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GLEICHHEIT/5551: G-7-Gipfel - Amerikanische Drohungen gegen Russland


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Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

G-7-Gipfel: Amerikanische Drohungen gegen Russland

Von Patrick Martin
9. Juni 2015


Am Wochenende versammelten sich die Führer der sieben mächtigsten imperialistischen Länder in der Nähe des Kurortes Garmisch-Partenkirchen zum jährlichen G-7-Gipfel (Gruppe der Sieben). US-Vertreter ließen derweil nicht nach, wegen der Ukrainekrise schärferen wirtschaftlichen und militärischen Druck auf Russland zu fordern.

Obama sagte bei seiner Anreise, ein Schwerpunkt des Gipfels müsse sein, "der russischen Aggression in der Ukraine" entgegenzutreten. Er bekräftigte die amerikanische Position, dass der wirtschaftliche Druck auf Russland aufrechterhalten werde müsse, und sagte: "Die Dauer der Sanktionen sollte in deutlichem Einklang mit der vollständigen Umsetzung des Minsker Abkommens durch Russland und seinem Respekt vor der Souveränität der Ukraine stehen."

Das provokativere Säbelrasseln überließ Obama den Verteidigungspolitikern. Verteidigungsminister Ashton Carter traf sich am Freitag in Stuttgart mit den meisten regionalen Kommandeuren der USA und mit den amerikanischen Botschaftern bei der Nato, in Russland, der Türkei, Deutschland, Frankreich, Estland und Italien, um die militärische und diplomatische Haltung gegenüber der Ukraine und Russland zu diskutieren.

Offiziell ging es bei der Konferenz darum, Pläne für den bevorstehenden Nato-Gipfel diesen Monat zu erstellen. Aber Carter nutzte die Gelegenheit, Russland gezielt anzugreifen. Er erklärte, die Nato müsse unterschiedliche Taktiken entwickeln, um unterschiedliche Methoden der Subversion in der Ukraine und ganz Osteuropa zu bekämpfen. "Wir haben es mit einer Mischung aus Subversion, wohlüberlegten Drohungen, manipulierten Informationen und einer großen Lüge zu tun, um all das geht es in der Ukraine", sagte Carter.

Solche Beschreibungen würden eher auf die amerikanisch-deutsche Politik in der Ukraine zutreffen, die im Februar letzten Jahres einen Putsch organisiert hat, an dessen Spitze faschistische Gruppen standen und der schließlich den jetzigen Präsidenten, den Oligarchen Petro Poroschenko, an die Macht brachte. Der Putsch führte zur russischen Intervention auf der Krim und zu dem Konflikt mit prorussischen Separatisten in der Ostukraine.

Der Verteidigungsminister vertrat offensichtlich die Meinung, dass Wirtschaftssanktionen gegen Russland nichts bringen und dass wirkungsvollere Mittel nötig seien. "Es ist zwar klar, dass die Sanktionen die russische Wirtschaft treffen, aber es ist nicht so klar, dass sie stark genug getroffen wird, um Putin davon abzuhalten, so weiterzumachen, wie man es letztes Jahr auf der Krim gesehen hat", sagte er. Er nannte Moskau eine "andauernde Herausforderung".

Obamas stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater, Ben Rhodes, teilte diese Meinung. Die Sanktionen hätten "die russische Wirtschaft hart getroffen", hätten aber nicht dazu geführt, dass Russland sein Verhalten in der Ukraine geändert habe. "Offensichtlich haben sich Präsident Putins Kalkulationen nicht wirklich geändert", sagte er auf CNN.

Der Generalstabsvorsitzende, General Martin Dempsey, gab dem Wall Street Journal ein Interview, in dem er Russland "subversive Aktivitäten" gegen Nato-Mitglieder bescheinigte.

"In einigen Fragen hat Präsident Putin seine Absichten offen erklärt", sagte Dempsey. "In einer ziemlich deutlichen Erklärung sagte er, die Nato sei eine Bedrohung für ihn und er halte nach Möglichkeiten Ausschau, die Allianz zu diskreditieren und wenn möglich zu unterminieren."

Die USA und von Russland bedrohte Nato-Mitglieder müssten sich auf nicht näher erläuterte präventive Aktionen vorbereiten, sagte er. "Man muss härter vorgehen, bevor die Krise ausbricht", sagte Dempsey dem Journal. "Wenn die Krise einmal ausgebrochen ist, beginnt wieder die Diskussion darüber, was sie verschärft und was nicht. Hier geht es darum, vor der Krise zu handeln, um abzuschrecken und die Krise zu verhindern."

Was es heißt, "vor der Krise härter vorzugehen" wird an der endlosen Zahl großer militärischer Manöver deutlich, die Nato-Truppen im Schwarzen Meer, in ganz Osteuropa, in der Ostsee und in Skandinavien durchführen, d.h. entlang der gesamten russischen Westgrenze. Zehntausende Soldaten, hunderte Kampfflugzeuge und Dutzende Kriegsschiffe sind daran beteiligt.

Am 5. Juni begann in der Ostsee eine Marineübung unter Beteiligung von siebzehn Ländern und am 9. Juni wird in Polen ein zehntägiger Test der neuen Schnellen Eingreiftruppe der Nato beginnen. Im nächsten Jahr wird die Nato auch ihren Gipfel im polnischen Präsidentenpalast in Warschau ausrichten. An diesem Ort wurde 1955 der Warschauer Pakt, das Militärbündnis der Sowjetunion mit den Ländern des Ostblocks, unterzeichnet.

Der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, sagte, dass das Thema Russland und die Ukraine die Hälfte des Treffens zwischen Obama und Merkel eingenommen habe, das vor dem offiziellen Beginn der Gipfelgespräche stattfand. Er erklärte, Obama und die Gastgeberin des G-7-Gipfels, Kanzlerin Merkel, "stimmten darin überein, dass der Erhalt der Einheit zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten und Partnern oberste Priorität hat".

Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland laufen am 30. Juni aus, aber Merkel und die führenden europäischen Politiker auf dem Gipfel, der britische Premierminister David Cameron, der französische Präsident Francois Hollande, der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi und Donald Tusk, der Präsident des Europäischen Rates, haben sich alle für eine Verlängerung der Sanktionen ausgesprochen.

Tusk, der ehemalige Ministerpräsident Polens, vertrat diese Haltung am aggressivsten. "Mein Ziel heute ist, die Einheit der G-7 in der Sanktionsfrage zu bekräftigen", sagte er. "Lassen Sie mich also sagen, wenn angesichts der aktuellen Situation jemand eine Diskussion über eine Änderung des Sanktionsregimes eröffnen möchte, dann könnte es nur um eine Verschärfung gehen.

Der kanadische Ministerpräsident Stephen Harper äußerte sich ähnlich, als er vor dem Gipfel die Ukraine besuchte, um seine Solidarität mit dem rechten Regime zu bekunden.

Ein anderer Gipfelteilnehmer, der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe, ist im wesentlichen mit imperialistischen Provokationen auf der anderen Seite des Erdballs beschäftigt und intensiviert dort die Zusammenstöße mit China im Südchinesischen Meer.

Der russische Präsident Wladimir Putin forderte die EU und die USA am Samstag in einem Interview mit der führenden italienischen Tageszeitung Corriere della Sera auf, Druck auf die Ukraine auszuüben, damit sie sich an die Bedingungen des Minsker Abkommens vom Februar hält, das für die Ostukraine einen begrenzten Waffenstillstand festlegte.

Er sagte, ungenannte Länder "nutzen einfach die Furcht vor Russland aus", um Militär- und Wirtschaftshilfe zu bekommen, die sie sonst nicht bekommen würden. "Es gibt aber keinen Grund, Russland zu fürchten", fuhr Putin fort. "Nur ein Verrückter, und das auch nur im Traum, könnte auf die Idee kommen, Russland werde plötzlich die Nato angreifen."

Am Montag diskutierten die Gipfelteilnehmer auch über andere Krisenherde, besonders solche, an denen islamistisch fundamentalistische Gruppen wie der IS im Irak, Syrien und Libyen und Boko Haram in Nigeria beteiligt sind. Zu diesem Zweck wurden auch der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi, der tunesische Präsident Essebsi und der neu gewählte nigerianische Präsident Muhammad Buhari eingeladen.

Wie bei diesen Gipfeln inzwischen üblich, fand das Treffen [1] an einem systematisch abgesperrten Ort statt, der praktisch von einer Mauer aus Polizisten umgeben war. Die deutsche Regierung hatte 22.000 Polizisten aufgeboten. Es kam aber nur zu kleineren Konflikten mit Demonstranten. Trotzdem wurden die Führer mit Hubschraubern eingeflogen, weil Demonstranten angeblich die Zugangsstraße blockiert hatten.


Anmerkung:
[1] http://www.wsws.org/de/articles/2015/06/02/g7gi-j02.html

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Quelle:
World Socialist Web Site, 09.06.2015
G-7-Gipfel: Amerikanische Drohungen gegen Russland
http://www.wsws.org/de/articles/2015/06/09/summ-j09.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2015

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