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IMI/984: Nordsyrien - "Schutzzonen"-Vorschläge und (mögliche) DGAP-Einflüsterer


IMI - Informationsstelle Militarisierung e.V.
IMI-Standpunkt 2019/052 vom 24. Oktober 2019

Nordsyrien: "Schutzzonen"-Vorschläge und (mögliche) DGAP-Einflüsterer

von Jens Wittneben


Die deutsche Verteidigungsministerin fordert eine Schutzzone in Nord-Syrien. Bisher hätten sich die europäischen Länder verhalten wie "Zaungäste". (5) Über eine Beteiligung der Bundeswehr müsse der Bundestag entscheiden. (1) Mit dem Außenminister hat sich die Aspirantin für das Bundeskanzleramt offenbar nicht abgestimmt, sondern ihm nur eine sms geschickt! Verbündete Staaten scheinen überrascht und irritiert. Mit wem hat sich die Verteidigungsministerin über ihren Alleingang besprochen?! Gibt es hier einen Zusammenhang mit folgender Stellungnahme des Dr. Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik?: "Man hätte sich bereiterklären müssen, Bodentruppen zu schicken." (3)

Die Bundesministerin für Verteidigung war zuvor im Saarland CDU-Vorsitzende und Generalsekretärin der CDU. Da sie mit dem Ministeramt für Verteidigung neu auf der internationalen Bühne ist, ist es durchaus denkbar, dass sie den Rat renommierter Experten gesucht hat. Schlüssig beweisen lässt sich dies natürlcih nicht, aber es ist durchaus vorstellbar, dass sie sich hier auch von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hat "inspirieren" lassen, die u.a. in "Kamingesprächen" und "Gesprächskreisen" bestrebt ist, die "die außenpolitische Meinungsbildung ... zu beeinflussen." Ihre "Arbeit richtet sich an Entscheidungsträger in der deutschen Politik, Wirtschaft, Verwaltung, in Nichtregierungsorganisationen, im Militär sowie an eine breite Öffentlichkeit." (2)

Der stellvertretende Direktor des Forschungsinstituts der DGAP hat sich vor dem Schutzzonen-Vorschlag der Verteidigungsministerin zum Syrien-Konflikt in der Presse (3) kritisch über die bisherige Politik geäußert: "Man hätte sich bereiterklären müssen, Bodentruppen zu schicken." Grundsätzlich ginge es für ihn um "Länder, die bereit sind, militärisch zu agieren." Der europäischen Politik empfahl er, "dass sie durchsetzt, was sie politisch predigt." Aus seiner Sicht sitzen die Europäer "wie das Kaninchen vor der Schlange." (Was dieser Vergleich mit Wissenschaft zu tun haben könnte, sei dahingestellt.) Ein Stopp von Rüstungsexporten, so Mölling, greife nicht angemessen. In diesem Zusammenhang mit dem Iran zu verhandeln, sei wie ein "Geschäft mit dem Teufel" einzugehen. (3) Zivile Konfliktbearbeitung schließt Dr. Mölling hier also offenbar aus. Es bleibt offen, ob er mit diesem Konzept überhaupt vertraut ist.

Nach dem Teufels-Hinweis des Wissenschaftlers folgen noch weitere Aussagen, die imi-Leser/innen möglicherweise sprachlos machen: "Europa kann appellieren und sich in Grund und Boden schämen. (...) Wenn man etwas erreichen will, müsste man so gestrickt sein wie etwa Israel, das seine außenpolitischen Interessen mit der eigenen Sicherheit und dem eigenen Überleben verknüpft und deshalb bereit ist, besondere Opfer zu bringen, finanziell wie gesellschaftlich." (3) Es fällt dem Autor sehr schwer, dieses Konstrukt des Dr. Mölling der DGAP sachlich zu kommentieren.

Hilfsweise sei deshalb angemerkt: "Die DGAP hat mit Dr. Thomas Enders einen neuen Präsidenten. Die Mitglieder wählten den ehemaligen Airbus-Chef..." Schatzmeister der DGAP ist Georg Graf Waldersee. Syndika ist Jutta Freifrau von Falkenhausen. (4) Gründungsmitglieder waren vor allem CDU-Politiker, aber auch "Richard Merton (Rüstungskonzern Metallgesellschaft) Fritz Berg (1. Präsident des BDI)". Heute finanziert sie sich u.a. mit "Sponsoren und Mäzenen, darunter unter anderem das Auswärtige Amt, Deutsche Bank AG, Airbus Group und die Robert Bosch Stiftung GmbH". "Im Oktober 2015 berichteten deutsche Medien, dass deutsche und europäische Rüstungsfirmen wie Krauss-Maffei Wegmann, MBDA und Airbus Helicopters in den letzten Jahren Luxusexkursionen für 350 Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten - organisiert von der DGAP und ihrem "Berliner Forum Zukunft" - finanziert haben." (2)


Quellen und Anmerkungen:

(1) "Keine "Zaungäste" mehr : Kramp-Karrenbauer fordert internationale Sicherheitszone", FAZ 21.10.2019

(2) https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Gesellschaft_f%C3%BCr_Ausw%C3%A4rtige_Politik

(3) "Europa kann appellieren - und sich schämen", Frankfurter Rundschau 12.10.2019

(4) https://dgap.org/de

(5) Diese Frage muss erlaubt sein: Ist die Bundesrepublik Deutschland in Syrien "Zaungast", wenn deutsche Luftwaffen-Tornados Ziele in Syrien für die USA und Frankreich aufklären? Und wenn sie kurdische Milizen im nahen Irak bewaffnet und ausbildet? Wohl kaum. Die Verteidigungsministerin ist entweder noch nicht informiert oder sie desinformiert die Bürger/innen.


Link zur IMI-Mitgliederkampagne
http://www.imi-online.de/2019/01/01/imi-mitgliederkampagne/

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Quelle:
IMI-Standpunkt 2019/052 vom 24. Oktober 2019
Nordsyrien: "Schutzzonen"-Vorschläge und (mögliche) DGAP-Einflüsterer
http://www.imi-online.de/2019/10/24/nordsyrien-schutzzonen-vorschlaege-und-moegliche-dgap-einfluesterer/
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Oktober 2019

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