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GUTE-NACHT/3620: Mundwasserkunst (SB)


Gute-Nacht-Geschichten

Mundwasserkunst oder Hundwasserkunst?

Wenn Enna am Abend im Bett liegt und mit Mausohr kuschelt, fragen sich die beiden jedes Mal, wer wohl gleich zur Tür hereinspaziert kommt, um ihnen die Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Es ist jedes Mal eine Überraschung. Denn Enna wohnt mit ihren drei Omas - Oma Lucie, Uroma Kathie und Uroma Magda - und ihrem Opa Eggbert in einem Haus. Im Nachbarhaus wohnt außerdem noch Oma Berenieke, die Mama von Ennas Papa. Da ihre Großeltern sie alle gern zu Bett bringen, aber viermal ins Bett gebracht zu werden, ganz schön anstrengend ist, hat sich ein besonderes Spiel bei ihnen eingebürgert. Enna schlüpft nach dem Zähneputzen ins Bett und wartet auf den Gewinner des Tages.

Dann kommt einer der Großeltern und liest Enna und ihrem Stofftier etwas vor oder erzählt eine Geschichte einfach frei daher. Oma Magda liebt es, Lieder zu singen, während Oma Kathie gern von wirklichen Erlebnissen berichtet. Manchmal schließen Enna und Mausohr Wetten ab, wer denn gleich eintreten wird. An seltenen Tagen wird Enna ganz besonders überrascht, wenn nämlich keiner der vier Großeltern, sondern Mama oder Papa noch vorbeikommen und bei ihr hereinschneien. Diese Abende mag Enna am liebsten.

Heute ist ein solcher Abend. Mama ist vorbei gekommen und übernachtet sogar hier. Sie hat für Enna ein Geschenk dabei. Es ist eine Glaskugel, in die eine Kerze hineingestellt wird. Mama zündet die Kerze an. Auf der Glaskugel ist eine Stadt aufgemalt, eine Stadt bei Nacht. Das Kerzenlicht läßt die Sterne erstrahlen und die Häuser lebendig werden. Mama hat außerdem einen kleinen Ständer mitgebracht. Darauf wird die Kerze gestellt. Das Besondere an diesem Ständer ist, daß er sich dreht. So sieht Enna die bunte Stadt an sich vorüberziehen.

Während Mama sie im Arm hält, und in ihren eigenen Armen ihre Stoffmaus schon schlummert, sieht sich Enna den Bürgersteig der kleinen Stadt entlang gehen. Die bunten Häuser sind ein bißchen krumm und schief. Aber Enna gefällt das. Die Stadt ähnelt einer anderen. Mama hat so einen Kalender, auf dem ganz bunte und schiefe Häuser gemalt sind. "Windschief", hatte Opa dazu gesagt. Mama sagte nur: "Das ist eben Mundwasserkunst!" Oder hatte Enna das falsch verstanden. Hatte Mama Hundwasserkunst gesagt? Aber egal, ob die Bilder nun mit Mundwasser gemalt wurden oder ob es Hundekunst ist, Enna läuft und läuft den Bürgersteig entlang. Sie ist schon ganz müde vom vielen Laufen. Da, eine Bank. Wirklich, vor dem buntesten aller Häuser steht eine Bank. Darauf nehmen Enna und Mausohr Platz. Enna schließt die Augen, um auch ihnen ein bißchen Ruhe vor den vielen bunten Farben zu geben. Ob Enna gleich wieder aufsteht?

Gute Nacht


zum 13. Januar 2013