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GUTE-NACHT/3168: Vermißt (SB)


Gute Nacht Geschichten

Happy und Sally, die beiden Teddybären - der eine weiß, der andere mit dunkelbraunem Fell -, sitzen längst nur noch manchmal in ihrem Buggy. Sie werden gedrückt und geknuschelt, gebürstet und sogar angezogen. Bei den Drillingen geht es ihnen gut. Die drei Mädchen lassen sich immer neue Spiele einfallen. Am liebsten spielen sie "Vater, Mutter und Kind". Dann darf das Kind gleich mit beiden Teddybären spielen.

Oder Franzi, Anna und Kathy spielen Krankenhaus. Dann haben zwei der Mädchen je einen Teddybären als Kind und die Dritte ist der Arzt oder die Krankenschwester. Der Buggy spielt dann den Rollstuhl oder die Krankenbahre, gerade wie er gebraucht wird. Die drei Mädchen haben sehr viel Spaß mit ihren neuen Spielsachen, und längst haben auch die Kuschelkissen ihren Stammplatz im Bett auf wundersame Weise täglich verändert.

Mal liegen sie zu dritt bei dem Mädchen, das gerade teddyleer ausgegangen ist. Oder sie dienen als Kissen und Zudecke für die Teddybären selber. Es kommt aber auch vor, daß die drei Kuschelkissen sich zu dritt in dem Buggy drängeln, mit dem sie dann in der Nacht auf Reisen gehen - so wie einst ein Junge in seinem Bettchen vor ihnen ...


Bestimmt interessiert euch, was inzwischen bei dem Mann und der Frau, aus deren Garage die beiden Teddys und ihr Buggy stammen, so vor sich gegangen ist.


Gerade zwei Tage nach dem Sperrmüll kam die Nichte ihren Onkel und die Tante besuchen und wollte einige ihrer Sachen aus der Garage mitnehmen. Sie tranken erst zusammen Tee und aßen Kekse. Dann ging das Mädchen in die Garage, um einiges zusammen zu stellen, was mit sollte. Der Mann und die Frau blickten sich an, als das Mädchen zur Tür hinaus war. "Wir müssen es ihr sagen", begann die Frau. "Was sagen?", schimpfte der Mann schroff. "Du weißt schon was ich meine, das mit den Bären auf dem Sperrmüll", erklärte die Frau. "Papperlapapp. Meine Nichte ist schon zu alt, um mit Bären zu spielen. Die hat sie sicher längst vergessen." - "Nein, das denke ich nicht", entgegnete die Frau, "ich habe auch noch meinen ersten Bären auf der Komode sitzen und er ist schon fünfzig Jahre alt, fast ein Ausstellungsstück." - "Du!", sagte der Mann gedehnt. Und er dachte: "Wenn der Bär schon so alt ist, könnte er glatt etwas wert sein, wie all die anderen Teddybären, die überall im Haus verstreut herumsitzen."

Draußen in der Garage kramte das junge Mädchen in ihren Kartons. Sie nahm hier etwas heraus und dort und packte zusammen, was sie mitnehmen mochte. Nach einer Weile schien sie etwas zu suchen. Nun betrat ihre Tante die Garage. "Tante Sally, weißt du vielleicht in welchen Karton ich die beiden Bären gesteckt habe, die du und der Onkel mir einmal geschenkt habt?" - "Ausgeliehen, meinst du?" - "Nein, geschenkt. Onkelchen hat sie mir damals geschenkt. Der eine trug sogar deinen Namen unten am Firmenschild. Ich glaubte, als ich klein war, das wäre sein Namensschild."

Tante Sally suchte nach Worten. Dann stammelte sie: "Nun, neulich haben wir ein bißchen aufgeräumt und da ..." - "Da hast du sie gesehen und wieder mit ins Haus zu deinen anderen Teddybären genommen. Wie lieb von dir? Das macht nichts Tante Sally! Das ist ok. Ich hatte sowieso ein schlechtes Gewissen, daß ich die Bären in einen Karton gesteckt habe. Meinst du es gibt Kinder, die noch nicht so überladene Spielzimmer haben und sich über zwei Teddys freuen würden?"

"Gewiß!", war die Antwort. Tante Sally wußte, daß es nicht richtig ist, der Nichte nicht die Wahrheit zu sagen. Aber sie brachte es nicht über sich, das Mädchen zu enttäuschen. Und vielleicht war ja noch nicht alles verloren. Ein Vorbeifahrender hatte die beiden Bären und den Buggy in seinem Wagen mitgenommen. Sicher nicht, um sie gleich ein Stückchen weiter wieder auf den nächsten Sperrmüllberg zu setzen. Derjenige, der die Bären mitgenommen hatte, mußte sie für einen ganz bestimmten Zweck eingeladen haben. Entweder war er ein Sammler oder wollte die Bären verkaufen und etwas Geld damit machen. Das Naheliegendste aber war, daß er Kinder kannte, denen er eine Freude bereiten wollte.

Tante Sally hegte daher die Hoffnung, die beiden Bären wiederzufinden, und hatte gleich am nächsten Tag eine Anzeige in der hiesigen Zeitung aufgegeben, mit einer Vermißtenmeldung.

Ob ihr Vorhaben wohl gelingt?


26. März 2010

Gute Nacht