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GUTE-NACHT/3171: Osterhasen aus Schokolade (SB)


Gute Nacht Geschichten

Vor vielen, vielen Jahren lebte eine Hasenfamilie. Es war die berühmte Familie der Osterhasen, die jedes Jahr zu Ostern Eier färbte und diese für die Kinder in den Gärten versteckte - natürlich nur an Ostern. In dieser Familie lebte ein kleiner Hase. Er sah nicht aus wie die anderen Hasen, denn sein Fell war lila. Ja, ihr habt richtig gehört. Sein Fell war lila und ein bißchen weiß. So nannten ihn seine Eltern ganz einfach Lila! Das Häschen Lila hatte nicht nur ein besonderes Fell, sondern es hatte auch besonders geschickte Hände. Immer wenn es Erde sah, mußte es darin wühlen und gleich daraus etwas formen. Aus Erde knetete es die schönsten Tiere. Ostern fand Lila langweilig. Denn Lila mußte mithelfen, die Ostereier zu bemalen und in den Gärten zu verstecken.

Viel lieber hätte Lila in der Erde gebuddelt und Tiere geformt. Lila beobachtete auch gern die Kinder, wenn sie an Ostern ihre Eier suchten. Doch das war verboten, denn keiner sollte je die Osterhasen zu Gesicht bekommen. Einmal schnappte Lila etwas auf, das die Kinder sagten: "Wie sieht denn nur der Osterhase aus? Wir haben noch nie einen gesehen. Vielleicht gibt es ihn ja gar nicht!" Lila war empört, wer sollte denn sonst anstelle der Osterhasen, die Eier bringen. Lila beschloß, im nächsten Jahr aus Erde einen Osterhasen zu formen und mit in das Nest zu setzen. Die Kinder sollten sehen, wie ein Osterhase ausschaut.

Es dauerte Lila viel zu lange, bis das nächste Jahr kam. Doch dann war es endlich soweit. Lila setze seinen aus Erde gefertigten Osterhasen mit ins Nest. Dann wartete er, verbotenerweise, auf die Kinder. Das erste Kind, welches das Nest entdeckte, staunte nicht schlecht. "Das muß der Osterhase sein." Ein anderes Kind sagte: Der sieht aus wie aus Schokolade gemacht!" Das dritte Kind war noch sehr klein und bei dem Wort Schokolade stürzte es sich sofort auf den kleinen braunen aus Erde geformten Hasen und steckte etwas von der braunen Masse in den Mund. "Ih, igitt!" Das Kind spuckte alles wieder aus. "Das ist ja Erde!"

Lila verstand nicht, warum das dritte Kind, den Hasen essen wollte und war beleidigt, daß sein wundervoller Erd-Osterhase gleich zerstört worden war. Lila dachte über die Vorgänge noch einmal nach. Es mußte etwas mit dem Wort Schokolade zu tun haben, daß sich das kleinste Kind den Erdhasen in den Mund gesteckt hatte. Dieser Vorfall ließ Lila keine Ruhe mehr. So zog er in die Welt hinaus und suchte nach Schokolade. Er schaute bei den drei Kindern zum Fenster hinein und fand den ersten Hinweis auf seiner Suche. Denn die Mutter sagte ihren Kindern gerade, heute gäbe es keine Schokolade mehr, sie müsse morgen erst neue beim Kaufmann holen.

Lila wußte nicht, wie er zum Kaufmann gelangen sollte. Deshalb setzte er sich neben die Haustür und wartete auf die Mutter der Kinder, bis diese am nächsten Morgen zum Kaufmann ging. Lila war so müde, daß er einschlief. Die Mutter ging am nächsten Morgen schon recht früh zum Kaufmann. Da sah sie Lila schlafend neben der Haustür liegen. Sie glaubte, Lila sei ein Kuscheltier. Denn einen echten lilanen Hasen hatte sie noch nie gesehen. Beim Kaufmann angekommen, legte die Mutter Lila in den Einkaufskorb und stellte ihn am Schokoladenregal wieder ab. Sie suchte sich die beste, aber nicht zu teuerste Schokolade aus. Das kostete etwas Zeit. In dieser Zeit erwachte Lila und begriff sofort, daß er sich nicht mehr dort befand, wo er eingeschlafen war. Er schaute nach oben und erkannte die Frau. Sie fragte gerade den Verkäufer nach einer bestimmten Sorte von Schokolade. Der Verkäufer antwortete: "Diese Sorte ist zur Zeit ausverkauft. Doch wir bekommen heute nachmittag eine neue Lieferung herein. Der große Lieferwagen wird eine ganze Palette davon hinten auf die Laderampe stellen. Prima, jetzt wußte Lila Bescheid. Er mußte jetzt nur schleunigst verschwinden und sprang aus dem Korb. Schnell versteckte er sich irgendwo unter den Regalen. Mutter war ganz verwundert, als sie drei Tafeln Schokolade in den Korb legen wollte. Das lila Häschen war nicht mehr da. Doch da kein anderer Kunde vorbeigekommen war, mußte sie das Finden des lila Hasen wohl geträumt haben. Schließlich, wer hat schon einmal ein lilanes Kuschelhäschen gesehen?

Lila atmete auf, als keiner nach ihm suchte. Er achtete genau darauf, was die Verkäufer erzählten. So fand er schließlich den Weg zur Laderampe. Es dauerte nicht mehr lange, da kam ein Lieferwagen mit der angekündigten Palette Schokolade. Während der Lieferant noch mit dem Kaufmann irgendwelche Papiere tauschte, huschte Lila in den Laderaum des Lieferwagens. Die Klappe wurde bald geschlossen und nach einer langen Fahrt fuhr der leere Lieferwagen zurück zur Schokoladenfabrik, wohin nun auch Lila gelangte. Auch dort versteckte sich das Häschen so geschickt und belauschte die Arbeiter, bis es alles erfahren hatte, was es wissen wollte. Lila wußte nun, wo die fertige Schokoladenmasse aufbewahrt wurde. In der Nacht, als alle Arbeiter zuhause waren, schlich er sich zu einem großen Trog mit Schokolade. Diese war genauso braun wie Erde. Lila überfiel wieder seine alte Leidenschaft, Tiere aus Erde herzustellen. Diesmal knetete er sie jedoch aus Schokolade. Weil er aber solche Sehnsucht nach seiner Familie hatte, denn er war schon sehr lange unterwegs, formte er nur Hasen - große, kleine, dicke, dünne und alle aus Schokolade. Dann zog er sich in ein Versteck, nahe einer der Ausgangstüren zurück und wartete darauf, daß diese am frühen Morgen geöffnet wurde.

Niemand sah ihn dort hinaushuschen. Die Arbeiter, die hier eintraten, waren alle noch so verschlafen, daß sie glaubten, sie träumten. Denn einen lilanen Hasen kann man wohl nur im Traum sehen. Doch müde war bald keiner der Arbeiter mehr, als sie die vielen Hasen aus Schokolade erblickten, die da neben dem leeren Schokoladenfass standen. Soetwas hatte noch keiner gesehen. Sofort wurde der Vorarbeiter aus dem Bett geklingelt, der hatte nämlich das Vorrecht eine Stunde später erscheinen zu dürfen, und der wiederum klingelte den Chef aus dem Bett, der stets erst zwei Stunden später in der Fabrik ankam.

Der Chef sah die Hasen und rieb sich die Hände. "Das ist die Idee! Jetzt ist doch bald Ostern. Wir werden Hasen aus Schokolade verkaufen!" Nun rieb sich auch der Vorarbeiter die Hände, denn wenn mehr Schokolade verkauft wurde, bekam auch er mehr Geld. Dann endlich verstanden selbst die Arbeiter, was los war, und auch sie freuten sich, denn sie bekamen nun genug zu tun, daß keiner entlassen werden brauchte, sondern sogar noch weitere Arbeiter eingestellt werden konnten."

Der Hase Lila aber ist erst nach mehreren Tagen wieder bei seiner Familie angekommen. Er war ganz erschöpft vom weiten Weg. Deshalb mußte er sich ausruhen und schlief ganz lange. Er hatte etwas Schokolade mitgebracht. Diese naschten die anderen Hasen, während Lila schlief. Sie schmeckte ihnen so gut, daß sie alles aufaßen. Das ärgerte Lila, als er wieder erwachte. Schließlich wollte er die Schokolade untersuchen, um die Zutaten herauszufinden. Lila wollte selbst Schokolade herstellen, um den Kindern zu Ostern nicht nur bunte Eier sondern Schoko-Osterhasen zu schenken, damit sie endlich nicht mehr zu fragen bräuchten, wie sieht denn der Osterhase aus? Mißgelaunt malte Lila mit den anderen Osterhasen seiner Familie Ostereier an und brachte sie auch in die Osternester der Kinder. Wie wunderte er sich da, als er sah, daß in den Nestern schon etwas drin stand. Es sah aus wie die Osterhasen selber. Ja, diese Hasen sahen genau aus, wie diejenigen, die Lila in der Fabrik geformt hatte.

So sind also die Schokoladenosterhasen erfunden worden, vom Osterhasen persönlich.

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31. März 2010

Gute Nacht