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KAZ/289: Klassen und Klassenkampf in der VR China - Teil 2


KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 364, September 2018
Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker vereinigt euch!

Chinas Kampf um den Sozialismus
Klassen und Klassenkampf in der VR China (Teil 2)


In unserer Reihe "Chinas Kampf um den Sozialismus" waren wir zunächst der Frage nachgegangen: Volksrepublik China - kapitalistisch oder sozialistisch?[1] Es folgte die Untersuchung zu den äußeren Widersprüchen zwischen dem sozialistischen China und dem Imperialismus, der Versuch China einzukreisen und die Gegenmaßnahmen.[2] In KAZ 362 haben wir begonnen, uns mit den inneren (Klassen-) Widersprüche in der VR China auseinanderzusetzen. Es wurde herausgearbeitet: Die chinesische Verfassung ist die einzige in der Welt, die offen von Klassen und Klassenkampf im eigenen Land spricht und die Volksrepublik als "sozialistischen Staat unter der demokratischen Diktatur des Volks" festschreibt. Dieses klare Wissen der KP China um Klassen und Klassenwidersprüche hat sie 1989 vor der Niederlage durch die Konterrevolution bewahrt. Die Unterschiede des Klassenkampfes im Sozialismus und im Kapitalismus wurden in diesen Auseinandersetzungen erkennbar: Im Kapitalismus ist das Ziel der Sturz der Diktatur der Bourgeoisie, im Sozialismus die Stärkung der Diktatur des Proletariats oder aus der Sicht der Bourgeoisie: die Zerschlagung der Arbeiterherrschaft. Als Formen des Klassenkampfs wurden der Klassenkampf von Außen und von Innen und der verdeckte (z.B. Korruption) und offene Klassenkampf unterschieden. Gewicht wurde auf die Besonderheiten Chinas im Vergleich zu Europa gelegt. Ein Artikel des berühmten chinesischen Ökonomen Liu Guaguang (Jg. 1923) zeigt die aktuelle chinesische Diskussion um die staatlichen Unternehmen als Ausdruck des Klassenkampfs auf.

Im Folgenden nun: Staatskapitalismus, Auslandskapital, Arbeitsproduktivität, sozialistische Marktwirtschaft, Sozialismus mit chinesischen Charakteristika - Gewerkschaften.

Wir beziehen uns bei der Behandlung der Fragen oft auf Lenin. Ihn zu zitieren ist natürlich noch kein Beweis, dass die Analyse richtig ist oder die Schlussfolgerungen, die aufgrund der Lage Sowjetrusslands nach der Oktoberrevolution gezogen wurden, für heute und für ein Land wie China zutreffen. Dennoch: der unter der Führung Lenins eingeleitete Aufbau des Sozialismus in einem rückständigen Land, in einem vom Imperialismus beherrschten feindlichen Umfeld, das ist weiterhin das große weltgeschichtlich-unaufschiebbare Unterfangen. Daran arbeiten und kämpfen auch die chinesischen Kommunisten und haben dabei von Lenin gelernt und lernen von ihm. Und das sozialistische China hat in diesem Kampf wahrlich mehr verdient als unwillig grummelnde Zuschauer, die etwas von einem "nächsten Anlauf" murmeln. Der findet nämlich unter unseren Augen statt und verdient im eigenen Interesse Sympathie und Unterstützung - internationale Solidarität.


Woran China messen?

Wenn die bürgerliche Meinungsmache unzulängliche oder miserable Zustände in einzelnen Unternehmen des Riesenlands schadenfroh herausstreicht, dann vergessen sie regelmäßig den Maßstab zu benennen, an dem diese Zustände zu messen und zu bewerten sind: An Zuständen z.B. in Bangladesch, Nigeria oder Guatemala oder an Zuständen z.B. in der BRD.

Wie selbstverständlich messen sie an der BRD, die bald 200 Jahre eigenständiger kapitalistischer Entwicklung hinter sich hat. Demgegenüber konnte sich in dem zur Halbkolonie degradierten China (üblicherweise seit dem "Opiumkrieg" 1840-42 datiert) nicht einmal der Kapitalismus frei entwickeln. Und nach der Gründung der Volksrepublik 1949 hat China nicht nur Koreakrieg, sondern mindestens 20 Jahre (vom Abzug der sowjetischen Techniker ab 1958 bis zur Politik der Öffnung und Reformen ab 1978) der Isolierung, der Blockade und der Sanktionen erlebt.

Messen an Deutschland, das vor bald 150 Jahren Unterdrückernation geworden ist, selbst Kolonien ausgebeutet und auch ohne eigene Kolonien immens von der Ausplünderung der vom Imperialismus abhängigen Länder profitiert hat.

Sie vergleichen mit der BRD, die ganz überwiegend Reichtum aus den abhängigen Ländern herausgezogen und wenig gegeben hat. Sie vergleichen mit der BRD und vergessen dabei, wie in unserem gernegroß Land viele Millionen in prekären Verhältnissen leben müssen, ohne Hoffnung wieder heraus zu kommen. Sie vergessen, dass die Errungenschaften der Arbeiterbewegung zum Schutz der Arbeitskraft massiv unter Beschuss stehen: Nicht einmal die Hälfte der Beschäftigten arbeitet noch in Betrieben mit Tarifbindung. Und auf der gesetzlichen Ebene und in der betrieblichen Praxis haben die Angriffe des Kapitals erhebliche Löcher in die Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen geschossen. Stichworte: Altersarmut; Kinderarmut, Ausweitung des Arbeitstags, Verstärkung der Arbeitshetze, faktisches Einfrieren der Reallöhne usw. Und noch zum Thema gernegroß: Flughäfen, die nicht fertig werden, wahnsinnige Bahnprojekte ohne Nutzen, die Herrn von Wirtschaft und Finanz als Betrüger nicht mehr zu vertuschen - Stagnation und Fäulnis, wohin das Auge reicht.

Dagegen entwickelt sich China unter Führung der Kommunistischen Partei mit Riesenschritten und hat die Lebensbedingungen für hunderte von Millionen massiv und grundlegend verbessert. Die Kommunistische Partei hat in ihrer bald hundert Jahre währenden Existenz das Land aus Elend und Lethargie geholt. Heute ist überall Mut und Hoffnung. Millionenstädte - größer als Berlin - werden geradezu aus dem Boden gestampft. In Beijing wird bald der zweite Großflughafen innerhalb von 10 Jahren fertiggestellt, die siebte Ringstraße ist in Bau; zügig wird das Land mit schnellen Eisenbahnstrecken verbunden. Mit dem riesigen Seidenstraßenprojekt reicht China der Welt die Hand zum Zusammenwachsen, zum gegenseitigen Vorteil.[3] Selbst wenn das Alles von einem kapitalistisch gewordenen China erreicht worden wäre, wie unsere linken Schematiker behaupten, wäre die Wiedererstehung Chinas als stolze Nation eine großartige Leistung und müsste von jedem demokratisch gesinnten Menschen begrüßt und unterstützt werden. Welch ein Beitrag zur Gleichstellung der Nationen! Und welch ein Beispiel, dass es möglich ist, sich von der Dominanz des Imperialismus zu befreien, von Ausplünderung und Demütigung, und unabhängig zu werden und sein Schicksal in die eigene Hand nehmen zu können.


China widersteht der Konterrevolution

China ist aber ein sozialistisches Land, das dem Versuch der Konterrevolution 1989 widerstanden hat. Wer aber solche konterrevolutionären Kräfte als Revolutionäre, als die wahren Vertreter des Proletariats, und damit die Konterrevolution als Revolution darstellt - oder zumindest als "in der Hauptseite positiv" (wie es z.B. die MLPD zur sog. Bürgerrechtsbewegung in der DDR erklärt hat und damit die Einverleibung der DDR durch den deutschen Imperialismus deckt), der disqualifiziert sich selbst. Solche Kräfte scheuen sich nicht - im Nachgesang zu den reaktionärsten Stimmen aus dem bürgerlichen Lager -, China als kapitalistisch und imperialistisch zu bezeichnen. Sie bedienen damit den Popanz von der "gelben Gefahr" und finden sich an der Seite der aggressivsten Teile der Monopolbourgeoisie. Die lieben China zwar als Markt und Werkbank, als Quelle ihrer Profite, aber nicht als Kraft, die sie in die Schranken weist und Vorschriften macht. In der Vernichtung der Kommunistischen Partei als Garant der chinesischen Souveränität sehen sie ihr Ziel und dafür erhöhen sie den Druck von Außen und von Innen.

Wo solche Kräfte landen bzw. gelandet sind, zeigte schon Lenin auf: "Er (Miljukow, der Vertreter der Großbourgeoisie - die AG) schätzt die politischen Entwicklungsstufen ganz nüchtern ein und meint, für die Rückkehr zum Kapitalismus seien der Sozialrevolutionarismus und der Menschewismus eine notwendige Übergangsstufe. Die Bourgeoisie braucht eine solche Stufe, und wer das nicht begreift, ist ein Dummkopf." (W.I. Lenin, X. Gesamtrussische Konferenz der KPR (B) - Schlusswort zum Referat über die Naturalsteuer, LW 32, S. 439)

Sozialrevolutionarismus und Menschewismus - für uns verständlicher heißt das Anarchismus und Sozialdemokratismus sind der Übergang zur Konterrevolution, zur Restauration des Kapitalismus. Und das hat sich in den Ereignissen von 1989-in den sozialistischen Ländern Europas in trauriger Weise bestätigt!


Staatskapitalismus und Sozialismus? - Grundsätzliches

Gelegentlich wird die Einschätzung Chinas als "kapitalistisch" etwas geschönt durch "staatskapitalistisch". Wichtiges dazu hat Hans-Günter Szalkiewicz in seinem letzten Werk schon gesagt.[4] Rolf Berthold, ehemaliger Botschafter der DDR in der VR China, hat uns dazu eine wertvolle Anmerkung zukommen lassen.[5] Hier sei zur Zuspitzung Lenin angeführt:

"Wer auf diesem Gebiet die besten Resultate erzielt, sei es auch auf dem Wege des privatwirtschaftlichen Kapitalismus, sei es sogar ohne Genossenschaften, ohne direkte Umwandlung dieses Kapitalismus in Staatskapitalismus, der wird dem sozialistischen Aufbau in ganz Russland mehr Nutzen bringen als derjenige, der auf die Reinheit des Kommunismus 'bedacht' ist, Reglements, Direktiven, Instruktionen für den Staatskapitalismus und die Genossenschaften schreibt, aber praktisch den Umsatz nicht vorwärtsbringt.

Das mag als ein Paradox erscheinen: der privatwirtschaftliche Kapitalismus in der Rolle eines Helfers des Sozialismus? Aber das ist keineswegs ein Paradox, sondern eine ökonomisch völlig unbestreitbare Tatsache. Da wir ein kleinbäuerliches Land mit einem besonders zerrütteten Verkehrswesen vor uns haben, ein Land, das eben erst aus Krieg und Blockade herauskommt, das politisch geführt wird vom Proletariat, in dessen Händen sich das Verkehrswesen und die Großindustrie befinden, so ergibt sich aus diesen Voraussetzungen ganz unvermeidlich erstens die überragende Bedeutung des örtlichen Umsatzes im gegebenen Zeitpunkt, und zweitens die Möglichkeit, den Sozialismus auf dem Wege über den privatwirtschaftlichen Kapitalismus (ganz zu schweigen vom Staatskapitalismus) zu fördern." (W.I. Lenin, Über die Naturalsteuer, LW 32, S. 362)


Das ist der entscheidende Hinweis Lenins: Kapitalismus als Helfer des Sozialismus!

Lenin empfiehlt sogar: Lernen vom deutschen Imperialismus!

"Um die Frage noch klarer zu machen, wollen wir zunächst ein ganz konkretes Beispiel des Staatskapitalismus anführen. Alle wissen, was für ein Beispiel das ist: Deutschland. Hier haben wir das 'letzte Wort' moderner großkapitalistischer Technik und planmäßiger Organisation, die dem junkerlich-bürgerlichen Imperialismus unterstellt sind. Man lasse die hervorgehobenen Wörter aus, setze an Stelle des militärischen, junkerlichen, bürgerlichen, imperialistischen Staates ebenfalls einen Staat, aber einen Staat von anderem sozialen Typus, mit anderem Klasseninhalt, den Sowjetstaat, d.h. einen proletarischen Staat, und man wird die ganze Summe der Bedingungen erhalten, die den Sozialismus ergibt.

Sozialismus ist undenkbar ohne großkapitalistische Technik, die nach dem letzten Wort modernster Wissenschaft aufgebaut ist, ohne planmäßige staatliche Organisation, die Dutzende Millionen Menschen zur strengsten Einhaltung einer einheitlichen Norm in der Erzeugung und Verteilung der Produkte anhält. Davon haben wir Marxisten stets gesprochen, und es lohnt nicht, auch nur zwei Sekunden für ein Gespräch mit Leuten zu verschwenden, die sogar das nicht begriffen haben (die Anarchisten und die gute Hälfte der linken Sozialrevolutionäre).

Sozialismus ist außerdem undenkbar ohne die Herrschaft des Proletariats im Staate: das ist ebenfalls eine Binsenwahrheit. Die Geschichte (von der niemand, vielleicht außer den menschewistischen Flachköpfen ersten Ranges, erwartet hatte, dass sie uns glatt, ruhig, leicht und einfach den 'vollen' Sozialismus bringen werde) nahm einen so eigenartigen Verlauf, dass sie im Jahre 1918 zwei getrennte Hälften des Sozialismus gebar, eine neben der anderen, wie zwei künftige Küken unter der einen Schale des internationalen Imperialismus. Deutschland und Russland verkörpern 1918 am anschaulichsten die materielle Verwirklichung einerseits der ökonomischen, produktionstechnischen, sozialwirtschaftlichen Bedingungen und anderseits der politischen Bedingungen für den Sozialismus.

Die siegreiche proletarische Revolution in Deutschland würde mit einem Male, mit größter Leichtigkeit, jede Schale des Imperialismus zerbrechen (leider ist sie aus bestem Stahl verfertigt und lässt sich deshalb nicht durch die Anstrengungen eines jeden Kükens zerbrechen), den Sieg des Weltsozialismus ohne Schwierigkeiten oder mit geringfügigen Schwierigkeiten bestimmt verwirklichen - freilich wenn man den weltgeschichtlichen Maßstab der 'Schwierigkeit' nimmt, und nicht den engen Spießermaßstab.

Wenn in Deutschland die Revolution noch mit ihrer 'Geburt' säumt, ist es unsere Aufgabe, vom Staatskapitalismus der Deutschen zu lernen; ihn mit edler Kraft zu übernehmen, keine diktatorischen Methoden zu scheuen, um diese Übernahme der westlichen Kultur durch das barbarische Russland noch stärker zu beschleunigen, ohne dabei vor barbarischen Methoden des Kampfes gegen die Barbarei zurückzuschrecken. Wenn es; unter den Anarchisten und linken Sozialrevolutionären (mir fielen unwillkürlich die Reden von Karelin und Ge im Zentralexekutivkomitee ein) Leute gibt, die imstande sind, in der Art eines Karelin zu räsonieren, dass es uns Revolutionären nicht gezieme, vom deutschen Imperialismus 'zu lernen', so muss man eins sagen: Die Revolution, die solche Leute ernst nehmen wollte, wäre hoffnungslos (und durchaus verdientermaßen) verloren." (W.I. Lenin, Über die Naturalsteuer, LW 32, S. 346 f.)

"Der Kapitalismus ist ein Übel gegenüber dem Sozialismus. Der Kapitalismus ist ein Segen gegenüber dem Mittelalter, gegenüber der Kleinproduktion, gegenüber dem mit der Zersplitterung der Kleinproduzenten zusammenhängenden Bürokratismus. Insofern wir noch nicht imstande sind, den unmittelbaren Übergang von der Kleinproduktion zum Sozialismus zu verwirklichen, insofern ist der Kapitalismus in gewissem Maße unvermeidlich als das elementar entstehende Produkt der Kleinproduktion und des Austausches, und insofern müssen wir uns den Kapitalismus zunutze machen (besonders indem wir ihn in das Fahrwasser des Staatskapitalismus leiten) als vermittelndes Kettenglied zwischen der Kleinproduktion und dem Sozialismus, als Mittel, Weg, Behelf, Methode zur Steigerung der Produktivkräfte." (W.I. Lenin, Über die Naturalsteuer, LW 32, S. 364)

Lenin zeigt hier sehr deutlich auf, dass die massenhafte Kleinproduktion, damit der geringe Grad der Vergesellschaftung der Produktion, der heute noch in weiten Teilen Chinas vorherrschend ist (und durch die gigantische Entwicklung an der Ostküste und in den anderen Ballungszentren gerne übersehen wird), durch Nutzung des Kapitalismus überwunden werden soll.

Staatskapitalismus wird dabei von Lenin nicht als eigenständige Gesellschaftsform gesehen. Staatskapitalismus stellt eine Etappe der Vergesellschaftung der Produktion dar. Staatskapitalismus gibt es in der kapitalistischen Gesellschaftsformation und in der sozialistischen. Darin besteht der Unterschied: Im ersteren Fall dient das der Verteidigung und Erhaltung der Bourgeoisie gegen die imperialistischen Konkurrenten und gegen das Proletariat. Im Sozialismus dagegen dient der Staatskapitalismus - sogar der privatwirtschaftliche Kapitalismus - der Verteidigung und Entwicklung des Proletariats gegen die Bourgeoisie und ist eine Form zur Überwindung der Rückständigkeit. Lenin unterscheidet Staatskapitalismus und Sozialismus scharf, weil der Sozialismus nicht nur von der Vergesellschaftung der Produktion, sondern von der gesellschaftlichen Aneignung kommt. Wo diese gesellschaftliche Aneignung noch nicht oder erst partiell realisiert werden kann, herrscht eben, wie die chinesischen Genossen richtig formulieren: Sozialismus in seinem Anfangsstadium, der alle möglichen Muttermale der alten Gesellschaft noch mit sich herumschleppt - von Kleinst- und Kleinproduktion, von privatwirtschaftlichem und Staatskapitalismus. Die können nicht einfach abgeschafft werden, sondern sind darauf zu prüfen, wie sie zur Vergesellschaftung der Produktion genutzt und entwickelt werden müssen als Voraussetzung, dass die Produzenten ihre Produktionsmittel wieder in die eigenen Hände nehmen und sich die Früchte ihrer Arbeit als freie Assoziation aneignen können.


Staatskapitalismus und Sozialismus in der VR China

Müssen wir aber dann nicht auch Deng Hsiaoping und seine Politik der Reformen und Öffnung neu bewerten? Klingen die Leninschen Aussagen nicht nach Dengs "Weiße Katze, schwarze Katze - Hauptsache sie frisst Mäuse"? Eine Aussage, die von Mao Tsetung heftig kritisiert wurde - damals vermutlich[6] zurecht angesichts der zugespitzten Lage im Inneren und der Bedrohung von Außen. Das war aber eine Lage, die eher dem Kriegskommunismus in Russland nach der Oktoberrevolution ähnelte, in der Kompromisse mit dem Feind nicht gemacht werden. Aber nach der Konsolidierung der chinesischen Verhältnisse und der Durchbrechung der außenpolitischen Isolierung seit Ende der 1970er Jahre war der von Deng eingeschlagene Weg der richtige, vorwärtsweisend und grundlegend für die Erfolge des sozialistischen China, weil wohlverstanden an Lenin anknüpfende Weg.

Und in China sind die Warnungen wohl bekannt, die Lenin mit der Entwicklung des Kapitalismus im Sozialismus verbindet. "Denn Kleinproduktion gibt es auf der Welt leider noch sehr, sehr viel; die Kleinproduktion aber erzeugt unausgesetzt, täglich, stündlich, elementar und im Massenumfang Kapitalismus und Bourgeoisie. Aus allen diesen Gründen ist die Diktatur des Proletariats notwendig, und der Sieg über die Bourgeoisie ist unmöglich ohne einen langen, hartnäckigen, erbitterten Krieg auf Leben und Tod, einen Krieg, der Ausdauer, Disziplin, Festigkeit, Unbeugsamkeit und einheitlichen Willen erfordert." (Lenin, Der 'linke Radikalismus', die Kinderkrankheit im Kommunismus, LW Bd. 31, S. 8)

Und das schreckt unsere Reißbrett-Sozialisten gewaltig. Am Ende dann doch wieder bloß Kapitalismus und auch noch Diktatur der Proleten, dafür hätte man sich doch nicht zu verausgaben brauchen. ... Auf dem Reißbrett hat der Sozialismus gefälligst erst zu beginnen, wenn der Kapitalismus überreif ist - und darauf warten sie dann lieber bis Sankt Nimmerlein. Aber wehe ein Land untersteht sich, aufzubegehren gegen das Elend. gegen Ausbeutung und Unterdrückung, dann hat es sofort und gleich gefälligst Wohlstand samt Freiheit, Demokratie und Menschenrechte zu liefern, sonst kann sich der deutsche intellektuelle Spießer nicht dazu bequemen, den TÜV-Stempel "sozialistisch" zu vergeben.

Doch selbst ernsthafte Freunde Chinas sind besorgt,

  • dass sich in China der Kapitalismus scheinbar ungestüm entwickelt und damit auch die Bourgeoisie;.
  • dass das Proletariat hinter der Bourgeoisie zurückbleibt und die Gefahr der Restauration der Bourgeoisherrschaft größer wird;
  • dass die Öffnung für das ausländische Kapital und seine Monopole nicht nur einen Abfluss an Reichtum aus China bedeutet, sondern auch den Imperialismus stärken und ihm helfen würde, seine Krisen zu überwinden.

Auf diese Gefahren dauernd hinzuweisen, halten die chinesischen Genossen möglicherweise für überflüssig. Sie haben wahrscheinlich Lenin gründlicher studiert als die deutsche Linke und wissen: "... wir aber sagen, dass man sich von den Interessen des Proletariats, d. h. von der Sicherung gegen eine Restauration des Kapitalismus und von der Sicherung des Weges zum Kommunismus leiten lassen muss." (W.I. Lenin, X. Gesamtrussische Konferenz der KPR (B) - Schlusswort zum Referat über die Naturalsteuer, LW 32, S. 440) und "Wir aber sagen, dass wir auf alle Zugeständnisse eingehen werden in den Grenzen dessen, was die Macht des Proletariats stützt und festigt, das trotz aller Schwierigkeiten und Hindernisse unentwegt der Aufhebung der Klassen und dem Kommunismus entgegengeht". (a.a.O. S. 441)

Wurde in der VR China die Macht des Proletariats, vertreten durch die KP China, gestützt und gefestigt oder nicht? Daran ist die Leistung der Partei und ihrer Führung zu messen. Und die Kampagnen, die von der KP China in den letzten Jahren durchgeführt wurden, bestätigen, dass sie sich der Gefahren bewusst ist. Die Kampagne gegen die Korruption, die Kampagne zur Massenlinie, die von der Parteiführung deutlich formulierte Warnung, dass die Partei nichts ist ohne den Rückhalt in der Arbeiterklasse und im Volk.

Gesamtausgaben des Staates (einschließlich Zinsausgaben für die Staatsschuld) als Anteil am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt. Ohne Worte.

Im Zentrum des heutigen chinesischen Staatskapitalismus steht die SASAC (State-owned Assets Supervision and Administration Commission of the State Council = Kommission des Staatsrats zur Kontrolle und Verwaltung staatlichen Vermögens). Sie ist direkt dem Staatsrat der VR China[7] unterstellt. Die SASAC wurde 2003 im Zuge der Konsolidierung verschiedener Industrieministerien gegründet. Als Teil der Reform wurde fast die Hälfte der staatseigenen Unternehmen gegen Ausgabe von Aktien verkauft. SASAC ist verantwortlich, die verbleibenden staatseigenen Unternehmen zu leiten inklusive Ernennung von leitenden Managern, Zustimmung zu Fusionen oder zum Verkauf von Aktien oder Vermögen; ebenso legt die SASAC Gesetzesentwürfe vor, die staatseigene Unternehmen betreffen. Im Jahr 2017 hatten die gesamten staatseigenen Unternehmen Vermögen in Höhe von 161.000 Milliarden Yüan (= 26.000 Milliarden US-$), Umsätze in Höhe von etwa 23.400 Milliarden Yüan (= US-$ 3.600 Milliarden) und einen geschätzten Aktienwert von 50.000 Milliarden Yüan (= US-$ 7.600 Milliarden). Damit wäre die SASAC die größte ökonomische Einheit der Welt. Zum Vergleich: die Volkswagen Gruppe hat einen Marktwert (am 11.05.2018) von 101,4 Milliarden US-$.

Die SASAC hat derzeit 101 staatseigene Unternehmen[8] unter ihren Fittichen, darunter solche die zu den größten der Welt zählen wie die Ölgiganten Sinopec und CNPC. Es sind hier die Kommandohöhen der Wirtschaft vereint, von denen aus der Kampf geführt wird, dass die übrigen Teilnehmer am Wirtschaftsprozess in die gewünschte Richtung marschieren. Vor allem die strategischen Sektoren Luftfahrt, Post/Telekommunikation, Eisenbahn, Energieerzeugung und -versorgung, Öl/Gas, Getreide, Banken müssen vom Staat beherrscht werden - ganz im Sinne der bereits von Sun Yat-sen aufgestellten Maxime, dass das Volk "die Lebenshaltung der Nation" kontrollieren müsse.[9] Für die Banken ist die China Banking Regulatory Commission (CBRC - Kommision zur Regulierung der Banken in China) seit 2003 zuständig, ebenfalls direkt dem Staatsrat unterstellt. Die CBRC hat damit auch die Kontrollfunktion übernommen, die zuvor bei der chinesischen Zentralbank (People's Bank of China - man sträubt sich, um falsche Assoziation zum deutschen Bankenverbund zu vermeiden, dies als "Volksbank" zu übersetzen) gelegen hatte. Die CBRC überwacht dabei u.a. auch die "Großen Vier", die in Staatseigentum sind und wiederum zu den größten Banken der Welt zählen: Industrial & Commercial Bank of China (ICBC), Bank of China (BOC), China Construction Bank (CCB) and Agriculture Bank of China (ABC).

Und schließlich ist der Grund und Boden im Eigentum des Staates!

Es gehört schon eine besondere Böswilligkeit dazu, den leitenden Kräften in diesen Wirtschaftseinheiten samt ihren Kontrolleuren von Oben und von Unten - nämlich mindestens durch die Parteifunktionäre im eigenen Haus - zu unterstellen, dass sie dauernd und mit Energie gegen das in der Verfassung festgehaltene Ziel des Staates und gegen seinen Charakter, die demokratische Diktatur des Volkes, agieren. Schließlich gibt es in den staatseigenen Betrieben etwa 10 Millionen Mitglieder der KP China, die in mehr als 800.000 Parteikomitees organisiert sind. Diese wirken auch mit, dass korrupte Manager zur Rechenschaft gezogen werden. Hier einige der jüngsten Beispiele 2018: Chang Xiaobing, früher Leiter der China Telecom, verurteilt zu sechs Jahren Gefängnis; Song Lin, früher Leiter von China Resources 14 Jahre; Jiang Jiemin, ein früherer Manager der SASAC und Chef der China National Petroleum Corp 16 Jahre ebenfalls wegen Korruption.


Kampf gegen Korruption

Die Kampagne gegen die Korruption (2012-2016) wird im Jahr 2017 von Xi Jinping positiv bewertet.[10] Die Aufgabe der dem Politbüro des Zentralkomitees (ZK) der KP China direkt unterstellten Zentralen Disziplinkontrollkommission, CCDI, ist es, die Korruption im Land zu bekämpfen. Dieser Kampf wird nicht unterschätzt. Im Gegenteil, nach wie vor wird er als ein Kampf "um Leben und Tod"[11] angesehen. Die Kampagne führte zu einer breiteren und tieferen Bekämpfung der Korruption oder mit Xi Jinping ausgedrückt: es wurde keiner verschont weder "Fliegen" noch "Tiger"[12], also weder kleine noch große Funktionäre, Beamte, Manager und Wirtschaftsbosse. Im Fokus stehen dabei nicht allein Bestechung, Käuflichkeit und der Handel mit Ämtern bzw. Posten, sondern auch Machtmissbrauch, Miss- sowie Vetternwirtschaft, Unterschlagung und Verschwendung, wie üppige Bankette, teure Autos, Reisen und Gastgeschenke. Allein 2014 gab die chinesische Staatsführung angeblich 68 Milliarden Euro aus, um die Korruption zu bekämpfen.[13] 500.000 Inspekteure und Fahnder zählt allein die Zentrale Disziplinkontrollkommission. Rückblickend wurden während der über vier Jahre währenden Kampagne in allen 31 Provinzen und Stadtstaaten der Volksrepublik rund 1,2 Millionen Funktionäre und Beamte zunächst parteiintern, danach gerichtlich bestraft, wegen kleiner bis schwerster "Verstöße gegen die Disziplin", wobei letzteres in China eine Umschreibung für Korruption ist. 336.000 Personen wurden wegen Verstößen gegen den Parteikodex oder anderer Verhaltensregeln der Partei bestraft.[14] Darunter waren 240 hohe Parteifunktionäre (wie Politbüro-Mitglieder, Vizearmeechefs, Provinzgouverneure oder Leiter von Staatsbetrieben) von denen 223 verurteilt wurden. Ein hoher Richter, wie der Vizechef des Obersten Volksgerichtes, wurde überführt, 15 Mio. Dollar Bestechungsgelder erhalten zu haben.

Die Inspekteure und Mitarbeiter der Zentralen Disziplinkontrollkommission, CCDI, sind mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet und dürfen Zeugen vorladen und befragen, Personen überwachen, festnehmen, verhören, Räume durchsuchen oder auch Gelder beschlagnahmen und ihre Konten einfrieren. Diese Parteikommission steht aber nicht über den Dingen. Die Kontrolle der CCDI erfolgt über das Politbüro: Allein im Jahr 2015 wurden über 2.000 Mitarbeiter der CCDI-Behörde selbst wegen Disziplinverstößen und Korruption bestraft.[15]

Es geht zudem nicht allein um die Bekämpfung der Korruption im Inland. Dank der Bemühungen der VR China in den vergangenen Jahren Auslieferungsabkommen mit zahlreichen Ländern abzuschließen, konnten zwischen 2014 und 2017 über 2.500 Konzernbosse, Manager oder kleine Wirtschaftskriminelle zurück nach China geholt werden, wo sie schließlich bestraft wurden. Während im Jahr 2014 noch 101 Personen wegen Korruptionsermittlungen oder sonstiger Wirtschaftsverbrechen ins Ausland flohen, waren es 2016 nur noch 19.[16] Und: "2015 ist zum ersten Mal die Zahl der Zurückgekommenen höher als die der neu Geflohenen."[17] Der Erfolg der Korruptionsbekämpfung lässt sich auch daran messen, dass damit bestimmte Wirtschaftszweige, die an der Korruption verdienten, betroffen sind: Hersteller von Luxusartikel, Edelrestaurants, Hotels, Reiseveranstalter, Clubs, Galerien. Die Arbeit stützt sich dabei auf Anzeigen aus der Bevölkerung, allein 2014 waren es 2,72 Mio. Briefe und Beschwerden, denen nachgegangen wurde[18] bis "objektive Fakten und eiserne Beweise"[19] für Schuld oder Unschuld gefunden wurden. Am 20. März 2018 verabschiedeten die rund 3.000 Delegierten des Nationalen Volkskongresses das "Anti-Korruptionsgesetz" auf dessen Grundlage nun eine staatliche Behörde gegründet wurde, die "Nationale Aufsichtskommission". Sie wird von den nationalen, regionalen und lokalen Volkskongressen überwacht.[20] In einem sozialistischen Land wie der VR China, in dem nach wie vor offener und versteckter Klassenkampf, um die ökonomische und politische Macht im Land, geführt wird, ist die Korruption eines der schärfsten Waffen der Bourgeoisie, um Fuß zu fassen oder neu erlangtes Terrain abzusichern. Mit der Nationalen Aufsichtskommission wird der Kampf mit harten Bandagen gegen die Korruption institutionalisiert, nachdem er 2012 aufs Neue begonnen und 2016 verstärkt wurde.

Das chinesische Sprichwort "Die Berge sind hoch und der Kaiser ist weit."[21] beschreibt nach dem australischen bürgerlichen Wirtschaftsjournalisten MacGregor die Problematik dieses großen Landes, wo Kontrollverluste vorprogrammiert sind, je weiter die Provinz von Peking entfernt ist. Die größte Gefahr, die dabei von Unternehmern ausgehen kann ist laut dem Parteisekretär von Zheijang, Zhang Dejiang, "die Schaffung finanziell gut ausgestatteter, eigenständiger, privater Netzwerke"[22].


Auslandskapital - Gefahr für den Sozialismus?

"Bucharin ist ein ausgezeichnet gebildeter marxistischer Ökonom. Deshalb erinnerte er sich daran, dass Marx im höchsten Grade recht hatte, als er die Arbeiter lehrte, dass es wichtig sei, die Organisation der Großproduktion gerade im Interesse eines leichtern Übergangs zum Sozialismus zu erhalten, und dass der Gedanke durchaus zulässig sei, die Kapitalisten, gut zu bezahlen, sie auszukaufen, wenn (als Ausnahme: England war damals eine Ausnahme) die Umstände sich so gestalten, dass sie die Kapitalisten zwingen, sich friedlich zu fügen und in kultivierter, organisierter Weise, unter der Bedingung des Auskaufs, zum Sozialismus überzugehen.

Bucharin ist jedoch in einen Fehler verfallen, weil er sich nicht hineingedacht hat in die konkrete Eigenart der jetzigen Situation in Russland - einer Situation, die einzigartig ist, da wir, das Proletariat Russlands, mit unserer politischen Ordnung, mit der Stärke der politischen Macht der Arbeiter England, Deutschland oder jedem beliebigen anderen Land voraus sind, zugleich aber in Bezug auf die Organisation eines wohlgeordneten Staatskapitalismus, in Bezug auf die Höhe der Kultur, den Grad der Vorbereitung auf die materiell-produktionstechnische 'Einführung' des Sozialismus, hinter dem rückständigsten der westeuropäischen Staaten zurückstehen. Ist es etwa nicht klar, dass sich aus dieser eigenartigen Lage gegenwärtig gerade die Notwendigkeit eines Auskaufs eigener Art ergibt, den die Arbeiter den kulturell am höchsten stehenden, talentvollsten, organisatorisch fähigsten Kapitalisten anbieten müssen, die bereit sind, in den Dienst der Sowjetmacht zu treten und gewissenhaft zu helfen, die große und größte 'staatliche' Produktion zu organisieren?"[23]

Das zeigt, wie sehr Lenin darum kämpfte, ausländische Kapitalisten ins Land zu holen. Mit der "Neuen Ökonomische Politik" geht ein Ringen um ausländische "Investoren" einher. In der schwierigen Lage der Sowjetunion nach Krieg und Bürgerkrieg war die Frage nicht mehr, ob Konzessionen an ausländische Kapitalisten vergeben werden (z.B. für die Erdölförderung), sondern ob und unter welchen Bedingungen sich überhaupt Kapitalisten finden, die Konzessionen in Anspruch nehmen wollen.[24] Die VR China ist nach nunmehr fast 40 Jahren "Reform und Öffnung" und durch diese Politik bereits in einer ganz anderen Situation:

Die VR China hatte 2016 laut UNCTAD-Statistiken einen Bestand von rd. 1350 Milliarden US-Dollar an ausländischen Investitionen. China hatte im Ausland etwa 1280 Milliarden US-Dollar angelegt (Vergleichszahlen 1995: 101,1 Mrd zu 17,8 Mrd). Im Jahr 2016 lagen zum ersten Mal die neu von China im Ausland angelegten Direktinvestitionen höher als die in China vom Ausland angelegten (183,1 Mrd zu 133,7 Mrd).

Gleichzeitig hat die VR China lt. IWF Währungsreserven in Höhe von rd. 3.400 Milliarden US-Dollar - damit etwa ein Drittel der gesamten Währungsreserven der Welt. Die VR China ist durch die Anlagen dieser Währungsreserven überwiegend in US-Staatspapieren der größte Gläubiger der USA.[25] Die VR China wäre rechnerisch also durchaus in der Lage, die Kapitalisten, die Kapital im Land angelegt haben "auszukaufen" (s. oben). Und die Politik geht im Ziel weiter davon aus, China ökonomisch, politisch und militärisch auf eine Höhe zu bringen, dass der Imperialismus nie wieder in der Lage ist, dieses Land in die Knie zu zwingen. Dazu gehört aber auch, dass China lernt den Kapitalismus in seiner höchsten Entwicklungsstufe zu verstehen und für sich zu nutzen: Dazu gehören alle Tricks und Machenschaften bei Börse, Bank und Versicherung, um nicht über den Tisch gezogen zu werden. Alle Erkenntnisse bei Wissenschaft und Technik, nicht nur um sie zu nutzen, sondern sich auch vor den schädlichen Nebenwirkungen zu schützen. Und natürlich alle Finessen der ökonomischen, politischen und militärischen Friedenssicherung, um die Aggressionen des Imperialismus durch Währung oder Zölle, durch diplomatische Winkelzüge oder neue Waffensysteme ins Leere laufen zu lassen. Dazu muss China alles ausprobieren und wird dabei auch gelegentlich Fehler machen und daneben greifen.

Aber dieses Lernen von den Kapitalisten hat auch noch einen ganz anderen Aspekt. Dadurch dass die Volksrepublik auf allen Märkten in der ganzen Welt aktiv ist, schafft sie sich und allen Ländern, die für eine Befreiung vom Imperialismus kämpfen auch Freiräume, macht sogar Imperialisten von sich abhängig,[26] erschwert dadurch Erpressung, Aggression und den Aufbau einer geschlossenen Front gegen das sozialistische Land. Es spielt den Imperialisten ihre eigene Melodie vor, ohne das große Ziel aus den Augen zu verlieren.

Im Verlauf dieser Entwicklung der Produktivkräfte wird sich der Widerspruch zwischen Vergesellschaftung der Produktion und privater Aneignung in den Sektoren der Wirtschaft verschärfen, in denen sich privates Kapital ausgebreitet hat. Die KP China hat den Kapitalisten - chinesisch oder ausländisch - keine Garantie gegeben, dass dieser Zustand ewig währe. Die KP China hat stets betont, dass sie auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus arbeitet. Und sie hat die Macht, die Aneignungsfrage in diesem Sinn zu klären. Dass die Überwindung des Privateigentums keine technische Frage ist, sondern eng an das Bewusstsein der Arbeiterklasse geknüpft ist, darüber muss man die chinesischen Kommunisten wohl nicht belehren. Daran wird sich die Frage Wer - Wen letztlich entscheiden und darum wird der Kampf in den nächsten Jahrzehnten gehen, sicher auch zwangsläufig befeuert durch die wachsende Aggressivität der imperialistischen Großmächte gegenüber Volkschina.


Sozialistische Marktwirtschaft?

Um ihr gegenwärtiges Wirtschaftssystem zu beschreiben, wird von der KPCh der Begriff "Sozialistische Marktwirtschaft" verwendet. Er wird dem "Anfangsstadium des Sozialismus" zugerechnet und wurde aus dem seit 1978 formulierten Konzept des "Sozialismus mit chinesischen Charakteristika" abgeleitet.

Erstmals soll Deng Hsiaoping den Begriff "Sozialistische Marktwirtschaft" 1979 gegenüber Gesprächspartnern aus den USA benutzt haben. In den Parteidokumenten wird er seit dem 14. Parteitag 1992 offiziell verwendet.

Mit Dengs Maßnahmen wurde ein geordneter Rückzug eingeleitet von dem in der GPKR erreichten Stand der gesellschaftlichen Aneignung der Produktion. Es war erkannt worden, dass der Stand bei der Vergesellschaftung der Produktion noch nicht erreicht war, der eine kommunistische Aneignung und Verteilung ermöglichen kann. Es war eben ein Stand auf der Ebene der Kooperation, die zwar gegenüber einer handwerklichen Einzelproduktion bereits viele Produzenten zusammenbringen kann; bei Einsatz von Maschinerie aber auf dem Niveau der Großindustrie und erst recht bei Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie wird das Zusammenwirken, die Vergesellschaftung, von Millionen Produzenten über Ländergrenzen hinweg ermöglicht und gefordert.[27] Das brachte u.a. die schrittweise Auflösung der Volkskommunen seit 1978 mit ihrem hohen Grad der gesellschaftlichen Aneignung, aber einer auf niedrigem technischen Niveau relativ schwach entwickelten Vergesellschaftung der Produktion. Die Volkskommunen hatten seit 1958 in großem Stil Massen mobilisiert und dazu beigetragen, das Gesicht Chinas zu verändern (etwa der Rote Fahne-Kanal[28]). Doch es war noch Arbeit auf rückständiger technischer Grundlage eher vergleichbar mit dem Bau der Pyramiden als mit dem, was China 50 Jahre später beim Bau des Drei-Schluchten-Damms vorweisen kann.

Zum "organisierten Rückzug" im Zuge der "Neuen Ökonomischen Politik" seit 1921 merkte Lenin an:

"Werden wir imstande sein, unser unmittelbares Werk zu Ende zu führen oder nicht? Taugt diese Neue Ökonomische Politik nun zu etwas oder nicht? Wird sich der Rückzug als richtig herausstellen, so gilt es, sich nach dem Rückzug mit der Bauernmasse zusammenzuschließen und gemeinsam mit ihr, zwar hundertmal langsamer, dafür aber fest und unbeirrt vorwärtszuschreiten, damit sie stets sehe, dass wir trotz allem vorwärtsschreiten. Dann wird unsere Sache absolut unbesiegbar sein, und keine Kraft der Welt wird uns besiegen. Bis jetzt, im ersten Jahr, haben wir das noch nicht erreicht. Das muss unumwunden ausgesprochen werden. Aber ich bin fest davon überzeugt (und unsere Neue Ökonomische Politik gibt die Möglichkeit, diesen Schluss mit voller Klarheit und Sicherheit zu ziehen), dass wir diese Aufgabe lösen werden, wenn wir die ganze ungeheure Gefahr erkennen, die in der NÖP steckt, und alle unsere Kräfte auf die schwachen Punkte richten.

Es gilt, sich eng mit der Bauernmasse, mit der einfachen, werktätigen Bauernschaft zusammenzuschließen und zu beginnen, sich vorwärtszubewegen, zwar unvergleichlich, unendlich langsamer, als wir uns erträumt haben, dafür aber so, dass wirklich die ganze Masse mit uns vorwärtsschreiten wird. Dann wird auch zu gegebener Zeit eine solche Beschleunigung dieser Bewegung einsetzen, von der wir augenblicklich nicht einmal zu träumen wagen. Das ist meiner Meinung nach die erste grundlegende politische Lehre aus der Neuen ökonomischen Politik." (W.I. Lenin, Politischer Bericht des ZK der KPR (B) an den XI. Parteitag, LW 33, S. 257 f.)

Es gab auch damals in den 1920er Jahren Leute, die davon träumten, dass der Rückzug in Form der NÖP in der SU dazu führen würde, dass Russland dadurch zum "gewöhnlichen bürgerlichen Staat kommen" würde.[29] Es waren russische Emigranten, die dann gewaltig jammerten über die Maßnahmen, die Stalin und die KPdSU der wieder fetter gewordenen Bourgeoisie verordneten.

Entscheidend aber ist hier, dass Lenin das Bündnis der Arbeiter und Bauern als zentrales Anliegen anführt, das die NÖP rechtfertigt. Das war die noch viel größere Aufgabe im noch viel rückständigeren China nach 1949 und bleibt es auch heute noch angesichts der großen Bedeutung der landwirtschaftlich geprägten Gebiete im Westen und Norden Chinas gegenüber dem bereits städtisch-industriell geprägten Osten und Süden des Landes.

Doch der geordnete Rückzug war in China nicht nur durch die inneren Widersprüche notwendig. Auch die außenpolitische Lage erforderte und ermöglichte einen Rückzug. Der Besuch Nixons in der VR China (1972) war einerseits der Versuch des Imperialismus, China zu hätscheln, um es gegen die UdSSR in Stellung zu bringen. Er eröffnete andererseits die Möglichkeit, die Blockade und Isolation zu durchbrechen und dadurch die wirtschaftliche Entwicklung zu beschleunigen.

Man erinnere sich: Seit den 1970er Jahren war der Imperialismus wieder in die Offensive gekommen. Mit der Befreiung Saigons 1975 hatte die weltweite Arbeiter- und Befreiungsbewegung einen Wendepunkt erfahren, einen großartigen zwar, aber eben einen Wendepunkt. Seitdem befindet sich unsere Sache auf dem Rückzug,[30] der durch die Siege der Konterrevolution 1989/92 schmerzliche Niederlagen und Verluste gebracht und einen (vorläufigen?) Kulminationspunkt erreicht hat.

Auf den widersprüchlichen Charakter der "sozialistischen Marktwirtschaft" und die realen Gefahren, die damit in der VR China verbunden sind, weist auch der chinesische Politökonom Liu Guoguang hin: "Wenn die staatseigenen Anteile der verbleibenden großen und mittelgroßen staatseigenen Unternehmen weiter reduziert werden, kann die Grundlage des chinesischen Wirtschaftssystems, das durch das Volkseigentum als Hauptstütze gekennzeichnet ist, kaum aufrecht erhalten werden, und aus dem Einsturz der 'sozialistischen Marktwirtschaft' kann dann eine 'kapitalistische Marktwirtschaft' werden."[31] Hat man das nicht schon bei Chruschtschow gesehen, der nicht zuletzt unter ähnlichen Etiketten eine Umgestaltung der Sowjetunion einleitete, die bekanntermaßen in Stagnation und Schwäche, Zurückbleiben gegenüber dem Imperialismus, in Glasnost und Perestroika, in der Konterrevolution endete? Demgegenüber hat die von Deng eingeleitete Politik der Öffnung und Reformen jedoch zu Dynamik und Stärke, zum Aufholen gegenüber dem Imperialismus, zum Zurückweisen der Konterrevolution 1989 und seitdem zu einer positiv-stabilen Entwicklung geführt. Aber müssen wir nicht skeptisch sein? Heißt es doch im Lehrbuch Politische Ökonomie: "Die Warenproduktion als Ausgangspunkt der Entstehung des Kapitalismus und als dessen allgemeines Kennzeichen" (S. 81).

Zur Marktwirtschaft, ob sozialistisch oder kapitalistisch verknüpft, ist Ähnliches zu sagen wie oben zum Staatskapitalismus. Dabei wird der Markt häufig auf eine Methode reduziert, die nur richtig eingesetzt zu Wohlstand führen wird.

Markt setzt aber Warenproduktion voraus und Warenproduktion setzt wiederum voneinander unabhängige Produzenten voraus, die für den Austausch produzieren. Das aber setzt Privateigentum voraus, mindestens unterschiedliche Eigentumsformen (neben dem Privateigentum also z.B. auch genossenschaftliches oder Staatseigentum). Und wo Privateigentum und Warenproduktion vorhanden sind, kommt der ganze Rattenschwanz von Geld, Kapital, Mehrwert, Profit und damit Bourgeoisie gleich hinterdrein. Diese ökonomische (oder ist es eine ökonomistische?[32]) Betrachtungsweise hat allerdings den Haken, dass die Klassen- und Machtverhältnisse im Sozialismus ausgeblendet werden. Wirkt der Markt im Kapitalismus für die Bourgeoisie, unter deren Herrschaft seine Mechanismen zwar in der Tendenz einschränkt werden mit der Bildung von Monopolen; aber das Monopol einmal generell durchgesetzt, werden durchaus wieder Spielräume hat für Deregulierungen, Privatisierungen, etc. - jetzt für die Monopolbourgeoisie.

Im Sozialismus mit dem Proletariat an der Macht, vertreten durch eine starke Kommunistische Partei und mit den zentralen Unternehmen in Staatseigentum, kann das Privateigentum, kann die Bourgeoisie genutzt werden, um die Produktivkräfte zu entwickeln, die Kleinproduktion zu überwinden und damit - ganz gegen ihren Willen - die Grundlagen des Sozialismus zu schaffen und zu stärken.

In welche Richtung soll dabei die Reise gehen? In Richtung Kommunismus! Kommunismus aber verlangt eine massive Reduzierung der notwendigen Arbeit und Schaffung von viel gesellschaftlich verfügbarer Zeit ("disposable time"), die genutzt werden kann, um den Reichtum der menschlichen Natur als Selbstzweck entwickeln zu können, Kommunismus erfordert mit einem Wort die Beseitigung des Mangels an Nahrung, Kleidung, an Wohnungen, aber auch des Mangels, um Denken und Phantasie zu entfalten. Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen. Dorthin gelangen wir eben nur durch die Entwicklung der Produktivkraft der menschlichen Arbeit und durch die Beseitigung der sozialen Hemmnisse, die ihr entgegenstehen. In dieser Beseitigung besteht die Aufgabe der "niederen Stufe des Kommunismus", des Sozialismus. Offenbar kann die Entwicklung der Warenproduktion unter der Kontrolle der proletarischen Macht noch zur Entwicklung der Produktivkräfte beitragen und die chinesische Parteiführung weiß von Lenin, dass diese Form der Entwicklung die Bauernschaft an der Seite der Arbeiterklasse hält, die Verhältnisse in den noch landwirtschaftlich geprägten Landesteilen verbessert und für Teile der dortigen Bevölkerung Perspektiven in der Stadt schafft. Das ist der Zweck der "sozialistischen Marktwirtschaft".

Warenproduktion heißt Wertproduktion. Wert ist der Ausdruck eines gesellschaftlichen Verhältnisses, das noch die Vermittlung unabhängiger privater Produzenten erfordert. Das ist noch keine Gesellschaft des vergesellschafteten Individuums, das sich als selbstbewusster Teil des gesellschaftlichen Ganzen begreift. Die Überwindung der Warenproduktion bedeutet Einschränken des Wertgesetzes und seiner Wirkung, wie Stalin richtig bemerkt. Das kann aber nur durch Entwicklung der Produktivkräfte und der damit verbundenen Vergesellschaftung der Produktion erreicht werden, die dann auch gesellschaftlich angeeignet wird durch die freie Assoziation der Produzenten und nicht mehr durch private, unabhängig agierende Produzenten.

Kommunismus fängt mit dem Subbotnik an, also dann wenn die Werktätigen nicht mehr für Lohn arbeiten, sondern im Kollektiv, das durch keine Schranken von Eigentum mehr begrenzt und beschnitten ist, für sich und alle anderen.

Im heutigen China ist die sozialistische Marktwirtschaft eingebunden in die gesellschaftliche Planung. In den frühen 1990er Jahren wurde der klassische Fünfjahresplan mit detaillierten Input-Output-Festlegungen als Gesetz ergänzt durch Vertragsplanung mit Zielen und allgemeinen Maßnahmen, die dann mit den Unternehmen und lokalen Verantwortlichen verhandelt werden, um detaillierte Vorgaben festzulegen. Schließlich gibt es den Kennzahlenplan als Richtlinie, in dem allgemeine Ziele für Branchen festgelegt werden und die Marktinstrumente (Steuervergünstigungen, Subventionen, günstige Kreditlinien etc.), um die Firmen in die gewünschte Richtung zu lenken. Die "Staatliche Plankommission" wurde umgewandelt in die "Nationale Kommission für Entwicklung und Reform". Detailliert und verbindlich bleibt die Planung jedoch weiterhin für die staatlichen Betriebe, die in den strategischen Sektoren arbeiten. Diese Planung legt verbindliche Produktionsziele und den Bedarf an Rohmaterialien sowie die finanziellen Ressourcen fest. Derzeit basiert die ökonomische Entwicklung in der Volksrepublik auf dem 13. Fünfjahrplan (2016-2020).[33] "Organisierter Rückzug" und der Kampf der KP.

Die KP China, 1921 gegründet, hat rund 90 Mio Mitglieder (Stand: 2017, Einwohner BRD: 82,5 Mio), das sind 6,4% der Bevölkerung der Volksrepublik. Die große Autorität der Partei, ihr Rückhalt im Volk sind ungebrochen. Die KPCh hat ihren Einfluss seit den 1980er Jahren in allen Lebensbereichen der chinesischen Gesellschaft - Wirtschaft, Bildung, Militär, Staatsapparat - noch verstärkt. Insbesondere seit der Öffnung der Wirtschaft für ausländisches Kapital intensivierte die KP China ihre Bemühungen, in jedem Betrieb Parteikomitees als Basis zu installieren und in möglichst allen Betrieben Gewerkschaftsgruppen zu gründen. Gleichzeitig "gab [die KPCh] ihre langjährige Praxis, hinter den Kulissen zu wirken, auf und sorgte dafür, dass ihre Präsenz in privaten Unternehmen der Öffentlichkeit bekannt wurde."[34] Trotz wirtschaftlicher "Öffnung", sozialistischer Marktwirtschaft, ausländischem Kapital und der Tatsache, dass chinesische Bourgeoisie und ausländische Kapitalisten Profite machen - sonst gäbe es aus kapitalistischer Sicht überhaupt keine Grundlage für eine Zusammenarbeit - ist das Verhältnis zwischen Partei und Kapital von "Argwohn"[35] und "Misstrauen"[36] geprägt: "Für die Partei ging es darum, dass der aus- und inländische Privatsektor zur Bedrohung werden könnte."[37]. Der ehemalige Parteivorsitzende Jiang Zemin sprach zum Beginn seiner Amtszeit von Unternehmern als "Händler und Hausierer, die betrügen, unterschlagen, bestechen und Steuern hinterziehen." Solche Typen wie MacGregor schreiben für die Monopolbourgeoisie. Seine Untersuchungen und Recherchen sollen der Monopolbourgeoisie eine möglichst realistische Analyse liefern, nach denen sie sich orientieren können. MacGregor warnt ausdrücklich vor der Zusammenarbeit zwischen Kommunistischer Partei und Kapitalisten: "Bei der beispiellosen Partnerschaft zwischen einer kommunistischen Partei und kapitalistischen Unternehmen geht es jedoch um mehr. Sie ist und bleibt eine problematische, instabile und unheilige Allianz - eine Allianz allerdings, die innerhalb kurzer Zeit Auffassungen auf den Kopf gestellt hat, die mehr als hundert Jahre lang propagiert worden sind. Es hat vielleicht Jahrzehnte gedauert, aber mittlerweile gibt es an der Spitze der Partei einen breiten Konsens darüber, dass Unternehmer dem Sozialismus nicht etwa schaden, sondern eine Schlüsselrolle bei seiner Rettung spielen - vorausgesetzt sie schlüpfen unter den Mantel der Partei und befolgen deren Spielregeln." [Hervorhebungen von der AG]

MacGregor spricht von einem jahrzehntelangen Kampf um diese Position und erinnert an den Entschluss der Parteiführung unter Jiang Zemin, im Jahr 2001, Kapitalisten offiziell den Eintritt in der Partei zu gestatten, was "zu einer seltenen öffentlichen Spaltung innerhalb der Parteiführung"[38] und zu Unruhen an der Basis führte. Yasheng Huang, Professor am MIT,[39] kommt 2008 in seinen Studien über China zu dem Schluss, dass "der Privatsektor noch immer irgendwie als unzulässig betrachtet wird."[40] Diese Tatsachen erklären das kluge jedoch auch vorsichtige Vorgehen der Führung der KPCh bei dem Zulassen von bzw. der Entwicklung einer sozialistischen Marktwirtschaft; erklärt das Ausprobieren und Experimentieren mit regionalen Modellen oder Wirtschaftszonen - und die Auswertung dieser gesellschaftlichen Prototypen mit der Frage ob und wie sie auf das ganze Land ausgedehnt werden können.

Trotzdem bleibt die Tatsache, dass sich chinesische Bourgeoisie entwickeln darf, dass ausländisches Kapital im Land ist, dass die Bourgeoisie Zugang zur Kommunistischen Partei Chinas erhält, Zugang zum ZK der KPCh. Wie ist der Ausdruck "unter ihren Mantel" zu verstehen? An welche Regeln sollen sie sich halten? Was passiert bei Regelverstößen?

Der Kapitalist Wang Shi, Chef des größten chinesischen Bauunternehmens China Vanke, zählt die drei wichtigsten Regeln für Kapitalisten auf, wenn sie in China unbehelligt Geschäfte machen wollen. "Die erste Regel ist die, sagte er, dass man sich ohne einen 'roten Hut'[41] oder einen staatlichen Partner nicht schnell entwickelt. Zweitens sollte man sich davor hüten, ohne einen staatlichen Partner groß herauszukommen. Die dritte Regel, die er nach 1989 gelernt hatte, musste er nicht nennen: Hände weg von der Politik." Er muss es wissen: Als die chinesische und internationale Bourgeoisie 1989 wieder Blut leckte, war es der Unternehmer Wang Shi, der an der Spitze eines lokalen Protestmarsches, seiner eigenen Angestellten, die Demonstrationen in Peking unterstützte. Dafür kam er ein Jahr in Haft und zeitweise auf eine schwarze Liste.[42] Anders ausgedrückt dürfen die Kapitalisten dem Sozialismus helfen, dürfen den staatlichen Sektor stützen und damit Großproduktion, den technischen Fortschritt, schnellere Kommunikationswege mit voranbringen - aber aus der Politik müssen sie sich raushalten. Die zweite Regel bedeutet letztlich: Macht den staatlichen Betrieben keine Konkurrenz. Beispiele aus der chinesischen Aluminium- und Stahlbranche zeigen, wie erfolgreich im kapitalistischen Sinne Konzerne sein können, wenn sie mit dem staatlichen Konkurrenten zusammenarbeiten und wie sie jedoch untergehen können, wenn sie diese ausbooten wollen.


Parteikomitee bei WalMart

Die Partei hat seit der Öffnung der Märkte, wie oben erwähnt, einiges daran gesetzt ihren Einfluss im Privatsektor zu erhöhen und ebenso dazu beizutragen, dass die Gewerkschaften dort Fuß fassen. Exemplarisch wurde dies bei keinem geringeren als dem US-Handelskonzernriesen WalMart exerziert. Deutlich erkennbar auch hier der Modellcharakter, als im Jahr 2006 im reichen Quanzhou die Gewerkschaften, unterstützt von der KPCh, eine Kampagne gegen die bekanntlich miesen Arbeitsbedingungen bei WalMart und für die Gründung von Gewerkschaften durchführten. Als ausreichend Stimmen für die Gewerkschaftsgründung gesammelt wurden, war WalMart gesetzlich verpflichtet, die Gewerkschaft zuzulassen.[43] Aber diese Gewerkschaften und diese KP! Hör sich einer an, was die in ihrem Land so treiben: "Die Partei hat in den letzten Jahren zugelassen, dass sich der Gesamtchinesische Gewerkschaftsverband in der Politik und Gesetzgebung für die Interessen der Arbeitnehmer eingesetzt hat, aber sie hat diejenigen ins Gefängnis gesperrt, die für die Bildung unabhängiger Gewerkschaften eingetreten sind." sagt Professor Dickson für Politikwissenschaften an der privaten George Washington Universität. Wer die ureigene Aufgabe von Gewerkschaften in Frage stellt, was wird der wohl für unabhängige Gewerkschaften meinen? Solche im Stile der antisozialistischen U-Boot-Gewerkschaften wie Polens Solidarnosc.

Die Kampagne bei WalMart hatte Erfolg. Also wurde aus dem Modell eine landesweite Kampagne, die drei Jahre währte. Das Ergebnis dieser Bemühungen: Der Organisationsgrad der chinesischen Arbeiterinnen und Arbeiter hatte sich von 30% im Jahr 2003 auf 73% im Jahr 2008 gesteigert.[44] Das Ansehen für Partei und Gewerkschaften konnte ohne Zweifel wachsen. Also ging die KP China den nächsten Schritt an und 2008 "richtete ein WalMart-Unternehmen im Nordosten Chinas in aller Stille ein Komitee der KP ein."[45] Die Beispiele ließen sich noch weiterführen. Letztlich wurde 2007/2008 langsam sichtbar, dass die Bemühungen der Partei, in jedem ausländischen Unternehmen, das in China tätig ist, Parteikomitees zu gründen, "nur ein kleiner Teil einer wesentlich umfassenderen Strategie"[46] war, nämlich die Präsenz in jedem privaten Unternehmen zu erreichen. Das führte auch soweit, dass Joint Ventures wie zwischen Japans Nissan und Chinas Dongfeng, beinahe scheiterten, weil die chinesische Seite darauf beharrte, im Unternehmen ein Parteikomitee installieren zu können, dessen Vorsitzender bei allen wichtigen Entscheidungen im Management mitwirken durfte.[47] Die KPCh arbeitet aber nicht allein beharrlich an dieser Rückversicherung, diesen Kontrollorganen jeweils in den Herzen der "Händler und Hausierer", sie hat mit der Organisationsabteilung ein wichtiges personalpolitisches Instrument in der Hand, das über Funktionäre und Wirtschaftsbosse entscheidet und schließlich mit den Anti-Korruptionskommissionen die Möglichkeit, mit harter Hand gegen Korruption, Verschwendung, Umwelt- oder Lebensmittelverschmutzung usw. vorzugehen.

Bei all diesen Gängelungen, geht sie auch auf die Top-Manager und Unternehmer zu. Ein interessantes Beispiel liefert MacGregor: Partei lädt Spitzenmanager in die Zentrale Parteischule in Peking ein, damit sie mit hohen Kadern der KPCh aus mehreren Provinzen in Kontakt und Austausch kommen können. Vor allem die Manager waren von der Top-Ausstattung der Parteischule, ihrer Unterkünfte usw. begeistert - WLAN, große Lenovo-Flachbildschirme, alles schlicht, aber modern. Zwei Kurse, die den Teilnehmern angeboten wurden waren das Mao Zedong Denken und die Deng Hsiaoping-Theorie. "Am Ende des Kurses hatten die Unternehmer neuen Respekt vor den Funktionären und ihren Mammutaufgaben gewonnen."[48] Schließlich durften sie eine Rede von Xi Jinping hören (im Jahr 2008 war Xi Jinping Leiter der Zentralen Parteischule) - die Kader erhielten das Redemanuskript zum mitlesen, die 35 Top-Manager nicht. Sie durften sich auch keinerlei Notizen machen - für sie war es Ehre genug dem Genossen Xi Jinping zuhören zu dürfen. Das ist der Umgang der KPCh mit den Bourgeois - genug Distanz damit sie wirtschaftlich für den Sozialismus arbeiten können und genug Nähe, damit sich keine ökonomische Machtzentren und politische Netzwerke bilden können. MacGregor drückt das zusammenfassend in etwa so aus: "Die Partei hat private Unternehmen als Motor zur Schaffung von Arbeitsplätzen gefördert und an die Kandare genommen, wenn sie zu groß wurden; hat Unternehmer aufgefordert, in die Partei einzutreten, während sie Wirtschaftsführer einschüchterte und einsperrte, wenn diese mit ihr in Konflikt gerieten".[49]


Sozialismus und Arbeitsproduktivität

"Die Arbeitsproduktivität ist in letzter Instanz das allerwichtigste, das ausschlaggebende für den Sieg der neuen Gesellschaftsordnung. Der Kapitalismus hat eine Arbeitsproduktivität geschaffen, wie sie unter dem Feudalismus unbekannt war. Der Kapitalismus kann endgültig besiegt werden und wird dadurch endgültig besiegt werden, dass der Sozialismus eine neue, weit höhere Arbeitsproduktivität schafft." (Lenin, Die große Initiative, LW Bd. 29, S. 414)

Die VR China hat riesige und im Vergleich zu imperialistischen Ländern wie Deutschland enorme Fortschritte in der Arbeitsproduktivität erzielt. Während die Produktivität in China in den letzten 10 Jahren um mehr als 8% je Jahr anwuchs, waren es in der BRD in den letzten drei Jahren kaum + 1%.

Dennoch liegt die Arbeitsproduktivität der chinesischen Erwerbstätigen hier im Vergleich zu US-amerikanischen Verhältnissen - 2015 bei etwa 40% Arbeitsproduktivität der Erwerbstätigen in den USA. Gegenüber diesen Zahlen ist stets Vorsicht geboten, da hier das Bruttoinlandsprodukt (ein schiefer Indikator für Reichtum und Entwicklung) ins Verhältnis zu den Beschäftigten gesetzt wird. Angesichts des hohen Anteils der in der Landwirtschaft beschäftigten Bevölkerung in China mit ihrer traditionell niedrigeren Produktivität als in der Industrie, wird das in China Erreichte von vorneherein unterbewertet. Was jedoch für die Plausiblität des Vergleichs spricht, sind die Aussagen der chinesischen Staatsführung selbst, die von "Anfangsstadium des Sozialismus" und "bescheidenem Wohlstand" in China spricht.

Diese Problematik hatte Lenin bereits erkannt und auf den langwierigen Übergang weg von der Kleinproduktion hingewiesen. Und er zeigte, dass es die Aufgabe des Proletariats ist, die Entwicklung der Großproduktion voranzutreiben. Im Gegensatz zu Deutschland wächst die Zahl der industriellen Arbeiter in China, wächst die Großproduktion. Und China kann dabei mehr und mehr auf die eigenen Kräfte auch in der technischen Entwicklung setzen. Wie die WIPO (Weltorganisation für intellektuelles Eigentum) mitteilt, werden die meisten Patente weltweit inzwischen von chinesischen Unternehmen beantragt. 2017 wurden für chinesische Firmen 1,3 Millionen Patente registriert.

"Es ist klar, dass man zur völligen Aufhebung der Klassen nicht nur die Ausbeuter, die Gutsbesitzer und die Kapitalisten, stürzen, nicht nur ihr Eigentum abschaffen muss, man muss auch sonst jedes Privateigentum an den Produktionsmitteln abschaffen, man muss sowohl den Unterschied zwischen Stadt und Land wie auch den Unterschied zwischen Hand- und Kopfarbeitern aufheben. Das ist ein sehr langwieriges Werk. Um es zu vollbringen, bedarf es eines gewaltigen Schritts vorwärts in der Entwicklung der Produktivkräfte, muss man den Widerstand der zahlreichen Überreste der Kleinproduktion überwinden (einen oft passiven Widerstand, der besonders hartnäckig ist und sich besonders schwer überwinden lässt), muss man die ungeheure Macht der Gewohnheit und Trägheit überwinden, die diesen Überresten anhaftet.

Anzunehmen, dass alle 'Werktätigen' gleichermaßen zu dieser Arbeit fähig sind, wäre eine völlig hohle Phrase oder die Illusion eines vorsintflutlichen, vormarxschen Sozialisten. Denn diese Fähigkeit ist nicht an sich gegeben, sondern sie erwächst historisch und erwächst nur aus den materiellen Bedingungen der kapitalistischen Großproduktion. Diese Fähigkeit besitzt bei Beginn des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus nur das Proletariat. Das Proletariat ist imstande, die ihm zufallende gigantische Aufgabe zu erfüllen, erstens weil es die stärkste und fortgeschrittenste Klasse der zivilisierten Gesellschaften ist; zweitens weil es in den entwickeltsten Ländern die Mehrheit der Bevölkerung ausmacht; drittens weil in den rückständigen kapitalistischen Ländern, wie etwa Russland, die Mehrheit der Bevölkerung Halbproletarier sind, d. h. Menschen, die ständig einen Teil des Jahres proletarisch leben, die ständig einen gewissen Teil ihres Lebensunterhalts durch Lohnarbeit in kapitalistischen Betrieben erwerben." (Lenin, Die große Initiative, LW 29, S. 410 f.)

"Um zu siegen, um den Sozialismus zu schaffen und zu festigen, muss das Proletariat eine doppelte oder zweieinige Aufgabe lösen: erstens die ganze Masse der Werktätigen und Ausgebeuteten mitreißen durch seinen grenzenlosen Heroismus im revolutionären Kampf gegen das Kapital, sie mitreißen, sie organisieren, sie führen, um die Bourgeoisie niederzuwerfen und jeden Widerstand der Bourgeoisie vollständig zu brechen; zweitens die ganze Masse der Werktätigen und Ausgebeuteten sowie alle kleinbürgerlichen Schichten auf den Weg eines neuen wirtschaftlichen Aufbaus führen, auf den Weg der Schaffung einer neuen gesellschaftlichen Bindung, einer neuen Arbeitsdisziplin, einer neuen Arbeitsorganisation, die das letzte Wort der Wissenschaft und der kapitalistischen Technik vereinigt mit dem Massenzusammenschluss bewusst arbeitender Menschen, die die sozialistische Großproduktion ins Leben rufen.

Diese zweite Aufgabe ist schwieriger als die erste, denn sie kann keinesfalls durch den Heroismus eines einzelnen Ansturms gelöst werden, sondern erfordert den andauerndsten, hartnäckigsten, schwierigsten Heroismus der alltäglichen Massenarbeit. Diese Aufgabe ist aber auch wesentlicher als die erste, denn in letzter Instanz kann die tiefste Kraftquelle für die Siege über die Bourgeoisie und die einzige Gewähr für die Dauerhaftigkeit und Unumstößlichkeit dieser Siege nur eine neue, eine höhere gesellschaftliche Produktionsweise sein, die Ersetzung der kapitalistischen und der kleinbürgerlichen Produktion durch die sozialistische Großproduktion." (Lenin, Die große Initiative, LW 29, S. 412 f. - Hervorh. Corell)

"Der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus umfasst eine ganze geschichtliche Epoche. Solange sie nicht abgeschlossen ist, behalten die Ausbeuter unvermeidlich die Hoffnung auf eine Restauration, und die Hoffnung verwandelt sich in Versuche der Restauration." (Lenin, Die proletarische Revolution und der Renegat Kautsky, LW 28, S. 252 f.)

Um die Versuche der Restauration zu zerschlagen, dafür steht die erfahrene Kommunistische Partei mit einem herausragenden Mann wie Xi Jinping an der Spitze. Und dafür steht das chinesische Volk mit seinem historischen Kampf um Unabhängigkeit und Befreiung.

China ist ein sozialistisches Land und wird und muss um seinen Weg zum Sozialismus kämpfen!


AG "Chinas Kampf um den Sozialismus": R. Corell, Dien Bien Phu, Lobo, O'Nest

Nächste KAZ: Arbeiterklasse, Gewerkschaften, Klassenkampf


Anmerkungen

[1] KAZ 344 mit Beiträgen von Rolf Berthold, Eike Kopf und der KAZ-"Chinas Kampf um den Sozialismus" (R. Corell, Dien Bien Phu, Karlchen, Lobo, O'Nest)

[2] KAZ 356: "Die VR China soll eingekreist werden - Dagegen: unsere Solidarität!" von AG "Chinas Kampf um den Sozialismus" (R. Corell, Dien Bien Phu, Karlchen, Lobo, O'Nest)

[3] Natürlich gibt es in China auch eine Vielzahl von Protesten, die angesichts der stürmischen Entwicklung unvermeidlich sind. Die Proteste sind aber oft - anders als bei uns - Ausdruck der Frage, warum es "noch nicht" so weit ist, und der Gewissheit, dass die Überwindung des Missstands bereits möglich erscheint. Sie sind allerdings auch manchmal Festklammern an alten Verhältnissen. Damit ist zwar auch ein Anknüpfungspunkt für die Konterrevolution gegeben, aber positiv gesehen ist es für die Verantwortlichen in Staat und Partei als ständige Mahnung erkennbar, dass Fortschritt nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein soziales Problem ist.

[4] Die chinesische Mauer oder wie kapitalistisch ist die Volksrepublik China?, Berlin 2017 (E.i.S.)

[5] "In den chinesischen Materialien wird der Begriff 'Staatskapitalismus' nicht gebraucht, das hat sicher seinen Sinn. In den Verträgen der chinesischen Behörden mit in- und ausländischen Privatinvestoren gibt es ein Anfangsdatum und auch ein Enddatum. So wird die spätere Veränderung der Eigentumsverhältnisse erleichtert. Interessant ist, dass das Enddatum der meisten Verträge um das Jahr 2050 liegen, dem Jahr, das als Abschluss der Anfangsetappe des Sozialismus ins Auge gefasst ist."

[6] Wir schreiben vorsichtig, weil uns keine fundierten Analysen vorliegen, inwieweit die damals unterstellte Bedrohungslage im Zusammenhang etwa mit den bewaffneten Auseinandersetzungen am Ussuri/Amur 1969 den Tatsachen entsprochen hat.

[7] Der Staatsrat ist die zentrale Volksregierung, gewählt vom Nationalen Volkskongress. Verfassungsrechtlich besteht der Staatsrat aus dem Ministerpräsidenten, mehreren Vize-Ministerpräsidenten, mehreren Staatskommissaren, den Fachministern, den Vorsitzenden der Fachkommissionen, dem Präsidenten der Oberrechnungskammer und dem Generalsekretär. Der Ministerpräsident Li Keqiang und die vier Vize-MinisterpräsidentInnen (darunter die Genossin Sun Chunlan, eine frühere Arbeiterin aus der Uhrenfabrik in Anshan) sind auch Mitglieder des Politbüros bzw. des Ständigen Ausschusses des Politbüros der KP China.

[8] Es gibt etwa 150.000 staatseigene Unternehmen in China (das ist allerdings nur etwa 3% aller Unternehmen in der VR China), die rund ein Drittel des BIP erzeugen und etwa 20% der Werktätigen beschäftigen. Diese Unternehmen hängen über vielfältige Beziehungen an den großen von der SASAC zentral verwalteten Unternehmen.

[9] vgl. Mao Tse-tung, Über die Neue Demokratie, AW 2, S. 412

[10] "Neue chinesische Behörde jagt korrupte Funktionäre, Die Welt vom 12.1.2017

[11] Ebenda

[12] "Korruptionsbekämpfung kostet China jährlich 68 Milliarden Euro", FAZ vom 25.6.2014

[13] Ebenda

[14] "Peking macht Jagd auf Parteimitglieder - aus Liebe", Die Welt vom 15.1.2016

[15] Ebenda

[16] "Neue chinesische Behörde jagt korrupte Funktionäre, Die Welt vom 12.1.2017

[17] "Peking macht Jagd auf Parteimitglieder - aus Liebe", Die Welt vom 15.1.2016

[18] "Peking macht Jagd auf Parteimitglieder - aus Liebe", Die Welt vom 15.1.2016

[19] Zitat von Wu Yuliang, Vize-Chef der CCDI in: "Peking macht Jagd auf Parteimitglieder - aus Liebe", Die Welt vom 15.1.2016

[20] Näheres zu den Befugnissen und den Gründen für die Bildung dieser Behörde unter: "Xi Jinping will aufräumen: China gründet Mega-Behörde für Kampf gegen Korruption", RT-Deutsch, 23.3.2018

[21] Richard MacGregor: "Der rote Apparat - Chinas Kommunisten", 2011, Matthes & Seitz Berlin, S. 247

[22] Ebenda, S. 295

[23] W.I. Lenin, Über die Naturalsteuer, LW 32, S. 351

[24] "Ohne Konzessionen können wir auf eine Unterstützung durch die hochentwickelte moderne kapitalistische Technik nicht rechnen. Und ohne diese Technik können wir keine richtige Grundlage für unsere Großindustrie auf solchen Gebieten schaffen wie der Gewinnung von Erdöl, das für die gesamte Weltwirtschaft von außerordentlicher Bedeutung ist. Wir haben noch keinen einzigen Konzessionsvertrag abgeschlossen, wir werden aber alles tun, um solche Verträge zu schließen. Sie haben in der Zeitung gelesen, dass die Erdölleitung Baku-Tiflis in Betrieb genommen wird? Sie werden bald über eine ebensolche Erdölleitung bis Batum lesen; Das wird die Möglichkeit eines Zugangs zum Weltmarkt geben. Die Sache läuft darauf hinaus, unsere wirtschaftliche Lage zu verbessern, die technische Ausrüstung unserer Republik zu verstärken, die Produktenmenge, die Menge der Lebensmittel und der Gebrauchsgüter für unsere Arbeiter zu vergrößern. In dieser Hinsicht ist jede Erleichterung von gewaltiger Bedeutung für uns. Deshalb fürchten wir uns nicht, einen Teil von Grosny und Baku in Konzession zu geben. Haben wir ein Viertel von Grosny und ein Viertel von Baku in Konzession gegeben, so werden wir diese Konzessionserteilung ausnutzen' - wenn es uns gelingen wird, sie zu realisieren -, um auf den übrigen drei Vierteln die fortgeschrittene Technik des fortgeschrittenen Kapitalismus einzuholen. Jetzt sind wir außerstande, das auf andere Weise zu tun. Wer den Zustand unserer Wirtschaft kennt, wird das begreifen. Haben wir aber eine wenngleich mit Hunderten Millionen Goldrubel bezahlte Stütze, so werden wir alle Mittel anwenden, um das auf den übrigen drei Vierteln zu erreichen." (W.I. Lenin, Rede bei der Schließung des Parteitags, LW 32, S. 272 f.)

[25] Zum Vergleich: Die BRD hat Währungsreserven in Höhe von 200,1 Mrd US-Dollar, was etwa 6% der chinesischen Reserven entspricht.

[26] Bekannt ist die Abhängigkeit bei Fahrzeugen, die von VW, General Motors, Toyota etc. exportiert oder in China gefertigt werden. Weniger bekannt ist aber, dass die VR China der größte Importeur von Rohöl aus den USA ist.

[27] Wir können jedoch bereits bei Mao Tse-tung (1958) nachlesen und nebenbei bemerken, wie gut er Lenin verstanden hat: "Wenn sich einige Leute vor den Waren fürchten, dann haben sie vor nichts anderem Angst als vor dem Kapitalismus; sie verstehen nicht, dass nach Ausschaltung der Kapitalisten die Warenproduktion in großem Ausmaß entwickelt werden kann. Wir sind in der Warenproduktion immer noch ein rückständiges Land, das sich nicht mit Brasilien und Indien messen kann. Warenproduktion ist nicht isoliert. Es kommt darauf an, womit sie verknüpft wird, mit Kapitalismus oder mit dem Sozialismus. Mit dem Kapitalismus verknüpft, ist sie kapitalistische Warenproduktion, mit dem Sozialismus verknüpft ist sie sozialistische Warenproduktion. ... Die Warenproduktion muss nicht wegen des Profits in großem Umfang entwickelt werden, sondern wegen der Bauern, wegen des Bündnisses zwischen den Arbeitern und Bauern, wegen der Entwicklung der Produktion." Mao Tse-tung, Das machen wir anders als Moskau, Reinbek 1975, S. 108 - Hervorh. Corell)

[28] Dieser Kanal wurde 1959 ("Großer Sprung nach vorn") begonnen und 1969 fertiggestellt. Der Hauptkanal ist ca. 71 km lang. Das Kanalnetz zählt mit Nebenkanälen und Bewässerungskanälen insgesamt über 1.500 km. Zum Vergleich der Rhein-Main-Donau-Kanal hat gerade mal 171 km, Bauzeit über 30 Jahre.

[29] s. a.a.O. S. 272 f.

[30] Natürlich erlebt auch der Rückzug einzelne Vorwärtsbewegungen, die ermutigt und gestärkt haben, aber die Tendenz nicht grundlegend geändert haben: die Befreiung vom Apartheidregime in Südafrika, die Revolutionen in Venezuela und anderen Ländern Lateinamerikas usw. Das waren immer wieder Haltepunkte, an denen sich unsere Sache festhalten und aufrichten kann - immer wieder gestützt durch die Standhaftigkeit der den Sozialismus verteidigenden Länder China, Nord-Korea, Laos und der heldenhaften Völker Kubas und Vietnams.

[31] Liu Guoguang, Zu einigen Fragen die gegenwärtige marxistische Theorie betreffend: Klassenkampf in China, KAZ 362, übersetzt aus Marxist Studies in China 2015, S. 147 ff.

[32] Nach dem Ökonomismus, den Lenin in der Politik der Menschewiki mit ihrer Vernachlässigung des politischen Kampfs und der Anbetung des Spontaneität kritisierte hatte, entdeckte er bei Bucharin ab 1916 den "imperialistischen Ökonomismus" (vgl. Lenin Werke Bd. 23). Durch ihn werden die ökonomischen Entwicklungen im Imperialismus als ökonomische Zwänge dargestellt, die unausweichlich und unvermeidbar seien. Die politisch-demokratischen Kämpfe werden abgetan als illusorisch oder gar reaktionär. Lenin zeigt dagegen: ohne den Demokratismus der Massen keine soziale Revolution. Diese befreiende Einsicht Lenins, die keine Automatismen akzeptiert, sondern dem Klassenkampf die ausschlaggebende Rolle zuweist, sollte auch für die Analyse der Entwicklung im Sozialismus genutzt werden. Die Gefahr eines "sozialistischen Ökonomismus" wurde auch von uns unterschätzt. Das machte sich etwa bemerkbar in der Skepsis gegen die chinesische Politik der Öffnung und Reformen z.B. in Formulierungen wie Deng will "den Tiger reiten", u.ä. (s. auch R. Corell, Die Große Proletarische Kulturrevolution - Chinas Kampf um den Sozialismus)

[33] vgl. z.B. en.ndrc.gov.cn/policyrelease/201612/P020161207645766966662.pdf

[34] Richard MacGregor, a.a.O., S. 278

[35] Ebenda, S. 277 f; Hier das ganze Zitat: "Der Argwohn gegenüber Unternehmern war auch noch lange nach der Einführung von Dengs marktwirtschaftlichen Reformen Ende der siebziger Jahre lebendig.

[36] Ebenda, S. 278

[37] Ebenda, S. 278

[38] Ebenda, S. 278 f. Konkret wird im Buch Zhang Deijiang genannt, Mitglied im Politbüro, der sagte, es sei "sonnenklar", dass Unternehmer nicht in die Partei aufgenommen werden sollten. Er warnte auch davor, wie oben bereits erwähnt, dass die Kapitalisten finanzstarke Netzwerke bilden, die sich zu (Gegen-) Machtzentren entwickeln können. Vgl. Ebenda, S. 293 ff.

[39] Massachusetts Institute of Technology, MIT, eine Technische Eliteuniversität in Boston, USA

[40] Ebenda, S. 281

[41] Gemeint ist damit, dass sich manche private Firmen, als staatliche Gesellschaften eintragen lassen. GmbHs in der VR China können laut Aktienregister teils staatliche teils private Eigentümer besitzen. Die Kapitalisten setzen sich "einen roten Hut" auf, indem sie die staatlichen Anteile betonen - dafür erhalten sie im Gegenzug leichter Kredite, der sich in Staatshand befindlichen Banken. (Vgl. Ebenda, S. 287).

[42] Ebenda, S. 292

[43] Ebenda, S. 299 f.

[44] Ebenda, S. 301

[45] Ebenda, S. 302

[46] Ebenda, S. 302

[47] Ebenda, S. 304

[48] Ebenda, S. 319

[49] Ebenda, S. 278

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Quelle:
KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 364, September 2018, S. 18 - 30
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Oktober 2018

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