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IZ3W/379: Hefteditorial von Ausgabe 364 - 50 Jahre, 500 Aktive, 5.000 AutorInnen


iz3w - informationszentrum 3. Welt - Ausgabe 364 - Januar/Februar 2018

50 Jahre, 500 Aktive, 5.000 AutorInnen


1968 war ein besonderes Jahr. Mit den damaligen weltweiten Aufbrüchen und Revolten lassen sich nicht nur Themenschwerpunkte füllen. Für das informationszentrum 3. welt und seinen Trägerverein Aktion Dritte Welt ist jenes Jahr noch aus einem weiteren Grund kein gewöhnliches: Im Frühjahr 1968 versammelten sich erstmals junge Studierende in Freiburg, um fortan die Ausbeutung der Dritten Welt zu beenden. Drunter wollten sie es - ganz im Geiste der Zeit - nicht machen.

Die Anfänge der von ihnen ins Leben gerufenen Aktion Dritte Welt waren zwar eher sozialdemokratisch-reformorientiert denn revolutionär-antikapitalistisch geprägt. Aber auch sie waren beseelt von der 68er-Idee, die Welt umzuwälzen - und vor allem: das auch tatsächlich zu können!

Dieser Spirit, der Wille zur radikalen Umgestaltung der globalen Verhältnisse, ist bis heute im iz3w höchst lebendig. Sicher, 50 Jahre nach 1968 ist der Glaube an diese Unmittelbarkeit von Veränderung etwas lädiert. Es gab zu viele Niederlagen, zu viele Irrungen. Man denke nur an das Elend des Befreiungsnationalismus, die immer wieder neuen Konjunkturen des Rassismus, an den Niedergang des Realsozialismus oder den neuen 'Klassenkampf von oben'. Das linke Bewusstsein musste auch im iz3w Bescheidenheit und Selbstreflektion lernen. Das war nicht immer einfach.

Doch an der Überzeugung, dass an den ungerechten Verhältnissen gerüttelt werden muss und dazu kosmopolitische Solidarität unverzichtbar ist, hat sich nichts geändert. Unser siebzigjähriger Alt-68er ist mindestens so motiviert, die Welt zugunsten einer herrschaftsfreien Assoziation Gleichberechtigter umzukrempeln, wie unsere 24-jährige Nachwuchsredakteurin. (Wer ihn reden und lachen hört, gewinnt den Eindruck, seine sozialrevolutionäre Emphase ist sogar stärker ausgeprägt. Ist wohl generationsbedingt.)

In den vergangenen 50 Jahren haben sich nach unseren Recherchen über 500 Menschen aktiv im iz3w eingebracht. Für die meisten von ihnen ist diese oft Jahre währende Zeit ein prägender Teil ihrer Biographie. Hier haben sie sich politisiert und gegenseitig gebildet, hier wurden Aktionen vorbereitet, Texte diskutiert und bisweilen darüber gestritten. All das geschah mit viel Herzblut. Die Emotionen sind im Gespräch mit ehemals Aktiven noch heute spürbar. Gleiches gilt für die sage und schreibe 5.000 AutorInnen, die im Laufe der Jahrzehnte einzeln oder im Kollektiv für die Zeitschrift schrieben. Eine Liste mit allen uns bekannten AutorInnennamen werden wir demnächst veröffentlichen. Im Februar folgt eine politische Chronik des iz3w. Im Frühjahr wird dann eine Ausstellung mit alten Plakaten und Hörstationen über fünf Jahrzehnte internationalistische Arbeit im iz3w fertiggestellt.

Die runde Fünfzig werden wir selbstverständlich gemeinsam mit ehemaligen und heutigen Aktiven gebührend feiern, und zwar nicht nur diskutierend. Wir freuen uns darauf! Am 14. April laden wir alle Interessierten nach Freiburg zu einer großen Geburtstagsgala. Die beliebteste Feierform der 68er ist aber bekanntlich das Open Air Festival. Da lassen wir uns nicht lumpen und laden am 9. Juni aufs Freiburger Grethergelände ein. Das zusammen mit Radio Dreyeckland organisierte Festival wird unser Dankeschön an die vielen Menschen in Freiburg und Umgebung sein, die uns über die Jahrzehnte unterstützt haben.

Im Rahmen von »iz3w on tour« möchten wir im gesamten Jahr 2018 über Freiburg hinaus mit unseren LeserInnen diskutieren. Geplant sind Filmpräsentationen und Veranstaltungen in Hamburg, Berlin, Dresden, Paris und Basel. Die Themen reichen von Autoritarismus, Islamismus, Freihandel bis zu Postkolonialismus und vielem mehr. Im Oktober und November wird eine große Veranstaltungsreihe in Freiburg den Schlusspunkt des Jubiläumsjahres setzen.

All diese Aktivitäten machen nicht nur viel Arbeit, sie kosten auch Geld. Deshalb bitten wir alle, die es sich leisten können, um Spenden. Wir würden sie glatt als Geburtstagsgeschenk interpretieren...

Last but not least möchten wir unsere Abokampagne auf Seite 59 vorstellen: Nach fünfzig Jahren ist es Zeit - für 5.000 Abos. Sie würden uns jene Unabhängigkeit sichern, die wir in der Vergangenheit genossen haben und in Zukunft mehr denn je brauchen. Schafft zwei, drei, viele Abos!


die redaktion

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Inhaltsverzeichnis iz3w Nr. 364 - Januar/Februar 2018

1968 international
- ein grenzenloser Aufbruch

2018 jähren sich die Proteste der Studentenbewegungen von 1968 zum fünfzigsten Mal. Die hiesigen Rückblicke werden vor allem die Ereignisse in Westeuropa und Nordamerika thematisieren. Doch dabei wird übersehen, dass die Protestbewegungen und die davon ausgehenden gesellschaftlichen Entwicklungen weltweit viele Länder prägten, und zwar auf allen Kontinenten.

In unserem umfangreichen Themenschwerpunkt blicken wir auf fünfzig Jahre internationale Solidarität zurück und fragen: Warum waren gerade die antikolonialen Bewegungen und DenkerInnen der "Dritten Welt" so bedeutend für die Aufbrüche von 1968? Was bleibt von ihnen bis heute, in politischer, kultureller und lebensweltlicher Hinsicht?

1968 war auch für das iz3w ein ganz besonderes Jahr: Im Frühjahr versammelten sich in Freiburg erstmals junge Studierende, um eine "Lobby für die Dritte Welt" zu bilden. Seither hat sich vieles geändert, doch der Wille zur radikalen Umgestaltung der globalen Verhältnisse ist bis heute im iz3w höchst lebendig.

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INHALTSÜBERSICHT

50 Jahre, 500 Aktive, 5.000 AutorInnen
Hefteditorial

Themenschwerpunkt: 1968 international
Editorial zum Themenschwerpunkt

»1968 war ein beschissenes Jahr«
Ein Gespräch über die Bedeutung und die Folgen einer Revolte

Eine Metapher, keine Wendemarke
Die Rolle der Dritten Welt für und während »1968«
von Arif Dirlik

»Kommt herunter vom Balkon«
Beobachtungen aus der 68er-Bewegung in der BRD und in Südostasien
von Rainer Werning

Das einflussreiche Jahr
Jugend, Linke und Gegenkultur im uruguayischen 1968
von Vania Markarian

»Das Blut der Löwen«
Kongolesische Studierende und das globale '68
von Pedro Monaville

»Im Feuer des Kampfes«
Die französische 68er-Bewegung und ihre antikolonialen Bezüge
von Eva Beckershoff

Der verspätete Aufstand
Warum es 1968 in Südafrika relativ ruhig blieb
von Hanno Plass

Kein Nebenwiderspruch
Warum 1968 der Chicana-Feminismus notwendig wurde
von Anna Sophia Clemens

Gefahr für die Nation
1968 endete für die Frauenbewegungen Japans und Indonesiens nicht gut
von Claudia Derichs

Kommunen, Kunst und Kinderläden
Der Bewegungszyklus der 1968er Jahre als globale Kulturrevolution
von Jens Kastner

Alles ändert sich die ganze Zeit
Ein Blick auf 50 Jahre iz3w aus Sicht einer jungen Generation von Larissa Schober und Theresa Weck


POLITIK UND ÖKONOMIE

Klimapolitik: AktivistInnen auf der Klimakonferenz in Bonn»
»RWE soll Schutzmaßnahmen bezahlen«
Interview mit Saul Luciano Lliuya aus Peru

»Es ist alles durcheinander«
Interview mit Makereta Waqavonovono aus Fidschi

Lateinamerika: Gefahrengebiet Umweltschutz
Nirgendwo werden mehr UmweltaktivistInnen ermordet als in Lateinamerika
von Kristina Dietz

Marokko: Casablanca, Rabat und Marrakesch
Ein Streifzug durch marokkanische Metropolen
von Sebastian Prothmann

Indien: Panzer gegen kritisches Denken
Der Kampf um die Universitäten in Indien
von Christa Wichterich


KULTUR UND DEBATTE

Musik: »Do You Know Who I Am?
«Rom*nja-Musiker*innen wenden sich gegen Exotisierung
von Antje Meichsner

Rezensionen

Jeffrey Herf:
Undeclared Wars with Israel

Lutz Taufer:
Über Grenzen

Movements:
Journal für kritische Migrations- und Grenzregimeforschung

Thomas Wagner:
Die Angstmacher

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Quelle:
iz3w Nr. 364 - Januar/Februar 2018
Copyright: bei der Redaktion und den AutorInnen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2018

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