Schattenblick → INFOPOOL → KINDERBLICK → NATURKUNDE


TIERE/094: Tiergenie und Lebenskunst - Neugier rettet Leben nicht ... (SB)


Überraschendes aus der Vogelwelt - Der Goffin-Kakadu weiß genau, was er will ...


Die Heimat des Goffin-Kakadus ist Indonesien. Dort lebt er, für die Menschen eher unauffällig, vorwiegend in Wäldern. Er zählt mit seinen ca. 32 Zentimetern Länge zu den kleinen Kakadu-Arten. Über seine natürliche Lebensweise ist wenig bekannt. Mittlerweile gehört er zu den bedrohten Tierarten, weil zum einen Vögel seiner Art in großer Zahl für den Wildvogelhandel gefangen werden, obwohl dies längst verboten wurde. Zum anderen liegt es daran, dass ihr Lebensraum, der Wald, durch Rodung vernichtet wird. Wenn sie sich an die Gefangenschaft gewöhnt haben oder bereits in Gefangenschaft geboren wurden, erstaunen sie Wissenschaftler durch ihre Schlauheit. Man geht davon aus, dass diese Tiere in freier Wildbahn keine Werkzeuge benutzen, umso beeindruckender ist es, dass sie sich in der Gefangenschaft geeignete Hilfsmittel selber aussuchen und sogar herstellen können.



Ein weißer Goffin-Kakadu sitzt auf einem Ast im Baum - Foto: 2005, by Lip Kee Yap [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons

Foto: 2005, by Lip Kee Yap [CC BY-SA 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0)], via Wikimedia Commons


Wie ein Goffin-Kakadu Probleme löst

Forscher der Universität in Wien wollten herausfinden, wie schlau Goffin-Kakadus sind, und dachten sich zu diesem Zweck verschiedene Versuchsaufbauten aus. Sie legten auf einer Fläche Pistazien und Pecannüsse aus, die der Versuchs-Kakadu gerne fraß - aber lieber noch mochte er Cashew-Kerne. Ausgerechnet einer dieser Kerne befand sich aber in einem Glaskasten. Die Wissenschaftler legten ihn so hin, dass der Vogel ihn mit Hilfe eines Stöckchens von einem Klotz hinunter kicken könnte, so dass er dann auf eine schiefe Platte fallen und durch ein Loch unten im Glaskasten hinauskullern würde. Der Kakadu betrachtete die frei herumliegenden Nüsse und entdeckte dann den ihm viel besser schmeckenden Cashew-Kern im Glaskasten. Als er das ebenfalls auf der Fläche liegende Stöckchen sah, nahm er es und stieß damit tatsächlich den begehrten Cashew-Kern hinunter, der dann auch prompt aus dem Kasten rollte. In ähnlichen Versuchen handelte der Kakadu ebenso. Wenn aber der beliebte Cashew-Kern nicht nur im Glaskasten, sondern auch unter den anderen Nüssen frei herum lag, nahm er sich diesen zuerst. Er scheint also abzuwägen, ob er die Mühe des Werkzeuggebrauchs auf sich nehmen muss oder nicht.

Ein Glaskasten mit einer schief liegenden Platte und darauf ein rundes Holzstück mit einem darauf liegenden Cashew-Kern. Durch eine Öffnung kann der Kakadu ein Stöckchen führen und ihn hinunter stoßen, der dann unten aus dem Kasten rollt - Zeichung: &copy 2016 by Schattenblick

Zeichnung: &copy 2016 by Schattenblick


Ein Werkzeug wird nur benutzt, wenn es auch geeignet ist

Der Versuchsaufbau mit dem Cashew-Kern im Glaskasten wurde verändert. Jetzt musste der Vogel eine Kugel hineinwerfen, die bewirkte, dass der Kern hinaus rollte. Lag nun aber keine Kugel bereit, sondern nur ein Stöckchen oder ähnliches, dann erfasste er seine Untauglichkeit als Werkzeug und beachtete den beliebten Cashew-Kern nicht weiter. Stattdessen machte der Kakadu sich über die weniger leckeren, aber frei herumliegenden Pecannüsse und Pistazien her.


Goffin-Kakadus können sich entscheiden, auf Leckerbissen zu warten

Wenn Goffin-Kakadus die Möglichkeit haben, zwischen leckeren und weniger leckeren Nüssen zu wählen, können sie abwägen und warten. Das klingt zunächst nicht besonders, doch ein Experiment zeigt, wie besonders gerade das für den Vogel ist. Wissenschaftler der Universität in Wien haben sich folgendes ausgedacht. Ein Forscher zeigt dem Kakadu seine beiden Hände - in einer liegt eine Pecannuss, auch lecker - in der anderen ein Cashew-Kern, viel schmackhafter. Nun wird die Hand mit der Pecannuss in Reichweite des Vogels gehalten, die andere Hand mit dem Cashew-Kern aber so weit außerhalb, dass der Kakadu ihn sehen, aber nicht erreichen kann. Er nimmt zunächst die Nuss, an die er leicht herankommt. Das Erstaunliche: er frisst sie nicht gleich auf, sondern behält sie im Schnabel. Er wartet ab, ob er nicht doch noch in den Genuss des anderen, köstlichen Cashew-Kerns gelangen kann. Der Forscher öffnet nun die leere Hand wieder, der Vogel legt die unbeschadete Nuss aus seinem Schnabel wieder zurück. Dann wird ihm die andere Hand nahe gebracht und geöffnet. Jetzt schnappt der Kakadu sich diesen Leckerbissen und frisst ihn sofort auf. Das Warten hat sich gelohnt. Die Wissenschaftler führten diesen Versuch mit 14 Kakadus durch und wirklich alle verhielten sich wie der erste.

Dieses Verhalten und diese Entscheidungsfähigkeit, sowie auch die körperliche Geschicklichkeit sind erstaunlich und ein Beleg für die Leistungs- und Lernfähigkeit dieser Vögel. Ihnen gebührt, wie allen Tieren, Achtung und Respekt. Aber statt immer neue Versuche zu erdenken, um ihre Intelligenz zu testen, sollten Menschen nicht viel eher dafür Sorge tragen, dass die Goffin-Kakadus in ihrer natürlichen Umgebung so leben können, wie sie es gewohnt sind?


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.vogellexikon.de/art.php3?Art=Goffinkakadu

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-20318-2016-06-24.html

http://www.daserste.de/information/wissen-kultur/wissen-vor-acht-natur/sendung-natur/der-nusshandel-der-kakadus-100,html


4. Oktober 2016


Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang