Schattenblick →INFOPOOL →KINDERBLICK → GESCHICHTEN

GUTE-NACHT/3288: Der kleine Nachtwächter singt (SB)


Gute Nacht Geschichten

Manchmal, wenn der kleine Nachtwächter sich einsam fühlt, singt er ein Lied. Ein Lied zu singen, hilft ihm aber auch, wenn er ein bißchen ängstlich ist. "Sollen die Bösewichte nur kommen. Ich schlag sie mit meinem Gesang in die Flucht!", denkt er dann bei sich.

An diesem Abend steht der kleine Nachtwächter oben auf dem Rundgang der Stadtmauer - die Laterne in der einen, die Taschenlampe in der anderen Hand. Rebell, der schwarze Hund, hat sich neben ihn gesetzt und wartet ab, was geschieht.

Der kleine Nachtwächter nimmt seine Laterne und leuchtet über die Stadtmauer hinweg. "Es ist ziemlich tief bis da unten", stellt er fest. Da fällt ihm ein Lied ein, das ihm seine Mutter oft vorgesungen hat, als er noch ein kleiner Junge war, und er beginnt zu singen:

"Da unten auf der Brücke, spuckt einer in den Kahn,
da freut sich die Spucke, daß sie Kahn fahren kann.

Holla di hiha, holla di ho,

holla di hopsassa, holla di ho.

Dort oben auf dem Berge, da steht ein Karton
da machen die Zwerge aus 'mhmh' Bonbons."

Noch immer mag der kleine Nachtwächter nicht aussprechen, was seine Mutter mit lustiger Miene damals gesungen hat. Er läßt einfach den Refrain folgen:

"Holla di hiha, holla di ho,

holla di hopsassa, holla di ho."

Anschließend denkt sich der kleine Nachtwächter eine eigene Strophe aus:

"Hier hinter der Mauer sitzt ein großer, schwarzer Hund.
Er hätt' gern ein Würstchen, sein Magen tut es kund.

Holla di hiha, holla di ho,

holla di hopsassa, holla di ho."

Bei den letzten Tönen zieht der kleine Nachtwächter ein Butterbrot, fein eingewickelt in eine Serviette, aus seiner Jackentasche. Dem folgt noch ein zweites Päckchen. Der schwarze Hund beginnt sofort zu schnüffeln.

"Ja, da ist etwas sehr Leckeres drin. Nein, nicht hochspringen. Sitz!" Rebell folgt sogleich. Schließlich will er nicht nur die Wurst riechen, sondern auch ein Stück davon kosten - möglichst ein sehr großes Stück.

Der kleine Nachtwächter teilt sich mit Rebell das Butterbrot und auch die Wurst. Danach verspüren beide plötzlich Durst. Rebell nimmt einen Schluck aus der Pfütze, auch wenn er das eigentlich nicht soll.

Dem kleinen Nachtwächter fallen nun all die Menschen in der Stadt ein, die ihn bereits eingeladen haben, bei ihnen abends heißen Tee zu trinken oder sich aufzuwärmen. "Etwas aufwärmen und Tee trinken, das ist jetzt wirklich eine gute Idee. Komm Rebell! Wir sehen mal nach, wer in der Stadt noch wach ist."

Das hat der Hahn auf dem Kirchturm gehört und schimpft: "Soll ich jetzt wieder die ganze Arbeit alleine erledigen. Du bist mir ja ein feiner Nachtwächter!"

"Auch Nachtwächter und ihre Wachhunde brauchen manchmal eine kleine Pause!", ruft der kleine Nachtwächter dem Hahn auf dem Kirchturm zu. Dann geht er seiner Wege und der schwarze Hund kommt hinterdrein - kurz nachdem er den Wetterhahn angebellt hat.

9. November 2010

© 2010 by MA-Verlag - Nachtwächter