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MARXISTISCHE BLÄTTER/594: Etappensieg und Niederlage - Der 8. Mai, der Oktober und der ganz "normale" Imperialismus


Marxistische Blätter Heft 3-15

Etappensieg und Niederlage
Der 8. Mai, der Oktober und der ganz "normale" Imperialismus

Von Klaus Wagener


Mit den Unterschriften am 8. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst und am 2. September 1945 auf dem Deck der USS Missouri war der Versuch der Staaten des "Antikominternpaktes", der "Achse Berlin-Rom-Tokio", gescheitert, geostrategisch die Eigentumsverhältnisse, Machtstrukturen, Ressourcen, die Demographie und Raumgliederung, und ideologisch-kulturell die Zivilisation, Kultur und Rechtsnormen in Eurasien fundamental zu revidieren. Dabei standen zuförderst vor allem die Träger des inneren und äußeren Widerstandes und dabei vor allem die Organisationen der Arbeiterklasse, insbesondere ihre staatlichen und bewaffneten Formationen im Fadenkreuz. Im Weiteren waren die Armeen und der Widerstand in den unterworfenen Ländern Angriffsziele. Die Radikalität dieses zweiten deutschen "Griffs nach der Weltmacht" erzeugte im Prozess die Bereitschaft aus nur mühsam rassistisch bemänteltem machttaktischem Kalkül ganze Bevölkerungsgruppen in der Größenordnung von mehreren zehn Millionen "auszurotten".

Dieser Versuch, der die Ressourcenbasis ganz Westeuropas zur Voraussetzung hatte, war aber nicht nur auf Widerstand gestoßen. Wie in Vichy-Frankreich gab es auch in Britannien und den USA erhebliche bürgerliche Sympathie mit der faschistischen "Lösung" des Arbeiterproblems. Die Auslöschung des Oktober, also der mit den Ergebnissen der russischen Revolution 1917 verbundenen konkreten sozialistischen Perspektive, ging, ebenso wie der omnipräsente Rassismus, ohnehin d'accord. Selbst der deutsche "Lebensraum im Osten" war für die Herren des Britischen Weltreiches - gewissermaßen als Bonus - akzeptabel, solange er nicht die vitalen Interessen des Empire tangierte. Erst als die Sache für die angloamerikanischen Herren der Welt, unter den "Bomben auf Engeland" aus dem Ruder zu laufen drohte, wurde Hitler zum Hitler, zur bis heute populärsten Inkarnation des Bösen schlechthin. Aber selbst da konnte die sowjetische Führung nie sicher sein, dass London und Washington die Dünkirchener Offerte, als die Nazi-Armee 1940 über 330.000 französische und britische Soldaten nach der Schlacht um die nordfranzösische Hafenstadt entkommen ließ, wie auch die nachfolgenden Angebote, nicht doch noch annehmen würden. Danach war die Gefahr der faschistischen Barbarei - vorläufig - gebannt. 1945 steht für das Ende eines brutalen Eroberungs-, Kriegs- und Mordprogramms, es steht für den Sieg über die "Zerstörung der Vernunft" und der Zivilisation. Die Kapitulation 1945 löste daher weltweit großen Jubel auf den Straßen aus. Die Menschen hatten allen Grund auf den Straßen zu feiern. Allerdings, bei weitem nicht überall.

Keineswegs gebannt war die Gefahr der imperialistischen Barbarei. Am frühen Morgen des 6. August 1945 klinkte die Besatzung der B29 "Enola Gay" die erste Atombombe in der Menschheitsgeschichte über der japanischen Stadt Hiroshima aus. Die Abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki waren, wie auch viele der konventionellen Bombardements in Japan und Deutschland, militärisch sinnlos. Die Rote Armee griff vereinbarungsgemäß am 8. August 1945 mit 1,6 Millionen Soldaten den von den japanischen Militaristen errichteten Vasallenstaat Mandschukuo an. Die japanischen Kräfte waren am Ende. Die dramatische Ressourcenknappheit reduzierte die operativen Fähigkeiten derart drastisch, dass die Tokko-Piloten ("Kamikaze") nicht einmal mehr Sprit für einen eventuellen material- und personalsichernden Rückweg hatten. Die USA wären auch innerhalb der Restkriegsdauer kaum in der Lage gewesen, weitere Atomwaffen zum Einsatz zu bringen. Ihr Einsatz war das imperiale Feuerzeichen an der Wand. Es war die zynische Botschaft des US-Imperialismus für seine kommenden Kriege, gerichtet gegen die Staaten des Sozialismus und gegen die Emanzipation der Völker Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, aber natürlich auch eine deutliche Ansage an eventuelle zukünftige Herausforderer aus dem Wolfsrudel.

Der Kampf um die Welt

Die Debatte um die historische Bedeutung des 8. Mai 1945 (der 2. September als Tag der Kapitulation des japanischen Kaiserreichs ist hier immer mitgedacht), der damit verbundenen Zäsur wie auch seiner Kontinuitäten, seines progressiven Momentums wie auch seiner machtpolitischen Stabilisierung verlangt den Blick über geographisch und historisch weite Räume.

Die europäische Eroberung der Welt hat eine lange Geschichte. Wie schon die Geschichte der antiken Weltreiche wurde sie mit Hekatomben von Blut geschrieben. Sie beginnt Ende des 15. Jahrhunderts mit der Wiederentdeckung der antiken Rationalität, der Entwicklung von Manufakturen, Feuerwaffen, Musketen und Kanonen, der zunehmenden Bedeutung des Handelskapitals, eben der Entwicklung frühbürgerlicher Strukturen, der Suche nach weltweiten Profitquellen und der Bereitstellung der dazu erforderlichen Technik. An ihrem Ende sollte die Aufteilung des gesamten Globus unter die zu Imperien angewachsenen Mächte stehen. Auf Betreiben Rodrigo Borgias (Papst Alexander VI.) hatten die Pioniere dieses historisch mit Abstand größten und blutigsten Eroberungsfeldzuges der Weltgeschichte, die alten Mächte Spanien und Portugal, schon 1494 im Vertrag von Tordesillas die Welt unter sich entlang des 38 Grads westlicher Länge aufgeteilt. Dieser Raubzug eines halben Jahrtausends, der bis heute andauert, sollte ganze Völker auslöschen, Abermillionen Menschen kulturell entwurzeln, in Hunger, Seuchen und Elend stoßen, versklaven und ermorden. Leonardo Boff nennt die Eroberung Amerikas den "größten Völkermord der Geschichte". Nach 150 Jahren war die Bevölkerung des Kontinents (ca. 70 Millionen) um 90 Prozent dezimiert. Kaum anders war es in Afrika und Asien. In zahllosen Kriegszügen, die ungezählten Aufstände mit äußerster Brutalität und überlegener Waffentechnik brechend, wurden die Kontinente nach Schätzen und Verwertbarem durchsucht, besetzt und kolonisiert. Aber dieser globale Raubzug löste auch sogleich, Tordesillas hin oder her, erbitterte Kämpfe um die Beute und die Hackordnung unter den Räubern aus. Diese reichten vom kleinen Scharmützel bis hin zum "Full Scale War", den mit allen technischen, ökonomischen und personellen Ressourcen geführten großen Krieg.

So rief schon die reiche spanische Beute und der bald einsetzende atlantische Sklavenhandel, bei dem mehr als 10 Millionen afrikanische Menschen, gefangen, versklavt und äußerst profitabel als Arbeitsvieh nach Amerika verkauft wurden, die moderneren Konkurrenten auf den Plan: Frankreich, die Niederlande und England. Als 1588 die Spanische Armada Philipps II. der englischen Flotte unterlag, versank mit ihren Galeonen auch die spanische Seeherrschaft. Rund sechzig Jahre später, 1650, wurde fast die Hälfte des Welthandels von den Niederländern bestritten - zu viel für die ambitionierten Briten. In vier Seekriegen (1652-1684) konnte die Royal Navy diesen potenten Konkurrenten militärisch weitgehend ausschalten und auf Südostasien reduzieren.

Blieb das mächtige Frankreich. Im siebenjährigen Krieg (1756-1763), dem weltweit ausgetragenen Kampf um die globale Interessenabgrenzung, gelang es den englischen Truppen Frankreich aus Nordamerika und Indien, sowie Spanien von den Philippinen zu verdrängen. Mit dem Sieg bei Trafalgar 1805 und der Niederlage Napoleons bei Waterloo 1815, begann, gestützt durch die stürmische industrielle Revolution, Britanniens Aufstieg zur unumschränkten Seemacht und, mit einem Viertel der Bevölkerung und der Landfläche des Globus, zur größten Kolonialmacht aller Zeiten. Der französisch geführte, erste Versuch einen kontinentalen Herausforderer zu formen, war in Waterloo gescheitert.

Zwar hatte Britannien die Kriege gegen die Niederlande und 1763 gegen Frankreich gewonnen, aber die hohen Kriegskosten mündeten in Frankreich in die Revolution und nahmen den Briten die Fähigkeit Nordamerika dauerhaft in seinen Machtbereich zu integrieren. Ein neuer Akteur betrat die Bühne, der schon 47 Jahre nach seiner Unabhängigkeitserklärung seine geostrategischen Ansprüche (Monroe-Doktrin, 1823) anmeldete: Die Vereinigten Staaten von Amerika. Aus dem schmalen Küstenstreifen der 13 Kolonien wurde durch Sklavenarbeit, Raubkriege und Völkermord die größte ökonomische und militärische Macht der Geschichte. Und schon in der frühen "anglo-amerikanischen" Allianz 1756-1763 gegen Frankreich deutete sich die Grundkonstellation ab, die 1945 ff. zu ihrer größten Machtentfaltung aufstieg und die das geostrategische Denken bis heute beherrscht.

Während des 19. Jahrhunderts noch mit der Eroberung und kapitalistischen Durchdringung des Kontinents beschäftigt, schlossen die USA (ebenso wie das Deutsche Reich) um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert zur industriellen Vormacht Britannien auf - bis zum Ersten Weltkrieg allerdings, wie auch Britannien, in "Splendid Isolation". Dies entsprach einer Fokussierung Britanniens auf das Kolonialreich und das (vice versa des bismarckschen Ansatzes) Bemühen um die Aufrechterhaltung der europäischen Machtbalance sowie einer Konzentration der USA auf die Ausplünderung des Doppelkontinents und seiner pazifischen wie karibischen Umgebung. Damit war es 1914 vorbei. Das US-amerikanische Finanzkapital finanzierte den französischen und britischen Einsatz im Ersten Weltkrieg und setzte gegen Ende der Kämpfe auch den - äußerst unpopulären - militärischen Einsatz auf der Seite der künftigen Sieger durch. Die USA stiegen zum weltgrößten Gläubiger auf. Ihre interalliierten Forderungen beliefen sich bei Kriegsende auf rund 22 Milliarden Dollar. Sie konnten nun auch militärisch zum geschwächten Empire aufschließen. Auf der Washingtoner Flottenkonferenz von 1922 erreichten die USA erstmalig die Parität ihrer Kampfschiffe im Verhältnis zur Royal Navy. Die dem Erstem Weltkrieg zugrunde liegende geostrategische Konfliktlage zweier konkurrierender imperialistischer Machtblöcke verfestigte sich auf beiden Seiten.

Der geostrategische Grundkonflikt

Die geopolitischen Theoretiker der beteiligten Mächte hatten das Problem schon um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert formuliert. Der US-Konteradmiral Alfred Thayer Mahan mit seinem Buch "The Influence of Sea Power upon History" (1890) und vor allem aber der britische Geograph Halford John Mackinder mit seinen Werken "The Geographical Pivot on History" (1904) und "Democratic Ideals and Reality" (1919) problematisierten die imperiale Beherrschung der Welt, insbesondere des von Mackinder "Weltinsel" genannten euroasiatisch-afrikanischen Komplexes, aus der Position einer erstmals äußeren, nicht zur "Weltinsel" zugehörigen, seegestützten imperialen Macht. Zentral erschien Mackinder dabei die Beherrschung des "Heartland" genannten, eurasischen Kerngebietes. Diese Überlegungen korrespondierte auf deutscher Seite gewissermaßen reziprok mit den "Lebensraum"-Theoretikern von Friedrich Ratzel, dessen "Politische Geographie" 1897 erschien, bis zum "richtungsgebende Theoretiker der NS-Außenpolitik", wie die Züricher Weltwoche Karl Haushofer nannte.

Mackinders Ansatz findet sich bis heute, neu motiviert und umgetauft im Kampf um die "Strategische Ellipse", um die Öl- und Gasressourcen, um Pipelines, Transitgebiete und Absatzmärkte, in aktualisierter Form in der geostrategischen Literatur von Archeson über Brzezinski und Kissinger bis zur Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde. Noch immer ist es das dominante Ziel der geostrategischen Politik des anglo-amerikanischen Blocks und seiner Vasallen, den eigenen Zugang zu den globalen Ressourcen, den strategischen Räumen und Transitstrecken zu sichern und einen potentiellen Herausforderer auf dem eurasischen Schachbrett zu verhindern. Dieser strategische Grundkonflikt ist nach 1917 durch den Krieg gegen die Systemherausforderung zwar überlagert und modifiziert. Aber sein Gewicht ist so groß, dass er, wenn auch nur für wenige Jahre, selbst den Krieg gegen den Sozialismus in den Hintergrund zu rücken vermochte. Der Mai 1945 beseitigte diesen Grundkonflikt. Aber schon vor dem Ende der Sowjetunion deutete sich, mit dem diesmal ökonomisch basierten europäischen Integrationsprozess, ein Wiederaufleben dieses Konflikts an. Die fortschreitende relative Schwächung der US-amerikanischen ökonomischen Position, der Aufstieg Chinas und der BRICS-Staaten, die SCO-Zusammenarbeit (Shanghai Corporation Organisation) sowie die relative Erfolglosigkeit im Mittleren Osten sorgen heute für wachsendes Konfliktpotenzial und Aggressivität.

Strategische Unterlegenheit

Die globale Beute war 1914 längst unter den großen Räubern verteilt. Der deutsche Imperialismus konnte seinen Platz an der Sonne nicht, wie andere, glanzvoll gegen Indios mit Holzspeeren erobern. Der Gegner der Kaiserlichen Marine hieß Royal Navy, und an Land gab es da noch die französische und die russische Armee, und nach 1917 dazu die US-amerikanischen Verbände. Der deutsche agierte ebenso wie der japanische Imperialismus aus einer Position krasser strategischer Unterlegenheit in vielen Kategorien sowohl quantitativ als auch qualitativ. Je weiter die Industrialisierung und Motorisierung des Krieges voranschritt, umso bedrohlicher musste für dieses Projekt der zum Teil flagrante Ressourcenmangel, insbesondere beim Erdöl, erscheinen. Dies gilt für Japan in noch verschärftem Maße.

Ein Ausbruch aus dieser Unterlegenheit, das war den Planern des ersten Versuchs durchaus bewusst, denen des zweiten umso klarer, war nur überfallartig, unter Konzentration und rücksichtsloser Anwendung aller verfügbaren Mittel, und unter Ausschluss humaner Erwägungen und langwieriger Kämpfe denkbar. Um langfristig Erfolg zu haben, hieß die elementare Voraussetzung: Mit ausreichenden Kräften über Land, idealerweise in einer Zangenbewegung (Nordafrika, Kaukasus) die "Strategische Ellipse" erreichen, wenigstens teilweise besetzen und ausbeuten. Dieses extrem ambitionierte, schon von August Thyssen im Ersten Weltkrieg formulierte Ziel erreichen zu können, hatte, im umfassenden Sinne, die Sicherung der Ressourcen Westeuropas sowie die Integration, Vasallisierung, Korrumpierung oder Ersetzung der dort herrschenden Eliten zur Voraussetzung. In Kontext hatte der militante Rassismus und Antisemitismus in der Frühphase vor allem eine ideologische Vorbereitungs- und Ressourcenfunktion, durch die Gefahren projiziert, Sündenböcke vorgeführt und die neuen Kader mit arisierten Pfründen zufriedengestellt werden konnten.

Anders war die Situation im Osten. Da eine Kooperationsbereitschaft der sowjetischen Eliten als nicht erwünscht und nicht erreichbar galt, sahen die Planungen (Generalplan Ost) eine Ermordung der zur Sklavenarbeit nicht geeigneten, beziehungsweise nicht erforderlichen Bevölkerung in Größenordnungen von 3o Millionen Menschen vor. Diese extreme Konzeption erforderte zur Legitimation eine ebenso extreme Herrschaftskultur und -ideologie. Dazu war eine entsprechend skrupellose Gruppierung nach längerer Selektion 1933 an die Macht gebracht worden.

Sie baute in Gleichschaltung mit den etablierten Medien den allen imperialistischen Strukturen notwendig inhärenten Rassismus, Antihumanismus, Antirationalismus und Antikommunismus zu einem kriegslegitimierenden Bedrohungsszenario aus. Im Prozess der sich abzeichnenden Niederlage radikalisierte sich die faschistische Propaganda, wie sie beispielsweise in Goebbels' Sportpalastrede 1943 zum Ausdruck kam, immer mehr zu einer Vernichtungsideologie, einem ultimativen Showdown, einem militärischen "Wir oder Sie!" und einer rassistischen "Endlösung". 1945, am Ende dieses gescheiterten geostrategischen Revisionsversuchs standen 55 Millionen Tote und ein Europa und Ostasien in Trümmern.

Das Scheitern dieses bis zur Selbstzerstörung (Nerobefehl) brutalisierten geostrategischen Revisionsversuches dürfte das wirkmächtigste Ergebnis des Zweiten Weltkriegs sein. Die Kapitulationen 1945 haben die vorerst letzte militärisch vorgetragene, innerimperialistische Infragestellung der anglo-amerikanischen Dominanz beendet. Allein der 6. August 1945 dürfte eine Wiederauflage in dieser Form als absurd erscheinen lassen, womit natürlich weder die Rivalitäten noch der Kampf um die Beute beendet sind.

Krieg gegen den Sozialismus

Seit 1917 führen die imperialistischen Staaten Krieg gegen den Oktober. Mal "heiß", mal "kalt". 1945 steht auch hier eher für brutale Kontinuität denn für einen Bruch. 1945 markiert vielmehr das Ende einer Episode. Unmittelbar nach der Oktoberrevolution hatte die Armee des Kaisers weite Teile Russlands besetzt. Der Revolution drohte die ökonomische Strangulation. Sie musste den Diktatfrieden von Brest-Litowsk akzeptieren. Gleichzeitig entfesselte die Weiße Konterrevolution einen Bürgerkrieg. Der "Westen" und seine Vasallen intervenierten zugunsten der Reaktion. Der junge Oktober geriet in eine äußerst kritische Lage. Die Produktion brach zwischen 5o und 95 Prozent (Stahl) ein. Der "westlich" verstärkte Weiße Terror kostete etwa 10 Millionen Menschen das Leben.

1945 steht für den Sieg des Sowjetvolkes über den, von der stärksten Militärmacht der Zeit mit allen Mitteln vorgetragenen, und mit äußerster Brutalität geführten, zweiten Versuch die Revolution zu erwürgen. Wieder stand es Spitz auf Knopf. Die Schäden waren monströs. Verbrannte Erde, zerstörte Städte, vernichtete Kulturgüter und Industrien. 27 Millionen Tote. Nur durch den im Wortsinn heroischen Einsatz der Menschen an der Front und im Hinterland gelang es auch diesmal "das Pack zum Teufel" zu schlagen und gleichzeitig auch Europa von der faschistischen Barbarei zu befreien oder dessen Befreiung zu ermöglichen. Als im Juli 1943 am Kursker Bogen die Sache endgültig klar war, fanden sich Churchill und Roosevelt im November 1943 in Teheran zu einer Festlegung für die "Operation Overlord", also die Landung in Nordfrankreich, auf den Mai 1944 bereit. Es wurde höchste Zeit. Noch bevor die Westalliierten aus ihrem Brückenkopf in der Normandie ausbrechen konnten, zerschlugen vier Fronten der Roten Armee, unterstützt von einer viertel Million Partisanen, in der "Operation Bagration" 28 der 36 Divisionen der Heeresgruppe Mitte: die größte Niederlage der deutschen Militärgeschichte. Der vollständige Zusammenbruch einer ganzen Heeresgruppe zerstörte die operativen Fähigkeiten der Hitlerarmeen weitgehend. Eine Stabilisierung der Ostfront gelang nur noch partiell. Der endgültige Zusammenbruch war nur noch eine Frage der Zeit. Sogar der Gruppe um Stauffenberg dämmerte es.

Bekanntlich war das imperiale Herangehen Londons und Washingtons an die Anti-Hitler-Koalition (Eröffnung der zweiten Front) von strategischer Ambivalenz geprägt: Hier stand die Hoffnung auf die Vernichtung des Bolschewismus der Sorge gegenüber, den deutsch-eurasischen Herausforderer nach seinem "Endsieg" nicht mehr unter Kontrolle bringen zu können. Mit dem Faschismus konnte und kann man in London und Washington ebenso leben wie mit dem fundamentalistischen Jihadismus - so lange die "Hurensöhne" die eigenen sind und hinreichend "Commies" abschlachten. Problematisch wird es erst dann, wenn sie aus dem Ruder laufen oder taktischen Planänderungen im Wege stehen. Der Oktober dagegen ist der Feind sui generis. Seine nackte Existenz ist nicht akzeptabel. Da konnte ein Chruschtschow noch so viel von friedlicher Koexistenz reden. Nicht einmal ein Jahr nach dem 8. Mai leitete Churchill, ermutigt durch Trumans "Big Stick", in seiner Fultoner Rede die schon in Potsdam angedeutete Kehrtwende ein.

Der "Große Knüppel" kam wohl nur deswegen nicht zum Einsatz, weil der Aufbau der erforderlichen Angriffskapazität und die propagandistisch- psychologische Kriegsvorbereitung mehr Zeit in Anspruch nahmen, als der vom "Westen" unerwartete Erfolg des sowjetischen Atomprogramms am 29. August 1949. Das Piepsen des Sputnik am 4. Oktober 1957 machte dann klar: es sind auch entsprechende Trägermittel vorhanden. Die USA waren nicht mehr unverwundbar. Das änderte an der Absicht der USA den Oktober zu zerstören natürlich nichts. Allerdings war mit China, den Staaten des Warschauer Vertrages und ab 1959 auch mit Kuba eine erhebliche Verschlechterung der imperialen strategischen Situation entstanden, die dazu noch vom Anti-Kolonialismus und Anti-Imperialismus der "blockfreien" Bandung-Staaten, die mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentierten, zusätzlich unter Druck geriet. (Entsprechend nachhaltig veränderte sich die strategische Lage, als die Volksrepublik China Anfang der 1970er Jahre die Seite wechselte.)

Da ein Frontalangriff (Forward Strategy) des frühen "Rollback" zunehmend riskant erschien, konzentrierte sich der US-geführte "Westen" in seinen militärisch-geheimdienstlichen Aktionen vor allem auf die "Dritte Welt" und die Verbündeten der Sowjetunion. Was allerdings nicht bedeutete, dass die Planungen für einen massiven Nuklearkrieg (Massive Retaliation, ab 1957) nicht weiter verfolgt wurden. Einflussreiche Militärstrategen wie Herman Kahn von der RAND Corporation hielten den "Thermonuklearen Krieg" sowohl für durchführbar als auch für vertretbar. Kahn glaubte, dass, angesichts ihres (noch vorhandenen) nuklearen Übergewichts, die USA als Siegerin daraus hervor gehen würden. Auch wenn es einige Hundert Millionen Menschen das Leben kosten und einige amerikanische Großstädte zerstört würden: "Das Leben geht weitem. Dieser alle faschistischen Ambitionen weit übertreffende Zynismus findet sich "weiterentwickelt" in den "Victory is possible"-Konzepten der Reagan-Ära. Dass dies keine reinen Planspiele waren, machten neben den zahlreichen, hochriskanten technischen Pannen, die Beinahekatastrophe auslösten, vor allem die Kuba-Krise 1962 und auch Reagans Atomkriegsübung Able Archer 1983 klar. In beiden Fällen ist die Verhinderung der globalen Katastrophe wohl nur dem besonnenen Handeln sowjetischer Offiziere, gegen die Dienstvorschriften, zu verdanken: Im ersten Fall dem Zweiten Offizier von U-Boot B59 Wassili Archipow, im zweiten Oberstleutnant Stanislaw Petrow. Die Falken im Pentagon und Weißen Haus hatten va banque gespielt. Das Herrschaftsinteresse geht dem Imperium deutlich vor. "Das Leben geht weiter." Oder auch nicht.

Gab es gegen die Sowjetunion nukleare Grenzen, so ging es in der "Dritten Welt" umso hemdsärmliger zu. Offene Kriege wie in Korea, CIA-Putschinszenierungen gegen eine Bodenreform in Guatemala oder die Nationalisierung der Ölindustrie im Iran bestimmt die US-Politik gegen die sozialen und nationalen Kämpfe der Völker. Im Oktober 1965 begann die Vernichtung der drittstärksten Kommunistischen Partei der Welt. Innerhalb eines Jahres wurden in Indonesien etwa eine Million Menschen von den Killertruppen der "westlichen" Marionette Suharto brutal abgeschlachtet. Das Massaker wurde stilbildend bis auf den heutigen Tag. Es war und ist eine blutige Botschaft an alle in Asien, Südamerika und Afrika, die es mit Souveränität, Humanismus, nationalen "Interessen oder gar Sozialismus ernst meinen sollten. Dazu würde (beispielsweise in Afghanistan, Nikaragua und Angola) der Sektor des Staats- bzw. staatlich alimentierten Terrorismus gegen die sich aus kolonialer Abhängigkeit befreiten Staaten ausgebaut, insbesondere wenn sie sich dem Kommando Washingtons verweigerten. Insubordination rangiert auf der Liste der Kriegsgründe neben Öl, Gas, Gold etc. an erster Stelle. Solch ungehöriges Verhalten muss bestraft werden: Vietnam, Kambodcha, Afghanistan, Nikaragua, Gaza, Angola usw. wurden entsprechend "in die Steinzeit zurück gebombt." Weil natürlich die USA (wie auch Juniorpartner Israel) immer die Opfer sind, wurden beispielsweise Vietnam und Nikaragua selbstredend auch die Kosten dieser zivilisatorischen "Dienstleistung" in Rechnung gestellt.

Der 8. Mai - das Datum des Jahrhunderts?

Der 8. Mai erinnert daher vorrangig an die Kämpfer der Roten Armee, an die ungezählten Partisanen- und Widerstandsgruppen in den besetzten Gebieten, die mit härtester Repression zu rechnen hatten, aber auch an die Menschen, die sich dem Faschismus schon vor 1939, ja schon vor 1933 entgegenstellten. Und selbstverständlich erinnert der 8. Mai auch an die jungen Soldaten in den Armeen der Westalliierten. Sie alle haben den Sieg über die faschistische Kriegs- und Vernichtungsmaschine unter Einsatz ihres Lebens geführt und oft damit bezahlt. Der 8. Mai erinnert - unter dem Eindruck eines geretteten, starken und stärker werdenden Sozialismus, der nicht nur die faschistischen Mörderbanden besiegen, sondern in der Folge auch dem anglo-amerikanischen Imperialismus Grenzen aufzeigen konnte - an den ermutigenden und mächtigen Aufschwung der progressiven Kräfte. Er erinnert an die beeindruckenden Erfolge des Anti-Imperialismus, des Anti-Kolonialismus und der Arbeiterbewegung. Die alten Kolonialmächte waren geschwächt, die kapitalistische Ideologie desavouiert. Das kapitalistische Zukunftsversprechen lag buchstäblich in Trümmern. Der Konnex Kapitalismus - Imperialismus - Faschismus - Krieg war kein theoretischer, sondern gerade traumatisch erlebt. Mit einer sich rasch zu einem strategischen Gegengewicht entwickelnden Sowjetunion als Verbündetem und Rückzugsraum gelang den nationalen Befreiungskräften in jenem dramatischen Vierteljahrhundert nach 1945 weltweit ein einzigartiger Durchbruch. Wie immer musste dieser gegen den blutig-verbissenen Terror der alten Kolonialmächte und wie in Südostasien unter der realen Bedrohung der Atom-Bombe durchgesetzt werden. Ganz real ist auch heute das "Prompt Global Strike"-Konzept (2001) oder die "National Security Strategie" (2002), die ein unilaterales Vorgehen und - was sonst - auch einen nuklearen Präventivschlag vorsieht.

Das progressive Momentum des 8. Mai 1945, ja die Existenz des 8. Mai ist ohne den Oktober 1917 kaum zu denken. Der Sieg eines Kerenski-Russland oder gar der zaristischen Selbstherrschaft darf getrost als ausgeschlossen gelten. Und demzufolge wäre ein imperialer Deal ein möglicher Ausgang gewesen. Was das andernfalls angesichts des 6. August für den Einsatz der Bombe bedeutet haben könnte, mag man sich nicht ausmalen. Der Oktober ist das Ereignis (die heroischen Pariser Kommunarden sind nicht vergessen) mit dem zum ersten Mal in der Geschichte der Ausbruch aus Eroberung, Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung - die Rückeroberung der Vernunft - in den Bereich des real Möglichen gerückt ist. Seine alles überragende menschheitsgeschichtliche Bedeutung wird gerade auch in seinem Scheitern manifest. Diese Niederlage äußert sich in dem nach 1989 immer bedrückenderen Versinken in eine allgemeine Perspektivlosigkeit und ein Ausgeliefertsein, politökonomisch an die Verwertungslogik, machtpolitisch an die Überlegenheit der imperialistischen Killertrupps, gesellschaftspolitisch an einen arrogant-antihumanen Zynismus. Es herrscht eine Perspektivlosigkeit, die auch den Reformismus zerschlägt, der ein so williger Helfer des imperialen Rollback gewesen war, und die jenseits des cheerleadernden, neoliberalen Mainstream nur noch Platz für Irrationalismus, vom rechten Nationalismus bis zum religiösen Fanatismus, lässt. An der Entschlossenheit der US-Elite (wenn schon die Hegemonie zerbröselt) ihre Dominanz, so lange als möglich zu prolongieren, dürfte es keinen Zweifel geben. Die Vorgänge in der Ukraine, im Mittleren Osten, und im pazifischen Raum sprechen eine klare Sprache. Diese Absicht wurde von den führenden Geostrategen wie Brzezinski und Kissinger und den entsprechenden Think Tanks wie PNAC (Project for a New American Century) oder FPI (Foreign Policy Initiative) schon bald formuliert. Die alte zivilisationsimperialistische Kernthese lautet: Die US-amerikanische Führerschaft ist sowohl gut für die USA als auch für die ganze Welt. Die Vereinigten Staaten sollten daher durch Einsatz aller Mittel - einschließlich militärischer - unangefochtene Überlegenheit erreichen.

Betrachtet man die letzten 500 Jahre europäischer Welteroberung, so kommt eine Bewertung des 8. Mai 1945 um eine differenzierte Analyse ihrer Ambivalenz und Relativität nicht herum. Gestoppt ist eine besonders brutale Form innerimperialistischer Macht- und Eroberungspolitik, nämlich ein bürokratisiert-industrialisiertes Mordprogramm, das sich mit Eisenbahntransporten, Vernichtungslagern, Gaskammern und Verbrennungsöfen assoziieren lässt. Gestoppt wurde auch eine Ideologie, die in ihrer radikalisierten Ausformung die Mordprogramme offen propagiert. Aber wodurch unterscheidet sich dieses Programm von den alltäglichen seit Jahrhunderten betriebenen Eroberungs- und Mordprogrammen? In ihrer Dimension? Ganz sicher nicht. In Ihren Legitimationsmythen? Fraglich. In ihrer Technik? Ein zweifelhaftes Kriterium. Was ist "brutaler": Napalm, das Hackmesser, die Garotte oder die Gaskammer? Oder: das einfach verhungern lassen? Wenn die Leichname statt verbrannt zu werden einfach liegen blieben oder in den Flüssen schwimmen? An Brutalität hat es der "Westen" bislang noch mit jedem aufgenommen. Und der Faschismus ist Fleisch vom selben kapitalistischen Fleisch wie der "ganz normale" Imperialismus. Die Kolonialverwaltung des belgischen Königs Leopold II. dezimierte die Bevölkerung des Kongo um über 10 Millionen. In Ruanda wurden in drei Monaten bis zu 1 Million Menschen ermordet. Im Kongo danach sechs oder mehr Millionen, genau weiß das vermutlich niemand. Die Dimension der Barbarei ist nicht einmal ansatzweise darstellbar. Früher ging es um Elfenbein und Kautschuk, heute um Erdöl, Gold, Diamanten, Kupfer und Coltan. Je bedeutender die Bodenschätze, umso rabiater die Mordprogramme. In jedem Jahr verhungerten allein 5 Millionen Kinder, manchmal mehr, manchmal weniger. Es waren Millionen allein bei der Irak-Blockade. Über eine Milliarde Menschen hungern bei ausreichend erzeugbaren Nahrungsmitteln. Auch sie sind direkt oder indirekt Opfer einer durch imperialistische Ausbeutung dominierten Welt. Eine schwache Ahnung, was das bedeutet gibt Sebastião Salgados dokumentarischer Bildband "Sahel - The End of the Road".

Das faschistische Eroberungs- und Mordprogramm war weder das erste noch das letzte, nicht einmal das größte. Das was seit Jahrhunderten in der Peripherie gang und gäbe war, passierte nun auch in Europa. Der einzige wirklich signifikante Unterschied: Es war ein Krieg zwischen den imperialistischen Mächten. Ein großer Teil der Opfer sind "Weiße". Im Gegensatz zu den unzähligen anderen Opfern haben sie Namen. Sie zählen. Und vor allem ihre ("westlichen") Befreier zählen. Von japanischen oder chinesischen Opfern kennt man nicht einmal die Zahlen. Und was bedeutet die Fokussierung auf die Spezifik der faschistischen Barbarei? Ist sie nicht auch eine eurozentristische Exkulpation des "ganz normalen" Imperialismus? Die Mystifizierung der faschistischen Verbrechen zu einem unfasslichen Grauen, welche nach 1989 von verschieden interessierter Seite so populär mit dem Begriff Auschwitz betrieben wird, nimmt - je irrationaler umso wirkmächtiger - die ehemaligen, aber vor allem die weiterhin real existierenden imperialen Mord-, Verelendungs- und Eroberungsprogramme aus dem Fokus. Noam Chomsky und Andre Vltchek beziffern in ihrem Buch "On Western Terrorism" die Anzahl der allein nach dem Zweiten Weltkrieg durch koloniale oder neokoloniale "westlichen" Kriege oder pro-"westliche" Militärjuntas, Warlords, Mujaheddin oder ähnliche "Hurensöhne" (Roosevelt) weltweit Getöteten mit 50 bis 55 Millionen. Die Zahl der indirekt durch Hunger und Verelendung Gestorbenen liege weit höher. Bis heute leben 30 Millionen Menschen in offenen oder verdeckten Formen von Sklaverei. Will man nicht Gefahr eines (rassistischen?) Eurozentrismus laufen, darf man zur Kenntnis nehmen, dass der Blutzoll des ganz "normalen" Imperialismus die Mordtaten des deutsch-japanischen Imperialismus (Faschismus/Militarismus) bei weitem übersteigen.

Diese Betrachtung soll die Verbrechen der "Achsenmächte" keineswegs herabstufen - eher die des ganz "normalen" Imperialismus herauf, auf den ihnen gebührenden unangefochtenen Rang. Der popularisierte Subtext zum 8. Mai lautet: Faschismus war gestern, wir heute sind die Guten! Dank der Amerikaner war am 8. Mai Schluss. Wir sind aus der Barbarei zurück, in die uns ein Herr Hitler gestürzt hat. Genau das ist falsch. Richtig ist: Die Barbarei war zu Ende, aber nur für einen recht kleinen Teil der Welt. Wie in Französisch-Indochina ging in vielen Ländern das Morden fast ungebremst weiter. Und es steigerte sich noch, als das Counterinsurgency-Unternehmen USA in den 1960er Jahren endgültig das Amt des Weltsheriffs von Briten und Franzosen übernahm. 1945 steht daher auch für den Aufstieg des anglo-amerikanischen Blocks mit der unangefochtenen "westlichen" Führungsmacht USA. Allein das Commonwealth war mit 31 Milliarden Dollar aus dem Land-Lease-Act des US-Kongresses von 1941 verschuldet. Britannien wurde Juniorpartner. Dieser Aufschwung - mit den Namen Bretton Woods, IWF und Weltbank, aber auch mit den Kürzeln NATO, CIA und NSA verbunden - brachte eine unerwartet starke ökonomisch-militärischen Dominanz der imperialistischen Staaten und ihrer Integrations- und Repressionsfähigkeiten. Der hierin verankerte Neokolonialismus machte den US-Imperialismus zum eigentlichen Gewinner des Entkolonialisierungsprozesses. Dieses historisch mächtigste Unternehmen der Entzivilisierung und Gegenreformation, angeführt von dem, in alter Indianerjäger- und Sklavenhaltermentalität mit geradezu fanatischer Entschlossenheit agierenden US-Establishment, versuchte und versucht, koste es was es wolle, jeden progressiven Impuls in der Welt zunichte zu machen. Diesem reaktionären Aufschwung des eigenen oder outgesourcten Staatsterrorismus mit seinem zynischen, militärisch-erpresserischen Potential und dessen Machterhaltungsdrang, dem kein Mittel zu brutal und blutig ist, als dass es nicht in Betracht gezogen würde, wusste der Sozialismus ab Ende der 1970er Jahre nichts mehr entgegen zu setzen.

Als am 8. Mai 1945 die Welt das Ende des Krieges feierte, wurden in Algerien Dörfer bombardiert und Menschen erschossen. Das Mordunternehmen der französischen Armee, bei dem wahllos Menschen abgeschlachtet wurden, ging als Massaker von Sétif in die Geschichte ein. Wie immer in solchen Fällen ist dies für den Westen und dessen freie Qualitätspresse nicht existent. Nach algerischen Zahlen: 45.000 Tote.

Klaus Wagener, Redaktion Marxistische Blätter

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Quelle:
Marxistische Blätter, Heft 3-15, 53. Jahrgang, S. 41-52
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. August 2015

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