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MARXISTISCHE BLÄTTER/444: Obama und die Kuba-Politik der USA


Marxistische Blätter Heft 3-10

Obama und die Kuba-Politik der USA

Von Steffen Niese


Noch bevor Barack Obama als 44. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt wurde, war bereits von einer Abkehr von der Kuba-Politik seines Amtsvorgängers Bush die Rede. Als sich dann auch noch in den USA die Stimmen mehrten, die einen Politikwechsel gegenüber Kuba forderten und das Scheitern der bisherigen Politik selbst von einflussreichen Politikern eingestanden wurde, waren sich viele sicher, dass mit dem Wahlsieg Obamas ein historischer Wendepunkt in den US-kubanischen Beziehungen möglich sei. Tatsächlich hatte er im Präsidentschaftswahlkampf, den er mit den Schlagwörtern Hoffnung, Fortschritt und Wechsel bestritt, Veränderungen der bisherigen Politik gegenüber der sozialistisch regierten Insel angekündigt und davon gesprochen, dass unter seinem Mandat ein Neuanfang in den Beziehungen zwischen den USA und Kuba gesucht werde würde. Nach mehr als einem Jahr seit seinem Amtsantritt ist es Zeit, diesbezüglich ein erstes Fazit seiner Regierungszeit zu ziehen und sich, auch vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung der US-amerikanischen Kuba-Politik, zu fragen, ob die auf Obama gerichteten Hoffnungen auf eine Neuausrichtung der Kuba-Politik der USA berechtigt waren oder ob sein Politikstil lediglich eine andere Spielart des US-Imperialismus gegenüber Kuba darstellt.


Historische Aspekte der US-amerikanischen Kuba-Politik bis zum Jahr 1959

Spätestens seit Beginn des 19. Jahrhunderts war Kuba in das Blickfeld der US-Außenpolitik gerückt, die die 90 Meilen südlicher gelegene Insel als Teil ihres Staatsgebietes betrachtete und entsprechende Besitzansprüche an die damalige Kolonialmacht Spanien richtete. Im Jahr 1823 sprach der damalige Außenminister und spätere US-Präsident davon, dass Kuba ein "natürliches Anhängsel des nordamerikanischen Kontinents" sei und wiederholt wurden daraufhin Spanien beträchtliche Summen für einen Verkauf der Insel angeboten. Da diese und andere Versuche zur Aneignung der Insel keine Erfolge brachten, konzentrierten sich die USA zunächst darauf, ihre außenwirtschaftliche Bedeutung für Kuba zu erhöhen und 1894 gingen bereits 84 % aller Ausfuhren in die Vereinigten Staaten, während rund 40% aller importierten Güter von dort stammten. Als sich die politische Lage in Kuba im Zuge des Unabhängigkeitskrieges zuspitzte und ein Sieg der kubanischen Befreiungskämpfer um Antonio Maceo und Máximo Gómez gegen Spanien immer wahrscheinlicher wurde, fürchteten die USA um ihren Einfluss. Sie griffen im Jahr 1898 militärisch in den Konflikt ein und erhielten von Spanien am 1. Januar 1899 formell die Hoheit über die Insel. Vier Jahre lang blieb Kuba daraufhin unter US-amerikanischer Militärverwaltung, bis es im Jahre 1902 in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Diese Unabhängigkeit besaß jedoch nur formalen Charakter, da sich die USA im sogenannten Platt-Amendment das Recht auf Intervention in der kubanischen Verfassung festschreiben ließen und Kuba damit zu einem Protektorat degradierten. Auch die Kontrolle US-amerikanischer Firmen über weite Teile der kubanischen Wirtschaft trug dazu bei, dass die USA der entscheidende Machtfaktor auf Kuba blieben und Politik und Ökonomie bis zum Sieg der kubanischen Revolution im Jahr 1959 fast nach Belieben kontrollierten, ohne dabei das Prinzip der "guten Nachbarschaft" verletzen und direkt eingreifen zu müssen.


Die US-Politik gegenüber dem revolutionären Kuba zwischen 1959 und 1990

Als am 1. Januar 1959 die siegreiche Rebellenarmee nach mehr als 3jährigem Guerillakrieg in Havanna einzog und den lange Zeit von den USA protegierten Diktator Fulgencio Batista ins Exil zwang, brach für Kuba eine neue Epoche an. Und ganz am Anfang schien es sogar so, als ob die Vereinigten Staaten diesem neuen Kuba mit Offenheit und vorsichtig-wohlwollendem Optimismus begegnen wollten; sie erkannten bereits am 7. Januar die neue Regierung an. Kurz darauf aber änderten sie bereits ihre Position. Es wurde ihnen klar, dass es der Bewegung des 26. Juli um Fidel Castro keineswegs nur darum ging, die Spitze des Staates neu zu besetzen, sondern das politische und ökonomische System des Landes grundlegend umzugestalten und an den Grundfesten der Herrschaft des amerikanischen Kapitals auf Kuba zu rütteln. Und als die Revolutionäre in Kuba dann ihre Absichten in die Tat umzusetzen begannen, eine Agrarreform verkündeten und die Telefongesellschaften verstaatlichten, wurde aus der Ablehnung Gegnerschaft und der US-amerikanische Geheimdienst CIA begann mit den ersten Planungen für verdeckte Operationen gegen die kubanische Regierung. In wirtschaftlicher Hinsicht wurden seitens der USA die mit Kuba vereinbarten Zuckerlieferungen beendet sowie ein Exportstopp verhängt. Schon bald darauf, im April des Jahres 1961, wenige Monate nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch US-Präsident Eisenhower, kam es zu einer ersten militärischen Konfrontation, als Exilkubaner mit US-Unterstützung einen Invasionsversuch in der Schweinebucht an der Südküste Kubas unternahmen. Obgleich dieser Versuch innerhalb von 72 Stunden von der kubanischen Armee und freiwilligen Milizen abgewehrt werden konnte, gaben die USA ihr Ziel der Eliminierung des revolutionären Kuba nicht auf. In der Folgezeit griffen sie nur zu anderen Methoden und verzichteten lediglich auf militärische Angriffe. Besonders von der am 7. Februar 1962 verhängten totalen ökonomischen Blockade, die in modifizierter Form bis zum heutigen Tage fortbesteht, erhofften sich die verantwortlichen US-Politiker eine entscheidende Schwächung der kubanischen Ökonomie. Aber auch geheimdienstliche Operationen und "Covert Action"-Programme, die Attentate auf Führungspersönlichkeiten und Sabotageakte gegen Fabriken und sonstige Infrastruktureinrichtungen beinhalteten, wurden in verstärktem Maße zum Einsatz gebracht. Zu den Maßnahmen gehörte ebenso die Unterstützung bzw. Tolerierung terroristischer Aktivitäten von radikalen Exilkubanern aus den USA, die unter anderem im Jahr 1976 ein ziviles kubanisches Flugzeug mit 73 Passagieren an Bord zur Explosion brachten. Trotz einer Phase der politischen Entspannung unter US-Präsident Jimmy Carter waren die Jahre bis zum Ende des Kalten Krieges von dieser aggressiven und kriegerischen Politik bestimmt, die alle erdenklichen Interventionsmaßnahmen einschloss.


Die Kuba-Politik der USA von 1990 bis zum Amtsantritt Obamas

Knapp ein Jahr, nachdem der letzte Präsident der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, das Ende der sowjetischen Subventionen für Kuba verkündet hatte und Kuba durch den Wegfall seiner Haupthandelspartner aus dem RGW in eine existienzielle ökonomische Krise geriet, beschloss der US-Kongress den "Cuban Democracy-Act". Dieser auch als "Torricelli-Act" bekannte Gesetzestext, der am 23. Oktober 1992 von US-Präsident Bush Sen. unterzeichnet wurde, schreibt unter anderem vor, Auslandsfilialen von US-Unternehmen in Drittstaaten den Handel mit Kuba zu verbieten, allen aus Kuba kommenden Schiffen ein 180-tägiges Anlege- und Ladeverbot in den USA aufzuerlegen sowie allen Ländern, die mit Kuba zusammenarbeiten, die US-amerikanische Entwicklungshilfe zu entziehen. Auch wurde das sogenannte "Broadcast Modell" ins Leben gerufen, das die verstärkte Nutzung von Massenmedien zur Verbreitung von "anticastristischer" Propaganda mittels illegaler Radio- und Fernsehübertragungen vorsah.

Mit dem Wahlsieg des Demokraten Bill Clinton schien sich anfänglich die Kuba-Politik der Vereinigten Staaten ein wenig pragmatischer als unter dem Republikaner Bush zu entwickeln. So fanden zwischen 1993 und 1996 zahlreiche Gespräche zwischen hochrangigen Vertretern beider Staaten statt, die sich vor allem um migrationspolitische Fragen drehten und den Willen der neuen Administration zur Verständigung erkennen ließen. Am 12. März 1996, als Präsident Clinton den "Cuban Liberty and Democratic Solidarity Act" (Libertad Act oder Helms-Burton-Gesetz) unterzeichnete, kam es jedoch zu einer qualitativen und quantitativen Verschärfung seiner bisher eher moderaten Kuba-Politik. So sollte auf ökonomischem Gebiet durch eine drastische Ausweitung des bereits im Torricelli-Gesetz verankerten Prinzips der Ausdehnung der US-amerikanischen Gesetzgebung auf Drittstaaten der wirtschaftliche Druck auf die kubanische Regierung verstärkt werden und in Bezug auf die Politik wurden detaillierte Vorgaben beschlossen, welche Rolle die USA im Vorfeld eines Regierungswechsels in Kuba zu spielen hätten und welche Anstrengungen unternommen werden sollten, um die sozialistische Regierung der Insel diplomatisch zu ächten.

Im Jahr 2000 zog George W. Bush ein Präsident in das Weiße Haus ein, der über exzellente Verbindungen zu der exilkubanischen Gemeinde in Miami verfügte und eine weitere Lockerung des Embargos strikt ablehnte. Vor allem seit dem Jahr 2002 war die Sprache des Kalten Krieges und des radikalen kubanischen Exils wieder deutlicher zu vernehmen und äusserte sich zunächst in der Aufnahme Kubas in die Liste der "Achse des Bösen" und wenig später auch im Umgang mit dem Terroristen Posada Carriles und den "Miami 5". Als negative Höhepunkte dieser Konfrontationspolitik gelten aber die Strategiepapiere des US-Außenministeriums "Commission for Assistance to a free Cuba" aus den Jahren 2004 und 2006, in denen ein Umsturz in Kuba minutiös geplant und konkret vorbereitet wird. Allein in wirtschaftspolitischer Hinsicht vertrat Bush Jr. einen weniger harten Kurs und nutzte wie sein Amtsvorgänger die Aussetzungsklausel des Helms-Burton-Gesetzes bezüglich der extraterritorialen Sanktionen und räumte somit den internationalen Wirtschaftsinteressen seines Landes Vorrang vor der Sanktionslogik ein.


Das Verhältnis zwischen den USA und Kuba seit dem Amtsantritt Obamas

"Der Präsident hat eine ganze Serie von Schritten verfügt, die das kubanische Volk bei seinem Verlangen nach elementaren Menschenrechten unterstützen sollen". So kommentierte der Sprecher des US-Präsidenten, Robert Gibbs, die von Obama im Vorfeld des Gipfels der Organisation Amerikanischer Staaten abgesegneten Veränderungen der bisherigen Kuba-Politik der USA. Seither dürfen Exilkubaner uneingeschränkt mit einem von 50 auf 179 Dollar erhöhten täglichen Ausgabevolumen nach Kuba reisen und zudem ihren dort lebenden Familienangehörigen unbegrenzte Geldsummen schicken. In der Amtszeit Bush Jr. waren sowohl die Anzahl der Besuche, die Summe der täglichen Ausgaben sowie die Höhe der Überweisungen stark reglementiert worden. Mit der Unterschrift unter dieses Maßnahmenpaket, das bereits Monate zuvor vom Senat und Repräsentantenhaus gebilligt wurde und Teil des US-Haushaltes ist, löste Obama eines seiner zentralen Wahlversprechen bezüglich des Umganges mit Kuba ein. Auch ist nun erlaubt, dass US-Telekommunikationsunternehmen Kabel- und Satellitenverbindungen mit der karibischen Insel aufnehmen bzw. sich um entsprechende Lizenzen bewerben dürfen. Zudem ist die Aufnahme regulärer Linienflüge sowie die Erweiterung der Liste erlaubter Sachspenden vorgesehen. Auch soll es Kuba künftig gestattet werden, die bislang im Voraus zu bezahlenden Agrarprodukte aus den USA nun bei Erhalt der Waren zu zahlen. Obgleich sich diese zahlreichen Neuerungen und Modifikationen deutlich von der Politik des Republikaners Bush Jr. abheben, muss hinzugefügt werden, dass diese Maßnahmen nicht das Ende des seit 1962 bestehenden Handelsembargos bedeuten. Im Gegenteil hat Obama die völkerrechtswidrige Blockade um ein weiteres Jahr verlängert und es gibt bisher keine Anzeichen dafür, dass diese Politik, die dem kubanischen Volk bislang Schäden in Milliardenhöhe beschert hat, revidiert werden soll. Und selbst die Erleichterungen für in den USA lebende Exilkubaner begünstigen lediglich Privatpersonen in Kuba, die ausdrücklich nicht Angehörige der Kommunistischen Partei oder sonstiger Massenorganisationen sein dürfen. Zum Ziel bzw. zum Hintergrund dieser Regelungen erklärte Obama, dass es "keine besseren Botschafter der Freiheit als Amerikaner kubanischer Abstammung" gäbe und dass das Geld der US-Kubaner ihre Familienangehörigen in Kuba weniger abhängig vom "Castro-Regime" machen solle; US-Bürgern ohne familiäre Kontakte zur karibischen Insel ist es indes weiterhin verboten, frei nach Kuba zu reisen. Auch die Erlaubnis für US-Kommunikationsunternehmen, in Kuba zu investieren, folgt der Intention, "den Kubanern zu mehr Informationen zu verhelfen". Und selbst die Erleichterungen im Zahlungsverkehr für die kubanische Seite beim Import von US-Agrargütern und Medikamenten ist weniger Resultat eines grundsätzlichen Politikwechsels, als vielmehr Ausdruck eines wirtschaftspolitischen Pragmatismus und Realismus, der die USA bereits zu Zeiten des in der Kuba-Politik äußerst aggressiv agierenden Präsidenten Bush Jr. zum fünftwichtigsten Handelspartner Kubas werden ließen; am Fortbestehen der Blockade vermag aber auch diese Maßnahme nichts zu ändern.

Während also im wirtschaftspolitischen Bereich zumindest einige Neuerungen und positive, wenn auch letztlich substanzarme Veränderungen gegenüber der bisherigen von Bush Jr. betriebenen Politik zu konstatieren sind, hat sich die neue Obama-Administration im direkten politischen Bereich bislang wenig von der Vorgängerregierung emanzipiert. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang der Umgang mit dem Fall der "Miami 5" sowie die weiterhin aufgeschobene Auflösung des US-Gefangenenlagers Guantánamo und die Rückgabe des Territoriums an Kuba. Auch die erst kürzlich erfolgte Aufnahme Kubas in die Liste der Terrorismusunterstützenden Staaten erinnert sehr an die von Bush Jr. erdachte "Achse des Bösen". Und ebenso lässt die weiterhin praktizierte Stimulierung der kubanischen Opposition starke Zweifel aufkommen, ob es die neue Regierung unter Obama wirklich ernst mit dem angekündigten Politikwechsel meint. Der kubanische Staatschef Raúl Castro sprach in diesem Zusammenhang sogar von neuen und verstärkten Anstrengungen Washingtons zur Unterstützung der "offenen und verdeckten Subversion gegen Kuba". Er bezog sich dabei auf die Festnahme eines Mitarbeiters der US-Entwicklungshilfe-Organisation Development Alternatives, der oppositionelle Gruppen illegal mit modernen Kommunikationsgeräten ausstatten wollte. Für solche und ähnliche Aktivitäten weist der aktuelle Bundeshaushalt der USA nach wie vor einen Posten in Höhe von 55 Millionen Dollar aus, die angeblich zur Unterstützung der Demokratie und der Menschenrechte sowie für Rundfunk- und Fernsehsendungen in Kuba gedacht sind. Besonders in diesem Kontext wird mehr als deutlich, wie wenig sich doch die Kuba-Politik Obamas in Bezug auf die Mißachtung der nationalen Souveränität Kubas von der seiner Amtsvorgänger unterscheidet und welches Menschenrechts- und Demokratieverständnis zugrunde gelegt wird. Symptomatisch ist in diesem Zusammenhang auch eine Passage aus dem Briefwechsel Obamas mit der im Westen als Heldin gefeierten kubanischen Internet-Bloggerin Yoani Sánchez in dem er von "unsere(n) Verpflichtungen, die freie Meinungsäußerung, die Menschenrechte und einen demokratischen Rechtsstaat sowohl in unserem Land wie auf der Welt zu schützen und zu unterstützen" schrieb.


Die Perspektiven der US-kubanischen Beziehungen

Obgleich die kubanische Regierung den einmischenden und aggressiven Charakter dieser Politik, die wie eh und je einen Sturz der revolutionären Regierung Kubas zum Ziel hat, auf Schärfste kritisiert, ist Kuba weiterhin zum Dialog mit den USA bereit. Das Ziel müsse dabei, wie Raúl Castro ausführt, die "endgültige Ausräumung der Differenzen" sein, ohne dass allerdings ein Schatten auf die kubanische Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung fallen dürfe. Der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla konkretisierte Ende Januar 2010 die Bedingungen, die aus seiner Sicht für eine Normalisierung der Beziehungen erfüllt sein müssen. Dazu zählen die Freilassung der fünf Kubaner, die seit vielen Jahren widerrechtlich in US-Gefängnissen sitzen, die vollständige Aufhebung der Wirtschafts-, Finanz- und Handelsblockade in Verbindung mit entsprechenden Kompensationszahlungen, die Streichung Kubas von der Liste der Staaten, die angeblich den Terrorismus unterstützen, das Ende der Stimulierung der illegalen Emigration aus Kuba, die Rückgabe des US-Stützpunktes Guantánamo, das Ende der illegalen Radio- und Fernsehübertragungen sowie die Einstellung der Unterstützung für die kubanische Opposition. Solange die Vereinigten Staaten von Amerika diese Bedingungen nicht erfüllen, wird es von kubanischer Seite aus keine Normalisierung der Beziehungen geben können. Ohnehin ist es mehr als fraglich, ob die aktuelle Regierung von Obama ein ernsthaftes Interesse an einer Verbesserung des Verhältnisse zu Kuba hat. Denn wie es sich bislang darstellt, wird auch diese Regierung nicht das Recht der Kubaner auf Selbstbestimmung achten, sondern weiterhin versuchen, die legitime Führung des Landes zu stürzen. Sicherlich verfährt Obama dabei nach einem anderem Muster als sein republikanischer Vorgänger und vieles erinnert zumindest äußerlich an die Kuba-Politik von Jimmy Carter; solange der Rhetorik aber keine konkreten und nachhaltigen Taten folgen, kann nicht von einer neuen Kuba-Politik gesprochen werden. Da selbst einflussreiche US-Senatoren die seit 1959 betriebene Isolationspolitik gegenüber Kuba für gescheitert erklärten, ist es logisch und nachvollziehbar, dass Obama zumindest einige Korrekturen der bisherigen Politik vornehmen musste, auch, um seine Wahlversprechen gegenüber dem nach wie vor einflussreichen kubanischen Exil in Miami einzulösen und die Interessen der nicht weniger mächtigen Agrarlobby zu bedienen.

Hinzu kommt, dass der gesamten Lateinamerika-Politik Obamas ein an imperialen Machtinteressen orientierter Charakter zu bescheinigen ist; man denke dabei an das mehr als zurückhaltende Agieren der USA beim Staatsstreich in Honduras sowie das jüngste Militärabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Kolumbien. Der "intelligente" und "ausgewogene" Einsatz zwischen Diplomatie und Militär, zwischen politisch-ökonomischer und kulturell-rechtlicher Macht: das scheint die neue Strategie von Obama zu sein, die seine Außenministerin Hillary Clinton als "Smart-Power-Strategie" bezeichnete und die letztendlich nicht mehr und nicht weniger als eine neue und abgewandelte Form des US-Imperialismus darstellt.


Steffen Niese, Havanna, Student


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Quelle:
Marxistische Blätter, Heft 3-10, 48. Jahrgang, S. 22-26
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2010