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GUTE-NACHT/3431: Knopf und Knöpfchen rücken näher (SB)




K N O P F   &   K N Ö P F C H E N

rücken näher

Knöpfchen blickte zu Knopf hinüber, der sich in den letzten Sonnenblitzen sonnte. Knopf sah so nachdenklich aus. "Was ist bloß mit ihm los?", überlegte Knöpfchen, "die versprochene Geschichte hat er mir auch noch nicht erzählt." Dabei hatte Knöpfchen seinen Freund, der wie ein großer Bruder für ihn war, schon ein, zwei, ja dreimal darum gebeten. Was ging diesem Knopf nur so alles durch seine großen Löcher hindurch? Seit er vor einigen Tagen verschwand - ein riesiger Greifarm hatte ihn aus der Knopfkiste herausgeholt und dann, oh welch ein Wunder, plötzlich wieder zu all den bunten Knöpfen und vor allem zu Knöpfchen in die dunkle Knopfkiste zurückgelegt -, war er nicht mehr der alte. Früher war er lustig und immer zu Späßen aufgelegt. Nach seiner Rückkehr schien er aber die meiste Zeit über etwas nachzugrübeln. Doch mit niemandem sprach er darüber, auch nicht mit Knöpfchen. Was hatte ihn nur so verändert?

"Ich muß meinen lieben Knopf doch irgendwie zum Sprechen bringen. Das kann so nicht mehr weiter gehen." Knöpfchen überlegte, wie er seinem Freund helfen konnte.

Schließlich war Knopf es gewesen, der sich seit damals, als Knöpfchen ganz unsanft in der Knopfkiste gelandet war, gleich um Knöpfchen gekümmert hatte. Die anderen Knöpfe hatten ihm nicht einmal Platz machen wollen. Knopf hingegen hatte gesagt: "Na, mein Kleiner, wo kommst du denn her?" Als daraufhin Knöpfchen zu weinen anfing, hatte Knopf einen Stoffzipfel geholt und Knöpfchens Tränen getrocknet. "Wir haben es hier ganz gemütlich, immer schön dunkel und manchmal rattert dazu laute Musik. Außerdem kennt hier jeder Geschichten - mindestens eine, nämlich die eigene. Du wirst uns alle noch sehr lieb gewinnen."

Tagelang hatte Knöpfchen kein Wort gesprochen. Doch die ganze Zeit kümmerte sich Knopf um den armen kleinen Kerl, der mächtig Angst vor der Dunkelheit gehabt hatte. Knopf schaukelte den Kleinen hin und her, sang ihm etwas vor, erzählte viele Geschichten und hatte ihm jeden Winkel der Kiste gezeigt. Knöpfchen kannte sich bald in der Knopfkiste aus - die Kiste war schließlich auch nicht groß. Vom Auftauchen der Sonnenblitze bis zum nächsten Auftauchen der Sonnenblitze war es ihm immer besser gegangen. Mit so einem Freund an der Seite, wie Knopf es war, konnte es einem auch nirgends auf der Welt besser gehen.

Knöpfchen tauchte aus seinen Gedanken wieder auf. Ja, Knopf war ein wirklicher Freund. Jetzt wollte auch Knöpfchen zeigen, daß Knopf auf ihn zählen konnte. Aber was konnte er nun tun?

Ersteinmal rollte sich Knöpfchen zu Knopf hinüber und kauerte sich neben ihn. Jetzt saßen beide da und grübelten. "Es kann ja nicht immer heiter Sonnenschein sein, schließlich verraten das ja schon die Sonnenblitze mit ihrem Kommen und Gehen", dachte Knöpfchen. Und jetzt gerade zogen sich die Sonnenblitze zurück. Ihr Glanz wurde schwächer und schwächer, in der Kiste wurde es dunkler und dunkler. Knöpfchen sah gerade noch einen Lichtblitz durch das obere rechte Loch in Knopfs Bauch huschen. Dann war auch dieses Licht verschwunden.

Knopf und Knöpfchen rückten näher aneinander. Es gab keine Worte, beide verstanden sich auch ohne sie. Sie grübelten noch ein bißchen vor sich hin. Der Große über was auch immer und der Kleine über den Großen. "Bis morgen fällt mir bestimmt etwas Aufmunterndes für Knopf ein", nahm sich Knöpfchen fest vor.

Keiner der Knöpfe ahnte, daß es um Knopf gar nicht so schlimm gestellt war, wie alle meinten, sondern daß er nur ein Problem wälzte und sich als Lösung etwas ganz Besonderes ausdachte. Davon aber mehr in der nächsten Geschichte.

Gute Nacht

Knopf und Knöpfchen - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 18. Juli 2011