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TIERE/097: Alles für die Biene - und darum kugelrund ... (SB)


Die Bienenkugel



Seit Jahrmillionen wissen die Bienen, welche Behausung für sie geeignet ist

Wie wichtig eine geeignete Bienenbehausung für das Leben und die Gesundheit von Bienenvölkern ist, wird deutlich, wenn man diejenigen beobachtet und ihre Gewohnheiten erforscht, die am besten wissen, was für sie gut ist: die Bienen! Sie suchten sich schon vor Jahrmillionen Orte für den Nestbau aus, die ihren Anforderungen entsprachen und ihre Fortpflanzung sicherten.


Eine Biene sitzt auf einer Blüte. Blütenstaub rieselt auf sie nieder und bleibt in ihrem Haarkleid hängen - Foto: © 2012 by Schattenblick

Foto: © 2012 by Schattenblick


Energiesparen durch gute Eigenschaften des Baumholzes

Bienen bauen ihr Nest gern in Baumhöhlen toter Bäume oder auch in am Boden liegenden hohlen Baumstämmen. Dieses Holz hat den Vorzug, viel Wasser aufnehmen zu können, ohne dass sich dabei Schimmel bildet. Das ist wichtig, weil Bienen durch Schimmelpilze erkranken können. Außerdem isoliert das dicke Holz der Baumhöhlen gut, sowohl gegen Hitze als auch gegen Kälte. Relativ gleich bleibende Temperaturen halten den Energieverbrauch der Bienen niedrig. Denn wenn es zu kalt wird, müssen die Bienen für Wärme sorgen, damit die konstante Stocktemperatur von 35 Grad Celsius erhalten bleibt. Wie sie das machen? Sie bewegen ganz schnell, einem Zittern gleich, ihre Flugmuskulatur, die dabei bis zu 44 Grad Celsius heiß werden kann. Diese Wärme geben sie dann an die Brutzellen weiter. Dazu legen sie sich mit ihrem warmen Brustteil auf den Deckel einer Brutzelle. Noch besser kann die Wärme weitergegeben werden, wenn die heißen Bienen in eine leere Brutzelle zwischen den anderen schlüpfen. Auf diese Weise kann sie bis zu 70 Bienenpuppen in den umliegenden Brutzellen wärmen.

Natürlich strengt das diese sogenannten 'Heizerbienen' sehr an, und sie müssen viel Honig verzehren, um ihre Aufgabe erledigen zu können. Honig, den sie eigentlich hauptsächlich als Vorrat für den Winter benötigen. Doch das Wärmen der Brut ist das Wichtigste für die Bienen. Die von den Bienen erzeugte Hitze wird auch genutzt, um den Honig einzudicken, was bedeutet, dass ihm dabei Wasser entzogen wird. Außerdem dient sie dem Wabenbau, denn die Wände bestehen aus Bienenwachs und das ist in warmem Zustand leichter formbar.

Steigt die Temperatur in der Bienenbehausung zu sehr an, müssen die Bienen für Abkühlung sorgen. Zunächst suchen sie den heißesten Bereich auf und lassen sich dort nieder. Sie nehmen die Hitze auf und legen sich dann auf kühlere Orte im Stock, wo sie diese Wärme wieder abgeben. Doch oft reicht das nicht aus. Dann fliegen Sammlerinnen nach draußen und nehmen Wasser aus Pfützen, Bächen oder sonstigen Wasserstellen auf und transportieren es in ihrer Honigblase in den Bienenstock. Dort würgen sie es hoch und verteilen es auf der Oberfläche der Waben. Sie beginnen mit ihren Flügeln zu fächeln. Das Wasser verdunstet und es entsteht dabei eine Verdunstungskühle. Die Stocktemperatur sinkt wieder auf die angemessenen 35 Grad Celsius ab. Auch in diesem Fall ist es von Vorteil, wenn ihr Nest gut isoliert ist und gar nicht erst durch Sonneneinstrahlung zu sehr erhitzt wird, denn auch das Flügelschlagen zum Kühlen strengt die Bienen sehr an und kostet Energie.

An diesen Beispielen ist gut zu beobachten, welche Bedeutung das richtige Material einer Bienenbehausung hat. Aber das ist noch nicht alles. Baumholz bietet auch anderen winzigen Tieren einen Lebensraum. In den kleinen Rissen und Vertiefungen bauen sie ihre Nester. Hier lebt beispielsweise der nur wenige Millimeter kleine Bücherskorpion, der auch in unseren Wohnungen zu finden ist. Dort vertilgt er Hausstaubmilben, die bei vielen Menschen Allergien auslösen. In der Bienenbehausung ernährt er sich von Varroamilben. Er kann durchaus 6 bis 8 von ihnen am Tag verspeisen. Für die Bienen ist das auf jeden Fall gut, denn diese Varroamilben sind ihre Todfeinde.

Wie im zweiten Teil dieser Reihe "Alles für die Bienen - nicht für den Zivilgebrauch ..." bereits beschrieben, sind die heute üblichen Bienenkästen aus dünnem Holz oder Hartschaum eigentlich keine ideale Behausung für die Bienen. Viele Bienenvölker sind geschwächt, das weltweite Bienensterben konnte noch nicht gestoppt werden. Das hat vielen Wissenschaftlern verdeutlicht, wie dringlich ein Eingreifen vonnöten ist, um ein weiteres Massensterben zu verhindern.


Kann eine neuartige Bienenbehausung die Bienen retten?

Drei Männer arbeiten seit rund 10 Jahren an einer bienengerechten Behausung. Der Gießereitechniker und Hobbyimker Andreas Heidinger, Erfinder und Entwickler der Bienenkugel, kam auf die Idee durch seinen Beruf. Er beobachtete, dass runde Körper die Wärme besser halten als eckige. So eine Form müsste doch auch für einen Bienenstock von Vorteil sein, denn schließlich bauten die Bienen ursprünglich ihr Nest in Baumhöhlen und die waren rund. Doch kugelförmige Bauteile aus Holz zu konstruieren ist nicht einfach. Mit einem speziellen Computerprogramm gelang es Andreas Heidinger schließlich, eine geeignete Bauform zu entwickeln. In Zusammenarbeit mit dem Bienenforscher Prof. Jürgen Tautz und dem Hamburger Biologen Torben Schiffer konnte diese Bauweise immer weiter verbessert werden, bis endlich die sogenannte HOBOsphere Bienenkugel fertig war.

Sie wollten möglichst bienengemäß vorgehen. Als Baumaterial wählten sie Totholz von abgestorbenen Bäumen oder Teile davon, wie starke Äste. Die Kugelwände sind ziemlich dick. Genau wie die ursprünglichen Baumhöhlen, ermöglichen sie eine gute Isolation gegen Hitze und Kälte und können die Feuchtigkeitsentwicklung entsprechend ausgleichen. In der Bienenkugel gibt es keine feuchten Ecken in denen sich Kondenswasser sammelt und wo in der Folge Schimmelpilze wachsen können. Das wirkt sich sehr gut auf die Bienengesundheit aus. Beobachtungen zeigen, dass die Tiere ruhiger und entspannter sind, weil sie nicht mehr in der Not sind, so viel zu heizen oder zu kühlen.


Die Zeichnung zeigt einen dickwandigen Holzkasten, in dessen Innenraum viele runde Holzrahmen kugelförmig angeordnet sind. Diese Rahmen dienen den Bienen als Fläche für den Wabenbau - Foto: &copy 2016 by Schattenblick

Foto: &copy 2016 by Schattenblick


Auch der Bücherskorpion soll sich in der Bienenkugel zu Hause fühlen

Prof. Jürgen Tautz und Herr Torben Schiffer gehen davon aus, dass sich in so einer Bienenkugel auch der Bücherskorpion wohlfühlen wird. Sie wollen ihn nun züchten und später dann in die Bienenvölker einsetzen, wo er möglichst viele Varroamilben vertilgen soll. Vielleicht gelingt es auf diese Weise, wenigstens einen Verursacher des Bienensterbens einzudämmen.

An den Entwicklungen der kastenförmigen, dünnwandigen Bienenbehausungen wird beispielhaft der Umgang des Menschen mit Nutztieren deutlich. Nicht ihr Wohl steht im Vordergrund, sondern die Überlegungen, wie man ihnen Milch, Eier oder Honig am besten und bequemsten, wie auch in möglichst großer Menge, abnehmen kann. Die hohe Ausbeute ist wichtiger als die Tiergesundheit. Das Schicksal der Bienen zeigt, dass diese Vorgehensweise auch schwerwiegende Folgen für den Menschen selbst haben kann. Denn durch das Fehlen der Bienen und ihre Arbeit beim Bestäuben der Pflanzen kommt es zu gewaltigen Ernteausfällen. Die ersten kleinen Schritte, das Bienensterben zu verhindern sind vielleicht mit dem Bau der Bienenkugel getan.


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.bee-careful.com/de/initiative/die-hobosphere-bienenkugel/

http://worldofbee.jimdo.com/bienenkugel/

http://www.die-umwelt-akademie.de/index.php/veranstaltungen/rueckblick/biodiversitaet-rueckblick/513-baubiologie-symbiosen-und-gesunde-bienen-die-hobosphere-bienenkugel

http://www.deutschlandfunk.de/bienenplage-buecherskorpion-gegen-varroamilbe.676.de.html?dram:article_id=281477


9. November 2016


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