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GUTE-NACHT/3111: Hallengeflüster - Aufgewacht (SB)


Gute Nacht Geschichten

In der großen Lagerhalle bereiten sich die Mitarbeiter auf ihren Arbeitsschluß vor. Die ersten Maschinen werden beiseite geräumt, nur die Kehrmaschine fährt noch durch die Gänge. Plötzlich stoppt sie und ein Rufen wird laut: "Was sollen denn die leeren Kartons hier mitten im Weg?"

Schon kommt ein Arbeiter angelaufen und erklärt, daß die beiden Kartons gestern von zwei Kundinnen leergeräumt wurden. Dann fragt er seinen Chef: "Sollen wir die leeren Kartons noch aufheben oder nicht?" Die Antwort lautet: "Stell sie einfach zu den anderen Kartons der Kundinnen dazu. Solange sie uns nicht unnötig stören, können wir sie immer noch als zugewiesenen Stellplatz verbuchen. Ob leer oder voll, sie nehmen uns schließlich Platz weg und den lassen wir uns hier ja bezahlen."

Der Arbeiter ruft seinen Lehrling: "Konrad!" Doch der Lehrling erscheint nicht. "Wo steckt der Junge bloß schon wieder?" Endlich kommt Konrad herbeigelaufen. "Wo warst du nur?" Ohne eine Antwort abzuwarten erteilt er Konrad den Auftrag, die beiden leeren Kartons wegzuräumen. Konrad beeilt sich, denn er hat noch etwas von dort wegzuholen, wo er zuletzt gewesen war und das darf er nicht offen liegenlassen.

Dann endlich wird es ruhig in der Lagerhalle und das Licht wird gelöscht.

Einige Zeit vergeht. Dann ist ein Rascheln zu hören. Wo kommt das her? Gibt es Mäuse oder gar Ratten in der Lagerhalle? Aber nein, die hätte doch sicher schon längst der Hund des Nachtwächters aufgespürt. Wieder ein Rascheln. Es kommt aus der Ecke, in der gestern noch die Kartons durchgesehen wurden. Was mag das sein?


*


"Mhm! Ah! Oh! Wie gut das ist, wenn ich mich strecke!" Die Flügel des Kartons, der gestern nicht mehr zugeklebt wurde, öffnen sich und ein puscheliges Fell wäre sichtbar, wenn denn das Licht in der Halle brennen würde. So ist im fahlen Licht der winzigen Nachtlämpchen nur ein Schatten wahrzunehmen.

Dann taucht ein zweiter Schatten aus dem Karton empor. "Habe ich aber lange geschlafen", stöhnt eine brummige Stimme. "Ich auch!", entgegnet die erste weichere Brummstimme und fragt sogleich: "Wo sind wir hier, Brummel? Warum liegen wir nicht im Bett?"

Brummel dreht sich nach allen Seiten um. Erstaunt sagt er: "Wir sind wirklich in einen Karton gesteckt worden. Ich dachte schon, ich hätte das nur geträumt. Kneif mich doch mal. Vielleicht wache ich ja aus diesem Traum wieder auf."

Puschel kneift seinen Freund Brummel. "Autsch", schreit dieser und ist nun hellwach. "Wo sind wir hier?", stöhnt Brummel auf, "das ist nicht unsere Wohnung und auch nicht der Dachboden davon." Puschel erinnert sich und fragt: "Der, wo wir einmal in einem Sack gesteckt haben, wo uns lauter kleine Wesen gebissen haben?" - "Ja, den Dachboden meine ich. Aber dort sind wir nicht gelandet. Am besten wir sehen uns hier einmal um."

"Was, wo es hier so dunkel ist?", wendet Puschel ein. Brummel nickt. Aber das hat Puschel nicht gesehen. Deshalb denkt er, Brummel hätte es sich anders überlegt. Doch Brummel steigt gerade über den Kartonrand und wäre fast von zwei Meter Höhe nach unten gefallen. Brummel kehrt schnell wieder um. "Wir sollten doch bis zum Morgen warten, wenn Licht durch die Fenster fällt. Dann werden wir auf Erkundungsgang gehen!" Damit ist auch Puschel einverstanden, wendet aber ein: "Wir werden aber nicht wieder einschlafen!" Doch dann ist er der erste, der die Kulleraugen wieder schließt. Auch Brummel ist bald wieder eingenickt. Er findet, davon zu träumen, wo man am liebsten wäre, ist das beste was man anfangen kann, wenn man erst einmal an seiner momentanen Lage nichts ändern kann. "Träumen hilft beim Probleme lösen!", das ist Brummels Motto, und damit schläft er ein.


7. Januar 2010

Gute Nacht