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GLEICHHEIT/5562: Russland droht mit Reaktion auf amerikanische Truppenstationierungen in Osteuropa


World Socialist Web Site
Herausgegeben vom Internationalen Komitee der Vierten Internationale

Russland droht mit Reaktion auf amerikanische Truppenstationierungen in Osteuropa

Von Niles Williamson
18. Juni 2015


Präsident Wladimir Putin erklärte am Dienstag vor der Presse, dass sich seine Regierung gezwungen sehe, ihre Streitkräfte gegen jedes Land in Stellung zu bringen, das sich an einem militärischen Aufmarsch gegen Russland beteilige. Hierbei handelt es sich um eine Reaktion auf den Bericht vom letzten Wochenende, laut dem die Obama-Regierung erwägt, in Osteuropa auf unbegrenzte Zeit genug Panzer und schweres Kriegsgerät für eine 5.000 Mann starke Streitmacht in den baltischen Staaten und anderen osteuropäischen Nato-Mitgliedsstaaten zu stationieren.

Der Plan des Pentagons, der noch von Verteidigungsminister Ashton Carter abgesegnet werden muss, sieht die Stationierung von Waffen und Panzern in Litauen, Lettland, Estland, Polen, Rumänien, Bulgarien und Ungarn vor. Es wäre die erste dauerhafte Stationierung von US-Militärgerät in Nato-Mitgliedsstaaten, die früher Teil der Sowjetunion waren.

Die Reaktion Putins und anderer russischer Regierungsvertreter hat deutlich gemacht, dass die Pläne der USA für eine beträchtliche Truppenstationierung in Osteuropa die beiden Atommächte nur noch näher an einen Krieg bringt.

Amerikanische Regierungsvertreter behaupten, die Stationierung von Kriegsgerät sei nur eine Unterstützung für militärische Übungen. Eine logische Erklärung für die Stationierung von Waffen in diesen Ländern wäre jedoch, dass sich die USA und ihre Nato-Verbündeten darauf vorbereiten, einen Krieg gegen Russland zu führen. Das Putin-Regime reagiert dementsprechend mit der Verstärkung seiner Streitkräfte und eigenen Kriegsvorbereitungen, indem es reaktionären russischen Nationalismus schürt.

An der Reaktion der Putin-Regierung auf die Aggression der westlichen Imperialisten ist nichts Fortschrittliches. Putins Säbelrasseln und die Aufrüstung der russischen Streitkräfte ging mit mehrfachen Versuchen einher, sich irgendwie mit den USA und Europa einig zu werden. Dieser Kurs, Illusionen in eine mögliche Einigung mit den räuberischen westlichen Imperialisten zu schüren und gleichzeitig militärische Spannungen zu verschärfen, kann nur zu einer Katastrophe für die Arbeiterklasse führen - nicht nur in Russland sondern auf der ganzen Welt.

Putin erklärte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Pauli Niinistö: "Wir werden gezwungen sein, unsere Streitkräfte gegen alle Gebiete in Stellung zu bringen, aus denen diese Bedrohung kommt."

Als Antwort auf die wiederholten Vorwürfe einer russischen Aggression, wies Putin darauf hin, dass die Nato bis an Russlands Grenzen vorgedrungen ist. "Die Nato dehnt sich bis an unsere Grenze aus und wir bewegen uns nirgendwo hin", erklärte er. Er wies auch auf seinen Widerstand gegen die seit langem bestehenden Pläne der Nato hin, ein Raketenabwehrsystem in Osteuropa aufzubauen, das sich gegen Russland richten würde.

Zuvor hatte Putin, ebenfalls am Dienstag, bei einer Rede vor dem Internationalen Militärtechnikforum Army-2015 Pläne vorgestellt, Russlands Atomwaffenarsenal bis Ende des Jahres zu erweitern. "Wir werden unserer nuklearen Streitmacht in diesem Jahr mehr als 40 neue Interkontinentalraketen hinzufügen", verkündete er den Versammelten im neu eingeweihten, eine Stunde vor Moskau gelegenen Patriot-Park. Er erklärte, die neuen Interkontinentalraketen seien in der Lage, "selbst die technisch fortschrittlichsten Raketenabwehrsysteme zu überwinden."

Einen Tag bevor Putin die geplante Vergrößerung des russischen Atomarsenals bekannt gab, hatten russische Militärs deutlich gemacht, dass sie mit einen militärischen Aufmarsch an der Westgrenze des Landes reagieren würden, falls die USA ihre Pläne umsetzten.

Der russische General Juri Jakubow erklärte am Montag gegenüber Interfax, die Regierung habe keine andere Wahl als auf alle Pläne der USA mit einer massiven Stationierung von Truppen, Kriegsgerät und Raketensystemen an Russlands Westgrenze zu reagieren.

Jakubow erklärte, die Stationierung von schwerem Kriegsgerät, Panzern und anderen Militärfahrzeugen im Baltikum werde als "der aggressivste Schritt seit dem Kalten Krieg" angesehen. Er machte deutlich, dass jede Stationierung von Gerät oder Truppen in Osteuropa eine Verstärkung der russischen Truppen an den Grenzen zu Europa nach sich ziehen werde. "Russland bleibt nichts anderes übrig, als seine Truppen und Ressourcen im strategischen Operationsgebiet im Westen zu verstärken."

Jakubow erklärte, Russland werde auf amerikanische Stationierungen reagieren, indem es die geplante Stationierung eines neuen taktischen Raketensystems vom Typ Iskander in der Region Kaliningrad an der Ostsee forciert, einer Enklave zwischen Polen und Litauen ohne Landverbindung mit Russland. Er erklärte gegenüber der Presse außerdem, Russland werde seine Streitkräfte in Weißrussland verstärken, das an Polen, Litauen, Lettland und die Ukraine angrenzt.

"Wir haben völlig freie Hand, als Reaktion unsere Westgrenzen zu stärken", schloss Jabukow.

Als Reaktion auf Putins Äußerungen vom Dienstag warf Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, ehemaliger Premierminister von Norwegen, Russland "nukleares Säbelrasseln" vor. Er erklärte gegenüber Reportern, Russlands Reaktion auf die Pläne, Kriegsgerät in Osteuropa zu stationieren, sei "destabilisierend und gefährlich".

Stoltenberg bekräftigte, dass Russlands geplante Gegenmaßnahmen die Kriegspläne der Nato nicht beeinträchtigen würden. "Das ist etwas, womit wir uns befassen, und es ist auch einer der Gründe, warum wir die Bereitschaft unserer Truppen erhöhen. Wir reagieren darauf, indem wir sicherstellen, dass die Nato auch in Zukunft ein Bündnis ist, das allen seinen Verbündeten Schutz bietet und jede Gefahr abschreckt."

Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991 hat die Nato am Aufbau eines soliden militärischen Blocks an der russischen Westgrenze gearbeitet. Die Tschechische Republik, Ungarn und Polen traten der Nato 1999 bei, die baltischen Staaten, Bulgarien, die Slowakei, Slowenien und Rumänien im Jahr 2004, Albanien und Kroatien im Jahr 2009. Der Putsch in der Ukraine letztes Jahr, der von den USA und Deutschland unterstützt und von faschistischen Kräften angeführt wurde, sollte das Land aus dem Einflussbereich Russlands lösen und an den Westen binden. Die extrem rechte Regierung hat den blockfreien Status der Ukraine aufgehoben, den das Land 2010 angenommen hatte, und bereitet den Beitritt zur Nato vor.

Die Nato hält unter Führung der USA bereits an der ganzen russischen Westgrenze, vom Nördlichen Eismeer bis zum Schwarzen Meer, provokante Militärübungen ab. In den letzten Monaten wurden zahlreiche Beinahe-Zwischenfälle zwischen Nato-Schiffen und Flugzeugen und russischen Flugzeugen gemeldet. Im Februar fuhren amerikanische Transportpanzer durch die estnische Stadt Narva, die nur wenige hundert Meter von der russischen Grenze entfernt liegt.

Durch die wachsende Militärpräsenz der USA und der Nato in Osteuropa könnte ein Fehltritt einer der beiden Seiten einen Konflikt zwischen den beiden größten Atommächten der Welt auslösen, der den Planeten verwüsten würde.

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Quelle:
World Socialist Web Site, 18.06.2015
Russland droht mit Reaktion auf amerikanische Truppenstationierungen in Osteuropa
http://www.wsws.org/de/articles/2015/06/18/russ-j18.html
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2015

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