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ARCHITEKTUR/033: Konzept eines Konzertsaals für Raummusik - der "gehörte" Raum (idw)


Universität Stuttgart - 16.09.2010

Konzept eines Konzertsaals für Raummusik - Der "gehörte" Raum


Neue Arten von Konzert-Inszenierungen setzen eine besondere architektonische Gestaltung des Aufführungsortes voraus. Bei der sogenannten Raummusik sitzt das Orchester beispielsweise nicht wie bisher auf einem Podium, sondern die Instrumentalisten sind an mehreren Stellen des Konzertsaales platziert. Am Institut für Darstellen und Gestalten (IDG) der Fakultät Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart forschen Wissenschaftler über Bild- und Raumwahrnehmungen, insbesondere mit der Fragestellung, wie das menschliche Bewegungsverhalten im Raum visuell und auditiv exakt nachgewiesen werden kann. Die Wissenschaftlerin Meryem Cengiz am IDG hat nun im Rahmen dieses Themenbereichs ein Konzept für einen völlig neuartigen Konzertsaal entworfen. Der Prototyp ist speziell an die Anforderungen für Inszenierungen von Raummusik angepasst.

Unter Raummusik versteht man Veranstaltungen, bei denen sich nicht nur die Spieler im Raum bewegen können, sondern auch das Publikum die Möglichkeit hat, sich während der Aufführung im Saal zu bewegen, um so die räumliche Entfaltung der Klangqualitäten zu erfahren. Zudem sollte die Anzahl der Spieler und ihre Anordnung stark variieren können.

Unterstützt von dem Architekten Prof. Erwin Herzberger vom IDG und dem Musikwissenschaftler Prof. Markus Stange von der Musikhochschule Karlsruhe hat sich Meryem Cengiz in ihrer Diplomarbeit nach umfangreicher Recherche bestehender Musiksäle mit neuen Konzepten für Aufführungsräume befasst. Von Fabrikhallen mit relativ schlechter Akustik abgesehen, gibt es bisher kaum räumliche Möglichkeiten für die neuartigen Inszenierungen. Ihr Ziel war es deshalb, einen architektonischen Raum nach neuesten Erkenntnissen der Raumakustik zu entwerfen, der sich nicht nur für herkömmliche konzertante Aufführungen, sondern insbesondere für Raummusik eignet.

Um diesen Vorgaben gerecht zu werden, befinden sich bei dem von der Wissenschaftlerin entwickelten Prototyp im mittleren Bereich des Saales drei variable, in der Höhe verstellbare Bühnen für Musiker, während sich der Publikumsbereich über vier Ebenen in unterschiedlichen Höhen erstreckt. Zudem ist es möglich, das Publikum in der Mitte zu platzieren und die Musiker auf den Rängen. Da die Ebenen untereinander bandartig verbunden sind, können alle Bereiche vom Publikum und von den Musikern erreicht werden. Infolge dieser Anordnungen muss der architektonische Raum ein optimiertes System der Schallausbreitung sein und Reflektionen an allen Stellen der Raumkanten leisten. Der Prototyp erreicht dies durch konvex und konkav geschwungene Raumkanten und ist in dieser Art der Gestaltung absolut innovativ und einmalig. Die auf diese Weise optimierte Schallreflektion wurde durch ein Messverfahren im Computerlabor der Fakultät nachgewiesen. Mithilfe der am Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart entwickelten Software COVISE konnte die räumliche Ausbreitung des Schalls dargestellt und gleichzeitig durch die quadrophone Technikausstattung hörbar gemacht werden. Diese Simulationstechnik macht es möglich, den Musiksaal mit einer 3D-Brille virtuell zu begehen und das jeweilige Hörerlebnis simultan von allen Stellen des Saales zu erfahren und die Klangqualität zu überprüfen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution80


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Stuttgart, Andrea Mayer-Grenu, 16.09.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. September 2010