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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/379: Iran-Report Nr. 3 - März 2017


Iran-Report der Heinrich-Böll-Stiftung - Nr. 3 - März 2017
Eine Zusammenfassung aktueller Ereignisse im Iran

von Bahman Nirumand


Iran steht an einem Scheideweg. Nach dem Abschluss des Atomabkommens und der Aufhebung der Sanktionen erwartet das Volk einen wirtschaftlichen Aufschwung, die Öffnung nach außen und vor allem auch eine Liberalisierung der theokratischen Staatsordnung. Doch über den neuen Kurs, auch über die Rolle Irans in der Region, ist sich die Staatsführung nicht einig. Wie der Machtkampf, der schon seit geraumer Zeit zwischen Konservativen und Reformern tobt, ausgehen wird, ist ungewiss.

Der Iran-Report wertet Nachrichten verschiedener Quellen aus. Auch um die von den Mächtigen in Iran verfügten Behinderungen und Einschränkungen der journalistischen Arbeit auszugleichen. Der Iran-Report produziert keine Schlagzeilen, sondern er erhellt die Meldungen, das Nichtgesagte dahinter.


INNENPOLITIK

• Chamenei lehnt nationales Versöhnungsprojekt von Chatami ab
• 38. Jahrestag der Revolution in Teheran
• Rohanis Gegenkandidaten bringen sich für Präsidentschaftswahlen in Stellung
• Korruptionsurteil: Erst zahlen dann hingerichtet werden
• Werbung mit Trump kommt gut an
• Frauen an Eintritt ins Fußballstadion gehindert
• Widerstand gegen Abschaffung der Todesstrafe für Drogendelikte


CHAMENEI LEHNT NATIONALES VERSÖHNUNGSPROJEKT VON CHATAMI AB

Irans Revolutionsführer lehnte bei einer Rede vor Delegierten aus der Provinz Ost-Aserbaidschan am 15. Februar den Vorschlag des ehemaligen Präsidenten Mohammad Chatami zu einer "nationalen Versöhnung" entschieden ab.

Chatami, der als wichtigster Repräsentant der Reformbewegung in Iran gilt, hatte mit Blick auf den Regierungswechsel in den Vereinigten Staaten und die Drohungen Präsident Donald Trumps gegen Iran erklärt: "Nach meiner Überzeugung ist es jetzt die günstigste Zeit, um eine nationale Versöhnung zu beschließen." Er bezeichnete den amerikanischen Präsidenten als "aggressiv und streitsüchtig". Es bestehe die Gefahr, dass Trump Ziele verfolge, für die er auch die Zustimmung der republikanischen Partei erhalten werde. "Die Übereinstimmung zwischen den Republikanern und dem radikal vorgehenden Präsidenten könnte für uns gefährliche Folgen haben", hieß es auf der offiziellen Webseite Chatamis am 7. Februar. "Möglicherweise gibt es sogar Leute (in Iran), die kein gutes Verhältnis zu der Revolution und der Staatsordnung der Islamischen Republik haben, aber (...) wenn das Land, die nationalen Interessen und die Würde Irans bedroht werden, (...) stehen alle in einer Front gegen jene, die uns bedrohen." Gemeint sei nicht, dass niemand gegen die Verfassung Kritik üben dürfe, erläuterte Chatami. Aber jeder, der im Rahmen der Verfassung handele, müsse die Freiheit haben, aktiv zu sein und alle Rechte eines Bürgers in Anspruch nehmen können.

"Unsre Revolution ist in der jüngsten iranischen Geschichte und in der Menschheitsgeschichte, wenn nicht ein einmaliges, so doch ein seltenes Phänomen", sagte der Ex-Präsident. "Unsere Bewegung war zunächst nicht mit dem Ziel entstanden, das herrschende Regime zu stürzen. Das Ziel waren Reformen. Wir haben zunächst Ratschläge erteil und Änderungen vorgeschlagen. (...) Als aber das Regime den Ruf nicht hören wollte und (auf die Proteste) mit Bajonetten, Unterdrückung, Hinrichtung und Mord reagierte, steuerte die Bewegung zwangsläufig auf eine Revolution zu. Niemand hatte die Revolution geplant. Vielleicht wäre die Geschichte anderes verlaufen, wenn das Regime die Rufe gehört hätte. Das Regime wollte die Ratschläge der Reformer und der Massen nicht hören."

Chatami warnte vor übereilten Reaktionen auf die Drohgebärden aus den USA. "Noch sind einige Republikaner und Demokraten (in den USA) und die Menschen auf der ganzen Welt mit den Eskapaden dieses Herrn (Trump) nicht einverstanden. Wir sollten keine Schritte unternehmen, die dazu führen würden, dass die öffentliche Meinung sich zugunsten der Radikalen wendet."

Mit Blick auf die Führer der "Grünen Bewegung", Mir Hossein Mussavi, Sahra Rahnaward und Mehdi Karrubi, die sich seit Jahren im Hausarrest befinden, sagte Chatami: "Auch jene, die sich im Hausarrest oder im Gefängnis befinden, sind besorgt um das Schicksal der Revolution und des Landes. Auch sie haben sich gegen die Drohungen von außen positioniert. Sie sind sicherlich weit mehr um das Schicksal des Landes besorgt als manche, die behaupten, revolutionär zu sein. Wir müssen die Gelegenheit nutzen und den Boden für eine nationale Versöhnung bereiten, um gemeinsam und vernünftig den Islam, die Revolution und das Land verteidigen zu können. Ich hoffe, dass es gelingen wird, die innere Solidarität herzustellen. Dazu müsste allerdings die Staatsführung gewisse Vorbereitungen treffen."

Was Chatami im Sinn hat, ist nicht etwa die Versöhnung aller politischen Richtungen, was auch den säkularen Teil der Gesellschaft einschließen würde. Es geht ihm vielmehr um die Versöhnung zwischen den Reformern und den Konservativen beziehungsweise den Ultras. Also, jenen Teil der Reformer, die an den Protesten gegen die umstrittene Wiederwahl Ahmadinedschads 2009 teilgenommen und seitdem geächtet und ausgeschlossen werden, wieder an der Macht zu beteiligen.

Unterstützung erhielt Chatami für diesen Vorstoß von Präsident Rohani, der bei seiner Rede zum Jahrestag der Revolution am 22. Februar sagte: "Im Gefolge des Revolutionsführers sind alle bestrebt, sich zu versöhnen und die nationale Einheit herzustellen. Unser Ziel ist die Realisierung der Ideale der Revolution. Wir sind stolz auf die 38 Jahre Islamischer Republik."

Dem widersprach Justizchef Sadegh Laridschani. "Die Nationale Versöhnung hat nur dann einen Sinn, wenn es über die Grundsätze der Verfassung keine Einigkeit geben würde. Das ist aber nicht der Fall", sagte Laridschani der Agentur Ilna am 22. Februar. "Es ist durchaus möglich, dass es innerhalb der Staatsführung oder der Bevölkerung unterschiedliche Geschmacksrichtungen gibt, aber in Bezug auf die Ziele der Revolution, die Unabhängigkeit, Würde und Stärke des Landes gibt es keinerlei Differenzen."

Noch klarer nahm Revolutionsführer Chamenei zu der Anregung Chatamis Stellung. Das Volk werde sich niemals mit jenen versöhnen, die 2009 die Heiligtümer beleidigt und mit Dreistigkeit und Unverschämtheit einen Basidsch-Milizionär ausgezogen und geschlagen haben."

Diese klare Absage an die Reformer wird vermutlich zu einer weiteren Verhärtung der Fronten führen, was angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Mai und des zunehmenden Drucks von außen den Spielraum der Regierung von Präsident Rohani für die Durchsetzung von Reformen zunehmend einschränken wird.

Am 25. Februar warnte Präsident Rohani, die Vertiefung der Spaltung der Gesellschaft könne die Sicherheit des Landes gefährden. Vor einer Versammlung von Wahlmännern sagte er, die Stärkung des militärischen Potentials könne nicht die Sicherheit des Landes garantieren. "Selbst wenn wir unsere Sicherheits- und Militärkräfte um das Zehnfache und unsere Waffen um das Hundertfache erhöhen würden, aber sich die Spaltung zwischen den Ethnien oder Konfessionen gleichzeitig vertiefen würde, wird das Vertrauen der Bevölkerung zum Staat und damit die Sicherheit des Landes verschwinden."

Vor allem mit Blick auf die "sensible Lage der Region und der Welt" forderte Rohani alle politischen Gruppen und Parteien auf, "mit Liebe" miteinander umzugehen und "Konflikte und Rachegefühle" zu vermeiden. Angesichts der bevorstehenden Präsidentschaftswahl kritisierte er, dass eine Fraktion, andere Fraktionen und Gruppen ausschließen möchte. Welche Fraktion er damit meinte, sagte er nicht. Er warnte vor "Missbrauch" staatlicher Einrichtungen zugunsten einer Fraktion und forderte alle auf, gegen mögliche "illegale Handlungen einer militärischen Einrichtung" Widerstand zu leisten. Den Namen der Einrichtung nannte er nicht. Gemeint waren aber wohl die Revolutionsgarden, die inzwischen so viel Macht besitzen, dass sie wie ein Staat im Staate agieren können.


38. JAHRESTAG DER REVOLUTION IN TEHERAN

Millionen Menschen in Iran sind dem Aufruf des Revolutionsführers gefolgt und haben den 38. Jahrestag der Revolution zum Anlass genommen, um auf Massenkundgebungen und Massenaufmärschen gegen die USA und Israel zu protestieren. Die Demonstranten riefen "Tod Amerika", "Tod Israel" und verbrannten die Flaggen beider Staaten. Das Verhältnis zwischen Teheran und Washington hat sich entgegen den Erwartungen, die mit dem Atomabkommen einhergegangen waren, in den letzten Monaten und erst recht nach der Wahl von Präsident Trump merklich verschlechtert. Die zusätzlichen Sanktionen, die die USA wegen des Raketenprogramms gegen Iran verhängten und das Einreiseverbot für iranische Staatsbürger, das Trump anordnete, haben nicht nur bei der iranischen Führung, sondern auch in der Bevölkerung viel Unmut ausgelöst.

Auch Präsident Rohani hatte die Bevölkerung zur Teilnahme an den Demonstrationen aufgerufen. Iran habe keine Furcht und werde sich auch von "keinerlei Kriegshetze" einschüchtern lassen, sagte er auf der Kundgebung in Teheran, die im Fernsehen übertragen wurde. Einige "Anfänger" in der Region und den USA hätten Iran gedroht. Sie sollten wissen, dass sie mit Drohungen gegen die Iraner nichts bewirken könnten. Was das Volk verlange und fordere, sei Respekt.


ROHANIS GEGENKANDIDATEN BRINGEN SICH FÜR PRÄSIDENTSCHAFTSWAHLEN IN STELLUNG

Drei Monate vor der Präsidentschaftswahl im Mai steht immer noch nicht fest, wer sich neben dem amtierenden Präsidenten Rohani um das Amt bewerben wird. Der frühere Präsident Mahmud Ahmadinedschad, der als erster schon im vergangenen Jahr seine Absicht bekundet hatte, gegen Rohani anzutreten, ist bereits dem Rat des Revolutionsführers Chamenei gefolgt, und hatte seine Kandidatur zurückgezogen. Am 10. Februar veröffentlichte er eine weitere Erklärung, in der es hieß, er werde auch keinen anderen Kandidaten unterstützen. "Ich gehöre keiner Partei oder Gruppe an und werde auch keine Partei, Gruppe oder Kandidaten unterstützen." Er betonte, dass seine Entscheidung "endgültig und unverrückbar" sei.

Am 18. Februar erklärte Ahmadinedschads ehemaliger Vize, Hamid Baghai, der Agentur ISNA zufolge, er werde für das Amt des Präsidenten kandidieren. Er werde demnächst sein Programm vorlegen, sagte der 47-jährige, der von 2009 bis 2013 das Amt des Vizepräsidenten innehatte. Politische Beobachter rechnen dem Ultrakonservativen allerdings kaum eine Chance ein.

Unter den möglichen Kandidaten, die zurzeit gehandelt werden, wird auch Ayatollah Ebrahim Raisi genannt. Raisi ist Treuhänder religiöser Stiftungen in der heiligen Stadt Maschad, eines der höchsten und einflussreichsten Ämter, das ein Geistlicher erreichen kann. Raisi war fünf Jahre lang Teheraner Staatsanwalt, danach wurde er Stellvertreter des Justizchefs. Bevor er im Februar dieses Jahres vom Revolutionsführer zum Verwalter der Stiftungen ernannt wurde, arbeitete er als Oberstaatsanwalt für ganz Iran.

Raisi gehörte zu den vier Personen, die 1988 von dem damaligen Revolutionsführer Ayatollah Chomeini beauftragt wurden, über das Schicksal von Tausenden von politischen Gefangenen zu entscheiden. Bekanntlich wurden damals mehrere Tausend Gefangene hingerichtet.

Der Parlamentsabgeordnete Ghasisadeh Haschemi sagte der Presse am 20. Februar, zahlreiche Geistliche Instanzen, Beauftragte des Revolutionsführers und Mitglieder der Expertenversammlung hätten Raisi aufgefordert, für den Posten des Präsidenten zu kandidieren. Bereits eine Woche zuvor hatte er berichtet, zahlreiche Persönlichkeiten hätten vergeblich versucht, Raisi zur Kandidatur zu bewegen.

Raisi selbst hat bislang nicht zu einer möglichen Bewerbung Stellung genommen. Er gehört auch zu den Personen, deren Namen als mögliche Nachfolger des Revolutionsführers Chamenei gehandelt werden. Zieht man dies in Betracht, dann ist es kaum anzunehmen, dass er das Risiko einer Niederlage bei der Präsidentschaftswahl eingehen wird.

Am 23. Februar veranstalteten die Konservativen unter dem Titel "Die populäre Front revolutionärer islamischer Kräfte" einen Kongress mit dem Ziel, mögliche Kandidaten für die Wahl festzulegen, unter denen in einem zweiten Schritt ein gemeinsamer Kandidat nominiert werden soll. Presseberichten zufolge einigte man sich zunächst auf 21 Personen, darunter den Teheraner Bürgermeister Mohammad Bagher Ghalibaf, Saif Dschalili, der unter Präsident Ahmadinedschad Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen war, Mohsen Resai, der frühere Befehlshaber der Revolutionsgarden und gegenwärtige Generalsekretär des Schlichtungsrats, sowie der bereits erwähnte Ebrahim Raisi, der die meisten Stimmen bekam.

Auch die "Partei der Einheit des islamischen Volkes Iran", die die Gemäßigten und Reformer vertritt, veranstaltete eine Tagung, auf der Präsident Hassan Rohani als einziger Kandidat bestätigt wurde. Eine Wiederwahl Rohanis ist jedoch nicht sicher. Denn erstens ist der von ihm in Aussicht gestellte wirtschaftliche Aufschwung bislang nicht eingetreten. Auch ist es ihm nicht gelungen, das Land nach innen zu öffnen, mehr Freiheiten zu gewähren und die Einmischung des Staates in Privatangelegenheiten der Bürger einzuschränken. Zudem hat der Regierungswechsel in den USA den Spielraum für Rohanis Außenpolitik weitgehend eingeschränkt. All dies hat zur Stärkung des Lagers der Konservativen und Hardliner beigetragen. Selbst aus der Sicht des Revolutionsführers hat Rohani mit dem Atomvertrag seine Mission erfüllt. Dennoch würde Rohani nach Einschätzung politischer Beobachter die Wahl gewinnen, sollten die Wahlen tatsächlich frei sein, zumal die Konservativen bisher keinen Kandidaten zu bieten haben, der annähernd die gleiche Popularität besitzt wie Rohani. Aber die Wahlen im Iran sind nicht frei, und es besteht auch noch die Möglichkeit, dass der Wächterrat, der von Ultras dominiert wird, Rohanis Kandidatur als ungeeignet ablehnt.


KORRUPTIONSURTEIL: ERST ZAHLEN DANN HINGERICHTET WERDEN

Das Todesurteil gegen den Multimilliardär Babak Sandschani werde erst dann vollstreckt, wenn er die "unterschlagenen Gelder" zurückgezahlt habe, sagte Oberstaatsanwalt Mohammad Dschafari Montaseri am 16. Februar auf einer Pressekonferenz in Teheran.

Der 42-jährige Sandschani hatte während der Zeit, in der das iranische Öl unter einem internationalen Embargo stand, iranisches Öl im Wert von mehreren Milliarden Dollar an ausländische Abnehmer verkauft, jedoch ein Großteil der Gelder nicht an den iranischen Staat zurückgezahlt. Daher wurde er im vergangenen Jahr vom Teheraner Revolutionsgericht zum Tode verurteilt. Gerüchte besagen, dass Sandschani seine Ölgeschäfte ohne Unterstützung von Regierungsverantwortlichen niemals in diesem Umfang hätte tätigen können. Diese Unterstützung habe er durch hohe Bestechungsgelder erhalten. Vermutlich verdankt er nun den Bestochenen sein Leben.

"Wir sind bemüht, das Volkseigentum zurückzuholen", sagte der Staatsanwalt. "Das haben wir auch dem Verurteilten mitgeteilt." Über einen weiteren Beschuldigten, der vor einigen Wochen im Zusammenhang mit dem Fall Sandschani in Haft genommen wurde, sagte Montaseri, diese Person gehöre zu den Komplizen von Sandschani. Sie befinde sich in Untersuchungshaft. Im vergangenen Monat berichteten die Agenturen, dass ein Komplize Sandschanis in der Dominikanischen Republik festgenommen und an Iran ausgeliert worden sei.


WERBUNG MIT TRUMP KOMMT GUT AN

Eine iranische Versicherungsfirma startete eine landesweite Werbung, für die sie ein Foto des amerikanischen Präsidenten Donald Trump verwendete. Neben dem Bild steht in der Landessprache: "Katastrophen kennen weder Zeit noch Ort."

Die Werbung kommt gut an. Denn tatsächlich betrachten die meisten Iraner den Sieg Donald Trumps als eine Katastrophe. Sie befürchten, dass der neue Präsident weit mehr Druck als bisher auf Iran ausüben wird. Bis dahin, dass sogar das Atomabkommen, das einen wirtschaftlichen Aufschwung zufolge haben könnte, annulliert werden könnte und es gar zu einer militärischen Auseinandersetzung zwischen den USA und Iran kommen könnte.


FRAUEN AN EINTRITT INS FUßBALLSTADION GEHINDERT

Iranische Medien berichteten am 14. Februar, dass am Rande eines Fußballspiels zwischen zwei iranischen Mannschaften in Teheran acht Frauen festgenommen worden seien. Die jungen Frauen sollen sich demnach als Jungen verkleidet haben. Sie seien beim Eintritt ins Stadion den Kontrolleuren aufgefallen und der Polizei übergeben worden. In der Islamischen Republik ist Frauen der Zugang zu männlichen Sportveranstaltungen, insbesondere zu Fußballspielen, untersagt.

Aliresa Adeli, Unterstaatssekretär im Innenministerium, sagte der Agentur Tasnim, die Frauen seien nicht festgenommen, sondern lediglich am Eintritt ins Stadion gehindert worden. Sie würden den Gesetzen entsprechend behandelt werden. Über konkrete Maßnahmen erteilte er keine Auskunft.

Wie sich später herausstellte, war es trotz scharfer Kontrollen mindestens zwei Frauen gelungen, sich als Jungen verkleidet ins Stadion hineinzuschmuggeln und das Spiel mitzuerleben. Eine dieser Frauen sagte dem persischsprachigen Programm der BBC, als die Zuschauer ihre Anwesenheit bemerkt hätten, habe es keinerlei negative Reaktionen gegeben und sie habe in Ruhe das Spiel anschauen können. Daraus könne man entnehmen, dass das Verbot für Frauen völlig unbegründet sei. Sie habe auch eine andere Frau gesehen, der es gelungen war, die Kontrolleure zu überlisten. Über die festgenommenen Frauen sagte sie, sie hätten sich nicht gut genug verkleidet. Man habe aus weiter Entfernung sehen können, dass sie keine Männer waren.

Dass Frauen versuchten, in die Stadien zu gelangen, sei nicht neu, sagte Adeli. Er empfahl den Frauen, sich die Spiele im Fernsehen anzuschauen. Mit dem Eintrittsverbot solle die Würde der Frauen gewahrt werden. Die Umstände in den Fußballstadien, die große Masse und die herrschende Atmosphäre begünstigten unmoralische Handlungen, die unterbunden werden müssten. Das Verbot sei nichts anderes als eine präventive Maßnahme zum Schutz der Würde der Frauen.

Der Ausschluss der Frauen aus den Stadien ist seit Jahren ein Thema, über das in Iran kontrovers diskutiert wird. Ein Versuch des ehemaligen Präsidenten Ahmadinedschad, die Stadien für Frauen frei zu geben, scheiterte am heftigen Protest der Geistlichkeit. Bemerkenswert ist, dass das Verbot nur für iranische Frauen gilt. Ausländischen Frauen ist der Zugang zu den Stadien erlaubt.

Menschenrechtsorganisationen fordern immer wieder die Aufhebung des Verbots, das sie als eindeutige Diskriminierung von Frauen bezeichnen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte kürzlich, solange den Frauen der Zugang zu den Stadien verweigert werde, solle Iran nicht erlaubt werden, ausländische Mannschaften zu Wettkämpfen im eigenen Land zu empfangen.


WIDERSTAND GEGEN ABSCHAFFUNG DER TODESSTRAFE FÜR DROGENDELIKTE

Ali Alisadeh, Leiter der juristischen Abteilung des Kampfkommandos gegen Drogen, erklärte laut iranischen Medien am 5. Februar, das Kommando fordere als zuständige Organisation für die Bekämpfung des Drogenkonsums die Rücknahme der Gesetzesvorlage zur Abschaffung der Todesstrafe für Drogendealer und Drogenkonsumenten.

Zuvor hatte das Parlament der Behandlung der Vorlage, die von mehr als 140 Abgeordneten unterzeichnet worden war, zugestimmt. Damit muss sich der Rechtsausschuss nun mit der Vorlage befassen und im Falle der Zustimmung dem Plenum zur Abstimmung vorlegen.

Der Vorlage fehle die juristische Grundlage, sagte Alisadeh laut der Agentur Tasnim. Sollten die Abgeordneten darauf bestehen, müsse auch ein Gutachten der Justiz eingeholt werden. Sachverständige seien der Meinung, dass ein solches Gesetz Begriffe verwende, die zwar auf Menschenrechten basierten, in der Praxis jedoch Chaos stiften und zu weitaus größeren Straftaten führen würde.

Seitdem der Beauftragte der Justiz, Mohammad Dschwad Laridschani, die Abschaffung der Todesstrafe für Drogendealer in Aussicht gestellt hatte, sind mehr als zwei Jahre vergangen. Im Oktober vergangenen Jahres lehnte jedoch sein Bruder, Justizchef Sadegh Laridschani, die Abschaffung der Todesstrafe mit der Begründung ab, dass die Zahl der Dealer dadurch erheblich zunehmen würde.

Am 25. Februar veranstalteten einige Gegner der Todesstrafe für Drogendealer vor dem Parlament eine Kundgebung, unter ihnen befanden sich auch laut Medien auch Angehörige von Dealern, deren Todesurteil bald vollstreckt werden soll. "Wir fordern, dass das Gesetz zur Abschaffung der Todesstrafe für Drogendealer so rasch wie möglich verabschiedet wird", sagte ein Teilnehmer der Demonstration der Agentur Ilna.

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KULTUR

• Oscar für Farhadis Film "Der Verkäufer"
• Film von Farhadi am Trafalgar Square in London
• Steinmeier: Teheran-Sammlung in Berlin noch möglich
• Persisch als Wahlfach an türkischen Schulen


OSCAR FÜR FARHADIS FILM "DER VERKÄUFER"

Der Film "Foruschandeh" (Der Verkäufer) von Asghar Farhadi, hat den diesjährigen Oscar für den besten nicht-englischsprachigen Film erhalten. Es ist das zweite Mal, dass Farhadi einen Oscar gewinnt. Bereits 2012 war sein Film "Nader und Simin - eine Trennung" mit einem Oscar ausgezeichnet worden.

Farhadi hatte aus Protest gegen Trumps Einreiseverbot für Iraner und Angehörige sechs weiterer Staaten seine Teilnahme an der Oscar-Verleihung abgesagt. An seiner Stelle nahmen die US-iranische Unternehmerin und Weltraumtouristin Asuscheh Ansari und der ehemalige iranische Nasa-Wissenschaftler Firuz Naderi den Preis entgegen. Ansari verlas in Farhadis Namen eine Erklärung, in der sich der Filmemacher für die "große Ehre" bedankte, den Oscar schon zum zweiten Mal zu bekommen. Er bedauerte, nicht selbst anwesend sein zu können. Grund für seine Abwesenheit sei der "Respekt" vor seinen Landsleuten und den Menschen aus sechs anderen Ländern, die durch das "inhumane" Reiseverbot, diskriminiert worden seien. Er nannte Trump nicht mit Namen, warf dem US-Präsidenten aber vor, die Welt zu spalten, Angst zu schüren und damit den Boden für Gewalt und Krieg vorzubereiten. Solche "Kriege" verhinderten Demokratie und Menschenrechte gerade in jenen Staaten, die selbst Opfer von Gewalt und Aggressionen geworden seien. "Die Filmemacher können ihre Kameras einschalten, um gemeinsame Eigenschaften zwischen Menschen mit unterschiedlicher Herkunft zu dokumentieren und damit die bestehenden Vorurteile über Angehörige anderer Nationen oder Religionen abzubauen. Sie können zwischen den Menschen Solidarität herstellen, Mitgefühle, die wir heute mehr brauchen als zu jeder anderen Zeit", erklärte Farhadi.

Unter den Iranern im In- und Ausland löste die Auszeichnung Farhadis Freude und Jubel aus. Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif gratulierte dem Preisträger auf Twitter. Er sei nicht nur stolz, dass ein Iraner den Oscar erhalten habe, sondern auch auf die Art und Weise, wie der Regisseur und sein Ensemble auf das "Reiseverbot für Muslime" reagiert hätten. "Iraner sind seit zweitausend Jahren Repräsentanten einer hohen Kultur", schrieb der Minister.

Einige Kritiker deuteten die Preisverleihung an Farhadi als einen Akt des politischen Protestes gegen die Politik von Präsident Trump. Andere meinten, der Film habe bereits Monate vor der Amtsübernahme Trumps Preise erhalten und sei international als herausragend gewürdigt worden. Daher sei die Oscar-Verleihung nicht politisch gewesen.


FILM VON FARHADI AM TRAFALGAR SQUARE IN LONDON

Der Londoner Bürgermeister Sadigh Khan lud am 14. Februar die Bevölkerung ein, am Tag der Oscar-Verleihung auf den Trafalgar Squer den für den Oscar nominierten Film "Foruschandeh" (Der Verkäufer) des iranischen Filmemachers Asghar Farhadi anzuschauen. "Wir werden aus einem besonderen Anlass den Trafalgar Square in das größte Kino der Welt verwandeln" heißt es in der Videobotschaft. Damit soll London als "Zentrum der Kreativität und Leuchtturm der Diversität gefeiert werden", sagte der Bürgermeister laut einem Bericht der dpa. Demnach solle die Aktion als Botschaft an den amerikanischen Präsidenten Donald Trump gewertet werden. "Die Londoner sind mit Stolz schon immer weltoffen gewesen", sagte der Bürgermeister. Die Veranstaltung auf "einem der berühmtesten Plätze der Welt" sei eine Bestätigung dieser Charaktereigenschaft.

Farhadi bezeichnete die Verordnung Trumps als "ungerecht und diskriminierend". Die Aufführung seines Films in London sei "ein Symbol der Einheit gegen die Spaltung und Trennung von Menschen", zitierte ihn dpa. Die Absage Farhadis für die Oscar-Verleihung hat innerhalb und außerhalb der USA Proteste gegen die Maßnahme des US-Präsidenten ausgelöst. Die Filmakademie in den USA bezeichnete die Absage als "höchst besorgniserregend".

Zuvor hatte die Hauptdarstellerin in "Foruschandeh", Taraneh Alidust, die Verordnung Trumps als "rassistisch" bezeichnet und ebenfalls ihre Teilnahme an der Preisverleihung abgesagt.

Trotz der herrschenden Kälte in London folgten große Massen der Einladung Khans. Er sei Bürgermeister einer Stadt, deren Türen für alle offen stehen. "Wenn andere Mauern errichten, machen wir die Türen auf", sagte er.


STEINMEIER: TEHERAN-SAMMLUNG IN BERLIN NOCH MÖGLICH

"Wir bleiben da am Ball", sagte der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit Blick auf die "Teheran-Sammlung", die im vergangenen November in Berlin ausgestellt werden sollte und nach einer langen Hängepartie abgesagt wurde. Er sei der Meinung und hoffe, dass die Ausstellung noch nicht endgültig gescheitert sei. "Wir müssen erst einmal die Wahlen in Iran im Mai abwarten. Wir wussten immer, dass die innenpolitische Situation in Iran entscheidenden Einfluss haben würde auf das Gelingen des Projekts", sagte Steinmeier.

Bei dem Projekt handelt es sich um die Ausstellung von spektakulären Werken der Moderne von unschätzbarem Wert, die in der Schah-Zeit von der damaligen Kaiserin Farah gekauft und gesammelt wurden. Nach der Revolution landeten diese Werke in den Keller des Teheraner Museums für zeitgenössische Kunst und überstanden damit den Sturm der Revolution. Erst nach Jahrzehnten wurden die Bilder aus dem Keller herausgeholt. Einige dieser Bilder sollten zusammen mit Werken von iranischen Künstlern in Berlin ausgestellt werden. Dies hatte Steinmeier bei seinem letzten Besuch in Teheran vereinbart. Doch es gab zahlreiche Probleme, Gerüchte und Mutmaßungen, die schließlich zur Absage der Ausstellung führten.


PERSISCH ALS WAHLFACH AN TÜRKISCHEN SCHULEN

Einer Entscheidung des Ministeriums für Lehre und Bildung der Türkei zufolge, werden einige Fremdsprachen als Wahlfach ab nächstem Jahr an türkischen Grundschulen und Gymnasien angeboten. Es handelt sich um die Sprachen Persisch, Urdu und Koreanisch. Zurzeit dürfen die Schüler zwischen Englisch, Deutsch und Französisch wählen.

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WIRTSCHAFT

• Raketentests lösen international heftige Proteste aus
• 149 Tonnen Uran aus Russland importiert
• Ausbau der bayerisch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen
• Katastrophale klimatische Zustände in Chusestan
• Bundesregierung sichert Iran-Geschäfte mit Hermes-Bürgschaften ab


RAKETENTESTS LÖSEN INTERNATIONAL HEFTIGE PROTESTE AUS

Während das Atomabkommen vom 2015, das seit Januar 2016 in Kraft getreten ist, immer noch nicht gesichert ist, bahnt sich ein neuer Konflikt zwischen Iran und dem Westen über das iranische Raketenprogramm an. Den Anlass zu der jüngsten Eskalation des Konflikts lieferten neue Raketentests in Iran Ende Januar. Zunächst wurde die Meldung darüber von Teheran nicht bestätigt. Doch am 1. Februar sagte Irans Verteidigungsminister am Rande einer Kabinettssitzung, die Tests hätten stattgefunden. Und er fügte hinzu, sie stellten keinen Verstoß gegen das Atomabkommen und die UN-Resolution 2231 dar. "Der neuerliche Test gehört zu unserem laufenden Programm. Wir hatten bereits angekündigt, dass wir unsere Verteidigungskapazitäten weiterentwickeln werden. Niemand wird uns daran hindern können." Die Rakete vom Typ Chorramschahr war von einem Ort 225 Kilometer östlich von Teheran abgefeuert und nach etwa 1.000 Kilometern beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre explodiert. Die UN-Resolution 2231 fordert Iran auf, acht Jahre lang Aktivitäten zum Bau von ballistischen Raketen, die Atomsprengköpfe tragen können, zu unterlassen.

Außenminister Mohammad Dschawad Sarif betonte, keine einzige iranische Rakete eigne sich zum Transport von Atomsprengköpfen. Daher stellten die Tests keinen Verstoß gegen die Resolution 2231 dar. Sein Land warte nicht auf die Erlaubnis anderer Parteien, um sich zu verteidigen. Die USA sollten diese Tests nicht zum Vorwand nehmen "für neue Spielchen und Spannungen", sagte der Minister.

Am 1. Februar wurde auf Antrag der Vereinigten Staaten eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats über das iranische Raketenprogramm einberufen. Die Sitzung war nicht öffentlich, Journalisten waren nicht zugelassen. Der Rat forderte seinen Iran-Ausschuss auf, den Fall genau zu untersuchen. Nach der Sitzung rief die neue UN-Botschafterin der USA, Nikki Haley, die Weltgemeinschaft dazu auf, "alarmiert" zu sein. Es sei naiv von Iran, zu glauben, andere Länder würden ihm abnehmen, dass seine Raketen nur der Verteidigung des Landes dienen würden. "Wir werden nicht daneben stehen", sagte die Botschafterin. Die Tests seien "absolut inakzeptabel". "Sie wissen, dass sie keine ballistischen Raketentests ausführen sollen." Die getestete Rakete hätte eine Last von 500-Kilogramm über eine Strecke von 300 Kilometer tragen können. "Das ist mehr als genug, um eine Atombombe abzuwerfen." Die USA würden Iran schon belehren, dass "wir dies nicht akzeptieren können".

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen die UN-Resolution. Er werde bei seinem Treffen mit US-Präsident Donald Trump darum bitten, neue Sanktionen gegen Iran zu verhängen. Auch die EU drohte mit neuen Sanktionen, sollte der UN-Sicherheitsrat einen Bruch der Resolution feststellen, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Weitere Raketentests würden ein noch größeres Misstrauen der Weltgemeinschaft schüren. Demgegenüber sagte der russische Vizeaußenminister der Agentur Interfax, er betrachte den Test nicht als Verstoß gegen die Resolution. Aufforderungen zu neuen Sanktionen seien nicht angebracht, sagte Konstantin Kossatschow, Außenausschussvorsitzender im russischen Föderationsrat.

Frankreich hingegen zeigte sich besorgt und bezeichnete den Test als klaren Verstoß gegen die UN-Resolution. Außenminister Jean-Marc Ayrault sagte während seines Besuchs in Teheran am 31. Januar, die Raketentests könnten das Vertrauen der Weltgemeinschaft in die Vertragstreue Irans untergraben. Auch ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin sagte, die Tests gäben "Anlass zur Sorge". "Solche Tests verschärfen in der aktuellen Lage die Spannungen im Nahen und Mittleren Osten. Die Bundesregierung verurteile derartige Tests grundsätzlich, zitierte die AFP den Sprecher. "Iran ist aufgerufen, alle Handlungen zu vermeiden, die zu größerem Misstrauen führen. Was wir brauchen, sind Deeskalation, Vertrauensbildung und eine konstruktive iranische Rolle zur Lösung regionaler Konflikte."

Irans Verteidigungsminister Dehghan sagte der Agentur Tasnim am 1. Februar, der Raketentest sei erfolgreich gewesen, obwohl andere Berichte besagten, dass die Rakete beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre explodiert sei. Wenige Stunden zuvor erklärte der außenpolitische Berater des Revolutionsführers, Ali Welayati, Iran werde die Tests "mit voller Kraft" fortsetzen, berichtete die Agentur Fars. Mit Blick auf die Kritik des US-Präsidenten sagte Welayati, es sei nicht das erste Mal, dass ein Unerfahrener Iran drohe. Die neue amerikanische Regierung werde früh genug erfahren, dass Drohungen gegen die Islamische Republik nichts bewirkten und sie "das grundlose Gerede" besser unterlassen sollte.

Am 26. Februar hat die iranische Marine in der Nähe der Straße von Hormos ihre jährliche Übung begonnen. Wie die dpa berichtete, handelte es sich um das erste größere Manöver seit der Amtsübernahme Trumps. Die Übung findet auf einem Gebiet von zwei Millionen Quadratkilometern im Golf von Oman und dem Indischen Ozean statt. Dabei wurde der neue Marschflugkörper "Nassir" getestet. Über dessen Reichweite machte das Verteidigungsministerium keine Angaben.


149 TONNEN URAN AUS RUSSLAND IMPORTIERT

Einem Bericht der Agentur Fars vom 7. Februar zufolge wurde offiziell bekannt gegeben, dass die letzte Lieferung von 149 Tonnen Uran aus Russland in Iran eingetroffen sei. Die erste Lieferung war nach Angaben von Ali Akbar Salehi, dem Chef der iranischen Atomorganisation, am 26. Januar geliefert worden. Gemäß dem Atomabkommen ist es Iran erlaubt, Uran bis 3,5 Prozent anzureichern und das angereicherte Uran für friedliche Zwecke im eigenen Land zu verwenden oder es zu exportieren.

Laut Angaben von Salehi hat Iran seit Inkrafttreten des Abkommens im Januar 2016 359 Tonnen natürlichen Urans importiert. Dem Abkommen zufolge müssen für die Dauer von 25 Jahren Einfuhr und Verwendung von Uran von der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) kontrolliert werden.

Indes sagte der Sonderberater von Salehi, Ali Asghar Sarean, der Zeitung Chorasan, dass fünf Kilogramm 20-prozentig angereicherten Urans aus Russland in Isfahan eingetroffen sei. "Als das Atomabkommen in Kraft trat, haben wir, um jeden Vorwand auszuschließen, eine große Menge 20-prozentig angereichertes Uran nach Russland exportiert. Für einen Teil davon haben wir Rohuran erhalten. Der Rest wurde als unser Eigentum deponiert, das wir je nach Bedarf zurückfordern können."

Iran hatte sich im Zuge der Atomverhandlungen bereiterklärt, auf die Herstellung von 20-prozentig angereichertem Uran zu verzichten. Aber dem Land wurde erlaubt, je nach Bedarf, unter Aufsicht der IAEA, angereichertes Uran einzuführen.

Das 20-prozentig angereichte Uran wird nach Angaben der Atomorganisation für einen Forschungsreaktor in Teheran benötigt.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Iran und Russland wurde seit dem Atomabkommen erheblich ausgebaut. Am 27. Februar bestätigte Moskau Verhandlungen über den Kauf von 100.000 Barrel Öl pro Tag aus Iran. Einem Bericht der russischen Agentur Tass zufolge sagte Energieminister Alexander Nowak auf einer Pressekonferenz in Moskau, über einen entsprechenden Vertrag werde zurzeit verhandelt. Eine Woche zuvor hatte Irans Ölminister Bijan Sangeneh nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen in Teheran erklärt, Iran werde täglich 100.000 Barrel Öl nach Russland liefern. Das Öl solle an Länder weiterverkauft werden, die Russland bestimmt. Der Erlös aus dem Verkauf soll zur Hälfte bar an Iran gezahlt werden und zur Hälfe mit anderen Waren abgegolten werden.

Russland ist neben Saudi-Arabien der größte Rohölproduzent der Welt. Im November vergangenen Jahres lag Russland sogar mit 10,49 Millionen Barrel pro Tag vor Saudi-Arabien, das im selben Monat dreißigtausend Barrel weniger produzierte. Mit dieser hohen Produktionsmenge hat Russland eigentlich keinen Bedarf an iranischem Öl. Daher ist davon auszugehen, dass das an Russland verkaufte Öl in Wirklichkeit direkt an andere Länder, wie zum Beispiel Indien, geliefert wird. Russland hatte vor drei Monaten eine Ölraffinerie in Indien für 13 Milliarden Dollar gekauft. Die Lieferung des russischen Öls an Indien ist jedoch mit hohen Transportkosten verbunden. Es gibt zwei Transportwege, entweder über das Schwarze Meer und durch den Suezkanal oder über Nordeuropa. Beide Wege sind zu lang und kostspielig. Der Kauf iranischen Öls, das dann direkt nach Indien geliefert werden könnte, würde die Transportkosten erheblich senken. Wahrscheinlich wird Präsident Rohani bei seinem Besuch in Moskau Anfang März den entsprechenden Vertrag unterzeichnen.


AUSBAU DER BAYERISCH-IRANISCHEN WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN

Die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. (vbw) veröffentlichte am 20. Februar zum Round-Table mit dem iranischen Außenminister Mohammad Dschawad Sarif eine Presseerklärung. Bei dem Treffen habe vbw-Präsident Alfred Gaffal betont, dass sich die vbw nachhaltig für den Ausbau der bayerisch-iranischen Wirtschaftsbeziehungen einsetzen werde. Sarif und Gaffal diskutierten mit rund vierzig Unternehmensvertretern über die "aktuellen Chancen und Herausforderungen der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder".

"Bayern hat im Jahr 2016 von Januar bis einschließlich November Waren im Wert von 243 Millionen Euro in den Iran exportiert", sagte Gaffal. "Im Gesamtjahr 2016 dürften die Ausfuhren bei über 270 Millionen Euro liegen. Damit haben wir das höchste Niveau seit 2011 erreicht. Wir erwarten einen weiteren stetigen Zuwachs. Seit der Eröffnung unserer Repräsentanz der Bayerischen Wirtschaft in Teheran im Herbst 2015 haben wir zahlreiche bayerische Unternehmen über das Marktpotential Irans informiert. Die vbw hat sich als wichtiger Türöffner für Unternehmen aus Bayern erwiesen. Eine Reihe unserer Unternehmen sind mittlerweile erfolgreich in Iran tätig. Dabei handelt es sich nicht nur um große Unternehmen, sondern auch um erfolgreiche Mittelständler aus den Bereichen Logistik, Elektronik, Maschinenbau, Textilwirtschaft, Heiz- und Klimatechnik sowie Solartechnik. Zur Aufbruchstimmung trägt bei, dass die Lufthansa wieder nonstop zwischen München und Teheran fliegt und natürlich der künftige Erfolg der staatlichen Hermes-Bürgerschaften."

Trotz dieses erfolgreichen Berichts zeigte sich Gaffal besorgt über das weltpolitische Klima. "Die aktuelle Verschärfung des Tons zwischen den USA und Iran führt zu Unsicherheit. Umso wichtiger ist es, die bayerisch-iranischen Kontakte weiterhin intensiv zu pflegen. Wir sind überzeugt: Dialog und wirtschaftlicher Austausch sind die Voraussetzungen für Wohlstand und Beschäftigung. Um dieses wirtschaftliche Potential zu heben, arbeiten wir eng zusammen mit der Teheran-Kammer als Organisation der Privatwirtschaft und der staatlichen Investitionsbehörde IDRO."


KATASTROPHALE KLIMATISCHE ZUSTÄNDE IN CHUSESTAN

Seit Wochen herrschen in der Provinz Chusestan, im Südwesten Irans, katastrophale klimatische Zustände. Wirbelstürme, Staub und Sand, verbunden mit einem Anstieg der Luftfeuchtigkeit auf 97 Prozent machen das Leben in der Provinz unerträglich. Am 11. Februar fiel der Strom in den meisten Städten und Dörfern aus. Auch die Wasserleitungen funktionierten nicht mehr. Begründet wurden die Ausfälle mit dem Staub und Sand, der die elektrischen Pumpen außer Betrieb setze. Die Agentur Mehr berichtete, dass selbst der Mobilfunk erheblich gestört wurde. Der Stromausfall führte laut Angaben eines zuständigen Verantwortlichen dazu, dass die Ölproduktion um 700.000 Barrel reduziert wurde.

Provinzgouverneur Gholamresa Schariati sagte, es seien fünf Stromerzeugungszentren vom Netz genommen worden. Den Medien zufolge konnten Hunderttausende Schüler und Studenten nicht ihre Lehrstätten und Institute erreichen. Da die Schließung der Schulen und Universitäten nicht rechtzeitig bekanntgegeben wurde und zudem die Verkehrsampeln ausgefallen waren, herrschte auf den Straßen Chaos.

In der Provinzhauptstadt Ahwas wurde ein Krisenstab eingerichtet, an dem auch Energieminister Hamid Tschitschian teilnahm. Er entschuldigte sich bei der Bevölkerung für die unerträglichen Zustände und kündigte an, mehrere Milliarden Tuman für die Wiederherstellung der Stromanlagen bereitzustellen.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine solche Katastrophe eintritt. Auch ist Chusestan nicht die einzige Provinz, in der die klimatischen Verhältnisse der Bevölkerung das Leben schwermachen. Neben Chusestan werden die Provinzen Sistan und Belutschistan immer wieder von solchen Katastrophen heimgesucht. Manche Verantwortlichen in der Regierung, wie Vizepräsidentin Masumeh Ebtekar, die für Umweltfragen verantwortlich ist, sind der Meinung, dass der Sandsturm aus dem Irak kommt. Doch Sachverständige führen die Umweltkatastrophen eher auf die Trockenlegung von Seen und Flüssen zur Ölförderung zurück. Auch der Bau von Staudämmen wird als Grund für die Umweltkatastrophe genannt.

Am 13. und 14. Februar gab es in der Stadt Ahwas Protestdemonstrationen, an denen mehrere Tausend Menschen teilnahmen. Der Parlamentsabgeordnete aus Ahwas sagte, mindestens 25 Prozent der Ursachen für den Sandsturm seien hausgemacht. Auch der Abgeordnete Salman Chodadadi meinte, "es hat sich abermals gezeigt, dass wir nicht in der Lage sind, die Katastrophen zu bewältigen und die Behörden, vor allem die für die Umwelt zuständigen Ämter, haben bestätigt, dass sie nicht imstande sind, rechtzeitig wirksame Maßnahmen zu treffen." Der Abgeordnete Mohammad Resa Aref, Vorsitzender der Fraktion Omid, forderte Präsident Rohani und seine Regierung auf, "Lösungen für die unerträgliche Lage in Chusestan" zu finden.


BUNDESREGIERUNG SICHERT IRAN-GESCHÄFTE MIT HERMES-BÜRGSCHAFTEN AB

Laut einem Bericht der dpa vom 9. Februar hat die Bundesregierung bislang Iran-Geschäfte, die von deutschen Firmen getätigt wurden, mit insgesamt 430 Millionen Euro abgesichert. Die Gewährung von sogenannten Hermes-Bürgschaften erfolgte, nachdem Iran im Sommer vergangenen Jahres seine Altschulden in Höhe von 500 Millionen Euro beglichen hatte.

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AUSSENPOLITIK

• Trump versus Iran
• Iran und die arabischen Staaten
• Israel schlägt gemeinsame Front mit arabischen Staaten gegen Iran vor
• Neue Syrien-Kontaktgruppe gebildet
• Konflikte zwischen Iran und Türkei verschärfen sich
• Iranischer Luftraum bleibt weiterhin frei für russische Kampfjets
• Rom besorgt über inhaftierten Forscher
• Ahmadinedschad schreibt an Trump


TRUMP VERSUS IRAN

Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump verschärfen sich wie erwartet die Konflikte zwischen Teheran und Washington. Am 2. Februar übte der inzwischen abgesetzte Berater des Nationalen Sicherheitsrats der USA Michael Flynn scharfe Kritik an Iran. Obama habe es versäumt, "angemessen auf Teherans bösartige Aktivitäten zu antworten". "Nun sei Iran förmlich wegen des Abfeuerns einer ballistischen Rakete verwarnt worden", twitterte Trump. "Die sollten dankbar für den schrecklichen Deal sein, den die USA mit ihnen geschlossen haben", schrieb er weiter. "Davor hat Iran doch schon auf dem letzten Loch gepfiffen und stand vor dem Kollaps, bis die USA daherkamen und ihm wieder Leben in Form des Iran-Deals einhauchten: 150 Milliarden Dollar."

Zu dem Konflikt über das iranische Raketenprogramm kam noch Trumps Einreiseverbot für Staatsbürger aus Iran und sechs anderen islamisch-geprägten Staaten hinzu. Diese diskriminierende Verordnung löste auch bei Präsident Rohani viel Unmut aus. "Von einem politischen Neuling ist nicht mehr zu erwarten", sagte Rohani am 1. Februar laut iranischem Fernsehen. Die Maßnahme mache zwischen Menschen einen Unterschied. Aber der Präsident solle nicht glauben, dass es ihm mit dieser Maßnahme gelingen werde, die Menschen zu spalten. Trump verfüge über keinerlei politische Erfahrung. "Er und seine Mitarbeiter werden viel Zeit brauchen, um sich einzuarbeiten. Bis dahin werden sie der eigenen Bevölkerung und Völkern anderer Staaten viel Schaden zufügen", sagte Rohani. Zudem warf er der amerikanischen Regierung Scheinheiligkeit vor. "Seit Jahren behaupten sie, sie seien gegen den iranischen Staat, aber Freund des iranischen Volkes. Aber nun sehen wir deutlich, wie scheinheilig sie sind."

Anfang Februar deutete vieles daraufhin, dass der Druck Washingtons auf Iran weiter zunehmen wird. Die Agentur Reuters sowie das Wall Street Journal berichteten unter Berufung auf Politikerkreisen über neue Sanktionen gegen Iran. Der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses im US-Senat, Bob Corker, schickte am 2. Februar gemeinsam mit 21 Senatoren einen offenen Brief an Präsident Trump, in dem er zusätzliche Sanktionen gegen Iran forderte. "Die iranische Führung muss genug Druck spüren, damit sie ihre zutiefst destabilisierenden Aktivitäten, die Unterstützung terroristischer Organisationen und die Fortsetzung der Raketentests unterlässt", heißt es in dem Brief. Trump selbst antwortete auf die Frage eines Journalisten, ob ein militärischer Angriff gegen Iran erwogen werde: "Gegen Iran ist keine Option ausgeschlossen". Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, warnte, "die feindseligen Aktivitäten Irans" würden nicht ohne Antwort bleiben.

General Hossein Salami, stellvertretender Kommandeur der Revolutionsgarden, reagierte auf die Drohungen aus den USA mit den Worten: "Die Zahl der iranischen Raketen, Kriegsschiffe und Raketenabwehrsysteme wächst von Tag zu Tag. Das ist kein Land, in das jemand von außen mit bösen Absichten seinen Fuß setzen kann." Auch der Kommandant der Luftwaffe der Revolutionsgarden, General Amir Ali Hadschisadeh, bezeichnete die Warnung aus Washington als "unsinniges Gerede". Sollten die USA Iran angreifen, werde Iran mit einem Raketensturm reagieren.

Am 4. Februar verhängte das US-Finanzministerium weitere Sanktionen gegen Iran. Sie betrafen 25 Personen und Einrichtungen. "Die Zeit ist vorbei, in der die USA die aggressiven und feindseligen Handlungen Irans gegenüber den Vereinigten Staaten und der Weltgemeinschaft nicht sehen wollten", sagte Sicherheitsberater Flynn. Trump twitterte: "Iran spielt mit dem Feuer - sie wissen nicht zu schätzen, wie nett Präsident Obama zu ihnen war. Ich nicht." US-Verteidigungsminister James Mattis bezeichnete Iran als "größten Staatssponsor von Terrorismus in der Welt". Aber er fügte hinzu, er sehe zurzeit keine Notwendigkeit für eine Truppenverstärkung in der Region.

Iran reagierte auf die neuen Sanktionen und Drohungen mit einer groß angelegten Militärübung. Offiziell hieß es in Teheran, man wolle keine voreiligen Entscheidungen treffen. "Noch scheint ja die neue amerikanische Regierung nicht so ganz funktionsfähig zu sein, besonders sei nicht klar, wie genau ihre Außenpolitik aussehen wird", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am 6. Februar in Teheran. Es sei aber anzunehmen, dass sich die politischen Realitäten bald durchsetzen werden. Vizeaußenminister Hassan Ghaschghawi sagte: "Unsere Politik gegenüber Trump wird zwar konsequent, aber zugleich rational und angemessen sein."

Indes warnte US-Vizepräsident Mike Pence Iran, Trump herauszufordern. In einem Interview mit der BBC am 6. Februar sagte Pence, Iran solle seine feindliche und aggressive Politik beenden. Konkret nannte er das Raketenprogramm und die Unterstützung der Huthi-Rebellen in Jemen. Auf die Frage, mit welchen Maßnahmen die USA darauf reagieren werden, sagte Pence: "Wie Präsident Trump bereits gesagt hat, liegen alle Optionen auf dem Tisch, auch die militärische."

Wie erwartet meldete sich bei diesem verbalen Schlagabtausch auch Revolutionsführer Ali Chamenei zu Wort. Vor einer Versammlung von Kommandeuren der Luftwaffe sagte er, Trump zeige "das wahre Gesicht der USA". "Wir bedanken uns bei diesem Herrn, denn er hat uns die Mühe abgenommen und das wahre Gesicht klar gezeigt. Was wir seit über dreißig Jahren über politische, wirtschaftliche, moralische und soziale Korruptheit des amerikanischen Staates darzustellen versuchten, hat er während des Wahlkampfs und danach für jedermann sichtbar offengelegt. (...) Trump sagt wir sollen Obama dankbar sein. Warum? Für die Sanktionen, die er gegen Iran verhängt hat, dafür, dass er uns den Islamischen Staat (IS) beschert, den Irak und Syrien in Brand gesetzt hat?"

Die Reaktion aus Washington folgte am nächsten Tag. Iran mache sich lächerlich, wenn er nicht gemerkt haben sollte, dass ein neuer Präsident in den USA regiert, sagte Sean Spicer am 7. Februar. Der neue Präsident werde dem Treiben Irans nicht tatenlos zuschauen. Er werde, wenn es nötig sein sollte, entsprechende Schritte unternehmen.

Am 8. November meldete die Agentur Reuters unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen, die USA erwögen, die iranischen Revolutionsgarden als "Terrorgruppe" einzustufen.

Im Gegensatz zu Chamenei versuchte Rohani den Konflikt mit den USA zu deeskalieren. "Iran hat bewiesen, dass es für Frieden, gegen Gewalt und gegen Terrorismus ist", sagte Rohani am 9. Februar vor ausländischen Diplomaten. Die Vorwürfe der US-Regierung seien völlig unbegründet. "Wir waren die ersten, die alle vor Saddam Hussein und den Taliban gewarnt haben. Wir bekämpfen seit Jahren den Terrorismus und wollen dessen Wurzeln austrocknen." Rohani kritisierte die von den USA, Israel und einigen arabischen Staaten verbreitete Iranphobie und sagte: "Die jüngste Geschichte hat abermals bewiesen, dass diese Iranphobie absolut unbegründet ist." Wer Iran bedrohe, werde es bereuen, warnte Rohani bei einer Rede zum Jahrestag der Revolution am 10. Februar.

Irans Außenminister Sarif sagte in einem Interview mit der BBC am 20. Februar. Die neuen gegen Iran verhängten Sanktionen sollten Iran provozieren. Sollte Washington den Druck auf Iran erhöhen, werde seine Regierung zu Gegenmaßnahmen greifen. Es bestehe jedoch die Hoffnung, dass die Vernunft sich durchsetze. "Wir bewegen uns im Rahmen internationaler Gesetze und nicht der Gesetze des Dschungels", betonte der Außenminister.

Die Verbalattacken setzten sich auf der Münchener Sicherheitskonferenz fort. Mit Blick auf Iran sagte US-Vizepräsident Pence: "Der führende staatliche Förderer des Terrorismus arbeitet immer noch an der Destabilisierung des Nahen Ostens." Dank des Atomabkommens, das auch Deutschland mitzuverantworten habe, und dem Ende der Sanktionen, verfüge Iran über weit größere Finanzmittel, die es in den Terror investieren könne. "Lassen Sie mich ganz klar sein: Unter Präsident Trump werden die USA entschlossen bleiben und sicherstellen, dass Iran sich niemals Atomwaffen verschafft, die unsere Länder oder unsere Verbündeten in der Region - besonders Israel - bedrohen könnten", sagte Pence. Auch US-Senator Graham sagte in München: "Ich denke, dass es an der Zeit ist, dass der Kongress Iran wegen Aktivitäten außerhalb seines Atomprogramms bestraft. Iran ist ein schlechter Spieler in der Region - schlecht im schlechtesten Sinn des Wortes. Ich sage zu Iran, wenn ihr einen anderen Umgang wünscht, müsst ihr mit den Raketentests aufhören, die UN-Resolution achten und auf euere Raketen nicht 'Tod Israel' schreiben."

Am 22. Februar sagte der Befehlshaber der iranischen Bodentruppen, General Mohammad Pakpur, niemand sollte Irans Verteidigungskapazitäten unterschätzen. Er sprach am Ende eines dreitägigen Manövers, bei dem Abwehrraketen, Panzer, Drohnen, Hubschrauber und Artillerie eingesetzt worden waren. "Der Feind sollte sich nicht täuschen. Wenn er diesen Fehler macht, wird er eine Ohrfeige bekommen." Die Botschaft des Manövers sei, "nichts Dummes zu tun", sagte der General.


IRAN UND DIE ARABISCHEN STAATEN

Offenbar hat die neue Regierung in Washington die Absicht, die engen Beziehungen zu Saudi-Arabien noch intensiver als bisher zu gestalten, was nicht ohne Wirkung auf die Beziehung des Golfstaates zu der Islamischen Republik bleiben wird. Berichten der saudischen Presse vom 1. Februar zufolge hat der neue US-Verteidigungsminister James Mattis in einem Telefonat mit seinem saudischen Amtskollegen Amir Mohammad Ben Salman den Angriff auf ein saudisches Kriegsschiff durch die Rebellen in Jemen verurteilt und die Notwendigkeit einer "engen Zusammenarbeit der beiden Staaten auf allen Ebenen" hervorgehoben. Salman sprach von einer "achtzigjährigen strategischen Beziehung" zwischen den beiden Staaten und äußerte die Hoffnung, dass vor allem die Kooperation der beiden Staaten im "Kampf gegen den Terrorismus, gegen paramilitärische Organisationen und Piraten" intensiviert werde.

Mattis verurteilte "die suspekten Aktivitäten und Einmischungen Irans in Angelegenheiten der Staaten der Region, die die Stabilität und Sicherheit der Länder gefährden". Der pensionierte General Mattis war an der Befreiung Kuwaits sowie den Kriegen in Afghanistan und Irak beteiligt. Von 2010 bis 2013 war er Oberbefehlshaber des US Central Commands, eines teilstreitkraftübergreifenden Regionalkommandos der US-Streitkräfte für den Nahen und Mittleren Osten und Nordafrika. Er gehört zu den schärfsten Kritikern der Islamischen Republik, die er in früheren Äußerungen als "gefährlicher als den Islamischen Staat (IS)" bezeichnete.

Indes hat der saudische Ölminister Khalid Al- Falih in einem Interview mit der BBC die Energiepolitik des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama kritisiert und die von der Regierung Trump angestrebte Wende gelobt. "Präsident Trump verfolgt eine Politik, die für die Ölindustrie förderlich ist. Das ist eine Tatsache, die wir akzeptieren sollten", sagte er. Trump habe von der Ablehnung fossiler Brennstoffe und unrealistischen Vorstellung Obamas Abstand genommen und "ich denke, er unterstützt eine Kombination von fossiler und erneuerbarer Energie. Das ist auch unser Bestreben in Saudi-Arabien." Die Übereinstimmung beider Seiten könne dazu führen, dass Saudi-Arabien weit mehr als bisher in den USA investieren werde. Falih zeigte sich davon überzeugt, dass beide Staaten wirtschaftlich gleiche Ziele verfolgen und bei der Lösung der Konflikte in der Region eng miteinander kooperieren werden. Er erinnerte an die "sehr stabilen Beziehungen" beider Staaten und sagte: "Ich denke, dass letztendlich Saudi-Arabien und die Vereinigten Staaten nicht umhinkönnen, sowohl auf dem Gebiet bilateraler Beziehungen als auch geostrategisch bei der Lösung der Konflikte in der Region sowie in der ganzen Welt, zusammenzuarbeiten."

Am 6. Februar gelang es den jemenitischen Huthi-Rebellen zum ersten Mal, eine Rakete auf die saudische Hauptstadt Riad abzufeuern. Ziel der Rakete sei die Al-Masahmija-Kaserne gewesen, hieß es in einer Erklärung, die die den Rebellen nahestehende Agentur Saba veröffentlichte. Demnach soll es künftig mehr Angriffe auf Riad geben. Die Saudis werfen Iran vor, die Huthis militärisch zu unterstützen.

Indes begab sich Irans Präsident Rohani am 15. Februar auf eine Reise nach Oman und Kuwait. Vor seiner Abreise erklärte er, er habe eine Botschaft des Emirs von Kuwait im Auftrag der sechs Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrats erhalten. Darin werde der Wunsch geäußert, durch Gespräche die Konflikte mit Iran zu lösen und damit die Beziehungen zu der Islamischen Republik zu verbessern, berichtete die Agentur Tasnim. "Wir haben die Botschaft begrüßt", sagte Rohani. Er werde auf dieser Reise mit der Staatsführung in Oman und Kuwait darüber sprechen. Die Islamische Republik sei stets um gute Nachbarschaft bemüht gewesen. Zudem "spielt für uns die Sicherheit in der Region eine wichtige Rolle. Wir haben niemals die Absicht gehabt, einen Staat anzugreifen, uns in dessen Angelegenheiten einzumischen oder ihm unsere religiöse und politische Meinung aufzuzwingen." Der Persische Golf habe eine besondere Bedeutung. "Wir haben stets betont, dass die Sicherheit dieser Region von den Staaten der Region gewährleistet werden müsse und dass die Anwesenheit fremder Mächte nicht nur keinen Nutzen habe, sondern auch schädlich sei." Die Staaten der Region seien reif genug, um selbst für die eigene Sicherheit zu sorgen. "Wir müssen gerade in diesen Zeiten zusammenhalten. Die Spaltung zwischen Schiiten und Sunniten, die die Weltmächte erzeugt haben, sind künstliche Spaltungen. Sunniten und Schiiten leben seit Jahrhunderten in dieser Region friedlich und brüderlich nebeneinander. Das tun sie auch jetzt. Die Iranphobie, die Angst vor Schiiten und Sunniten und die Furcht vor Nachbarn haben uns Fremde beschert. (...) Sollte es Missverständnisse zwischen uns geben, lassen sich diese durch Dialog beseitigen."

In Oman führte Rohani Gespräche mit dem Staatsoberhaupt Sultan Kabus und anderen Repräsentanten des Staates. Kabus und Rohani betonten die engen bilateralen Beziehungen zwischen ihren Ländern. Oman spielt seit Jahren die Vermittler-Rolle bei Konflikten unter Staaten am Persischen Golf. Eine wichtige Rolle spielte das Land als Mediator zwischen Iran und den USA. Es gelang ihm nach langen Jahren der Feindschaft zwischen Teheran und Washington, die beiden Länder zu Verhandlungen über eine Lösung des Atomkonflikts zu bewegen. Diese Verhandlungen wurden bereits zur Regierungszeit von Präsident Ahmadinedschad im Geheimen in Oman geführt. Der Besuch in Kuwait galt aus Teheraner Sicht als ersten Schritt zur Versöhnung mit den Staaten des Golfkooperationsrats.

Saudi-Arabien lehnte, offenbar ermutigt durch die neue Iran-Politik der USA und der versicherten Unterstützung aus Washington, eine Versöhnung mit Iran ab. "Der Iran ist Teil des Problems, nicht die Lösung", sagte der saudische Außenminister laut einem Bericht der Agentur Reuters vom 19. Februar auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Iran müsse eine Kursänderung vornehmen, andernfalls werde der Umgang mit ihm problematisch bleiben. Der Minister bezeichnete die Islamische Republik mit Hinweis auf das iranische Raketenprogramm, dessen Engagement in Syrien zugunsten von Präsident Baschar al-Assad und seine Rolle in Jemen als die "größte Bedrohung in der Region".

Diesen Differenzen und Feindseligkeiten zum Trotz schickte Iran laut Angaben des Außenamtssprechers Bahram Ghassemi am 22. Februar eine Delegation nach Saudi-Arabien zu Gesprächen über die Wiederaufnahme iranischer Pilgerfahrten. Differenzen über Sicherheitsfragen hatten im vergangenen Jahr dazu geführt, dass mehrere Hunderttausend Iraner die Pilgerfahrt (Hadsch) nicht antreten konnten. Saudi-Arabien hatte, nachdem Demonstranten in Teheran die saudische Botschaft im vergangenen Jahr gestürmt hatten, die diplomatischen Beziehungen zu Teheran abgebrochen.

Irans Kulturminister Resa Salehi Amiri sagte dem staatlichen Fernsehen am 22. Februar, es gehe bei den Verhandlungen zunächst um Sicherheitsmaßnahmen. 2015 waren 2.070 Pilger ums Leben gekommen, unter ihnen waren 460 iranische Staatsbürger. "Die Regierung werde alles versuchen, um die Probleme zu lösen. Unser Ziel ist es, die Pilgerfahrten wieder für unsere Landsleute zu ermöglichen. Allerdings haben wir den Verantwortlichen in Saudi-Arabien unsere Bedingungen bereits bekannt gegeben. Sollten diese akzeptiert werden, werden wir den Weg für die Pilgerfahrt freigeben."


ISRAEL SCHLÄGT GEMEINSAME FRONT MIT ARABISCHEN STAATEN GEGEN IRAN VOR

Die Konflikte zwischen Iran und Israel verschärfen sich zunehmend. Seit der Wahl des US-Präsidenten Trump versucht Israel eine breite Front gegen Iran zu bilden. Im Vorfeld seiner Reise nach Großbritannien sagte Israels Präsident Benjamin Netanjahu, er werde London auffordern, eine gemeinsame Front gegen Iran zu bilden. In London hieß es, bei dem Treffen mit Netanjahu gehe es um den Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Doch Netanjahu sagte nach einer Kabinettsitzung, das wichtigste Ziel seiner Reise nach Großbritannien und danach nach Washington sei, im Bund mit Großbritannien und den USA "gegen die provokativen Aggressionen Irans" vorzugehen. Dem Land müssten endlich Grenzen gesetzt werden. Israel hatte bereits in der Regierungszeit von Barack Obama vergeblich versucht, das Atomabkommen mit Iran zu verhindern. Demgegenüber gehörte London zu den Unterstützern des Abkommen. Auch die neue Premierministerin Theresa May sagte bei dem Treffen mit Netanjahu, ihre Regierung werde an dem Abkommen festhalten.

Netanjahu versuchte London für neue Sanktionen gegen Iran zu gewinnen. Die "verantwortlichen Staaten" hätten die Pflicht, zu handeln. Sie dürften die Provokationen Teherans nicht unbeantwortet lassen. "Iran ist bestrebt, Israel zu vernichten und den Nahen Osten zu erobern. Iran bedroht den Westen, Iran bedroht die Welt. Einer Provokation folgt die nächste ...", wurde Netanjahu in den Medien zitiert. Er begrüßte das Insistieren des amerikanischen Präsidenten auf neuen Sanktionen gegen Iran. "Ich denke, andere Länder sollen dem Beispiel folgen, insbesondere verantwortungsvolle Länder", sagte er.

Am 16. traf Netanjahu US-Präsident Donald Trump in Washington, wo er, anders als von Obama, als willkommener Gast empfangen wurde. Trump versicherte ihm, dass die USA niemals ein atomar bewaffnetes Iran dulden würden. Er werde "mehr dafür tun, um Iran daran zu hindern, jemals - und damit meine ich jemals - eine Atombombe zu entwickeln", sagte er.

Die Reaktion aus Teheran ließ nicht lange auf sich warten. Israels Atomwaffen seien die größte Gefahr für den Weltfrieden, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi. "Israel ist die größte Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit in der Region und auf der Welt." Die Äußerung des israelischen Premiers bezeichnete Ghassemi als "Unsinn". Diese seien umso ungerechtfertigter als Israel selbst über ein "Atomarsenal mit hunderten Sprengköpfen" verfüge.

Weit schärfer reagierte Revolutionsführer Ali Chamenei. Auf einer Konferenz zur Unterstützung des palästinensischen Widerstands in Teheran am 21. Februar mit Vertretern aus achtzig Staaten riet er den palästinensischen Organisationen, aus der Vergangenheit zu lernen und die Konflikte zwischen einander beizulegen. Der Widerstand sei weit bedeutender und wertvoller als ethnische oder religiöse Konflikte zwischen islamischen Organisationen oder Staaten. Anwesend bei der Konferenz waren auch Präsident Rohani und Parlamentspräsident Ali Laridschani.

Chamenei kam zunächst auf die Lage in der Region zu sprechen, die er als "prekär" bezeichnete und sagte, in den letzten Jahren sei dem palästinensischen Widerstrand zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden. "Alle islamischen und arabischen Staaten haben die Pflicht, den Widerstand zu unterstützen", fügte er hinzu.

Chamenei bezeichnete Israel als "falsche Nation". Die Gründung dieses Staates gehöre zu den "schmutzigsten Kapitel der Geschichte, das mit Gottes Gnaden geschlossen werden" müsse. Der jüdische Staat sei ein "Krebsgeschwür, das schrittweise gewachsen ist und schrittweise behandelt werden muss". "Wiederholte Aufstände und der anhaltende Widerstand haben es geschafft, schrittweise sehr wichtige Ziele zu erreichen". Am Ende dieses Weges werde die "vollständige Befreiung Palästinas" stehen, sagte Chamenei.

Mittlerweile versucht Israel, auch die arabischen Staaten in die Front gegen Iran einzubeziehen. Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman warf Iran auf der Münchener Sicherheitskonferenz vor, die Stabilität Saudi-Arabiens untergraben zu wollen. Mit Blick auf die Lage im Nahen und Mittleren Osten sagte er: "Die echte Spaltung ist nicht die zwischen Juden und Moslems, (...) sondern die zwischen Radikalen und Gemäßigten." In einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" vom 28. Februar schlug er laut einem Bericht der dpa den arabischen Staaten wie Saudi-Arabien vor, ein Militärbündnis, ähnlich wie die Nato, zu bilden. "Es ist Zeit, öffentlich ein formelles Bündnis zu bilden, eine Koalition der gemäßigten Kräfte im Nahen Osten gegen den Terror", sagte der Minister. Als wichtigsten Gegner nannte er Iran. Die sunnitischen Staaten hätten mittlerweile begriffen, dass ihr wichtigster Feind nicht Israel oder der Zionismus sei, "sondern Iran". "Ich glaube, die gemäßigten arabischen Staaten brauchen Israel für ihr Überleben mehr, als Israel sie braucht." Israel sei ein starkes Land und könne selbst Gefahren abwehren. Es sei aber auch bereit, den arabischen Nachbarstaaten zu helfen. "Sie haben sonst keine vergleichbaren Kapazitäten - weder in der Terrorbekämpfung, noch in der militärischen Erfahrung, der Forschung, oder in gewissen anderen sensiblen Bereichen."

Es sollte nicht nur um eine unausgesprochene Allianz gehen. "Wenn es eine echte Koalition gibt, dann haben sie auch echte Verpflichtungen", sagte Lieberman. Er kritisierte die europäischen Staaten, die seiner Meinung nach eine einseitige Nahost-Politik zugunsten der Palästinenser betrieben. Diese Politik sei "kontraproduktiv". "Der beste Beitrag, den Europa in diesem Konflikt leisten kann, ist, den Nahen Osten einfach zu vergessen. Wir brauchen keinen Vermittler, um mit unseren Nachbarn zu reden", betonte der Minister.


NEUE SYRIEN-KONTAKTGRUPPE GEBILDET

Russland, die Türkei und Iran haben im Vorfeld der Syriengespräche am 23. Februar in Genf eine neue ständige Kontaktgruppe zur "Bewahrung und Stärkung der Einstellung der Feindseligkeiten" in Syrien gebildet, berichtete die Agentur AP. Dies habe der Leiter der russischen Delegation bei den Friedensgesprächen für Syrien, Sergej Werschmin, am 16. Februar in der kasachischen Hauptstadt Astana mitgeteilt.

Die drei Staaten hatten zuvor als Vermittler ein Treffen zwischen Vertretern der syrischen Regierung und der Opposition organisiert und eine Waffenruhe vereinbart. Laut Angaben des russischen Generalstabchefs Sergej Afnasjew haben die Delegierten einen Austausch von Gefangenen, vorwiegend Frauen und Kinder, vereinbart.

Die gemeinsame Vermittlerrolle darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zwischen den drei Staaten auch erhebliche Differenzen gibt. Während die Türkei den Sturz des Assad-Regimes fordert, gewähren Russland und vor allen Iran dem Regime in Damaskus weiterhin Schutz. Bei der Konferenz forderte der syrische UN-Botschafter Baschar al-Dschafari den sofortigen Abzug türkischer Truppen aus syrischem Territorium. Er warf dem Land vor, "terroristische Gruppen" zu unterstützen.


KONFLIKTE ZWISCHEN IRAN UND TÜRKEI VERSCHÄRFEN SICH

Obwohl die Türkei und Iran gemeinsam mit Russland im Syrien-Konflikt zu vermitteln versuchen und es ihnen gelungen ist, einen, wenn auch brüchigen Waffenstillstand durchzusetzen, haben sich in den letzten Wochen die Konflikte zwischen Teheran und Ankara zunehmend verschärft. Anlass zu der verbalen Auseinandersetzung lieferten die jüngsten Äußerung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einem Vortrag im Institut für Frieden in Bahrain. "Wir möchten nicht Zeuge einer Spaltung Syriens sein. Aber Ihnen ist wohl bekannt, dass es Kräfte gibt, die die Spaltungen für sich nutzen wollen", sagte der Präsident mit Blick auf die Islamische Republik. Zudem wurde Erdogan in der türkischen Presse mit den Worten zitiert: "In Syrien und im Irak existiert ein persischer Nationalismus, der unbedingt gestoppt werden muss."

Erdogan hatte Mitte Februar sowohl Bahrain als auch Saudi-Arabien besucht. In Bahrain überreichte er dem Regenten für "die Wahrung humaner Werte und seiner Rolle innerhalb der islamischen Gemeinde" die türkische Ehrenmedaille.

Teheran reagierte spöttisch auf die Worte Erdogans. Der türkische Präsident sei anscheinend von der Atmosphäre beeindruckt gewesen, sagte der Sprecher des Außenministeriums Bahram Ghassemi. Denn unter den Staatsführern in der Region müsste Herr Erdogan wohl am besten wissen, welche stabilisierende und konstruktive Rolle Iran in der Region, vor allem im Irak, spielt.

Eskaliert wurde die Auseinandersetzung durch eine scharfe Attacke des türkischen Außenministers auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Die Islamische Republik stelle eine Gefahr für die Stabilität des Nahen Ostens dar, sagte Mevlüt Cavusoglu laut einem Bericht der BBC vom 20. Februar. Durch seine Spalteraktivitäten bedrohe Iran die Stabilität von Staaten wie Saudi-Arabien, Bahrain und anderen Ländern am Persischen Golf. Teheran habe das Ziel, sowohl Irak als auch Syrien in schiitische Staaten zu verwandeln. "Das ist äußerst gefährlich", sagte der Minister. Die Türkei lehne jegliches Sektierertum ab und warne Iran, die Stabilität der Region weiter zu gefährden.

Die Normalisierung der Beziehung zwischen der Türkei und Israel sei ein positiver Schritt, sagte der Minister weiter. Zu der gemeinsamen Initiative mit Russland und Iran zur Wiederherstellung des Friedens in Syrien und der Tagung in der kasachischen Hauptstadt, die drei Tage zuvor zu Ende gegangen war, sagte Cavusoglu, dieses Treffen (der Vertreter der syrischen Regierung und Opposition) könne nicht die Friedensgespräche in Genf ersetzen. Die Konferenz in Genf sei der einzige Weg, der zum Frieden in Syrien führen könne.

Unmittelbar nach den Äußerungen des Außenministers wurde der türkische Botschafter in Teheran ins Außenministerium einbestellt. Iran sei bislang sehr geduldig mit der Türkei umgegangen, sagte Bahram Ghassemi, Sprecher des Außenministeriums der Agentur Mehr am 20. Februar. "Aber unsere Geduld hat auch Grenzen." Die Worte des türkischen Außenministers seien destruktiv. Der türkischen Führung sollte bewusst sein, dass für die Instabilität in der Region niemand anders schuld sei, als sie selbst und die Führung einiger anderer Staaten. "Jene Mächte, die sich nach Wiederherstellung des (osmanischen) Imperiums sehnen, sich illegal in Angelegenheiten anderer Länder einmischen, terroristische Gruppen unterstützen, so viel Blut vergießen und Instabilität in der Region erzeugen, können sich nicht durch Ablenkungsmanöver aus der Verantwortung stehlen." Iran habe der türkischen Regierung bei dem gescheiterten Putsch zur Seite gestanden, sagte Ghassemi weiter. Aber es scheine, dass die instabilen und besorgniserregenden Zustände in der Türkei manche Politiker dazu verleiteten, Worte zu gebrauchen, die von den inneren und äußeren Problemen ihres Landes ablenken sollten.

Ankara versuchte den Konflikt herunterzuspielen. Der stellvertretende türkische Ministerpräsident Numan Kurtulmus sagte türkischen Medien zufolge nach einer Kabinettsitzung den Journalisten, Meinungsverschiedenheiten seien zwischen befreundeten Staaten nicht ungewöhnlich. "Aber wegen einiger Bemerkungen kann keine Feindschaft entstehen." Man solle nun nicht die Konflikte künstlich aufbauschen.


IRANISCHER LUFTRAUM BLEIBT WEITERHIN FREI FÜR RUSSISCHE KAMPFJETS

Einem Bericht der Agentur Fars vom 11. Februar zufolge erklärte der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schanchani, der iranische Luftraum stehe weiterhin den russischen Kampfjets zur Verfügung. "Russische Jets haben in letzter Zeit lediglich den iranischen Himmel benutzt und nicht auf einem Stützpunkt getankt", sagte Schamchani. Die Zusammenarbeit zwischen Iran und Russland sei strategisch. Die Entscheidung, russischen Kampfjets die Flugerlaubnis über Iran zu erteilen, sei vor langer Zeit gefällt worden.

Andere iranische Agenturen, wie zum Beispiel Irna beschäftigten sich mit den Folgen der Entscheidung. Irna zitiert Schamchani mit den Worten: "Die Flugerlaubnis für russische Kampfjets basiert auf gemeinsamen Entscheidungen über die Erfordernisse im Kampf gegen den Terrorismus." Die Folgen dieser Entscheidung bezeichnete Schamchani als "kompliziert". Es sei Aufgabe von Sachverständigen, diese unter verschiedenen Aspekten zu untersuchen. Er betonte, dass die Flugerlaubnis für russische Kampfjets notwendig sei, um die Bodentruppen in Syrien zu unterstützen.

Die Erlaubnis für russische Kampfjets, den Stützpunkt Nojeh in der Provinz Hamedan im Westen Irans zu nutzen, wurde zum ersten Mal im Sommer vergangenen Jahres erteilt. Bei den Kampfjets handelte es sich um den Typ Topolov M22 und Sucho 34, die zu den modernsten Kampfflugzeugen zählen. Es war das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg, dass einem ausländischen Staat erlaubt wurde, das Territorium Irans zu überfliegen und einen Militärstützpunkt des Landes zu nutzen. In Iran war die Entscheidung höchst umstritten. Zahlreiche Abgeordnete im Parlament sowie eine Reihe von Medien übten scharfe Kritik an der Entscheidung mit der Begründung, dass sie gegen die Verfassung der Islamischen Republik verstoße, die ausdrücklich jede Art der Nutzung iranischer Militärbasen durch fremde Mächte untersage, auch dann, wenn die Nutzung friedlichen Zwecken dienen sollte.

Parlamentspräsident Ali Laridschani sowie Verteidigungsminister Hossein Dehghan argumentierten hingegen, die Präsenz russischer Kampfjets diene den nationalen Interessen des Landes und denen des syrischen Regimes.

Seit der Unterzeichnung des Atomabkommens 2015 wurde die militärische Zusammenarbeit zwischen Russland und Iran zunehmend intensiviert. Die russische Marine schoss im Oktober vergangenen Jahres von den iranischen Küsten am Kaspischen Meer 26 Cruise-Missile-Raketen auf Ziele in Syrien ab. Russland exportierte nach langem Zögern Abwehrraketen vom Typ S 300 nach Iran. Zudem wurden Verträge über die Lieferung von Waffen und Kampfhelikoptern unterzeichnet.

Das Teheraner Außenministerium gab bekannt, dass Präsident Rohani sich im März mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin in Moskau treffen werde. Seit seiner Amtsübernahme hat Rohani Putin öfter als jedes andere ausländische Staatsoberhaupt getroffen.


ROM BESORGT ÜBER INHAFTIERTEN FORSCHER

Einer vom italienischen Außenministerium am 13. Februar veröffentlichten Erklärung zufolge ist Rom "extrem besorgt" um das Schicksal des aus Iran stammenden, 45-jährigen Wissenschaftlers, der sich seit April 2016 in iranischer Haft befindet. Ahmadresa Dschalali gehöre der wissenschaftlichen Gemeinschaft der Universität Novara in Piemont an, hieß es. Er solle "schnell in den Kreis seiner Familie zurückkehren", forderte das italienische Außenministerium.

In einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera" sagte Dschalalis Frau, sie befürchte, dass ihr Mann, dem Kollaboration mit feindlichen Mächten vorgeworfen werde, zum Tode verurteilt werden könnte. Er befinde sich seit dem 26. Dezember im Hungerstreik. Sein gesundheitlicher Zustand habe sich merklich verschlechtert. Laut Angaben seiner Frau wurde Dschalali drei Monate lang in Isolationshaft gehalten.


AHMADINEDSCHAD SCHREIBT AN TRUMP

In einem Schreiben an US-Präsident Donald Trump forderte der ehemalige iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad eine Reform des politischen Systems sowie des Wahlsystems der Vereinigten Staaten. Trump solle zudem eine außenpolitische Kurskorrektur vornehmen und die Rechte anderer Staaten achten.

Ahmadinedschad begrüßte die Wahl Trumps und wünschte ihm alles Gute für die nächsten vier Jahre seiner Amtszeit. Er, Trump, habe "die historische Gelegenheit, mit neuen Reformen der Pionier einer neuen großen Entwicklung zu sein und somit in die Geschichte einzugehen", heißt es in dem Brief, den einige iranische Agenturen in englischer und persischer Sprache veröffentlicht haben. Darin erteilt Ahmadinedschad Trump zehn konkrete "Ratschläge", die nicht politisch aufgefasst, sondern als eine Mitteilung "von Mensch zu Mensch", die "aus Liebe und Sorge um das amerikanische Volk" geschrieben worden sei, verstanden werden solle.

In einem der Ratschläge heißt es: Die meisten terroristischen Organisationen in der Welt würden "von amerikanischen Geheimdiensten gegründet, ausgerüstet und unterstützt". Daher fordert Ahmadinedschad Trump auf, diese Unterstützung einzustellen und damit "alle, insbesondere die unterdrückten Staaten, glücklich und dankbar" zu machen.

An anderer Stelle bezeichnet Ahmadinedschad Frauen als "Symbol der Schönheit und das schönste Geschenk Gottes" und äußert die Hoffnung, dass Frauen in den Vereinigten Staaten an dem Schicksal des Landes führend und konstruktiv teilnehmen könnten.

"Sie und ich, sind wie andere Menschen Geschöpfe des einzigen Gottes, die nicht geboren wurden, um Feindschaft zu üben, arrogant zu sein und das Recht anderer Menschen zu missachten", schrieb der frühere Präsident. Da er zahlreiche Menschen in fünf Kontinenten getroffen habe, könne das Schreiben auch als Meinung anderer Völker aufgefasst werden.

Zum Schluss erinnert Ahmadinedschad daran, dass die Vereinigten Staaten den Fortschritt in ihrem Land auch Immigranten, darunter Millionen Iranern zu verdanken hätten.

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Autor: Bahman Nirumand
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16. Jahrgang

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Quelle:
Iran-Report Nr. 3/2017 - März 2017 / 16. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2017

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