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MUSIKKOFFER - KOMPONISTEN/003: Ludwig van Beethoven. Kleine Geschichten um Ludwig (SB)


L U D W I G   V A N   B E E T H O V E N

Teil 3

Kleine Geschichten um Ludwig



Habt ihr schon einmal etwas von Wolfgang Amadeus Mozart und von Joseph Haydn gehört? Das waren ebenfalls zwei ganz große Komponisten, die beide in Wien musizierten.

Als nun Ludwig mit 17 Jahren, also 1787, zum ersten Mal in die Musikstadt Wien reiste, lernte er dort Mozart kennen. Dieser war ein modisch gekleideter, feiner Herr und Ludwig ein etwas ungehobelter Jüngling mit wirrem, ungekämmten Haar und einem verdrießlichen Blick. Mozart war anfangs von Ludwig nicht sehr angetan, aber als er dessen Klavierspiel hörte, überzeugte es ihn. Mozart wurde für kurze Zeit Ludwigs Lehrer, bis dieser wegen der schweren Krankheit seiner Mutter - die, wie wir wissen, dann auch starb - nach Hause reiste.

Ein paar Jahre später, das war 1792, begegnete Ludwig in Bonn Joseph Haydn, dem zweiten großen Wiener Musiker. Wien war zu dieser Zeit ein großes Zentrum für Musik und, nachdem Haydn den jungen, talentierten Ludwig spielen hörte, lud er ihn nach Wien ein. Dieses Angebot konnte und wollte Ludwig nicht abschlagen. Er verließ Vater und Geschwister, um mit Haydn nach Wien zu gehen, wo er schließlich den Rest seines Lebens verbringen sollte.

Haydn unterrichtete Ludwig im Komponieren. Aber unser junger Musiker hatte schon jetzt seine eigenen Ideen, seine eigenen Vorstellungen, wie sich die Stücke anhören sollten. Joseph Haydn hinderte ihn nicht.

Die Zeit, in die Ludwig hineingeboren wurde, war sehr bewegt. Die Menschen fingen an, sich frei zu machen, sich nicht mehr an festgeschriebene Regeln zu halten, und Ludwig machte dies auch mit seiner Musik. Das verwirrte die Hörer, aber gleichzeitig faszinierte es sie auch.

Inzwischen war Mozart, der große Liebling der Wiener Musikfreunde, gestorben, und die Wiener waren froh, in Ludwig einen weiteren großen Musiker in ihren Reihen zu sehen. Ludwig van Beethoven wurde ihr neues Idol.

Über Ludwig gibt es natürlich zahlreiche Geschichten. Wir wissen, daß er nicht nur Klavier spielen konnte, sondern daß er auch das Geigenspiel beherrschte. Es wird jedoch erzählt, daß er von sich selbst behauptete, mit diesem Instrument nicht zurande zu kommen. Als er einmal einem Freund etwas vorspielte, soll dieser gerufen haben: "Hab' Erbarmen, hör' auf!" Ob das wohl stimmt?

Diese Tatsache ändert aber nichts daran, daß Ludwig auch für die Geige komponierte, und daß er 1806 ein heute sehr bekanntes Violinkonzert schrieb.

Es sollte von einem jungen, ebenfalls sehr begabten Geiger erstmals vorgespielt werden. Normalerweise hatten die Musiker dann Zeit, die Musikstücke zu üben. Aber eine von Ludwigs Eigenarten war, daß vieles, was er schrieb, zu spät fertig wurde. So bekamen das Orchester und unser junger Geiger, Franz Clement, die Noten erst am Tag der Vorführung und mußten sie direkt vom Blatt abspielen. Sie haben es geschafft!

Es wird auch berichtet, daß Ludwig ein anderes Mal ein Stück für den Bischof von Ölmütz schreiben sollte, als dieser zum Erzbischof ernannt wurde. Stellt euch vor, Ludwig wurde drei Jahre zu spät mit seiner "Missa solemnis" (dem Musikstück) fertig!

Ansonsten, müßt ihr wissen, machten die Leute damals auch mit ihren Musikern kleine Spielchen. Sie liebten es, in ihren Musikkreisen sogenannte Klavierschlachten auszuführen. So kam es, daß einst ein Pianist (Piano = Klavier) namens Streibelt Ludwig zum Wettstreit herausforderte. Er wußte wohl nicht, mit wem er sich da anlegte.

Streibelt war sehr von sich eingenommen und spielte entsprechend vor, aber wie peinlich war ihm sein Verhalten, nachdem er Ludwig spielen hörte! Er verließ schnell mit hochrotem Kopf den Saal. Selbst in Wien wollte er nicht mehr bleiben und zog aus der Stadt.

Ludwig hatte sich einfach ein paar Noten genommen, sie auf den Kopf gestellt, sich eine für Cello geschriebene Melodie herausgesucht und angefangen, diese Melodie für sein Klavierspiel zu verändern. Immer wieder variierte er sie und gewann, zweifelsohne, die Zuhörer mit seinem Spiel für sich.

Auch der große Dichter und Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe und Ludwig van Beethoven lernten sich kennen. Goethe war beeindruckt von Ludwigs Klavierspiel, aber er kritisierte dessen unbändiges, unwirsches Verhalten. Goethe meinte, daß Ludwig zwar Recht habe, wenn er die Welt "detestabel" (unliebsam) fände, aber sie freilich mit seinem mürrischen Verhalten weder für sich noch für andere genüßlicher mache.

Ihr habt ja bereits gehört, daß Ludwig, noch recht jung, anfing sein Gehör zu verlieren, und so kann man seinen Unmut ein wenig entschuldigen. Ist es jedoch nicht unglaublich, daß jemand, der nicht hören kann, so viele Musikstücke nur aus dem Kopf und der Vorstellung nach komponiert hat?

Als Ludwig 1823 die Komposition seiner neunten Symphonie beendete, war er völlig taub. Trotzdem ließ er sich nicht daran hindern, das Orchester, das das Stück aufführen sollte, selbst zu dirigieren.

Keiner traute ihm dies wirklich zu, aber auch keiner konnte ihn von seinem Vorhaben abbringen. So stellte man ohne Ludwigs Wissen einen anderen Dirigenten in den Hintergrund, dem das Orchester wirklich folgte. Als das Orchester längst fertig war, das Publikum längst geklatscht hatte, stand Ludwig immer noch da und dirigierte. Erst als ihn jemand bei der Hand nahm und dem Publikum zuwendete, hielt er inne.

2. November 2010