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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/324: Iran-Report Nr. 7 - Juli 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 7 - Juli 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Rohani "westliche Lesung des Islam" vorgeworfen
• Theologen warnen Rohani
• Rohanis Anhänger vorübergehend festgenommen
• Schutz für Sittenwächter
• Streit um Teilnahme der Frauen am Volleyball-Spiel
• Überfüllte Gefängnisse
• Mohammadi zum Verhör geladen
• Sterilisation soll unter Strafe gestellt werden


ROHANI "WESTLICHE LESUNG DES ISLAM" VORGEWORFEN

Der ultrakonservative Geistliche, Messbah Yazdi, hat - ohne Präsident Rohani namentlich zu nennen - ihm "westliche Lesung des Islam" vorgeworfen. "Wenn unser Anliegen wirtschaftliche und materielle Probleme gewesen wären, hätten wir keine Revolution zu machen brauchen", sagte Yazdi laut einem Bericht der Agentur ISNA vom 18. Juni.

Bei einem Treffen mit dem Zentralrat der Partei "Motalefeh", sagte der einflussreiche Geistliche Yazdi mit Blick auf die seit der Revolution vergangenen 35 Jahre, "viele, die im Zuge der revolutionären Bewegung Predigten gehalten und Artikel geschrieben haben, ins Gefängnis gegangen und gefoltert worden waren, bewegen sich nun rückwärts." Sogar jene, die als erste für Ayatollah Chomeini den Titel "Imam" forderten und flammende Reden für Märtyrer hielten, hätten ihren Standpunkt aufgegeben.

Die Webseite "Dschamaran", die der Familie Chomeini nahe steht, schrieb kürzlich, dass Rohani der erste gewesen sei, der den Titel "Imam" für Chomeini gefordert habe.

Yazdi, der einst zu den wichtigsten Förderern von Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad gehörte, sagte weiter, "manche bekennen ständig ihre Treue zum Revolutionsführer und zum System des Welayat-e Faghieh (Herrschaft der Geistlichkeit), aber in der Tiefe ihres Herzens lehnen sie das System ab". Sie seien vielmehr davon überzeugt, dass die Rettung der Menschheit nur in der Ideologie des demokratischen Liberalismus liege.

Yazdi fuhr fort: "Wenn man den Glauben auf Beten, Fasten und religiöse Feiern reduzieren könnte, bräuchten wir keine Revolution. Wurden zu Schahs Zeiten keine Predigten gehalten? Durfte der Koran nicht gedruckt werden? Hörte man nicht in den Fastenmonaten die ganze Nacht über religiöse Gesänge und Predigten? Wenn das der ganze Islam gewesen sein soll, stellt sich die Frage, warum Ayatollah Chomeini dennoch den Islam in Gefahr sah."

Mit Blick auf die Studienzeit, die Rohani in Großbritannien verbrachte, sagte Yazdi: "Wie kann man erwarten, dass die Menschen durch einige Vorträge ihre Überzeugungen ändern, wenn jene, die die Grundlagen des Glaubens in den theologischen Schulen gelernt haben, nach einigen Jahren Studium in den USA oder in England sich so stark wandeln." Natürlich seien diese keine Feinde des Islam, aber sie hätten ihr Denken grundsätzlich geändert und gerade solche Leute seien für die Feinde der Islamischen Republik die besten Vollzieher ihrer Pläne. Dies zeige sich auch darin, wenn einer anderen vorwerfe, den Islam nicht zu kennen. Aus der Sicht eines Menschen, der den Islam aus der Sicht der westlichen Kultur betrachte, erscheine der Islam selbstverständlich ganz anders als aus der Sicht Imam Chomeinis.

Rohani hatte vor kurzem gesagt, man solle jedem Menschen überlassen, seinen eigenen Weg ins Paradies zu finden. Es sei nicht möglich, Menschen mit Gewalt ins Paradies zu zwingen. Diese Äußerung hatte bei einigen Geistlichen Proteste hervorgerufen. Der konservative Freitagsprediger, Ahmad Chatami, sagte am 30. Mai, die Islamische Republik habe die Pflicht, den "Wege ins Paradies" zu ebnen. "Wir können nicht die Menschen einfach frei lassen, moralisch, wirtschaftlich und kulturell zu tun, was ihnen beliebt, wir können nicht auf Verbote und Gebote verzichten. Das will niemand, das ist der falsche Weg." Auch der Geistliche Alam Alhodi, der Prediger von Maschhad, nahm gegen Rohani Stellung. "Nicht nur durch Peitschenschläge, wir werden mit ganzer Kraft Leuten Widerstand leisten, die den Weg ins Paradies sperren wollen", sagte er. Das Paradi es sei der natürliche Weg der Menschen, und wenn die Menschen sich auf ihre Natur verlassen, kommen sie ins Paradies. "Auch unser Prophet Mohammed führte den Kampf gegen all jene, die die Menschen hindern wollten, ins Paradies zu gehen."

Dazu erwiderte Rohani, es gäbe Leute, die Illusionen unterliegen und sich ständig um den Glauben und um das Leben nach dem Tod kümmern. Diese Leute hätten keine Ahnung vom Glauben.

"Wo hast du deinen Glauben gelernt?", lautete die Reaktion Yazdis am 5. Juni. Yazdi warf der Regierung Rohani auch vor, sich zu sehr auf die Wirtschaft konzentriert zu haben. "Wenn unser Hauptproblem die Wirtschaft gewesen wäre, hätten wir auf die Revolution verzichten können." Man müsse den Glauben, der von Ayatollah Chomeini verkündet wurde, kennen und verbreiten, sagte Yazdi. Sonst könnten "Pseudokenner" des Islam jede beliebige Lesart des Glaubens verbreiten.


THEOLOGEN WARNEN ROHANI

Der Verband der Gelehrten der theologischen Schule in der heiligen Stadt Ghom hat laut eignen Angaben dem Präsidenten, Hasan Rohani, in einem Schreiben "einige geheime und höchst geheime" Anweisungen gegeben. Sollten diese Anweisungen nicht beachtet werden, werde der Verein möglicherweise die Anweisungen öffentlich wiederholen, was zur Konfrontation mit dem Präsidenten führen könnte, sagte der Verbandsvorsitzende Mohammad Yasdi.

In einem Interview mit der Internetseite "Mobahesat sagte Yasdi, die Geistlichkeit werde die Regierung Rohani unterstützen, solange sie sich an "islamische Werte und Grundsätze" halte. Aber da, wo die Handlungen und Entscheidungen der Regierung mit diesen Werten und Grundsätzen nicht übereinstimmen, werde sie sich weigern, die Regierung zu unterstützen und entsprechende Anweisungen erteilen. Um welche Anweisungen es sich handelt, sagte Yasdi nicht.

Der Verband gehört zu den wichtigsten Organisationen der konservativen Geistlichkeit.


ROHANIS ANHÄNGER VORÜBERGEHEND FESTGENOMMEN

Bei einer Gedenkfeier am Todestag Ayatollah Chomeinis, auf der Staatspräsident Hassan Rohani eine Rede hielt, wurden einige Anhänger des Präsidenten vorübergehend festgenommen, berichtete die Zeitung Dschomhuri Eslami.

Die Festnahme erfolgte, nachdem eine Gruppe durch laute Parolen den Präsidenten am Reden hindern wollte. "Atomenergie ist unser verbrieftes Recht" riefen die Protestler. Rohani antwortete: "Entwicklung, Stabilität und Sicherheit gehören auch zu unserem Recht". Als die Anhänger Rohanis versuchten, die Protestler zum Schweigen zu bringen, wurden sie festgenommen, hieß es in dem Zeitungsbericht. Sie wurden jedoch nach der Aufnahme ihrer Personalien und einem kurzen Verhör wieder freigelassen. Die Kritiker Rohanis sind der Meinung, dass seine Regierung im Atomstreik zu viele Geständnisse gemacht habe.


SCHUTZ FÜR SITTENWÄCHTER

Am 18. Juni legte der Kulturausschuss im iranischen Parlament eine Gesetzesvorlage vor, die Sittenwächtern mehr Schutz gewähren soll. Demnach ist es keiner Instanz erlaubt, Sittenwächter in Haft zu nehmen oder zu bestrafen. Ferner sollen Protestler gegen die Sittenwächter bestraft werden. Schließlich werde in der Vorlage den Wächtern untersagt, die Täter physisch anzugreifen sagte, der Abgeordnete Morteza Agha Tehrani.

Teherani erklärte, die Vorlage sei nach Beratung mit geistlichen Würdenträgern wie dem Vorsitzenden des Expertenrats, Mohammad Resa Mahdawi Kani, und Mesbah Yazdi, Mitglied des Expertenrats zur Beratung hinzugezogen worden.

In den vergangenen Jahren gab es im Parlament immer wieder Versuche, ein ähnliches Gesetz zu verabschieden. Sie scheiterten jedoch an einer ablehnenden Mehrheit.

Die Sittenwächter haben die Aufgabe, von der Religion bestimmte Verbote und Gebote durchzusetzen. Doch bislang wurden diese nie konkretisiert. Nach einer Vorlage, die vor etwa zwei Jahren dem Parlament vorgelegt wurde, betreffen Verbote und Gebote die Bereiche: islamische Heiligtümer, gesellschaftliche Moral, Familie, soziale Sicherheit, Übervorteilung beim Verkauf, Bürgerrechte, Korruption, allgemeine Hygiene und Umwelt.

Mohammad Resa Neghdi, Vorsitzender der Milizenorganisation Basidsch, erklärte am 18. Juni vor einer Versammlung der Mitglieder, der zuständige Rat für Verbote und Gebote sei zu dem Schluss gekommen, dass "das Wichtigste, was im gesamten Land bekämpft werden muss, sind die Parabolantennen und ausländische Sender". "Hier liegt die Wurzel des Übels."

Anlass zu der neuen Vorlage war eine von 195 Abgeordneten veröffentlichte Erklärung, in der die Unterzeichner ihre Sorge über die zunehmende Missachtung der Kleidungsvorschriften zum Ausdruck brachten. Die Abgeordneten forderten Präsident Rohani auf, "ernsthaft" gegen Verfehlung vorzugehen. Sie warnten vor "nicht wieder gutzumachenden Folgen". Die kulturelle Invasion des Westens habe das Ziel, "die Lebensweise der Iraner auch im Bezug auf Kleidungsvorschriften zu verändern", hieß es in der Erklärung. Die Parlamentarier verurteilten die Rolle westlicher Sender und forderten Rohani auf, "die notwendigen Anweisungen zu geben", damit das Verbot von Parabolantennen durchgesetzt werde.

Am 22. Januar wurde die Vorlage mit "doppelter Dringlichkeit" vom Parlament mit 142 Stimmen verabschiedet. Die doppelte Dringlichkeit bedeutet, dass das Parlament sich spätestens nach zwei Tagen mit der Vorlage befassen muss.

Die Agentur Tasnim veröffentlichte den Text der Vorlage. Darin sind für Täter, die sich dem Willen der Sittenwächter widersetzen, harte Strafen vorgesehen. Der Abgeordnete Modschtaba Rahmandust sagte dem Organ des Parlaments, "Chaneh Mellat": "In den letzten Monaten sind bedauerlicherweise Sittenwächter zunehmend beleidigt worden. Einige von ihnen sind sogar getötet worden, so viele, dass ich keine Zahl nennen kann." Deshalb sei bei der Verabschiedung des Gesetzes Eile geboten.


STREIT UM TEILNAHME DER FRAUEN AM VOLLEYBALL-SPIEL

Mindestens fünfzehn der Frauen, die am 20. Juni am dem Volleyball-Spiel zwischen Iran und Italien teilnehmen wollten, wurden festgenommen. Die Frauen wollten eine Protestkundgebung vor dem Azadi-Stadium veranstalten, sie wurden jedoch "hart und brutal" durch Sicherheitsbeamte auseinander getrieben, schrieb die Journalistin Jila Banijaghub im Facebook. "Alle Straßen, die zum Stadium führten, waren voll von Sicherheitsbeamten und Polizeifahrzeugen. Es gab auch Polizisten auf Motorrädern, die die Frauen daran hinderten, an der Kundgebung teilzunehmen", schrieb Banijaghub. Männer, die die Frauen unterstützten, wurden geschlagen, einige von ihnen festgenommen.

Das Spiel endete mit einem Sieg der iranischen Mannschaft. Bereits eine Woche zuvor waren Frauen, die an einem Spiel zwischen Iran und Brasilien teilnehmen wollten, vertrieben worden. Medien berichteten, dass die Frauenberaterin des Präsidenten sich unter den Frauen befand und deren Einlass forderte.

Einige aktive Frauengruppen versuchen schon seit längerer Zeit, das Recht der Frauen auf Teilnahme an Spielen durchzusetzen. Sie tragen weiße Schals und Kopftücher. Ihrer Meinung nach bilden die bestehenden Gesetze kein Hindernis, Frauen die Teilnahme zu erlauben.

Mahmud Afschardust, Leiter der Volleyball-Föderation, sagte am 16. Juni laut Medien, die Abwesenheit der Frauen bei den Wettkämpfen habe eine "negative Wirkung". "Wir sollten die Frauen nicht an der Teilnahme hindern." Daher werde er den Mitarbeiterinnen der Föderation die Teilnahme erlauben. "Wir hoffen, die islamische Gesetzgebung mit international anerkannten Rechten in Einklang bringen zu können. Darüber hat natürlich das Ministerium für Sport und Jugend zu entscheiden."

Der Sprecher des Parlamentspräsidiums, Behruz Nemati, betonte die Notwendigkeit, Frauen den Zugang zu den Spielen zu erlauben. Die Zuschauerinnen müssten in Fan-Gruppen organisiert werden. Dies sei eine der Bedingungen ihrer Teilnahme. Grundsätzlich bestehe kein Widerspruch zur Anwesenheit von Frauen in den Stadien. Aber bestimmte Bedingungen müssten erfüllt werden. Die Anwesenheit müsse mit religiösen Vorschriften übereinstimmen. Es müsse klar sein, wie die Frauen in die Stadien hinein kommen und später wieder hinausgehen. Auch ihre Plätze im Stadion müssten festgelegt werden. Es gehe also lediglich um die Voraussetzung der Teilnahme und nicht um die Teilnahme selbst. Allerdings müsse man gewisse "naturgegebene Einschränkungen" akzeptieren, zum Beispiel bei der Teilnahme der Frauen an Ringwettkämpfen.


ÜBERFÜLLTE GEFÄNGNISSE

Justizminister Mostafa Purmohammadi sagte auf der Jahresversammlung der Justiz in Teheran am 21. Juni laut Medien, im Durchschnitt befinden sich 283 von 100.000 Bewohnern Irans im Gefängnis. Unter den Teilnehmern waren auch der Staatspräsident, Parlamentspräsident und Justizchef.

Im Jahr 1392 (2012 - 2013) habe es 9.816.482 Prozessakten gegeben. Davon seien 6.220.995 Akten von den Justizbehörden bearbeitet und die restlichen 3.595.333 Akten an den Schlichtungsrat weitergeleitet worden.

Präsident Rohani, der bei der Versammlung eine Rede hielt, forderte mehr Prozesse unter Teilnahme von Geschworenen. Zudem warnte er vor Parteilichkeit der Richter. Die Regierung könne parteiisch sein, auch die Mehrheit des Parlaments. Doch bei den Richtern und Justizbehörden dürfe niemals der Eindruck der Parteilichkeit entstehen, sagte Rohani. Er kritisierte, dass der Grundsatz der Unschuldsvermutung in Vergessenheit geraten sei. "Außer in den Fällen, in denen ein ordentliches Gericht die Schuld eines Angeklagten nachweist, gilt jeder als unschuldig", sagte der Präsident. "Warum wird dieser Grundsatz oft missachtet? Niemandem ist erlaubt einen anderen oder eine Partei zu verurteilen. Man kann seine Meinung äußern. Doch ein Urteil kann nur von einem ordentlichen Gericht und im Rahmen bestehender Gesetze gefällt werden."


MOHAMMADI ZUM VERHÖR GELADEN

Die Menschenrechtsaktivistin Nargess Mohammadi wurde von der Justizbehörde in Teheran zum Verhör geladen, weil sie sich mit der EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton getroffen hatte. Sie wird beschuldigt, gegen die nationale Sicherheit des Landes verstoßen zu haben.

In einem Interview mit dem persisch-sprachigen Programm der BBC am 5. Juni sagte Mohammadi, wie ihr der Staatsanwalt am 1. Juni mitteilte, sei sie wegen des Treffens mit Ashton zum Verhör geladen worden. Sie sei gegen eine hohe Kaution vorläufig freigelassen worden. Zudem habe sie Reiseverbot ins Ausland bekommen.

Mohammdi hatte sich am 8. März in Teheran mit Ashton getroffen. Fünf Tage später bereitete die Staatsanwaltschaft die Anklage gegen sie vor.

Das Treffen Ashtons mit Frauen- und Menschenrechtsaktivistinnen hatte bei den Konservativen in Iran heftige Proteste hervorgerufen. Mohammadi sagte, die zuständigen Verantwortlichen seien zuvor über das Treffen informiert worden. Außerdem hätte Ashton den Frauen gesagt, sie hätten keine Konsequenzen zu befürchten, denn sie selbst habe um das Treffen ersucht.

Ein Mitglied des Ausschusses für nationale Sicherheit und Außenpolitik erklärte, das Informationsministerium sei über das Treffen informiert gewesen und obwohl es das Außenministerium gewarnt habe, hätte die "Diplomatenpolizei" das Treffen nicht verhindert.

Mohammadi war bereits zuvor aus anderen Gründen zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, doch nach fünf Monaten Gefängnisaufenthalt wurde sie aus gesundheitlichen Gründen im Sommer vergangenen Jahres vorläufig freigelassen.


STERILISATION SOLL UNTER STRAFE GESTELLT WERDEN

Am 24. Juni hat das islamische Parlament in erster Lesung einer Gesetzesvorlage zugestimmt, wonach jede Form der Sterilisation sowie jede Form der Werbung für eine Einschränkung der Geburtenratemit zwei bis fünf Jahren Gefängnis bestraft werden sollen. Zudem wurde das Ministerium für Kultur und islamische Führung verpflichtet, Personen, die für eine Einschränkung der Geburtenrate werben, bei der Justiz anzuzeigen.

Das Gesetz wurde, trotz Widerspruchs des Staatspräsidenten Hassan Rohani mit 106 von 207 Stimmen verabschiedet. 72 Abgeordnete stimmten dagegen, acht enthielten sich.

"Die Diskussion über eine Aufhebung der Maßnahmen zur Senkung der Geburtenrate muss unbedingt revidiert werden", sagte Chamenei. Er berief sich dabei auf eine Äußerung Ayatollah Chomeinis, der als Ziel eine Bevölkerungszahl von 150 bis 200 Millionen angegeben hatte. Sie liegt zurzeit bei 75 Millionen. Chamenei sagte: "Ich bin davon überzeugt, dass Iran unter den gegebenen Möglichkeiten durchaus eine Bevölkerungszahl von 150 Millionen erreichen kann." Erst danach könne man sich über die Absenkung der Geburtenrate Gedanken machen. Auch der frühere Staatspräsident Mahmud Ahmadinedschad setzte sich für die Steigerung der Bevölkerungszahl ein. So beschloss das Parlament die Aufhebung aller Maßnahmen zur Senkung der Geburtenrate.

Nach der Abstimmung über das Gesetz zum Verbot von Sterilisation wurde die Vorlage zwecks möglicher "Verbesserungen" an den Gesundheitsausschuss weitergeleitet, hieß es in dem Bericht der Agentur des iranischen Parlaments, Chaneh Mellat. Das Gesetz kann erst in Kraft treten, nachdem es vom Wächterrat verabschiedet worden ist.

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KULTUR

• Facebook-Nutzer hart bestraft
• 40 Prozent der Iraner benutzen Parabolantennen
• Gründung eines Schahnameh-Zentrums in Cambridge
• Kulturminister: "Der Colonel" darf noch nicht erscheinen
• 17 Personen wegen Zusammenarbeit mit "feindlichen Medien" verurteilt


FACEBOOK-NUTZER HART BESTRAFT

Wie die der Opposition nahe stehende Webseite Kalameh am 30. Mai berichtete, wurden acht Facebook-Nutzer wegen ihrer regierungskritischen Kommentare zu Haftstrafen von bis zu zwanzig Jahren verurteilt. Dem Bericht zufolge waren die Urteile bereits eine Woche zuvor ausgesprochen worden. Die höchste Strafe unter den sechs Nutzern erhielt Roya Saberinejad, eine gebürtige Iranerin mit britischer Staatsbürgerschaft, die Kalameh zufolge im Herbst vergangenen Jahres in Haft genommen worden war. Offiziell wurden die Urteile bislang nicht bestätigt. Den Verurteilten wurde vorgeworfen, den Revolutionsführer Ali Chamenei beleidigt, Unwahrheiten verbreitet und Aktivitäten gegen die Islamische Republik geplant zu haben.


40 PROZENT DER IRANER BENUTZEN PARABOLANTENNEN

Der Leiter des staatlichen Rundfunks und Fernsehens, Ezatollah Zarghami, sagte auf einer Veranstaltung zur Würdigung der Fernseh- und Radiosendungen am 30. Mai in Teheran, 35 bis 40 Prozent der Iraner benutzen Parabolantennen.

"Wir sind kein Land, das sich nach außen verschließt. Wir möchten gerne gute und konstruktive ausländische Programme zeigen und wollen besonders unserer Jugend moderne Techniken und lehrreiche Inhalte nicht vorenthalten", sagte Zarghami.

Bemerkenswert ist, dass die Nutzung von Parabolantennen in Iran verboten ist. Nur bestimmten Personen erlaubt das Ministerium für Kultur und islamische Führung die Nutzung. Ordnungs- und Sicherheitskräfte führen immer wieder Kontrollen in verschiedenen Stadtbezirken durch und beschlagnahmen die Antennen. Doch das hindert die Leute nicht daran, am nächsten Tag neue Antennen zu installieren. Die Antennen werden benutzt, um ausländische Programme zu sehen. Diese sind eine wichtige Quelle für unzensierte Nachrichten und Informationen, aber auch zur Unterhaltung. Nicht selten werden ausländische Sendungen gestört.

Der Minister für Kultur und islamische Führung, Ali Dschannati, sagte im vergangenen November, 71 Prozent der Einwohner Teherans schauen ausländische Fernsehprogramme. Seiner Meinung nach hätten die einschränkenden Maßnahmen gegen ausländische Medien nicht zum erwünschten Ziel geführt. Sie bedürften einer gründlichen Revision.


GRÜNDUNG EINES SCHAHNAMEH-ZENTRUMS IN CAMBRIDGE

Am 3. Juni wurde das neue Schahnameh-Zentrum in Cambridge eröffnet. Es ist das zweitgrößte Zentrum nach dem 1970 in Teheran gegründeten Zentrum für Schahnameh (Buch der Könige) des großen iranischen Epikers, Abolghassem Ferdowsi.

An der Gründungsfeier nahmen u. a. auch bekannte Iranistinnen und Iranisten teil. Olga Davidson von der Universität Boston, Turaj Daryai von der Universität Kalifornien und Sussan Babai von der Kunstakademie Cortald setzen sich in ihren Vorträgen mit der Geschichte des Schahnameh, dessen Einfluss in der Region und darüber hinaus und der Wirkung Ferdowsis Werk bis in die Gegenwart auseinander.

Schahnameh ist eines der umfangreichsten epischen Werke in der Welt. Das Werk schildert die Geschichte des alten Irans. Das Originalmanuskript oder zeitgleiche Abschriften existieren nicht mehr. Die älteste existierende Abschrift stammt aus dem zweiten Jahrhundert nach dem Tod des Dichters. Inzwischen gibt es mehr als dreihundert datierte und ebenso viele undatierte Abschriften. Es ist eine reiche Quelle für Literaturwissenschaftler.

Cambridge gehört zu den wichtigsten Zentren der Iranistik. Der berühmte Iranist Edward Brown lehrte an dieser Universität.

Die Gründung des neuen Archivs wurde möglich durch die großzügige finanzielle Unterstützung der wohlhabenden Iranerin Bita Daryabari. Bei ihrer Festrede sprach Daryabai von ihrer großen Bewunderung für die iranische Kultur und Literatur. Das Schahnameh-Archiv ist nicht das erste Projekt, das ihre Unterstützung erhielt. Sie hat bislang mehrere Projekte unterstützt, unter anderem das Zentrum für Iranistik in Stanford und eine Ausstellung über Schah Abbas den Großen aus der Dynastie der Safawiden, der von 1587 bis 1629 als Herrscher Irans regierte. Die Ausstellung wurde im Britischen Museum gezeigt. Seit 2008 gibt es den Bita-Literaturpreis, der jährlich an Dichter und Schriftsteller verliehen wird. Für das Schahnameh-Zentrum spendete Dyrabari zwei Millionen Dollar. Diese Hilfe habe nicht nur die Sammlung von Dokumenten, Forschung verschiedener Handschriften und Zeichnungen ermöglicht, sondern dazu beigetragen, dass die Abteilung Iranistik an der Universität Cambridge mit größerem Elan ihre Arbeit fortsetzt, sagte der Organisator des neuen Schahnameh-Zentrums Charles Melwill.

Das Zentrum verfügt über ein großes Archiv von zahlreichen Abschriften des Schahnameh aus verschiedenen Jahrhunderten und über eine große Bibliothek, die für Forscher der iranischen Literatur und Kultur eine reichhaltige Quelle bilden wird.

Das Zentrum wird vorerst von Firuzeh Abdolawa, Professorin für iranische Geschichte und Literatur an der Universität Cambridge geleitet. Geplant ist, die Handschriften und Zeichnungen Online-Nutzern anzubieten. Zurzeit sind auf der Webseite des Zentrums 1.500 handschriftliche Exemplare des Schahnahmeh neben einzelnen Blättern sowie 1.800 Bilder und 1.200 Zeichnungen zu sehen.

Bei der Eröffnung des Zentrums waren neben Handschriften des Schahnameh, die zum Teil aus dem Mittelalter stammen, auch Werke ausgestellt, die unter dem direkten Einfluss von Schahnameh entstanden sind. Auch Werke einiger zeitgenössischer Künstler, die von Schahnameh inspiriert worden waren, gehörten zu der Ausstellung.

Abdolawa sagte, das Ziel der Ausstellung sei, zu zeigen, wie weit Ideen und die Atmosphäre der Werke aus dem Mittelalter noch im heutigen Iran spürbar seien.


KULTURMINISTER: "DER COLONEL" DARF NOCH NICHT ERSCHEINEN

Wie der Minister für Kultur und islamische Führung, Ali Dschannati am 8. Juni laut iranischen Medien erklärte, seien "Der Colonel" von Mahmud Doulatabadi und die Werke von Sadegh Hedayat noch nicht von der Zensurbehörde freigegeben worden. Gegenteilige Meldungen seien nicht zutreffend, sagte der Minister. Ferner sei die Aufführung von "Tango vom heißen Ei", die von Hadi Marsban inszeniert wurde, von der Justiz verboten worden.

"Manche bei der Justiz glauben, sie könnten über alles entscheiden, sie könnten kommen und eine Aufführung verbieten", sagte Dschannati vorwurfsvoll. "Zwar gab es bei dem Stück Probleme, auf die wir aufmerksam gemacht hatten. Aber die Aufführung wurde überraschend verboten."

Das Theaterstück wurde eineinhalb Monate lang aufgeführt, bis es am 6. Juni auf Anordnung der Justiz abgesetzt wurde. Die Staatsanwaltschaft begründete die Maßnahme damit, dass "manche Handlungen eine Missachtung der islamischen Normen darstellen". Die Erklärung wurde einen Tag nach den Äußerungen des Kulturministers veröffentlicht. Damit reagierte die Staatsanwaltschaft auf die Kritik des Ministers. "Selbstverständlich ist die Justiz nicht nur für das Verbot von Aufführungen und die Inhaftierung von Beschuldigten zuständig, sie ist sogar dazu verpflichtet", hieß es in der Erklärung. Die Justiz schreite dann ein, wenn die Verantwortlichen ihre Pflichten nicht erfüllten.

Konkret beanstandete die Staatsanwaltschaft "unpassende Szenen, die zumeist von Frauen gespielt wurden", den "Gebrauch von unzüchtigen Ausdrücken und Äußerungen, die sich gegen den islamischen Glauben und gegen die öffentliche Moral richteten". Die Staatsanwaltschaft fühle sich dazu verpflichtet, "solche Programme" zu verbieten, erklärte sie.

Doulatabadi schrieb in einer Erklärung, die von der Agentur ISNA veröffentlicht wurde, er habe viermal die Änderungsvorschläge der Zensurbehörde ernsthaft berücksichtigt. Dennoch sei das Werk nicht freigegeben worden. "Der Colonel" erschien zunächst in deutscher Übersetzung, danach folgten Übersetzungen in anderen Sprachen. Eine persische Original- Ausgabe gibt es noch nicht. Der Roman liegt seit mehr als zehn Jahren bei der Zensurbehörde.


17 PERSONEN WEGEN ZUSAMMENARBEIT MIT "FEINDLICHEN MEDIEN" VERURTEILT

Der Staatsanwalt von Kerman, Yadollah Mowahed, erklärte der Presse am 20 Juni, elf Mitglieder einer Gruppe, die mit "feindlichen Medien" zusammenarbeiteten, seien von einem bis zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Diese Personen hätten "im Verborgenen mit ausländischen Medien wie dem Persisch-Programm der BBC zusammengearbeitet und ihnen Informationen zur Verfügung gestellt. Sie seien vom Geheimdienst der Revolutionsgarde (Pasdaran) verhaftet und vom Revolutionsgericht verurteilt worden. Einige von ihnen hätten Geständnisse abgelegt. Vier der elf Verurteilten hätten führende Funktionen ausgeübt, sie seien die eigentlichen Drahtzieher gewesen. Die anderen sieben seien Mitläufer.

Das Urteil sei nicht endgültig, sagte Mowahed. "Die Hauptbeschuldigten befinden sich im Gefängnis, das Urteil gegen fünf Personen ist noch in der Schwebe."

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• Israel versucht Einigung im Atomkonflikt zu verhindern
• Pasdaran unterstützen Atomverhandlungen
• Wirtschaftswachstum: Landwirtschaft positiv, Industrie negativ
• Rationierung des Wassers in Großstädten
• Milliarden Strafgelder gegen Großbank BNP Paribas
• Iran betreibt Cyber-Spionage
• Öffnung eines ILO-Büros in Teheran angestrebt
• Verhandlungen mit Ölkonzernen fortgesetzt
• Autos für Russland


ATOMKONFLIKT

Ende Mai trafen sich Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif und die Außenbeauftragte der EU, Catherine Ashton, in Istanbul zu "inoffiziellen" Gesprächen, die zwei Tage lang dauerten. Gesprochen wurde laut IRNA über die Organisierung der nächsten Atomverhandlung mit der Gruppe 5+1 und über die Themen, die behandelt werden sollen. Vizeaußenminister Abbas Araghtschi, der neben Ashtons Stellvertreter an den Gesprächen teilnahm, sagte der Agentur IRNA, das Treffen sei "sehr nützlich" gewesen. "Ich denke, die Gespräche in diesen zwei Tagen haben zum besseren Verständnis der Probleme beigetragen und werden künftige Verhandlungen erleichtern."

Das Treffen war zustande gekommen, nachdem die letzte Verhandlungsrunde keine konkreten Ergebnisse gebracht hatte. Nicht einmal das Datum der nächsten Runde war festgelegt worden. In Istanbul einigte man sich auf den Termin 16. bis 20. Juni.

Am 2. Juni lobte der Chef der Internationalen Atombehörde (IAEA), Yukia Amano, Irans Bereitschaft zur Kooperation. "Irans Entgegenkommen hat uns geholfen, das Programm besser zu verstehen." Doch noch könne man über Irans Atomprogramm kein endgültiges Urteil fällen, sagte Amano beim Gouverneursrat in Wien. Die Untersuchungen könnten bis zum Jahresende andauern.

Am 7. Juni gab das iranische Außenministerium bekannt, dass iranische Regierungsvertreter noch vor der nächsten Verhandlungsrunde bilaterale Gespräche mit Vertretern der USA und Russlands führen werden. Das US-Außenministerium bestätigte das Treffen, an dem Vize-Außenminister William Burns und die Unterhändlerin bei den Atomgesprächen Wendy Sherman teilnehmen werden. Die Gespräche mit den USA fanden am 9. und 10. Juni und die mit Russland am 11. und 12. Juni in Genf statt. Über den Inhalt wurde nichts bekannt gegeben.

Die Verhandlungsrunde, die am 16. Juni in Wien stattfand, wurde von den Ereignissen im Irak überschattet. Sowohl die USA als auch Iran verfolgen im Irak das Ziel, die Terrorgruppe ISIS, die bereits größere Teile des Landes unter ihre Gewalt gebracht hatte, zurückzuschlagen. Politische Beobachter schlossen nicht aus, dass USA und Iran am Rande der Verhandlungen auch über eine mögliche Kooperation im Irak Gespräche führen würden, zumal Irans Präsident Hassan Rohani eine Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen hatte.

Bei den Verhandlungen selbst wurden in dieser Runde nur die wichtigsten Probleme behandelt. Denn es ging um nichts Geringeres als um die Vorbereitung eines endgültigen Vertrags, der zum 20. Juli zur Unterzeichnung bereit liegen soll. Die Zahl der Zentrifugen und der Schwerwasserreaktor in Arak waren die Hauptthemen, über die kontrovers diskutiert wurde. Außenminister Sarif sagte bei seiner Ankunft in Wien, er denke, dass bei dieser Runde der endgültige Vertragstext aufgesetzt werde. Zwar könnten die Verhandlungen um weitere sechs Monate verlängert werden, doch er habe bei den Gesprächen mit westlichen Vertretern den Eindruck gewonnen, dass auch sie daran interessiert seien, den ursprünglich festgesetzten Termin einzuhalten.

Auf einer Pressekonferenz in Wien sagte Sarif am 18. Juni, es gebe noch "höchst grundsätzliche Differenzen" zwischen Iran und den 5+1-Staaten. Manche Positionen der Gegenseite seien "völlig unakzeptabel". Er hoffe, dass die Verhandlungspartner "realistischere" Wege vorschlagen. Sarifs Vize, Araghtschi, schlug vor, zunächst die Punkte festzuschreiben, über die man sich bereits geeinigt habe, die Diskussion über die strittigen Punkte könne man auf die nächste Sitzung vertagen.

Die Verhandlungen wurden, wie auch bei den Runden davor, hinter verschlossenen Türen geführt. Dennoch berichtete AP unter Berufung auf nicht genannte Diplomaten, Iran möchte die rund 20.000 vorhandenen Zentrifugen beibehalten, während die USA die Zahl auf wenige Hundert reduzieren wollen. Weitere Probleme bildeten der Umbau des Schwerwasserreaktors in Arak und die Untergrundanlage Fordo. Man werde schwerlich bis zum 20. Juli diese Probleme lösen können. Reuters zitierte einen ebenfalls ungenannten iranischen Unterhändler mit den Worten, die Vorschläge der Sechsergruppe seien ein "Witz".

Indes erklärte Iran, gegen den schrittweisen Abbau der Sanktionen keine Einwände zu haben. Die Meinung, die Sanktionen ließen sich nicht auf einmal aufheben, sei "realistisch", sagte Araghtschi.

Am 19. Juni meldeten die Agenturen, dass die Verhandlungen nicht vorankämen. Alle Versuche, die Differenzen zu überbrücken, seien erfolglos geblieben. Es gebe bei den meisten Themen "keine Bewegung", sagte ein westlicher Diplomat, das Klima sei dennoch "konstruktiv".

Am 20. Juni sagte Sarif nach Abschluss der Verhandlungsrunde vor iranischen Journalisten in Wien, zwischen Iran und der Sechsergruppe herrsche über den Vertragsrahmen sowie über den größten Teil der Einleitung Übereinstimmung. Differenzen bestehen über den Inhalt und Stil des Vertrags. In dieser Runde seien die Verhandlungen "höchst konzentriert" geführt worden. "Wir haben zu schreiben begonnen, aber einen Text gibt es noch nicht". "Wir werden am 2. Juli wieder nach Wien kommen und werden so lange es nützlich sein könnte, die Verhandlung fortsetzen". Iran sei von Anbeginn mit einem "Willen zum gegenseitigen Verständnis und entschlossen, eine endgültige Einigung" zu erzielen, zu den Verhandlungen gekommen. "Bei der Gegenseite spüren wir immer noch ein Bestreben nach Maximalforderungen. Ich denke, darauf sollte verzichtet werden", sagte der Außenminister.

"Es ist unklar, ob Iran wirklich alle nötigen Schritte unternehmen will, um der Welt zu versichern, dass das Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient", zitierte dpa US-Chefunterhändlerin Wendy Sherman. Dennoch bezeichnete sie die Gespräche als konstruktiv. "Wir haben extrem hart gearbeitet", sagte ein Sprecher Ashtons. Dpa zitierte auch den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der bereits am 19. Juni kommentiert hatte, dass die "ganz dicken und harten Bretter am Schluss kommen". Und mit Blick auf die Ereignisse in Syrien und Irak sagte Steinmeier: "Es wäre gut, wenn unter den vielen Konflikten, die in dieser Region eine Rolle spielen, wenigsten einer gelöst werden könnte."

Nach der Rückkehr nach Teheran äußerte sich Sarif gegenüber der Agentur "Mehr" am 21. Juni in schärferem Tonfall als in Wien. "Wir werden unsere Zeit nicht länger damit vergeuden, nur endlose Fragen zu beantworten." Bei den fünftägigen Verhandlungen in Wien seien keine konkreten Ergebnisse erzielt worden, weil insbesondere die USA nur ihre alten Positionen wiederholt hätten, statt nach Lösungen zu suchen. "Falls es im Atomstreit nicht zu einer Lösung kommen sollte, liegt es definitiv nicht an uns." Sarif forderte die USA auf, ihre eigenen Interessen und nicht die Israels zu vertreten. Alle müssten zu Kompromissen bereit sein, sonst müsste man weitere Jahre über dieselben Themen verhandeln.

Auf einer Pressekonferenz in Teheran sagte Sarif, sollten die Verhandlungen scheitern, hätten beide Seiten das Recht, zu ihren alten Positionen zurückzukehren. Er kritisierte die Taktik "mancher Akteure" bei den Verhandlungen. Iran wolle nichts mehr als sein Recht und ist bereit, die "Sorgen der anderen Seite" zu beseitigen. Doch die andere Seite habe eine andere Richtung eingeschlagen. Sarif sagte, er halte es durchaus für möglich, in den letzten Tagen vor Ablauf der Frist zu einer Einigung zu kommen. "Manche Akteure haben die Gewohnheit, bis zum letzten Tag auf ihren Positionen zu beharren. Erst am letzten Tag werden sie einsichtig und begreifen, dass sie ihre Forderungen reduzieren müssen", sagte der Minister. "Ich mag diese Taktik nicht."

Dennoch möchte Iran weiter verhandeln. "Teil der Diplomatie ist Geduld, und die wollen wir zeigen", sagte Sarif am 22. Juni. Er drohte aber zugleich, im Falle des Scheiterns der Verhandlungen werde Iran sich nicht mehr an das vorläufige Abkommen vom November vergangenen Jahres in Genf halten. Und Irans Präsident Rohani sagte auf einer religiösen Veranstaltung: "Der Mut zum Frieden ist immer höher einzuschätzen als der zum Krieg, und manchmal ist auch Flexibilität weitaus heroischer als der Kampf."

Am 23. Juni erklärte Vizeenergieminister Behrus Kamalwandi, sein Land sei unter bestimmten Bedingungen bereit, das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag zu unterzeichnen. An das Parlament gerichtet sagte er: "Wenn die Sanktionen aufgehoben, die Feindschaften beendet und alle Probleme im Atomkonflikt gelöst werden ... sind wir bereit, das Protokoll zu akzeptieren. Das letzte Wort hat natürlich das Parlament."

Es ist das erste Mal, dass Iran offiziell die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls in Aussicht stellt. Das Zusatzprotokoll erlaubt der IAEA zu jeder Zeit, an jedem Ort, unangemeldet Inspektionen durchzuführen. Das Unterzeichnen des Protokolls ist für die Mitglieder keine Pflicht. Iran hatte 2003 das Protokoll freiwillig unterzeichnet und es umgesetzt, bevor es vom Parlament ratifiziert wurde. Verhandlungsführer Irans war damals Rohani, der das Protokoll unterzeichnete. Zudem erklärte sich Iran bereit, während der Verhandlungen die Urananreicherung auszusetzen. Daraufhin schraubten die USA ihre Forderungen immer höher, was mit dazu beitrug, dass die Radikalen bei den Präsidentschaftswahlen als Sieger hervorgingen. Mit Ahmadinedschad als Präsident erfolgte eine drastische Kursänderung der iranischen Außen- beziehungsweise Atompolitik.

Am 1. Juli, unmittelbar vor Beginn der nächsten Verhandlungsrunde, forderte der amerikanische Außenminister John Kerry Iran auf, seine unnachgiebige Haltung aufzugeben. Es gehe um eine historische Chance, die Iran nicht verpassen sollte, meinte Kerry. Iran könne die internationale Besorgnis über sein Atomprogramm zerstreuen und damit seine wirtschaftliche und politische Isolation beenden, schrieb Kerry in einem Gastbeitrag für die Washington Post am 1. Juli. Das Verhalten Irans bei den hinter verschlossenen Türen geführten Verhandlungen stehe im Widerspruch zu dem Eindruck, den Iran in der Öffentlichkeit zu senden versuche. Iran habe noch längst nicht nachvollziehbar beweisen können, dass das Land keine Absichten habe, Nuklearwaffen zu bauen. Dass die Verhandlungen ins Stocken geraten seien, liege nicht an Maximalforderungen der Mitglieder des UN-Sicherheitsrats oder Deutschlands. Die Sechsergruppe habe die größtmögliche Flexibilität gezeigt, schrieb Kerry.

Auch Iran meldete sich am Vortag der neuen Runde zu Wort. Vizeaußenminister Araghtschi sagte: "Falls notwendig, könnten wir die Verhandlungen bis zum 22. Juli und sogar darüber hinaus fortsetzen.

Für die nächste Runde, die am 2. Juli beginnt, sind zwei Wochen geplant. "Es ist schwierig, den Ablauf vorherzusagen, aber wir sind jedenfalls bereit, ohne Unterbrechung die Verhandlungen bis zu einer Einigung weiterzuführen", sagte Araghtschi laut ISNA.


ISRAEL VERSUCHT EINIGUNG IM ATOMKONFLIKT ZU VERHINDERN

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte die Sechsergruppe auf, Iran nicht nachzugeben und dem Land nicht zu erlauben, die Nukleartechnologie zu nutzen. Am 29. Juni, fast drei Wochen vor Ablauf der Frist zum Abschluss der Atomverhandlungen, führte Netanjahu mit Pressevertretern aus den Staaten der Sechsergruppe Interviews, in denen er die Staaten aufforderte, keinerlei Zusagen zur Nutzung der Atomenergie in Iran zu machen. Sollte Iran die Möglichkeit und Fähigkeit zur Urananreicherung beibehalten, könnte das Land innerhalb kurzer Zeit Nuklearwaffen herstellen, sagte Netanjahu.

In einer Erklärung, die vom Büro des Ministerpräsidenten veröffentlicht wurde, heißt es, Iran könne die Inspektoren der IAEA ausweisen, den Vertrag mit der IAEA und den mit der Sechsergruppe kündigen und dann die erforderliche Urananreicherung zur Herstellung der Atombombe vornehmen. "Das können sie innerhalb von wenigen Wochen oder Monaten erreichen. Das ist eine große Gefahr für Großbritannien, Europa, für die Vereinigten Staaten, für Russland, China, Israel, für die arabischen Staaten und für die ganze Welt", hieß es in der Erklärung.

Die Vereinbarung mit Iran sollte genauso wie die mit Syrien die Nutzung der Nukleartechnologie gänzlich untersagen, forderte Netanjahu.

Gleichzeitig mit der Pressekampagne machte sich eine ranghohe israelische Delegation auf den Weg nach Washington. Einem Bericht der Agentur Reuters zufolge wollen sich der Minister für internationale Beziehungen, strategische Angelegenheiten und Geheimdienste, Yuval Steinitz und Yossi Cohen, Sicherheitsberater des Ministerpräsidenten mit Verantwortlichen den USA treffen, um sie vom israelischen Standpunkt zu überzeugen.


PASDARAN UNTERSTÜTZEN ATOMVERHANDLUNGEN

Der Sprecher der Pasdaran (Revolutionsgarden), Ramesan Scharif, sagte zum Jahrestag der Regierungsübernahme von Präsident Rohani am 14. Juni in einem Interview mit der Regierungszeitung "Iran", die Arbeit der Regierung sei in manchen Bereichen "sehr gut und anerkennenswert". Die Pasdaran hätten stets die Atomverhandlungen unterstützt. Allerdings machte er die Unterstützung davon abhängig, dass die Verhandlungsführer sich nach den Anweisungen des Revolutionsführers richten.

Es scheint, dass im Hinblick auf die nahende Frist, die für das Ende der Atomverhandlungen auf den 20. Juli festgesetzt wurde, die Kritik in Iran an den Verhandlungsführern abnimmt.

Eine Woche zuvor hatte der politische Stellvertreter des obersten Kommandierenden der Pasdaran, Rasul Sanai, erklärt: "Obwohl wir der Gruppe 5+1 nicht trauen, sind wir grundsätzlich für die Fortsetzung der Verhandlungen."

Auch Ali Saidi, Beauftragter des Revolutionsführers bei den Pasdaran, sagte am 10. Juni, die Kritik an Rohani müsse gerecht sein. "Manche Agenturen und Zeitungen, die den Garden nahe stehen, verbreiten Berichte, die es an Sorgfalt fehlen lassen." Und Informationsminister Mahmud Alawi wurde in den Medien mit den Worten zitiert: "Die Verbreitung von Unwahrheiten, die gegen die Regierung Rohani gerichtet sind, sei vom Revolutionsführer scharf kritisiert worden."


WIRTSCHAFTSWACHSTUM: LANDWIRTSCHAFT POSITIV, INDUSTRIE NEGATIV

Dem jüngsten Bericht der Zentralbank zufolge verzeichnete die iranische Wirtschaft in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres (März 2013 - Dezember 2013) ein Negativwachstum von 3,4 Prozent. Im Jahr davor lag es im gleichen Zeitraum bei minus 8,3 Prozent. Damit zeichnete sich eine Wende in der iranischen Wirtschaft ab.

In dem Bericht der Zentralbank, der am 22. Juni veröffentlicht wurde, werden die wirtschaftlichen Aktivitäten in den vier Hauptbereichen: Landwirtschaft, Ölindustrie, Industrie und Bergbau sowie Dienstleistungen gesondert untersucht. Demnach ist die Landwirtschaft der einzige Bereich, der ein positives Wachstum aufweist. Das Bruttoprodukt landwirtschaftlicher Güter im Inland zeigte in den neuen Monaten des vergangenen Jahres ein Wachstum von 5,2 Prozent, was im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr davor eine Zunahme von 1,4 Prozent aufweist.

Demgegenüber zeigen die anderen Bereiche ein Negativwachstum, was mit der Abnahme des produzierten Mehrwerts begründet wird.

Das Wachstum in der Ölindustrie lag bei minus 12,6 Prozent. Als Hauptgrund für diese Negativentwicklung nennt der Bericht die drastische Abnahme des Exports von Rohöl, die durch die von den USA und der EU verhängten Sanktionen verursacht wurde.

Die Regierung von Rohani kündigte an, bis Ende des Jahres (21. März 2015) das Negativwachstum zu beenden und zumindest ein Nullwachstum zu erreichen.


RATIONIERUNG DES WASSERS IN GROßSTÄDTEN

Schahin Pakruh, stellvertretender Leiter des Amtes zur Koordinierung von Wasserversorgung und Abwasser, sagte am 25. Juni, das Wasser werde in zwölf Großstädten rationalisiert. Die Rationierung habe bereits in der Stadt Karaj und einigen anderen Städten begonnen. Außer Karaj solle der Rationalisierungsplan unter anderem in den Städten Teheran, Hamedan, Ahwas, Maschhad und Isfahan umgesetzt werden.

Zuvor hatte bereits das Energieministerium erklärt, 37 Millionen Iraner seien von der Gefahr einer mangelnden Wasserversorgung bedroht. Sollte der Wasserverbrauch nicht reduziert werden, werde die Wasserknappheit schon in diesem Sommer eintreten. Auch die Wasserversorgung der Landwirtschaft sei aufgrund einer Dürreperiode in Gefahr. "Sollten wir nicht in der Lage sein, der illegalen Nutzung des Grundwassers Einhalt zu gebieten, wird der Wasserspiegel weiter sinken, die Salzgebiete werden weiter zunehmen und Dürrejahre werden die gesamte Landwirtschaft ruinieren", sagte der Energieminister Hamid Chitchian.

Einem im Januar veröffentlichten offiziellen Bericht des Energieministeriums zufolge, hat das in den Stauseen gespeicherte Wasser erheblich abgenommen. Bei 60 Staudämmen in verschiedenen Teilen des Landes auf ist das gespeicherte Wasser auf dreißig Prozent der vorhandenen Kapazität gesunken. Iran ist schon seit Jahren mit Dürren konfrontiert. Einige Seen wie der Orumieh-See und Hamun-See sind so gut wie ausgetrocknet.


MILLIARDEN STRAFGELDER GEGEN GROßBANK BNP PARIBAS

Dem Wall Street Journal vom 30. Mai zufolge muss die französische Großbank BNP Paribas wegen Missachtung der Sanktionen gegen Iran, den Sudan und Kuba mehr als zehn Milliarden Dollar Strafe zahlen. Die Bank versucht mit weniger als acht Milliarden Dollar davon zu kommen.

Es handelt sich um geschäftliche Aktivitäten der Bank in den Jahren zwischen 2002 bis 2009, die eine Missachtung der Sanktionsbeschlüsse der USA darstellten. Sollte zwischen der Justizbehörde und der Bank keine Einigung erzielt werden, verliert die Bank das Recht, Gelder aus und in die USA zu transferieren. Wann es zu einem endgültigen Urteil kommen wird, ist unklar.


IRAN BETREIBT CYBER-SPIONAGE

Einem Bericht der afp vom 30. Mai zufolge, versucht Iran seit drei Jahren mit Hilfe einer gefälschten Nachrichten-Webseite Militärexperten in Israel und den USA auszuforschen. Die Agentur beruft sich auf einem Bericht des Unternehmens iSight Partner, das auf Internetsicherheit spezialisiert ist. Demnach seien rund 2000 Militärs, Journalisten, Diplomaten, Abgeordnete sowie Dienstleister von dieser Form der Spionage befasst.

Dem Bericht zufolge heißt es in der Agenturmeldung, "gab die Website NewsOnAir vor, mit Hilfe von Dutzenden angeblichen Journalisten seriöse Nachrichten zu verbreiten. Diese traten im Rahmen ihrer ,Recherchen' über Facebook, Twitter, und andere soziale Netzwerke in Kontakt mit ihren Opfern, um - auch mit Hilfe gestohlener Passwörter - an sensible Informationen zu kommen. Ihre Webseite fütterten sie laut dem iSight-Bericht mit echten Nachrichten unter anderem von BBC, Reuters und AP, in einigen Fälle übernahmen sie sogar die Namen von Nachrichtenjournalisten, die etwa für den Fernsehkanal Fox News arbeiten."

Obwohl Indizien auf Iran weisen, seien bislang keine konkreten Drahtzieher auszumachen. Opfer des - laut iSight-Bericht - nicht besonders hoch entwickelten Spionage-Verfahrens seien vorwiegend Personen gewesen, die auf Nichtverbreitung von Atomwaffen spezialisiert waren.

Laut afp sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki, zu der Spionagemethode, dass der Versuch, mit falschen Identitäten Informationen zu sammeln, nicht neu sei. "Wir wissen, dass Cyberpiraten in Iran und anderswo oftmals die sozialen Netzwerke nutzen, um an sensible Informationen heranzukommen oder in Kontakt mit für sie wichtige Vertreter aus Regierung und Unternehmen zu treten."


ÖFFNUNG EINES ILO-BÜROS IN TEHERAN ANGESTREBT

Irans Arbeitsminister, Ali Rabii, hat während seiner Teilnahme an der Tagung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Genf am 13. Juni auch den Plan einer Wiedereröffnung eines ILO-Büros in Teheran mit ILO-Generalsekretär Guy Rider erörtert.

Bezug nehmend auf die Zusammenarbeit Irans mit der ILO, sagte Rabii: "Die Wiedereröffnung eines ILO-Büros in Teheran kann die Zusammenarbeit mit der ILO intensivieren und wir sind bereit, bei dem Ausbildungsprojekt ,Süd-Süd' eine wirksame Rolle zu spielen."

Bei dem Gespräch zwischen Rabii und Rider wurden auch das Problem der Migration der Arbeit und die Notwendigkeit einer gerechten Migration erörtert.

Die ILO hat Probleme mit den Arbeitsgesetzen in Iran, insbesondere damit, dass das Regime in Teheran keine unabhängigen Vereine, Verbände und Gewerkschaften duldet. Dies hat die ILO immer wieder kritisiert. Die Islamische Republik akzeptiert nur von der Regierung gegründete "Islamische Arbeitsräte" und "Haus des Arbeiters", die natürlich nicht unabhängig sind. Alle Versuche, unabhängige Arbeiterorganisationen zu gründen, sind bisher an harten Reaktionen der Regierung gescheitert. Zahlreiche Aktivisten befinden sich in Haft.


VERHANDLUNGEN MIT ÖLKONZERNEN FORTGESETZT

Ölminister Bijan Sangeneh sagte vor seiner Abreise aus Wien in einem Interview mit dem persisch-sprachigen Programm der BBC, er habe am Rande der OPEC-Tagung mit Vertretern einiger Ölkonzerne, darunter auch mit dem eines österreichischen Konzerns Gespräche geführt. Es gehe hauptsächlich um Investitionen in der iranischen Ölindustrie, insbesondere in den Bereichen Forschung, Bohrung, Erweiterung der Ölfelder und Produktion von Erdöl und Erdgas. Einzelheiten seiner Gespräche wollte der Minister nicht nennen, da möglicherweise die Firmen es nicht wünschten, sagte der Minister.

Iran versucht, insbesondere nach dem vorläufigen Atomabkommen in Genf und der Aufhebung eines Teils der Sanktionen, ausländische Investoren für Aktivitäten in der iranischen Ölindustrie zugewinnen. Dabei bietet Teheran günstige Verträge und bürokratische Erleichterungen an. Eine Konferenz im Juni in London, auf der Iran seine neuen Angebote präsentieren wollte, wurde auf November vertagt. Grund sei "ausländischer Druck" gewesen, sagte Sangeneh. "Für uns", sagte er, "spielen höhere Einnahmen natürlich eine wichtige Rolle. Doch ausschlaggebend ist die "Technologie der Unternehmen. Management, Technologie und technische Fähigkeiten haben bei uns Vorrang. Daher wird nicht jedem, der Kapital besitzt, Zugang zur iranischen Industrie gewährt."


AUTOS FÜR RUSSLAND

Einer Meldung der AP vom 29. Juni zufolge exportiert Iran nach fünf Jahren wieder Autos nach Russland. Die Ausfuhr wurde nach Lockerung von Sanktionen möglich. Es handelt sich um Fahrzeuge, die von der Firma Iran-Khodro, dem größten Autobauer des Landes, produziert wurden. Geplant sei der Verkauf von 10.000 Fahrzeugen bis 2015. Die Modelle Samad und Runna sollen für 13.000 bis 16.000 Dollar verkauft werden.

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AUSSENPOLITIK

• Militärs drohen USA
• Iran und USA in einer Front gegen Islamisten
• Chamenei warnt Europäer vor USA
• Hague: Zeit ist günstig für Wiedereröffnung der Botschaften
• Laridschani bezeichnete UN-Menschenrechtsbericht als "wertlos"
• Scheich von Kuwait zu Besuch in Iran
• Sarif lehnte Einladung zum Besuch in Saudi-Arabien ab
• UN appelliert, Hinrichtung einer Iranerin auszusetzen


MILITÄRS DROHEN USA

Zwei ranghohe Militärs haben am 30. Mai die USA vor einem militärischen Angriff auf Iran gewarnt. Sollte Iran angegriffen werden, sei das Land in der Lage, die militärische Auseinandersetzung in den USA fortzusetzen.

General Masud Dschazajeri, Stellvertreter des Oberkommandierenden der iranischen Streitkräfte, sagte laut Medienberichten, ein militärischer Angriff auf Iran hätte "die Vernichtung Tel Avivs und die Fortsetzung des Krieges in den Vereinigten Staaten" zufolge.

General Hossein Salami, Stellvertreter der Oberkommandierenden der Revolutionsgarde erklärte, die Pasdaran (Revolutionsgarden) seien in der Lage "jeden Stützpunkt der Feinde anzugreifen".

US-Präsident Barack Obama hatte zwei Tage zuvor erklärt, diplomatische Verhandlungen mit Iran seien erfolgreicher als Anwendung von Gewalt. Zugleich betonte er abermals, dass "alle Optionen, darunter die militärische Option" möglich seien.

Dazu meinte Dschazajeri: "Wenn die USA und ihre Verbündeten zu einem Krieg gegen Iran in der Lage gewesen wären, hätten sie keinen Augenblick gezögert, die Schandtat zu begehen." Und Salami sagte beim Freitagsgebet am 30. Mai: "Wir haben so viel Kraft gesammelt, um die Anwendung jeder Option unserer Feinde in eine erbärmlich Niederlage für sie zu verwandeln." Er forderte die iranischen Diplomaten auf, gestützt auf die Kraft der Pasdaran, bei den Verhandlungen "standhaft zu bleiben und keinen Schritt zurückzuweichen".


IRAN UND USA IN EINER FRONT GEGEN ISLAMISTEN

Überraschend deutete am 14. Juni Irans Präsident Hassan Rohani auf einer Pressekonferenz in Teheran eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA im Kampf gegen die islamische Extremistenorganisation ISIS an. Auf die Frage eines Journalisten zu einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA sagte Rohani: "Möglicherweise werden die Amerikaner etwas tun (im Irak). Ich habe k eine Kenntnis von ihren Plänen. Aber was heute für uns wichtig ist, ist der Wille des irakischen Volkes und der irakischen Regierung. Wir werden, wenn unsere Hilfe gebraucht wird, dazu bereit sein." Auf eine ähnliche Frage antwortete Rohani, bislang sei ni emand außer der irakischen Regierung und dem irakischen Volk gegen ISIs aktiv geworden. Aber "Sollten die USA etwas gegen ISIS unternehmen, könnte man über eine Zusammenarbeit mit ihnen nachdenken."

Rohani betonte mehrmals, dass das irakische Volk und die irakische Regierung in der Lage seien, selbst den Kampf gegen ISIS zu führen. Er kritisierte die Staaten in der Region sowie die westlichen Staaten, die terroristische Gruppen unterstützt hätten. Er sagte: "Seit einem Jahr warnen wir vor der Gefahr dieser Terroristen. Aber die Großmächte und ihre Verbündeten schickten ihnen Waffen."

Die Offerte des iranischen Präsidenten Hassan Rohani an die USA zum gemeinsamen Kampf gegen die Terroristen im Irak war zwar sehr vage formuliert. Dennoch war die Ankündigung mehr als eine Sensation. Sie bedeutet letztendlich einen Kurswechsel der iranischen Außenpolitik um 180 Grad.

Seit 34 Jahren werden die USA im Iran als Inkarnation des Bösen, als großer Teufel, dargestellt. Auf jeder Kundgebung werden amerikanische Fahnen verbrannt. Und nun dieser gravierende Sinneswandel! Vermutlich wollte Rohani zum Auftakt der neuen Runde der Atomverhandlungen in Wien mit der Ankündigung seines Angebots an Washington andeuten, dass eine Einigung im Atomkonflikt von Iran großzügig honoriert werde. Man könne sogar am Rande der Atomverhandlungen bilaterale Gespräche über eine mögliche Zusammenarbeit führen, verlautbarte aus iranischen Regierungskreisen.

Während Rohanis Äußerung vor allem in den westlichen Medien Schlagzeilen machte und sehr positiv aufgenommen wurde, wirkte sie im Iran wie ein Schock, der erst einmal verdaut werden musste. Die meisten Zeitungen begnügten sich mit direkten Zitaten. Nur wenige wagten einen Kommentar. Die liberale Zeitung Schargh hob die Notwendigkeit einer Neugestaltung der Beziehungen zu den USA hervor. "Die jüngsten Ereignisse im Nahen und Mittleren Osten bieten dazu eine günstige Gelegenheit", hieß es. Beide Seiten könnten als souveräne Staaten sich unter gegenseitiger Achtung verständigen und auf internationaler Bühne zur Lösung regionaler Probleme eine konstruktive Rolle übernehmen. Die Zeit drängt, jetzt muss endlich gehandelt werden.

Die konservative Zeitung Kayhan sah in den Kommentaren der westlichen Presse eine neue Verschwörung gegen Iran. Unter dem Titel: "Unterstützer der Terroristen können nicht gegen Terroristen kämpfen", schrieb die Zeitung. Terrorgruppen wie Al Kaida und die Taliban seien ein Spross der USA, auch die Terroristen in Syrien seien von den USA unterstützt worden. Das Ziel Washingtons sei, den Einfluss Irans in der Region zu unterbinden.

Der Vorsitzende des Obersten Nationalen Sicherheitsrats Irans, Ali Schamchani, lehnte jegliche Zusammenarbeit mit den USA ab. Er sagte der Agentur IRNA zufolge am 15. Juni: "Es waren die USA, die den Boden für den islamischen Terrorismus bereitet haben. Das Gerede von einer möglichen Zusammenarbeit zwischen Iran und den USA ist Teil einer psychologischen Kriegsführung. Es gibt keine reale Basis für eine Kooperation zwischen Teheran und Washington im Bezug auf den Irak. Wir werden, wie angekündigt, im Rahmen des Völkerrechts im Irak tätig werden, wenn die irakische Regierung offiziell darum ersucht. Dies geschieht auf bilateraler Basis und hat mit Aktivitäten anderer Staaten nichts zu tun."

Das iranische Außenministerium warnte am 15. Juni vor einer militärischen Intervention gegen die Terroristen im Irak. Sprecherin Marsieh Afkhami sagte, dies würde die Lage noch komplizierter machen. "Die Bevölkerung und die Regierung Iraks werden in der Lage sein, diese Verschwörung zu stoppen."

Das "Wall Street Journal" berichtete unter Berufung auf hochrangige US-Vertreter am 16. Juni, die US-Regierung dringe auf Gespräche mit Iran über die Sicherheitslage im Irak. Die Frage sei nur, über welche Kanäle der Kontakt zustande kommen sollte. Vermutlich werde man am Rande der Atomverhandlungen in Wien mit iranischen Vertretern Gespräche führen.

Tatsächlich wurden bereits zu Beginn der Atomverhandlungen in Wien zwischen den Vertretern Irans und den USA Gespräche geführt. Dies gab das US-Außenministerium am 17. Juni bekannt. Wie die New York Times berichtete, wurden die Gespräche von US-Seite von Vizeaußenminister Bill Burns geführt. Eine Sprecherin des State Department sagte, beide Länder hätten "gemeinsame Interessen", den Vormarsch von ISIS zu stoppen. Allerdings stehe noch nicht fest, "ob wir mit Iran weiter über den Irak reden wollen", sagte Marie Harf. US-Außenminister John Kerry sagte am 16. Juni in einem Interview: "Ich würde nicht ausschließen, was konstruktiv sein könnte." Demgegenüber erklärte das US-Verteidigungsministerium am selben Tag: "Es gibt absolut keine Absicht, keinen Plan, militärische Aktivitäten zwischen den USA und Iran zu koordinieren", sagte Sprecher John Kirby. Das bestätigte dann auch das Außenministerium. Sprecherin Jennifer Psaki sagte, die USA seien "zu politischen Gesprächen" mit Teheran bereit, nicht zu militärischer Zusammenarbeit.

Am 18. Juni erklärte Rohani bei einem Besuch in der Provinz Lorestan, Iran sei bereit, die heiligen schiitischen Städte im Irak zu schützen. "Wir warnen die Großmächte, ihre Lakaien, die Mörder und Terroristen. Das große iranische Volk werde nichts unterlassen, um die geliebten heiligen Städte, Kerbela, Nadschaf, Kasemein und Samara zu schützen.", sagte der Präsident.

Am selben Tag erklärte der Oberkommandierende der iranischen Streitkräfte, Hassan Firuzabadi, der Agentur IRNA zufolge, Iran werde keine Militärs in den Irak senden. Die Iraker seien selbst in der Lage, ihr Land zu verteidigen. Zudem lehnte er jede Zusammenarbeit zwischen den USA und Iran ab. Eine solche Zusammenarbeit werde "niemals zustande kommen, es wäre völlig absurd".

Am 19. Juni sagte US-Präsident Barack Obama der BBC zufolge, Iran könne bei der Lösung der Irak-Krise eine konstruktive Rolle spielen und eine Politik verfolgen, die einen Bürgerkrieg verhindert. Er betonte, dass zwischen Iran und den USA tiefe Differenzen bestehen. In Syrien habe Iran das herrschende Regime verteidigt. Sollte Iran seine einseitige Politik fortsetzen, werde das Land sich bald in verschiedenen Konflikten in der Region verwickeln, sagte Obama. Er betonte aber zugleich, dass die meisten Iraner die Situation richtig einschätzen und begreifen. Es gebe aber auch manche, die nicht gewillt seien, sich von vergangenen Gewohnheiten zu verabschieden.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat Iran "eine kleine Zahl" von Agenten zur Unterstützung der Regierung Nuri al-Maliki in den Irak geschickt. "Es gibt einige iranische revolutionäre Agenten im Irak, aber ich habe keine Anzeichen für Bodentruppen oder größere Einheiten gesehen", zitierte AFP den Pentagonsprecher John Kirby am 20. Juni.

Indes lehnte Revolutionsführer Ali Chamenei jede ausländische Intervention im Irak entschieden ab. Er warf den USA vor, den Konflikt im Irak zu ihren Gunsten ausnutzen zu wollen. Die jüngsten Ereignisse im Irak hätten nichts mit einem vermeintlichen Konflikt zwischen Schiiten und Sunniten zu tun, erklärte der Revolutionsführer am 22. Juni auf seiner Webseite. Ziel der USA sei, Irak zu destabilisieren, sie wollen "Nutzen ziehen aus der Tätigkeit fanatischer und nicht wissender Elemente". "Wir sind in jeder Hinsicht gegen ein Eingreifen der USA und anderer im Irak", erklärte Chamenei. Der Konflikt im Irak bestehe zwischen jenen, die einen unabhängigen Irak haben wollen und jenen, die Irak zu einem Satellitenstaat der USA machen möchten.

Auch in den USA meldeten sich Stimmen gegen eine Zusammenarbeit mit Iran. Der republikanische Führer im Senat, Mitch McConnell, sagte am 22. laut AP: "Ich bin skeptisch, dass eine Kooperation mit Iran - vor allem der Austausch von sensiblen Geheimdienstinformationen - insgesamt in unserem Interesse ist. Für mich ist eine Zusammenarbeit mit dem Iran kaum vorstellbar, die nicht später zu Zugeständnissen beim Atomprogramm führt oder die Rückkehr schiitischer Milizen und Terrorgruppen mit sich bringt, was einer Lösung der religiösen Streitigkeiten im Irak abträglich wäre."

Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu meldete sich zu Wort. Er bezeichnete die Irak-Krise als Krieg zwischen schiitischen und sunnitischen Extremisten und warnte die USA, mit Iran zu kooperieren. In einem Interview mit der BBC am 22. Juni sagte Netanjahu, beide Seiten, Schiiten und Sunniten seien Feinde der USA. "Wenn sie miteinander Krieg führen, solltet ihr nicht erlauben, dass eine Seite gestärkt wird. Ihr müsst dafür sorgen, dass beide Seiten geschwächt werden." Das schlimmste wäre, wenn eine Seite, das heißt Iran, am Ende mit Nuklearwaffen aus dem Konflikt herauskäme. "Das wäre ein katastrophaler Fehler", sagte der Ministerpräsident. Man müsse einerseits der ISIS Einhalt gebieten und andererseits alles daran setzen, um den Einfluss Irans in Syrien, im Irak und Libanon unterbinden.

Am 22. Juni erklärte der einflussreiche iranische Großayatollah Nasser Makarem Schirazi: "Ich sage es klar und deutlich, alle Muslime sind verpflichtet, die Souveränität des irakischen Staates zu verteidigen. Dies ist ein Krieg für Gott (Dschihad)".

Am 25. Juni sagte der iranische Armeesprecher Ali Arasteh, die Streitkräfte seien in Alarmbereitschaft versetzt und zum Schutz der Landesgrenze zum Irak mobilisiert worden. Irans gemeinsame Grenze mit dem Irak hat eine Länge von 1.450 Kilometer. "Unsere Truppen sind voll und ganz vorbereitet, die Grenzen des Landes zu verteidigen", sagte der Vizekommandeur der Revolutionsgarden (Pasdaran), Hossein Salami, laut Agentur Fars. Die Pasdaran hätten stets ihre Pflicht, das Land zu verteidigen, erfüllt und seien nun auch bereit "ihr Leben zu opfern".

Wie weit Iran bereits militärisch im Irak aktiv geworden ist, ist nicht bekannt. Vizeaußenminister Hossein Amirabdollahian sagte am 26. Juni dem arabischsprachigen, iranischen Sender al-Alam, sollte Irak um Lieferung von Waffen und militärische Ausrüstung bitten, werde man dem Wunsch nachkommen. Aber "bis jetzt liegt kein Gesuch vor". Zuvor hatte New York Times berichtet, Iran habe Irak unbemannte Drohnen zur Verfügung gestellt. Es gebe zudem täglich zwei Flüge nach Irak mit jeweils 70 Tonnen militärischer Ausrüstung. Auch der Kommandant der Pasdaran sei mindestens zweimal in den Irak gereist. Dies wurde vom iranischen Außenministerium dementiert.

Indes bezeichnete der Vizekommandeur der iranischen Streitkräfte, General Masud Dschasayeri, Saudi-Arabien als "Initiator" der Konflike in der Region. Das Kommando werde aus Washington erteilt, sagte er in einem Interview mit al-Alam. Er prophezeite, es werde in Zukunft für die Exporteure des Terrorismus nach Syrien und Irak schlimme Zeiten kommen. Die Terroristen, die in diese beiden Staaten geschickt worden seien, würden früher oder später in ihre Heimatländer zurückkehren und ihre Aktivitäten dort fortsetzen. Dschasayeri erklärte, das iranische Militär sei bereit, notfalls die irakische Regierung gegen die Terroristen zu unterstützen und dabei genauso vorzugehen, wie in Syrien.


CHAMENEI WARNT EUROPÄER VOR USA

Aus amerikanischer Sicht gebe es drei Gruppen von Ländern, sagte Revolutionsführer Ali Chamenei am 25. Todestag Ayatollah Chomeinis in Teheran: Länder, die Befehle Washington befolgen, Länder, mit denen man vorerst kooperiert und Länder, die gegen die USA Widerstand leisten. Die Länder Europas gehörten zu der zweiten Gruppe. Washington arbeite aufgrund gemeinsamer Interessen vorerst mit den Europäern zusammen. "Wenn sich aber die Gelegenheit ergibt, werden sie (die USA) den Europäern einen Dolch ins Herz stoßen", sagte der Revolutionsführer am 4. Juni. Aber auch jetzt versuchen sie, trotz eigennütziger Kooperation, die Europäer auszuspionieren und seien nicht einmal bereit, sich dafür zu entschuldigen.

Chamenei kritisierte die europäischen Staaten, weil sie sich in den Dienst amerikanischer Interessen stellen und damit einen großen Fehler begehen, der sich gegen ihre eigenen Interessen richtet.

Mit Blick auf die Lage in Ukraine sagte Chamenei. "Ein Beispiel für dieses Verhalten zeigt sich in diesen Tagen in einem Teil Europas. Zwar wollen wir uns in dieser Angelegenheit kein Urteil erlauben. Aber es ist doch fraglich, was die Teilnahme amerikanischer Senatoren an den Kundgebungen (in Kiew) zu bedeuten hat."

Chameneis Rede fand zu der Zeit statt, als US-Präsident Barack Obama sich auf der Reise nach Polen, Frankreich und Belgien befand. "Von den hörigen Staaten erwarten die USA vollkommene Loyalität und uneingeschränkte Unterstützung ihrer hässlichen Handlungen.

Im Umgang mit unabhängigen Staaten versuchten die USA "Zwietracht" unter den Verantwortlichen zu säen und "Glauben und Überzeugungen der Bevölkerung" zu schwächen, meinte der Revolutionsführer. Iran gegenüber seien die USA auf allen Ebenen gescheitert. Ihre Verschwörungsversuche wie zum Beispiel der Versuch eines Militärputsches, Unterstützung der Verschwörer, Versuch, die Menschen zu Protestdemonstrationen auf die Straßen zu treiben und zwischen den Verantwortlichen einen Keil zu schieben(treiben), sei aufgrund der Wachsamkeit und des stabilen Glaubens der Bevölkerung ohne Erfolg geblieben.


HAGUE: ZEIT IST GÜNSTIG FÜR WIEDERERÖFFNUNG DER BOTSCHAFTEN

Der britische Außenminister William Hague verkündete im Oberhaus am 27. Juni seinen Entschluss, die britische Botschaft in Teheran wieder zu eröffnen, betonte jedoch, dass die Botschaft zunächst lediglich zu eingeschränkten Dienstleistungen imstande sein werde. Er habe mit dem iranischen Außenminister Mohammad Dschawad Sarif ein Telefongespräch geführt. Dabei sei von beiden Seiten das Interesse zur Intensivierung der Beziehungen zwischen Teheran und London bekundet worden. Nach Meinung von politischen Beobachtern haben die jüngsten Ereignisse im Irak die Annäherung zwischen Iran und Großbritannien beschleunigt.

Hague erinnerte daran, dass Teheran und London ihre "nicht sesshaften" Botschafter für das jeweils andere Land im November vergangenen Jahres ernannt hätten. Damals habe er gesagt, dass Teheran und London beschlossen hätten, direkte Beziehungen herzustellen, anstatt ihre Interessen über die schwedische Botschaft in Teheran bzw. die Botschaft von Oman in London vertreten zu lassen, sagte Hague.

In den vergangen vier Monaten hätten sich die Beziehungen beider Staaten weiterentwickelt. Gegenseitige Besuche hätten es ermöglicht, konkrete Schritte zur Wiederaufnahme der Aktivitäten der Botschaften zu unternehmen. Bei den Verhandlungen zur Wiedereröffnung der britischen Botschaft in Teheran hätten zwei Themen eine wichtige Rolle gespielt: Herstellung von Vertrauen über die Sicherheit der Botschaftsmitarbeiter und die Sicherheit darüber, dass die Botschaft ohne Probleme und Hindernisse ihren Aktivitäten nachgehen kann. "Sollten diese Voraussetzungen erfüllt werden, gebe es keinen Zweifel, dass wir in Teheran eine Botschaft haben müssen", sagte der Minister.

In dem Gespräch mit Sarif habe er festgestellt, dass der Zeitpunkt für die Wiedereröffnung der Botschaft günstig sei, sagte Hague. Es gebe einige organisatorische Probleme, die gelöst werden müssten. "Sobald dies geschieht, werden wir die Botschaft mit einigen Mitarbeitern eröffnen." Zunächst werde die Botschaft eingeschränkte Dienstleistungen anbieten können. Daher müssten die Iraner, die nach Großbritannien reisen wollen, ihre Anträge weiterhin in Abu Dhabi oder Istanbul stellen. "Für uns ist der Ausbau der Beziehungen zu Teheran wichtig und wir hoffen, mit der Aufstockung des Botschaftspersonals in den nächsten Monaten Fortschritte machen zu können", s agte der Minister.

Die Beziehungen zwischen Teheran und London wurden auf ein Minimum eingeschränkt, nachdem im Herbst 2011 eine Gruppe von Protestlern die britische Botschaft in Teheran gestürmt und dabei große Sachschäden verursacht hatte. Erst nach der Wahl Präsident Rohanis im Juni vergangenen Jahres begann zwischen Teheran und London eine Annäherung.

Zur Wiedereröffnung der Botschaft verlangt Großbritannien unter anderem auch einen Schadensersatz. Nach britischer Darstellung sind bei dem Sturm mehrere Kunstwerke im Wert von mehr als einer Million Pfund zerstört worden. Majid Rawantschi, iranischer Vizeaußenminister, sagte laut iranische n Agenturen am 25. Juni, bei der Umsetzung der Wiedereröffnung der Botschaft würden Schadensersatzforderungen der Briten sicherlich berücksichtigt werden.


LARIDSCHANI BEZEICHNETE UN-MENSCHENRECHTSBERICHT ALS "WERTLOS"

Mohammad Dschwad Laridschani, Menschenrechtsbeauftragter der iranischen Justiz, sagte laut Medien am 21. Juni, die Berichte des Menschenrechtsbeauftragten der UNO für Iran, Ahmad Schahids, seien "wertlos". Sie seien "aggressiv". "Leute, die uns nicht leiden können, instrumentalisieren die Menschenrechte gegen uns."

Schahid, ehemaliger Außenminister Moldawiens, wurde 2011 von der UN-Menschenrechtsorganisation zum Berichterstatter für Iran ernannt. Seine Berichte stützen sich auf Interviews mit Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Betroffenen, die aus Iran geflüchtet sind. Seine wiederholten Anträge für einen Besuch in Iran wurden bislang abgelehnt.

Iran lehnt stets Vorwürfe der Menschenrechtsorganisationen, Menschenrechte permanent zu verletzen, ab. Laridschani sagte: "Die Islamische Republik ist ein Stern der Demokratie und Gerechtigkeit in der gesamten Region". Wie er diese Behauptung mit der Tatsache in Einklang bringen kann, dass Iran neben China die meisten Todesstrafen vollstreckt, dass in den iranischen Gefängnisse nachweislich Gefangene gefoltert werden, dass politische Prozesse hinter verschlossenen Türen geführt werden, Medien und Verlage mit einer rigorosen Zensur konfrontiert sind und Frauen ungleich weniger Rechte haben als Männer, bleibt ein Rätsel.


SCHEICH VON KUWAIT ZU BESUCH IN IRAN

Anfang Juni kam der Emir von Kuwait, Scheich Sabah al-Ahmad al-Dschabi as-Sabah zu einem zweitägigen offiziellen Staatsbesuch nach Iran. Er wurde am ersten Tag, dem 1. Juni, von Staatspräsident Hassan Rohani begrüßt. Während des Besuchs wurden sechs Vereinbarungen für gemeinsame Projekte unterzeichnet.

Zuletzt traf sich der Emir mit Revolutionsführer Ali Chamenei. Iran sei stets bestrebt gewesen, freundschaftliche Beziehungen zu seinen Nachbarstaaten am Persischen Golf zu pflegen. Diese Politik werde auch jetzt verfolgt, sagte Chamenei. Enge Beziehungen zwischen den Staaten der Region seien für alle nützlich. Hingegen kämen Auseinandersetzungen und Rivalitäten nur den gemeinsamen Feinden zugute.

Chamenei empfahl dem Herrscher Kuwaits, die Beziehungen seines Landes zum Irak zu intensivieren und bedankte sich bei ihm für die "klugen und solidarischen Stellungnahmen Kuwaits bei den jüngsten Ereignissen in der Region". Um welche Stellungnahmen es sich handelt, wurde nicht mitgeteilt.

As-Sabah sagte, sein Land sei bereit, in den Beziehungen seines Landes zu Iran ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Bemerkenswert war, dass der Emir bei seiner Abreise nicht von Rohani verabschiedet wurde.

Die Beziehungen zwischen Iran und Kuwait waren in den letzten Jahren von Spannungen belastet. In der Regierungszeit von Mahmud Ahmadinedschad spitzten sich die Spannungen zu, soweit, dass beide Staaten die Diplomaten der Gegenseite ausgewiesen haben. Demgegenüber bemüht sich die Regierung Rohani, Irans Beziehungen nicht nur zu Kuwait, sondern zu allen Staaten am Persischen Golf zu verbessern. Iranische Medien äußerten die Vermutung, dass Kuwait sich bereit erklärt habe, zwischen Iran und seinem Hauptkontrahenten am Persischen Golf, Saudi-Arabien, zu vermitteln, genauso wie Oman zwischen Iran und den USA vermittelt hat.


SARIF LEHNTE EINLADUNG ZUM BESUCH IN SAUDI-ARABIEN AB

Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif lehnte eine Einladung seines saudischen Amtskollegen, Prinz Saud al-Faisal, zur Teilnahme an einer Sitzung der Organisation Islamischer Zusammenarbeit in Dschidda ab. Die Ablehnung begründete Sarif mit der bevorstehenden Runde der Atomverhandlungen, hieß es am 1. Juni in einer Erklärung des iranischen Außenministeriums.

Faisal hatte drei Wochen zuvor erklärt, er habe den iranischen Außenminister nach Saudi-Arabien eingeladen. Sarif sei zu "jedem für ihn günstigen Termin willkommen", sagte der Minister. Es war nicht klar, ob die Einladung zu einem bilateralen Treffen oder zur Teilnahme an der Sitzung der Organisation für Islamische Zusammenarbeit ausgesprochen worden war. Kommentatoren bezeichneten die Einladung als wichtigstes Ereignis in den Beziehungen beider Staaten seit einem Jahr.

Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang eine Notiz von Hami Abutalebi, stellvertretender Leiter der Kanzlei des Präsidenten, auf Twitter während des Besuchs des Emirs von Kuwait in Teheran. "Die Reise des kuwaitischen Herrschers nach Teheran zeigt, dass die Politik nicht unbedingt über die Kanäle zwischen den großen Brüdern funktioniert."

Die staatliche Nachrichtenagentur IRNA übte in einem Bericht Kritik gegen der Iran-Politik Saudi-Arabiens. Der Versuch Saudi-Arabiens und Katars, Iran zu isolieren, sei aufgrund der Politik der Regierung Rohanis gescheitert.

Die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien sind seit Jahren stark getrübt. Wichtigster Konflikt zwischen Teheran und Riad ist Syrien. Während Saudi-Arabien die Rebellen gegen das Assad-Regime finanziell und militärisch unterstützt, steht Iran hinter der syrischen Regierung und setzt alles daran, um einen Sturz des syrischen Diktators zu verhindern.


UN APPELLIERT, HINRICHTUNG EINER IRANERIN AUSZUSETZEN

Navi Pillay, Menschenrechtskommissarin der UNO, forderte am 26. Juni Iran auf, die beabsichtigte Hinrichtung einer jungen Frau, die zur Tatzeit minderjährig gewesen ist, auszusetzen. Die Verurteilte heißt Rasieh Ebrahimi. Sie ist jetzt 21 Jahre alt.

Berichten iranischer Medien zufolge wurde Ebrahimi mit 14 Jahren von ihrem Vater zur Heirat gezwungen, ein Jahr später bekam sie ihr erstes Kind. Sie war 17 Jahre alt als sie sich gegen die Aggressionen ihres Mannes zur Wehr setzte und ihn tötete. Danach wurde sie in Haft genommen und zum Tode verurteilt. Sie sollte schon im April hingerichtet werden, aber die Hinrichtung wurde verschoben.

Ihr Anwalt, Hassan Aghachani, sagte der Presse, die Hinrichtung sei nicht erfolgt, weil der zuständige Richter akzeptierte, dass die Verurteilte zur Zeit der Tat 17 Jahre alt gewesen sei und daher Paragraph 91 der neuen islamischen Strafgesetze zur Geltung komme. Demnach müssen Beschuldigte, die zur Tatzeit das 18. Lebensjahr nicht erreicht haben, vom Gerichtmediziner begutachtet werden, ob sie zur Tatzeit die nötige Reife erreicht hätten, um ihre Tat zu verstehen und dafür bestraft zu werden.

Pillay schrieb in ihrer Erklärung, Todesurteile gegen Minderjährige seien ein Verstoß gegen international anerkannte Menschenrechte. Berichten zufolge, warteten in iranischen Gefängnissen mindestens 160 Personen, die zur Tatzeit minderjährig waren, auf die Vollstreckung ihres Todesurteils, heißt es weiter in der Erklärung. Pillay forderte Iran auf, die Todesstrafe zu verbieten. Sie machte darauf aufmerksam, dass Iran die UN-Konvention der Menschenrechte unterzeichnet habe.

Die Erklärung verwies auf das Todesurteil gegen Jannat, einen siebzehnjährigen Afghanen, der vor zwei Monaten in der Stadt Isfahan hingerichtet wurde. Der Junge sei wegen Drogenvergehen verurteilt worden. Er habe keinen Verteidiger gehabt und auch keine Unterstützung vom afghanischen Konsulat erhalten. Gleichzeitig mit ihm seien fünf weitere Afghanen wegen ähnlicher Delikte verurteilt und hingerichtet worden, schrieb Pillay. Sie zeigte sich zudem besorgt über das Schicksal von vier iranischen Kurden, denen ebenfalls die Todesstrafe droht. Bei dem Prozess gegen die vier, der vor vier Jahren stattfand, seien international anerkannte Standards nicht berücksichtigt worden. Zudem seien in Iran im laufenden Jahr mindestens sechs politische Gefangene hingerichtet worden. "Die Zahl kann erheblich höher sein", erklärte Pillay.

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Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2014