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WISSENSDURST/036: Himmelsleiter Wissenschaft - CO2-Gehalt nicht ohne ... (SB)




Ben und Stefan - Buntstiftzeichnung: © by Schattenblick

Grafik: © by Schattenblick

Stefan und Ben hatten herausgefunden, dass die Herstellung von Bio-Sprit (Bio-Diesel) den CO2-Ausstoß weltweit erhöht statt zu seiner Verringerung beizutragen und deswegen überhaupt nicht umweltfreundlich sein kann, wie behauptet wird. Doch was richtet der steigende CO2-Gehalt in der Atmosphäre eigentlich an? Wie wirkt sich die Erderwärmung auf das Leben aus. Was geschieht mit den Böden, den Eisgebieten, der Luft und den Meeren?

Es traf sich gut, dass Bens Vater gerade Besuch von einem ehemaligen Studienkollegen und dessen Tochter bekam, die als Geologin die Entwicklung der Gletscherschmelze in Grönland untersucht.

Ben hatte Stefan sofort angerufen, als er von dem Besuch von Herrn Sören Nilsen und seiner Tochter Karin erfuhr.

Ben: "Stefan, das ist die Gelegenheit mit jemanden zu sprechen, der sich mit dem Eisschmelzen auf Grönland wissenschaftlich befasst. Mein Vater meint, dass Herrn Nilsens Tochter Karin bestimmt bereit wäre, mit uns zu sprechen. Sie ist zwar schon etwas älter, so 29, glaube ich, aber ich denke, das wird schon gut gehen, ich meine, sie wird uns schon ernst nehmen."

Stefan: "Mann, das hört sich doch gut an, ich bin dabei."

Ben: "Gut, dann bis morgen nachmittag und überleg' dir auch schon mal ein paar Fragen."

Stefan: "Klar, doch. Also, bis dann."


Die weiße Eisfläche lässt nur einen schmalen dunklen Rand um die Insel herum frei - Foto: 2005 by NASA, gemeinfrei, Eiskarte aus dem All, via Wikimedia Commons

Eiskarte aus dem All. Der allergrößte Teil Grönlands ist mit Eis bedeckt
Foto: 2005 by NASA, gemeinfrei, Eiskarte aus dem All, via Wikimedia Commons

Am nächsten Nachmittag saßen alle beieinander und es stellte sich heraus, dass Karin nicht nur Geologie studiert, sondern sich als Glaziologin, quasi als Eisforscherin, spezialisiert hat. Zudem lebte sie als Kind lange Zeit in Grönland bei ihren Großeltern und wusste von daher viel über Land und Leute. Nachdem sie alle ausgiebig Kaffee und Kuchen genossen hatten, trauten sich Stefan und Ben ein Gespräch mit Karin zu beginnen.

Ben: "Sicherlich haben Sie schon gehört ..."

Karin: "Ihr könnt ruhig du zu mir sagen."

Ben: "Okay, das finde ich toll, also, sicher hast du schon gehört, dass Stefan und ich gerade der Frage nachgehen wollen, wie sich die Erderwärmung auf das Grönlandeis auswirkt und welche Folgen das hat."

Stefan: "Meine Frage wäre, weiß man, warum das Eis heute schneller schmilzt als in früheren Zeiten?"

Karin: "Es gibt mehrere Faktoren, die das Schmelzen des Eises bewirken. Doch in allen Fällen spielt die Erderwärmung dabei eine Rolle. Die subtropischen Gewässer werden wärmer und mit dem Golfstrom nordwärts getrieben. Was sich eigentlich als gut und notwendig für das Klima im Norden erwies, wird nun durch das wärmere Wasser zum Auslöser für das Schmelzen der Gletscher. Das Verhältnis von kalten nordischen Gewässern und dem Golfstrom hat sich verschoben, die Wärme überwiegt. Das Problem dabei ist, dass warmes Wasser das Eis bis zu 20-fach schneller zum Schmelzen bringen kann als warme Luft."

Stefan: "Was geschieht dann mit den Gletschern? Ich habe im Fernsehen gesehen, wie große Stücken Eis einfach abbrechen und ins Meer fallen."

Karin: "Also, die Gletscher bestehen aus zusammengedrücktem Schnee. Dazwischen sind auch Schichten mit Eis, das bläulich schimmert, deshalb sprechen wir von weißem und blauen Eis. Und von so einem Gletscher ragt nur etwa 1/8 aus dem Meer, die restlichen 7/8 liegen unter der Wasseroberfläche. Hier taut nun das relativ wärmere Wasser das Eis von unten, es wird instabil, also weicher und das oberere Eis rutscht förmlich daran runter und gleitet oder stürzt ins Meer."

Ben: "Wie hoch muss ich mir denn einen Gletscher vorstellen?"

Karin: "Die können schon bis zu 150 Meter aus dem Meer ragen, dann kannst du dir ausrechnen, wie viel Meter sie unter Wasser hinab reichen, einfacher Dreisatz ..."

Ben: "Das ist ja noch viel höher als die Elbphilharmonie, habe grad' im Fernsehen gehört, dass die 110 Meter hoch sein soll ..."

Stefan: "Moment, ich hab 's gleich, 1/8 ist gleich 150 Meter und 7/8 gleich x Meter, also, Bruchrechnung, unten rauskürzen und, eh, das wären dann 1050 Meter, praktisch über 1 Kilometer!"

Karin: "Ich bin beeindruckt, du bist gut in Mathe, ja?"

Ben: "Das bedeutet also, dass so ein Bruchstück schon mal so 1200 Meter hoch und wahrscheinlich unvorhersehbar dick sein kann. Ist das dann die Menge Wasser, also wenn das Eis geschmolzen ist, die den Meeresspiegel ansteigen lässt?"

Karin: "Ja, das kann man so sagen. Was noch hinzu kommt ist, dass die Gletscher am Rande von Grönland das sogenannte Inlandeis zurückhalten, das heißt, sie dienen dem Eis, das das ganze Land bedeckt quasi als Puffer zum Meerwasser. Wenn die Gletscher schmelzen, fällt dieser Puffer, dieser Schutz, fort. Auch das Inlandeis beginnt aufgrund der höheren Lufttemperaturen zu schmelzen und hier und da bilden sich kleine Schmelzwasserseen, die gut vom Flugzeug aus zu erkennen sind. Ihr Wasser fließt in Eisspalten in die Tiefe und unterspült die Gletscher, die daraufhin dann praktisch ins Meer rutschen. Das würde aber nochmals zu einem gewaltigen Anstieg des Meeresspiegels führen. Diese Entwicklungen zusammengenommen führen dazu, dass das Abschmelzen des Eises auf Grönland viel schneller vor sich geht, als bisherige Berechnungen glauben machten. Allerdings gibt es keine genauen Vorausberechnungen, aber wenn man bedenkt, dass innerhalb von 4 Jahren die Gletscher bis zu 12 Kilometer zurückgegangen sind, mittlerweile spricht man schon von einem Zurückweichen um 15 Kilometern, kann einem das schon Sorgen machen."

Ben: "Du sagtest, dass es noch mehr Faktoren gibt, die zum Schmelzen des Eises führen. Welche sind das?"

Karin: "Immer mehr Eisflächen verfärben sich dunkel bis schwarz. Untersuchungen haben ergeben, dass Algen dafür verantwortlich sind, winzige Algen, die sich auf der Oberfläche des Eises ansiedeln. Durch die Klimaerwärmung und die steigenden Lufttemperaturen hat sich ihr Wachstum explosionsartig entwickelt und es wurden mehr und mehr Flächen von ihnen bedeckt."

Stefan: "O je, und die dunkle Färbung führt dazu, dass das Eis die Sonnenstrahlen, also ich meine, die Wärme aufnimmt, so wie der schwarze Golf von meinem Onkel. Im Sommer wird das Blech total heiß."

Karin: "Genau. Man sagt, die dunkle Färbung des Eises absorbiert die Wärmestrahlung und fördert den Schmelzvorgang. Das weiße Eis hingegen reflektiert das Sonnenlicht, beziehungsweise die Wärmestrahlung und die Eismassen bleiben kalt."

Ben: "Und an all dem sind diese winzigen Algen schuld?"


Das ursprüngliche Weiß der hohen Gletscherwand ist von schwarzen Linien und Flecken durchzogen - Foto: 2010 by Chmee2/Valtameri (Own work) [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Der Russel-Gletscher im Sommer 2010. Die Eisflächen werden durch Staub, Ruß und Algenbewuchs immer dunkler
Foto: 2010 by Chmee2/Valtameri (Own work) [CC BY 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Karin: "Ja, aber nur zum Teil, denn die weltweite Luftverschmutzung macht auch vor Grönland nicht halt. Feinstäube und Ruß, der durch große Brände und durch das gezielte Verbrennen von Biokraftstoffen, wie beispielsweise Holz, entsteht, werden durch die Luftströmungen bis ins grönländische Eis getragen und lagern sich dort auf der weißen Eisoberfläche ab. Ruß beschleunigt also das Schmelzen der Eisdecke ebenfalls."

Stefan: "Was meinst du, wie schnell wird das Grönlandeis tauen und um wie viel wird dadurch der Meeresspiegel ansteigen?"

Karin: "Darüber gibt es verschiedene Meinungen und Berechnungen. Sollte das gesamte Inlandeis Grönlands aufgrund der anhaltend steigenden Temperaturen geschmolzen sein, so wird mit einem Anstieg des Meeresspiegels von sechs bis sieben Metern gerechnet und ..."

Stefan: "Wie bald geschieht das denn?"

Ben: "Moment mal, ich habe doch kürzlich gelesen, dass in dem Grönlandeis ganz viel Süßwasser, also Trinkwasser gespeichert ist, also, gefroren ist. Wenn das ins Meer gelangt wird es doch salzig oder. Geht es dann nicht als Trinkwasserreserve verloren?"

Stefan: "Wird denn überhaupt kein neues Eis mehr entstehen?"

Karin: "Langsam, langsam. Ich denke, wir sollten uns lieber noch einmal treffen und ich will versuchen eure Fragen zu beantworten. Aber so wie ich das sehe, wird sich vor übermorgen keine Möglichkeit dazu ergeben. Merkt euch, was ihr noch wissen wollt, dann sehen wir weiter."

Stefan: "Ehrlich? Das wäre toll."

Ben: "Ja, super, ich begreife noch so einiges nicht."

Karin: "Na, du wirst sehen, weder ich noch die meisten meiner Forscherkollegen würden von sich behaupten, genau Bescheid zu wissen und sicher sagen zu können, wie sich alles genau entwickeln wird. Aber, wie gesagt. Wir treffen uns am besten wieder hier, wenn 's recht ist."

Ben: "Einfach total nett von dir, wir freuen uns. Also dann erst mal, tschüß.

Fortsetzung folgt ...


Diesem Artikel liegen folgende Quellen zugrunde:

http://www.sueddeutsche.de/wissen/glaziologie-das-grosse-schmelzen-1.3393667

http://www.greenland.com/de/rund-um-groenland/natur-klima/klimawandel

http://www.gletscher-info.de/wissenschaft/suesswasserreservoir.html


19. September 2017


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