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KAZ/262: Zur Lage vor den Bundestagswahlen und die Aufgaben


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 359, Juni 2017
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Zur Lage vor den Bundestagswahlen und die Aufgaben


Wenn wir mit Wahlen etwas grundlegend verändern könnten in heutiger Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, wären sie schon längst verboten. Ebenso richtig ist, dass wir alle vier Jahre entscheiden dürfen, wer uns das Kreuz, unter dem wir ächzen, auf die Schultern legen darf.

Was aber können wir bei Wahlen tatsächlich erreichen? Den Rechten und Faschisten dieser Republik nicht auch noch die Rechtfertigung zu geben, dass sie vom Volk gerufen und erwählt wurden! Das heißt zur Wahl gehen und "demokratisch" wählen gegen schwarzbraune Reaktion - Keine Stimme für NPD, AfD, FDP, CSU, CDU. Damit die Ultrarechten und Faschisten nicht vor lauter Politik- und Wahlverdruss noch so stark werden und das Wählen ganz abschaffen.

Das ist die negative Seite, was man nicht wählen darf. Was aber können wir positiv bei Wahlen, die immer Stimmungsbarometer sind, zum Ausdruck bringen?

Dazu soll kurz die Lage skizziert werden, in der sich die deutsche Arbeiterklasse derzeit befindet.

"Ausgezeichnete" Arbeit der Großen Koalition

Den herrschenden Kreisen in Deutschland ist es gelungen die Last der Wirtschaftskrise seit 2007 auf die Schultern der Werktätigen abzuwälzen. Nicht nur auf die Werktätigen im eigenen Land, sondern vor allem auf die Werktätigen im unmittelbaren Einflussgebiet des deutschen Imperialismus in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und in den meisten Ländern in Osteuropa. Deutschland ist im Verhältnis zu seinen europäischen Konkurrenten und zum USA-Imperialismus gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Seit 2011 hat sich die BRD offen zur Führungsmacht in EU-Europa aufgeschwungen, die sich anschickt, mit den USA "auf Augenhöhe" um die Neuaufteilung der Welt zu kollaborieren und zu rivalisieren. Solange der Vormarsch anhält, setzt das deutsche Monopolkapital auf stabile Verhältnisse im Innern: Auf die SPD-Führung, die die Arbeiter mit kleinen Zugeständnissen und Versprechungen ruhig hält, eingebunden in die Große Koalition, damit Kurs gehalten wird für die deutsche Großbourgeoisie.

Die Ergebnisse dieser Regierung sehen prächtig aus - für die Reichen: Die Zahl der Milliardäre in der BRD ist von 2010 bis 2016 um über 30 Prozent gestiegen; den 15 Reichsten gehört so viel wie das halbe Deutschland und sie zahlen keine Vermögenssteuer und fast keine Erbschaftssteuer!

Dagegen schreitet die Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung fort: Niedriglöhner, alleinerziehende Mütter, Erwerbslose, Rentner, Kinder ...: Nach der stark geschönten Statistik leben in unserem reichen Land 15,7 Prozent der Bevölkerung = 12,9 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze (2015) und dabei sind Heimbewohner und Obdachlose nicht einmal berücksichtigt.

Während für die deutschen Oligarchenclans die Profite reichlich sprudeln und die Vermögen der oberen Nullen ins Unermessliche wachsen, hat die Zahl derjenigen, die in Leiharbeit, Minijobs, in befristeten oder Teilzeit-Arbeitsverhältnissen hart arbeiten, von 11,44 Millionen (2000) auf 18,5 Millionen (2016) KollegInnen zugenommen; das sind 42,5 Prozent der Lohnabhängigen in der BRD. (Zahlen nach isw-Wirtschaftsinfo 51, April 2017) Wie lange soll das so weitergehen?

Die Ergebnisse der Groko sind ausgezeichnet - für die Rechten und Faschisten, die reaktionäres Gedankengut, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit wieder fast unbehindert in die Hirne tragen dürfen. Sie werden bei ihren Aufmärschen durch die Polizei geschützt, der Verfassungsschutz gibt durch seine V-Leute Aufbauhilfe mit Waffen, Geld und Kadern. Terroristische Attentäter werden geradezu gehätschelt, damit sie endlich losschlagen und den Vorwand für neue Gesetze liefern, für weitere Aufrüstung des staatlichen Unterdrückungsapparats. Das Asylrecht zuschanden gemacht - so als ob es nicht auch Sozialdemokraten gegeben hätte, die vor dem deutschen Faschismus aus dem Land fliehen mussten. Die Grenzen dicht gemacht - so als ob nicht auch einmal massenhaft deutsche Arbeiter aus purem Elend auswandern mussten und deutsche Flüchtlinge zu Millionen aus ihren Siedlungsgebieten abgehauen sind. Wann merkt denn die SPD, dass sie Gesetze macht, mit denen bei veränderter politischer Lage ihre eigenen Leute eingesperrt werden können, wenn sie anfangen Widerstand zu leisten. Mit ihrer Flüchtlingspolitik hat die Groko den Hetzern Steilvorlage gegeben, die AfD großgemacht und in die Landtage katapultiert, flankiert durch Gesetze, die die Flüchtlinge bekämpfen, nicht die Fluchtursachen. Denn zu den Fluchtursachen trägt die Groko selber bei. Unterstützung der reaktionärsten Regimes in Saudi-Arabien, in Katar und anderen Emiraten, in der Türkei, die dem IS Schützenhilfe geleistet haben und z.T. noch leisten, im Jemen Krieg führen und auf kriegerische Auseinandersetzungen mit dem Iran drängen. Unterstützung mit Waffen, Geld und Kredit. Unterstützung aller US-Aggressionen in Afghanistan, Irak und Syrien. Ganz Afrika ist Ausbeutung von Rohstoffen und Müllabladeplatz im Dienst der imperialistischen Wirtschaft. Aber alles was recht ist: Man wird doch noch Profit machen dürfen und dann kommen unverschämterweise Menschen als Flüchtlinge ...

Die Groko hat es geschafft, zusätzlich zur Beteiligung an zahlreichen Kriegsherden in der Welt wieder aggressiv gegen Russland vorzugehen. Sie hat die rechten und faschistischen Putschisten in der Ukraine unterstützt. Sie hält an Sanktionen gegen Russland fest, vor dessen Grenze inzwischen trotz heiliger Versprechen die NATO wieder steht. Die Bundeswehr hält Manöver in den baltischen Staaten ab. Eine neue Spirale der Rüstung wird eingeleitet und Militaristen, Rüstungsindustrie mit ihrer Frontfrau von der Leyen verneigen sich dankbar vor Donald Trump, der höhere Rüstungsausgaben in Deutschland angemahnt hat.

Die Groko hat ausgezeichnete Arbeit geleistet - gegen Demokratie, gegen Frieden, gegen Solidarität, gegen die Arbeiterklasse und für die Kapitalisten, für die Reichen, für die Reaktionäre und Faschisten, die Kriegstreiber und Militaristen.

Wenn die Zeiten noch "ungemütlicher" werden

Und das sind noch die relativ ruhigen Zeiten. Was wird, wenn nach dem Brexit, der die EU schon fast zum Auseinanderfallen gebracht hat, auch Italien oder Frankreich das Weite vor dem Diktat des deutschen Finanzkapitals und seinem Vorturner Wolfgang Schäuble suchen? Jedenfalls der Unmut gegen den dritten Anlauf Deutschlands zur Weltmacht wächst allenthalben. Was wird, wenn die nächste Wirtschaftskrise kommt und wieder Millionen um den Arbeitsplatz bangen? Um auf diesem Weg voranzukommen versuchen die führenden Konzerne das Projekt Industrie 4.0 voranzutreiben. Es bedeutet zusammen mit der Produktivkraftentwicklung Verdichtung der Arbeit, Reduzierung der Arbeitsplätze, Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen, vollständige Flexibilisierung und Prekarisierung, Rückkehr des Taglöhners mit Auflösung von Tarifstrukturen; das heißt: Fortschritt zu ihrer Bereicherung und unserer Verarmung. Aber es bedeutet auch: Verengung der Märkte, Überproduktion, Krise. Und nichts haben sie lernen können aus der letzten Krise. Denn Kapital muss immer größere Räder drehen, denn je größer das Kapital, desto größer müssen die Profite werden, damit die Rendite stimmt. Selbst 150 Jahre nach dem Erscheinen von "Das Kapital" eine offenbar immer wieder frisch einzupaukende Erkenntnis.

Für diese Zeiten sorgt die Bourgeoisie vor; wenn die Sozialdemokratie nicht mehr reicht, um den offenen Krieg nach Innen und Außen vorzubereiten und zu führen, suchen sie Unterstützung bei den von den Faschisten geführten Kleinbürgern und den verkommenen Schichten der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie, Lumpenproletariat und Lumpenbourgeoisie. Und wie sorgen wir vor?

Was tun, wen wählen?

Die Arbeiterklasse ist die zentrale gesellschaftliche Kraft, die durch ihre Stellung in der Produktion den ganzen Laden am Laufen hält, aber auch zum Anhalten bringen kann - nicht nur durch Lahmlegen der Produktion, sondern auch durch Unterbrechung der Transportlinien oder Kommunikationsverbindungen, der Datenübertragung, der wirtschaftlichen Lebensströme wie Öl, Gas, Strom, Wasser und Geld. Solange diese Kraft geführt wird von der auf Klassenversöhnung, Sozialpartnerschaft ausgerichteten Sozialdemokratie, wird sich die Klasse unterordnen unter die von der Bourgeoisie gesetzten Ziele. Die Bourgeoisie sitzt auf den Kommandohöhen der Wirtschaft, und damit der Politik und des Militärs, sitzt an den Hebeln der Macht und kauft sich ihre Minister, Staatssekretäre, Landräte oder Bürgermeister, Abgeordnete.

Den Bruch mit der Bourgeoisie kann nur eine revolutionäre Partei der Arbeiterklasse vollziehen. Eine solche Partei ist notwendig, um die Ziele des Kampfs zu bestimmen, die unmittelbaren und die zukünftigen - und den Weg zu weisen, wie sie zu erreichen sind. Sie hat deutlich zu machen, wer Freund und Feind ist, wie man Freunde gewinnen kann, um den Feind zu bezwingen. Sie ist notwendig, um die Schwachpunkte des Gegners zu erkennen und die eigenen Kräfte dorthin zu lenken; sie kann sagen welche Mittel und Methoden des Kampfes wann einzusetzen sind, um Aussicht auf Erfolg und Sieg zu haben. Sie weiß, wann anzugreifen ist und wann man sich zurückziehen muss. Ohne eine solche Partei ist nicht nur ein Weg zum Sozialismus unmöglich, zur grundlegenden Änderung der Eigentums- und damit Lebensverhältnisse in unserem Land, ohne eine solche Partei wird auch das Aufhalten von Faschismus und Krieg erschwert und unwahrscheinlich.

Eine solche Partei war die KPD bis sie geschwächt durch Naziverfolgung, Krieg und Adenauer-Verbot, dem Ansturm des Revisionismus nicht mehr gewachsen war. Dennoch war sie und alle sich auf sie berufenden Kräfte Stachel im Fleisch des deutschen Imperialismus solange es noch die Sowjetunion und die DDR gab. Jetzt erst, mehr als 20 Jahre nach Einverleibung der DDR in Größer-Deutschland und nach der Auflösung der UdSSR, gibt es wieder ernsthafte Anstrengungen unter den linken Kräften der BRD eine Partei zu schaffen, die den Namen revolutionär verdient. Seit dem 20. Parteitag hat sich in der DKP eine stabile Führung herausgebildet, die die Erkenntnisse des Marxismus und des Leninismus wieder zur Leitschnur ihres Handelns macht und deutlich Position gegen den Hauptfeind im eigenen Land bezieht. Wir unterstützen jeden Schritt, den die DKP auf diesem Weg weiter geht.

Die DKP hat beschlossen zur Bundestagswahl 2017 anzutreten, damit die Stimme wieder hörbar werde zur Überwindung des kapitalistischen Systems, des Systems der rücksichtslosen Ausbeutung, des physischen und geistigen Elends, des Rassismus, des Chauvinismus und der nationalen Unterdrückung, des Kriegs und Faschismus, der Barbarei!

Wir rufen deshalb zur Wahl der DKP auf.
KAZ-Fraktion Ausrichtung Kommunismus

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Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 359, Juni 2017, S. 4 - 5
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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