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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/367: Iran-Report Nr. 7 - Juli 2016


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 7 - Juli 2016
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Laridschani erneut zum Parlamentspräsidenten gewählt
• Rohani: Keine Differenzen zwischen Revolutionsführer und Präsidenten
• 50 geplante Terroranschläge vereitelt
• Peitschenhiebe gegen Arbeiter lösen Proteste aus
• 600.000 neue Gefangene pro Jahr
• Rohani: Niemand darf Angehörige einer Religion bevorzugen
• UN-Beauftragter für Iran besorgt über Hass auf Bahais
• Rassistische Ausschreitungen gegen Afghanen
• Diskussionen über Todesstrafe


LARIDSCHANI ERNEUT ZUM PARLAMENTSPRÄSIDENTEN GEWÄHLT

Ali Laridschani, der in der vergangenen Legislaturperiode das Amt der Parlamentspräsidenten innehatte, wurde am 31. Mai vom neuen Parlament in diesem Amt bestätigt. 237 Abgeordnete stimmten für ihn. Das ist die höchste Zustimmung, die ein Parlamentspräsident seit der Gründung der Islamischen Republik erhalten hat. Sein Gegenkandidat, Mostafa Kawakebian, von der Fraktion der Reformer konnte nur 11 Stimmen für sich gewinnen. Als zur Abstimmung aufgerufen wurde, wollte er, wie die Agentur Fars berichtete, seine Kandidatur noch zurückziehen. Doch Laridschani, der die Sitzung leitete, ließ dies nicht zu. Gemäß der Satzung sei ein Rückzug nach der Ankündigung der Abstimmung nicht zulässig, sagte er.

Von den anwesenden 276 Abgeordneten hatten 28 ihren Stimmzettel ohne Namen abgegeben. Der Spitzenkandidat der Gemäßigten, Aref, der bei der Wahl des vorläufigen Präsidiums 103 Stimmen bekommen hatte, hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet. In einem Interview mit der Tageszeitung "Iran" hatte er erklärt, dass er nicht kandidieren werde. Er werde aber bei Bedarf den künftigen Präsidenten unterstützen, sagte er am 30. Mai.

Laridschani zählt zu den moderaten Konservativen, die bei den Parlamentswahlen inoffiziell mit den Gemäßigten um Präsident Rohani und den Reformern koaliert hatten. Dass nun bei der Wahl des Parlamentspräsidenten nicht ein Gemäßigter oder ein Reformer, sondern ein Konservativer gewählt wurde, gibt Anlass zu vielen Spekulationen. Dass auch die überwiegende Mehrheit der Gemäßigten für Laridschani gestimmt hat, könnte darauf hindeuten, dass die bei der Wahl inoffiziell gebildete Koalition zumindest aus der Sicht der Gemäßigten fortgesetzt werden soll. Doch es ist nicht sicher, dass auch die moderaten Konservativen daran festhalten werden. Denn offensichtlich haben auch die meisten der Gegner der Regierung Rohani für Laridschani gestimmt. Allerdings haben die moderaten Konservativen ihre Stimme für die beiden Vizepräsidenten, Masud Peseschkian und Ali Mottahari, abgegeben. Beide gehören der Fraktion "Omid" (Hoffnung) an. Peseschkian wurde mit 158 und Mottahari mit 133 Stimmen gewählt.

Auch Ghassim Osmani wurde in das Präsidium gewählt. Er ist Sunnit. Es ist das erste Mal, dass im islamischen Parlament ein Sunnit dem Präsidium angehört.


ROHANI: KEINE DIFFERENZEN ZWISCHEN REVOLUTIONSFÜHRER UND PRÄSIDENTEN

Bei einer Rede zum 37. Todestag von Ayatollah Chomeini sagte Präsident Hassan Rohani, zwischen ihm und dem Revolutionsführer gäbe es keinerlei Differenzen. "Jene, die auf Differenzen zwischen den Gewalten oder zwischen uns und dem Revolutionsführer hoffen, werden diese Hoffnung mit ins Grab nehmen", betonte der Präsident.

Zuvor hatte der Abteilungsleiter für Presse und Kommunikation in Rohanis Büro "feindlichen" Medien vorgeworfen, zu versuchen, durch Verbreitung falscher Nachrichten den Eindruck zu erwecken, als gebe es zwischen der Regierung und dem Revolutionsführer kontroverse Standpunkte. Anlass zu dieser Stellungnahme lieferte die in manchen Blättern erschiene Nachricht, Revolutionsführer Chamenei habe eine Umbildung des Kabinetts beordert.

Dem Dementi des Präsidenten zum Trotz sind die Differenzen zwischen dem Präsidenten und dem Revolutionsführer nicht zu übersehen. Es konnte niemandem verborgen bleiben, dass zum Beispiel über die angestrebte Außenpolitik der Regierung, insbesondere die Annäherung an die USA oder über die Kulturpolitik, erhebliche Differenzen bestehen. Diese haben sich nach dem Atomabkommen weiter verschärft. Während bis dahin Chamenei versuchte, zumindest dem Schein nach zwischen den verschiedenen Fraktionen im islamischen Lager neutral zu bleiben, hat er sich nach dem Abkommen eindeutig auf die Seite der radikalen Islamisten gestellt.


50 GEPLANTE TERRORANSCHLÄGE VEREITELT

Der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani, sagte am 20. Juni iranischen Medien zufolge, die Geheimdienste hätten ein Netz von Terroristen entdeckt, das Anschläge während des Fastenmonats Ramadan in Iran geplant hätte. Um welches Netz und welche Terroristen es sich handelte, sagte Schamchani nicht. Er sagte lediglich, "der Islamische Staat (IS) und andere Terrororganisationen seien die Hauptfeinde Irans.

Es war nicht das erste Mal, dass Iran die Zerschlagung von Terrororganisationen bekannt gab. In den letzten Monaten erschienen ähnliche Meldungen in der Presse, aber immer ohne konkrete Angaben. Sicherheitsorgane betonen immer wieder mit Stolz, dass es ihnen und den Militärs und Ordnungskräften gelungen sei, das Eindringen fremder islamistischer Milizen ins Land zu verhindern. Vor zwei Monaten meldete das Informationsministerium die Festnahme von zwei Personen, die als Mitglieder des IS bezeichnet wurden. Im Februar hieß es, zehn IS-Milizen seien an der Grenze zum Irak festgenommen worden.

Wie das staatliche Fernsehen meldete, wurden bei den mutmaßlichen Terroristen Bomben und Munition sichergestellt. Es habe sich um eine der bislang größten Terrorverschwörungen in Iran gehandelt, hieß es.

Am 21. Juni sprach der Informationsminister von der Festnahme von zehn "Wahabi-Takfiri". Takfiri ist die Bezeichnung für Muslime, die andere Muslime als Ungläubige verunglimpfen. Der Wahabismus, die in Saudi-Arabien herrschende Glaubensrichtung des Islam, ist die wichtigste ideologische Quelle für die Islamisten. Die Terroristen hätten 50 Anschlagsziele ins Auge gefasst und Sprengstoff für diese Ziele vorbereitet, sagte der Minister. Die Festgenommenen hätten in drei Grenzprovinzen und in der Zentralprovinz Anschläge geplant. Die Anschläge sollten zum Teil durch Fernzündung und zum Teil durch Selbstmord erfolgen. Dabei sollten möglichst viele Menschen getötet werden.


PEITSCHENHIEBE GEGEN ARBEITER LÖSEN PROTESTE AUS

Die Bestrafung von 17 Minenarbeitern mit Peitschenhieben in der Provinz Ostaserbaidschan lösten Proteste im ganzen Land aus. Die 17 Arbeiter hatten vor etwa zwei Jahren an einer Protestkundgebung teilgenommen, die sich gegen zuvor erfolgte Entlassungen richtete. Den 17 Arbeitern wurde vorgeworfen, Unruhe gestiftet, einen Wärter der Firma verletzt und das Firmengebäude beschädigt zu haben. Der Anwalt der Arbeiter, Wahid Yari, sagte laut der Agentur ILNA, bei der Gerichtsverhandlung habe der Kläger auf Gefängnisstrafen für die Beschuldigten verzichtet, nicht aber auf die Geldstrafen und die Peitschenhiebe.

Zwei Verbände der Arbeiter, der Verband zur Koordinierung islamischer Arbeiterräte der Provinz Ostaserbaidschan und der Verband der Berufsvereine der Arbeiter Ostaserbaidschans, haben mit einer gemeinsamen Erklärung gegen die Bestrafung ihrer Kollegen protestiert. Darin heißt es: "Wir protestieren gegen die Anwendung der Gewalt und gegen die Einmischung der Justiz in berufliche Angelegenheiten, die zur Auspeitschung unserer Kollegen geführt hat." Die Klage, die der Arbeitgeber eingereicht habe, widerspreche den Tatsachen. Ziel der Bestrafung sei offensichtlich der Versuch gewesen, die Werktätigen einzuschüchtern und sie von Protesten abzuhalten, schreiben die Kollegen weiter. Solche Maßnahmen seien auch schädlich für die Produktion. Zudem stünden sie im Widerspruch zur Satzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

ILNA zitierte einen hohen Beamten des Arbeitsministeriums, der gesagt habe, dass der Beauftragte des Ministeriums für Ostaserbaidschan höchstwahrscheinlich bald entlassen werde, weil er von der Bestrafung der Arbeiter keine Ahnung und folglich nichts dagegen unternommen hatte.

Der Parlamentsabgeordnete Dschahanbachsch Mohabbinia bezeichnete die öffentliche Auspeitschung in einem Interview mit der Agentur ISNA am 2. Juni als "hässlich". Er werde der Sache nachgehen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. Er kritisierte die Regierung, weil sie sich bisher nicht um die Angelegenheit gekümmert habe und gegen die Verantwortlichen nicht vorgegangen sei. "Ein solches Verhalten der Regierung ist durch nichts zu legitimieren", sagte Mohabbinia.

Die Bestrafung mit Peitschenschlägen, dazu auch noch in der Öffentlichkeit, gehöre dem "Zeitalter der Barbaren" an, sagte Mohabbinia. Es sei höchst bedauerlich, dass dieses Verbrechen gegen die schwer arbeitenden Werktätigen stattgefunden habe. Er wolle sich bei den Betroffenen, die in seinem Wahlbezirk lebten, entschuldigen.


600.000 NEUE GEFANGENE PRO JAHR

Innenminister Abolresa Rahmani Fasli berichtete dem Parlament am 6. Juni über die zentralen Probleme der iranischen Gesellschaft, darunter fielen u.a. der Drogenkonsum, die Arbeitslosigkeit und die Situation der Slum-Bewohner. Dabei gab er bekannt, dass es jährlich rund 600.000 neue Gefangene gebe, von denen 200.000 länger als ein Jahr im Gefängnis blieben.

Er habe dem Revolutionsführer und den Führern der drei Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) in den vergangenen sechs Monaten dreimal in einer nicht öffentlichen Sitzung über diese Probleme Bericht erstattet. Er zitierte den Revolutionsführer mit den Worten: "Wir sind zwanzig Jahre im Rückstand. Wir hätten diese Probleme schon vor zwanzig Jahren lösen müssen."

Der Innenminister legte dem Parlament außerdem folgende Statistiken vor:
Iran habe 11 Millionen Slum-Bewohner und 2.700 Slums. Allein 3 Millionen Menschen lebten in den Slums der drei Städte Teheran, Maschhad und Ahwas.
Iran habe 3,5 Millionen Arbeitslose. Regional würden die Zahlen variieren, in manchen Gegenden liege die Arbeitslosigkeit bei rund 60 Prozent.
Iran habe 1,5 Millionen Drogenabhängige. 50 Prozent der Scheidungen hätten mit Drogenabhängigkeit zu tun. 60 Prozent der Gefangenen würden wegen Delikten im Zusammenhang mit Drogenkriminalität festgenommen.
Die Scheidungsrate in Iran liege bei 36 Prozent.

Fasli sagte, Revolutionsführer Chamenei habe in Reaktion auf diese Herausforderungen die Umstrukturierung einiger Einrichtungen im Innenministerium angeordnet, zum Beispiel die des Sozialrats. Künftig werde der Rat nicht mehr vom Innenminister, sondern vom Staatspräsidenten selbst geleitet. Chamenei sei in Bezug auf den sich wandelnden Lebensstil der Menschen im Land "sehr sensibel". Dieser Wandel, der auf die Entwicklung der Technologie, die Fülle von Informationen und auf die neuen Möglichkeiten der Kommunikation zurückzuführen sei, müsse nach Ansicht des Revolutionsführers gemanagt und kontrolliert werden.


ROHANI: NIEMAND DARF ANGEHÖRIGE EINER RELIGION BEVORZUGEN

Während eines Besuchs in der Provinz Westaserbaidschan am 31. Mai sagte Präsident Rohani bei einer Rede: "Als Präsident und Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats erkläre ich klar und deutlich, in der Islamischen Republik darf niemand Muslime und Angehörige anderer Religionen ungleich behandeln. (...) Wir dürfen zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen oder Ethnien keinen Unterschied machen." Jeder, der die Fähigkeiten dazu habe, müsse die Chance erhalten, Karriere zu machen, sagte der Präsident.

"Für mich reicht es nicht, wenn unter unseren Botschaftern nur einer Sunnit ist (gemeint ist der iranische Botschafter in Vietnam, Saleh Adibi), oder wenn in den Ministerien nur ein Kurde es bis zum Staatssekretär im Ölministerium geschafft hat. Es darf zwischen Türken (Azeris), Kurden, Persern, Belutschen, Arabern und anderen Ethnien keinen Unterschied geben", betonte Rohani. "Wir alle sind in erster Linie Iraner und Muslime und darauf sind wir stolz. Die ethnische Zugehörigkeit ist sekundär." Die Stadt Mohabad, in der Rohani sprach, wird mehrheitlich von sunnitischen Kurden bewohnt.

Rohani gab bei seiner Rede bekannt, dass er die Gründung eines "Zentrums für kurdische Sprache in der Provinz Kurdistan" angeordnet habe. Darüber, wie diese Anordnung mit der Verfassung in Einklang zu bringen sei, sei im Kulturministerium ausführlich gesprochen worden. Offenbar hatte Rohani dabei den Paragraf 15 der Verfassung im Sinn. Im Paragraf 15 der Verfassung der Islamischen Republik heißt es: "Die gemeinsame offizielle Sprache und Schrift Irans ist Persisch. Die Nutzung der regionalen und ethnischen Sprachen in den Medien und das Lehren der Literatur und Sprachen der Ethnien neben der persischen Sprache ist erlaubt."


UN-BEAUFTRAGTER FÜR IRAN BESORGT ÜBER HASS AUF BAHAIS

Der UN-Sonderbeauftragte für Menschenrechte in Iran, Ahmad Schahid, zeigte sich besorgt über den Hass gegen die Bahais, der in Iran geschürt werde. Er verwies auf die in den Medien erfolgte Reaktionen auf einen Besuch der Tochter des ehemaligen Staatspräsidenten Haschemi Rafsandschanis bei Fariba Kamalabadi, einer Angehörigen der Bahai-Gemeinde, die seit acht Jahren im Gefängnis sitzt. Faeseh Rafsandschani hatte sie im Gefängnis kennengelernt. Kamalabadi hatte zum ersten Mal nach acht Jahren Haft einen kurzen Hafturlaub bekommen, in deren Rahmen sie Faeseh traf.

In einer Erklärung, die Schahid am 8. Juni veröffentlichte, heißt es, die verbalen Angriffe seitens der Geistlichkeit, Politiker, Richter und Staatsanwälte seien "zu tiefst beängstigend". Diese Angriffe könnten zu rassistischen und gewaltsamen Attacken gegen die Bahais ermuntern. Seit dem Besuch von Faeseh Rafsandschani hätten sich 169 Vertreter der Geistlichkeit, der Justiz und der Politik verbal oder schriftlich gegen die Bahais geäußert. Zwischen dem 18. Mai und dem 4. Juni hätten Freitagsprediger die Religionsgemeinschaft der Bahais scharf angegriffen und sie "als eine religiös getarnte, politische Organisation" bezeichnet.

Die Attacken gegen die Bahais seien auch deshalb schwerwiegend, weil bereits vor dem Besuch Faeseh Rafsandschanis zahlreiche Bahais willkürlich verhaftet, Häuser und Wohnungen der Gemeindemitglieder angegriffen und ihre Geschäfte zerstört wurden, sagte Schahid. Die Bahais bekämen selten Arbeit, die Zulassung der Jugendlichen zu den Bildungseinrichtungen sei stark eingeschränkt. Zurzeit befänden sich 72 Mitglieder der Bahai-Gemeinde aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit in Haft, erklärte Schahid.

Auch Heiner Bielefeld, UN-Sonderbeauftragter für Religions- und Meinungsfreiheit, kritisierte den Umgang mit den Bahais in Iran. Da die Bahai-Religion in der Verfassung der Islamischen Republik nicht offiziell als Glaubensgemeinschaft anerkannt und akzeptiert werde, befänden sich die Gemeindemitglieder am Rande der Gesellschaft. "Die feindlichen Parolen gegen die Bahai-Gemeinde und die ungleiche Behandlung ihrer Mitglieder gehen weit über den Umgang mit Menschen zweiter Klasse hinaus. Sie werden an den Abgrund gedrängt, soweit, dass ihre Existenz in Iran bedroht zu sein scheint."

Am 11. Juni berichtete BBC unter Berufung auf dem Bericht eines Bahais, dass innerhalb der letzten zwei Wochen 25 Geschäfte der Bahais in der Stadt Orumieh geschlossen worden seien. Die Maßnahme sei ohne Nennung von Gründen erfolgt. Es wird vermutet, dass die Geschäfte geschlossen wurden, weil die Inhaber sie an einem Feiertag der Bahais nicht geöffnet hatten, was als Werbung für ihren Glauben ausgelegt wurde. Auffallend sei, dass kein Amt die Verantwortung für die Maßnahme übernommen habe, sagte das Gemeindemitglied im Interview mit der BBC.


RASSISTISCHE AUSSCHREITUNGEN GEGEN AFGHANEN

Iranische Medien berichteten am 13. Juni über eine Kampagne gegen Afghanen in der Stadt Yasd. Transparente forderten die Bewohner in verschiedenen Stadtteilen und in der Umgebung auf, ihre Wohnungen und Häuser nicht an Fremde zu vermieten bzw. innerhalb von zwei Wochen die bereits an Fremde vermieteten Wohnungen zu kündigen. Ferner wurden Flugblätter verteilt, die die Bürger aufforderten, zu helfen, die Afghanen aus der Stadt zu jagen.

Den Initiatoren zufolge war Ziel dieser Aktion, "die Sicherheit der Stadt zu gewährleisten, den Verkauf von Drogen und Fälle von Raub zu verhindern, die Kultur der Stadt zu wahren und die Belästigung der Bürger zu unterbinden".

Der Club junger Journalisten zitierte den Leiter des Vereins zum Schutz von Frauen und Kindern auf der Flucht, der sagte, eine Gruppe habe während der Nacht die Flugblätter verteilt und die Transparente angebracht. Am nächsten Tag habe die Stadtverwaltung diese einsammeln lassen. Die Journalistin Fatemeh Aschrafi sagte in einem Interview, solche Machenschaften stimmten mit der offiziellen regionalen und nationalen Politik nicht überein. Das rasche Einsammeln der Flugblätter und Transparente zeige, dass die Behörden gewillt seien, solche Anfeindungen gegen Flüchtlinge zu unterbinden.

In der Provinz Yasd hatte es schon mehrmals Auseinandersetzungen zwischen Einheimischen und afghanischen Flüchtlingen gegeben. Die größte Auseinandersetzung gab es vor drei Jahren, als die Leiche einer Frau entdeckt wurde. Gerüchtebehaupteten, die Frau sei von Afghanen vergewaltigt und getötet worden. Das führte dazu, dass wütende Bürger die von Afghanen bewohnten Häuser stürmten und diese in Brand steckten.

Ein ähnlicher Vorfall hatte sich in einem Dorf in der Umgebung der Stadt Ghaswin ereignet. Hier wurde behauptet, eine geistesgestörte junge Frau sei von Afghanen vergewaltigt und geschwängert worden. Daraufhin bildete sich eine Gruppe von maskierten Männern, die während der Nacht einige von Afghanen bewohnte Häuser angriffen. Ein Betroffener berichtete der BBC: " Sie schlugen Fensterscheiben ein, rissen die Mauern nieder und raubten alles was wir hatten. Was übrig blieb, war meine schockierte Familie und mein zitterndes zehnjähriges Kind."

Augenzeugen berichteten, dass die Polizei zwar die Angreifer zu vertreiben versuchte, damit jedoch wenig Erfolg hatte, weil die Zahl der Polizisten weit geringer war als die der Angreifer. In derselben Nacht flüchteten etwa 120 afghanische Familien aus dem Dorf. Die Anklage, die die Afghanen beim Gericht einreichten, hat bislang noch kein Ergebnis erbracht.

Am 25. Juni kritisierte der Abgeordnete Nader Ghasipur in einem Interview, dass Afghanen, die sich illegal in Iran aufhielten, beschäftigt würden. Damit werde den iranischen Arbeitern großer Schaden zugefügt, sagte Ghasipur.

Die Regierung in Teheran hatte vor etwa zehn Jahren versucht, die Arbeitgeber unter Androhung einer Geldstrafe zu zwingen, statt Afghanen Iraner zu beschäftigen, hatte aber wenig Erfolg damit.

Die Zahl afghanischer Flüchtlinge sei inzwischen enorm angestiegen. Während diese zum Teil beschäftigt würden, blieben junge Iraner ohne Arbeit, sagte Ghasipur. Grund für die Einstellung afghanischer Flüchtlinge seien die niedrigeren Löhne und die eingesparten Sozialabgaben, die die Unternehmer für iranische Arbeiter leisten müssten. Der Abgeordnete forderte die zuständigen Ministerien auf, gegen solche Unternehmer vorzugehen. "Die Ausländer nehmen nicht nur die Arbeitsplätze weg, sie haben möglicherweise auch mit Drogengeschäften und anderen kriminellen Tätigkeiten zu tun." Etwa drei Millionen Afghanen leben derzeit in Iran, ein Großteil von ihnen hält sich illegal im Land auf.

Am 19. August besuchte der UN-Flüchtlingskommissar Flippo Grandi Iran. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem iranischen Vizeinnenminister Hossein Solfaghari in Teheran warf er der Weltgemeinschaft vor, die afghanischen Flüchtlinge vergessen zu haben. Er habe sich entschlossen, zitierte ihn die dpa, sich im ersten Jahr seiner Tätigkeit als UN-Kommissar "der schwierigen und ungelösten Situation der afghanischen Flüchtlinge" zu widmen. "Die afghanischen Flüchtlinge wurden von der internationalen Gemeinschaft leider vergessen. Erst als sie begannen, mit den anderen Flüchtlingen in Europa einzutreffen, erinnerte sich die Staatengemeinschaft plötzlich an sie."

Die UNO gewährt Iran für die afghanischen Flüchtlinge eine Unterstützung, die nach Meinung von Grandi aufgestockt werden sollte, da die Flüchtlinge sonst andere Länder aufsuchen würden. Er lobte Iran für die Hilfe, die das Land leiste, merkte jedoch auch an, dass zahlreiche Flüchtlinge sich illegal im Land aufhielten und unter schwierigen Bedingungen ihr Dasein fristeten.

Solfaghari nutze offensichtlich die Gelegenheit, um zu betonen, dass Iran bemüht sei, die afghanischen Flüchtlinge von der Weiterreise nach Europa abzuhalten. Dem Ministerium sei es gelungen im vergangenen Jahr 753.000 Flüchtlinge nach Afghanistan zurückzuschicken.


DISKUSSIONEN ÜBER TODESSTRAFE

Allmählich werden auch in Iran Stimmen laut, die den Sinn der Todesstrafe in Zweifel ziehen. Iran ist nach China das Land mit der höchsten Zahl an Todesurteilen. Laut Amnesty International wurden 2015 fast eintausend Menschen hingerichtet. Die meisten Todesurteile werden aufgrund von Drogendelikten gefällt.

"Wir sollten anerkennen, dass Strafen nicht immer effektiv sein können, solange die Wurzeln des Problems nicht erkannt sind", zitierte dpa in einem Bericht vom 21. Juni Generalstaatsanwalt Mohammad Dschafar Montaseri. Doch sein Zweifel an der Effektivität der Todesstrafe reicht offenbar nicht aus, um diese generell abzulehnen. Er sei zwar nicht für die Todesstrafe, sagte der Generalstaatsanwalt. Aber Kriminelle, die für den Tod von Tausenden Jugendlichen verantwortlich seien, verdienten entsprechend bestraft zu werden. Diese Strafmaßnahmen sollten seitens des Westens nicht als Verletzung der Menschenrechte gewertet werden.

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KULTUR

• "Das Spinnennetzprojekt"
• Anthropologin Homa Hoodfar festgenommen
• Chamenei kritisiert Kulturinstitutionen
• Kulturminister kritisiert Absage von Konzerten


"DAS SPINNENNETZPROJEKT"

Die Revolutionsgarden gaben am 20. Juni bekannt, dass sie die Hauptinitiatoren des sogenannten "Spinnennetzprojekts" in der Provinz Fars festgenommen hätten. Das "Spinnennetzprojekt" bezeichnet Models und Fotografen, die für eine vermeintlich unsittliche Mode eintreten. Diese Bezeichnung wurde zum ersten Mal von Revolutionsgarden verwendet, als sie einige Personen aus diesem Bereich entdeckt und verhaftet hatten.

Den Angaben der Revolutionsgarden zufolge wurden "20 Orte wie z.B. Ateliers, Mode- und Designwerkstätten entdeckt, die sich in Freudensalons verwandelt und obszöne und moralisch verwerfliche Fotos produziert und ins Internet gestellt hatten". Es sei ein Überraschungsangriff auf Anordnung der Justiz gewesen. Die Ateliers und Werkstätte seien versiegelt und zwölf Personen festgenommen worden. Weitere Personen würden verfolgt, die als Atelierbesitzer oder als Mannequins ermittelt worden seien.

Die Personen seien bestrebt, die islamische Kleiderordnung infrage zu stellen, dekadente Kultur zu verbreiten, unsittliche Kontakte herzustellen und eine "Kultur der Nacktheit" zu verbreiten, mit dem Hauptziel, Familien zu zerstören, hieß es in der Erklärung der Revolutionsgarden.

Den Festgenommenen werden ferner Verbindungen zu ausländischen Feinden der Islamischen Republik vorgeworfen. Sie seien finanziell und medial aus dem Ausland unterstützt worden. Sie hätten getarnt als "Wohlfahrtsvereine" Zehntausende Dollars bekommen, um "ihr verderbliches Projekt" in Iran zu realisieren.

Einige Mitglieder des "Spinnennetzprojekts" seien nach Angaben der Revolutionsgarden in die Staaten am Persischen Golf eingeladen worden, um eine Ausbildung als Friseur, Schneider, Fotograf oder Designer zu erhalten.

Die Aktion der Garden gegen das "Netz" begann vor einem Monat, als in einem Videofilm ein Model gezeigt wurde, das vor dem Teheraner Staatsanwalt Geständnisse ablegte. Zugleich veröffentlichte das "Zentrum für organisiertes Verbrechen" eine Erklärung, in der es kundtat, gegen Werbung auf ausländischen Internetportalen und den "Aufenthalt gewisser Personen" in den Nachbarstaaten vorgegangen zu sein. In der Erklärung wurde angekündigt, bald ausführliche Berichte über diese Aktivitäten zu veröffentlichen. Dem "Zentrum" sei es gelungen, "die ausländischen Drahtzieher und die Leiter des "Spinnennetzprojekts" zu ermitteln. Inzwischen seien dem "Zentrum" alle Verbindungen ins Ausland und alle Aktivitäten, die getarnt als kulturelle und künstlerische Aktivitäten in Erscheinung traten, bekannt, hieß es.

Aktivitäten im Bereich der Mode werden in der Islamischen Republik als "mafiöses Netz" bezeichnet.


ANTHROPOLOGIN HOMA HOODFAR FESTGENOMMEN

Die iranisch-kanadische Anthropologin Homa Hoodfar wurde am 6. Juni in Teheran verhaftet. Die 65-jährige emeritierte Professorin der Concordia-Universität in kanadischen Montreal war im Februar diesen Jahres privat nach Iran gereist, um so wie auch in anderen islamischen Ländern über Frauen im Islam zu forschen. Während ihres Aufenthalts gab sie einigen iranischen Zeitungen Interviews. Kurz vor ihrer Rückreise Anfang März wurde sie verhaftet. Die Wohnung, in der sie vorübergehend wohnte, wurde durchsucht. Dabei wurden ihr Laptop, Handy und Unterlagen, Bücher und Notizen beschlagnahmt. Sie kam zwar nach einigen Tagen gegen Kaution frei, konnte jedoch nicht ausreisen, weil ihr Reisepass ihr nicht zurückgegeben wurde. Nach der Freilassung wurde sie immer wieder zum Verhör bestellt, zuletzt am 6. Juni.

Hoodfar wird "Zusammenarbeit mit einer ausländischen Regierung gegen die Islamische Republik" vorgeworfen. Offiziell sind die Gründe ihrer Festnahme bislang jedoch nicht bekannt gegeben worden.

Laut dem kanadischen Sender CBC sagte der kanadische Außenminister Stephane Dion, sein Ministerium werde den Fall bevorzugt behandeln. "Wir tauschen uns mit unseren Freunden und Gleichgesinnten aus, um Frau Hoodfar auf dem besten Weg zu helfen", sagte er.

Hoodfars Familie veröffentlichte eine Erklärung, in der es heißt, Homa habe ihre Angehörigen in Iran besuchen und über Frauen, die ins Parlament gewählt worden seien, recherchieren wollen. Ihr sei mitgeteilt worden, dass sie einem Ausreiseverbot unterliege.

Laut Angaben der Familie hatte Hoodfar schon einmal einen Schlaganfall und leide unter einer seltenen Nervenkrankheit. Ihr gesundheitlicher Zustand habe sich durch die Verhöre merklich verschlechtert. "Wir als Familie von Homa Hoodfar sind über ihren gesundheitlichen Zustand sehr besorgt. Für mögliche Folgen ist die iranische Justiz verantwortlich", heißt es in der Erklärung. "Wir fordern die Regierungen von Kanada, Irland und Iran auf, alles zu unternehmen, um Frau Hoodfar freizubekommen."


CHAMENEI KRITISIERT KULTURINSTITUTIONEN

Revolutionsführer Ali Chamenei kritisierte bei einem Empfang von Parlamentsabgeordneten am 5. Juni die Lage der Kultur in der Islamischen Republik. Dabei warf er den Kulturinstitutionen "Liederlichkeit und einen Mangel an Aufmerksamkeit" vor. Es werde zu wenig getan, um "gute Kultur" zu verbreiten und "schlechte Kultur" zu unterbinden. Viele Instanzen scheuten sich davor, "schädliche Produkte der Kultur" abzulehnen, weil sie befürchteten, als Zensor von Informationen gescholten zu werden. Dabei seien die Kontrollen in der Islamischen Republik bei weitem nicht so streng wie in den USA oder in Europa, sagte der Revolutionsführer.

Zwar seien wirtschaftliche Probleme im Augenblick akut, doch die Kultur sei, langfristig betrachtet, weit wichtiger als die Wirtschaft, sagte Chamenei den anwesenden Abgeordneten.

Die gesamten kulturellen Aktivitäten des Landes stehen unter der Aufsicht des Kulturministeriums, des staatlichen Fernsehens und Rundfunks und der staatlichen "Islamischen Propagandaorganisation". Da die drei zuletzt genannten ohnehin unter dem Befehl des Revolutionsführers stehen, muss Chamenei mit seiner Kritik wohl das Kulturministerium gemeint haben, das den kulturellen Arm der Regierung bildet.

In der Tat ist die Kulturpolitik der Regierung Rohani, die zaghafte Versuche zu einer Öffnung unternimmt, aus der Sicht der Hardliner und damit auch des Revolutionsführers höchst umstritten. Die Differenzen werden in allen Bereichen der Kunst, Literatur und Kultur sichtbar. Die Konservativen befürchten, dass die freie Entfaltung der Kunst und Kultur, die dem Einfluss des Westens zugeordnet wird, ihre ideologische Basis unterhöhlen könnte.

Es war wohl dieselbe Sichtweise, die Chamenei veranlasste, vor einer Versammlung von Hochschullehrern und Studenten die Situation an den Universitäten zu kritisieren. Er beanstandete insbesondere das "Treiben konterrevolutionärer Strömungen", die Beschäftigung von Personen, die nicht "vertrauenswürdig" seien sowie die Organisierung von gemischten Feriencamps und Musikveranstaltungen in den Räumen der Universitäten.

Er habe nichts gegen unterschiedliche politische Strömungen an den Universitäten einzuwenden, aber "die Verantwortlichen dürfen nicht zulassen, das konterrevolutionäre Gruppen unterstützt werden". Die Universitäten "dürfen nicht zur Verbreitung von Ansichten missbraucht werden, die sich gegen die Revolution und gegen die revolutionären Werte richten", sagte Chamenei.

Unter welchem Vorwand auch immer, dürfe nicht , zugelassen werden, dass Gegner der islamischen Revolution Zugang zu den Universitäten erhielten. Die Verantwortlichen sollten wachsam sein und darauf achten, dass die Werte der Revolution nicht angetastet würden, sagte der Revolutionsführer. Er verglich die Hochschullehrer mit Kommandanten und die Studenten mit Offizieren im Krieg. "Ihr müsst geistreich sein und euere Pflicht in diesem 'samtenen Krieg', der in den letzten Jahren an Stärke zugenommen hat, erfüllen. Der "samtene Krieg" ist der Ausdruck für den vermeintlichen Versuch des Westens, kulturell in Iran Einfluss zu nehmen.


KULTURMINISTER KRITISIERT ABSAGE VON KONZERTEN

Kulturminister Ali Dschannati kritisierte abermals die kurzfristige Absage von Konzerten, für die die Veranstalter zuvor die Erlaubnis des Kulturministeriums erhalten hatten. Seit einigen Monaten werden immer häufiger angekündigte Konzerte kurzfristig abgesagt. Zuständig für kulturelle Veranstaltungen ist das Kulturministerium. Die Absage erfolgt jedoch von der Justiz oder der Polizei, angeblich aus Gründen der Sicherheit. Abgesagt wurden unter anderem die Konzerte populärer Künstler wie Keyhan Kalhor oder Schahran Naseri.

Spottend sagte der Minister, er frage sich wie eine Geige oder eine Gitarre die Sicherheit gefährden könne.

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WIRTSCHAFT

• Kanadisches Gericht verurteilt Iran zur Zahlung an Terroropfer
• Iran verhandelt mit Boeing und Airbus
• Gewässer des Persischen Golfs salziger und wärmer
• EU erlaubt wieder Iran Air Flüge


KANADISCHES GERICHT VERURTEILT IRAN ZUR ZAHLUNG AN TERROROPFER

Laut einem Urteil des Obersten Gerichts von Ontario sollen die Opfer der von der libanesischen Hisbollah und palästinensischen Hamas verübten Anschläge eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 13 Millionen US-Dollar erhalten. Das Geld soll aus den eingefrorenen iranischen Bankkonten und Liegenschaften bezahlt werden. Denn Iran habe, urteilte Richter Glenn Hainey, die beiden Organisationen unterstützt.

Entschädigt sollen die Angehörigen der US-Bürger werden, die bei den Terroranschlägen und Geiselnahmen in den Jahren zwischen 1983 und 2002 in Buenos Aires, Saudi-Arabien, Libanon und Israel ums Leben gekommen sind.

Richter Hainey bezeichnete in seinem Urteil den Terrorismus als "größte Gefahr" in der Welt. "Für das Gericht stellt sich die Frage, ob Iran als Unterstützerstaat des Terrorismus Immunität vor der kanadischen Rechtsprechung besitzt", sagte er. Iran steht in Kanada auf der Liste der Unterstützer des Terrorismus. Das Urteil schließt allerdings die diplomatischen Vertretungen Irans von den Strafmaßnahmen aus.

Die Familien der Opfer hatten zunächst in den US geklagt und einen Sieg erzielt. Das Oberste Gericht der USA bestätigte im April diesen Jahres Gerichtsurteile, wonach Opfer von Terroranschlägen aus iranischem Guthaben in den USA entschädigt werden können.

Das Teheraner Außenministerium hat dieses Urteil scharf kritisiert und es als "Raub des iranischen Vermögens" bezeichnet.


IRAN VERHANDELT MIT BOEING UND AIRBUS

Während der geplante Kauf von Airbus Maschinen nicht vorankommt, scheinen die Verhandlungen mit Boeing erfolgreicher zu verlaufen. Das Wall Street Journal zitierte in der Ausgabe vom 1. Juni einen der Direktoren von Airbus mit den Worten, "die Sorgen um den Handel mit Iran bilden ein Hindernis, um den Verkauf von Airbus Maschinen zu besiegeln." Es werde versucht, einen Weg für den Geldtransfer aus Iran zu finden.

Das Problem, das Iran zurzeit beim Handel mit dem Ausland hat, besteht darin, dass internationale Banken, auch nach der Aufhebung der meisten Sanktionen gegen Iran, befürchten, bei Geschäften mit Iran von den USA bestraft zu werden.

Präsident Hassan Rohani hatte zwei Wochen nach der Aufhebung der Sanktionen Italien und Frankreich besucht und in Paris bei Airbus 118 Passagiermaschinen bestellt. Der Wert des von beiden Seiten unterzeichneten Vertrags liegt bei rund 27 Milliarden US-Dollar. Das ist das teuerste Geschäft, das Iran seit der Aufhebung der Sanktionen getätigt hat. Der Vertrag zwischen der iranischen Fluggesellschaft Iran Air und Airbus bedarf einer Exportlizenz der USA, denn in den Maschinen sind zahlreiche Teile eingebaut, die in Amerika hergestellt werden.

Iran ist bemüht, seine zum größten Teil marode Flotte zu erneuern. Einem Bericht der Agentur Reuters vom 6. Juni zufolge, verhandelt Iran Air nun auch mit dem amerikanischen Flugzeughersteller Boeing über den Kauf von Passagiermaschinen. Iran Air-Chef Farhad Parwaresch sagte der Agentur, es gebe einige Hindernisse, die vor einer Übereinkunft mit Boeing beseitigt werden müssten.

An dem Geschäft mit Boeing ist Iran deshalb besonders interessiert, weil das Land nicht nur neue Maschinen braucht, sondern auch Ersatzteile für alte Maschinen, die zumeist von der Firma Boeing stammen.

"Es gibt Treffen und Verhandlungen", zitiert Reuters Parwaresch. "Wir hoffen, dass wir in Zukunft ein gegenseitiges Verständnis erreichen." Das sei der erste Schritt. Erst danach könne man über Details reden. Mit dem Verständnis ist wohl das Verhältnis zwischen Iran und den USA gemeint, das immer noch mit einer Menge Feindschaft und Misstrauen belastet ist. Das geplante Geschäft mit Boeing werde in einer ähnlichen Größenordnung sein, wie das mit Airbus, sagte Parwaresch. Jedenfalls benötige Iran im nächsten Jahrzehnt mindestens 300 neue Maschinen.

Vertreter von Boeing hatten im April diesen Jahres Iran besucht und den Verkauf von drei Modellen der Baureihen 737 und 777 angeboten. Die Firma hatte im Februar die Erlaubnis erhalten, mit Iran über Geschäfte zu verhandeln. Doch zu einem Vertrag wäre auch hier eine Exporterlaubnis der USA nötig.

Am 14. Juni meldete Reuters, laut Angaben des iranischen Verkehrs- und Stadtentwicklungsministers Abbas Achundi werde Iran Boeing-Maschinen kaufen. Die Details würden später bekannt gegeben werden. In einem Bericht der Seattle Times vom 14. Juni hieß es, Iran werde bald Einzelheiten des historischen Deals im Wert von 25 Milliarden Dollar bekannt geben. Von Boeing selbst gab es dazu keine Stellungnahme. Sollte es einen Vertrag geben, müsste dies zunächst vom Käufer bekannt gegeben werden, sagte ein Sprecher. Auch das US-Außenministerium antwortete auf die Frage der Agentur Reuters, dem Ministerium sei nicht bekannt, ob Boeing die Erlaubnis zum Verkauf von Maschinen an Iran erhalten habe.

Im Parlament in Teheran erklärte Achundi, zur Erneuerung der iranischen Flotte seien 50 Milliarden US-Dollar nötig. Die Umsetzung des Vertrags mit Airbus werde eine Dauer von sechzehn Jahren haben.

Am 21. Juni sagte Achundi der Nachrichtenagentur IRNA: "Wir verhandeln zwar seit zehn Monaten mit Airbus, aber ein finaler Vertrag ist noch nicht unterzeichnet." Das Problem sei der Geldtransfer von Iran nach Europa. Seiner Einschätzung nach werde man noch ein Jahr brauchen, um die Probleme beseitigen zu können.

Am 22. Juni erklärte Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif während eines offiziellen Besuchs in Paris, der Kaufvertrag zwischen Iran und Boeing werde auch das Problem des Verkaufs von Airbusmaschinen an Iran lösen. Während seiner Teilnahme an einer Sitzung des Ausschusses für Außenpolitik und Verteidigung im französischen Senat sagte Sarif: "Wir können sowohl 118 Airbus-Maschinen kaufen als auch Boeing-Maschinen, weil wir sie brauchen." Ein Ausschussteilnehmer sagte: "Die USA haben dem Verkauf von Boeing nicht zugestimmt. Wir wissen, dass Iran in der Lage ist, viele Maschinen zu kaufen, aber die Amerikaner sind dagegen."

"Wenn ich diplomatisch antworten wollte, müsste ich sagen, dass die Hürde, die die Amerikaner gebaut hatten, mit dem Vertrag mit Boeing inzwischen beseitigt worden ist. Aber das Problem der Banken besteht noch", sagte Sarif.

Am 23. Juni reagierte Boeing auf einen kritischen Brief von zwei Mitgliedern des US-Repräsentantenhauses, Jeb Heusarling und Peter Ruscum, die den Deal mit Iran als "Gefahr für die Sicherheit der Vereinigten Staaten" bezeichneten. Sie stellten die Frage, ob Boeing garantieren könne, dass die Passagiermaschinen nicht als Transportmaschinen benutzt werden würden und ob Boeing in der Lage sei, die Maschinen zurückzuverlangen, sollte Iran den Atomvertrag nicht einhalten. Sie erinnerten an die Sanktionen, die die USA gegen iranische Fluggesellschaften verhängt hatten, weil diese Passagiermaschinen zum Transport von Waffen benutzt hatten. Wie wolle Boeing garantieren, dass die Flugzeuge nur für friedliche Zwecke eingesetzt würden, fragten die Abgeordneten.

Boeing erklärte in einer Stellungnahme zu dem Schreiben, die Vereinbarungen mit Iran seien unter Aufsicht von Vertretern der Regierung getroffen worden. Der Flugzeughersteller teilte mit, es sei der Verkauf von 34 Passagiermaschinen vereinbart worden, 15 Maschinen des Modells 777-300, 15 des Modells 777-9 und 4 des Modells 747-8. Zudem werde Boeing 46 kleinere Passagierjets, davon 40 Maschinen des Modells 727, das noch nicht auf dem Markt ist, und vier Maschinen des Typs N.G. 737 liefern. Schließlich werde Boeing 29 Maschinen des Typs N.G. 737 an Iran ausleihen.

Nach Angaben von Boeing hat der Vertrag ein Volumen von 17,6 Milliarden US-Dollar. Die erste Maschine soll im Januar nächsten Jahres geliefert werden. Der Vertrag läuft bis 2025.

In der Stellungnahme von Boeing heißt es weiter, man könne von einer Firma nicht erwarten, über mehr Informationen und Quellen zu verfügen, als die Regierung. "Daher haben wir im Vertrauen auf die Urteils- und Kontrollfähigkeit der Regierung die Vereinbarungen mit Iran getroffen."


GEWÄSSER DES PERSISCHEN GOLFS SALZIGER UND WÄRMER

Parvin Faradschtschi, stellvertretende Leiterin des Amtes für maritimen Umweltschutz, sagte, der Salzgehalt des Persischen Golfs ist anderthalb Mal höher als vor zwanzig Jahren. Außerdem sei das Wasser rund zwei Grad wärmer als vor 17 Jahren. Als Grund nannte sie die Verschmutzung der Umwelt. "Jährlich fließen etwa 2,1 Millionen Barrel Öl aus verschieden Quellen und Staaten in die Gewässer des Persischen Golfs und des Meeres von Oman", sagte sie. Allerdings betreffe die Verschmutzung nicht den gesamten Golf, sie sei an bestimmten Stellen größer, vor allem dort, wo die Verschmutzung durch Schwermetalle verursacht werde.

Der Persische Golf ist 990 Kilometer lang und höchstens 370 Kilometer breit. Die Tiefe ist im Durchschnitt 36 Meter. Insgesamt hat der Golf eine Fläche von 239.000 Quadratkilometern. Die Gebiete um den Persischen Golf zählen zu den wärmsten Gegenden der Welt. Der Salzgehalt des Golfs ist weit mehr als in den Ozeanen. Dennoch werden aus diesen warmen Gewässern mit geringer Tiefe täglich 11 Millionen Tonnen Süßwasser gewonnen. Das ist die Hälfte des weltweit aus den salzigen Gewässern gewonnen Süßwassers.

Mindestens 55 Anlagen zur Gewinnung von Süßwasser sind in den Staaten am Persischen Golf in Betrieb, davon stehen die meisten in den Arabischen Emiraten, Saudi-Arabien und Kuwait. Das Süßwasser, das Iran aus dem Persischen Golf gewinnt, ist weniger als das, was Katar und Bahrain gewinnen. Der Atomreaktor von Bushehr, der am Ufer des Golfs steht, besitzt zwei Süßwasseranlagen mit einer Kapazität von täglich 100.000 Kubikmetern.

Die Arabischen Emirate werden im nächsten Jahr einen von Süd-Korea gebauten Atomreaktor in Betrieb nehmen, der fünfeinhalb Mal mehr Strom erzeugt als der Reaktor in Bushehr.


EU ERLAUBT WIEDER IRAN AIR FLÜGE

Die Iran Air darf, wie die dpa am 16. Juni meldete, wieder auf Flughäfen der EU-Staaten landen. Diese Entscheidung habe die EU-Kommission in Brüssel mitgeteilt. Begründet wurde diese Entscheidung mit der Feststellung, dass die Iran Air die internationalen Sicherheitsnormen erfülle. Violeta Bulc, EU-Kommissarin für Verkehr, sagte, nach ihrem Besuch in Iran im April diesen Jahres und nach technischen Untersuchungen, die im vergangenen Monat durchgeführt worden seien, könne nun einem Großteil der iranischen Maschinen der Flug über Europa erlaubt werden.

Die EU hatte vor sechs Jahren den Flug von Boeing-Maschinen der Typen 747 und 727 sowie der Airbus-Maschinen des Typs 320 der Iran Air über Europa verboten. Wie damals die Verantwortlichen der EU betonten, hatte das Verbot keine politischen Motive, sondern erfolgte ausschließlich aus Sicherheitsgründe. Nun wurde diese Einschränkung weitgehend aufgehoben. Von den 43 Maschinen der Iran Air dürfen künftig 22 wieder europäische Flughäfen anfliegen.

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AUSSENPOLITIK

• Neuer Konflikt mit Bahrain
• Hisbollah: Alles, was wir brauchen, wird von Iran finanziert
• USA stufen Iran als größten Unterstützer des Terrorismus ein
• Iran, Syrien und Russland bekräftigen gemeinsamen Kampf gegen IS
• Keine Pilgerfahrt nach Mekka in diesem Jahr
• Erste Kontakte zwischen Kanada und Iran
• Brexit hat keine Folgen für Beziehungen zu London
• Israel lässt festgenommenen Reporter frei
• Visumsantrag von US-Kongressabgeordneten abgelehnt
• Massaker von Orlando verurteilt
• Merkel will Rohani einladen


NEUER KONFLIKT MIT BAHRAIN

Die zunehmenden Repressionen gegen die Schiiten in Bahrain und die zuletzt getroffene Maßnahme, dem bekanntesten schiitischen Geistlichen, Scheich Isa Ghassem, die Staatsbürgerschaft abzuerkennen, hat bei der iranischen Führung ungewöhnlich scharfe Reaktionen ausgelöst.

Revolutionsführer Ali Chamenei bezeichnete die Maßnahme am 21. Juni vor einer Versammlung von Hinterbliebenen der Kriegsopfer als "pure Dummheit". Ghassem sei stets bemüht gewesen, mit den Menschen in Bahrain zu reden und sie von extremen und gewalttätigen Aktivitäten abzuhalten. "Offenbar ist sich die Führung in Bahrain nicht darüber bewusst, dass das Ausschalten von diesem Geistlichen nichts anderes bedeutet, als die Hürde wegzunehmen, die bislang die mutigen und kampfbereiten Jungen Menschen in Bahrain davon abgehalten hat, gegen das herrschende Regime vorzugehen", sagte Chamenei.

Die Revolutionsgarden veröffentlichten am 21. Juni eine Erklärung, in der es heißt: "Ohne Zweifel wird die unkluge Maßnahme der Führung in Bahrain gegen ein Vorbild der schiitischen Geistlichkeit die Flammen der islamischen Revolution in Bahrain zum Lodern bringen und zu einer Volkserhebung führen, die das abhängige Regime hinwegfegen wird."

Weiter wird in der Erklärung der Herrscher von Bahrain gewarnt, sollte er mit diesen "Israel gefälligen Abenteuern" nicht aufhören und sich dem Willen des Volkes nicht beugen, werde er bald dasselbe Schicksal erleben, das "andere Diktatoren, deren Leichen zu Grabe getragen wurden, erlebt haben".

Auch der Geistliche Ali Saidi, Beauftragter Chameneis bei den Revolutionsgarden, äußerte seinen Unmut über die Maßnahme. "Vielleicht wird das Regime in Bahrain unter dem Schutz der USA die Repressionen gegen das eigene Volk fortsetzen. Aber es wird nicht lange dauern, bis es zu einer Explosion kommt und eine Bewegung in Gang gesetzt wird, die niemand mehr aufhalten kann."

Der Sprecher von Ghassem in Iran, Abdullah Aldaghagh, sagte der Agentur Tasnim, die Regierung in Bahrain habe vor, Ghassem ins Ausland zu verbannen. Das werde ihr aber nicht gelingen, denn "die Menschen stehen geschlossen hinter Ghassem".

Die schärfste Stellungnahme gegen die Ausbürgerung kam von dem legendären General Ghassem Soleimani. Soleimani ist der Oberbefehlshaber der Al Kuds Brigade, die im Auftrag der Revolutionsgarden für Auslandseinsätze zuständig ist. General Soleimani hat sowohl in Syrien als auch im Irak und Libanon zahlreiche Kampfhandlungen geleitet.

Der General veröffentlichte am 20. Juni eine Erklärung, in der es heißt, mit der Ausbürgerung von Scheich Ghassem habe die Führung in Bahrain "eine rote Linie überschritten", die "zur Vernichtung des Regimes" führen werde. "Die Überschreitung der roten Linie wird in Bahrain und in der gesamten Region zu einem Flächenbrand führen und den Menschen bewusst machen, dass es für sie keinen anderen Ausweg gibt, als den bewaffneten Kampf, was nichts anderes zufolge haben wird, als die Vernichtung des verbrecherischen Regimes in Bahrain", sagte der General.

Dem Geistlichen Ghassem wird in Bahrain vorgeworfen, "im Dienste ausländischer Mächte zu stehen, das Volk spalten zu wollen und Gewalt zu predigen".

In Bahrain bilden die Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung, das Land wird aber von Sunniten beherrscht, die die Schiiten benachteiligen. Dagegen gab es in Bahrain immer wieder Proteste, die zum Teil auch gewaltsam waren. 2011, während des sogenannten Arabischen Frühlings, wurden die Proteste mit Hilfe Saudi-Arabiens niedergeschlagen. Bahrain ist Mitglied des Golf-Kooperationsrats. Die fünfte Flotte der Vereinigten Staaten ist in Bahrain stationiert.

Die USA zeigten sich über die Ausbürgerung besorgt. Ein Sprecher des Außenministeriums, John Kirby, sagte am 21. Juni, der US-Regierung seien Beweise für die vorgebrachten Vorwürfe gegen den Geistlichen nicht bekannt. Es habe auch nicht den Anschein, als sei dem Geistlichen die Gelegenheit gegeben worden, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

"Unsere Sorge besteht darin, dass diese Maßnahme möglicherweise dazu führen werde, dass die betroffenen Staaten den Weg der Versöhnung und des Dialogs verlassen", sagte Kirby. "Wir sind davon überzeugt, dass Reformen der einzige Weg sind, um einen friedlichen Wandel herbeizuführen und damit auf Forderungen der Bevölkerung positiv zu reagieren." Die US-Regierung lehne die Ausbürgerung von Staatsbürgern ohne Einhaltung des Rechtswegs entschieden ab. Ein solches Vorgehen könne als Präzedenzfall dienen und dazu führen, dass immer mehr Bürger ihre Staatsbürgerschaft und ihre Heimat verlören.


HISBOLLAH: ALLES, WAS WIR BRAUCHEN, WIRD VON IRAN FINANZIERT

Der Führer der libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, erklärte während einer öffentlichen Rede am 24. Juni, alle Sanktionen, die in jüngster Zeit gegen seine Organisation verhängt worden seien, hätten keine Wirkung. Denn "alles, was wir brauchen, wird nicht von den Banken und Finanzinstituten, sondern von Iran finanziert." Und er fuhr fort: "Die Gelder erreichen uns so, wie die Raketen uns erreichen, die wir gegen Israel einsetzen."

Die Hisbollah hatte bereits früher von Unterstützungsleistungen durch Iran gesprochen, jedoch noch nie so offen und deutlich wie bei dieser Rede von Nasrallah.

Zwei Wochen zuvor hatte die libanesische Zentralbank bekannt gegeben, dass rund hundert Konten der Hisbollah auf Wunsch der USA geschlossen worden seien. Rias Sallameh, Direktor der libanesischen Zentralbank, sagte, ein Gesetz, das im November vergangenen Jahres in den USA verabschiedet worden sei, solle den Zugang der Hisbollah zu internationalen Finanzinstituten verhindern. Dieses Gesetz werde automatisch auch im Libanon umgesetzt. Die USA stufen die Hisbollah als terroristische Organisation ein.

Nasrallah bedankte sich ausdrücklich beim Revolutionsführer Ali Chamenei für die Unterstützung.

Ein Sprecher der iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran), Ramasan Scharif, sagte am 26. Juni laut der Agentur ISNA, die öffentliche Bekanntgabe der iranischen Unterstützung für die Hisbollah werde keine besorgniserregenden Folgen haben. Iran sei bereits in der Vergangenheit wegen der Hilfe für die Hisbollah unter Druck gesetzt und mit Sanktionen belegt worden. Daher brauche man nicht mit neuen Strafmaßnahmen zu rechnen. "Das zionistische Regime und seine westlichen und arabischen Verbündeten haben bei internationalen und regionalen Zusammenkünften und durch Interviews und Presseerklärungen mehr als genug auf die iranische Unterstützung für die Hisbollah hingewiesen. Mehr können sie nicht tun. Die Äußerungen von Nasrallah wird ihnen keinen neuen Vorwand zu Aktivitäten gegen Iran liefern", sagte Scharif.

Die Unterstützung der Hisbollah im Kampf gegen Israel und zur Stärkung des palästinensischen Volkes sei kein Geheimnis, sagte Scharif weiter. Diese Position der Islamischen Republik habe Revolutionsführer Chamenei mit klaren und unmissverständlichen Worten erläutert.

Die Hisbollah wurde Anfang 1980 im Zuge der Besetzung Libanons durch Israel mit iranischer Hilfe gegründet. Ihre ideologischen Wurzeln liegen jedoch in der Wiederbelebung des schiitischen Islams der sechziger und siebziger Jahre. Inzwischen gehört die Organisation zu den mächtigsten Kräften im Libanon und ist auch an der Regierung beteiligt.

Die Hisbollah ist auch in Syrien aktiv und unterstützt das Regime von Bashar al-Assad.


USA STUFEN IRAN ALS GRÖßTEN UNTERSTÜTZER DES TERRORISMUS EIN

Im Jahresbericht des US-Außenministeriums, der am 2. Juni veröffentlicht wurde, wird Iran als größter Unterstützer des Terrorismus bezeichnet. Iran habe terroristische Organisationen und Gruppen finanziell sowie durch Ausbildung und Ausrüstung in verschiedenen Ländern unterstützt, heißt es in dem Bericht.

Der Bericht weist insbesondere auf die Unterstützung hin, die Iran der libanesischen Hisbollah gewährt. Dies stelle eine "ernsthafte Bedrohung für die Stabilität Libanons und der gesamten Region" dar. Erwähnt werden weiterhin paramilitärische schiitische Gruppen im Irak, das Regime von Bashar al-Assad in Syrien und die Hamas und der Islamische Dschihad in Palästina, die ebenfalls von Iran unterstützt werden. Auch die Al Kuds Brigade der iranischen Revolutionsgarden, die für Auslandseinsätze zuständig ist, und der iranische Geheimdienst werden in dem Bericht als Unterstützer der Terrorismus bezeichnet. Auch in Bahrain unterstütze Iran die Schiiten mit Waffen und Ausrüstung, heißt es in dem Bericht weiter.

Seit dreißig Jahren steht Iran auf der von den USA geführten Liste terroristischer Staaten. Neben Iran werden Sudan und Syrien als Unterstützerstaaten des Terrorismus erwähnt. Der Vorwurf gegen Iran hat weitreichende Konsequenzen. Die Einstufung ist ein Grund für die anhaltende Weigerung der internationalen Großbanken, mit Iran Geschäfte zu machen.

Iran wies die Vorwürfe entschieden zurück. Es sei nachvollziehbar, dass die USA, die einst die irakischen Baathisten zum Krieg gegen Iran ermuntert hätten, dem Regime von Saddam Hussein geheime Informationen zur Verfügung gestellt hätten, ihm saudische Gelder, Waffen und Ausrüstung zur Verfügung gestellt hätten und die iranischen Volksmodjahedin als fünfte Kolonne benutzten, nun solche Vorwürfe gegen Iran erheben würden, sagte der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats Ali Schamchani.

Das Teheraner Außenministerium wies den Bericht entschieden zurück und bezeichnete ihn als "weiteren Beweis der Unglaubwürdigkeit der USA". Wahr sei, dass die USA Israel, das den Palästinensern jedes Recht abspreche, bedingungslos unterstützten und die Rolle ihrer Verbündeten wie Saudi-Arabien ignorierten, sagte der Sprecher des Außenamts Hossein Dschaberi Ansari. "Menschen in weiten Teilen der Welt sowie viele Politiker in den USA und im Westen betrachten, wenn nicht die US-Regierung, sicherlich jedoch ihre engsten Verbündeten in der Region, als größte Unterstützer des Terrorismus."


IRAN, SYRIEN UND RUSSLAND BEKRÄFTIGEN GEMEINSAMEN KAMPF GEGEN IS

Die Verteidigungsminister von Russland, Syrien und Iran haben bei einem Treffen am 9. Juni in Teheran ihre Strategie im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) festgelegt. Medienberichten zufolge haben die drei Minister, Sergej Schoigu, Fahd Dschassim al-Freidsch und Hussein Dehghan beschlossen, ihren Kampf gegen den IS verstärkt fortzusetzen. "Dieser gemeinsame Kampf ist sowohl eine absolute Notwendigkeit für die regionale Sicherheit als auch eine humanitäre Pflicht aller Staaten", sagte Irans Verteidigungsminister Dehghan laut dpa. Die drei Minister betonten zugleich, dass auch die diplomatischen Kanäle weiterhin offenbleiben sollen.

"Wir unterstützen weiterhin den politischen Dialog zwischen syrischen Oppositionsgruppen und der legitimen Regierung in Damaskus", sagte Dehghan weiter. Allerdings dürften Terrorgruppen seitens der USA und Saudi-Arabien nicht als moderate Organisationen eingestuft werden. Die Teilnehmer des Treffens betonten, dass sie nach wie vor für die Feuerpause seien, vorausgesetzt, dass diese nicht für die Aufrüstung terroristischer Organisationen missbraucht werde.

Nach Angaben von Russlands Präsident Wladimir Putin hat Russland rund zehntausend Luftangriffe gegen den IS durchgeführt und dabei 30.000 Ziele getroffen. Vertreter der syrischen Opposition werfen Russland hingegen vor, das sich die Luftangriffe auch gegen zivile Einrichtungen und moderate Rebellengruppen richten würden.

Während seines Aufenthalts in Teheran führte Schoigu unter anderem auch ein Gespräch mit Ali Schamchani, dem Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats. Bei der anschließenden Pressekonferenz forderte Schamchani die Weltgemeinschaft auf, "die wertvollen Bemühungen Russlands, Syriens und Irans" beim Kampf gegen den Terrorismus zu unterstützen und ihre Hilfe für Staaten, die "offen oder im Geheimen" terroristische Organisationen unterstützten, einzustellen.

Schoigu äußerte die Hoffnung, dass das Treffen in Teheran die Zusammenarbeit zwischen den drei Staaten, Iran Syrien und Russland, intensivieren werde.

Auffallend bei dem Treffen in Teheran war, dass kein irakischer Teilnehmer dabei war. Iran, Syrien, Russland und Irak hatten eine Koalition gegen den IS vereinbart. Über den Grund der Abwesenheit eines irakischen Vertreters ist allerdings nichts bekannt.

Schamchani betonte die Notwendigkeit der Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen, anstatt den Krieg fortzusetzen. Zugleich sagte er, bedauerlicherweise nutzten einige Staaten diplomatische Verhandlung dafür aus, um Zeit zu gewinnen und terroristische Gruppen für weitere Kämpfe auszurüsten.

Am 5. Juni waren ein kommandierender Offizier und zwei Mitglieder der iranischen Revolutionsgarden bei Kampfhandlungen in Syrien gestorben. Im vergangenen Monat waren 15 iranische Offiziere und Soldaten in Syrien gefallen.

Zwei Tage zuvor hatte Revolutionsführer Ali Chamenei jede Zusammenarbeit mit den USA im Kampf gegen den IS abgelehnt. Das Ziel jener Weltmächte, die den IS und andere terroristische Organisationen ins Leben gerufen und deren Aktivitäten im Irak und Syrien unterstützt haben, sei die Vorbereitung eines Angriffs gegen Iran gewesen. Doch die starke Standhaftigkeit der Islamischen Republik habe dazu geführt, dass sie im Irak und in Syrien stecken geblieben seien, sagte Chamenei.

Die USA seien nicht vertrauenswürdig, sagte Chamenei bei einer Rede zum Todestag von Ayatollah Chomeini weiter, eine Zusammenarbeit mit ihnen wäre ein großer Fehler. Die USA seien auch nach dem Atomabkommen der größte Feind Irans. Auch Großbritannien und Israel zählten zu den Feinden der Islamischen Republik.

Am 12. Juni äußerte sich John O. Brannan, Direktor des US-Geheimdienstes CIA, besorgt über die Rolle Irans in der Region. In einem Interview mit dem arabischen Sender Al-Arabia sagte er, seine Organisation habe keinerlei Verbindung mit Iran und es gebe keine Kontakte mit dem Land bezüglich einer Zusammenarbeit im Kampf gegen den IS. Er forderte Iran auf, die Unterstützung für schiitische Organisationen einzustellen. "Ich bin sehr besorgt über die Unterstützung, die Iran den terroristischen Staaten gewährt", sagte Brannan. Er verwies insbesondere auf die Rolle der Al-Kuds Brigade der iranischen Revolutionsgarden in Syrien und im Irak.

Über die Annäherung der USA und des Westens an die Islamische Republik, vor allem bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm, sagte Brannan, Iran habe noch einen langen Weg vor sich, um das Vertrauen des Westens zu gewinnen und nachweisen zu können, dass es tatsächlich bemüht sei, den Terrorismus zu bekämpfen.

Am 17. Juni erklärte General Iradsch Masdschedi, Berater des Oberbefehlshabers der Al-Kuds Brigade, die Garden und Mitglieder der Milizorganisation Basidsch würden solange auf dem Kampffeld präsent sein, bis das letzte Mitglieder des IS sowie die Mitglieder anderer terroristischer Organisationen getötet worden sein. Zu den gefallen iranischen Offizieren und Soldaten in Syrien und im Irak sagte der General, die Gefallenen verliehen der Islamischen Republik Stolz. Deren Familien und das ganze iranische Volk könne sich rühmen, dass die Söhne in diesem heiligen Krieg ihr Leben verloren hätten.

Der Kampf gegen den IS und andere Terroristen im Iran und in Syrien diene der Stärkung der Widerstandskraft und der Sicherheit der Islamischen Republik, sagte der General. "Die Terroristen, die von Saudi-Arabien und Israel unterstützt werden, haben das Ziel, Syrien und Irak zu erobern, um sich damit den Grenzen Irans annähern zu können. Genau aus diesem Grund führen iranische Kräfte neben anderen Ländern wie Pakistan, Afghanistan und Libanon den Kampf gegen die Terroristen."


KEINE PILGERFAHRT NACH MEKKA IN DIESEM JAHR

Der Chef der iranischen Pilgerfahrtorganisation, Said Ohaidi, gab am 2. Juni bekannt, dass Iran in diesem Jahr keine Pilgerfahrten nach Mekka organisieren werde. Bei den Verhandlungen mit Saudi-Arabien sei es nicht gelungen, eine Garantie für ausreichende Sicherheitsvorkehrungen für die Pilger zu erhalten. Als Beispiel nannte er den Mangel an Behelfskliniken.

Jedes Jahr im September pilgern mehrere Hunderttausend Menschen nach Mekka und Medina. Für diese Massen bedarf es zahlreicher Vorkehrungen, mit denen die saudischen Behörden im vergangenen Jahr offenbar überfordert waren, als bei einer Massenpanik 2.426 Personen ums Leben kamen, darunter mindestens 464 iranische Pilger.


ERSTE KONTAKTE ZWISCHEN KANADA UND IRAN

Der kanadische Außenminister Stéphane Dion erklärte am 12. Juni im kanadischen Fernsehen CBC, die ersten offiziellen Kontakte zur Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Teheran und Ottawa seien bereits geknüpft. In den Medien wurde vermutet, dass die Gespräche in New York geführt werden, wo beide Staaten ein diplomatisches Büro unterhalten. Dazu wollte Dion sich nicht äußern. Er sagte lediglich, dass Staaten, die ihre diplomatischen Beziehungen wieder aufnehmen wollten, dies schrittweise und auf neutralem Boden tun würden.

Kanada hatte seine diplomatischen Beziehungen zu Iran im Sommer 2012 auf Eis gelegt, seine Botschaft in Teheran geschlossen und Iran als "größte Gefahr für den Weltfrieden" bezeichnet. 2013 erklärte die amtierende Regierung, sie werde die Wirtschaftsbeziehungen zu Iran gänzlich abbrechen und seine bereits eingeleiteten Sanktionen gegen das Land verschärfen. Die Maßnahmen richteten sich gegen das iranische Atomprogramm, "eklatante Verletzungen der Menschenrechte" und die Unterstützung des Terrorismus.

Belastet wurde die Beziehung zwischen den beiden Staaten auch durch den Tod der iranisch-kanadischen Foto-Journalistin Sahra Kasemi, die infolge von Folter in einem Teheraner Gefängnis gestorben war.

Das Volumen des Handels zwischen Iran und Kanada lag 2012 bei 130 Millionen US-Dollar. Als James Trudeau im November 2015 das Amt des Ministerpräsidenten übernahm, sagte er, seine Regierung sei daran interessiert, die bilateralen Beziehungen zu Iran nach einer fast vierjährigen Eiszeit neu zu gestalten. Er hatte in diesem Zuge auf die Reduzierung des iranischen Atomprogramms hingewiesen, die er als positiv bezeichnete, und äußerte die Erwartung auf eine baldige Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. Wenige Monate später, als das Atomabkommen mit Iran vom UN-Sicherheitsrat bestätigt worden war, erklärte die kanadische Regierung offiziell, Verhandlungen mit Iran aufnehmen zu wollen.

Dennoch erklärte Außenminister Dion, es gäbe mit Iran Probleme, die ihm Sorgen bereiteten. Dazu zählten die Unterstützung, die das Land dem Terrorismus gewähre, die Menschenrechtslage und die Haltung Irans gegenüber dem Regime in Syrien. Trotz alle dem müsse Kanada, wenn es im Nahen und Mittleren Osten eine Rolle spielen wolle, auch in Iran präsent sein, den Iranern mit Wohlwollen begegnen und versuchen, die iranische Führung zu einem akzeptableren Kurs zu bewegen.

Dion betonte, dass eine Wiedereröffnung der Botschaften in Teheran und Ottawa kaum kurzfristig stattfinden könne. "Wir müssen schrittweise vorgehen, und die Wiedereröffnung der Botschaften kann nicht der erste Schritt sein", sagte er.

In den vergangenen Tagen sind neue Konflikte zwischen den beiden Staaten entstanden, die den Willen zur Wiederaufnahme der bilateralen Beziehungen verringern könnten: Die Verhaftung der iranisch-kanadischen Anthropologin Homa Hoodfar und die Entscheidung des Obersten Gerichts in Kanada zur Beschlagnahmung iranischer Guthaben zur Entschädigung der Opfer von Terroranschlägen.


BREXIT HAT KEINE FOLGEN FÜR BEZIEHUNGEN ZU LONDON

Das Teheraner Außenministerium erklärte am 25. Juni, die Entscheidung Großbritanniens, aus der EU auszutreten, werde keinerlei Folgen für die bilateralen Beziehungen zwischen Iran und Großbritannien haben.

"Die Islamische Republik als ein Staatssystem, das vom Volk getragen wird, akzeptiert das Votum der britischen Bevölkerung", heißt es in der Erklärung. Auch die Beziehung zu der EU werde durch den Austritt Großbritanniens nicht beeinträchtigt. "Iran ist bestrebt, seine Beziehungen zu den Staaten der Europäischen Union auf der Basis der gegenseitigen Achtung und Nichteinmischung in innere Angelegenheiten auszubauen." Daran werde auch der Austritt der Briten aus der EU nichts ändern.

Obwohl in der offiziellen Erklärung keine politische Bewertung des Austritts vorgenommen wurde, hatte der Staatssekretär im Außenministerium, Hamid Abutalebi, am Vortag die Meinung geäußert, "die wirtschaftliche Lage in Süden Europas, der Terrorismus und das Flüchtlingsproblem weisen daraufhin, dass sich die Einheit Europas in einem Zerfallsprozess befindet." Der Austritt Großbritanniens werde einen Dominoeffekt in Gang setzen. Die Homepage der Regierung hatte Abutalebi mit den Worten zitiert: "Der Austritt Großbritanniens aus der EU bildet eine historische Chance für Iran." Seiner Einschätzung nach werden die Sterne im Banner der EU nacheinander herunterfallen und dieser Trend werde anderen Staaten mehr Macht, Sicherheit und Wohlstand bringen.

Wenige Stunden nach dem Bekanntwerden des britischen Austritts sagte der Stellvertreter des Oberkommandierenden der Streitkräfte, Masud Dschasayeri, laut Medien: "Der niedrigste Preis, den England für all die Jahre des Kolonialismus und für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit bezahlen muss, ist die Trennung von Teilen seines Territoriums." Das Votum für den Austritt bedeute seiner Ansicht nach ein Nein der Mehrheit der Bevölkerung zu der Hörigkeit Großbritanniens gegenüber den USA.


ISRAEL LÄSST FESTGENOMMENEN REPORTER FREI

Israel hat am 5. Juni einen Korrespondenten des arabischsprachigen iranischen Senders Al-Alam vier Tage nach der Festnahme unter Auflagen freigelassen. Die Polizei hatte den 43-jährigen arabisch-israelischen Reporter am 1. Juni auf den Golanhöhen festgenommen. Er wurde laut AFP verdächtigt, Informationen "zur Unterstützung einer Terrororganisation" verbreitet und zu "Gewalt und Terror" aufgerufen zu haben.

Al-Alam wies die Vorwürfe gegen den Journalisten Bassam al-Safadi entschieden zurück. Die Polizei sei, "ohne jeden Grund" in die Wohnung des Reporters in dem Dorf Masada eingedrungen, habe seinen Computer, seine Kamera und sein Handy beschlagnahmt und ihn festgenommen. Der Reporter gehöre dem Al-Alam-Büro für Syrien an und habe mit Israel nichts zu tun.


VISUMSANTRAG VON US-KONGRESSABGEORDNETEN ABGELEHNT

Drei Abgeordnete des US-Kongresses, deren Visumsanträge das Teheraner Außenministerium abgelehnt hatte, legten scharfen Protest gegen die Entscheidung ein und erklärten, die Ablehnung sei ein Beweis für die falsche Iran-Politik der US-Regierung.

Am 7. Juni wurde das Antwortschreiben des Teheraner Außenministeriums an die drei Abgeordneten Mike Pompeo, Lee Zeldin und Frank LoBiondo veröffentlicht. Darin wird die Ablehnung des Visumsantrags damit begründet, dass die Abgeordneten die Absicht hätten, sich in die inneren Angelegenheiten der Islamischen Republik einzumischen.

Der Republikaner Pompeo schrieb auf Facebook, das Schreiben des iranischen Außenministeriums trage keine Unterschrift, das Ministeriums habe erst nach Monaten Verzögerung geantwortet und "uns unterstellt" die Reise propagandistisch ausnutzen zu wollen. Im Übrigen sei das Schreiben keine Antwort, sondern der Versuch, Propaganda zu machen. Ebenso wie schon mit dem Slogan auf iranischen Raketen, "Israel muss verschwinden", Propaganda gemacht worden sei.

Ziel der Reise nach Iran sei der ernsthafte Versuch gewesen, eine wichtige Pflicht gegenüber dem amerikanischen Volk zu erfüllen, schrieb Pompeo weiter. "Ich fordere noch einmal Iran auf, unserem Antrag zuzustimmen."

Frank LoBiondo twitterte: "Iran hat mit dreimonatiger Verspätung unseren Antrag, die Umsetzung des Atomabkommens vor Ort zu beobachten, abgelehnt." Dem Wochenblatt Weekly Standard sagte er, "es ist bedauerlich, aber nicht erstaunlich, dass Iran auf unseren legitimen Antrag beleidigend reagiert hat. Wie vorhersehbar hat Iran mit der Ablehnung unseres Antrags wieder einmal bestätigt, dass die 'neue Ära der Öffnung und Kooperation', die Präsident Obama dem Volk aufschwatzen will, nichts anderes ist als ein Witz." Doch die Entscheidung des iranischen Außenministeriums werde die Antragsteller nicht daran hindern, kritische Fragen zu stellen und die Beziehungen zu Iran genau unter die Lupe zu nehmen.

Zeldin sagte dem Wochenblatt, die Ablehnung sei wie "Spucke ins Gesicht aller Menschen in der Welt, die Freiheit wollen". Iran habe den Antrag abgelehnt, weil es die "Folgen von Wahrheit und Aufrichtigkeit fürchtet". "Es kann durchaus sein, dass es Iran gelingt, Obama und Kerry auf der Nase herum zu tanzen. Aber der Januar 2017 wird bald kommen." (Gemeint ist der Regierungswechsel in den USA) Zeldin bezeichnete die Islamische Republik als "größten Unterstützer des Terrorismus in der Welt". Dementsprechend müsse der Umgang mit Iran auch sein.

"Es ist bedauerlich und schlimm, dass sie (die Herrscher in Iran) so vehement die Entwicklung des Landes zur Demokratie verhindern", fuhr Zeldin fort. "Es sollte ihnen bewusst sein, dass sie letztendlich ihren Platz für jene Führer räumen müssen, die statt ihre eigene Macht zu festigen, bestrebt sein werden, für ihr Volk Wohlstand zu bringen und statt das Land in den Abgrund der Gewalt zu führen, sich um bessere Tage für ihr Volk bemühen werden."

Die drei Abgeordneten, die der republikanischen Partei angehören, gehören zu den schärfsten Gegnern der Regierung Obama. In einem Brief an das iranische Außenministerium teilten sie mit, dass das Ziel ihrer Iran-Reise der Besuch der amerikanischen "Geiseln", die Gewinnung von Informationen über das iranische Raketenprogramm und die Überprüfung der Umsetzung des Atomabkommens gewesen sei.


MASSAKER VON ORLANDO VERURTEILT

Das Teheraner Außenministerium hat das Massaker in einem häufig von Schwulen und Lesben besuchten Club in Orlando im US-Staat Florida verurteilt. Der Sprecher des Ministeriums, Hossein Dschaberi Ansari, erklärte am 13. Juni, die Stellungnahme basiere auf "politischen Prinzipien der Islamischen Republik gegen den Terrorismus" und erfolge aus der "Entschlossenheit zum ernsthaften und allseitigen Kampf gegen dieses hässliche Phänomen". Homosexualität ist in Iran strengstens verboten und kann mit dem Tod bestraft werden.


MERKEL WILL ROHANI EINLADEN

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zufolge hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Widerstand aufgegeben, den Präsidenten der Islamischen Republik, Hassan Rohani, nicht zu einem Staatsbesuch in Deutschland einzuladen. Es sei möglich, dass der Besuch in diesem Jahr stattfinden werde, berichtete der Spiegel unter Berufung auf Regierungskreise. Hierfür müssten allerdings noch einige Einzelheiten geklärt werden.

Grund für den Widerstand Merkels war die Unterstützung, die Iran der libanesischen Hisbollah gewährt. Zudem erklärte die Kanzlerin mehrmals, dass eine wichtige Voraussetzung für die Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und Iran die Anerkennung Israels seitens Iran sei.

Der Sinneswandel im Kanzleramt ist vermutlich auf Druck der deutschen Wirtschaft erfolgt. Deutsche Unternehmer hoffen auf lukrative Geschäfte mit Iran. Der Spiegel schreibt, Außenminister Frank-Walter-Steinmeier und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel drängten Merkel seit längerer Zeit zu dieser Entscheidung.

Der Iran-Report kann kostenfrei auf der Website der Heinrich Böll Stiftung abonniert werden unter
https://themen.boell.de.

Impressum:
Hrsg.: Heinrich-Böll-Stiftung
Autor: Bahman Nirumand
Redaktion: Bauke Baumann
V.i.S.d.P.: Annette Maennel
15. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 7/2016 - Juli 2016 / 15. Jahrgang
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Email: info@boell.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2016

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