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GEGENWIND/648: Aktuelle Flüchtlingspolitik - Geld, keine Prinzipien


Gegenwind Nr. 327, Dezember 2015
Politik und Kultur in Schleswig-Holstein

Aktuelle Flüchtlingspolitik: Geld, keine Prinzipien Landesregierung Schleswig-Holstein ohne Position

von Reinhard Pohl


Die Zahl der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, nimmt zu. Gründe dafür sind vor allem die Verschärfung der Kriege in Afghanistan, Irak und Syrien. Es ist aber auch das Ausbleiben internationaler Hilfe für die Flüchtlingslager in den Nachbarländern der Kriegsgebiete. Während die Bundeskanzlerin bei den ersten Prognosen im Sommer, es würden über eine Million Flüchtlinge kommen, noch versicherte "Wir schaffen das", gibt es jetzt starke Strömungen in CDU und CSU, die das gar nicht schaffen wollen. Sie nutzen die Ankunft der Flüchtlinge, um das Asylrecht zu verschärfen.


Die Verschärfungen betrafen bei den Rechtsänderungen zum 1. August und 24. Oktober vor allem die Roma, die aus den ehemaligen Republiken Jugoslawien sowie aus Albanien kommen. Diese Herkunftsländer wurden zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklärt, was natürlich alle Asylanträge aus diesen Ländern betraf, aus denen zu einem Drittel Roma, zu zwei Dritteln andere Flüchtlinge kommen. Das bedeutet zunächst, dass Asylanträge praktisch automatisch als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden. Gleichzeitig wurden die Bedingungen für diese Abgelehnten verschärft. Bekamen sie bisher eine Ausreiseaufforderung und eine Abschiebeandrohung und konnten damit "freiwillig" zurückkehren, ohne weitere Sanktionen befürchten zu müssen, bekommen sie jetzt eine einjährige Einreisesperre für ganz Europa bereits mit der Ablehnung. Außerdem sollen sie bis zum Ende des Asylverfahrens in der Erstaufnahme bleiben und nicht mehr auf die Kreise verteilt werden.

Geplant ist schon die nächste Verschärfung: Es sollen eigene Auffanglager gebaut werden, die nur für Geflüchtete aus den sechs Balkan-Staaten da sind. So jedenfalls die Vereinbarung der großen Koalition. Das Innenministerium hat diesen Ansatz im Referentenentwurf zum "Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren" enorm ausgeweitet. Danach sollen in diese Lager auch diejenigen, bei denen schon beim "Asylgesuch" (also dem ersten Gespräch mit einem Polizisten) vermutet wird, dass sie keine richtigen Asylgründe haben, alle die "falsche Angaben" machen, alle die Dokumente beseitigen, alle die "widersprüchliche" Angaben machen, alle die einen Folgeantrag stellen, alle die mit dem Asylantrag eine Abschiebung verzögern wollen, alle die schon hier sind, aber für eine längere Zeit den Asylantrag nicht gestellt haben, alle die sich keine Fingerabdrücke abnehmen lassen wollen, alle die die öffentliche Ordnung gefährden.


Zahlen

Während im Jahr 2010 "nur" 1.328 Flüchtlinge in Schleswig-Holstein aufgenommen wurden, waren es 2012 bereits 2.277. 2014 waren es 7.620 Flüchtlinge im ganzen Jahr.

In diesem Jahr kamen bereits im Januar 1.087, im Februar dann 1.262 - also in einem Monat so viele wie vor fünf Jahren im gesamten Jahr. Im Juli waren es dann 2.206, im August 5.600, im September über 10.000, im Oktober rund 8.800. Auch im November wird die Zahl von 10.000 in Schleswig-Holstein aufgenommenen Flüchtlingen überschritten. Vermutlich werden es bis zum Jahresende zwischen 55.000 und 60.000 Flüchtlinge sein, bundesweit also mehr als 1,5 Millionen.


Erstaufnahme

Die verschiedenen Erstaufnahmeeinrichtungen, zur Zeit etwas mehr als ein Dutzend, haben rund 12.600 Plätze. Bis zum Jahresende will die Landesregierung noch einmal so viele Erstaufnahmeeinrichtungen schaffen, dann sollen 25.000 Plätze zur Verfügung stehen. So soll gewährleistet sein, dass im Winter für alle Flüchtlinge sichere Quartiere zur Verfügung stehen und keine Zelte aufgebaut werden müssen.


Verteilung auf die Kreise

Das "Landesamt für Ausländerangelegenheiten" wurde zwar auf dem Papier auf fünfmal so viele Stellen aufgestockt, dafür müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber erstmal gefunden und eingestellt werden. Bereits im Sommer waren die vorhandenen MitarbeiterInnen mit der Aufnahme so überlastet, dass die Weiterverteilung auf die Kreis (eigentlich nach sechs Wochen Aufenthalt in der Erstaufnahme geplant) überhaupt nicht mehr klappte.

So wurden PolizeibeamtInnen abgeordnet, die Verteilungsbescheide zu schreiben und auszudrucken. Während im September und Oktober rund 2.500 Flüchtlinge pro Woche kamen, konnten so immerhin 1.000 Flüchtlinge pro Woche weiterverteilt werden. Vor dem Winter will die Landesregierung diesen Bereich so organisieren, dass sehr viel mehr Flüchtlinge weiterverteilt werden können. Einige Kreise rechnen damit, im November und Dezember so viele Flüchtlinge zugewiesen werden wie in den ersten zehn Monaten dieses Jahres.


Konzept?

Eigentlich hatte die Landesregierung auch ein Konzept. So sollten in den Uni- oder FH-Standorten Flensburg, Kiel, Lübeck und Heide neue Erstaufnahmestellen mit jeweils 600 Plätzen gebaut werden. Die Häuser nach dem "Kieler Modell" sollten in Wohngruppen unterteilt sein, jeweils 6 Räume für 12 Flüchtlinge sollten eine Wohngruppe bilden. So sollte der Charakter als Massenunterkunft abgemildert werden, Spannungen abgebaut werden.

Diese Gebäude jeweils auf Hochschulgrundstücken oder geeigneten Grundstücken in der Nähe sind so konzipiert, dass bei zurückgehenden Flüchtlingszahlen eine Nutzung als StudentInnen-Wohnheim möglich ist.

Hier sollten die Flüchtlinge in den sechs Wochen bis zur Verteilung auf die Kreise nicht nur den Asylantrag stellen und die Anhörung hinter sich bringen, es sollte auch eine Aufnahmedokumentation erfolgen: Es sollten mitgebrachte Qualifikationen genauso erfasst werden wie besonderer Bedarf, zum Beispiel durch Kinder, und es sollten Wünsche bezüglich der Verteilung auf Dörfer oder Städte erfasst werden. Außerdem sollten in den sechs Wochen kurze Sprachkurse und Orientierungskurse angeboten werden.

Davon klappt noch fast nichts. Schlimmer noch: Die Pläne für die neu zu bauenden Erstaufnahmeeinrichtungen wurden jetzt klammheimlich "aus Kostengründen" beerdigt, es soll doch bei der Nutzung alter ehemaliger Kasernen und Fabrikgebäuden bleiben. Die schon überplanten Grundstücke sollen den Kommunen überlassen werden, die dort dann kommunale Unterkünfte nach diesem Muster bauen dürfen.

Geplant ist jetzt eine Dreiteilung der Erstaufnahme: Es soll zwei oder drei Erstaufnahmeeinrichtungen geben, in der alle registriert werden, möglichst auch schnell die übrigen Punkte wie mitgebrachte Qualifikationen und Wünsche für die Weiterverteilung erfasst werden. Dann sollen sie (nach drei Tagen?) auf die anderen Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt werden, wo sie "nur" untergebracht werden, bis die Verteilung auf die Kreise klappt. Die dritte Kategorie sind dann Notquartiere wie Turnhallen, die nur in besonderen Situationen genutzt werden.


Bundesregierung: Beschleunigung?

Die im August und Oktober in Kraft getretenen Gesetzesänderungen sollten auch die Asylverfahren beschleunigen. Theoretisch ist allen Fachleuten bekannt, dass von den Flüchtlingen, die zur Zeit kommen, rund zwei Drittel ihr Asylverfahren positiv abschließen und für lange Zeit oder für immer hier bleiben.

Sinnvoll wäre es also, wenn die Verfahren nicht mehr drei oder vier Jahre dauern, sondern höchstens zwei Monate. Dann können noch im ersten Jahr des Aufenthalts Sprachkurse absolviert und Wohnungen bezogen werden, ab dem zweiten Jahr könnte Arbeit gesucht und möglicherweise auch gefunden werden. Wer keine Arbeit findet, findet vielleicht einen Ausbildungsplatz.

Der Inhalt der Gesetzesänderungen sagt das Gegenteil: Die "BüMA", eine Bescheinigung, dass die Inhaberin oder der Inhaber eigentlich einen Asylantrag stellen wollte, aber wegen Überlastung der Behörde nicht konnte, war bisher ein Zettel, gedacht für höchstens drei Tage. Jetzt wird es ein Ausweisersatz, gedacht für bis zu einem Jahr. So lange soll es in Zukunft dauern, bis überhaupt der erste Termin bei der bearbeitenden Behörde zur Verfügung steht. In diesem Jahr passiert ansonsten - nichts.

Die Integrationskurse wurden zwar formell geöffnet, allerdings nur für Flüchtlinge aus Iran, Irak, Syrien und Eritrea. Und nur im Rahmen verfügbarer Plätze. Und nur auf Einzelantrag. Und nur nach Prüfung und Zulassung durch das ohnehin schon hoffnungslos überlastete "Bundesamt für Migration und Flüchtlinge". Das eigentliche Problem, dass die Lehrerinnen und Lehrer so schlecht bezahlt werden, dass die Hälfte von ihnen "Aufstocker" sind und neue Kurse trotz vorhandener TeilnehmerInnen und vorhandener Finanzierung oft daran scheitert, dass keine der LehrerInnen einen weiteren Kurs übernehmen will oder kann, wird nicht einmal angesprochen. Die GEW fordert seit langem, das Honorar der FreiberuflerInnen von zur Zeit 20 bis 25 Euro auf mindestens 30, besser 40 Euro anzuheben. Vergeblich.


Roma raus! Geht noch was?

Die Beschlussfassung zu "sicheren Herkunftsländern" ging als "Tauschgeschäft" über die Bühne: Die Grünen, in Baden-Württemberg stärkste Partei und auch in anderen Ländern an der Regierung beteiligt, forderten Erleichterungen bei der Arbeitserlaubnis. Sie bekamen einen sehr komplizierten Kompromiss mit etlichen Ausnahmen, den bis heute selbst viele Behörden nicht verstanden haben und nicht richtig umsetzen können, vor allem im Bereich Praktika oder Ausbildungsplätzen. Freundeskreise sind oft überfordert, können vor allem fehlerhafte Behördenbescheide kaum erkennen.

Bei der weiteren Verschärfung zu Ende Oktober forderten Grüne als Preis für die Zustimmung, dass der Ersatz von Geldleistungen durch Sachleistungen und die Verschärfung der Residenzpflicht als "Kann"-Bestimmung ins Gesetz kommen - und von der SPD, diese Verschärfungen in den von ihnen gestellten Landesregierungen nicht anzuwenden. Die CDU/CSU versucht jetzt, die Bundeszuschüsse für die Flüchtlingsaufnahme der Länder und Gemeinden an die Umsetzung dieser Verschärfungen zu knüpfen und so die Zugeständnisse nachträglich wieder einzukassieren.

Die Verschärfungen, die im dritten Paket im Dezember beschlossen werden sollen, betreffen unter anderem Kriegsflüchtlinge. Bisher gibt es in diesem Jahr rund 85.000 positive Entscheidungen, davon fast 80.000 "richtige" Anerkennungen: Die Antragstellerinnen bekommen den Flüchtlingsstatus, der mit dem Recht zum Familienachzug und einer schnelleren Einbürgerung verbunden ist.

Seit einiger Zeit hetzen NPD und AFD gegen den Familiennachzug: Angeblich würden bei einer Million Flüchtlinge, die laut den beiden Parteien selbstverständlich anerkannt werden, dann gleich acht Millionen Familienangehörige nachkommen. Das ist natürlich Unsinn, bei rund 80.000 tatsächlichen Anerkennungen kommen innerhalb von zwei Jahren rund 30.000 Personen nach. Allein die deutschen Botschaften in Beirut oder Ankara benötigen 16 Monate, ein Visum zu erteilen. Dennoch haben sich CSU, CDU und SPD darauf geeinigt, für die Kriegsflüchtlinge den Familiennachzug um nochmal zwei Jahre zu verzögern. Anerkannte Kriegsflüchtlinge gibt es zwar 2015 nur rund 1500, und der Familiennachzug wurde erst am 1. August 2015 zu einem Recht auch für sie, aber sei's drum - die Neuwahl des CSU-Vorsitzenden steht an, er braucht Themen für den Stammtisch.

Jetzt dreht aber der CDU-Innenminister Thomas de Maizière auf: Was mit den Roma geklappt hat, könnte mit Syrern auch klappen. Er will das Bundesamt anweisen, sie nicht mehr als "Verfolgte" anzuerkennen - so schlimm sind Assad oder der IS ja nicht. Fassbomben und Köpfen sollen zu normalen Kriegshandlungen erklärt werden, damit können einige Zehntausend Asylanträge mit der schwächeren Anerkennung als "Kriegsflüchtling" enden. Und während man bei Verfolgten an internationale Verträge und EU-Richtlinien gebunden ist, für sie darf der Familiennachzug gar nicht mehr eingeschränkt werden, ist das bei Kriegsflüchtlingen möglich.


Landesregierung Schleswig-Holstein

Die Landesregierung hat mit der "Flüchtlingskonferenz" eine große Ankündigung gemacht: Man wollte "Integration vom ersten Tag" an und sich damit in der Qualität der Aufnahme von Flüchtlingen an die Spitze der Bundesländer setzen.

Umgesetzt wurde von den Ankündigungen bisher wenig. Zum Teil liegt es sicherlich daran, dass sich die Zahl der monatlich aufgenommenen Flüchtlinge inzwischen verfünffacht hat. Aber alle inhaltlichen Punkte, von der Gegnerschaft der bloßen "Erklärung" von Herkunftsländern zu "sicheren" bis hin zur Verteidigung der Geldleistungen und der Forderung nach einer Gesundheitskarte, wirken heute wie Fensterreden. In den Verhandlungen im Bundesrat über die von der CDU/ CSU geforderten und mit der SPD beschlossenen Verschärfungen blieben meistens nur die finanziellen Forderungen übrig: Man stimmt allen Verschärfungen zu, wenn die Bundesregierung ein bisschen mehr Geld gibt.

Eine Forderung betraf eine Zahlung pro Kopf und Monat wegen der irrsinnig verzögerten langen Asylverfahren. Jetzt will die Bundesregierung pro Flüchtling und Monat 670 Euro an die Kommunen geben. Eigentlich muss die Bundesregierung das machen, ist sie schließlich alleine für die Länge der Asylverfahren verantwortlich. Die Bundesländer und eben auch Schleswig-Holstein haben aber akzeptiert, als "Gegenleistung" den Lagern für Roma und allen weiteren Verschärfungen zuzustimmen, alle Erklärungen aus der Flüchtlingskonferenz waren keine Überzeugungen, sondern reine Verhandlungsmasse.


Krise? Planung?

Zur Zeit arbeiten das Land, die Kreise und die Kommunen, also die Städte, Ämter und Gemeinden im Krisen-Modus. Vier Jahre nach Kriegsbeginn in Syrien zeigt man sich überrascht von den ankommenden Flüchtlingen und plant die Unterkünfte, die übernächste Woche bezugsfertig sein müssen.

Dass im März Saudi-Arabien mit der Bombardierung Jemens begonnen hat, dass der damals durch heftige Demonstationen verjagte Präsident wieder ins Land zurückgebracht und als von Saudi-Arabien abhängiger Präsidenten-Darsteller installiert werden soll, interessiert von den Verantwortlichen noch keinen. Doch schon ein flüchtiger Blick zeigt: Der Jemen ist größer als Syrien, der Jemen hat mehr Einwohner als Syrien, es gibt dort außer den von Saudi-Arabien unterstützte Regierungstruppen und verbündete Milizen auch von dem Iran unterstützte schiitische Milizen. Und es gibt weite Gebiete, die vom "Islamischen Staat" kontrolliert werden. Was bedeutet das, wenn sich jetzt niemand dafür interessiert, sondern nur Waffen geliefert (verkauft!) werden, für die Situation in den Gemeinden in fünf Jahren? Egal, ist ja weit weg.

Nur ein Beispiel: In der Planung, die vor zehn Jahren gemacht wurde, ging die Landesregierung davon aus, dass 2015 rund 6.000 Kinder weniger in die Schule kommen, als "fertige" Jugendliche die Schule verlassen. Darauf beziehen sich alle Pläne nicht nur für die Schulen, sondern auch für die Lehrerstellen und die Ausbildung, die Schulverpflegung, die Buslinien und vieles mehr. Jetzt sind es aber in der Realität nicht 6.000 Kinder weniger, sondern 12.000 Kinder mehr. Grund genug, die Pläne zu überarbeiten? Bisher nicht.

Noch schlimmer sieht es beim Wohnungsbau aus. Sozialwohnungen gibt es sehr viel weniger als noch vor fünf Jahren, Neubau so gut wie gar nicht. Gebaut werden Eigentumswohnungen, die bei den heutigen Zinsen für Sparguthaben oft schon verkauft sind, bevor der erste Bagger getankt hat. Pläne, das zu ändern, gibt es praktisch nicht. Container auf Parkplätzen sollen die "Lösung" sein. Für übernächste Woche.


Fragen

Dennoch sollte jetzt Zeit sein, sich einige Fragen zu stellen und diese dann sorgfältig zu beantworten.

So gibt es viele Flüchtlinge, die jetzt ehrenamtlichen Sprachunterricht erhalten, in der Gemeinde integriert werden, oft mit Kindern. Nach der Anerkennung, die 2016 oder 2017 zu erwarten ist, dürfen diese Flüchtlinge bundesweit umziehen.

• Was wird dafür getan, was sollte dafür getan werden, sie im Land und in der Gemeinde zu halten? Denn nach drei oder fünf Jahren werden aus HilfeempfängerInnen Steuerzahler, aus Flüchtlingen werden Deutsche. Das muss nicht notwendigerweise in Frankfurt oder Köln geschehen.

Im Land, in den Kreisen und Gemeinden wird über die Kosten und die Verteilung der Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen diskutiert. Doch in drei oder fünf Jahren zahlen die Neubürger Steuern und Beiträge.

• Wie kann man die Integration beschleunigen, um aus Kosten Einnahmen zu machen? Wo sollen diese Einnahmen anfallen, und wie will man sie investieren?

Viele Gemeinden rechnen schon jetzt mit steigenden Flüchtlingszahlen in den nächsten Jahren. Zu den 100 Flüchtlingen in "unserem" Ort könnten im nächsten Jahr 150, im übernächsten Jahr 200 dazu kommen.

• Was muss geschehen, dass diese Zahlen nicht addiert werden müssen? Wie können die Flüchtlinge dieses Jahres so gefördert werden, dass sie im nächsten Jahr die Aufnahme als Lotsen unterstützen und übernächsten Jahr Einheimische sind?

In vielen Gemeinden ziehen zum ersten Mal seit 20 oder 30 Jahren wieder jungen Familien mit kleinen Kindern zu.

• Wie muss die Entwicklungsplanung für die Orte und Regionen verändert werden? Wie viele Hebammen, Geburtsstationen und Buslinien benötigen wir in zehn, wie viele in zwanzig Jahren?

Wer jetzt im Krisenmodus bleibt, riskiert eine wirkliche Krise. Denn die Menschen, die zu uns kommen, bedeuten keine Krise. Eine Krise entsteht durch falsche Planung und Fehler in der Politik.

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Quelle:
Gegenwind Nr. 327, Dezember 2015, Seite 4-7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2015

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