Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/2217: Der beste Schaukelpferdreiter (SB)


Von oben vom Schrank her ist ein Gähnen zu hören. "Warten kann ganz schön anstrengend sein", stellt Teddy fest und gähnt gleich noch einmal. "Wenn ich dann auch noch auf zwei Ereignisse warte, ist das Warten gleich doppelt so lang oder doppelt so kurz?"

Rechnen war noch nie Teddy's Stärke. Schließlich hat er keine Finger, an denen er etwas abzählen könnte. Mit seiner Tatze kratzt sich Teddy am Kopf. "Wann kommen endlich die beiden Mäuse wieder in ihren Karton zurück, und bleiben die Riesen für immer fort?" diese Fragen gehen Teddy durch den mit Holzwolle gefüllten Kopf.

Nachdem Teddy feststellt, daß er die Fragen gar nicht beantworten kann und auch sonst keiner da ist, dem er diese stellen könnte, fühlt sich Teddy ein bißchen einsam. "Früher bin ich immer bei allem dabei gewesen", trauert Teddy alten Zeiten nach und erinnert sich, daß er einst Hemmas liebstes Stofftier war. "Wo steckt Hemma denn überhaupt?" fragt sich Teddy, "sie kann mich doch nicht einfach vergessen haben? Vielleicht ist sie wieder fortgeschickt worden, in dieses Kinderheim in den Bergen. Und keiner hat daran gedacht, mich mit in den Koffer zu stecken."

Hin und her überlegt Teddy, bis ihm eine Idee kommt. "Nicht nur ich bin allein. Den anderen Kuscheltieren in dem Karton geht es bestimmt genau wie mir. Dann gehe ich doch einmal nachsehen", beschließt Teddy und klettert vorsichtig mit den Beinen zuerst vom Schrank wieder herunter. Seine Kletterpartie geht vom Schrank über einen Schuhkarton auf den nächst größeren Karton und von dort weiter abwärts zu einem noch größeren Karton. Die zu unterst stehende Kiste ist aus Holz und genauso hoch wie das daneben stehende Schaukelpferd. Teddy unternimmt einen Hechtsprung und landet auf dem Rücken des buntbemalten Pferdes. Das Pferd beginnt sofort, sich vor und zurück zu bewegen. Aber Teddy hat das einkalkuliert. Schließlich war er einmal der beste Schaukelpferdreiter von allen Kuscheltieren, die Hemma einst gehörten.

Teddy blickt sich um. Neben dem Schaukelpferd steht der Karton, aus dem er erst vor wenigen Tagen herausgeklettert ist. "Soll ich da jetzt wieder einsteigen?" Nein, Teddy hat eine andere Idee. Er rutscht am langen Schwanz des Schaukelpferdes herunter und landet sicher auf dem noch immer staubigen Dachboden. Mit seinen Tatzen klopft er gegen den Kuscheltierkarton. "So werde ich alle wach bekommen", plant Teddy. Doch tief und fest schlafende Kuscheltiere sind gar nicht so leicht zu wecken. Das kann auch Teddy feststellen.

Plötzlich hört er ein Geräusch. "Sind das die Mäuse? Oder kehren die Riesen zurück?" überlegt Teddy. Mit einem Satz ist er wieder hoch zu Roß und von hier ist es nur ein kleiner Sprung auf den Karton, in dem die Kuscheltiere schlafen. Ganz flach legt Teddy sich hin. Doch die vier Seitenklappen geben nach und schwuppdiwupp landet Teddy wieder im Inneren des Kartons bei all den anderen Kuscheltieren. "Das war ja voll genial!" ärgert sich Teddy. Zwar wünscht Teddy sich ein bißchen Gesellschaft. Aber in den dunklen und engen Karton mochte er doch nicht wieder zurück. Aber weil jetzt vor dem Karton noch einmal ein kräftiger Laut ertönt, verhält sich Teddy mucksmäuschen still wie all die anderen Kuscheltiere auch und ist froh, nicht allein zu sein.


Gute Nacht