seinen Angaben rein zivile Ausrichtung seines Atomprogramms. "Iran ist nicht zur notwendigen Kooperation bereit, die uns dazu in die Lage versetzen würde, eine glaubhafte Versicherung über die Abwesenheit nicht erklärten nuklearen Materials und Aktivitäten abzugeben", sagte Amano. "Deshalb können wir nicht folgern, dass alles nukleare Material in Iran in friedlichen Aktivitäten verwendet wird."

Der iranische UN-Botschafter Mohammad Chasaji betonte dagegen erneut das Recht seines Landes, Atomenergie für friedliche Zwecke zu nutzen. Dem IAEA-Vorwurf, Teherans Angaben seien nicht glaubwürdig, hielt er entgegen, dass der Bericht der UN-Behörde auf "gefälschten Berichten" von Israel und den USA beruhe.

Am 11. November gab die IAEA an, Iran sei dabei, seine umstrittene Militäranlage in Parchin abzubauen. Die Demontage schreite voran, sagte Amano vor Reportern in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Er könne aber keine weiteren Einzelheiten nennen. Parchin sei aus der Sicht der Atombehörde ein möglicher Standort für nukleare Experimente. Die IAEA hatte Iran wiederholt aufgefordert, ihren Kontrolleuren Zugang zu der Militäranlage zu gewähren, auf der Sprengstoff getestet worden sein soll.

Zugleich äußerte sich Amano vorsichtig optimistisch hinsichtlich der Mitte Dezember geplanten Gespräche mit Teheran über dessen umstrittenes Atomprogramm. Es gebe "gute Gründe" anzunehmen, dass Iran mit der IAEA zusammenarbeiten werde. Seine Organisation spiele eine wesentliche Rolle bei der Lösung des Konflikts mit diplomatischen Mitteln, fügte Amano hinzu.

Am 14. November erklärte US-Präsident Barack Obama seinen Willen, in den kommenden Monaten verstärkt auf eine diplomatische Lösung im Atomstreit mit Iran zu drängen. Es sollte ein Weg möglich sein, auf dem Iran eine "friedliche Atommacht" werden könne. Er könne aber "nicht versprechen, dass Iran durch die Tür geht, durch die er gehen muss", fügte Obama hinzu. Teheran habe immer noch Zeit, einen friedlichen Weg zu beschreiten, sagte Obama in Washington. Er bekräftigte aber, dass es eine rote Linie gebe: "Wir werden nicht zulassen, dass Iran eine Atomwaffe bekommt." Der wieder gewählte Präsident bezeichnete Informationen, nach denen die USA direkte Verhandlungen mit Iran planten, als unwahr. Er wollte keine Details seiner diplomatischen Offensive nennen, machte aber klar, dass es kein langwieriges Hin und Her geben dürfe.

Am 16. November zitierte die Nachrichtenagentur dpa aus einem ihr nach eigenen Angaben vorliegenden und am 16. November fertig gestellten Bericht der Internationalen Atombehörde. Darin werde bekannt gegeben, dass Iran mit der Fertigstellung seiner zweiten Urananreicherungsanlage in Fordo künftig in der Lage sei, dreimal schneller als bisher auf 20 Prozent angereicherten Brennstoff herzustellen.

Alle für die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent benötigten zentralen Teile habe Teheran in der unterirdischen Anlage installiert, heißt es in dem Bericht. Bisher waren nur Teile der Anlage in Betrieb, Iran produzierte monatlich rund 15 Kilogramm auf 20 Prozent angereichertes Uran. Nimmt das Land nun Fordo komplett in Betrieb, könne die Produktionsrate bei bis zu 45 Kilogramm im Monat liegen.

Dem Bericht zufolge besitzt Iran momentan 135 Kilogramm auf 20 Prozent angereichertes Uran. Für eine Atombombe bräuchte man etwa 250 Kilogramm - ein Ziel, das das Land nun bei voller Nutzung seiner Kapazitäten in zweieinhalb Monaten erreichen könnte.

Aus IAEA-Kreisen verlautete, dass die Atominspekteure im Land in einer "Atmosphäre der Einschüchterung" arbeiten müssten. Iran hatte vermutet, dass die IAEA von Terroristen oder Spionen unterwandert sein könnte. Diese Anschuldigung habe die Arbeit der Atomwächter im Land deutlich erschwert, hieß es.

In dem IAEA-Bericht steht auch, dass Teheran sein einziges Atomkraftwerk in Bushehr Mitte Oktober abschalten musste. Die Gründe dafür blieben unklar.


DURCHBRUCH IN DER DROHNEN-TECHNOLOGIE

Iran hat Medienberichten zufolge eine technisch hochwertige Drohne entwickelt. Das unbemannte Fluggerät könne senkrecht starten und auf der Stelle schweben, berichteten am 4. November mehrere iranische Zeitungen, darunter das konservative Blatt "Resalat". Außerdem verursache die Drohne keinen Lärm, zitierte die Zeitung den Leiter des Entwicklungsteams, Abbas Dscham.


AUCH DIESEL SOLL RATIONIERT WERDEN

Einem Bericht der Nachrichtenagentur ISNA vom 14. November zufolge soll der Brennstoff für Dieselfahrzeuge demnächst rationiert werden. Ölminister Rostam Ghassemi nannte als Grund den Schmuggel des Brennstoffs von Iran in die Nachbarstaaten, wo Diesel wesentlich teurer ist. Daher werde man die Verteilung an Fahrzeuge bzw. an Fabriken rationieren. Einen Termin für den Beginn der Rationierung nannte Rostam nicht. Er sagte jedoch, ein Beratergremium zur Durchführung der Maßnahme sei bereits gebildet worden.

Der Minister sagte, die Subventionierung des Dieselöls durch den Staat sei schwer umzusetzen. "Das macht uns große Probleme". Er erinnerte daran, dass im Iran ein Liter Wasser 500 Tuman koste, während man für drei Liter Diesel nur 450 Tuman zahle. Und da die iranische Währung stark ihren Wert einbüßt hat, ist der Schmuggel in die Nachbarstaaten umso lukrativer.

Die Agentur Mehr zitierte den Vorsitzenden des Fuhrwerkverbandes in Iran, Mohammad Rujanian, mit den Worten, die Rationierung werde im Februar oder März beginnen.


EXPORT EINIGER GÜTER UNTERSAGT

Das Land, das unter Sanktionen leidet, hat den Export von etwa 50 Gütern wie Weizen, Mehl, Zucker und Fleisch verboten. Händler in Iran dürften diese Produkte nicht mehr ausführen, hieß es staatlichen Medien vom 30. Oktober zufolge in einem Schreiben von Vize-Industrieminister Sejed Dschawad Taghawi. Eine Liste mit weiteren Gütern soll folgen. Iran ist offenbar besorgt, dass die lebenswichtigen Güter wegen der gegen das Land verhängten Sanktionen knapp werden könnten. Zwar sind Lebensmittel von den Strafmaßnahmen nicht direkt betroffen, das Ölembargo zieht aber weite Kreise. Angesichts der Komplexität der Sanktionen weigern sich viele Transportfirmen, mit Iran zusammenzuarbeiten. Dasselbe gilt für ausländische Banken.


INLANDSFLÜGE BIS ZU 70 PROZENT TEURER

Die Wirtschaftssanktionen gegen Iran wirken sich immer spürbarer aus: Die Preise für Inlandsflüge sind nach staatlichen Medienberichten in jüngster Zeit bis zu 70 Prozent gestiegen. Die Nachrichtenagentur ISNA berichtete am 6. November unter Berufung auf einen Sprecher des Luftverkehrsamts, die Flugtickets seien um 40 bis 70 Prozent teurer als vor einem Jahr. Die Landeswährung Rial hat seit Jahresbeginn deutlich an Wert verloren. Die Teuerungsrate seit Anfang des Jahres liegt offiziell bei 30 Prozent. Inoffiziell wird sie mit 50 Prozent beziffert. Auch viele Grundnahrungsmittel sind drastisch teurer geworden.


KARLSRUHER WEGEN VERSTOSSES GEGEN IRAN-EMBARGO FESTGENOMMEN

Ein Geschäftsmann aus Karlsruhe soll seit 2010 Satellitentechnik nach Iran geliefert und damit das Embargo gegen den Staat gebrochen haben. Die Staatsanwaltschaft in Mannheim hat den 54 Jahre alten Deutsch-Iraner festnehmen lassen, wie sie am 26. November mittelte. Sie ermittelt wegen mutmaßlichen Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz.

Der Mann soll die zurzeit gegen Iran bestehenden Außenwirtschaftsgesetze umgangen haben, indem er teilweise angegeben habe, dass die Waren wie Mikrowellenrichtantennen, Solarzellen und andere Technologien für Kunden in der Türkei bestimmt gewesen seien.

Die Ermittler seien dem 54-jährigen trotzdem auf die Schliche gekommen und hätten bereits im Juli dessen Wohn- und Geschäftsräume durchsucht. Der Beschuldigte habe offenbar aber auch nach der Razzia seine verbotenen Geschäfte weiter betrieben: So hätten die Ermittler im Oktober und November weitere Sendungen am Frankfurter Flughafen und in einem Postlager abfangen können.

Einen direkten Zusammenhang mit dem Atomprogramm Irans hätten die Lieferungen des Karlsruhers aber nicht gehabt, sagte ein Behördensprecher.

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AUSSENPOLITIK

• Iran - Israel
• Iran besitzt Luftaufnahmen von israelischen Stützpunkten
• Liefert Iran Raketen an die Palästinenser?
• Protest gegen die USA wegen illegaler Handlungen im Persischen Golf
• Bilaterale Gespräche zwischen Iran und den USA?
• Ahmadinedschad kritisiert US-Wahlkampf
• Gemeinsame Position Irans und Russlands gegenüber Syrien
• Konferenz zur Vermittlung im Syrienkonflikt organisiert
• Paris macht Iran für Eskalation in Nahost mitverantwortlich
• Iran protestiert gegen "Patriot"-Stationierung in der Türkei
• Demonstration gegen israelische Angriffe im Gazastreifen
• Deutschland Heuchelei bei Menschenrechten vorgeworfen
• Proteste gegen Einladung des iranischen Botschafters
• Berlins Staatsanwaltschaft sucht einen Gewaltverbrecher in Iran
• Sturm auf die iranische Botschaft in Berlin


IRAN - ISRAEL

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat einem Fernsehbericht zufolge vor zwei Jahren die Armee angewiesen, sich auf einen Angriff gegen Iran vorzubereiten. Der Plan sei allerdings am Widerstand der Armeeführung und des Auslandsgeheimdienstes Mossad gescheitert, hieß es in dem Bericht, den das Zweite Israelische Fernsehen am 5. November ausstrahlte.

Netanjahu sagte dem Sender, er könne einen Angriff auf iranische Atomanlage anordnen, wenn er das Gefühl habe, keine andere Chance zu haben. "Ich versichere, dass ich Iran nicht erlauben werde, in den Besitz von Atomwaffen zu gelangen, wenn ich als Ministerpräsident wieder gewählt werde". Auf die Frage, ob er notfalls einen Angriff anordnen würde, sagte Netanjahu: "Wenn es sein muss." Er fuhr fort: "Ich hoff, dass es nicht sein muss."

Nach dem Bericht im TV-Programm "Uvda" (Tatsache) soll Netanjahu bei einer Sitzung im Jahre 2010 gemeinsam mit Verteidigungsminister Ehud Barak Alarmstufe "P plus" für das Militär angeordnet haben. Dies bedeutet, die Armee müsse zum sofortigen Angriff bereit sein.

Der damalige Generalstabschef Gabi Aschkenasi und Mossad-Chef Meir Dagan seien von der Anweisung "schockiert" gewesen. Dagan habe von einer "illegalen Entscheidung über den Beginn eines Krieges" gesprochen. Eine entsprechende Entscheidung könne nicht allein von Netanjahu und Barak, sondern nur vom Kabinett getroffen werden, habe er erklärt. Aschkenasi habe befürchtet, allein die Anhebung der Alarmstufe könne zum Krieg führen, weil sie Fakten schaffe.

Barak erklärte dem Fernsehen die Anweisung allein habe nicht automatisch einen beabsichtigten Kriegsbeginn bedeutet. Aschkenasi habe außerdem damals gesagt, die Armee sei nicht ausreichend auf einen Krieg vorbereitet.

Indes forderte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, die Bundesrepublik Deutschland auf, die diplomatischen Beziehungen zu Iran abzubrechen. "Die Hamas ist eine Terrorfiliale des iranischen Regimes", sagte Graumann der Süddeutschen Zeitung am 20. November zum Konflikt Israels mit den Palästinensern. "Kanada hat die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abgebrochen. Wie schön wäre es, wenn Deutschland dem folgen würde."

Graumann verteidigte das Vorgehen der israelischen Armee. Er wünsche für alle Menschen in der Region, "dass der Alptraum bald zu Ende geht", sagte er. Allerdings handele es sich für Israel "auch um einen Überlebenskampf". Nicht die Kriegsführung, sondern vor allem die Moral in dieser Auseinandersetzung sei asymmetrisch. Die Hamas missbrauche "zynisch Kinder, Frauen, Zivilisten als Schutzschilde" und versuche, "die Zahl der Opfer zu maximieren".

Diese Sichtweise sei jedoch in Deutschland schwer zu vermitteln, es gebe das Vorurteil, dass überlegene Israelis schwache Palästinenser zu Opfern machten. Bei mancher Kritik spiele auch die Geschichte eine Rolle: "Die deutschen Verbrechen wiegen in mancher verschrobener Wahrnehmung nicht so schwer, wenn die Juden auch 'Verbrechen' begehen", sagte der Zentralratspräsident.


IRAN BESITZT LUFTAUFNAHMEN VON ISRAELISCHEN STÜTZPUNKTEN

Ein iranischer Abgeordneter erklärte, Aufnahmen von israelischen Stützpunkten, die durch eine von der libanesischen Hisbollah eingesetzte Drohne erfolgt seien, befänden sich in iranischem Besitz. Ismail Kosari, Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik, sagte am 29. Oktober der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr: "Diese unbemannten Flugzeuge schicken die Fotos online, und wir haben sie bekommen."

Nach Angaben Irans und der Hisbollah sei die Drohne mit dem Namen Ayyub von der Hisbollah in den israelischen Luftraum geschickt worden, um von geheimen Stützpunkten Aufnahmen zu machen.

Kosari erklärte weiter, die libanesische Hisbollah verfüge über modernere Drohnen als die nun von Israel abgeschossene. Einige könnten auch mit Waffen ausgerüstet werden. Mit seinen Äußerungen verband der Abgeordnete eine Drohung. Man werde auf israelischem Territorium antworten, sollte das Land Iran angreifen, sagte er.

Iran hat erklärt, iranische Drohnen hätten in den vergangenen Jahren vom Libanon aus Dutzende unbemerkte Aufklärungsflüge im israelischen Luftraum unternommen. Israel hat die Angaben zurückgewiesen.


LIEFERT IRAN RAKETEN AN DIE PALÄSTINENSER?

Teheran hat am 18. November die Vorwürfe Israels, Fadschr-5-Raketen mit längerer Reichweite an militante Palästinenser im Gazastreifen geliefert zu haben, zurückgewiesen. Die Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage, sagte der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für auswärtige Angelegenheiten und nationale Sicherheit, Alaeddin Boridscherdi, im iranischen Fernsehen. Die militanten Kräfte benötigten keine Hilfe von außen, wurde der Abgeordnete auf der Internetseite des arabischsprachigen Fernsehsenders Al Alam zitiert.

Der militärische Flügel der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatte am selben Tag gemeldet, eine Fadschr-5-Rakete auf das 70 Kilometer entfernte Tel Aviv abgefeuert zu haben. Die israelische Flugabwehr fing die Rakete nach Polizeiangaben ab. Es habe keine Verletzten und Sachschäden gegeben.

Die Palästinensergruppe Islamischer Dschihad hat bereits wiederholt Raketen vom Typ Fadschr 5 auf die israelische Küstenstadt Tel Aviv abgeschossen. Dabei handelt es sich um eine Rakete iranischer Bauart mit einer Reichweite von 75 Kilometern. Dem US-Informationsdienst IHS Jane‹s zufolge haben die Raketen ein Kaliber von 333 Millimetern, eine Länge von 6,48 Metern und ein Gewicht von 0,91 Tonnen, davon 90 Kilogramm Sprengstoff.

Den Angaben zufolge wird die Fadschr 5 aus einem auf einem Fahrzeug montierten Raketenwerfer abgefeuert. Wie der Militärexperte Douglas Barrie erklärt, ist die Fadschr 5 den selbst gefertigten Raketen der Kassam-Gruppe, welche die Palästinenser sonst verwenden und die eine weit geringere Reichweite haben, deutlich überlegen. Doch verfüge auch sie über keine Steuerungsvorrichtung, weshalb sie nicht sehr genau sei.

Die libanesische Hizbollah-Miliz wird verdächtigt, im Jahr 2006 Raketen erhalten zu haben, bei denen es sich um Fadschr 5 handeln könnte. Wie oder wann die Fadschr 5 in den Gazastreifen gelangte, ist nicht klar.

Nach Angaben des Islamischen Dschihad kommen die im Gazastreifen gegen Israel eingesetzten Waffen größtenteils aus Iran. Es handele sich im Wesentlichen um "iranische Waffen oder mit finanzieller iranischer Hilfe erworbene Waffen", sagte der Chef der Palästinenser-Organisation, Rahman Abdallah Tschellah, an 20. November dem katarischen Fernsehsender Al-Dschasira. "Die ganze Welt weiß das. Das ist kein Geheimnis", sagte Tschellah.

Überraschend bestätigte am 21. November der iranische Parlamentspräsident Ali Laridschani, dass Iran Hamas militärische Hilfe leistet und darauf "stolz" sei. "Die arabischen Länder veranstalten Konferenzen und reden nur, aber sie müssen wissen, dass die Palästinenser das nicht brauchen. Wir sind daher stolz zu verkünden, dass unsere Hilfe für Hamas finanziell und militärisch ist", sagte Laridschani nach Angaben der Agentur Fars.

Die iranische Regierung hatte bis jetzt, wie oben erwähnt, stets behauptet, dass Teheran die Hamas und Palästina nur politisch und nicht militärisch unterstützen würde, auch im jüngsten Konflikt im Gazastreifen. "Wir sind auch stolz darauf, dass wir stets an der Seite von Palästina und Hamas gewesen sind und dies auch, sogar unter schlimmsten Umständen, in der Zukunft sein werden", sagte Laridschani weiter.


PROTEST GEGEN DIE USA WEGEN ILLEGALER HANDLUNGEN IM PERSISCHEN GOLF

Irans Vertreter bei den Vereinten Nationen hat in einem Schreiben an den UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gegen illegale Handlungen der USA im Persischen Golf protestiert. Die Aktivitäten der US-Marine im Persischen Golf seien "illegal und provokativ" schrieb Mohammad Khazai am 24. November. Im Oktober seien Flugzeuge sieben Mal über die Küste bei Bushehr geflogen, dem Standort des einzigen iranischen Atomkraftwerks. Eine Abschrift des Schreibens erhielt auch der UN-Sicherheitsrat. Sollte sich der Fall wiederholen, können die schriftlichen Proteste als Unterlage für eine Anklage dienen. Gewöhnlich werden solche Briefe bei der UN lediglich registriert.

In dem Brief wurde auch berichtet, dass eine US-Drohne am 11. November in den iranischen Luftraum eingedrungen sei. Khazai fordert Ban auf, die USA vor "fortgesetzten Verstöße gegen internationales Recht" zu warnen. Demgegenüber erklärte Washington, die Drohne sei über internationale Gewässer geflogen. Zu den neuen Vorwürfen hat das Weiße Haus in Washington noch nicht Stellung genommen.


BILATERALE GESPRÄCHE ZWISCHEN IRAN UND DEN USA?

In den letzten Wochen wird in Iran über eine mögliche Aufnahme direkter Verhandlungen zwischen Teheran und Washington spekuliert. Zahlreichen Gerüchte über bereits laufende Geheimverhandlungen sind im Umlauf. Es wurde zum Beispiel behauptet, dass sich der außenpolitische Berater des Revolutionsführers und ehemalige Außenminister Ali Akbar Welajati mit einem Regierungsvertreter aus Washington getroffen haben. Welayati hat dies entschieden dementiert. Dennoch halten sich Gerüchte, dass er in den USA gewesen sei.

Auffallend war auch, dass Präsident Ahmadinedschad während seiner Teilnahme an der UN-Vollversammlung mehrmals in Interviews gesagt hatte, er werde eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Iran und den Vereinigten Staaten begrüßen, wofür er im Inland von einigen Ultras heftig kritisiert wurde.

Zwar sind die diplomatischen Beziehungen zwischen Teheran und Washington seit der Geiselnahme amerikanischer Botschaftsangehöriger in Teheran 1980 abgebrochen, doch es gab mehrmals geheime Verhandlungen zwischen Iran und den USA, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg oder dem Afghanistan-Krieg.

Selbst Revolutionsführer Ali Chamenei, der als einer der entschiedenen Gegner der Wiederaufnahme der Beziehungen zu den USA gilt, sagte bereits vor Jahren, wenn eines Tages die Wiederaufnahme der Beziehungen zu den USA für Iran von Nutzen sein sollte, wäre er der erste, der dafür stimmen würde.

Am 7. November sagte Justizchef Sadegh Laridschani, man könne nicht "über Nacht" die Beziehungen zu den USA normalisieren. Sein Bruder, Vorsitzender der Menschenrechtsabteilung der iranischen Justiz, Mohammad Dschwad Laridschani, sagte am selben Tag, "sollten die nationalen Interessen Irans es verlangen, würde er "nicht nur mit den USA, sondern mit Bewohnern der Hölle verhandeln". Es sei "kein Tabu und daher nicht verboten, mit den Amerikanern zu reden". Er kritisierte die Reformer, die, wie er behauptete, zunächst für und später gegen die Verhandlungen gewesen seien.

Sadegh Laridschani warnte die USA, sie sollten ja nicht glauben, dass sie bei Verhandlungen von Iran Tribut verlangen könnten und fuhr fort: "Die Aufnahme der Beziehungen zu den USA ist nicht einfach und nach all den Verbrechen, die die USA gegen unser Volk verübt haben, nicht über Nacht möglich."

Der Justizchef erwähnte auch die Ergebnisse der US-Wahlen und sagte: "Obama hat bereits vor vier Jahren mit der Forderung nach einem Politikwechsel die politische Bühne betreten und erklärt, er werde Iran die Hand reichen. Doch in Wirklichkeit hat seine Regierung die härtesten Sanktionen gegen Iran beschlossen. Allerdings sind wir der Meinung, dass die USA im eigenen Interesse handeln würden, wenn sie ihre schändliche Politik beenden und wenn sie sich vor der Größe Irans verneigen und das Vertrauen des Volkes erringen würden. Erst dann kann man sagen, dass sie zur Vernunft gekommen sind".


AHMADINEDSCHAD KRITISIERT US-WAHLKAMPF

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat die immensen Kosten des US-Wahlkampfs ins Lächerliche gezogen. Die Wahlen, die ein Ausdruck des Volkswillens sein sollten, seien zu einem "Schlachtfeld für Kapitalisten" und zu einer "Rechtfertigung für eiliges Geldausgeben" geworden, sagte Ahmadinedschad am 8. November bei der internationalen Demokratiekonferenz auf der indonesischen Insel Bali. Mit rund zwei Milliarden Dollar hatten die Republikaner und Demokraten in den USA so viel für den Wahlkampf ausgegeben wie nie zuvor.

Wer die Wahl gewonnen habe, mache für ihn keinen Unterschied, sagte Ahmadinedschad. "Wichtig sind Politik und Verhalten. Und das Verhalten muss sich ändern", forderte er die USA auf. Ahmadinedschad rief dazu auf, weltweit alle US-Militärstützpunkte aufzulösen. Kritik an der iranischen Atompolitik wies er zurück. Die Internationale Atombehörde (IAEA) habe die iranischen Atomanlagen inspiziert und laut offiziellen Berichten nichts gefunden.


GEMEINSAME POSITION IRANS UND RUSSLANDS GEGENÜBER SYRIEN

Der für Asien und Ozeanien zuständige Staatssekretär im Teheraner Außenministerium, Abbas Araghtschi, erklärte am 17. November, Russland und Iran hätte eine gemeinsame Position gegenüber Syrien. Beide seien entschieden gegen jeglichen ausländischen Einfluss in Syrien. Wie er der Nachrichtenagentur IRNA sagte, hätten sich die Positionen Irans und Russlands nicht geändert. Beide Staaten "blicken mit vollständiger Übereinstimmung" auf die Ereignisse in Syrien.

Sowohl nach Einschätzung Russlands als auch nach Meinung Irans seien "terroristische Gruppen" für die Unruhen in Syrien verantwortlich. Auch die syrische Führung behauptet, die Terroristen würden von außen gelenkt. Dennoch zeigte sich die Regierung von Assad zu Reformen und Gespräche mit der Opposition bereit. Auch Iran und Russland treten für Verhandlung zwischen den Gegnern in Syrien ein.

Oppositionelle Syriens behaupten, dass iranische Milizen bei der Niederschlagung der Opposition den syrischen Streitkräften zur Seite stehen. Doch diese Behauptung wurde bislang von iranischer Seite nicht bestätigt. Im Gegenteil, Iran hat die direkte Teilnahme an dem Konflikt in Syrien stets bestritten.

Araghtschi, der sich vor kurzem offiziell in Russland aufhielt, erklärte, es herrsche zwischen Iran und Russland volle Übereinstimmung auch im Bezug auf Afghanistan und die Präsenz ausländischer Streitkräfte in diesem Land, in Bezug auf das iranische Atomprogramm sowie auf Fragen der Sicherheit Mittelasiens, des Kaspischen Meeres und dessen Anrainerstaaten.

Für Afghanistan fordern beide Staaten den sofortigen Abzug ausländischer Streitkräfte und die Auflösung der Militärstützpunkte. Insgesamt seien die bilateralen Beziehungen zwischen Russland und Iran sehr gut, sagte Araghtschi.


KONFERENZ ZUR VERMITTLUNG IM SYRIENKONFLIKT ORGANISIERT

Iran hat eine Konferenz zur Beilegung des Bürgerkriegs in Syrien organisiert. Wie die Nachrichtenagentur IRNA am 18. November berichtete, haben an dem Treffen rund 200 Vertreter der syrischen Opposition und der syrische Minister für Nationale Versöhnung, Ali Haidar, teilgenommen. In der Zukunft könne es möglicherweise ein noch umfassenderes Treffen der Opposition geben.

In dem IRNA-Bericht wurde nicht angegeben, ob Vertreter der großen Rebellengruppen und Exil-Organisationen an der Konferenz teilnahmen. Die meisten Gruppen misstrauen Iran, der ein wichtiger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al Assad ist. Die Konferenz galt als Reaktion auf ein Treffen der Opposition in Katar, auf der sie sich eine Woche zuvor auf die Nationalkoalition als neue Vertretung einigte. Schon im August hatten sich bei einer Syrien-Konferenz in Iran Vertreter aus 30 Ländern versammelt.

Angekündigt wurde die Konferenz am 13. November. Vize-Außenminister Hossein Amir Abdollahian sagte dem arabischsprachigen Sender Al-Ahram, "Vertreter der syrischen Regierung werden mit Vertretern von Stämmen, politischen Parteien, Minderheiten und der Opposition sprechen". Bei dem Treffen gehe es um ein Ende der Gewalt in Syrien und die Förderung einer diplomatischen Lösung des Konflikts.


PARIS MACHT IRAN FÜR ESKALATION IN NAHOST MITVERANTWORTLICH

Frankreichs Außenminister Laurent Fabius hat Iran eine Mitverantwortung für die Eskalation der Gewalt zwischen Israel und radikalen Palästinensern im Gazastreifen unterstellt. Es gebe neuerdings "iranische Waffen" mit "langer und längerer Reichweite" von bis zu 75 Kilometern im Gazastreifen, sagte Fabius am 21. November dem Sender France Culture. In dem Konflikt habe Iran eine "äußerst schwerwiegende Verantwortung", hob Fabius hervor. Er äußerte erneut die Hoffnung auf einen raschen Waffenstillstand zwischen Israel und den Palästinensern.

Der französische Außenminister verwies darauf, dass Iran nicht nur im Gazastreifen, sondern auch in Libanon, in Syrien und im Irak mitmische. Darüber hinaus stelle sich die Frage nach dem iranischen Atomprogramm. "Die Ausrichtung der iranischen Regierung ist extrem gefährlich für den Frieden in mehreren Weltregionen", fügte Fabius hinzu.


IRAN PROTESTIERT GEGEN "PATRIOT"-STATIONIERUNG IN DER TÜRKEI

Irans Parlamentspräsident Ali Laridschani hat bei seinem Besuch in der Türkei am 25. November die türkische Regierung davor gewarnt, dass die Stationierung der Patriot-Raketen die Konflikte in der Region verschärfen werde. Laridschani hatte mit dem türkischen Ministerpräsidenten und dem Parlamentspräsidenten unter anderem auch Gespräche über Syrien geführt. Bereits zuvor hatte Laridschani während seines Aufenthalts in Damaskus am 23. November den Plan der Stationierung als kontraproduktiv bezeichnet. "Die interne Krise Syriens kann mit der Verlegung solcher Waffen nicht gelöst werden." Das syrische Außenministerium nannte die von der Türkei beantragte Verlegung des Waffensystems an die Grenze zu Syrien eine erneute Provokation.

Die Türkei hatte am 21. November wegen des andauernden Bürgerkriegs im benachbarten Syrien und wiederholter Grenzverletzungen bei der NATO um die Entsendung der Raketensysteme gebeten.

Wiederholt explodierten schon kurz hinter der türkischen Grenze Mörsergranaten, die in Syrien von den kämpfenden Parteien abgefeuert worden waren. Dagegen helfen auch Patriot-Raketen nicht. Die werden gegen ballistische Raketen eingesetzt. Dass solche Raketen aus Syrien auf die Türkei abgeschossen werden, ist eine ernste, aber eher hypothetische Gefahr.

Auch Irans Außenamtssprechen Ramin Mehmanparast hatte am 21. November in Teheran erklärt, die Stationierung solcher Waffensysteme an der türkisch-syrischen Grenze werden die Lösung der Probleme in Syrien nicht nur nicht erleichtern, sondern im Gegenteil sie noch mehr erschweren.

Iran gilt als engster Verbündeter Syriens. Vor seiner Abreise nach Damaskus sagte Laridschani, "Wir unterstützen die Demokratie und die Reformen in Syrien". In Damaskus, wo er unter anderem auch Präsident Assad traf, sagte er "undemokratische Staaten können keine Reformen in Syrien vorantreiben". Er betonte, dass er "abenteuerliche Aktivitäten" ebenso wie "die Lieferung von Waffen an Aufständische" verurteile. Die Waffenlieferungen seitens arabischer Staaten bezeichnete er als "feindlich".

Laridschani war nach der Ankündigung des Waffenstillstands zwischen Israel und Palästina nach Damaskus gereist. Dort führte er auch Gespräche mit Vertretern palästinensischer Organisationen, die ihren Sitz in der syrischen Hauptstadt haben. Die abgefeuerten Raketen aus dem Gazastreifen gegen Israel seien ein Beweis für die Schwäche der israelischen Abwehr, sagte er. Er lobte die libanesische Hisbollah.

Früher waren sowohl Iran als auch die Hisbollah enge Verbündete der palästinensischen Hamas, doch das Bündnis brach mit dem Ausbruch des Syrien-Konflikts auseinander. So sagte der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah zu Beginn der jüngsten Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas, seine Organisation könne mit Blick auf die Lage in Syrien den Palästinensern nicht helfen. Anscheinend wollte Laridschani durch die Gespräche mit den Palästinensern die Auseinandersetzungen entschärfen. Nach Syrien besuchte Laridschani den Libanon und die Türkei.

Auch Präsident Ahmadinedschad versuchte offenbar die Beziehungen zu Hamas wieder zu normalisieren. Am 24. November rief er den Regierungschef im Gazastreifen, Ismail Hanieh, an und gratulierte ihm zum "großen Sieg des palästinensischen Volkes". Laut IRNA sagte Ahmadinedschad: "Das iranische Volk betet für Ihren Sieg und für alle Gläubigen und Kämpfer für Gerechtigkeit".

Manche politischen Beobachter meinen, dass der Anruf einen weiteren Alleingang des Präsidenten darstellt. Denn die Islamische Republik war, wie bereits erwähnt, nach dem Ausbruch der Unruhen in Syrien und der Parteinahme von Hamas für die Aufständischen auf Distanz zu dieser Organisation gegangen. Vielleicht war dies auch der Grund dafür, dass Hamas-Führer Chalid Maschal seinen Sitz von Damaskus nach Kairo verlegte und zudem erklärte, dass sich seine Organisation im Falle eines israelischen Angriffs auf Iran in diese Angelegenheit nicht einmischen würde. Im Gegenzug hatte Iran die Einladung an Hamas zur Teilnahme an der Tagung der Blockfreien Staaten in Teheran zurückgezogen, während der PLO-Führer Mahmud Abbas zu den Gästen zählte. Schließlich hatte Hamas im Gegensatz zu allen bewaffneten Organisation im Nahen Osten, die massiv von Iran finanziell und militärisch unterstützt werden und den iranischen Revolutionsführer Ali Chamenei als "Führer der islamischen Welt" bezeichnen, über den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan gesagt, er sei nicht nur der Führer der Türkei, sondern der Führer der gesamten islamischen Welt.


DEMONSTRATION GEGEN ISRAELISCHE ANGRIFFE IM GAZASTREIFEN

Zehntausende Iraner sind am 16. November nach dem Freitagsgebet landesweit auf die Straße geströmt, um gegen die israelischen Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen zu protestieren. In Teheran warfen die Demonstranten Israel "zionistische Verbrechen" gegen Unschuldige vor, wie iranische Medien meldeten. Dabei riefen sie "Tod für Israel" und "Tod für Amerika". Die Demonstranten bekundeten ihre Solidarität mit den Palästinensern. Irans Außenministerium warf Israel "organisierten Terror" vor.

Nach Angaben des iranischen Fernsehens vom 19. November forderten Ägypten und Iran die internationale Staatengemeinschaft auf, mehr Druck auf Israel auszuüben. Demnach soll Präsident Ahmadinedschad bei einem Telefonat mit seinem ägyptischen Amtskollegen Mohammad Mursi vorgeschlagen haben, dafür einen gemeinsamen Plan auszuarbeiten.

Mursis Sprecher, Jasser Ali, bestätigte auf seiner Facebook-Seite das Telefonat. Der Präsident habe mit einer Reihe von Staats- und Regierungschefs gesprochen, erklärte er weiter.


DEUTSCHLAND HEUCHELEI BEI MENSCHENRECHTEN VORGEWORFEN

Iranische Parlamentarier haben Deutschland beim Thema Menschenrechte Heuchelei vorgeworfen. "Sie haben die Menschenrechtslage in Iran kritisiert, wir aber haben sie darauf hingewiesen, dass Deutschland acht Jahre lang das Regime von Saddam Hossein unterstützt hat, obwohl der Irak iranische Städte mit chemischen Waffen bombardierte", sagte der Abgeordnete Dschalil Dschafari am 30. Oktober in Teheran nach einem Treffen mit einer Delegation der deutsch-iranischen Parlamentariergruppe. "Ist das keine Menschenrechtsverletzung?"

Iran hat Deutschland mehrfach unterstellt, im Irak-Krieg (1980 - 88) Bagdad bei der Herstellung von chemischen Waffen geholfen zu haben. Dschafari kritisierte Deutschland auch wegen seiner Unterstützung der Iran-Sanktionen, worunter auch Medikamente fielen. "Ist das keine Menschenrechtsverletzung, durch ein Medikamentenembargo das Leben von Kindern und älteren Menschen ernsthaft zu gefährden", sagte Dschafari der iranischen Nachrichtenagentur Fars.


PROTESTE GEGEN EINLADUNG DES IRANISCHEN BOTSCHAFTERS

Die Einladung des iranischen Botschafters in Deutschland, Ali Reza Sheikh Attar, an die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) sorgte für scharfe Proteste. Attar wurde eingeladen, um eine Ausstellung über eine Studienreise von Viadrina-Studenten auf den Spuren frühgeschichtlicher Hochkulturen durch den Iran zu eröffnen.

"Mit dem iranischen Botschafter hat die Universität den falschen Mann eingeladen", sagte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Gideon Joffe, auf dem Portal "Bild.de": "Ich meine Herr Attar ist weniger ein Experte für antike persische Baukunst als für Unterdrückung von Menschenrechten und Demokratie".

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) bezeichnete die Einladung des Botschafters als "Skandal". "Die Regierung, die Botschafter Attar repräsentiert, bestreitet das Existenzrecht Israels, bekennt sich stolz zur Unterstützung von Terrorgruppen wie der Hamas, und hochrangige Vertreter dieses Regimes haben wiederholt den Holocaust geleugnet", heißt es in einem offenen Brief der IGFM an Viadrina-Präsident Gunter Pleuger.

"Das Hofieren von Vertretern diktatorischer Staaten durch brandenburgische Institutionen ist eine Schande", sagte der CDU-Landtagsfraktionschef Dieter Dombrowski. Der Empfang des Botschafters sei ein "Schlag ins Gesicht der Opfer des Mullah-Regimes".

Die FDP-Fraktion sprach von einer kaum zu überbietenden Taktlosigkeit. Die Menschenrechtsorganisation "Flüchtlingshilfe Iran 2010" aus Berlin kündigte eine Protestkundgebung mit 250 Teilnehmern, sagte diese aber später wieder ab. Sie warf den Organisatoren vor, sich "zum Handlanger eines iranischen Regimes" zu machen.

Pleuger verteidigte die von Studenten organisierte Veranstaltung, hatte Kritikern aber einen Dialog angeboten. Die Hochschule würde sich freuen, "wenn Kritiker der Einladung ihren Standpunkt am Rande der Veranstaltung deutlich machten."

Trotz dieser massiven Kritik konnte die Veranstaltung am 22. November ohne Störung durchgeführt werden. Rund 100 Einsatzkräfte der Polizei waren vor Ort, verbale Kritik blieb aber ebenso aus wie sichtbarer Protest. Botschafter Attar betonte in seiner Eröffnungsrede bei der Ausstellung "Paläste der Macht, Häuser des Glaubens" die Wichtigkeit des Dialogs zwischen Iran und Deutschland. "Der Kulturdialog ist der einzige Weg aus den aktuellen Krisen", sagte er. Er bot an, weitere wissenschaftliche Exkursionen zu unterstützen.

In der Ausstellung berichteten Studenten unter anderem von ihren Eindrücken aus Iran. Sie waren im Frühjahr 7200 Kilometer durch das Land gereist. Die Doktorandin Verena Jaeschke hob die Unterstützung durch die iranische Botschaft bei der Reiseplanung hervor. Eine Exkursion zu einer Grabungsstelle in Djiroft wäre beispielsweise ohne Vermittlung durch den Botschafter nicht zustande gekommen, sagte sie. Mit der Einladung zu der Eröffnung hätten sie sich bedanken wollen. Es sei bei der Schau nicht um Politik, sondern um ein wissenschaftliches Anliegen gegangen.

Der Viadrina-Historiker Andreas Graeber sagte zur Eröffnung der Ausstellung, die Europa-Universität sei immer ein Ort der Begegnung gewesen. Die Freiheit von Forschung und Lehre, die in vielen Ländern nicht selbstverständlich sei, gebe auch das Recht, Vertreter eines Landes einzuladen, das in der Kritik stehe. Der Dialog zwischen Deutschland und Iran lasse sich derzeit eher auf kultureller als auf politischer Ebene vertiefen. Zugleich dankte Graeber dem Botschafter für die Unterstützung bei der Vorbereitung der Reise.


BERLINS STAATSANWALTSCHAFT SUCHT EINEN GEWALTVERBRECHER IN IRAN

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat noch keine offizielle Kenntnis davon, dass ein aus Berlin geflüchteter mutmaßlicher Gewaltverbrecher in Iran gefasst worden ist. "Wir warten noch auf Informationen aus Iran", sagte Behördensprecher Martin Steltner am 20. November der Nachrichtenagentur dpa.

Der 45-jährige Tatverdächtige wird wegen versuchten Mordes gesucht. Er soll Anfang November eine 37-jährige Iranerin in einer gemeinsamen Wohnung in Berlin-Schöneberg verstümmelt haben. Die iranische Nachrichtenagentur Fars sowie die Bild-Zeitung und die Berliner Zeitung hatten am 19. November seine Festnahme gemeldet.

Demnach wurde der Gesuchte am Nachmittag des 16. November festgenommen. Er habe die Tat gleich bei der ersten Vernehmung gestanden. Er habe ausgesagt, dass er die Tat begangen habe, weil seine Frau ihn mit einem anderen Mann betrogen hatte. Dem widersprach der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft: "Das Opfer war nicht seine Frau", sagte Steltner.

Laut einem iranischen Polizeibericht war der Mann nach der Tat über die Türkei in die iranische Provinz Aserbaidschan im Westen des Landes eingereist. Grenzposten im ganzen Land waren informiert worden. Beamte aus der Provinzhauptstadt Urmia nahmen den 45-jährigen auf dem Weg nach Teheran fest. Nach dem Ende der Vernehmung soll der Fall an die Kriminalpolizei in der iranischen Hauptstadt übergeben werden.


STURM AUF DIE IRANISCHE BOTSCHAFT IN BERLIN

Eine etwa 30-köpfige Gruppe von Iranern hatte am 28. November die iranische Botschaft in Berlin gestürmt, die Fahne eingeholt und verbrannt und die Fassade mit Steinen und Farbbeuteln beworfen. In einer Presseerklärung übernahm eine Gruppe, die sich als Teil der iranischen Opposition bezeichnete, die Verantwortung für die Aktion. Ihr Protest richte sich gegen die eklatante Verletzung der Menschenrechte in Iran, hieß es. Die Polizei nahm 12 Personen fest.

Teheran protestierte scharf und warf der Berliner Polizei vor, mehrere Vorwarnungen ignoriert zu haben. Die Botschaft habe am Tag der Attacke selbst die Polizei über einen bevorstehenden Angriff alarmiert, sagte der iranischen Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast im iranischen Fernsehen. "Aber leider hat die Polizei all die Vorwarnungen ignoriert." Die Beamten seien erst eingetroffen, als die Demonstranten auf dem Botschaftsgelände gewesen seien.

Die Polizei bestätigte am 29. November, dass Informationen über eine unangemeldete Demonstration vorgelegen hätten. Zugleich wies ein Sprecher den Vorwurf zurück, Warnungen ignoriert zu haben. "In den Straßen in der Umgebung hatten wir etliche Polizisten im Einsatz, die die Lage aufgeklärt habe. Allerdings war nicht damit zu rechnen, dass das Gebäude so massiv angegriffen würde."

Die Regierung in Teheran erwarte eine seriöse Untersuchung des Vorfalls sowie juristische Schritte gegen die Verantwortlichen, sagte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi laut Agentur Fars am späten Abend des 28. November. Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle verurteilte den Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin zufolge in einem Telefongespräch mit Salehi den Übergriff. "Übergriffe auf diplomatische Liegenschaften sind für uns in keiner Weise hinnehmbar", sagte Westerwelle. "Wir werden alles Erforderliche veranlassen, um die iranische Botschaft und alle anderen diplomatischen Vertretungen zu schützen." Salehi sagte, er erwarte konkrete Maßnahmen gegen die Personen, "die für diesen hässlichen Vorfall verantwortlich sind".

Am 30. November warf Westerwelle der Berliner Landesregierung vor, zu wenig für die Sicherheit ausländischer Vertretungen in der Hauptstadt zu tun. "Allein in den letzten zwei Jahren ist es insgesamt dreizehn Mal zu Erstürmungen bzw. Besetzungen ausländischer Vertretungen in Berlin gekommen" beklagte sich der Außenminister in einem Schreiben an den regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit laut der Nachrichtenagentur dapd.

Exemplarisch nannte der Minister zwei Fälle aus diesem Herbst, die Besetzung der nigerianischen Vertretung am 15. Oktober und die Besetzung der libyschen Botschaft am 15. November. Westerwelle verwies ferner auf elf Sachbeschädigungen in diesem Zeitraum. "Diese Vorfälle und zuletzt der massive Angriff gegen die iranische Botschaft beweisen eindeutig, dass bei Schutzmaßnahmen für diplomatische Einrichtungen in Berlin akuter Handlungsbedarf besteht."

Westerwelle appellierte an Wowereit, den Übergriff auf die iranische Botschaft "zum Anlass zu nehmen, umgehend alle erforderlichen Maßnahmen seitens der Berliner Sicherheitsbehörden einzuleiten, damit ähnliche Übergriffe gegen ausländische Missionen ausgeschlossen werden können."

Die Berliner Innenverwaltung wies die Vorwürfe zurück. "Ich halte die Kritik für überzogen", sagte Staatssekretär Bernd Körner der Nachrichtenagentur dpa am 30. November. Es gebe 169 Vertretungen in der Stadt, die angemessen geschützt würden. Dazu müsse der Bund seinen Teil beitragen. "Wir werden das Gespräch mit dem Bund suchen, wie das aussehen könnte", sagte Körner. Derzeit zahlt der Bund 60 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen. Die Innenverwaltung hält dies seit längerem für viel zu wenig.

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Autor: Bahman Nirumand
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11. Jahrgang

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2012