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GLEICHHEIT/4464: Eine Bilanz des US-Präsidentschaftswahlkampfs


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Eine Bilanz des US-Präsidentschaftswahlkampfs

Von Patrick Martin
6. November 2012



Am letzten Wochenende des US-Präsidentschaftswahlkampfs traten beide Kandidaten, sowohl Präsident Barack Obama als auch sein Herausforderer von den Republikanern, Mitt Romney, nur in einigen wenigen besonders umkämpften Staaten auf. Derweil gehen die kommerziellen Fernsehspots bis zur Eröffnung der Wahlbüros am Dienstag weiter.

Die Touren der beiden Kandidaten beschränkten sich auf die sogenannten Wechsel-Staaten. Wobei Obama am Wochenende erst nach Ohio, dann nach Iowa, Virginia, New Hampshire, Florida, Colorado und noch einmal nach Ohio reiste. Am Montag besucht er Colorado und Wisconsin und anschließend eine Abschlussveranstaltung des Wahlkampfs in Iowa.

Romney strich seinen Plan, Nevada zu besuchen, wo Obama inzwischen in Führung gegangen ist und fuhr stattdessen nach New Hampshire, Iowa, Colorado und noch einmal nach Iowa, danach nach Ohio, Pennsylvania und Virginia.

Seit dem Sommer hat sich die Landkarte des Wahlkampfs praktisch nicht verändert: Obama liegt in 18 Staaten und im District of Columbia (Washington) vorn, was 237 Wahlmännerstimmen entspricht, während Romney in 23 Staaten mit 191 Stimmen führt. Die Mehrheit im Wahlmännergremium beträgt 270 Stimmen.

Aus den neun übrigen Staaten kommen 110 Stimmen. Obama liegt bei Umfragen in acht Staaten vorn, außer in North Carolina, in einigen jedoch mit einer äußerst knappen Mehrheit.

Mehr als 27 Millionen Menschen in 34 Staaten und im District of Columbia haben Presseverlautbarungen vom Wochenende zufolge bereits abgestimmt. In den sechs Wechsel-Staaten, in denen Wähler für bestimmte Parteien registriert werden, liegt die Anzahl der frühen Wähler der Demokraten über der der Republikaner. Das trifft zu in Florida, Iowa, Nevada, North Carolina und Ohio, während die Republikaner in Colorado vorn liegen.

Das knappe Rennen und die Vielzahl der Frühwähler, der Abwesenden und der Briefwähler macht Prognosen über das Ergebnis der Wahl am Dienstagabend sehr problematisch. Ein Konsortium von fünf Fernsehsendern und die Agentur Associated Press werden am Wahltag Telefonumfragen bei Frühwählern, Exit Polls an den Wahllokalen und aktuelle Auszählungen in ausgewählten Bezirken kombinieren, was große Möglichkeiten für die politische Manipulation eröffnen wird.

Es lohnt sich hier an die lange Nacht der Auszählung der Wählerstimmen bei den Präsidentschaftswahlen 2000 in Florida zu erinnern. Fox News proklamierte den Staat fälschlicherweise für Bush. Das zahlte sich aus, indem die anschließende Medienberichterstattung über die erneute Auszählung der Wählerstimmen beeinflusst wurde.

Der Wahlkampf 2012 war der teuerste in der Geschichte Amerikas. Drei Milliarden Dollar flossen in den Wettbewerb um das Präsidentenamt. Eine Milliarde für jeden der beiden Kandidaten und eine weitere für politische Aktionskomitees für die die 33 Senatorensitze und die 435 Sitze im Repräsentantenhaus sowie die zahllosen Ämter in den Bundesstaaten und Kommunen.

Die Wahlkampagne war gleichzeitig die oberflächlichste, zynischste und irreführendste in der amerikanischen Geschichte. Das letzte Wochenende war da keine Ausnahme, denn sowohl Obama wie auch Romney kämpften mit den hohlsten und nichtssagendsten Wahlparolen wie "Veränderung", während sie beide, soweit wie irgend möglich, ihre identischen Pläne für die Zeit nach den Wahlen zu verbergen suchten.

Keiner der Kandidaten sagt dem amerikanischen Volk die Wahrheit: die nächste Regierung - ob sie ein Demokrat oder ein Republikaner führt - wird den Lebensstandard, die Sozialleistungen und demokratische Rechte des amerikanischen Volkes in einem nie dagewesenen Ausmaß angreifen. Das wird einhergehen mit wachsenden militärischen Aggressionen in Übersee vom Nahen Osten bis zum Pazifik.

Ob Obama oder Romney im nächsten Jahr am 20. Januar ins Amt eingeführt wird, das wird nur Details dieser politischen Perspektive betreffen, keineswegs ihre große Linie. Beide Kandidaten und ihre Parteien repräsentieren und verteidigen nur die Interessen der amerikanischen Finanzelite, der reaktionärsten und räuberischsten gesellschaftlichen Kraft auf diesem Planeten.

In den letzten Tagen des Wahlkampfs haben Obama und die Demokraten sowie ihre Unterstützter in den liberalen und pseudolinken Gruppen einen letzten Versuch gemacht, an die Ängste der arbeitenden Bevölkerung vor der Politik der Republikanischen Partei zu appellieren. Im gleichen Atemzug bestätigten sie ihre Entschlossenheit, die Politik der herrschenden Klasse durchzuführen, die sich praktisch nicht von der ihrer Gegner unterscheidet.

Dies war der Zweck einer Kolumne Obamas, die am Wochenende Seite an Seite mit einer ähnlichen von Romney im Wall Street Journal veröffentlicht wurde. Obama sprach zu seinem Publikum von Geldsäcken und Vorstandschefs in der führenden Wirtschaftszeitung der USA und versicherte es seiner Loyalität dem Kapitalismus gegenüber, indem er schrieb: "Unser freier Markt ist die Lokomotive des amerikanischen Fortschritts, die von Risikoträgern, Innovatoren und Träumern vorwärts getrieben wird."

Er behauptete, dass seine Politik besser für die US-Unternehmen sei, weil er die wissenschaftliche Forschung und Ausbildung von Arbeitskräften national unterstütze und eine günstige Steuergesetzgebung habe.. Er schwor, "unser Haushaltsdefizit zu reduzieren, zu kürzen, wo es möglich ist und die Reichsten zu bitten zu den Einkommenssteuersätzen zurückzukehren, die sie unter Präsident Clinton bezahlt hatten. Ich habe zusammen mit den Republikanern Ausgabenkürzungen von einer Billion Dollar ausgearbeitet. Ich werde mit jedem und jeder Partei zusammenarbeiten, um dieses Land vorwärtszubringen."

Ähnlich versprach Romney auf etlichen Versammlungen am Wochenende mit beiden Parteien zusammenarbeiten zu wollen.

Die Kandidaten der Demokraten und der Republikaner versichern der herrschenden Klasse beide, dass sie nach der Wahl, wie auch immer sie ausfällt, die wichtigsten Forderungen der Wall Street erfüllen werden: Dramatische Kürzungen der Sozialausgaben, vor allem bei den Programmen zur sozialen Sicherheit wie Medicare und Medicaid [zur Gesundheitsversorgung Alter und Bedürftiger], um das nationale Haushaltsdefizit zu senken.

Dieser Zynismus ist atemberaubend. Jeder Kandidat hat den anderen beschuldigt, weil er enorme Kürzungen bei Medicare befürworte, während er selbst behauptete, das Programm z verteidigen, durch das Zehntausende von alten Menschen und Rentnern Gesundheitsversorgung erhalten. In Wirklichkeit unterstützen beide solche Kürzungen, versuchen diese Tatsache aber bis nach den Wahlen vor der amerikanischen Bevölkerung zu verbergen.

Ähnlich haben beide Wahlkämpfer ihre Pläne für Interventionen des US-Militärs in Syrien, in Israel, am Persischen Golf und in anderen Regionen, wo sich schon US-Truppen im Einsatz befinden, nie offen diskutiert.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 06.11.2012
Eine Bilanz des US-Präsidentschaftswahlkampfs
http://www.wsws.org/de/2012/nov2012/elec-n06.shtml
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2012