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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/334: Iran-Report Nr. 12 - Dezember 2014


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 12 - Dezember 2014
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand



Mit der Wahl Hassan Rohanis zum iranischen Präsidenten und dessen Amtsantritt am 3. August 2013 wurde in der iranischen Politik ein bedeutender Wandel eingeleitet. Besonders augenfällig ist dies im Kurswechsel der Atompolitik. Die Öffnung der iranischen Politik nach außen und die Ankündigung innenpolitischer Reformen werden im Land von den konservativen Kräften heftig bekämpft. Der Widerstand lässt Rohani und seiner Regierung wenig Spielraum.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Pasdaran arbeiten auf Scheitern der Regierung Rohani hin
• Farhadi neuer Wissenschaftsminister
• Demonstration vor der ehemaligen US-Botschaft
• Ghawami überraschend freigelassen
• Sarafras neuer Präsident des staatlichen Rundfunks


PASDARAN ARBEITEN AUF SCHEITERN DER REGIERUNG ROHANI HIN

Zwei Berichte, die die den Reformern nahestehende Webseite Saham News am 19. und 22. November veröffentlichte, riefen in der iranischen Öffentlichkeit eine ungewöhnlich hohe Aufmerksamkeit hervor. Auch im Parlament kamen die Berichte zur Sprache. Fünfzehn Abgeordnete reichten eine Anfragen an den Informationsminister ein. Demnach solle der Minister erklären, inwiefern der Bericht den Tatsachen entspräche, welche "missgünstige" Institution die Veröffentlichung veranlasst habe, wie solche Informationen in die Hände von "Konterrevolutionären" gelangt seien und was unternommen werde, um die beteiligten Personen und Institutionen zu bestrafen.

In dem Bericht wird behauptet, dass der Geheimdienst der Revolutionsgarden (Pasdaran) seit geraumer Zeit das Scheitern der Regierung Rohani vorbereite. Es handele sich um ein breit angelegtes Projekt, das aus dem geheimen Haushalt der Pasdaran finanziert werde. Zur Durchführung des Projekts seien "sichere Häuser" eingerichtet worden, deren Adressen in den Berichten detailliert angegeben werden. Für jedes Ministerium sei ein eigenes Team zuständig. Ferner sollen durch das Geheimprojekt konservative Zeitung mit negativen oder falschen Informationen gespeist werden sowie landesweit entsprechende Broschüren und Flugblätter verteilt und Veranstaltungen durchgeführt werden.

Gewöhnlich schweigen die Konservativen zu solchen Enthüllungsberichten, um zusätzliche Öffentlichkeit zu vermeiden. Dass in diesem Fall aber auch Parlamentsabgeordnete, die Ahmadinedschad nahestehen, in einer öffentlichen Sitzung des Parlaments eine solche Anfrage stellen, macht stutzig. Auch die Fragen selbst, aus denen eine eindeutige politische Position spricht, machen nachdenklich.

Es ist allgemein bekannt, dass Konservative und Ultras versuchen, Rohani und seiner Regierung Steine in den Weg zu legen. Mit Ausnahme der Atomverhandlungen, die im Falle eines Erfolgs bedeutende wirtschaftliche Folgen haben würden, werden sowohl die Außenpolitik, noch mehr aber die Innenpolitik der Regierung vehement bekämpft. Dass die Pasdaran aber offenbar systematisch versuchen, ein Scheitern der Regierung herbeizuführen, ist mehr als bemerkenswert.


FARHADI NEUER WISSENSCHAFTSMINISTER

Am 19. November schlug Präsident Rohani dem Parlament Mohammad Farhadi für das Amt des Ministers für Wissenschaft, Forschung und Kommunikationstechnik vor. Es war der fünfte Vorschlag, den der als gemäßigt eingestufte Regierungschef dem mehrheitlich von Konservativen besetzten Parlament präsentierte.

Der 65-jährige Farhadi war bereits unter Ministerpräsident Mir Hossein Mussavi (1981-1989) Wissenschaftsminister und unter Staatspräsident Mohammad Chatami (1997-2005) Gesundheitsminister gewesen. Außerdem bekleidete er weitere hohe Ämter. Er ist HNO-Facharzt und zurzeit Leiter des "Roten Halbmonds" in Iran.

Von den bisher von Rohani nominierten Ministern wurden drei vom Parlament abgelehnt. Einzig Resa Faradschi Dana wurde vom Parlament akzeptiert. Doch auch er wurde nach wenigen Monaten durch ein Misstrauensvotum abgesetzt. Ihm warfen die Abgeordneten vor, den Reformern nahestehende Staatssekretäre und Abteilungsleiter neu eingestellt zu haben. Ferner kritisierten sie, dass der Minister sich nicht um schwebende Zeitverträge gekümmert und finanzielle Forderungen der pensionierten Angestellten ignoriert habe.

Der politische Grund für die Ablehnung der bisherigen Kandidaten ist, dass sie den Reformern nahestehen. Ein Abgeordneter warnte, sollte der nächste Kandidat ebenfalls aus den Reihen der Reformer stammen, werde das Parlament auch ihn ablehnen. Zuvor hatte Rohani an die Abgeordneten gerichtet gesagt, "Sturheit" sei keine gute Basis für die Wahl eines Ministers.

Zeitungen, die der Regierung nahestehen, äußerten die Hoffnung, dass Farhadi die Zustimmung des Parlaments erhalten werde. Doch wenige Stunden nachdem Farhadi dem Parlament vorgestellt wurde, veröffentlichten konservative Blätter einen offenen Brief aus 2009, in dem die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert wurde, zu dessen Unterzeichnern auch Farhadi zählt. Für die konservativen Abgeordneten normalerweise Grund genug, ihn abzulehnen. Denn, alle, die die damalige Protestbewegung unterstützt haben, werden von den Konservativen als "Verschwörer" bezeichnet.

Dass die Konservativen gerade beim Posten des Wissenschaftsministers so sensibel reagieren, ist damit zu begründen, dass sie unbedingt die Kontrolle über die Universitäten behalten wollen. Die Einflussnahme an den Universitäten ist nicht zuletzt im Hinblick auf die Parlamentswahlen in eineinhalb Jahren von großer Bedeutung. Es geht schließlich um Millionen von potentiellen Wählerinnen und Wählern.

Es geht aber auch um die sogenannte Islamisierung der Universitäten, für die die Konservativen und Radikalen bereits einen hohen Preis bezahlt haben. Sie haben während der achtjährigen Regierungszeit von Präsident Ahmadinedschad nahezu sämtliche Posten, von den Lehrkräften und Rektoren bis zu den einfachen Angestellten, mit ihren treuen Anhänger besetzt. Hunderte von Professoren, die als pro-westlich eingestuft wurden, wurden entlassen und noch mehr Studenten exmatrikuliert. Manche sprachen damals von einem "Staatsstreich" an den Universitäten. Revolutionsführer Chamenei unterstützte die Aktivitäten. Er kritisierte die westlichen Einflüsse an den Universitäten und forderte eine Islamisierung, vor allem in den Geisteswissenschaften.

Unter diesen Umständen war es fraglich, ob das Parlament Farhadi akzeptieren würde. Doch er erhielt überraschend die Zustimmung von 197 Abgeordneten, nur 28 Abgeordnete stimmten gegen ihn, 10 Abgeordnete enthielten sich. Die Zustimmung bedeutet aber keineswegs, dass die Konservativen nicht versuchen werden, auch die Reformpläne des neuen Ministers zu vereiteln.

Der Vorsitzende des mächtigen Wächterrats Ahmad Dschannati, der zu den Hardlinern zählt, bedankte sich laut Medien vom 21. November bei den Abgeordneten für die Ablehnung der vorherigen Kandidaten und warnte zugleich die iranischen Delegierten bei den Atomverhandlungen, "wachsam" zu sein und "Erniedrigungen" nicht hinzunehmen.

Zu den abgelehnten Kandidaten, denen er Verbindungen zu den "Verschwörern" vorwarf, sagte Dschannati, "sie haben ihre Prüfung abgelegt" und damit allen gezeigt, dass sie Lakaien fremder Mächte seien. "Wäre es gerecht, solchen Leuten solche Posten zu übergeben?"

Gerichtet an Präsident Rohani fragte Dschannati, "denkt jener, der diese Leute vorgeschlagen hat, genauso wie sie? Wenn ja, sollte er seine Ansichten revidieren." Dasselbe gelte für die Berater des Präsidenten. Die sollten schleunigst entlassen werden, wenn sie genauso denken, wie die "Verschwörer".

Zu den Atomverhandlungen sagte Dschannati: "Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, denn ich habe keine Ahnung, was dort vor sich geht. Manches wird bekannt gegeben, manches nicht. Vielleicht soll manches nicht bekannt gegeben werden. (...) Habt keine Furcht vor den USA. Verlasset euch auf Gott, er wird euch helfen. Auch der Revolutionsführer unterstützt euch."


DEMONSTRATION VOR DER EHEMALIGEN US-BOTSCHAFT

Am 35. Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran haben tausende Demonstranten vor dem Botschaftsgebäude eine Kundgebung veranstaltet. Dabei wurden US-Flaggen verbrannt. "Tod den USA, Tod Israel, Tod Großbritannien", riefen die Demonstranten.

Ähnliche Demonstrationen werden seit der Botschaftsbesetzung jedes Jahr am 4. November veranstaltet. Allerdings war in diesem Jahr die Zahl der Teilnehmer größer als in den Vorjahren. Es wird vermutet, dass konservative Kräfte, die das Bestreben der Regierung Rohani nach einer Annäherung an den Westen ablehnen, an der Mobilisierung beteiligt waren.

Am 4. November 1979 hatte eine Gruppe, die sich als "islamische Studenten" bezeichnete, die US-Botschaft in Teheran gestürmt und Diplomaten und Botschaftsmitarbeiter in Geiselhaft genommen. Daraufhin hatte Washington die diplomatischen Beziehungen mit Teheran abgebrochen und Sanktionen gegen das Land beschlossen. Es dauerte 444 Tage, bis die Geiseln wieder freigelassen wurden.

Mit der Botschaftsbesetzung sowie der Geiselnahme hat eine Ära der Feindschaft zwischen Iran und den USA begonnen, die bis heute andauert. Allerdings sind seit der Wahl Präsident Rohanis und den Bemühungen seiner Regierung, eine Annäherung an den Westen zu erreichen, die Fronten zwischen Teheran und Washington etwas aufgeweicht.


GHAWAMI ÜBERRASCHEND FREIGELASSEN

Ghontscheh Ghawami, eine Iranerin mit britischem Pass, wurde Agenturmeldungen vom 2. November zufolge von einem Gericht in Teheran zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Nun wurde sie am 23. November nach fast fünfmonatiger Untersuchungshaft überraschend gegen Kaution freigelassen.

Die 26-jährige wurde am 20. Juli, als sie gemeinsam mit anderen Frauen ein Volleyball-Spiel der Männer anschauen wollte, festgenommen. Zur selben Zeit gab es Proteste gegen das Verbot für Frauen, Männerwettkämpfen beizuwohnen. Doch wie Ghawamis Bruder in einem BBC-Interview sagte, wollte Ghontscheh nur das Spiel sehen. Sie sei nicht wegen der Proteste dort gewesen.

Ghawami wurde zunächst freigelassen. Doch als sie ihre persönlichen Sachen abholen wollte, wieder in Haft genommen. Am 22. September erklärte der Stellvertreter des Justizchefs Mohseni Ejehi, die Festnahme von Ghawami habe mit Sport nichts zu tun. Den eigentlichen Grund ihrer Verhaftung nannte er jedoch nicht.

Nach den Pressemeldungen über die Verurteilung Ghawamis sagte ihr Anwalt Mahmud Alisadeh Tabatabai der Agentur Ilna, die Details der Anklage seien ihm nicht bekannt. Zudem sagte er, er habe seine Klientin trotz schriftlicher Zusage nicht vor dem Prozess treffen dürfen.

Das britische Außenministerium zeigte sich besorgt. "Wir sind besorgt über die Grundlagen für diese Anklage, die Verhandlungsführung und die Behandlung von Miss Ghawami in der Haft", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Sie forderte die sofortige Freilassung der Inhaftierten. Auch der britische Premierminister David Cameron hatte bei einem Treffen mit Präsident Rohani im September den Fall angesprochen und ihre Freilassung gefordert.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) bezeichnete das Urteil als "erschütternd". "Es ist empörend, dass eine junge Frau hinter Gittern gebracht wird, nur weil sie friedlich ihre Meinung zur Diskriminierung der Frauen in Iran geäußert hat", sagte die britische AI-Direktorin Kate Allen.

Am 3. November gab Ghawamis Mutter bekannt, ihre Tochter sei aus Protest gegen das ungerechte Vorgehen der Justiz in Hungerstreik getreten. Ihr Bruder sagte laut einer Meldung der AFP vom 4. November: "Ich verstehe nicht, warum sie (die Richter) keine Urteilsbegründung herausgeben, obwohl sie die Entscheidung bereits getroffen haben." Ohne Veröffentlichung des Dokuments hätten die Behörden "keine rechtliche Basis, um sie zu inhaftieren".

Am 10. November erklärte Ejehi der Agentur Ilna zufolge, im Fall Ghawami sei noch kein Urteil gefällt worden. Nicht einmal die Ermittlungen seien abgeschlossen. Laut einem Bericht der Agentur Fars vom 11. November sagte Justizsprecher Hadi Sadeghi, Ghawami sei wegen Propaganda gegen die islamische Staatsordnung angeklagt. "Sie hatte Kontakte mit iranischen Oppositionskreisen und wurde daher wegen Propaganda gegen das Establishment angeklagt." Die Anklage habe somit nichts mit dem Volleyball-Spiel zu tun.


SARAFRAS NEUER PRÄSIDENT DES STAATLICHEN RUNDFUNKS

Laut iranischen Medien ernannte Revolutionsführer Ali Chamenei den 53-jährigen Mohammad Sarafras zum neuen Präsidenten des staatlichen Rundfunks. Sarafras war bislang Leiter des internationalen Dienstes des Staatssenders Irib. In dieser Funktion gründete er den englischsprachigen Nachrichtensender Press-TV, den arabischen Sender Al Alam und den spanischen Sender Hispan-TV.

Wie andere Verantwortliche von iranischen Fernseh- und Rundfunksendern ist auch der Konservative Sarafras mit Sanktionen des Westens belegt. Ihm und seinen Kollegen werden Verbindung zu den Sicherheitsdiensten und die Ausstrahlung von erzwungenen Geständnissen von politischen Häftlingen vorgeworfen.

Sarafras ist der Nachfolger von Esatollah Sarghami, der zehn Jahre lang Irib leitete. Fernsehen und Rundfunk unterliegen in der Islamischen Republik dem Monopol des Staates oder genauer gesagt, dem Monopol der politischen Hardliner. Nachrichten und Berichte sind tendenziös, eine unabhängige Berichterstattung gibt es nicht. Selbst Staatspräsident Rohani kritisierte im August, dass Aktivitäten seiner Regierung verzerrt wiedergegeben würden.

Für die meisten Iraner sind die staatlichen Sender nicht glaubwürdig. Daher ziehen sie es vor, ihre Informationen von ausländischen Sendern zu beziehen.

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KULTUR

• Tod eine Popstars
• Proteste gegen Reise einer iranischen Kultur-Delegation in die USA
• Streit um die Freigabe von kritischen Filmen
• Revolutionsgarden gründen nationales Internet
• Doulatabadi beklagt sich über Missachtung seiner Rechte


TOD EINE POPSTARS

Als der Pop-Sänger Mortesa Paschai starb, nahmen allein in der Hauptstadt Teheran Hunderttausende an seiner Beisetzung teil. Frauen und Männer, Jung und Alt, zumeist schwarz gekleidet, begleiteten den Trauerzug zum Friedhof Beheschte Sahra. Der gesamte Verkehr kam für mehrere Stunden zum Erliegen. "Könnt' ich doch deine Stimme küssen", stand auf einem Plakat. Weinend sangen die Teilnehmer die Lieder des Sängers. Die Ordnungskräfte waren angesichts des unerwarteten Massenauflaufs, der an die Demonstrationszüge während der Revolution erinnerte, machtlos. Eine mit Trauer vermischte Hochstimmung beherrschte einen Tag lang das ganze Land.

Paschai war mit dreißig Jahren am 16. November an einem Krebsleiden gestorben. Er stand noch am Anfang seiner Karriere. Er hatte erst wenige Alben veröffentlicht und war selten öffentlich aufgetreten. Doch seine Texte, zumeist gesellschaftskritisch, machten ihn populär. Seine Beliebtheit, die durch die allgemeine Trauer im ganzen Land zum Ausdruck kam, muss für viele Konservative ein Schock gewesen sein. Wie war es möglich, dass die Gesellschaft, die sie seit 35 Jahren zu islamisieren versuchten, so intensiv um einen Pop-Sänger trauerte, müssen sie sich gefragt haben.


PROTESTE GEGEN REISE EINER IRANISCHEN KULTUR-DELEGATION IN DIE USA

Die Teilnahme einer iranischen Delegation an einer Wirtschafts-Tagung in Pittsburgh (USA) hat sowohl in den USA als auch in Iran Proteste ausgelöst. Wie die BBC am 1. November berichtete, hatten unter anderem Ali Moradchani, iranischer Vizekulturminister, sowie Ali Torabi, Leiter des Musikfestivals Fadschr, an der Tagung teilgenommen. Auch ein Koordinator des US-Außenministeriums gehörte zu den Teilnehmern.

Bei der Veranstaltung, die am 28. Oktober begann, handelte es sich um die siebte Jahrestagung des amerikanischen Nahost-Instituts. Der Tagungsleiter sagte der BBC, bei der Tagung sei kein Wort über Wirtschaft gefallen. Es sei ausschließlich über die kulturellen Beziehungen zwischen Iran und den USA gesprochen worden. Die Webseite "Free Beacon", die den Republikanern nahesteht und zu den Kritikern der Obama-Regierung zählt, bezeichnete die Tagung jedoch als "verdächtig".

Marie Harf, Sprecherin des US-Außenministeriums, entgegnete, es habe nichts Verdächtiges bei der Tagung gegeben. Es sei lediglich über kulturelle Zusammenarbeit und eine mögliche Annäherung zwischen dem Volk Irans und dem der USA gesprochen worden.

Ali Alfoneh vom Institut zur Verteidigung der Demokratie sagte in einem Interview mit "Free Beacon", er könne die Absicht Irans, seine Wirtschaftsbeziehungen zu intensivieren, nachvollziehen. Zugleich äußerte er seine Verwunderung darüber, dass die Behörden den iranischen Teilnehmern die Einreise in die USA erlaubt hätten. Seiner Ansicht nach sei die Teilnahme der iranischen Delegation an der Tagung in Pittsburgh den Interessen der USA bei den Atomverhandlungen nicht dienlich gewesen.

Die iranische Agentur Fars, die zu den Kritikern der Rohani-Regierung gehört, fragte, warum über die ganze Angelegenheit geschwiegen worden sei.

Simin Yasdegerdi Curtis, Leiterin des Nahost-Instituts, hatte die Iraner nach eigenen Angaben zu der Tagung eingeladen. Seit über einem Jahr sei sie bemüht, ein Orchester der Stadt Pittsburgh zu einem Gastspiel nach Teheran zu bringen, sagte sie. Sie habe aber den Plan schließlich aufgegeben, weil sie die damit verbundenen Probleme nicht habe bewältigen können. Das Symphonieorchester von Pittsburgh hatte zuletzt vor vierzig Jahren in Teheran gespielt und damals großen Beifall bekommen.


STREIT UM DIE FREIGABE VON KRITISCHEN FILMEN

Der Minister für Kultur und islamische Führung Ali Dschannati sagte am 20. November in einem Gespräch mit dem hohen Geistlichen Abdollah Dschawadi Amoli in der Heiligen Stadt Ghom laut Medien: "Wir haben Probleme mit Filmen, die von der Vorgängerregierung eine Dreherlaubnis bekommen hatten." Daraufhin meldete sich Dschawad Schamghadri, der ehemalige Verantwortliche für Filme, verärgert zu Wort. Die Äußerung des Ministers diene der Ablenkung. Sie entspreche nicht der Wahrheit.

In einem Interview mit der Agentur Fars sagte Schamghadri am 23. November zu den umstritten Filmen "Ich bin nicht zornig" von Resa Darmischian und "Geschichten" von Rachschan Banietemad: "Selbst wenn wir die Drehgenehmigung für diese beiden Filme erteilt hätten, hätten sie die Genehmigung zur Vorführung in den Kinos nicht bekommen dürfen." Der Regisseur von "Ich bin nicht zornig" habe das ursprüngliche Drehbuch nachträglich umgeschrieben, weil er anscheinend gedacht habe, mit der neuen Regierung sei eine neue Situation eingetreten und er könne nun seine politischen Ansichten im Film versteckt propagieren.

Insgesamt gibt es acht neue Filme, die für Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und dem Parlament gesorgt haben. Der Parlamentsabgeordnete Ahmad Salek hatte im Oktober die Regierung in einem Schreiben aufgefordert, die Aufführung dieser Filme zu verbieten, weil sie nicht mit den "revolutionären Maßstäben" übereinstimmten. Ansonsten werde er von seinem Recht als Abgeordneter Gebrauch machen und gegen die Filme einschreiten, drohte er. "Diese Filme gehen in dieselbe Richtung, die die Verschwörer eingeschlagen haben. Zudem propagieren sie unerlaubte Verhältnisse zwischen Männer und Frauen. Das Parlament wird aufgrund seiner religiösen Pflicht dem Treiben Einhalt gebieten."

Während das Parlament in den letzten Monaten seine Entschlossenheit demonstrierte, gegen die Filme vorzugehen, insistierte das Kulturministerium auf sein Recht, über die Zulassung oder Ablehnung der Filme selbst zu entscheiden. Minister Dschannati sagte, es mache ihm nichts aus, eine "weitere gelbe Karte" vom Parlament zu bekommen. Sein Ministerium werde gemäß seiner eigenen Entscheidung handeln. Diese Position des Ministers wurde von zahlreichen Filmemachern und Schauspielern unterstützt. 150 von ihnen unterzeichneten einen offenen Brief an die Filmbehörde mit der Forderung, die erteilten Genehmigungen aufrechtzuerhalten und nicht vor den illegalen Einmischungen zu kapitulieren.

Auch der Verein der Regisseure veröffentlichte im Oktober eine Erklärung, in der er die Behörde aufforderte, sich der "Einflussnahme" nichtzuständiger Instanzen zu entziehen. Solche Einflußnahmen würden die Behörde schwächen und die Filmemacher verunsichern.

Mit diesen Stellungnahmen wurden die Gerüchte über ein Misstrauensvotum des Parlaments gegen den Kulturminister immer lauter. Schließlich gab der Abgeordnete Hamid Rassai Anfang Oktober in einem Interview mit der Agentur Fars bekannt, dass dem Präsidium des Parlaments ein acht Punkte umfassender Misstrauensantrag gegen den Kulturminister vorgelegt worden sei. Die Proteste von Gläubigen und Geistlichen gegen die "falsche Politik" des Kulturministerium ließen keine weiteren Kompromisse mehr zu, sagte Rassai. Leider habe die ausgesprochene Warnung den Minister nicht dazu bewogen, über seine Politik und seinen eingeschlagenen Kurs nachzudenken. Im Gegenteil, er habe in einer beleidigenden Sprache mehrmals erklärt, dass es ihm nichts ausmachen würde, wenn er noch weitere zehn gelbe Karten erhalten würde.

Die Filmbehörde gab schließlich dem Druck nach und entzog dem Film "Ich bin zornig" die Erlaubnis zur Aufführung mit der Begründung, es brauche Zeit, um die nötigen Änderungsvorschläge vorzunehmen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch die anderen von der Kritik betroffenen Filme dasselbe Schicksal erleiden. Die Reise des Kulturministers nach Ghom und seine Aufwartung bei den geistlichen Instanzen sowie der Rückzieher der Filmbehörde können auch als Versuch gewertet werden, den Angriffen der Konservativen auszuweichen und ein Misstrauensvotum des Parlaments zu verhindern. Die eigentlichen Leidtragenden sind und bleiben aber die Filmemacher.


REVOLUTIONSGARDEN GRÜNDEN NATIONALES INTERNET

Mohammad Resa Naghdi, Leiter der den Revolutionsgarden angegliederten Milizorganisation Basidsch, sagte am 21. November beim Freitagsgebet, seine Organisation werde in den "nächsten Tagen" das nationale unabhängige Internet in Betrieb nehmen.

Das nationale Internet ist ein Thema, über das seit Jahren in Iran kontrovers diskutiert wird. Angestoßen wurde die Diskussion nach der Amtsübernahme von Präsident Ahmadinedschad. Ziel des Vorhabens war die Unabhängigkeit von internationalen Netzwerken und die Erleichterung, Informationen filtern und kontrollieren zu können.

Aus der Äußerung Naghdis ist nicht zu entnehmen, wann das Internet tatsächlich in Betrieb genommen werden soll und auch nicht wie weit das Netzwerk bereits entwickelt ist.

Am 14. November gab der Minister für Kommunikation Mahmud Waesi bekannt, dass in den nächsten 15 Monaten keine Erhöhung der Geschwindigkeit des Internets für Privatnutzer zu erwarten sei. Diese Äußerung ist umso erstaunlicher als derselbe Minister immer wieder kritisiert hatte, dass das Internet zu langsam und für die Nutzer "unwürdig" sei. Voraussetzung für die Erhöhung der Geschwindigkeit des Internets sei die Gründung eines nationalen Internets, sagte der Minister.

Iran gehört weltweit zu den Ländern mit der niedrigsten Internetgeschwindigkeit. In der Regierungszeit von Präsident Ahmadinedschad hieß es immer wieder, mit der Gründung des nationalen Internets werde auch die Geschwindigkeit erheblich steigen. Zugleich verteidigten damals die Minister für Kommunikation das langsame Internet. Der erste Kommunikationsminister unter Ahmadinedschad Mohammad Soltani ordnete 2006 an, die Geschwindigkeit des Internets für Privatnutzer auf höchsten 128 KB pro Sekunde zu beschränken. "Privatnutzer brauchen kein schnelleres Internet", sagte er damals.

Auch seine Nachfolger vertraten diese Ansicht. Der letzte Minister für Kommunikation, Mohammad Hassan Nami, erklärte: "Die Geschwindigkeit ist ausreichend, mehr brauchen wir nicht."

Die Regierung Rohani kritisierte zu Beginn ihrer Amtsübernahme die geringe Geschwindigkeit des Internets und versprach, den Mangel zu beheben und auch die Filterung erheblich einzuschränken. Der neue Minister Waesi beklagte, dass die Vorgängerregierung es seit Jahren versäumt habe, in den Bereich Internet zu investieren. Er habe nun ein Projekt geplant, um den Mangel zu beheben. Nun sagte er: "Die Bandbreite wird in einenhalb Jahren erhöht, so dass am Ende alle zufrieden sein werden."


DOULATABADI BEKLAGT SICH ÜBER MISSACHTUNG SEINER RECHTE

Der zurzeit populärste Schriftsteller Irans, Mahmud Doulatabadi, beklagte sich bei einer Versammlung im Beisein des stellvertretenden Kulturministers Abbas Salehi über die Missachtung seiner Autorenrechte. "Seit Jahren werden meine Rechte, mein Arbeitsrecht, mein Recht auf Altersfürsorge und meine Rechte als Autor mit Füßen getreten", sagte er. Seine Schriften seien von Filmemachern und vom staatlichen Fernsehen geraubt worden.

Doulatabadi verwies auch auf das Schicksal seines international bekannten Romans "Der Colonel". Der Roman ist in mehreren Sprachen erschienen, bislang jedoch nicht in der Originalsprache Persisch. Kürzlich erschien ein Buch unter demselben Titel und dem Namen Doulatabadis in Iran. Offenbar hatte jemand aus der Übersetzung einen persischen Text erstellt, dabei jedoch das Werk total verstümmelt. Ahnungslose Leser kauften das Buch massenhaft. Doulatabadi forderte das Kulturministerium auf, solche Machenschaften zu unterbinden.

Er sei seit Jahrzehnten mit dem Schreiben beschäftigt, sagte Doulatabadi. "Ich gehöre zu diesem Land. Ich liebe meine Heimat." Er sei mehrmals von verschiedenen Staaten eingeladen worden, mit seiner Familie zu emigrieren, aber er habe es stets abgelehnt.

Über die Literatur sagte Doulatabadi, dass das literarische Schreiben eine schöpferische Tätigkeit sei, die in Freiheit stattfinden und den Lesern zur Verfügung gestellt werden müsse. Diese wiederum seien frei zu entscheiden, ob sie das Werk kaufen und lesen wollen oder nicht. Wenn er einen neuen Roman schreibe, überlege er nicht, ob jemand ihn lesen werde. "Ich muss beim Schreiben mit mir zurechtkommen. Manche denken, ich streite gegen die ganze Welt. Ich streite mit niemandem, nur mit mir selbst. Wenn ich dann aus dem furchterregenden Labyrinth des Kampfes herauskomme, mache ich mir keine Gedanken mehr darüber, was andere über das denken, was ich geschrieben habe."

Salehi, der bei seinen Ausführungen auch auf die Äußerungen Doulatabadis einging, sagte, das Kulturministerium reagiere "sehr sensibel" auf Schriften, die ohne Genehmigung auf dem Buchmarkt angeboten werden. Anscheinend sei die Fälschung von "Der Colonel" in Afghanistan gedruckt und dann über die Grenze nach Iran gebracht worden. "Wir werden der Sache nachgehen."

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WIRTSCHAFT

• Atomkonflikt
• "Stop the Bomb" verlangt schärfere Sanktionen
• Deutsche Exporte nach Iran stark angestiegen
• Neues Radarsystem in Betrieb genommen
• Iran baut Raketen-Fabriken in Syrien
• Größte Goldmine im Mittleren Osten in Betrieb genommen
• Anzeige gegen fünf Banken
• Protestversammlung von Arbeitern vor Parlament


ATOMKONFLIKT

Die Verhandlungen zum iranischen Atomkonflikt haben abermals kein Ergebnis gebracht, obgleich alle Beteiligten ihren guten Willen bekundeten, bis zur vereinbarten Frist (24. November) zu einer endgültigen Lösung zu gelangen. Grund für das Scheitern waren folgende, weiterhin ungelöste Fragen: Das Hauptanliegen des Westen waren die drastische Reduzierung der Anzahl der Zentrifugen, die Umwandlung des Schwerwasserreaktors in Arak in einen Leichtwasserreaktor, die Reduzierung des vorhandenen angereicherten Urans und die Kontrollen der Atomanlagen sowie einzelner Militäranlagen durch die Internationale Atomenergieagentur (IAEA). Demgegenüber verlangte Iran die vollständige Rücknahme aller Sanktionen. Hier ein Bericht über die letzte Etappe der Verhandlungen:

Am 3. November berichtete die New York Times mit Verweis auf beteiligte Diplomaten, dass Iran im Rahmen eines "vorläufigen Abkommens" zugestimmt habe, ein Großteil seines angereicherten Urans nach Russland zu exportieren. Die Sprecherin des iranischen Außenministeriums Marsieh Afkham dementierte am nächsten Tag allerdings den Bericht. Es sei ein Versuch, die Atmosphäre vor dem Beginn der Verhandlungen zu vergiften, sagte sie.

Die Sprecherin der neuen EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini bestätigte am 3. November, dass ihre Vorgängerin Catherine Ashton bis zum 24. November weiterhin die EU bei den Atomverhandlungen vertreten werde.

Am 5. November erklärte US-Präsident Barack Obama mit Blick auf die Mehrheit der Republikaner im Kongress auf einer Pressekonferenz in Washington, sollte es mit Iran zu einem "guten Abkommen" kommen, werde er auch die Abgeordneten davon überzeugen, dass Iran nicht mehr in der Lage sei, Atombomben zu bauen. Allerdings, betonte er, sei es nicht leicht, zu einem Abkommen zu gelangen, da das nötige Vertrauen auf beiden Seiten fehle.

Zugleich erklärte Außenminister John Kerry bei seinem Besuch in Paris, man befinde sich auf der letzten Strecke zu einem umfassenden Abkommen mit Iran. Er und sein Amtskollege Laurent Fabius forderten Iran auf, den friedlichen Charakter seines Atomprogramms zu belegen. Iran habe das Recht auf eine friedliche Nutzung der Atomenergie, nicht aber zum Bau einer Atombombe. "Jetzt ist die Zeit reif für politische Lösungen", sagte Kerry. Er sei "sehr hoffnungsvoll, dass es gelingt". Er habe derzeit nicht die Absicht über eine Fristverlängerung zu verhandeln, er wolle "zum Ziel kommen."

Am 9. November begannen die Verhandlungen mit einem Treffen von Kerry und Ashton mit dem iranischen Außenminister Daschawad Sarif in Maskat, der Hauptstadt Omans. Ziel des Treffens war nach den Worten des iranischen Chefunterhändlers Abbas Araghtschi, die nötigen Weichenstellung für die Endphase der Verhandlungen einzuleiten. "In Maskat dürfen wir zwar keinen Durchbruch erwarten, aber eine Weichenstellung dafür schon." Außenminister Sarif kündigte "für die technischen Streitpunkte einige gute Lösungen" an. In Washington warnte Obama: "Es könnte sein, dass wir es nicht schaffen." Es gäbe noch große Differenzen zwischen Iran und den Weltmächten. Der Präsident wehrte sich gegen die Kritik der Republikaner, Iran gegenüber zu weich aufgetreten zu sein. Es seien die "beispiellosen Sanktionen" der USA gewesen, die Iran an den Verhandlungstisch gezwungen hätten. "Unsere oberste Priorität mit Blick auf Iran ist es, sicher zu stellen, dass Iran keine Atomwaffen bekommt." Demgegenüber verlangte Sarif ein Ende der Sanktionen. "Sanktionen haben nie zur Lösung des Problems beigetragen", sagte er vor dem Gespräch in Maskat.

Die Gespräche in Oman seien ein "Schlüsseltreffen, bei dem der Knoten platzen könnte", sagte Araghtschi in einem Interview mit der Webseite von Revolutionsführer Chamenei. Er lobte die Unterstützung, die Chamenei dem Verhandlungsteam gewährt. Chamenei habe dem Team bei der Verhandlungsführung freie Hand gelassen und nur interveniert, wenn er es für nötig gehalten habe. Das habe eine positive Wirkung auf die Verhandlungen gehabt.

Trotz aller Zuversicht endete das trilaterale zehnstündige Treffen zwischen Ashton, Kerry und Sarif in Oman am 10. November ohne ein greifbares Ergebnis. Es gab nicht einmal eine gemeinsame Pressekonferenz. Das US-Außenministerium sprach von "harten, direkten und ernsten" Verhandlungen. Araghtschi sagte laut INSA: "Wir können nicht länger von Fortschritten sprechen. Aber wir sind optimistisch, dass wir eine Einigung erzielen können." Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier warnte, sollte es bis zum Ende der festgesetzten Frist keine Einigung geben, werde es auch in den kommenden Jahren keine Lösung geben.

Demgegenüber warnte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor einer voreiligen Einigung. Die iranische Führung sei weiterhin "reuelos" und "unverbesserlich", sagte er in Jerusalem am 11. November. Er werde die zuständigen Länder in einem Brief entsprechend warnen.

Inmitten der zähen Verhandlungen vereinbarten Iran und Russland ein Abkommen über den Bau von acht neuen Atomreaktoren in Iran. Der bereits aktive Reaktor in Bushehr solle ausgebaut und weitere Reaktoren an noch zu bestimmenden Orten neugebaut werden, teilte der russische Atomkonzern Rosatom am 11. November mit. Der Vertrag wurde in Moskau unterzeichnet.

Am 12. November warnte Irans Präsident Hassan Rohani die USA davor, in den Verhandlungen weiterhin Maximalforderungen zu stellen. Iran habe genügend "Flexibilität" gezeigt. Die US-Regierung solle sich bei den Atomverhandlungen nicht von inneren Problemen beeinflussen lassen, sagte Rohani mit Blick auf den Sieg der Republikaner bei den Kongresswahlen. "Wer nun gewonnen oder verloren hat, geht uns nichts an." Eine Einigung im Atomstreit wäre für die ganze Welt positiv. Die Chance, die sich nun biete, solle man nicht leichtfertig verstreichen lassen.

Auch Parlamentspräsident Ali Laridschani sagte am 17. November bei einem Treffen mit dem russischen Duma-Vorsitzenden in Teheran, gewisse Vorwände der USA und des Westens könnten für die Verhandlungen ein Hindernis darstellen. Die Webseite Tasnim veröffentlichte ein Interview mit dem Parlamentsabgeordneten Ebrahim Karchaneh, der darin behauptet, dass die USA bei dem Treffen in Maskat einen Achtpunkte-Plan vorgelegt hätten, in dem sie eine drastische Reduzierung der Zahl der Zentrifugen, die Stilllegung des Schwerwasserreaktors in Arak, eine Einschränkung der Atomforschung und harte, unangemeldete Inspektionen durch die IAEA gefordert hätten. Karchaneh forderte Rohani auf, standhaft zu bleiben und den Forderungen nicht nachzugeben.

Eine Woche vor dem Ablauf der Frist sagt der britische Außenminister Philip Hammond in London bei einem Treffen mit Kerry: "Ich glaube, dass ein Abkommen möglich ist. Aber wir werden keinen schlechten Deal machen. Diese Verhandlungen sind zäh und Iran muss mehr Flexibilität zeigen, wenn wir Erfolg haben sollen." Kerry bezeichnete die aktuelle Gesprächsrunde als kritisch.

In den letzten Tagen vor dem Ablauf der Frist, in denen mehrere Marathonsitzungen der Beteiligten in Wien stattfanden, zeichnete sich bereits das Scheitern der Verhandlungen ab. Hinter den Kulissen gab es auch einige Einzelgespräche zwischen Kerry und Repräsentanten arabischer Staaten.

Am 19. November zeigte sich der britische Außenminister skeptisch über den Ausgang der Verhandlungen. Er glaube nicht, dass es bis zum 24. zu einer Einigung kommen würde, sagte Hammond bei einem Besuch im lettischen Riga. Bei "guten Fortschritten in die richtige Richtung" sei es aber denkbar, r, die Frist zu verlängern. "Lieber kein Abkommen als ein schlechtes Abkommen", sagte der Minister laut AFP. Einen Tag später zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA den russischen Unterhändler Sergej Rjabkow mit den Worten: "Wenn es keinen neuen Geist gibt, wird es sehr schwierig, zu einer Vereinbarung zu kommen." Die Lage sei "angespannt". Vielleicht werde es nötig sein, dass die Delegierten um neue Anweisungen aus ihren Hauptstädten bäten.

Am selben Tag erklärte der Chef der iranischen Atomenergie-Organisation Ali Akbar Salehi, Iran werde im Streit um den Schwerwasserreaktor in Arak keine weiteren Kompromisse eingehen. Die Angelegenheit habe sich technisch erledigt. Daher gebe es keinen Raum mehr für Verhandlungen.

Am 21. November schien auch Sarif, der stets Optimismus verbreitete, den Glauben an einen Erfolg aufgegeben zu haben. "Es gab wuchtige Diskussionen, aber keine bedeutenden Vorschläge, die es wert sind, in Teheran präsentiert zu werden", sagte er nach den Gesprächen mit Vertretern der 5+1-Gruppe. Kerry sagte die ursprünglich für den 21. November geplante Abreise aus Wien ab und setzte die Verhandlungen fort. Die iranische Nachrichtenagentur IRNA meldete, Kerry habe Iran neue Vorschläge unterbreitet, mit denen er die noch bestehenden Differenzen aus dem Weg zu räumen hoffe. Auch Sarif verlängerte seinen Aufenthalt in Wien. Fabius und Hammond reisten ab.

Steinmeier, der am 22. November in Wien eintraf, erklärte, der Ausgang der Verhandlungen sei noch völlig ungewiss, obgleich die Konfliktparteien einer Lösung "nie näher" gewesen seien als jetzt in Wien. "Nach zehn Jahren Verhandlungen mit Iran kommt jetzt in Wien die Stunde der Wahrheit. (...) Wir müssen das Mögliche tun. Wenn wir das nicht täten, müssten wir uns vorwerfen lassen, dass wir etwas unterlassen haben, das einen Konflikt beenden kann."

Russlands Außenminister Lawrow, der durch Kerry über den Ablauf der Verhandlungen informiert wurde, sagte laut Reuters: "Alle Bestandteile einer Vereinbarung liegen auf dem Tisch." Die Aufgabe sei nun, "ein Paket zu schnüren und politischen Willen zu zeigen." Nötig sei eine Vereinbarung im "Gleichgewicht der Interessen".

Am 23. November schlugen die USA Iran offiziell eine Verlängerung der Verhandlungen vor. Kerry habe dies seinem iranischen Amtskollegen Sarif mitgeteilt, sagte ein Regierungsbeamter laut dpa. Am gleichen Tag hieß es in einer Meldung der AFP unter Berufung auf iranische Diplomaten, Teheran erwäge eine erneute Verlängerung der Verhandlungsfrist. Sollte am 24. "bis zum Nachmittag oder bis zum Abend" keine Einigung erzielt werden, könne die Frist nach den Vorstellungen Teherans verlängert werden. Es gehe dabei "um eine Dauer von sechs Monaten oder einem Jahr".

Am 24. November sagte Steinmeier in einem ARD-Interview: "Wir sind bei diesem komplexen Konflikt in vielen Punkten noch auseinander. Sollten die Verhandlungspartner in Wien "nicht ganz zum Abschluss kommen", werde man "nach Möglichkeiten suchen müssen, dass hier nichts abbricht, sondern der Prozess fortgesetzt werden kann."

Bei den Differenzen handelte es sich erstens um die Anzahl der Zentrifugen. Iran verfügt zurzeit über 20.000 Zentrifugen. Davon sind etwa 10.000 in Betrieb. Iran will die zum Teil alten Zentrifugen modernisieren und die Gesamtzahl deutlich erhöhen. Chamenei nannte einmal die Zahl von 90.000. Der Westen hingegen will Modernisierungen von alten Zentrifugen unterbinden und die Anzahl der Zentrifugen auf 5.000 bis 6.000 reduzieren.

Zweites geht es um den Schwerwasserreaktor in Arak, der nach der Fertigstellung in der Lage wäre, Plutonium zu produzieren, das zum Bau von Atombomben verwendet werden könnte. Daher verlangt der Westen entweder die Stilllegung des Reaktors oder seine Umwandlung in einen Leichtwasserreaktor.

Drittens besteht ein Konflikt über die Sanktionen. Iran fordert die endgültige Aufhebung der Sanktionen, der Westen möchte sie nur aussetzen, um sie im Fall eines Vertragsbruchs sofort wieder in Kraft setzen zu können. Zudem gibt es gegen Iran unterschiedliche Sanktionen. Nicht alle sind im Rahmen des Atomkonflikts verhängt worden. Manche sind Strafmaßnahmen, die aufgrund von Menschenrechtsverletzungen verhängt wurden. Es ist umstritten, ob auch diese aufgehoben bzw. ausgesetzt werden.

Schließlich geht es um die Laufzeit des Vertrags. Während Iran die Zeit auf fünf bis sieben Jahren beschränken möchte, will der Westen mindestens eine zweistellige Anzahl von Jahren festschreiben.

In keinem dieser Punkte konnte bis zum 24. November Einigung erzielt werden. So wurde eine Verlängerung der Verhandlungen bis zum 1. Juli 2015 beschlossen. Rohani gab sich Zuversichtlich, dass es in den kommenden Monaten einen Durchbruch geben werde. Kerry sprach von "echten und wichtigen Fortschritten". Die Verhandlungspartner einigten sich darauf, bis März 2015 ein politisches Abkommen auszuhandeln.

"Wir wären dumm gewesen, wenn wir aufgegeben hätten", sagte Kerry. Doch in den USA regte sich Widerstand. Mehrere Republikaner, darunter Senator Mark Kirk, verlangten eine Verschärfung der Sanktionen gegen Iran. Kirk sagte laut AFP vom 24. November, Irans Mullahs sollte keine Wahl gelassen werden, "außer ihr unerlaubtes Atomprogramm zu demontieren". Der Kongress werde "Iran nicht mehr Zeit geben, um eine Atombombe zu bauen". Die Agentur zitierte auch republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses, darunter den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses Ed Royce, der sagte: "Diese siebenmonatige Verlängerung sollte dazu genutzt werden, die wirtschaftlichen Daumenschrauben für Teheran anzuziehen."

Chamenei betonte in seiner ersten Reaktion, die Islamische Republik werde sich nicht vom Westen "in die Knie" zwingen lassen. "In der Nuklearfrage haben die Arroganten alles daran gesetzt, um Iran in die Knie zu zwingen. Das ist ihnen nicht gelungen, das wird ihnen auch in Zukunft nicht gelingen", hieß es in einer Kurzmittelung auf Twitter.

Die Konservativen nutzten das Scheitern der Verhandlungen für eine spöttische Kritik an der Regierung Rohani. Ihr Sprachrohr, die Tageszeitung Keyhan, warf dem Regierungschef vor, zu viel Hoffnung in die Direktverhandlungen mit den USA gesetzt zu haben, einer Macht, "die für vergossenes Blut von Millionen von Menschen in allen Teilen der Region verantwortlich" sei. Die Zeitung Djawan, die den Revolutionswächtern nahesteht, titelte: "Sieben Monate künstliche Beatmung für die Nukleardiplomatie, Fortsetzung der Sanktionen bis zum Sommer."

Die Zeitung Watan, die der Gruppe Paydari Front um den ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad nahesteht, begnügte sich mit den Titel: "Nichts!". Soll heißen, die

Verhandlungen hätten nichts gebracht. Der Abgeordnete Hamid Rasai, Mitglied der Paydari Front, sagte: "Wir feiern diesen Tag, der gezeigt hat, dass unsere Strategie des Widerstands berechtigt war. Auch wurde der arrogante Charakter der USA und ihrer Zöglinge bestätigt."


"STOP THE BOMB" VERLANGT SCHÄRFERE SANKTIONEN

Nach dem Scheitern der Atomverhandlungen forderte die Israel nahestehende Organisation "Stop the Bomb" schärfere Sanktionen gegen Iran. Die 5+1-Gruppe habe das ursprüngliche Ziel, eine nukleare Bewaffnung Irans zu verhindern, 2013 aufgegeben. Inzwischen gehe es nur noch darum die Zeit zu verlängern, die das Regime in Teheran brauchen würde, um eine Bombe zu bauen. "Die Strategie, mit Iran in gemeinsamen Verhandlungen zu einem Ergebnis zu kommen, ist gescheitert", sagte Stop the Bomb Sprecher Michael Spaney. "Zugeständnisse und Zeitgewinn haben das iranische Regime zu einer nuklearen Schwellenmacht gemacht. Die westlichen Staaten müssen jetzt die Konsequenzen ziehen. Nur Druck und Sanktionen hatten das iranische Regime nach 2010 an den Verhandlungstisch gebracht. Um die Gefahr einer islamischen Atombombe noch abzuwenden, das Israel mit der Vernichtung droht, muss der Druck auf die Islamische Republik jetzt durch neue wirtschaftliche und diplomatische Sanktionen erhöht werden."

Iran seien 2013 substanzielle Zugeständnisse gemacht worden, hieß es weiter in der Stellungnahme. 4,2 Milliarden Dollar aus dem eingefrorenen Guthaben Irans seien freigegeben und Sanktionen in den Bereichen Petrochemie, Autoindustrie und Edelmetalle gelockert worden. "Der fatale Fehler liegt darin, das iranische Regime nicht danach zu beurteilen, was es tut, sondern was man sich von ihm wünscht", sagte Spaney weiter. Von einer Öffnung und Mäßigung könne eineinhalb Jahre nach Rohanis Amtsantritt keine Rede sein.

Laut Spaney soll Chamenei am 9. November einen Plan zur Vernichtung Israels vorgelegt haben. Woher die Information stammt, wird nicht gesagt. Der Redaktion des Iran-Reports ist der Plan nicht bekannt. Spaney erklärte weiter: "Iranische Medien preisen ganz offen iranische Raketenlieferungen an Hamas und Hisbollah. In Syrien hat das Regime seine Intervention verschärft, in Jemen sind seine Verbündeten in die Hauptstadt einmarschiert."


DEUTSCHE EXPORTE NACH IRAN STARK ANGESTIEGEN

Einem Bericht der Agentur Reuters vom 4. November zufolge sind die deutschen Exporte nach Iran in der Zeit von Januar bis August diesen Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 33,7 Prozent gestiegen.

Die deutschen Exporte nach Iran waren in den Jahren 2011, 2012 und 2013 infolge der Sanktionen stark zurückgegangen, 2011 und 2012 jeweils um mehr als 18 Prozent, 2013 sogar um 26 Prozent.

Grund für den Anstieg im laufenden Jahr war die Lockerung der Sanktionen, die gemäß einem vorläufigen Abkommen zwischen Iran und der 5+1-Gruppe , das im November vergangenen Jahres geschlossen wurde. "Diese relativ kleinen Schritte haben einen großen Hebel in Bewegung gesetzt", sagte Außenwirtschaftsexperte Jens Nagel vom Exportverband BGA laut Reuters. "Deutschland ist traditionell der wichtigste Handelspartner Irans in Europa. Von einer Entspannung könnte die deutsche Wirtschaft besonders profitieren. (...) Das Land besitzt eine konsumfreudige Mittelschicht, viele sehr gut ausgebildete Fachleute und jede Menge Bodenschätze. Iran ist seit Jahrzehnten vom Welthandel isoliert. Es hat deshalb einen hohen Nachholbedarf an Investitionen, etwa in der Infrastruktur, in Industrieanlagen und in der Ölindustrie."

Ob die Erwartungen der deutschen Wirtschaft erfüllt werden, hinge von der weiteren politischen Entwicklung ab, sagte Nagel weiter. Noch sei es wegen der weiter bestehenden Sanktionen schwierig, Zahlungen abzuwickeln. "Banken drohen bei Verstößen gegen Sanktionen harte US-Strafen."


NEUES RADARSYSTEM IN BETRIEB GENOMMEN

Einer Meldung der AP vom 11. November zufolge hat Iran ein neues Radarsystem von großer Reichweite in Betrieb genommen. Das System, das den Namen Sepehr (Himmel) trägt, ist in der Lage, Flugobjekte zu entdecken, die über 2.500 Kilometer entfernt sind.

Wie weit diese Angaben den Tatsachen entsprechen, kann nicht von unabhängiger Seite geprüft werden. Fest steht aber, dass Iran seit 1992 mit dem Ausbau seiner Verteidigungsindustrie begonnen und inzwischen große Fortschritte erzielt hat. Dazu gehören unter anderem Boden-Boden-Raketen mit einer Reichweite von rund 2.000 Kilometern, ebenso wie Drohnen.


IRAN BAUT RAKETEN-FABRIKEN IN SYRIEN

Der Oberkommandierende der Luftwaffe der Revolutionsgarden (Pasdaran) General Amirali Hadschsadeh erläuterte in einem Interview mit der Agentur Fars am 11. November die Entwicklung der Raketenindustrie in Iran. Die Entstehung dieser Industrie gehe zurück in die ersten Jahre des iranisch-irakischen Kriegs (1980-1988). Damals gehörte Libyen zu den wenigen Staaten, die Iran im Krieg unterstützten. Mitglieder der Pasdaran hätten damals in Libyen zwei Raketentypen ausgewählt und versucht, diese in Iran nachzubauen.

Später als der Krieg sich zuspitzte, hätten die Sowjetunion und die USA Libyen unter Druck gesetzt, um die Unterstützung Irans aufzugeben. Daraufhin erteilte der damalige Herrscher in Libyen, Muammar Gaddafi, den militärischen Gesandten Irans die Anweisung, die Arbeit an den Raketen einzustellen und die Ersatzteile mitzunehmen, sagte Hadschsadeh.

Der General fuhr fort, Iran habe sich dann an Nordkorea gewandt und deren Raketen nachgebaut. Die Raketenindustrie sei auch nach dem Waffenstillstand mit dem Irak weiterentwickelt worden. Schließlich hätten die Pasdaran den ersten Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zur Produktion und Lieferung von Raketen abschließen können.

Ziel der Raketen mit einer Reichweite von über eintausend Kilometern sei Israel gewesen. Daher wurden auch die Abschussbasen an der westlichen Grenze Irans errichtet, sagte der General. Doch in den Jahren danach seien Raketen mit einer Reichweite von über 2.000 Kilometern gebaut worden. Davon seien inzwischen ausreichend hergestellt worden. Iran brauche nicht mehr ausländische Raketen zu kopieren. Die in den letzten Jahren produzierten Raken seien in Iran entwickelt und gebaut worden.

Weiter sagte Hadschsadeh, selbst Staaten wie Syrien, die uns früher beim Bau von Raketen unterstützten, kaufen heute unsere Raketen. "Die Raketen-Fabriken in Syrien wurden von uns gebaut, sie produzieren jetzt die von uns konstruierten Raketen."

"Der Westen sei nicht mehr in der Lage, uns eine Einschränkung unserer Raketenproduktion aufzuzwingen, deshalb wollen sie mit uns darüber verhandeln. Hier bestimmen wir und nicht der Westen", sagte der General.


GRÖßTE GOLDMINE IM MITTLEREN OSTEN IN BETRIEB GENOMMEN

Den Angaben der Regierung zufolge, wurde die "größte Goldmine im Mittleren Osten" in Takab, in der Provinz West-Aserbaidschan am 15. November in Betrieb genommen. Damit werde die jährliche Goldproduktion um 3.000 Kilogramm auf rund fünfeinhalb Tonnen steigen.

Mehdi Karbasian, Leiter des Amtes für die Entwicklung des Bergbaus, sagte nach der Eröffnung der Mine den anwesenden Journalisten: "In dieser Anlage befinden sich nach ersten Schätzungen 55 Tonnen Gold." Die jüngsten Forschungen gehen sogar von 110 Tonnen Gold aus. Die Ausgrabung werde von einem iranischen Unternehmen getätigt. Damit seien die Kosten um ein Drittel geringer als international üblich. Ohnehin habe Iran aufgrund der bestehenden Sanktionen kein ausländisches Unternehmen beauftragen können.

Die Investitionen für diese Anlage liegen nach Angaben von Karbasian bei 170 Milliarden Tuman (rund 50 Millionen Euro). Die vorbereitenden Forschungsarbeiten seien im Laufe der letzten vier Jahre von kanadischen, britischen und südafrikanischen Experten geleistet worden.


ANZEIGE GEGEN FÜNF BANKEN

Angehörige von US-Soldaten im Irak, die bei Anschlägen mit mutmaßlicher Beteiligung Irans getötet oder verletzt wurden, haben in New York gegen fünf europäische Großbanken Anklage erhoben. Es handelt sich dabei um die HSBC (Hongkong & Shanghai Banking Corporation) mit Sitz in London, Credit Suisse, Standard Chartered, Royal Bank of Scotland und Barclays. Die Kläger behaupten, die genannten Banken haben durch die Geschäfte mit Iran terroristische Aktivitäten unterstützt.

Diese Banken haben bereits im Zuge von Prozessen der US-Regierung hunderte Millionen Dollar an Strafe bezahlt wegen Missachtung der Sanktionen gegen Iran.

Die über 200 Kläger verweisen auf mehr als 50 Fälle, bei denen Anschläge auf US-Soldaten im Irak verübt wurden. Sie werfen den Banken vor, bewusst Sanktionen umgangen und Iran bei der Durchführung terroristischer Aktivität unterstützt zu haben. Ausdrücklich genannt werden die Anschläge, die durch die Hisbollah sowie die Al Kuds Brigade im Irak verübt wurden. "Iran hat das weltweite Banksystem genutzt und nutzt es immer noch, um Sanktionen der USA und anderer Länder zu umgehen und hunderte von Millionen Dollar zu verschieben" behaupten die Kläger. Mit dem Geld habe Iran nicht nur terroristische Aktivitäten unterstützt, sondern auch Technologie gekauft, um Massenvernichtungswaffen zu produzieren.

In der Anklageschrift heißt es, die Banken hätten die Mittel bereitgestellt, mit denen Iran die genannten Organisationen mit 150 Millionen Dollar finanziert habe. Die Anwaltskanzlei, die die Kläger vertritt, erklärte, Iran habe internationale Banken benutzt, um die Sanktionen zu umgehen. Dadurch sei es möglich geworden, hunderte Millionen Dollar zu transferieren. Allerdings erklärte einer der Anwälte in einem Interview mit der New York Times am 11. November, es sei noch nicht klar, ob es möglich sei, die Banken wegen Geldüberweisung an die Hisbollah anzuklagen.

Bei den Terroranschlägen handelt es sich um jene zwischen 2003 und 2011. Diese seien von Gruppen verübt worden, die von Hisbollah oder Al Kuds bewaffnet und ausgebildet worden seien, behaupten die Kläger. Die Anzeige stütz sich auf ein Gesetz, das 1992 in den USA verabschiedet wurde. Demnach haben durch Terroranschläge Geschädigte sowie deren Angehörige das Recht, von allen an den Anschläge Beteiligten Schadensersatz zu verlangen.


PROTESTVERSAMMLUNG VON ARBEITERN VOR PARLAMENT

Mehrere hundert Arbeiter aus der Bauindustrie haben am 16. November vor dem Parlament gegen die Änderung der Sozialversicherungsgesetze eine Protestkundgebung veranstaltet. Konkret wandten sich die Demonstranten gegen einen Beschluss des Gesundheitsausschusses, der vorsieht, Bauunternehmer zu verpflichten, 12 Prozent ihres Gewinns für die Sozialversicherung der Werktätigen auszugeben. Nach Ansicht der Arbeiter führe dies zu einem Abbau von Sozialversicherungsleistungen. Der Beschluss würde - sollte er vom Parlament verabschiedet werden - dazu führen, dass rund eine Million Arbeiter ohne Versicherung blieben, erklärten die Demonstranten. Zudem würde die Hälfte der zurzeit 800.000 Versicherten ihre soziale Fürsorge verlieren.

Gleichzeitig mit den Bauarbeitern versammelten sich rund hundert entlassene Arbeiter aus der petrochemischen Industrie aus Ilam. Sie protestierten, weil ihr ehemaliger Arbeitgeber es ihnen nicht erlaubt, an ihre Arbeitsplätze zurückzukehren. Für ihre monatelang geleistete Arbeit haben sie keinen Lohn erhalten. Das Arbeitsamt hatte die Werksleitung verpflichtet, die entlassenen Arbeiter wieder aufzunehmen.

Ein Arbeiter sagte der Agentur Ilam, die Arbeitgeber ignorierten sogar ein Gerichtsurteil zur Auszahlung der ausstehenden Löhne. Den Arbeitern gehe es vor allem um die Sicherheit der Arbeitsplätze. Die Arbeitgeber weigerten sich, längerfristige Arbeitsverträge zu akzeptieren. Sie seien nur zum Abschluss von Verträgen für die Dauer von einem Monat oder höchstens 45 Tagen bereit. Die Arbeiter hingegen verlangten als Mindeststandard Einjahresverträge.

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AUSSENPOLITIK

• US-Sanktionsgesetz gegen Iran wird verlängert
• Obamas Brief beantwortet
• Wandel in der Iran-Politik der USA?
• Omans Außenminister in Teheran
• Iran bereit für legale Waffenlieferungen an Irak
• Einreise für zwei UN-Menschenrechtsberichterstatter erlaubt
• Netanjahu lehnt Einbeziehung Irans im Kampf gegen IS ab


US-SANKTIONSGESETZ GEGEN IRAN WIRD VERLÄNGERT

Präsident Barack Obama hat in einem Schreiben an den Kongress bekannt gegeben, dass er entschieden habe, die vor 35 Jahren beschlossenen Sanktionen gegen Iran um ein weiteres Jahr zu verlängern. Grund für die Verlängerung sei, dass "unsere Beziehungen zu Iran noch nicht zur Normalität zurückgekehrt seien", heißt es in dem Schreiben. Die Vereinbarung von Algier, die 1981 von Iran und den USA unterzeichnet wurde und die Geiselaffäre beendete, sei immer noch nicht umgesetzt worden.

In der Vereinbarung wurden die Freilassung von US-Diplomaten, die sich in iranischer Geiselhaft befanden, sowie die Aufhebung eines Teils der von den USA verhängten Sanktionen gegen Iran geregelt. Ein anderer Teil von Sanktionen, die den militärischen Bereich, den Import iranischen Öls sowie das Einfrieren iranischer Guthaben bei US-Banken betrafen, blieb von der Vereinbarung jedoch unberührt.

Grundlage der Sanktionen war ein Schreiben des damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter vom 14. November 1979 an den Kongress, in dem es hieß: Da die gegenwärtige Lage in Iran eine außerordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit, die Wirtschaft und die Außenpolitik der Vereinigten Staaten darstelle, habe er angeordnet, das Gesetz zum wirtschaftlichen Ausnahmezustand gegenüber Iran anzuwenden. Die Verordnung ermöglichte der Regierung, Sanktionen gegen Iran zu verhängen.

Dem Gesetzt nach ist die Dauer der Sanktionen auf ein Jahr beschränkt, es sei denn, der Präsident teilt dem Kongress eine Verlängerung um ein weiteres Jahr mit. Am 17. November jährte sich die Verhängung der Sanktionen erneut. In den vergangenen 35 Jahren haben die jeweils amtierenden US-Präsidenten regelmäßig eine Verlängerung der Sanktionen beschlossen. So auch Obama in diesem Jahr.

Zusätzliche Sanktionen der USA erfolgten im Rahmen des Atomkonflikts. Neben den von der UNO und der EU beschlossenen Sanktionen, haben die USA weitergehende Sanktionen gegen Iran beschlossen, die die iranische Wirtschaft mit am härtesten getroffen haben.


OBAMAS BRIEF BEANTWORTET

Wie der Sekretär des Obersten Nationalen Sicherheitsrats Ali Schamchani am 12. November im Fernsehen bekannt gab, hat Iran das kürzlich von Präsident Barack Obama an Ali Chamenei gerichtete Schreiben beantwortet. Aus Schamchanis Äußerung wurde aber nicht klar, ob Chamenei selbst den Brief beantwortet hat. Zu dem Inhalt sagte er nur, dass es um das iranische Atomprogramm gegangen sei.

Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf zuverlässige Quellen am 7. November berichtete, hatte Präsident Obama einen Brief an Chamenei geschrieben, in dem er eine Zusammenarbeit im Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat in Aussicht stellte, vorausgesetzt Iran würde bei der Lösung des Atomkonflikts aktiv mitwirken.

Obama hatte bereits mehrmals Briefe an Chamenei geschrieben, ist jedoch nicht der erste US-Präsident der dies tat. Gleichwohl machen Obamas bislang vier Briefe an Chamenei deutlich, dass er noch stärker als seine Vorgänger an einer bilateralen Konfliktlösung zwischen den beiden Staaten interessiert ist. Normalerweise wird vor allem auf iranischer Seite die Korrespondenz geheim gehalten.

Im Zuge der Unruhen von 2009 nahm Chamenei zum ersten Mal Bezug auf ein Schreiben von Obama. Bei einer Predigt in Teheran sagte er, der amerikanische Präsident solle gesagt haben, er habe auf den Tag gewartet, an dem die Menschen in Iran zu Protesten auf die Straße gehen. "Sie (die Amerikaner) schreiben uns Briefe, zeigen sich an Beziehungen zu uns interessiert, erweisen uns Achtung. Auf der anderen Seite hegen sie solche Erwartung. Woran sollen wir nun glauben?"

Im September 2009 schickt Obama einen zweiten Brief an Chamenei. Das gab die Webseite Tabnak bekannt. Sie schrieb, Chamenei habe den ersten Brief von Obama beantwortet. Zwar sei der Inhalt des zweiten Schreibens nicht genau bekannt, aber es sei aus dem Kreis um Chamenei durchgesickert, dass Obama die Wiederaufnahme von Verhandlungen über den Atomkonflikt vorgeschlagen habe. Auch die Times berichtete damals über den Brief Obamas, bei dem es um "bessere Beziehungen" zwischen den beiden Staaten gegangen sein soll.

Zwei Monate später erwähnte Chamenei den Brief. Er sagte: "Derselbe US-Präsident äußerte schöne Worte, die er auch an mich richtete, mündlich und schriftlich. Lasst uns ein neues Kapitel aufschlagen, neue Voraussetzungen schaffen, lasst uns gemeinsam an der Lösung der Probleme arbeiten." Weiter verkündete Chamenei, "lassen wir die Vorurteile beiseite, urteilen wir nach den Taten."

Den dritten Brief von Obama an Chamenei gab der Parlamentsabgeordnete Ali Mottahari im September 2011 bekannt. In einem Interview mit der Agentur Fars sagte Mottahari, der Brief enthalte teils Drohungen, teils freundliche Offerten. Geschrieben wurde der Brief zu der Zeit, in der die Verhandlungen über den Atomkonflikt ins Stocken geraten waren. Die EU erwägte harte Sanktionen gegen den iranischen Ölexport und Iran drohte mit der Schließung der Straße von Hormoz am Persischen Golf. Laut Mottahari schrieb Obama, die Schließung der Straße von Hormoz stelle für die USA eine rote Linie dar. Etwas später verhängte die EU Sanktionen gegen den iranischen Ölexport, aber die Straße von Hormoz blieb offen. "Sanktionen werden Iran nicht zum Nachgeben zwingen", sagte Chamenei.

Der vierte Brief Obamas, der nicht von iranischer Seite, sondern von amerikanischer Seite bekannt gegeben wurde, traf ein, als sich zwischen Teheran und Washington ein Tauwetter anbahnte. Die Außenminister beider Staaten hatten sich mehrmals getroffen und die Präsidenten Obama und Rohani hatten miteinander telefoniert.

Neben den Briefen Obamas hat es in den vergangenen dreißig Jahren mehrere geheime Treffen zwischen amerikanischen und iranischen Unterhändlern gegeben, auch zur Zeit der Regierung Ahmadinedschads. Zuletzt fanden die geheimen Gespräche durch die Vermittlung von Oman statt.


WANDEL IN DER IRAN-POLITIK DER USA?

Der Stellvertreter des ehemaligen US-Botschafters in Teheran Charles Nass, der sich in den Tagen des Ausbruchs der iranischen Revolution 1979 in Iran aufhielt, hat über die neue politische Strategie der USA einen interessanten Artikel geschrieben, den das persischsprachige Programm der BBC am 24. November in einer persischen Übersetzung veröffentlichte. Im Folgenden einige gestraffte Auszüge des Artikels von Charles Nass:

Wir werden sehen, ob Barack Obamas Bemühungen um eine Einigung im Atomstreit mit Iran Erfolg haben wird oder nicht. Seit den neuen Verhandlungen ist ein Jahr vergangen, es wurden zehntausende Worte ausgetauscht, von denen die meisten eine Reduzierung iranischer Zentrifugen und die Beschleunigung des Abbaus der Sanktionen betrafen. Obama hat in diesen Verhandlungen politisch viel investiert. Eine Niederlage könnte bedeuten, dass der Versuch, im Nahen und Mittleren Osten einen politischen und militärischen Kräfteausgleich zu erreichen, gescheitert ist.

Um die Logik der strategischen Überlegungen Obamas zu begreifen, ist der jüngste Brief Obamas an Irans Revolutionsführer Ali Chamenei an gutes Beispiel. Den Berichten zufolge, hat Obama Chamenei in diesem Brief vorgeschlagen, gemeinsam im Irak und in Syrien gegen den Islamischen Staat zu kämpfen.

Allmählich beginnt das Eis aufzutauen, auf dem die amerikanisch-iranischen Beziehungen über lange Jahre lagen. Aber noch ist nicht klar, wohin der Weg führt. Die Wahl Hassan Rohanis im vergangenen Jahr und die Rückendeckung, die ihm Chamenei bei den Atomverhandlungen gewährt, zeugen nicht nur von dem wirtschaftlichen Druck der Sanktionen auf Iran, sie sind auch ein Indiz dafür, dass die harten revolutionären Positionen Irans allmählich aufweichen.

Sowohl Iran als auch die USA sind besorgt über die Entwicklungen in der Region, die möglicherweise zu einem Chaos im Nahen und Mittleren Osten führen könnten.

Auf der anderen Seite bedurfte die Nahost-Politik der Vereinigten Staaten, insbesondere ihr Bündnis mit Israel und den sunnitischen Herrschern in der Region, einer Revision. Obama wollte mit Blick auf Iran eine Neugestaltung der Nahoststrategie der USA herbeiführen.

Der Nahe Osten hat die bisherige Strategie der USA mehr als andere Regionen der Welt faktisch abgelehnt. Zugleich haben die Staaten in der Region es jedoch nicht vermocht, zu einer gemeinsamen Position gegenüber den USA zu gelangen. Zurzeit sind die USA dabei, das Scheitern ihrer Strategie im Nahen Osten aufzuarbeiten. Dieses Scheitern zeigt sich in mehrfacher Hinsicht:

• im Auftauchen von modernen und gut ausgerüsteten paramilitärischen Organisationen mit extrem islamistischer Ausrichtung
• in neuen Kämpfen zwischen verschiedenen politischen und religiösen Fraktionen innerhalb des Islam
• in der enormen Zunahme von antiwestlichen, insbesondere antiamerikanischen Stimmungen im Nahen und Mittleren Osten
• in Ablehnung und Feindschaft gegenüber der engen Beziehung zwischen den USA und Israel
• in Versuchen zur Neuordnung der Staatsgrenzen.

Parallel zu alledem haben die Wirtschaftshilfen der USA an sunnitische Milizen, die mit arabischen Königshäusern in Verbindung stehen, eine gigantische Macht hervorgebracht, die sich nun gegen die Interessen der Vereinigten Staaten richtet.

Die Regierung von George W. Bush stützte sich bei der Bewältigung der Probleme in der Region auf das militärische Potenzial der USA. Der Krieg gegen Afghanistan und Irak sind zwei markante Beispiele hierfür. Beide Kriege haben zunächst kleine Erfolge erzielt, aber zugleich neue Konflikte hervorgebracht, soweit, dass heute in diesen Staaten kein Kräfteausgleich mehr existiert und keine innere Einheit mehr besteht.

Obama hat die Gefahren, die mit dieser Strategie verbunden sind, verstanden und versuchte die Nahostpolitik neu zu ordnen. Sein Bestreben war es, die militärische Präsenz in Afghanistan und im Irak zu beenden und stattdessen stärker politisch zu agieren. Er widmete sich zunächst dem Konflikt zwischen Israel und Palästina. Er war sogar bis vor wenigen Monaten unentschlossen, ob er militärisch in Syrien eingreifen sollte, denn ihm waren die Folgen solcher Interventionen bewusst.

Die zweite Priorität, die er setzte, war eine politische Wende in dem 35-jährigen Kalten Krieg zwischen Iran und den USA. Dazu brauchte er zunächst eine Antwort auf die Befürchtungen der Staaten in der Region, die sich durch das iranische Atomprogramm bedroht sahen. Nur so hätte der Weg für eine neue Beziehung zwischen den USA und Iran geebnet werden können.

Allerdings musste der Präsident sich auch mit den Folgen des Irak-Kriegs auseinandersetzen. Nach dem Abzug der US-Streitkräfte aus dem Irak hatte Obama erklärt, dass es keine militärische Rückkehr in den Irak geben werde. Doch in diesem Jahr haben sämtliche Militärs erklärt, dass man sich mit Luftangriffen gegen den IS nicht begnügen könne und die Gefahr, die vom Islamischen Staat ausgehe, ohne Bodentruppen nicht zu bewältigen sei.

Wer außer den USA sei in der Lage, den IS zurückzudrängen, die Türkei, die Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Jordanien oder Ägypten?

Die gegenwärtige Lage zwingt die USA zur Kooperation. Ob wir wollen oder nicht, Iran kann beim Kampf gegen den IS eine wichtige Rolle spielen und zugleich entscheidend an einer Lösung für den Konflikt in Syrien mitwirken.

Unter den gegebenen Umständen macht die Isolierung Syriens keinen Sinn. Mag sein, dass die Innenpolitik des syrischen Regimes "widerwärtig" ist. Aber der syrische Führer hat den Amerikanern keinen Schaden zugefügt. Vielleicht ist die Zeit gekommen, die Rolle des syrischen Regimes und dessen Vorgehen gegen den IS und andere terroristische Gruppen, die sich in dem Land austoben, genauer zu untersuchen.

Bedauerlicherweise gibt es für die Probleme des Nahen Ostens keine einfache Lösung. Jeder Vorschlag zu einer Kooperation mit Iran wird auf harten Widerstand der Konservativen in den USA stoßen, die Iran misstrauen und unter dem Druck israelischer Lobbyisten, arabischer Scheichtümer und der Türkei stehen. Daher wird eine Lösung vermutlich kurzfristig nicht möglich sein.


OMANS AUßENMINISTER IN TEHERAN

Einem Bericht der Agentur Irna zufolge traf der Außenminister Omans Yussuf bin Alawi am 15. November zu einem inoffiziellen Besuch in Teheran ein. Zuvor war er Gastgeber bei den Verhandlungen Irans und der 5+1-Gruppe zum iranischen Atomkonflikt in Maskat, der Hauptstadt Omans.

Sein Besuch in Teheran, bei dem er Gespräche mit Präsident Rohani und Außenminister Sarif führte, fand kurz vor den letzten Atomverhandlungen in Wien und acht Tage vor dem Ablauf der für die Verhandlungen festgesetzten Frist statt. Irna zufolge wurden bei den Gesprächen die Lage in der Region und der Kampf gegen Terrorismus und Extremismus erörtert. Oman spielt schon seit Jahren die Rolle des Vermittlers zwischen Iran und den USA. Vertreter beider Staaten haben sich oft zu geheimen Verhandlungen in Oman getroffen.

Seit vierzig Jahren bestehen zwischen Iran und Oman besondere Beziehungen. Oman spielte zuletzt bei der Wiederaufnahme der Atomverhandlungen eine wichtige Rolle. Berichte über den schlechten gesundheitlichen Zustand des Herrschers von Oman, Sultan Qabus ibn Said, lassen befürchten, dass die guten Beziehungen zwischen den beiden Staaten nicht von langer Dauer sein werden. Denn es ist anzunehmen, dass der Nachfolger von Qabus nicht über die gleiche Autorität verfügen wird, mit der Qabus dem Druck aus den arabischen Staaten widerstand.

Qabus besitzt seit 1974 ein Schloss in Bayern, in dem er sich jedes Jahr im Sommer für einige Wochen aufhält. Doch in diesem Jahr ist er wegen medizinischer Behandlung noch nicht in die Heimat zurückgekehrt. Wie Medien in Deutschland berichteten, führt der König seine Geschäfte von Bayern aus.

Die lange Abwesenheit bereitet seinen Anhängern große Sorgen, obwohl die Regierung immer wieder betont, dass der König nicht ernsthaft krank sei. Genaue Angabe über seinen gesundheitlichen Zustand gibt es nicht. Es wird vermutet, dass er unter Darmkrebs leidet.

Qabus ist der dienstälteste Herrscher in der Region. Er übernahm 1970 die Staatsführung durch einen unblutigen Staatsstreich gegen seinen Vater, den er in die Verbannung schickte. Kurz nach der Machtübernahme gab es in der Provinz Djoffar eine Rebellion gegen ihn, die durch die Armee des Schahs von Iran niedergeschlagen wurde. Dafür scheint er immer noch dankbar zu sein.

Außenpolitisch hat sich Oman stets um gute internationale und regionale Beziehungen bemüht. Neben engen Beziehungen zu westlichen Staaten ist Oman Mitglied des Golfkooperationsrats, der zwei Jahre nach der Revolution in Iran gegründet wurde, um die vermeintliche Gefahr, die von Iran ausgeht, abwehren zu können. Dennoch hat sich Oman, im Gegensatz zu den anderen Mitgliedstaaten, stets um gute Beziehungen zu Iran bemüht. Diese ermöglichten dem kleinen Königreich, sich seine Unabhängigkeit gegenüber dem großen Bruder Saudi Arabien zu bewahren.

Laut der Dokumente, die von Wikileaks veröffentlicht wurden, empfahl Saudi-Arabien den USA im Atomstreit, hart gegen Iran vorzugehen. "Man müsse der Schlange den Kopf abschlagen", wurde der saudische König zitiert. Demgegenüber meinte Omans Außenminister, ein atomar bewaffnetes Iran müsse nicht unbedingt destabilisierend für die Region sein. Aus den Dokumenten geht ebenfalls hervor, dass Oman sich stets um die Vermittlung zwischen Iran und den USA bemüht hat, sogar vor der Amtsübernahme Präsident Obamas.

Abgesehen von den traditionell guten Beziehungen zwischen Teheran und Maskat, spielt die Nachbarschaft dies- und jenseits der Straße von Hormoz für die Stabilität der Beziehungen der beiden Staaten eine wichtige Rolle. Beide Staaten sind für die Sicherheit des Seewegs, auf über den rund 40 Prozent des weltweiten Ölexports abgewickelt werden, verantwortlich.

Oman hat nicht nur im Atomkonflikt, sondern auch bei anderen Konflikten zwischen Iran und dem Westen vermittelt. Ein bekannter Fall war die Freilassung der drei US-Staatsbürger aus iranischer Haft 2010, für die Oman eine hohe Kaution bezahlt hat. Die Freigelassenen wurden mit einer königlichen Sondermaschine zunächst nach Maskat geflogen, bevor sie in die USA weiterreisten. Auch einige iranische Gefangene im Westen wurden durch Omans Vermittlung freigelassen.

Trotz enger Beziehungen zwischen Teheran und Maskat hat Sultan Qabus in den ersten drei Jahrzehnten der Islamischen Republik kein Mal Iran besucht. Sein erster Besuch fand ausgerechnet im Sommer 2009 statt, als die Unruhen bei der Wiederwahl von Präsident Ahmadinedschad ihren Höhepunkt erreichten. Teheran war für diesen Besuch sehr dankbar, denn das Land war wegen der Proteste gerade international in die Isolation geraten.

Zuletzt war Qabus im Sommer 2013, wenige Wochen nach Rohanis Wahl zu Besuch in Teheran. Bereits damals gab es Gerüchte, dass Oman sich seit einem Jahr um die Vermittlung zwischen Teheran und Washington bemühe. Wenige Monate später wurden diese Gerüchte bestätigt. Das Bekanntwerden der Rolle Omans erzeugte bei den arabischen Golfstaaten viel Unmut. Doch Oman erklärte, diese Aktivitäten dienten der Sicherheit und Stabilität der Golfregion.

Sollten die Atomverhandlungen erfolgreich enden, könnte auch Oman dies als einen Erfolg für sich verbuchen.


IRAN BEREIT FÜR LEGALE WAFFENLIEFERUNGEN AN IRAK

Der Oberkommandierende der iranischen Streitkräfte General Hassan Firuzabadi bestätigte die Präsenz iranischer Militärs im Irak zur Unterstützung des Kampfes gegen den sogenannten Islamischen Staat. Er erklärte, die Islamische Republik sei bereit, falls die irakische Regierung es wünsche, legal Waffen an den Nachbarstaat zu liefern. "Iraks Sicherheit ist auch unsere Sicherheit", sagte er am 22. November auf einer Pressekonferenz in Teheran. "Wir können uns gegenüber dem Unrecht, das dem irakischen Volk widerfährt, nicht gleichgültig verhalten." Zugleich sagte er, dass sich nach dem Aufruf geistlicher Instanzen im Irak massenhaft Gläubige den kämpfenden Soldaten angeschlossen hätten. Daher sei Irak nicht auf eine militärische Hilfe von außen angewiesen.

Iran ist unterschiedlichen Berichten zufolge schon seit langem militärisch im Irak präsent. Auch die USA und ihre Verbündeten nehmen aktiv an dem Kampf gegen den IS teil. Ob und wieweit es eine Kooperation zwischen Teheran und Washington im Irak gib, ist nicht eindeutig klar. Manche Medien berichten von geheimen Absprachen zwischen Teheran und Washington.


EINREISE FÜR ZWEI UN-MENSCHENRECHTSBERICHTERSTATTER ERLAUBT

Zum ersten Mal nach einem Jahrzehnt hat Iran die Einreise für zwei UN-Menschenrechtsberichterstatter erlaubt. Hadi Sadeghi, der kulturpolitische Stellvertreter des Justizchefs, gab bei einem Interview mit den Agenturen Fars und Tasni am 12. November bekannt, dass zwei Berichterstattern der UNO die Einreise nach Iran erlaubt worden sei. Dies habe er mit dem neuen Vorsitzenden des UN-Menschenrechtsrats vereinbar.

Der UN-Sonderbeauftragte für Menschenrechte in Iran Ahmad Shahid durfte trotz mehrmaligen Antrags nie nach Iran reisen. Iran hat Shahids bisherige Berichte immer wieder scharf kritisiert. Auch Sadeghi meinte, Shahid sei nicht fair in seinen Berichten. "Sein Verhalten und seine Äußerungen zeigen, dass er Iran gegenüber nicht neutral ist", sagte Sadeghi.

Der UNO-Menschenrechtsrat hat zwei Gruppen von Menschenrechtsberichterstattern. Die erste Gruppe, die aus fünfzehn bis sechzehn Personen besteht, berichtet über ein bestimmtes politisches, soziales, ökonomisches oder kulturelles Menschenrecht weltweit. Die zweite Gruppe besteht aus Sonderbeauftragten, die die Lage der Menschenrechte in einem bestimmten Land untersuchen. Shahid gehört der zweiten Gruppe an und ist seit zweieinhalb Jahren mit der Untersuchung der Lage der Menschenrechte in Iran beauftragt.

Aus den Äußerungen von Sadeghi geht nicht hervor, welcher Art von Berichterstattern die Reise nach Iran erlaubt worden ist. Auch ist nicht klar, über welche Menschenrechte berichtet werden soll. Es ist unwahrscheinlich, dass Iran einem unabhängigen Berichterstatter gestattet, die Lage die Gefangenen oder der Presse- und Meinungsfreiheit in der Islamischen Republik zu untersuchen. Denkbar ist hingegen eine Untersuchung in den Bereichen Bildung und Ausbildung, in denen Iran Positives vorzuweisen hat.

Der letzte UN-Berichterstatter, der Iran besuchen durfte, war Mourice Capithorne. Er war von 1996 bis 2002 Sonderberichterstatter für Iran. Sowohl er als auch sein Nachfolger Shahid erklärten immer wieder, dass die iranischen Behörden nicht bereit seien, mit ihnen zu kooperieren.

Indes verabschiedete der Menschenrechtsausschuss der UN-Vollversammlung am 19. November eine Resolution, in der Iran dringend aufgefordert wird, die Lage der Menschenrechte im eigenen Land zu verbessern. Darin äußern die Mitglieder ihren "tiefen" Zweifel, dass die Rechte der Bürger in der Islamischen Republik eingehalten werden. Die Häufigkeit der Anwendung der Todesstrafe sei alarmierend, heißt es in der Resolution. Von den anwesenden Mitgliedstaaten stimmten 78 für und 35 gegen die Resolution. 69 Länder enthielten sich. Die Resolution, die von Kanada eingebracht worden war, wurde von einigen Mitgliedstaaten kritisiert, weil sie sich nur gegen einen einzelnen Staat richtete.

Politische Beobachter äußerten die Vermutung, dass der Zeitpunkt der Verabschiedung der Resolution bewusst gewählt worden war, um bei den laufenden Atomverhandlungen eine negative Stimmung gegen die Islamische Republik zu erzeugen. Die Resolution stützte sich vor allem auf dem letzten Bericht von Shahid, in dem erklärt wird, dass sich die Lage der Menschenrechte in Iran auch nach einem Jahre unter Rohani nicht verbessert habe. Iran sei nach wie vor nach China das Land mit der weltweit zweithöchsten Zahl an Hinrichtungen.


NETANJAHU LEHNT EINBEZIEHUNG IRANS IM KAMPF GEGEN IS AB

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich in einem vom TV-Sender CBS am 16. November ausgestrahlten Interview entschieden gegen eine Einbeziehung Irans in den gemeinsamen Kampf gegen den sogenannten Islamischen Staat gewandt. Er erklärte seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit den USA und ihren Verbündeten im Kampf gegen die sunnitischen Terroristen. Es gebe einen regen Informationsaustausch zwischen den USA und Israel. Der IS könne besiegt werden, meinte der Ministerpräsident.

An US-Präsident Obama gerichtet sagte Netanjahu, er sollte sich nicht um die Unterstützung der Islamischen Republik bemühen. "Iran ist nicht dein Verbündeter. Iran ist nicht dein Freund. Iran ist der Gegner." Es müsse unbedingt vermieden werden, dass Iran oder der IS in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangten. Netanjahu warnte vor Zugeständnissen gegenüber Iran. Die Sanktionen gegen das Land müssten aufrechterhalten und falls nötig verschärft werden.

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Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bernd Asbach
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
13. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 12/2014 - Dezember 2014 / 13. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Dezember 2014


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