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KALENDERGESCHICHTEN/017: 05-2012   Grimbart Wohlgemut - Silvana von Krötenbrunn will helfen (SB)

Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick
Silvana von Krötenbrunn will helfen

"Psst, horch mal! Hört sich das nicht wie munteres Plätschern an?", flüsterte Grimmy, blieb stehen und lauschte. Gretchen tat es ihm gleich und freute sich. "Ich glaube, es kommt von da hinten, ja, da hinten müsste der Bach sein", meinte Gretchen nun überzeugt und zeigte in eben die Richtung.

"Gut, dann lass uns weitergehen, ich verdurste." Flink eilte Grimmy mit seinen kurzen Dachsbeinen voran, Gretchen immer dicht hinter ihm. Kurze Zeit später erreichten sie das Wasser. Gierig tranken beide. Sie fühlten sich danach erfrischt und wieder guten Mutes. An einem sonnigen Plätzchen zwischen bunten Maiblumen machten sie es sich gemütlich.

"Weißt du, Gretchen, eigentlich möchte ich wieder nach Hause. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, wie lange ich schon fort bin - leider auch nicht an den Weg zu meinem Bau", grübelte Grimmy leise.

"Oh, das ist schlimm. Aber sag mal, was willst du denn da in dem Bau überhaupt?", wurde Gretchen neugierig. "Weißt du, ich bin doch noch ziemlich ... klein, na ja, also, ich meine, ich weiß nicht, was ich tun soll, also, wie ein großer Dachs so ist, verstehst du?", stammelte der kleine Dachs unsicher.

"Ja, ja, glaube schon. Du weißt nicht, wie man sich als erwachsener Dachs verhält und du hast Angst, etwas falsch zu machen. Ja, wahrscheinlich sorgst du dich sogar, dass aus dir ein Eichhörnchen wird, weil du so lange mit mir zusammen bist", antwortete Gretchen.

"Ha, stell dir mal vor, ich - oben auf einem Baum! Ich reiche man gerade so weit hinauf", lachte Grimmy und rannte zu einem Baum, an dem er sich mit seinen großen Vorderpfoten am Stamm festhielt, beide Hinterpfoten fest auf dem Boden. Er versuchte sich möglichst lang zu machen und blickte sich dabei zu Gretchen um.

"Nun fehlt dir nur noch ein echter Eichhörnchenschwanz ....", dabei wedelte Gretchen ihren hin und her. Sie gigelte und gluckste . Grimmy stapfte wieder zu Gretchen hinüber und legte sich ins Gras. Sie stupste ihn neckend in die Seite. Dann waren beide wieder still. Sie lauschten in den Wald, ließen sich die Sonne auf ihr Fell scheinen und fielen in einen leichten Schlummer. Wie ein Gedankenfetzen erklang ein ganz leises Murmeln. "Wir sollten uns aber überlegen, ob wir erst noch einmal in unsere Holzhaufenhöhle zurückkehren oder gleich aufbrechen, um deinen Dachsbau zu finden", gab Gretchen zu bedenken.

"Das heißt, dass du mir hilfst, also, bei mir bleibst?" Vor lauter Freude hätte Grimmy Purzelbäume schlagen können. Jetzt war er putzmunter. "Laß uns lieber noch einmal zurückgehen, etwas essen und schlafen und morgen losgehen. Besser wir planen das genau", meinte Grimmy aufgeregt, "ich glaube allerdings, dass wir ohne Hilfe nicht zurechtkommen. Wenn wir jemanden finden, der vielleicht von oben herab - also aus der Luft -, wenn der uns zeigen würde, wo wir längs laufen sollten, das wäre toll."

"Hört sich gut an, aber so jemanden kenne ich nicht. Den großen Vögeln bin ich stets lieber aus dem Weg gegangen, man weiß ja nie...", erklärte Gretchen.

"Hmm, und nun?", seufzte der kleine Dachs und schaute dabei in den Himmel. Gretchen folgte seinem Blick und konnte leider gar nichts weiter als Wolken, Sonne und Baumwipfel entdecken.

"Warte mal, ich habe eine Idee. Als ich damals in meinen Holzhaufen eingezogen bin, da lernte ich Silvana kennen, die kann uns bestimmt weiterhelfen. Ja, ja, genau, die kennt fast alle, die im Wald wohnen, ja, das machen wir, wir fragen Silvana!" Begeistert hüpfte Gretchen vor Grimmy auf und nieder.

"Klar, genau, lass uns sofort losgehen. Wer ist denn diese Silvana?", wollte Grimmy wissen.

"Silvana von Krötenbrunn nennt sie sich Also wird sie wohl eine Kröte sein. Wie dem auch sei, jedenfalls ist sie steinalt und ziemlich schlau", beschrieb Gretchen ihre Nachbarin. "Na, Grimmy, passt das nicht prima? Wir gehen zurück zum Holzhaufen und treffen auf dem Weg dorthin Silvana, perfekt, einfach perfekt", freute Gretchen sich. Beide tranken sie noch ein Schlückchen und begaben sich dann auf den Rückweg.

Plötzlich trällerte Gretchen ein Lied und der kleine Dachs wunderte sich über das seltsame kleine Eichhörnchen. Kleine, knappe Sprünge verhalfen Gretchen zu einem Vorsprung, doch schnell hüpfte sie auch wieder zu Grimmy zurück, um ein Weilchen ganz dicht neben ihm zu hoppeln. Sie schien ein bisschen ängstlich zu sein. Als sie Grimmy ansah, meinte sie nur: "Ich singe immer, wenn ich mich fürchte, das hilft ..."

"Ah, ja", wunderte sich der kleine Dachs und stimmte etwas brummend in Gretchens Lied ein. Lange dauerte es nicht, bis sie in der Ferne ihre Holzhaufenhöhle erkennen konnten.

"Hier muss irgendwo die Wohnung von Silvana sein", überlegte Gretchen laut. "Ich weiß aber nicht, wonach ich Ausschau halten soll. Wie sieht denn diese Wohnung aus?", wollte Grimmy wissen. "Na ja, eigentlich ist es mehr ein Lieblingsplatz - keine Wohnung so wie du einen Bau hast oder ich ein Nest", Gretchen bemerkte Grimmys prüfenden Blick und ergänzte, "ich meine, Nester sind normalerweise die Wohnungen für Eichhörnchen. Wo ich wohne weißt du ja. Ich bin eben anders."

"Ist schon gut. Also dann suche ich eben nach einer großen, uralten Kröte. Kannst du mir vielleicht sagen, woran ich eine Kröte erkenne? Es tut mir leid, aber ich habe zuvor noch nie Bekanntschaft mit einer Kröte geschlossen."

"Sie ist sooooo groß", begann Gretchen ihre Beschreibung und streckte ihre Vorderpfoten so weit auseinander wie sie konnte. Beeindruckt staunte Grimmy und begab sich auf die Suche. Je länger er hier und dort spähte, durch Blattwerk spinkste und seinen Blick über das Gras schweifen ließ, desto größer und größer wurde die Kröte Silvana in seiner Vorstellung. Gretchen folgte ihm dicht auf. Schließlich erreichten sie ein sonniges, moosbewachsenes Plätzchen, umsäumt von kleinen Bäumchen und Sträuchern. Ganz in der Nähe hörten sie ein leises, tiefes Quaken. Sie sahen sich fragend an, nickten sich zu und schlichen behutsam in die Richtung, aus der sie das Quaken vernommen hatten.

Hinter hohen Grasbüscheln und Farnen entdeckten sie einen kleinen Tümpel. Er lag ganz still da. Wie seltsam das Wasser aussah: grünlich - irgendwie unheimlich. Schneeflocken tanzten darüber. Schneeflocken? Wie konnte das sein? Grimmy bemühte sich einen mutigen Eindruck zu machen und spottete: "Da hätten wir ja auch gleich hier unser Wasser trinken können, wenn wir das gewusst hätten ..."

"Ich glaube nicht, dass ich daraus trinken möchte", widersprach Gretchen leise. Wieder erklang das Quaken und im nächsten Moment sahen Grimmy und Gretchen die Kröte Silvana. Zum Glück war sie nicht ganz so riesig, wie Grimmy befürchtet hatte. Gretchen schritt langsam auf die Kröte zu und rief ihr schon aus der Entfernung ein freundliches "Guten Tag" entgegen.

Ganz langsam hob Silvana von Krötenbrunn ihren Kopf und ihre Augen funkelten wie kleine Edelsteine in der Sonne. "Was ist hier los? Wer seid ihr? Träume ich, oder bin ich wach?", verstört blickte die Kröte die beiden Fremdlinge an.

"Entschuldige bitte die Störung, Silvana, aber wir bräuchten deine Hilfe", erklärte Gretchen ihren Besuch. "Während ich döse und träume? Na, macht nichts. Ich hatte ohnehin nur Alpträume, glaube ich jedenfalls. Also, was wollt ihr?"

"Kennst du jemanden, der fliegen kann?", begann Gretchen. Doch bevor sie weitersprechen konnte, lachte die Kröte laut auf: "Ha, ha, ha, ja, was glaubst denn du? Die Bienen, die Wespen, die Glühwürmchen, die ...", dann brach sie ihre Aufzählung ab. Sie hatte Gretchens Kopfschütteln bemerkt. "Ah, die meinst du also nicht, ja?"

Nun drängte sich Grimmy etwas nach vorn, so dass er Silvana ansehen konnte: "Also, ich möchte gerne nach Hause und weiß nicht mehr wie ich dorthin komme, also welchen Weg ich gehen muss, verstehst du? Damals, vor ich weiß nicht mehr wie langer Zeit, bin ich vor einem großen Hund und fliegenden Stöcken geflüchtet. Dabei habe ich nicht mehr auf den Weg geachtet, bin nur noch gelaufen und gelaufen bis ich einen Holzhaufen entdeckte. Dort drinnen habe ich mich dann versteckt ..."

"Ja, genau, und da habe ich schon dort gewohnt, und als er in meinen Holzhaufen kam, das war total unheimlich, ich wusste ja nicht, dass es Grimmy war, also das war vielleicht was ...", plapperte Gretchen aufgeregt dazwischen.

"Und nun sucht ihr jemanden, der aus der Luft den Weg finden kann, ja, ich verstehe. Gut. Lasst mich mal überlegen", grummelte Silvana und legte ihren Kopf zwischen ihre Vorderfüße. Dann war es ganz still - und es blieb ganz lange ganz still. Gretchen und Grimmy sahen sich an, trauten sich aber noch nicht, die Kröte zu stören. "Vielleicht ist sie wieder eingeschlafen", flüsterte Gretchen in Grimmys Ohr.

Plötzlich stemmte sich Silvana in die Höhe: "Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen. Es gibt zwei Möglichkeiten, den Weg zu deinem Bau zu finden. Ihr könntet den Uhu aufsuchen. Er hat gute Augen, kennt sich überall im Wald aus und meistens hilft er gern. Leider weiß ich nicht genau, wo er sich momentan am liebsten aufhält. Ihr müsst wissen, dass ich ihm besser aus dem Weg gehe ... na, ja, wie gesagt, suchen müsst ihr ihn selber."

"Und die andere Möglichkeit, was ist die zweite Möglichkeit?", wollte Grimmy wissen. "Seht ihr den Tümpel dort hinten? Das ist Krötenbrunn. Wenn ihr von dem Wasser trinkt und die ganze Zeit während des Trinkens an den Ort denkt, an den ihr gelangen wollt, werdet ihr auch in nullkommanix dort ankommen", erklärte Silvana.

Gretchen schüttelte sich, Grimmy gruselte sich - nein, die Vorstellung, dieses unheimliche Wasser zu trinken, nein, das kam nicht in Frage. Dennoch bedankten sie sich zum Abschied bei der Kröte: "Danke dir, Silvana, wir suchen doch lieber den Uhu!"

"Dachte ich mir schon. Aber falls ihr es euch anders überlegt, könnt ihr gern wiederkommen. Viel Glück." Und so begaben sich Gretchen und Grimmy auf die Suche nach dem Uhu.



zum 1. Mai 2012