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TIERE/088: Zu schwer, zu groß, die Hummeln (SB)



Man nennt sie auch Bienen im Pelz, weil sie in ihrem gelb-braun-weiß gestreiften Haarkleid wie samtig-pelzige Bienen aussehen. Sie leben in viel kleineren Gemeinschaften als Bienen. Es ist eine einzelne Hummel, die einen neuen Verband gründet, der später einmal bis zu 500 Tiere zählen kann.

Es gibt viele verschiedene Hummelarten. Hier ein paar Beispiele: die Erdhummel, die Baumhummel, die Bergwaldhummel, die Grauweiße Hummel oder die Eisenhuthummel. Ihre Namen verraten schon, an welchen Orten sie leben, wie sie aussehen oder welche Pflanze sie als Pollen- und Nektarquelle bevorzugen. Hummeln kommen noch in hohen Bergregionen vor. In den Alpen leben einige Arten in Höhen von 800 bis 2500 Meter und in Indien findet man sie noch in Höhenlagen von 6000 Metern. Ihr Pelzkleid schützt sie vor der dort vorherrschenden Kälte. Sobald die Temperaturen auf etwa 2° C angestiegen sind, erwachen die ersten Erdhummelköniginnen aus ihrer Winterstarre und bahnen sich den Weg aus ihrer Erdhöhle an die Oberfläche. Dort haben sie die Winterzeit verbracht. Ein bestimmter Stoff in ihrem Blut (Glykol) sorgte dafür, dass ihr Blut nicht gefriert. Im Freien angelangt wärmt und trocknet die Sonne ihr Haarkleid.Nun kann eine Hummelkönigin ihren Flug zur Futtersuche starten, denn sie muss sich unbedingt erst einmal stärken. Die ersten Frühblüher - beispielsweise Schneeglöckchen, Krokusse, Schneerose, Seidelbast, Weidenkätzchen - dienen ihr als Pollen- und Nektarquelle.


Eine Hummel sitzt auf einer weißen Blüte, ihre Pollenhöschen sind voll beladen - Foto: © 2014 by Schattenblick

Foto: © 2014 by Schattenblick

Als nächstes hält sie bei ihren Rundflügen, die mehrere Kilometer lang sein können, Ausschau nach einer geeigneten Unterkunft. Sie bevorzugt kleine Erdhöhlen. Gerne übernimmt sie unbewohnte Mäuselöcher oder die Höhlen der Ziesel, aber auch Nistkästen, die eigentlich für die Vögel aufgehängt wurden, zählen zu ihren Lieblingswohnungen. Wenn die Erdhummelkönigin einen Höhleneingang ausfindig gemacht hat, tastet sie sich vorsichtig hinein, denn es kann immer sein, dass sie doch noch auf einen Bewohner trifft. Dann muss sie entweder schnell flüchten oder im Kampf die Höhle erobern und den bisherigen Höhleninhaber vertreiben. Die Hummel erweist sich hierbei als mutig und kämpferisch geschickt. So ist es durchaus möglich, dass eine Maus vor ihr Reißaus nimmt.

Ist es ihr gelungen, eine Erdhöhle in Besitz zu nehmen, beginnt die Hummelkönigin mit dem Aufräumen des Nestes, polstert es mit Haaren, Federn oder Heu aus und fängt mit dem Formen von Wachstöpfchen an. Sie fertigt keine Waben wie die Bienen, sondern Wachsbehältnisse, die kleinen Töpfchen oder Näpfchen ähneln. Zuerst stellt sie eins davon her, in den sie Nektar als Nahrungsvorrat für sich selbst sammelt, denn wenn es draußen regnet oder gewittert, kann sie nicht ausfliegen, um Futter zu suchen. Das Wachs für die Töpfchen stellt sie selbst her. An ihrer Hinterleibsunterseite befindet sich eine Wachsdrüse, von der das Wachs abgeschieden wird. Mit den Hinterbeinen drückt sie es dort heraus, übernimmt die Portion dann mit ihren Vorderbeinen, um sie zu den Mundwerkzeugen zu befördern. Mit ihnen formt sie die Wachsbehältnisse. Das alles kostet viel Energie, deshalb ist danach erst einmal wieder eine Stärkung angesagt. Sie fliegt hinaus, um Nektar zu trinken. Wieder im Nest angelangt, beginnt sie mit der Eiablage.

Die Hummel wurde im vorangegangenem Jahr, bevor sie sich unter Gras, Moos und Blätter in ein Erdloch vergrub und in Winterstarre verfiel, von Drohnen (den männlichen Hummeln) begattet. Nun legt sie die befruchteten Eier in mehrere der frisch gebauten Wachstöpfchen. In jedes passen 5 bis 15 Eier hinein. Bevor sie die Wachsbehältnisse mit einem Wachsdeckel verschließt, prüft sie sorgsam, ob eines der Eier beschädigt wurde. Dann kann der Entwicklungsprozess beginnen. Wenige Tage später schlüpfen daraus die Larven, die sich nach 15 bis 20 Tagen verpuppen. Die Hummel ist eine fürsorgliche Hummelkönigin-Mutter, denn sie betreibt eine außergewöhnliche Brutpflege. Sie umfasst ein Näpfchen und bewegt sich dabei hin und her, so als ob sie sich ankuschelt. Dabei kann eine Wärme von ungefähr 35° C entstehen, was sich gut auf das Wachstum der Nachkommenschaft auswirkt. Nach 20 Tagen schlüpfen die ersten Hummel-Arbeiterinnen. Zu Anfang sind sie feucht und farblos, aber in dem Nest, in dem eine Temperatur um die 30° C herrscht, trocknen sie schnell und erhalten nach und nach ihre typische Färbung. Wenn eine genügend große Anzahl an Hummeln das Nest bevölkert, übernehmen die Arbeiterinnen die Nahrungsbeschaffung und die Brutpflege. Die Hummelkönigin fliegt nun nicht mehr hinaus. Ihre Aufgabe ist es, immer weiter neue Eier zu legen. Je nach Hummelart kann ein Volk auf ungefähr 50 bis 500 Tiere anwachsen.


Eine Hummel fliegt eine blaue Blüte an - Foto © 2014 by Schattenblick

Foto: © 2014 by Schattenblick

Nun fliegen die Arbeiterinnen hinaus, um Pollen und Nektar zu beschaffen. Den Pollen sammeln sie in den sogenannten Pollenhöschen die sich an ihren Hinterbeinen befinden. Voll beladen kehren sie in die Höhle zurück und verstauen ihre Fracht in Wachsnäpfchen. Diese Pollendepots und der Nektar dienen dem gesamten Hummelvolk als Nahrungsvorrat. Doch eine gewisse Anzahl Hummeln bleibt vornehmlich im Nest, um sich um die Brutpflege und die Versorgung der Königin zu kümmern. All das findet bis in den August hinein statt.


An einer blauen Blüte hängt eine Hummel, die dabei ist, Pollen zu sammeln - Foto: © 2014 by Schattenblick

Foto: © 2014 by Schattenblick

Das Leben der Hummeln wird von vielen Feinden bedroht. Der Bienenfresser, ein prächtig bunter Vogel, frisst nicht nur Bienen, sondern alle großen Insekten, also auch Hummeln. Bei der Gottesanbeterin, einer Fangschrecke, stehen sie auf dem Speiseplan, ebenso auf dem des Braunbären, der mit seiner feinen Nase den Honigduft des unterirdischen Hummelnests erschnüffelt. Hat er erst einmal eines entdeckt, gibt es für die kleinen Tiere keine Rettung mehr. Er verspeist das Nest samt Hummel, Wachs und Honig. Aber auch der Mensch setzt der Hummel zu. Viele fallen dem Insektenspray zum Opfer. Zudem können die verschiedenen Pflanzenschutzmittel, die in der Landwirtschaft und im Garten eingesetzt werden, zum Tod der Hummeln führen. Im Frühjahr, wenn die Hummelköniginnen ausfliegen, verenden viele von ihnen an den Windschutzscheiben der Autos. Ihr Tod hat weitreichende Folgen, denn damit ist die Gründung eines neuen Hummelvolkes nicht mehr möglich. Wenn im Spätsommer viele Pflanzen verblühen und immer weniger Pollen und Nektar zu finden sind, beginnt die Zeit des Hummelsterbens.


Die Blüte ist schon am Welken, die Hummel sucht hier noch nach Nahrung - Foto: © 2014 by Schattenblick

Foto: © 2014 by Schattenblick

Doch zuvor vollzieht sich im Nest noch eine Veränderung. Die Königin legt nun unbefruchtete Eier in die Näpfchen, aus denen einige Zeit später die Drohnen hervorkommen. Aber sie legt noch weitere Eier, die eine besondere Zuwendung von den Brutpflegehummeln, auch Ammen genannt, erhalten. Aus ihnen entwickeln sich die jungen Hummelköniginnen. Sie sind größer als die Arbeiterinnen und im Gegensatz zu ihnen sind ihre Eierstöcke entwickelt und für eine Fortpflanzung bereit. Die geschlüpften Drohnen stärken sich an den Vorräten im Nest, bis sie dann hinaus fliegen. Ihre Aufgabe ist es, die jungen Königinnen, die bald ebenfalls das Nest verlassen werden, zu begatten. Ist dieser Vorgang beendet, sterben die Drohnen.


Aufstand im Hummelnest

Auch das Verhalten der Hummeln im Nest hat sich gewandelt. Die bisherige Ordnung konnte aufrechterhalten werden, da die Königin stets ausreichend Pheromone (Botenstoffe zur Informationsübertragung zwischen einzelnen Lebewesen einer Art) aussenden konnte, die den Fortpflanzungswillen der Arbeiterinnen unterdrückte. Nun, da die Königin schwächer wird, nimmt die Pheromonproduktion ab und damit die Wirkung auf die Arbeiterinnen. Nun sind auch sie in der Lage, Eier zu legen. Gleichzeitig steigt die Aggression gegen ihre Artgenossen und gegen die alte Königin an, die entweder von ihnen bereits im Nest getötet oder aber vertrieben wird, was ebenfalls ihren Tod bedeutet. Zur selben Zeit versuchen die Arbeiterinnen, die Eier der alten Königin zu zerstören, wie auch sie sich bemüht, die Arbeiterinnen-Eier zu vernichten. Es findet ein erbitterter Kampf statt. Wissenschaftler untersuchten dieses Verhalten und stellten nach umfangreichen Untersuchungen fest, dass der Fortpflanzungserfolg der Arbeiterinnen nur gering ist, die Nachkommen der alten Königin bildeten die Mehrheit. Ungefähr sechs Monate lang hat die Hummelkönigin für Nachwuchs gesorgt und ihr Volk gegründet. Nun ist ihre Zeit vorbei, ihre Aufgabe erfüllt.

Nachdem die jungen Königinnen begattet wurden, graben sie sich im Herbst ein Erdloch, ungefähr 15 cm tief, unter Blättern und Gras, wo sie in Winterstarre fallen. Zwar überleben längst nicht alle den Winter, aber jene, die es schaffen, begründen im Frühjahr ein neues Volk.


Hummel als fleißige Bestäuber-Insekten

Hummeln sind fleißige Bestäuber-Insekten. Während sie den Pollen einer Blüte in ihren Pollenhöschen verstauen, sammelt sich Blütenstaub in ihrem dichten Haarkleid, mit dem sie die nächste Blüte, die sie aufsuchen, bestäuben. Ungefähr 18 Stunden am Tag sind sie unterwegs und können beinahe 1000 Blüten anfliegen. Im Vergleich sind Bienen nicht ganz so aktiv, aber dafür gibt es sie in viel größerer Zahl. Es wird viel vom Bienensterben gesprochen, für das verschiedene Ursachen geltend gemacht werden können. Mehr und mehr Grünflächen werden zubetoniert und an den Straßenrändern nimmt nicht nur die Anzahl der Blumen ab, sondern auch die Blütenpflanzenvielfalt. Pflanzenschutzmittel wirken giftig auf die Bienen und können sie töten. Außerdem gibt es von Natur aus viele Feinde der Bienen, wobei die kleinen, fast unsichtbaren, so gefährlich sind, dass sie einen ganzen Bienenstock zunichte machen können - Faulbrut, Varroamilben, Bakterien.

Angesichts des weltweiten Bienensterbens gibt es mittlerweile Überlegungen, Hummeln als eine Art Bienenersatz einzusetzen. Sie sollen die Blütenbestäubung übernehmen. Zu diesem Zweck werden in einer Hummelzucht-Fabrik hunderttausende dieser Insekten gezüchtet. Sie werden in Kisten verpackt und verschickt, um beispielsweise auf Obstplantagen aufgestellt zu werden, wo sie die Blüten bestäuben sollen. Für den eigenen Garten kann ebenso ein Hummelkarton erstanden werden. Die Hummeln sind anpassungsfähig und nehmen einen solchen Karton gern als "Höhle" für den Nestbau und die Gründung eines Volkes an. Andernorts wird ähnlich mit den Bienen verfahren. Königinnen werden verschickt, um neue Völker zu gründen, und einige Imker verleihen ihre Völker zu einem bestimmten Preis an landwirtschaftliche Großbetriebe. Auf Anbaugebieten mit Monokulturen, also dort, wo nur eine Pflanzenart angebaut wird, beispielsweise Mandelbäume oder Kirschen, sollen sie ihre Arbeit verrichten. Dabei wird nicht bedacht, dass Bienen und Hummeln eine Blütenvielfalt schätzen. Denn eigentlich sammeln sie nicht für den Menschen, sondern für ihr eigenes Volk. Pollen und Nektar der verschiedenen Blüten dienen ihnen als Vorrat für Schlechtwetterzeiten und die Ernährung ihrer Nachkommenschaft. Vielleicht stärkt eine abwechslungsreiche Nahrung ihre Abwehrkräfte und vielleicht ist das mit ein Grund dafür, dass sie über Jahrmillionen auf der Erde überleben konnten. Der Eingriff des Menschen in die Natur hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen, dass die Hummeln und viele andere Insektenarten, heute so stark bedroht sind.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

- TV-Sendung "Hummeln - Bienen im Pelz"
Dokumentarfilm, Österreich, 2013, Film von Kurt Mündl, 45 Minuten

- https://www.spektrum.de/news/hummel-auf-abwegen/747224

Erstveröffentlichung 19. Februar 2015

Aktualisierte Fassung 18. März 2020



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