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GUTE-NACHT/3139: Geburtstag (SB)


Gute Nacht Geschichten

Im Keller der alten Bücherei bei den Kinderbüchern und den Zeitungen lebt Benjamina, die Leseratte. Sie liebt Bücher und stöbert gern darin herum. Wenn am Abend die Besucher und das Personal die Bücherei verlassen haben, kommt Benjamina aus ihrem Versteck hervor.

Bislang glaubte Benjamina, daß sie allein nachts in der Bücherei ist. Doch der Zufall wollte es, daß die Leseratte den Bücherwurm traf. Das war allerdings kein freudiges Zusammentreffen. Denn im Gegensatz zu Benjamina, frißt der Bücherwurm die Löcher in die Bücher hinein und damit die Geschichten darin auf.

"Was kann ich bloß tun, um den Bücherwurm davon abzuhalten, die ganzen Bücher hier zu zerstören?", so grübelt Benjamina schon den ganzen Abend. Benjamina liebt Käse und Früchte oder Brot und einiges mehr. Aber sie futtert kein Papier. Anscheinend braucht der Bücherwurm aber Papier zum Überleben. "Dann muß ich Papier finden, daß er fressen kann."

Benjamina sucht in der Bücherei nach etwas Vergleichbarem. Da findet sie das dicke Telefonbuch. Darin stehen nur Namen und Nummern. "Die werden doch bestimmt nicht gebraucht", sagt sich Benjamina. Neben das Telefonbuch legt sie ein winzig kleines Heft. Benjamina will dem Bücherwurm daraus vorlesen. Denn wenn er erst einmal versteht, was es mit den Büchern und ihren Geschichten darin auf sich hat, wird er vielleicht von selbst aufhören, die Bücher zu fressen. So stellt sich das Benjamina jedenfalls vor.

Es dauert einige Zeit bis Benjamina den Bücherwurm aufspürt. Mit einer weißen Fahne, die sie an ihren Schwanz gebunden hat, läuft sie durch die Bücherei und ruft immer wieder nach dem Bücherwurm. Sie bittet ihn, doch hervor zu kommen. "Ich werde dir auch ganz bestimmt nichts tun. Ich lade dich sogar zum Essen ein. Dabei möchte ich dir von den Büchern erzählen und aus einem vorlesen."

Neugierig, wie Bücherwürmer nun einmal sind, taucht der kleine Wurm mit einem Zylinder auf dem Kopf aus einem Buch über Hochzeitsbräuche auf. Benjamina führt ihn zu dem Telefonbuch und sagt: "Bitte bedienen sie sich." Zuerst zögernd, dann aber stürzt sich der Bücherwurm auf sein Futter. "Nicht dieses", ruft Benjamina, denn der Bücherwurm hatte sich auf das kleine farbige Geschichtenbuch gestürzt. Dabei wollte der Bücherwurm nur nicht unhöflich erscheinen. Er hatte ja bereits heute abend schon leckere Hochzeitsrezepte verspeißt.

Um den Bücherwurm nicht zu erschrecken, senkt Benjamina wieder ihre Stimme und schiebt dem Bücherwurm das Telefonbuch hin. Im Grunde hat der Bücherwurm keinen Appetit mehr. Deshalb setzt er sich bloß auf das Telefonbuch drauf.

Benjamina versucht zu erklären, was es mit den Büchern auf sich hat. Da der Bücherwurm das aber gar nicht verstehen will, schlägt die Leseratte das kleine Büchlein auf, zeigt auf das Bild mit einem Pferd, einer Eule und einer Katze und beginnt dann zu lesen.


*


Heute ist Geburtstag. Der riesige Rosenstrauß steht schon vor der Tür. Aber was wollen die Tiere verschenken. Das Pferd hat doch nur Pferdeäpfel. Und die Eule fängt nur Mäuse. Das ist es auch was die Katze erbeutet.

"Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen!", stellt die weise Eule fest. Die Katze miaut zustimmend. Das bringt das Pferd auf eine Idee. Doch wie können sie diese verwirklichen.

"Rück schon heraus mit deiner Idee!", fordert die Katze das Pferd auf und auch die Eule ist neugierig. "Ich finde, wir bringen dem Geburtstagskind ein Ständchen", wiehert das Pferd. "Nicht so laut!", mahnt die Eule, "sonst verraten wir noch alles viel zu früh."

Das Pferd wollte schon immer einmal ein Ständchen bringen. Genauso wie das Geburtstagskind oft auf dem Klavier spielt. Einmal ordentlich auf die Tasten hauen. Nun das Fenster zum Haus steht offen. Aber nur die Eule und die Katze passen da hindurch. "Könnt ihr mir denn nicht die Tür von innen öffnen, sodaß auch ich ins Haus kommen kann?" Zwar ist die Katze schon einmal auf eine Türklinke gesprungen. Doch die Haustür geht bedeutend schwerer auf und ist meistens abgeschlossen.

Alle drei Tiere schauen zugleich zur Haustür hinüber. Sie erblicken den Rosenstrauß und haben plötzlich eine Idee. Auch der Geburtstagsstrauß muß ins Haus hinein. "Eule, du klingelst an der Tür. Du kannst zu dem Knopf hinauffliegen. Ich nehme den Blumenstrauß in mein Maul, so kann ich mich gleich dahinter verstecken. Katze du kletterst durch das Fenster und kommst uns notfalls mit einer List zuhilfe. Wenn die Tür geöffnet wird, miaust du und lenkst das Geburtstagskind ab. Dann komme ich herein und fange sofort auf dem Klavier an zu spielen. Katze, du miaust dazu und Eule du dirigierst uns."

So wird es gemacht und das Geburtstagskind ist über das Geschenk seiner Tiere aufs höchste erfreut!


*


Benjamina klappt das Büchlein zu. Still sitzt der Bücherwurm da. Benjamina glaubt, daß ihn die Geschichte beeindruckt hat und hofft, daß sie ihr Ziel erreicht hat. Doch dann kommt die Enttäuschung. Der Bücherwurm sagt: "Zuhören macht hungrig!" Er reißt nun ein Papierstück aus dem Telefonbuch heraus und steckt es sich in sein Maul. Dann spuckt er es gleich wieder aus: "Pfui, das schmeckt ja scheußlich. Da suche ich mir doch lieber einen alten Leckerbissen!" Und schwupp di wupp, hast du es nicht gesehen, ist der Bücherwurm auf und davon.

Benjamina ist ebenfalls enttäuscht. Aber sie will nicht aufgeben. Sie wird den Bücherwurm morgen wieder aufspüren und ihm etwas anderes zum Besten geben.


15. Februar 2010

Gute Nacht