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GUTE-NACHT/3449: Knopf, Knöpfchen und Auge werden durchgeschüttelt (SB)



K N O P F ,   K N Ö P F C H E N   &   A U G E

werden durchgeschüttelt


Am nächsten Morgen wurden Knopf und Auge in der linken Kitteltasche und Knöpfchen in der rechten mit einem heftigen Ruck geweckt. Schwiegermutter war spät in der Nacht zurückgekehrt. Davon hatten die drei Freunde nichts mitbekommen. Sie schliefen tief und fest. Jetzt aber am frühen Morgen begann Schwiegermutter mit der Hausarbeit. Dazu holte sie sich ihre Kittelschürze von der Garderobe, von dort her, wo sie sie gestern aufgehängt hatte. In den Kitteltaschen vergraben, lagen noch immer unsere drei Abenteurer.

Schwiegermutter nahm den Kittel vom Haken, zog ihn über und knöpfte ihn zu. Knopf und Auge merkten, was geschehen war. Ihre Chance, Knöpfchen durch die Löcher in der Tasche hinüber zu holen, war gescheitert. Es mußte ihnen eine neue Lösung des Problems einfallen. Aber den ganzen Tag über fiel ihnen kein neuer Plan ein. Das lag auch daran, daß Schwiegermutter ihnen keine ruhige Minute ließ. Den langen Tag über war sie auf den Beinen. Sie kochte Essen, deckte den Tisch und wusch hinterher wieder ab.

Dabei hatte sie selber gar keine Zeit, sich einmal hinzusetzen. Sie kippte im Stehen ein heißes Getränk hinunter und aß nur ein Stückchen Brot. Denn heute war Waschtag. Mit den anderen Mietern im Haus teilte sie sich die Waschmaschine in der Waschküche unten im Keller. Sie hatte stets den Tag mitten in der Woche. Dieser Tag war heute. Da hieß es Wäsche runter tragen, in die Waschmaschine stecken und etwas später wieder herausholen, den schweren Wäschekorb in den Garten tragen und die Wäschestücke aufhängen. Später, wenn die Wäsche getrocknet war, die Wäsche wieder abnehmen, zusammenlegen und wieder nach oben in die Wohnung tragen.

So ging das den ganzen Tag. Heute schien die Sonne sehr warm vom Himmel. Da wollte Schwiegermutter unbedingt auch die Bettwäsche auf die Leine bekommen. Es war also kein Wunder, daß Knöpfchen, Auge und Knopf ganz schön herumgeschüttelt wurden. Auch hatten sie mächtig darauf aufzupassen, wenn Schwiegermutter sich den schweren Korb genau vor den Bauch preßte, um ihn besser tragen zu können, daß sie nicht gedrückt wurden oder daß sie aus den Taschen fielen, wenn Schwiegermutter sich bückte.

Einmal war es besonders knapp. Zum Glück konnten Auge und Knopf noch in die äußerste Ecke ihrer Tasche hüpfen. Mit der Verständigung zwischen den beiden Taschen hin und her klappte es dadurch auch nicht besonders gut. Doch wenn die Waschmaschine gerade nicht lief, sondern ausgeräumt wurde, konnte Knopf ein paar tröstende Worte zu Knöpfchen hinüberschicken. Knöpfchen kannte leider keine Karussellfahrten und noch weniger Fahrten in der Geister- oder Achterbahn. Ihm wurde von dem ganzen Auf und Ab schrecklich übel.

"Beweg dich selbst ein bißchen mit", hatte Knopf ihm geraten, "dann ist es nicht so schlimm." Diesen Rat befolgte Knöpfchen. Aber er half auch nicht viel. Jedesmal wenn Schwiegermutter in die Knie ging, wurde ihm absolut übel.

Nun, das war ja alles noch einigermaßen zu ertragen. Aber daß Schwiegermutter die drei Freunde nicht nur "Karussell" fahren ließ, sondern sie auch noch mit Wäscheklammern bombardierte, die sie von Zeit zu Zeit in ihre Kitteltaschen fallen ließ, um sie etwas später wieder herauszuholen, war dann doch auch Knopf und Auge zuviel. Zum Glück blieb Knöpfchen davon weitestgehend verschont. Schwiegermutter hatte wohl eine Vorliebe dafür, die Klammern in die linke Tasche zu stecken. In ihre rechte Tasche steckte sie allerhand anderes Zeug. Zum Beispiel fand sie in einer Hosentasche - auch diese Hose sollte gewaschen werden - ein noch unbenutzes Taschentuch. Das steckte sie in ihre rechte Kitteltasche. Knöpfchen fand das sehr bequem. Doch nicht lange, denn beim nächsten Ruck, wurde ihm schon wieder übel. Er stand von seinem neuen Lager auf und wiegte sich lieber wieder im Takt der Bewegungen der Schwiegermutter mit.

Am Abend war die Arbeit geschafft. Doch nicht nur die Arbeit. Auch Schwiegermutter war fix und fertig und setzte sich erst einmal in ihren Lieblingssessel. Sie wollte Nachrichten im Fernsehen schauen. Aber sie war so müde, daß sie noch bevor sie das Gerät mit ihrer Fernbedienung einschalten konnte, einschlief.

Das wäre eigentlich die Chance für Knöpfchen gewesen, schnell aus der Kitteltasche über Schwiegermutters Bauch hinüber in die andere Kitteltasche zu rollen! Doch auch Knöpfchen war von diesem "Rütteltag" so geschafft, daß er auf dem weichen Taschentuch, gleich nachdem sich nichts mehr rührte, einschlief. Einen Zipfel des Taschentuchs benutzte er als Zudecke.

Knopf und Auge hingegen konnten nicht sogleich einschlafen. Sie hatten überall blaue Flecke, dachten sie zumindest. Noch immer waren viele Wäscheklammern mit in ihrer Kitteltasche. Knopf rief nach Knöpfchen, doch der rührte sich nicht mehr, schließlich schlief er tief und fest. Zwar hätten auch Auge und Knopf jetzt zu Knöpfchen hinüberrollen können - tja, wenn da nicht Schwiegermutters Arm gewesen wäre. Der lag quer über ihrem Bauch und verschloß den Eingang der linken Kitteltasche. Also würden auch an diesem Tag die drei Freunde noch nicht wieder zusammenkommen.

Da Knöpfchen schon zu schlafen schien, versuchten auch Auge und Knopf zu schlafen. Beide wünschten sich eine:

"Gute Nacht."

Knopf und Knöpfchen - Buntstiftzeichnung: © 2011 by Schattenblick

zum 10. August 2011