Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


PFLANZEN/035: Anbautechnisch brauchbar ... (SB)



Um in einer Wüste überleben zu können, haben sich Tiere und Pflanzen an Hitze und Trockenheit angepasst. Kakteen beispielsweise kommen mit sehr wenig Wasser aus. Pflanzensamen und einige Tiere überdauern die größte Trockenzeit im Wüstenboden und kommen beim ersten Regen wieder hervor. Kennzeichnend für alle Wüsten ist der Wassermangel. Ohne künstliche Wasserzufuhr kann dort kein landwirtschaftlicher Anbau betrieben werden. Das Wasser hierfür wird aus Flüssen und Seen entnommen. Für viele Menschen ist dieses Wasser aber oft das einzig zugängliche Trinkwasservorkommen und so kommt es immer wieder zu Engpässen und Konflikten.

Eigentlich herrscht auf unserem Planeten kein Wassermangel, denn immerhin sind ca. 71% der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt. Das Problem ist nur, dass es sich dabei zu 97,4% um Salzwasser aus den Meeren handelt, das weder von Menschen noch von Tieren getrunken werden kann. Auch Pflanzen würden durch die Aufnahme von salzigem Meerwasser nicht überleben - aber wirklich alle Pflanzen? Diese Frage stellte sich bereits vor vielen Jahren ein Wissenschaftler, der sich Gedanken darüber machte, wie und ob man nicht die Unmengen an Meerwasser irgendwie nutzen könnte, z.B. um Wüsten zu begrünen. Wäre es möglich in jenen Wüstenregionen, die sich in relativer Nähe zum Ozean befinden, das Salzwasser auf den trockenen, heißen Boden zu leiten? Doch welche Pflanze könnte dort angesiedelt werden?


Was macht eine Pflanze, die Salzwasser liebt, in der Wüste?

Der amerikanische Wissenschaftler Carl Hodges befasste sich schon in den 1980er Jahren intensiv mit Klimaforschung und machte sich Gedanken über die klimatische Entwicklung auf unserer Erde. Er rechnete damit, dass ein Anstieg der CO2-Emissionen eine Erderwärmung verursacht, die zum Schmelzen der Polkappen und weltweit zum Tauen der Gletscher führt, was den Anstieg des Meeresspiegels zur Folge hat. Viele Länder in Küstenregionen liegen so tief, dass fruchtbares Land überschwemmt werden wird und die Ernten vernichtet werden. Die Menschen werden flüchten und in andere Gebiete übersiedeln müssen und dort neue Möglichkeiten des Anbaus von Nahrungspflanzen entwickeln. Vorstellbar wäre die Landnutzung in Wüstengegenden, so jedenfalls die Idee des Wissenschaftlers.

Er suchte also nach Pflanzen, die in Salzwasser leben und die auch mit hohen Temperaturen kein Problem haben. Tatsächlich fand er eine schon sehr alte Pflanze, die Salicornia, bekannt auch als Queller. Durch ihre Fähigkeit in Salzwasser zu wachsen, bedeckte sie schon vor Millionen Jahren den Boden in Salzwasserregionen.



Eine hellgrüne Pflanze mit runden, fleischigen Stämmchen und Ästchen - Foto: 2004, by M.Buschmann (Germany) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

Queller (Salicornia euroraea), kann überall in Europas Salzwasserregionen wachsen
Foto: 2004, by M. Buschmann (Germany) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], via Wikimedia Commons

An der deutschen Nordseeküste beispielsweise dürfte dieses Gewächs den meisten bekannt sein. Dort findet es als Pionierpflanze für die Landgewinnung weite Verbreitung. Mit dem Queller Salicornia startete Carl Hodges seine Versuchsreihen. Durch die hohe Salztoleranz und die Fähigkeit auch auf nährstoffarmen Böden zu wachsen, konnte der Queller mit seinen vielen Unterarten auch in den unwirtlichsten Gebieten der Erde angebaut werden.


Mehrere Quellerpflanzen zuhauf, dickem knorpeligen Gras ähnlich - Foto: 2006, by Marco Schmidt [1] (Own work) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Büschel von Queller (Salicornia)
Foto: 2006, by Marco Schmidt [1] (Own work) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

In Kalifornien, in der Sonora-Wüste, im Norden Mexikos, in Eritrea und den Arabischen Emiraten wurde mit Queller-Anpflanzungen experimentiert. Sie wurden ausschließlich mit salzigem Meerwasser, dass über Leitungssysteme in die trockenen Regionen geleitet wurde, bewässert. Es konnten gute Ergebnisse erzielt werden. Die Salicornia-Pflanzen wuchsen gebietsweise innerhalb eines dreiviertel Jahres bis zu 90 cm hoch. Die Quellersamen (Salicornia-Samen) sind reich an Proteinen (Eiweißen ca. 40%). Aus ihnen kann ein hochwertiges Öl gewonnen werden, das einen hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren hat, einen leicht nussigen Geschmack aufweist und sehr gesund sein soll. Dieser Queller, auch Seespargel genannt, eignet sich hervorragend als nahrhaftes Lebensmittel. In dem Projekt in der mexikanischen Sonora-Wüste konnten die Erträge dieser ölreichen Samen jene von Soja oder Sonnenblumen sogar überragen. Leider gab es auch gleich Ideen zur Nutzung dieser Ölsamen zu Produktion von Biodiesel, bzw. Kerosin für Flugzeuge. Hier würde sich eine vergleichbare Entwicklung anbahnen, wie mit dem Palmöl. Lebensmittel würden statt auf dem Teller im Tank landen.


Viele runde, grüne, fleischige Stämmchen der Salicornia Pflanze - Foto: 2006, by Fritz Geller-Grimm (Own work) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Salicornia-Pflanzen von oben betrachtet
Foto: 2006, by Fritz Geller-Grimm (Own work) [CC BY-SA 2.5 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons


Salicornia - eine Wunderpflanze?

Es scheint, als hätte der Anbau des Salicornia-Quellers wirklich nur Vorteile: er gilt als hochwertiges Nahrungsmittel, trägt durch großflächigen Anbau zur CO2-Reduktion bei, kann auch als Tierfutter Verwendung finden, (seine Saat könnte auch zu Biodiesel verarbeitet werden) und ganz wichtig, es wird kein Trinkwasser für den Anbau benötigt! Dazu kommt noch, dass sich durch die Anpflanzungen auch die Bodenbedingungen verbessern, denn die Pflanzenrückstände fördern die Humusbildung. Vielleicht beeinflusst das mit Salzwasser getränkte feuchte Anbaugebiet auch die Entwicklung des örtlichen Klimageschehens. Die aufgrund der vorherrschenden Hitze einsetzende hohe Wasserverdunstung kann jedenfalls zu vermehrten Regenfällen führen.


Australien - Salzwasser im Treibhaus

In Australien wurde von der "Seawater Greenhouse Foundation" (so viel wie: Meerwasser Treibhaus Organisation) ein Projekt gestartet, in dem Meerwasser verdunstet wird, um Trinkwasser herzustellen. Dazu wird das Salzwasser in ein Treibhaus/Gewächshaus durch ein ausgetüfteltes System geleitet. Durch die im Gewächshaus vorherrschende Wärme verdunstet das Wasser. Der Dunst schlägt sich an etwas kühleren Flächen nieder, der Niederschlag (das Frischwasser) wird gesammelt und kann zur Bewässerung der Pflanzen genutzt werden. Das Salz, das bei diesem Vorgang zurückbleibt, wird als Feinschmecker-Meersalz verkauft.

Mittlerweile wurden mehrere unabhängige Projekte gestartet, die von privaten Unternehmern geleitet werden. Sie widmen sich verschiedenen Schwerpunkten des sogenannten "seawater farming" (so viel wie: Meerwasser Anbau). Carl Hodges entwarf mehrere Ideen dieser speziellen Anbaumethode. In einem Projekt wird beispielsweise das Meerwasser in Kanälen in Becken geleitet, in denen Schrimps und Fische gezüchtet werden. Dieses Wasser, das nun auch mit organischen Anteilen (z.B. Ausscheidungen der Tiere) angereichert ist, wird auf die Felder, auf denen der Queller (Salicornia) wächst, weitergeleitet. Der gedeiht, gut gedüngt, sehr gut. Das wiederum hat beste Ölsamen-Erträge zur Folge, die zu Nahrungsmitteln weiterverarbeitet werden können.

Sicherlich müssen auch die ökologischen Folgen des "sea-farmings" mit den verschiedenen Schwerpunkten berücksichtigt werden, denn mal steht die Frischwassergewinnung im Vordergrund, mal die Fischzucht, ein andermal der Mangrovenanbau. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind unterschiedlich. Bisher ist bekannt geworden, dass sich verschiedene Vogel- und Pflanzenarten in solchen Anbaugebieten angesiedelt haben. Darüber, ob andere an die Trockenheit und Hitze gewöhnte Lebewesen durch die neue Anbautechnologie und die Ansiedlung fremder Arten vertrieben worden sind, konnten bisher keine verlässlichen Informationen gefunden werden. Doch ganz sicher ist, dass derart grobe Eingriffe des Menschen in ein bestehendes Ökosystem auch ernstzunehmende Folgen nach sich ziehen.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.welt.de/wissenschaft/article2446373/Wie-Experten-die-Welt-mit-Seespargel-retten-wollen.html

http://www.queller.org/wuestenspargel/

http://12.000.scripts.mit.eu/mission2014/solutions/seawater-farming



13. Dezember 2017


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang