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WISSENSDURST/029: Himmelsleiter Wissenschaft - Politik, die unbekannte Größe ... (SB)


Himmelsleiter Wissenschaft - Politik, die unbekannte Größe ...


Stefan und Ben haben herausgefunden, dass viele technische Geräte, aber auch andere Produkte des alltäglichen Gebrauchs, nicht besonders lange einwandfrei funktionieren und sogar recht schnell kaputtgehen. Bei ihren Nachforschungen entdeckten sie, dass es aber durchaus technisch möglich ist, langlebige Produkte herzustellen. Sie sind zu folgender Überlegung gekommen:

Wenn man davon ausgehen würde, dass alle Dinge so hergestellt werden, dass sie möglichst lange zu benutzen sind, vielleicht 30 bis 50 Jahre, dann ergibt sich für die Herstellerfirmen ein Problem. Sie wollen möglichst viel Ware verkaufen, aber vermutlich befindet sich in jedem Haushalt schon ein Kühlschrank, eine Waschmaschine, ein Fernseher, ein Staubsauger, Küchengeräte und dergleichen mehr. Stefan und Ben haben sich nun gedacht, dass es für einen Fabrikanten nur logisch wäre, wenn er selbst dafür sorgt, dass ein Bedarf an neuen Geräten entsteht. Eine Möglichkeit wäre, Produkte von minderer Qualität und begrenzter kurzer Lebensdauer herzustellen. Sie entdeckten viele Hinweise darauf, dass es sich tatsächlich so verhalten könnte. Das ärgerte die beiden auch deswegen besonders, da bei einer solchen Vorgehensweise viele Rohstoffe verschwendet werden, ebenso Energie und Wasser.


Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © 2012 by Schattenblick

Grafik: © 2012 by Schattenblick

Ben: "Ich habe gestern noch mal überlegt, in welchen Ländern eine auf schnellen Verschleiß ausgerichtete Produktionsweise sinnvoll wäre ..."

Stefan: "... und zu welchem Schluss bist zu gekommen?"

Ben: "Zunächst einmal macht es doch Sinn in den Ländern, wo vermutlich die meisten Menschen schon fast alles besitzen. Ich denke da an die USA oder Kanada, Japan, Frankreich oder England, also die sogenannten Industrienationen. Aber eigentlich ist es aus Sicht eines Herstellers, der möglichst viel herstellen und verkaufen will, doch immer besser, wenn seine Produkte nicht so lange brauchbar sind, ganz gleich in welchem Land er produziert - oder was meinst du?"

Stefan: "Ja, da hast du wohl recht. Warte mal, wenn ich es recht überlege, wir leben zwar in einem reichen Land, haben aber trotzdem nicht gerade viel Geld. Na ja, also, ich stelle mir vor, ich hätte zum Beispiel auf einen Fernseher gespart, den ich mir dann endlich kaufen kann. Wenn der nach kurzer Zeit nicht mehr richtig funktioniert oder gar kaputtgeht, wäre ich stinksauer."

Ben: "Ob es hierzulande noch mehr Menschen gibt, die mit diesem raschen Kaputtgehen, dem Wegwerfen und Neukaufen nicht einverstanden sind?"

Stefan: "Da fällt mir etwas ein. Gestern Abend hat meine Mutter von einem neu eröffneten Repair-Café erzählt?"

Ben: "Ein was?"

Stefan: "Also, ein Ort, an dem Leute kaputte Sachen reparieren können. Bei uns in der Nähe, zwei Häuserblocks weiter, gibt es ein solches 'Repair-Café'. Meine Mutter meint, dass wir dort bestimmt Leute treffen, die auf unsere Fragen antworten können."

Ben: "Wollen wir dahin gehen?"

Stefan: "Jetzt gleich?"

Ben: "Nun ja, es ist früher Nachmittag ..."

Stefan: "Okay, dann los!"

Die beiden Jungs schnappten sich ihre Fahrräder und radelten zu besagtem Repair-Café. Als sie die Ladentür öffneten, schepperte eine alte Türglocke über ihren Köpfen. Sie betraten einen hellen Raum mit einem kleinen Ausschank und drei runden Tischen. Im Durchgang wuselten Leute hin und her, lachten und riefen sich etwas zu. Stefan und Ben waren ziemlich beeindruckt. Auf den Tischen und in den Regalen lagen die verschiedensten Werkzeuge herum. Große und kleine technische Geräte befanden sich im Reparaturmodus, halb aufgeschraubt, das Innenleben nach außen gekehrt; Lötkolben, mit denen geschickte Hände gebrochene Teile zusammenfügten, Schrauben und Muttern, Drähte und Klemmen, kleine Hämmer und Schraubenzieher - ein buntes lebendiges Gewirr aus Menschen, Maschinen, Werkzeugen, Materialien, Stoffen und vielem mehr, in einer Atmosphäre voller Zuversicht. Eine junge Frau näherte sich den beiden Neuankömmlingen und begrüßte sie freundlich.

Leute sitzen und stehen an Tischen mit Werkzeugen und Geräten - Foto: by Ilvy Njiokiktjien (Stichting Repair Café) [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Foto: by Ilvy Njiokiktjien (Stichting Repair Café) [CC BY-SA 3.0
(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Frau: "Guten Tag. Zum ersten Mal hier? Wie kann ich helfen?"

Ben: "Hallo, ja, also, wir wollten uns eigentlich nur einmal so ein Repair-Café anschauen, da wir keine Ahnung hatten, dass es so etwas überhaupt gibt."

Frau: "Ja, und warum interessiert euch das? Habt ihr ein kaputtes Tablet, Handy oder ein Fahrrad, das klappert?", lachte sie freundlich.

Stefan: "Nein, wir beschäftigen uns gerade mit Energiegewinnung und Rohstoffverbrauch und sind dabei auf die kurzlebigen Geräte gestoßen ..."

Die Frau legte ihren Kopf schief und es war ihr anzusehen, dass sie noch nicht ganz begriff, was die Jungs eigentlich wollten. Sie wartete aber ab, ob Stefan sein Anliegen noch weiter ausführen wollte.

Stefan: "Also, noch mal von vorn. Wir haben herausgefunden, dass Geräte oft so gebaut werden, dass sie nach einer bestimmten, eher kurzen Zeit, nicht mehr funktionieren - und dass das absichtlich so gemacht wird ..."

Ben: "... und dann müssen sie neu gebaut werden, was wieder Rohstoffe, Wasser und Energie verbraucht. Wir denken, dass es möglich sein muss, eine solche Produktionsweise zu verhindern."

Stefan: "Da Sie hier alles reparieren, dachten wir uns, dass Sie vielleicht auch sauer darüber sind und nicht einfach immer gleich alles wegwerfen wollen. Vielleicht könnten Sie uns einige Fragen beantworten?"

Frau: "Ja, sicher, gern. Die Leute, die den Reparierfreudigen mit Rat und Tat zur Seite stehen, arbeiten alle ehrenamtlich hier, das heißt, sie bekommen keinen Lohn und machen das aus Idealismus. Genau wie ihr, sehen sie nicht ein, warum so verschwenderisch mit Energie und Rohstoffen umgegangen wird. Ich denke mal, ihr könnt euch hier in aller Ruhe durchfragen."

Stefan und Ben waren doch ziemlich erstaunt, wie viele Menschen sich über diese Verschleißproduktion, wie einige es nannten, ärgerten und nach Abhilfe suchten. Außerdem wussten sie, dass es auch in Deutschland immer mehr arme Leute gibt, und wenn die sich von dem wenigen Geld, das sie entbehren können, günstig ein Gerät kaufen, das dann nach kurzer Zeit kaputtgeht, ist das total ärgerlich. An einem solchen Ort könnten sie wenigsten versuchen, schadhafte Geräte wieder zum Laufen zu bringen. Stefan und Ben schauten sich noch eine Weile in dem Repair-Café um und schlenderten dann nachdenklich nach Hause.

Ben: "Das ist ja alles gut und schön, aber mich wurmt, dass von den Erwachsenen an den entscheidenden Stellen, die Möglichkeiten der Herstellung langlebiger Produkte nicht wahrgenommen wird. Für mich sieht das so aus, als würde gar nicht die Absicht bestehen, etwas zu verbessern ..."

Stefan: "... tja, und das Ganze funktioniert, weil die Sachen auch gekauft werden ..."

Ben: "Du liebe Güte, ich glaube wir sind hier auf ein gewaltiges Problem gestoßen."


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.topprodukte.at/de/News-Detail/Langlebige-reparierbare-Elektrogeraete-ganzheitliches-Produktdesign-schont-die-Umweltressourcen-und-vermeidet-unnoetige-Abfallpr.html

http://www.finanzen.net/nachricht/aktien/InoTec-Erfolg-mit-langlebigen-Produkten-Alternativen-zur-Wegwerfgesellschaft-FOTO-4735729

http://ddr-design.info/3-7-wie-sich-langlebige-produkte-verkaufen-lassen/


11. April 2016


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