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MEGAFON/001: ... aus der Reitschule Bern, Nr. 335 - September 2009


megafon - Nr. 335, September 2009


INHALT

ENTREE
Editorial
Alles fein, oder?
Carte blanche für Anne Käthi Wehrli

SCHWERPUNKT KÖRPER
Der sichtbare Körper zwischen Natur und Kultur
Eine körpersoziologische Einleitung
Ein Paar Wanderschuhe, ein Paar Socken und ein Quäntchen Mut
Selbstversuch Nacktwandern
Tattoo - Eine Frage des Geschmacks?
Körperbemalung
Geschlecht: Zwangsoperiert
Der Bedarf an Norm
"Männer leben im Lande des Lächelns"
Interview mit Iris von Roten
Happy Life-Kit mit Bedienungsanleitung
Körperbehaarung
"Clean Feeling"
Ein Augenschein im Fitnessstudio
Bodybuilding und Fitness

KULTUR ET ALL
Zwischen unseren Beinen
Der Unterleib des Prinzen - Scheiben von Tomi Kujundzic
Schläfer in der Erde
Buchtipp September

INNENLAND
Binzbleibtbinz
Aus Zürichs Oasen
Die Wachstumsverweiger in der Westschweiz
Mehr als ein Trend
Sehen und gesehen werden - Unterwegs für Menschenrechte
Peace Watch Switzerland
Zum 9. Antifaschistischen Abendspaziergang in Bern
Aufruf - Kommt alle!

INTERNATIONALISTISCHE
Regulierte Verteilung von Leid
Opelwerke: Gegenwehr ohne Grenzen
Die Slumbevölkerungen des Südens
Ein Proletariat ohne Fabriken

Raute

Carte blanche für Anne Käthi Wehrli

EDITORIAL

ALLES FEIN, ODER?

Liebe megafon-LeserInnen,

Die Sommerpause ist vorbei, gebräunt sind die Körper, erfrischt der Geist.

Das megafon wieder grossformatig und mit Schwerpunkt, dieses Mal zum Körper. Das ist doch was, von innen nach aussen.

Übrigens, das mit dem Händewaschen ist eine nette Sache. Im Zeitalter der rauchfreien Ausgehlokale, da sich sowohl der Schweiss, die Hormone, als auch all die billigen und teuren Deos, After Shave, Parfums etc. hemmungslos ausbreiten dürfen, bleibt uns immerhin der Seifenduft, der einem at least einen einheitlichen Geruch zu bieten hat. Die Hormonvielfalt und die Absonderungen der eingenommenen Drogen machen einen Aufenthalt in den Ausgehlokalen zu neuen Entdeckungsfeldern. Oder fördert das Rauchverbot gar den Drogenkonsum, damit mensch die Gerüche aushalten kann. Oder? Die Hand zur Nase? Die Bewegung der Zukunft? Oder ein Deoverbot? Oder alle nur noch die gleiche Bodylotion benutzen? Hoffen wir auf ein schnelles Aufgeben der bevormundenden Verbote, auf dass das Ausgehen verraucht und nebulös seine Wildheit bewahrt.

Das Denken bewegt sich im Allgemeinen in schmalen kleinen Kanälen und ersinnt sich Argumente für das Einengen wie für die Moral der christlichen Kreuzritter. Wir sehen uns selbst nicht, ich meine, ich sehe euch und ihr seht euch ohne euch - und doch dreht sich alles um das nicht gesehene. Das nicht gesehene passiert in der Reitschule in der Sommerpause, in hundert kleinen Aktionen die mit Sorgfalt das Hier&Jetzt pflegen und hegen um frisch und gewartet in die neue Saison zu starten. Ob da die Lüftungen genügen, um eine angenehme Atmosphäre zu gestalten, sei mal dahin gestellt solange noch warm hellhell...

Die xx und xy und yxx und xxx und yyxy werden sich wohl gewöhnen müssen, an die Gerüche die sie nicht selber ausgeschütten.

Somit... gut Rauch

- UVM -

Raute

Eine körpersoziologische Einleitung

DER SICHTBARE KÖRPER ZWISCHEN NATUR UND KULTUR

Der Körper ist nicht (nur) einfach so gegeben, er wird kulturell geformt und sozial konstruiert. Die Körpersoziologie befasst sich mit diesen Phänomenen.


Körper können mit Schmuck oder Tattoos verziert, in Fitnessstudios oder im Bodybuilding trainiert und geformt werden. Sie können aktiv eingesetzt und passiv gespürt werden. Sie sind hell, dunkel, weiblich, männlich, beeinträchtigt oder nicht - und dazwischen oder darüber hinaus. Sie können - schmerzhaft und lustvoll gespürt werden. Sie schlafen und essen. Sie werden operiert und rasiert; betrachtet und angefasst. An Körpern haftet etwas Symbolhaftes, das sich insbesondere in ihrer Sichtbarkeit ausdrückt. Und dennoch werden sie als etwas Natürliches betrachtet. Was sind also diese Körper genau? Warum lohnt es sich überhaupt, darüber nachzudenken? Sind sie biologisch gegeben und natürlich? Oder durch die Welt, in der wir leben, kulturell geformt oder gar sozial konstruiert?

Von "Techniken des Körpers" schrieb etwa der Ethnologe und Soziologe Marcel Mauss bereits 1935. Darunter verstand er die Weise, "in der sich die Menschen in der einen wie der anderen Gesellschaft traditionsgemäss ihres Körpers bedienen" Mauss zeigte, wie scheinbar "natürliche Tätigkeiten" wie Essen, Trinken, Laufen, Springen bereits kulturell geformt sind. Diese Körpertechniken sind also nicht natürlich gegeben, sondern das Resultat davon, wie wir diese Tätigkeiten erlernt und wie uns diese Tätigkeiten vermittelt wurden.

Im Alltag sind Körper meist das, "was wir sehen", wenn wir einen Menschen betrachten.

Aufgrund ihres Körpers weisen wir - oft unbewusst - der Person gewisse Kategorien zu: Ein Geschlecht, ein Alter, eine wirtschaftliche Position, ein Grad an Sportlichkeit, Stärke, Schönheit... Diese Zuweisungen sind symbolhaft, weil sie je nach Gesellschaft und Zeit, in der wir leben, unterschiedlich ausfallen: Wer bestimmt was "schön" ist? Was bedeutet dunkle oder helle Hautfarbe? Sind Muskeln schön? Sagen sie etwas über die Person aus? Und wirkt sich unsere Sicht auf diesen Körper darauf aus, wie, wir auf die Person reagieren?

Entscheidend bei der Beantwortung dieser Fragen ist die Sichtbarkeit des Körpers: Was siehst du, wenn du einen Menschen siehst? Seine Haare? Augen? Seinen Humor? Seine berufliche Stellung? Welches Geschlecht - oder welche Nationalität, Herkunft oder gar Religion? Und insbesondere: Nach welchen Indizien suchst du, um Klarheit darüber zu bekommen was du siehst?

Unser Alltagswissen leitet den Blick an die richtigen Stellen des Körpers und lässt andere unwichtig erscheinen; wir sehen Haare, Lippen, Körperformen, Hände, Ohrringe, Uhren, Hosen, Kopfbedeckungen und versuchen diese mit Bedeutung zu füllen: Es handelt sich aber um Indizien und Zeichen, die durch den symbolischen Kontext überhaupt erst entstehen. Schliesslich bilden wir ein kohärentes Ganzes - zum Beispiel ein Geschlecht - aus durchaus auch widersprüchlichen Erscheinungen. Der visuell wahrgenommene Körper spielt also eine entscheidende Rolle bei verschiedensten Konstruktionsleistungen. Durch Normen und Alltagswissen einerseits und verschiedenste soziale Regeln anderseits sieht man oftmals das, was man gelernt hat zu sehen. Der Blick ist also nicht "rein", sondern vielmehr abhängig davon, wer wahrnimmt und wer oder was wahrgenommen wird. Das Sehen ist also ein interpretativer Prozess, eine Konstruktionsteistung unserer Wahrnehmung, die selber auch schon sozial produziert ist. Der Blick selber ist demnach ebenso wenig wie de Körper "etwas Natürliches".

Die Sichtbarkeit des menschlichen Körpers bietet so auch die Möglichkeit zur Selbstdarstellung und zur Typisierung durch sich selbst und andere. Durch diese Leistungen und die Symbolhaftigkeit des vermeintlich Erkennbaren wird - so habe ich versucht zu zeigen - vom Sichtbaren auf das Unsichtbare, den Charakter, das Geschlecht, die soziale Stellung, aber auch Herkunft, Religion, Erfolg - Identität geschlossen. Dadurch werden verschiedene Gesellschaftsauffassungen im Körper und in der Wahrnehmung von Körpern manifest und so werden in ihnen gesellschaftliche Normen manifest und dadurch reguliert.

Was es mit diesen scheinbaren Zusammenhängen vom sichtbaren Körper, dem "Inneren" und sozialen Strukturen im Alltag auf sich haben kann, wird im Folgenden in verschiedenen Artikeln präsentiert und hinterfragt. Vielleicht bieten diese Artikel einen Beitrag, um unsere starren Bilder zu brechen und uns neue Blickwinkel auf unsere Schönheitsideale, Konzepte von Körperlichkeit, die Konstruktionsleistungen und deren normierende Wirkung aufzuzeigen, die wir tagtäglich vollbringen.

- LSC -


Literaturauswahl:
- Butler, Judith: Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Frankfurt am Main 1997.
- Gugutzer, Robert: Soziologie des Körpers, Bielefeld 2004.
- Lindemann, Gesa: "Wider die Verdrängung des Leibes aus der Geschlechtskonstruktion", in: Feministische Studien, 2, 1993, S. 44-54.
- Villa, Paula-Irene: Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper, Wiesbaden 2006.

Raute

Selbstversuch Nacktwandern

EIN PAAR WANDERSCHUHE, EIN PAAR SOCKEN - UND EIN QUÄNTCHEN MUT

Laut meiner Recherche in Netz und Zeitung stellt sich die Diskussion zum Thema "Nacktwandern" als relativ festgefahren dar: Auf der einen Seite pro-nackt, auf der anderen contra-nackt. So einfach kann das doch nicht sein.


Wochenanfang, endlich gibt sich das Wetter dem Monat angepasst, mit Sonne und warmer Luft. In wenigen Tagen ist Redaktionsschluss und ich habe die Aufgabe, einen Artikel zum Thema "Nacktwandern" zu liefern. Ich mache mich ans Recherchieren.

In der ganzen Schweiz gibt es etwa ein Dutzend aktive NacktwandererInnen, die zum Teil seit 30 Jahren nackt auf Feld und Wald unterwegs sind und es sich zur Aufgabe gemacht haben, für die Rechte der NacktwandererInnen und des Nacktwanderns zu kämpfen. Vor allem im Appenzell, wo es sich, um den Alpstein herum, anscheinend am besten nackt wandern lässt, ist Einsatz bitter nötig.

Am 26. April 2009 entschied jedoch die Innerrhoder Landsgemeinde über ein neues Übertretungsgesetz. Dieses erlaubt es der Polizei, NacktwandererInnen mit bis 200 Franken zu büssen und den "allgemein normalen" Kleidungszustand wieder herzustellen. Nacktwandern gilt jetzt als Offizialdelikt.

"Nacktheit ist erlaubt, solange sie nicht mit einer sexuellen Motivation zur Schau gestellt wird", so die Aussage eines Nacktwanderers.

Die Reaktionen der Bevölkerung reichen von mildem Verständnis für den Wunsch, hautnah mit der Natur in Kontakt zu kommen, bis hin zu Rufen, "diese Exhibitionisten sollten bestraft werden, für Familien mit Kindern ist es einfach ekelerregend, solche Menschen beim Wandern anzutreffen". Andere verlangen sogar mehr Konsequenz: "Nacktwandern ja - aber bitte dann ganz nackt, ohne Wanderschuhe"!

Beim näheren Hinsehen stellt sich dann heraus, dass es Grauwerte zwischen Extrem-NaturistInnen mit Bewegungsdrang und prüden Wanderfamilien gibt. Viele wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie, wo und wann sie sich einem omnipräsenten Schamgefühl zu unterwerfen haben. Andere pochen auf ein Grundrecht zur Nacktheit, alteingesessene FKK-BefürworterInnen streiten mit "scheinheilig Bekleideten". Sprichwörter wie "Kleider machen Leute" folgen auf nackte Erklärungen und wieder andere hinterfragen den Begriff Toleranz.

Ist Toleranz fordern nicht schon in sich intolerant? Wie kann man tolerant sein, wenn sich die eine Seite nicht für die Bedürfnisse der anderen interessiert? Wie weit würde die eigene Toleranz gehen? Und wieso überhaupt stossen sich so viele Leute an der Nacktwanderei? Für jedes Argument existiert ein Gegenargument, wie die Foren zeigen, wo sich User einen Schlagabtausch liefern übers öffentliche Nacktsein. Diese Diskussion wird wohl nicht so schnell ein Ende finden.

Und wie sieht es eigentlich bei mir selber aus? Es ist immer noch Wochenanfang, das Wetter angenehm warm. Immer noch nicht sicher, was ich von der ganzen Nacktwanderei halten sollte, wog ich Argumente ab, versetzte mich in verschiedene Personen, versuchte das Ganze mal rational anzuschauen. Schliesslich wollte ich es selber wissen. Es scheint mir nur gerade logisch, ansatzweise eine eigene Meinung zu einem so kontroversen Thema zu bilden, in dem ich mich intensiver mit der Materie beschäftige.

Die Wanderschuhe sind schon lange eingelaufen, das Wandergebiet ist auch schnell gefunden - zwischen Riggisberg und Schwarzenburg - Wanderbegleitung ist auch organisiert. Jetzt nur noch das Mütchen nicht kühlen lassen.

Nackt in der Natur: Als erstes mal, ja, es ist sehr befremdlich, nur mit Socken und Wanderschuhen draussen rumzulaufen. Und die Frage: "Hesch aues?", bevor man loswandert, kann man nur mit einem Grinsen beantworten. Und schon mal vorneweg: Ein erleuchtendes Naturerlebnis hatte ich nicht. Dafür Mückenstiche. Und eine saumässige Angst vor Elektrozäunen. Doch ich hole noch ein wenig aus:

Die ersten Minuten sind wohl die Aufregendsten, doch man gewöhnt sich schnell daran, ohne Kleider rumzulaufen, wirft man Skrupel über Bord und lässt sich ein wenig gehen. Gehen ist auch etwas anderes. Normal bekleidet pflügt man sich ohne Probleme durch hohe Wiesen mit Brennnesseln, regelmässigen Schrittes bezwingt man steile Pfade, ohne die niedrigen Tannenäste zu bemerken, die das Hosenbein streifen. Ich bin noch nie so zerkratzt von einer Wanderung heimgekommen, echt! Dann kreuzte eine Kuhherde unseren Weg. Ich mag Kühe eigentlich. Aber es ist schon sehr speziell, wenn das Tier gegenüber mehr am Körper trägt als man selbst. Da zähle ich die Glocke mit! Wo Kühe sind, sind meistens auch Elektrozäune. Die stehen teilweise ja so unter Strom, da nützen auch Hosen nichts. Die Kühe wohnten also einem unglaublich grazilen Versuch bei, über so einen fiesen Elektrozaun zu klettern. Oben durch? Viel zu hoch. Unten? Leider Brennnesseln. Dazwischen sich irgendwie durchwursteln? Ding der Unmöglichkeit! Anlauf holen und hopp? Auch eher unwahrscheinlich.

Aber nach etlichen Versuchen und der Feststellung, dass da gar kein Strom auf dem Zaun war, konnte die Wanderung weitergehen. Im leichten Wind über eine Hügelkette, Blick ins Tal, an den Waden das lange Gras, sich langsam entspannen. Keine Menschenseele weit und breit (fürs Anfangen gar nicht so schlecht). Gehen ohne Ballast, wieder kleines Kind - ein angenehmes Gefühl. Auf dem Rückweg einige Autos auf der Landstrasse, es ist egal.

Rückblickend hat mir mein kleiner Selbstversuch nicht wirklich Klarheit verschafft, aber ich hab den Versuch gewagt, dem nachzuspüren, wovon die Nacktsport-Fans schwärmen. Sicher haben sie irgendwo recht. Und doch, die Thematik ist nach wie vor so komplex wie die Kombination von Leuten, in der sie besprochen wird.

Und während ich zum Ende des Artikels komme melden sich die von Kopf bis Fuss verteilten Mückenstiche. Ach ja, nackt in der Natur...

- NAFU -

• Informationen/Quelle:
Tagesanzeiger vom 20.4.2009, "Unterwegs mit dem Sprachrohr der Nacktwanderer"
Von Maurice Thiriet, auf tagesanzeiger.ch

Raute

Körperbemalung

TATTOO - EINE FRAGE DES GESCHMACKS?

Seit vielen Tausend Jahren bemalen die Menschen ihre Körper. Lehm, Kreide und Asche sind Nadel und Tinte gewichen, statt im Rahmen eines religiösen Rituals, geschieht die Bemalung heute in einem Selbstfindungsprozess.


Als wir in frühester Menschheitsgeschichte angefangen haben, unsere Körper mit Lehm zu bemalen, diente dies höchstwahrscheinlich der Einschüchterung feindlicher Gegner auf dem Schlachtfeld oder der Verschönerung des eigenen Körpers. Indianer, afrikanische Stämme und Urvölker haben bis heute das Brauchtum der Körperverzierung beibehalten. Schliesslich sind Körperbemalungen heute in der westlichen Kultur eine Form des persönlichen Ausdrucks.

Auf Englisch bedeutet "Tattoo" einerseits Zapfenstreich oder Musikparade mit meist militärischem Hintergrund, anderseits steht der Begriff für das bekannte, permanente Bemalen der Hautflächen.

In der Szene der TatöwiererInnen sind unzählige Schriftzüge, Muster, Objekte, Tiere und persönliche Zeichnungen bekannt. Es lassen sich beinahe alle Formen tätowieren. Einmal in der Haut, lässt sich das Tattoo nicht ohne weiteres entfernen. Deshalb ist der Prozess vom Wunsch bis zur Ausführung ein langer und entscheidungsträchtiger Weg der Besinnung und Selbstfindung. Wo soll das Tattoo hin? Selber gezeichnet oder Vorlagen des Tattoo-Studios? Will ich meine Mutter ehren oder meinen Freund? Sind meine Muster "trendy" oder "out"? Und vielleicht die wichtigste Frage: Was bedeutet mein Tattoo?

Im Gespräch mit Tätowierten ist herauszuhören, dass das letzte Tattoo noch lange nicht das Letzte sein wird, da zur Vollendung des Körperschmuckes noch ein Ausgleich fehlt. Tattoos können also auch als Droge bezeichnet werden. Nur verlangt nicht der Körper danach, sondern der Geist.

Seit Jahrtausenden verwenden Menschen Piktogramme oder Zeichen als Ausdrucksmittel. Viele davon haben bis heute Bestand und finden ihren Platz auf den Oberarmen und Rücken kultivierter Menschen.

Schon seit sehr langer Vorzeit hegten Menschen den Wunsch, dass nach dem Tod etwas übrigbleibt oder die eigene Philosophie weitergetragen wird. Auf ausgegrabenen Mumien alter Kulturen finden sich Zeichnungen, die uns heute verraten, wer diese Personen waren. Werden tätowierte Körper nach dem Tod eingeäschert, lassen sich solche Schlüsse höchstens noch auf dem Grabstein entziffern. Tattoos auf toten Körpern, die nicht eingeäschert werden, haben also nicht ausschliesslich Bedeutung für das jetzige Leben, sie können auch den tief gehegten Wunsch nach einem Leben über den Tod hinaus verkörpern.

Mit der Schönheit ist das ja so eine Sache. Den einen gefällt's, die andern können dem Sujet nichts abgewinnen. Wir verschönern uns aus einem Gefühl der Lust und Freude, ganz nach unserem persönlichen Geschmack. Anfänglich mit etwas Nervenkitzel, dem wir uns gerne aussetzten und einem gutes Gefühl, das Richtige zu tun.

- KIFA -

Raute

Der Bedarf an Norm

GESCHLECHT: ZWANGSOPERIERT

Die Gesellschaft tut sich schwer damit, wenn Personen weder eindeutig Frau noch Mann sind. Betroffene werden bereits als Kleinkinder operiert. Damit ist ihnen aber alles andere als gedient.


Meine Jugendzeit verbrachte ich zum grössten Teil in verschiedenen Krankenhäusern, wo man mich nach und nach kastrierte und mich zur Frau umarbeitete. Über 15 Operationen musste ich über mich ergehen lassen. Hatte zum Teil furchtbare Schmerzen. [...] Und die ganzen Hormonzugaben (Östrogene), die ich bekommen habe...
Karim "Dusty" Merah

Für die meisten Menschen ist es selbstverständlich, mit unversehrten Genitalien aufzuwachsen. Genitalverstümmelungen gelten als barbarisch und finden höchstens in so genannten rückständigen, weit entfernten Ländern statt. Die wenigsten wissen, dass auch in der Schweiz regelmässig wehrlosen Kindern an ihren gesunden Genitalien herumgeschnitten wird - etwa jedem 2000sten Kind. Das geschieht unter den Augen der Behörden, mit dem Segen unserer vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft, in praktisch jedem Kinderspital. Dabei wird in Kauf genommen, dass ihr sexuelles Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird. Zudem werden sie systematisch kastriert. Der ursprüngliche Zustand ihres Körpers wird ihnen verheimlicht, über die Eingriffe werden sie systematisch belogen. Die meisten Opfer dieser Praxis tragen massive psychische und physische Schäden davon, unter denen sie ein Leben lang leiden. Medizinische Studien belegen dies. Das Vergehen dieser Kinder: Sie kamen mit "uneindeutigen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen zur Welt - so genannte "Zwitter", Hermaphroditen, Zwischengeschlechtliche oder Intersexuelle.


"Menschenrechte auch für Zwitter!"

Es geht nicht um die Frage, ob ich mich in der Rolle als Frau wohl fühle. Ich habe nicht das Bedürfnis, mich nachträglich in Richtung Mann operieren zu lassen. Ich fühle mich schlicht nicht wohl in der Rolle des angelogenen, verarschten, erniedrigten, gegen seinen Willen kastrierten und genitaloperierten Menschen, der Hormone fressen muss und zwischen den Beinen nicht nur gute Gefühle hat.
Daniela "Nella" Truffer

Vermehrt Beachtung finden Zwitter vor allem bei Gruppierungen, die das Zweigeschlechtersystem in Frage stellen. Diese richten ihren Blick jedoch in der Regel nicht auf die realen, zwangsoperierten Zwitterkörper, sondern auf ein fiktives Ideal, das ihre eigenen Wunschvorstellungen verkörpert. Dabei setzen sie unhinterfragt voraus, dass alle Zwitter auf Grund ihrer quasi körpergewordenen Aufhebung des Zweigeschlechtersystems ihre Ziele teilen würden, oder adoptieren sie gleich ungefragt als eine Unterabteilung ihrer eigenen Gruppe. Wo sie die Leiden der Zwitter überhaupt behandeln, propagieren sie als Heilmittel wiederum einzig ihr eigenes Anliegen, nämlich die Abschaffung der Geschlechter. Mit fatalen Folgen: In der öffentlichen Wahrnehmung sind Zwitter, sofern sie nicht von vornherein mit Transsexuellen verwechselt werden, schon längst im (Trans-)Genderdiskurs untergegangen. Die meisten Zwitter jedoch verorten sich selbst, ihre Körper, ihr Schicksal, ihr Leiden und ihren Kampf in radikal anderen Diskursen. Sie erleben und verstehen sich als Opfer medizinischer Gewalt, die sie als Folter erfahren. Was die in den letzten zwei Jahren neu erstarkte Zwitterbewegung für sich fordert, sind schlicht "Menschenrechte auch für Zwitter!". Den Zwangsoperierten geht es nicht um Gender-Theorien, ihnen geht es um elementarste, ihnen immer noch vorenthaltene Grundrechte, namentlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung.


Medizin als Folter

Ich habe mein ganzes Leben daran zu kauen, was ich bin oder was ich war. Ich leide unter schweren physischen Störungen und spiele immer wieder mit dem Gedanken, meinem "verfluchten" Leben ein Ende zu bereiten. Hätte ich nicht im Intersexuellen-Forum Menschen gefunden, die so sind wie ich und auch ein schweres Schicksal hinter sich haben, hätte ich das alles gar nicht mehr geschafft.
Karim "Dusty" Merah

Zwitter sind nicht per se krank oder behandlungsbedürftig. Trotzdem werden zwischengeschlechtlich geborene Kinder bis heute in der Regel vor dem zweiten Lebensjahr ohne ihre Einwilligung an ihren "uneindeutigen" Genitalien zwangsoperiert, zwangskastriert und Zwangshormontherapien unterzogen.

Nach dem Motto "It's easier to make a hole than to build a pole" (es ist einfacher, ein Loch zu graben, als einen Mast zu bauen) werden die meisten "zu Mädchen gemacht". Dabei wird eine zu grosse Klitoris respektive ein zu kleiner Penis operativ verkleinert oder gar amputiert. Viele Zwangsoperierte beklagen, dass dadurch das sexuelle Empfinden vermindert oder gänzlich zerstört wird, sowie über schmerzende Narben.

Viele werden zudem wegen eines angeblich pauschalen "Krebsrisikos von 30 Prozent" flächendeckend "prophylaktisch" kastriert, d.h. es werden ihnen die gesunden, Hormone produzierenden, inneren Geschlechtsorgane entfernt, was eine lebenslange Substitution mit körperfremden Hormonen zur Folge hat - sowie zum Teil gravierende gesundheitliche Probleme, unter anderem Depressionen, Adipositas, Stoffwechsel- und Kreislaufstörungen, Osteoporose, Einschränkung der kognitiven Fähigkeiten und Libidoverlust. Bis heute werden zwangskastrierte Zwitter regelmässig gezwungen, adäquate Ersatzhormone aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Was 99 Prozent der Zwitter erlebt haben, ist verwandt mit sexuellem Missbrauch, ist verwandt mit Folter, ist verwandt mit Mächchenbeschneidungen in Afrika, ist verwandt mit den medizinischen Experimenten, die im Zweiten Weltkrieg in KZs durchgeführt wurden.


Genitale Zwangsoperationen am Inselspital

Wie in Basel, Lausanne, Luzern, Genf, St. Gallen und Zürich werden die Zwangsbehandlungen auch im Inselspital experimentell durchgeführt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ohne Qualitätssicherung und ohne jegliches Monitoring. Offiziell wird nicht einmal bekannt gegeben, wie viele und welche Eingriffe wo stattfinden. 2007 liess Prof. Dr. med. Primus Multis, Abteilungsleiter für pädiatrische Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, Medizinische Universitäts-Kinderklinik Bern, noch gönnerhaft durchblicken, "unter den Ärzten [wachse] die Bereitschaft, ein unbestimmtes Geschlecht auch einmal sein zu lassen" (Das Magazin 36/2007). Zacharias Zachariou, Direktor der Kinderchirurgie des Inselspitals, betonte demgegenüber, wie wichtig es sei, "möglichst in den ersten zwei Jahren nach der Geburt zu einer Entscheidung zu kommen" - gefolgt von der klassischen "Begründung": "Stellen Sie sich einmal den psychischen Druck für ein Kind vor, das nicht weiss, ob es ein Knabe oder Mädchen ist. Oder wenn es mit den Jungs in die Umkleidekabine geht und die anderen sehen, dass es keinen Penis hat!" (NZZaS 13.07.2008). Aufgeschreckt durch die zunehmende Medienpräsenz unzufriedener Zwangsoperierter schwenkte Mullis wenige Monate später gänzlich um und behauptete plötzlich: "Hier werden keine Zwangsoperationen durchgeführt", um dann im selben Atemzug als "Ausnahme in kosmetischer Hinsicht" diejenigen "Mädchen" zu nennen, die mit dem so genannten adrenogenitalen Syndrom geboren werden: "Die oft vergrösserte Klitoris werde wegen des sozialen Stigmas verkleinert." Bezeichnenderweise handelt es sich bei der "Ausnahme" AGS-"Mädchen" um die zahlenmässig grösste "Patientengruppe" (Der Bund 15.11.2008).

Fazit: Wie überall in der Schweiz werden auch im Inselspital nach wie vor wehrlose Zwitterkinder genital zwangsoperiert!


Studien belegen massive Menschenrechtsverletzungen

Ich werde mein Leben lang unter den Folgen dieser menschenverachtenden Behandlung leiden. Ich bin weder Mann, noch Frau, aber vor allem bin ich auch kein Zwitter mehr Ich bleibe Flickwerk, geschaffen von Medizinern, verletzt, vernarbt. Ich muss mich neu erfinden, wenn ich weiter leben will.
Daniela "Nella" Truffer

Aktuelle, umfangreiche Forschungsergebnisse des deutschen "Netzwerk Intersexualität/DSD", die "Hamburger Studie" 2007 und die "Lübecker Studie" 2008 (mit 439 ProbandInnen, zum Teil auch aus der Schweiz, die weltweit bisher grösste), beweisen einmal mehr:

Die meisten Opfer der menschenrechtswidrigen Zwangsbehandlungen tragen massive psychische und physische Schäden davon.
Nicht zwangsoperierte Zwitter haben im Vergleich zu Zwangsoperierten eine deutlich höhere Lebensqualität.
Trotzdem werden nach wie vor über 80 Prozent aller Zwitter meist mehrfach zwangsoperiert. Bezeichnenderweise versucht das "Netzwerk DSD" aktuell, die eindeutigen Studienergebnisse nachträglich zu frisieren.
Weiter bestätigen ExpertInnen, dass diese Zwangseingriffe ethische Grundsätze verletzen und auch strafrechtlich nicht haltbar sind.

Das Schweigen der MittäterInnen

Der Arzt sagte: "Du bist kein Mann! Du bist auch keine Frau! Du bist ein Zwitter! So Menschen wie dich hat man früher auf dem Jahrmarkt ausgestellt und damit Geld verdient! Das kannst du ja auch mal ausprobieren, da bist du eine Kuriosität, eine Sensation!" Er lachte dabei.
Christiane Völling

Als Geldgeber der MedizinerInnen sind Behörden und die Öffentlichkeit mitverantwortlich für deren Taten. In der Schweiz gab es bisher weder parlamentarische Anfragen noch sonst irgendwelche politischen Vorstösse zum Thema. In Deutschland propagiert die Bundesregierung gar Zwangseingriffe an Zwittern regelmässig aktiv mit tatsachenwidrigen Behauptungen. Auch die Parteien, die Antidiskriminierungsstelle, Deutscher Ethikrat, Amnesty International, Terre des Femmes - alle schweigen sie und sehen keinen Handlungsbedarf. Für viele ohne ihre Einwilligung zwangsoperierte Zwitter kommt dies einer Mittäterschaft gleich.


Zwitter proben den Aufstand

Ich möchte meinen ursprünglichen Körper zurück haben, genauso, wie er bei der Geburt war. Keine Narben, keine Hormone schlucken, ich wäre ganz, mich selbst. [...] Ich frage mich, wie ich gewesen wäre, aber ich werde es nie erfahren, das haben sie mir für immer genommen. Ohne mich zu fragen.
Daniela "Nella" Truffer

In Köln zeigte Christiane Völling als erste Zwischengeschlechtliche ihren ehemaligen Arzt, der sie operiert hatte, an und gewann bisher durch alle Instanzen. Zwischengeschlecht.org nahm dies zum Anlass für eine kontinuierliche Öffentlichkeitskampagne, dank der 2008 viele Menschen zum ersten Mal von den Menschenrechtsverletzungen an Zwittern erfuhren. Aufgrund eines Schattenberichts von "Intersexuelle Menschen e.V." hielt das UN-Komitee CEDAW im Februar 2009 erstmals fest, auch Zwitter hätten Anspruch auf Menschenrechte. Gleichzeitig wurden auf kommunaler wie auf Bundesebene zunehmend politische Vorstösse eingereicht. Auch in der Schweiz kam es zu öffentlichkeitswirksamen Protestaktionen vor dem Kinderspital Zürich und dem Inselspital in Bern, gefolgt von einer Vielzahl Medienberichten. Von 2009 erhoffen sich die AktivistInnen, dass sich erstmals auch politisch aktive Nichtbetroffene mit ihrem Kampf gegen genitale Zwangsoperationen und für Selbstbestimmung solidarisieren werden.

- Nella & Seelenlos -
zwischengeschlecht.org

Raute

Interview mit Iris von Roten

"MÄNNER LEBEN IM LANDE DES LÄCHELNS"

Ein Gespräch mit Iris von Roten über den weiblichen und männlichen Körper, dessen Unterschiede und die gesellschaftlichen Folgen.


megafon: Iris von Roten, Sie haben soeben "Frauen im Laufgitter - offene Worte zur Stellung der Frau" veröffentlicht. Was wollen Sie mit Ihrem Buch erreichen?

Iris von Roten: Hier ist das Buch, das ich mit zwanzig Jahren gerne gelesen hätte, aber nicht fand. Es ist für die Jugend geschrieben. Ich habe versucht, die Probleme des weiblichen Lebens zu beschreiben und ihnen bis an die Wurzeln nachzugehen.[1]


Sie beschreiben in ihrem Werk die Unterschiede zwischen Frauen und Männern in der Arbeits- und Wirtschaftswelt, aber auch im gesellschaftlichen Leben. Wieso werden Frauen als das "schwache Geschlecht" bezeichnet?

Die Schwäche besteht eigentlich aus zwei Schwächen. Da sind die durchschnittlich geringere Muskelkraft und Körpergrösse der Frauen. Sie allein hätten nicht genügt, um die Frauen sozial zu Angehörigen des schwächeren Kollektivs zu machen. Denn starke und grosse Frauen sind stärker und grösser als schwache und kleine Männer. Es handelt sich hier nicht um einen absoluten Unterschied zwischen den Geschlechtern, sondern bloss um einen relativen, der nicht über alle Zweifel erhaben ist. Es wird die Theorie vertreten, dass der Standard der Muskelkraft und der Körpergrösse soziologisch bedingt sein könnte. Diese Ansicht ist nicht so abwegig. Was der im Durchschnitt geringeren Körpergrösse und Muskelkraft der Frauen erst jene soziale Tragweite zu ihren Ungunsten gibt, ist das Zusammentreffen mit gelegentlicher Unabkömmlichkeit infolge ihrer Fortpflanzungsfunktion. So wird das weibliche Geschlecht zu einem machtpolitisch benachteiligten Kollektiv gemacht.[2]


Angesichts dieser Tatsachen wäre der Begriff "das schwach geredete Geschlecht" somit zutreffender. Kommen wir von den sprachlichen Umschreibungen des Körpers zur Körpersprache. Sprechen Frauen und Männer verschiedene Körpersprachen?

Frauen haben der Männerwelt einen unversiegbaren Springbrunnen erotischen Charmes vorzuplätschern. Das Mittel: Lächeln, unversiegbares Lächeln. Die erste Bekanntschaft mit diesem Servitut machen die jungen Mädchen, wenn sie sich bewusst werden, dass in männlicher Gesellschaft fortan ihr Gesicht nicht mehr ihnen selbst gehört. Denn obwohl es nichts zu lachen gibt, haben sie nun zu lachen und zu lächeln. Soweit sich die Männerherrschaft erstreckt, leben die Männer im "Lande des Lächelns". Wo immer die Frauen in Männergesellschaften, von der Zusammenarbeit mit Vorgesetzten bis zum Maibummel, etwas zu gewinnen oder zu verlieren haben - was die Regel sein wird - haben sie Frohsinn und Freundlichkeit aus dem Boden zu stampfen.[3]


Was passiert, wenn sich eine Frau weigert, zu lachen oder zu lächeln?

Die Männer sind persönlich beleidigt, hat doch die Unterlassungssünderin am Hofe der Herrscher nicht den glücklichen Untertanen gespielt, nicht dem Herrscher von Gottesgnaden zugejubelt. Sie hat passiven Widerstand gegen die männliche Illusion geleistet, im "Land des Lächelns" der geliebte Regent zu sein.[4]


Frauen haben also aufmunternd zu lächeln. Und wie verhält sich der Mann in geselligen Runden?

Der einzige Mann im Kreise einiger Frauen hat die Gewissheit, das Zentrum des Interesses zu sein und für seine Sprüche aufmerksame Zuhörerinnen zu finden. Der Ausdruck zuwartender Anteilnahme ist das Kühlste, das ihm begegnet. Eine einzelne Frau in einem entsprechenden Männerzirkel findet dagegen, wenn sie nicht lärmt, so wenig Beachtung, als steckte sie unter einer Tarnkappe.[5]


Sie äussern sich auch zur Kunst des Verführens und zur Erotik. Welche typischen Frauen- und Männerrollen erkennen Sie da?

Die Frauen haben den Männern zu gefallen. Die Männer aber zeigen sich, als ob es überhaupt keine Frauen gäbe, als ob sie nicht gefallen und verlocken müssten, um von den Frauen der Fortpflanzung wert befunden zu werden. Sie müssen es auch nicht. Denn anstelle einer erotischen Verlockung erleichtert die wirtschaftliche und soziale Unterdrückung des weiblichen Geschlechts den Männern das "Gewinnen". So ist männlicherseits etwa ein gewisses Mass animalischen "Sichvertuns" noch angängig, wogegen die Frauen Animalischem so fremd zu sein haben wie chinesisches Porzellan.[6]


Wie meinen Sie das?

Zum Beispiel dürfen "Damen" wenig Appetit und nie Hunger haben, weil es unweiblich wäre. Wo Speis und Trank greifbar sind, ist es Zeichen der Männlichkeit, dreinzuhauen, als ob man ins Schlaraffenland eingebrochen wäre. Eine Frau hat grundsätzlich mit ihrem Äusseren immer etwas zur Belebung des männlichen Appetits zu bieten. Bei Männern ist anstelle des ästhetischen Sex-Appeals ein sozialer getreten. Macht, wie sie zum Beispiel beruflicher, geschäftlicher und politischer Erfolg darstellt, verklärt die Unscheinbarkeit ihres Besitzers.[7]


Wie unterscheidet sich das Liebesleben von Frauen und Männern?

Im Kern scheint das Liebesgefühl trotz des physiologischen Geschlechtsunterschieds bei Frauen und Männern gleich zu sein. Die gegenseitigen Liebeserklärungen lauten aufs Wort gleich und der sinnliche Genuss des Geschlechtsakts scheint alles in allem erstaunlich ähnlich zu sein. Jedoch haben Frauen und Männer zumindest nach der Vereinigung Probleme sehr verschiedener Grössenordnung im Kopf: Sie fragt sich, ob sie eine Kind bekomme, - er höchstens, wo sein Tramabonnement geblieben sei. Mit einem Schlag ist die Liebe der beiden fundamental verschieden geworden.[8]


Woher die plötzlich auseinandergehende Entwicklung des Liebesgefühls?

Wegen dem Bewusstsein der Tatsache, dass die sexuelle Vereinigung grundsätzlich zu Schwangerschaft und Geburt eines Menschen führt. Mit einer sicheren Methode der Empfängnisverhütung würden die Frauen jedoch vom Kontrollieren ihrer Sexualität erlöst. Sie erhielten sexuelle Selbstbestimmung. Der Geschlechtsverkehr als solcher würde für die Frauen an Tragweite verlieren. Ihr Verhältnis zu Männern, die ihr gefallen, wäre weniger vom Gewicht potentieller Folgen beschwert. Und den Männern gestattete eine Freiheit der Frauen, die Empfängnis im Handumdrehen zu verhüten, ihr chronisch schlechtes Gewissen auf sexuellem Gebiet endlich etwas abzubauen.[9]


Ihr Buch, Frau von Roten, ist seit knapp elf Wochen auf den Markt erhältlich. Es ist schon beinahe ausverkauft und sorgt für hitzige Debatten. Zum Schluss deshalb die Frage: Was wird an Ihrem Buch kritisiert?

Viele werden finden, "die Männer" seien in dieser Darstellung der Lebensverhältnisse der Frauen zu schlecht weggekommen. Dabei haben mir natürlich nicht von den Guten die Besten vor Augen gestanden, sondern der Apparat der Männerherrschaft. Und dieser funktioniert nun wie die meisten Herrschaftsapparate, so einsichtig und wohlmeinend ein Teil ihrer Träger auch sein mag, mit der Brutalität eines Mechanismus. Er verfolgt die Interessen seiner Herrschaft borniert und unverschämt.[10]

- REL -


Literatur

[1] Iris von Roten, Frauen im Laufgitter, Offene Worte zur Stellung der Frau; eFeF-Verlag Bern 1996 (5. Auflage), Vorwort S. 5.
[2] von Roten, a.A.o., S. 510 f.
[3] von Roten, a.A.o., S. 265 ff.
[4] von Roten, a.A.o., S. 267.
[5] von Roten, a.A.o., S. 268.
[6] von Roten, a.A.o., S. 263.
[7] von Roten, a.A.o., S. 264.
[8] von Roten, a.A.o., S. 243.
[9] von Roten, a.A.o., S. 242 ff. und 297.
[10] von Roten, a.A.o., Vorwort S. 6.


ZUM INTERVIEW

Die Schweizer Frauenrechtlerin Iris von Roten (1917-1990) hat nach zehnjähriger schriftstellerischer Arbeit 1958 ihr epochales Werk "Frauen im Laufgitter, offene Worte zur Stellung der Frau" veröffentlicht. Das Buch provozierte insbesondere aufgrund des darin proklamierten Verständnisses der weiblichen Sexualität. Die Autorin wurde heftig und unschön angefeindet. Das fiktive Interview ist mit freundlicher Genehmigung des eFeF-Verlags aus den originalen, teilweise gekürzten Zitaten aus "Frauen im Laufgitter" zusammengestellt worden. Dabei wurden die Textstellen nach dem Schwerpunkt dieser megafon-Ausgabe ausgewählt.

Quelle: Iris von Roten, Frauen im Laufgitter - offene Worte zur Stellung der Frau, erschienen im eFeF-Verlag, Berninastr. 4, 5430 Wettingen, www.efefverlag.ch

Raute

Happy Life-Kit

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

Raute

"Clean feeling"

KÖRPERBEHAARUNG

Körperhaar ist nicht einfach Körperhaar. Es wächst in unterschiedlichem Tempo und ist auch nicht an allen Körperstellen im selben Mass willkommen.


Als Körperbehaarung wird die Behaarung am menschlichen Körper bezeichnet. Sie folgt in Bezug auf die Androgensensibilität anderen Wachstums- und Entwicklungsmodalitäten als das Kopfhaar. Denn Kopfhaar ist Kopfhaar. So ist - mit Ausnahme des Barthaars beim Mann - ihr Wachstumszyklus auf wenige Monate begrenzt und somit wesentlich kürzer als der des Kopfhaars. Beispielsweise fallen Beinhaare nach zwei, Achselhaare nach sechs Monaten aus.

Die Körperbehaarung entsteht erst durch eine vermehrte Ausschüttung von Androgenen (männlichen Geschlechtshormonen). Auf Grund der unterschiedlich hohen Androgenausschüttung bei der Frau und beim Mann, entwickelt sich die terminale Körperbehaarung geschlechtsspezifisch. Sie gilt daher auch als sekundäres Geschlechtsmerkmal. Dies mal rein theoretisch. In erster Linie bestimmt die genetische Disposition die individuelle Ausprägung und somit das Ausmass der Behaarung. Genetisch vorbestimmt liegt eine bestimmte Anzahl von Haarwachstumszellen in der Haut. Die verschiedenen Geschlechter unterscheiden sich nicht in der Anzahl der Haarwachstumszellen. Lediglich die unterschiedlichen Funktionen des endokrinen Systems, also der Anteil an Androgenen (Hormone), bestimmen die Menge und Dichte des Haarwuchses. Im Verlaufe der Evolution hat sich das Körperhaar allgemein zurückgebildet.


Funktion

Unter den Achseln und im Intimbereich, Körperstellen, die Schweissdrüsen beherbergen, unterstützt die Behaarung die Temperaturregelung, indem sie die Oberfläche vergrössert und der Schweiss leichter abgegeben werden kann. Andere Stellen werden durch die Behaarung zusätzlich geschützt, dies ist zum Beispiel im Intimbereich der Fall. Besonders im Perianal- und Perigenitalbereich dient die Körperbehaarung auch der Herabsetzung von Reibung. Haare vergrössern nicht nur die Oberfläche des Körpers, sie verstärken auch die Sensibilität der Haut. Es gibt manche Körperstellen, die durch Streicheleinheiten erotisch gereizt werden - man spricht von erogenen Zonen der Haut. Berührt man nun die Haare, wird dieser so genannte taktile Reiz wegen der vergrösserten Oberfläche um ein Vielfaches verstärkt. Die Haare leiten die Berührung an die Haut weiter, wo es zu einem Verstärkereffekt kommt.


Soziale Gegebenheiten

Wie die Behaarung angesehen wird, hängt vor altem von sozialen Gegebenheiten ab. So differiert die Betrachtung der Körperbehaarung sehr stark zwischen den verschiedenen Kulturen. Bereits im mittelalterlichen Europa wurden Körperhaare entfernt oder gekürzt. Der Grund dafür war vor allem die Hygiene. Wobei die Hygiene eigentlich abnimmt, da dem Schweiss die Regulation genommen wird und sich der Geruch somit ungehemmt entfalten kann. Die Körperhaare hatten bei unseren entwicklungsgeschichtlichen Vorfahren immerhin die wichtige Funktion des Schutzes vor Witterungseinflüssen und Fluginsekten. Heute gelten sie als überflüssig oder störend. Kleidung und Sonnenschutz übernehmen ihre Funktion. Besonders bei der Frau halten die meisten Kulturen eine glatte, haarlose Haut im ästhetischen Sinne für erstrebenswert. Nur bei den wenigsten hat es die Natur aber so eingerichtet.

Dies betrifft nicht die Kopfhaare: Die Kopfhaare, welche im allgemeinen Sprachgebrauch als "Haar" bezeichnet werden, sind ein Teil des Haares. Jeden Tag wachsen auf unserem Kopf neue Haare, andere fallen aus - ein sich stetig wiederholender Zyklus. Dieser besteht aus verschiedenen Phasen: der Wachstums-, der Übergangs- oder Rückbildungs- und der Ruhephase. Jedes Haar macht dabei seinen eigenen, von den Nachbarhaaren unabhängigen, Zyklus durch. Diese Haare beginnen sich sehr individuell zu lichten. Bei Männern eher früher und bei Frauen vor allem nach der Menopause.


Behaart und unbehaart

Gelesenes in diversen Zeitschriften: Frauen, die regelmässig ein Deo benutzen und ihre Achselhaare rasieren, haben möglicherweise ein höheres Risiko, an Brustkrebs zu erkranken. Zu dieser Erkenntnis kam eine amerikanische Studie aus Chicago, Forscher aus Seattle warteten allerdings mit gegensätzlichen Ergebnissen auf.

Vielleicht sind einige Normen notwendig, um den Umgang von Menschen miteinander zu regeln, doch der Zwang der Enthaarung... naja, ob der friedensstiftend wirkt?


Enthaarung

Die Haut ist nach der Enthaarung sehr anfällig für Bakterien. Die natürlichen Körperflüssigkeiten, die eine Frau erzeugt, können sich in den Haaren ansammeln. Dies gilt besonders bei besonders Menstruationsblut. US-amerikanische und europäische Frauen, die heutzutage ihre Schamhaare entfernen - auch wenn sie über fliessend Wasser verfügen - berichten oft, dass sie es leichter finden, ihre Vulva sauber zu halten und dass sie sich trockener fühlten während ihrer täglichen Aktivitäten. Das gilt besonders während der Menstruation. Von feministischen Frauen aus der Türkei heisst es dann auch in einem Text zur Kritik sexistischer Gewalt sehr deutlich: "Die meisten von uns verbringen zwangsläufig einen grossen Teil ihrer Zeit und Energie damit, sich mit ihren Körpern zu beschäftigen. Wir ziehen uns nicht für uns selbst an, sondern um männliche Beachtung zu erhalten. Für viele von uns ist es eine Notwendigkeit, unsere Körper der neuesten Mode entsprechend zu formen. Übergewicht kann dazu führen, dass Frauen sich vor sich selbst ekeln. Frauen, die ihre Körperbehaarung nicht wirksam bekämpfen, werden als anormal und krankhaft betrachtet". Auf jeden Fall habe ich es mir auch schon angewöhnt einen behaarten Rücken als "gruusig" wahrzunehmen.


Repression und Freiwilligkeit

In diesem Konzept könnte die Enthaarungspraxis als Teil der sexuellen Norm und der Disziplinierung der Körper zu ihrer Nutzbarmachung verstanden werden, z.B. für den kapitalistischen Konsum, aber auch für eine neue Formierung der Subjekte als Waren, die sich selbst vermarkten. Wobei hier zu erwähnen ist, dass der Mann langsam aber sicher auch in diese Schiene gedrängt wird.

Die Enthaarung, die als Körperdisziplinierung immer mehr als Norm gelebt wird, richtet sich in der sexistischen Herrschaftsordnung an die Frauen. So wird aus dem Druck eine Norm und aus der Norm eine Regel. Die Norm wird Teil des Selbstverständnisses der Person.

Erinnert euch an Nenas 99ig Luftballone - die Ikone der Rasurverweigerung in den 1980er-Jahren, hat ihren zweiten Karriereanlauf ohne Achselhaare aufgenommen. Der normative Druck richtet sich also primär an Menschen, die diese Norm ohnehin verinnerlicht haben; nur bei diesen verspricht er Erfolg im Sinne der Norm. Gar die Butch Lesben in den USA, die in meiner Erinnerung in den 1990er-Jahren meistens rasiert, waren, im Gegensatz zu den Hippiefrauen, unterlagen dieser Norm. 2006 habe ich auf Sizilien Hippiefrauen mit Körperbehaarung angetroffen. Sie wurden wie Marsmenschen angeschaut. Ich konnte dem Druck der Norm in Sizilien nicht widerstehen. Die Blicke des Ekels waren mir zu viel.

Der repressive Druck wird eben nicht von einzelnen repressiven Agentinnen der Macht ausgeübt, sondern von der grossen Mehrheit der Gruppe getragen, wodurch sich eben genau normative Gewalt ausdrückt.

Da die Enthaarung des Körpers sowohl Zeit als auch Geld beansprucht, weiss ich, dass viele von dieser Norm profitieren. Wie es in anderen Ländern und Kulturen aussieht, weiss ich leider nicht.

Ladyshave und du bist safe - glaubt was ihr wollt, und geniesst was ihr habt. Gerne möchte ich wissen, was ihr denkt und wieweit ihr der Norm verfallen seid. Wie ergeht es den euch, wenn ihr Körperbehaarung an Menschen seht?

- UVM -


P.S.: Beim Zusammenziehen des Haarmuskels muckulus arector pillis z.B. bei Kälte, richtet der Muskel das schräg verlaufende Haar in eine senkrechte Stellung auf ("es sträubt sich"). Durch den gleichzeitigen Zug des Muskels auf die Oberhaut kommt es zu einer kleinen Delle ("Gänsehaut"). Die Haarwurzeln befinden sich inmitten eines Nervengeflechts. Deshalb werden wir auch durch unsere Körperbehaarung auf Berührungen aufmerksam.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Körperbehaarung

Raute

Bodybuilding und Fitness

EIN AUGENSCHEIN IM FITNESSSTUDIO

In der Butter-Werbung wird Renzo Blumenthal ein braun bemalter Bodybuilder gegenübergestellt - Naturbursche versus Freak, viele Muskeln, kein Hirn. Ein schöner Grund, dieser Sportart auf die Spur zu gehen und einen Ausflug in die Welt des Bodybuildings und Fitness-Wettkampfes zu unternehmen - im Gespräch mit Dagmar Fankhauser.


Als ich Dagmar treffe, fällt mein Blick auf ihre muskulösen Arme und die geradlinige Körperhaltung. Anfangs unseres Gesprächs erzählt sie mir, dass sie schon immer lieber stark als schnell sein wollte und dass sie, nachdem sie wegen Rückenproblemen das Kunstturnen aufgeben musste, die Fitnessklasse für sich entdeckt habe. Dagmar ist 36 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines 14-jährigen Mädchens. Sie ist im Vorstand des Schweizerischen Fitness- und Bodybuildingverbandes, der Teil des IFBB (International Federation of Body Building and Fitness, siehe www.ifbb.ch) ist. Dort leitet sie die Jury und ist zuständig für das internationale Ressort. Sie meldet die Athletinnen für die internationalen Meisterschaften oder die offenen Wettkämpfe im Ausland an und kümmert sich um die Kommunikation mit dem Weltverband. Ihr Mann ist Trainer der Schweizerischen Nationalmannschaft.


megafon: Du bist Fitnesswettkämpferin, nicht Bodybuilderin, was ist der Unterschied?

Dagmar: In der Fitnessklasse geht es darum, durchtrainiert auszusehen und relativ dünn zu sein. Du trägst Stöckelschuhe und es gibt keine Pflichtposen wie im Bodybuilding, wo die Frauen fünf Posen im direkten Vergleich mit den anderen Athletinnen zeigen müssen. In der Fitnessklasse stehst du in einem Line-Up mit all den anderen Frauen und hast klare Richtlinien, wie du aussehen musst. Du darfst nicht zu muskulös sein, die Muskeln müssen aber ausgezeichnet sein... In der Fitnessklasse darfst du auch glamourös auftreten, mit Pailletten und Schmuck. Fitnessklassen zu bewerten ist relativ schwierig. Entweder gefällt der Jury dein Look oder eben nicht.

Es geht also mehr um die Gesamterscheinung?

Ja. Im Bodybuilding geht es vor allem darum, dass deine Muskeln so stark wie möglich innerhalb deiner Gewichtsklasse entwickelt sind, die Proportionen sind aber, wie beim Fitness, auch sehr wichtig. Im Fitness ist es dazu sicher von Vorteil, wenn du ein attraktives Erscheinungsbild hast. Das gilt jedoch auch für das Frauen-Bodybuilding. Das ist das Gemeine, bei den Männern ist Attraktivität völlig egal.

Und im Bodybuilding trägt die Frau einfach einen Bikini?

In der Fitnessklasse schon auch, im Bodybuilding geht es halt mehr um die Pflichtpose und du zeigst dann auch eine Kür. Das gibt es in der Fitnessklasse nicht, ausser in der Fitnessleistungsklasse, dort zeigst du Überschläge, Spagat... das geht dann wieder mehr ins Kunstturnen. Du siehst den Unterschied sofort, zwischen einer Bodybuilderin und einer Fitnesserin. Das finden dann die meisten nichts Schönes, aber das ist Geschmackssache.

Ich hab dich jetzt an den Armen erkannt und fand das übrigens ziemlich toll...

Man muss halt so aussehen. Wenn ich den Sport nicht mehr mache, möchte ich ganz normal aussehen. Viele wollen diese Form ja auch nicht verlieren, aber die finden jetzt nicht "wow, sehe ich gut aus"..., es geht in erster Linie um den Wettkampf, um die gute Form und dass du alles gemacht hast, was du machen musst. Ohne Wettkampf geht es dann nicht mehr darum. Mein Mann machte 30 Jahre lang Wettkampfbodybuilding und will jetzt nur noch normale Kleider anziehen können und keine Muskeln mehr haben. Natürlich hat er aber für einen Normalsterblichen immer noch Muskeln. Jetzt kann er sich auch wieder Kleider von der Stange kaufen.

Das geht dann als WettkampfsportlerIn nicht mehr?

Es kommt halt auf die Gewichtsklasse an. Du brauchst sehr grosse Hosen. Die sind dann meistens zu lang, weil Bodybuilder oft nicht so gross sind. Mein Mann musste sich immer massgeschneiderte Anzüge bestellen für den Job, das nervt dich dann irgendwann an. Oder ein kurzärmeliges T-Shirt im Sommer, das wollte er nicht, er wollte keine Aufmerksamkeit..., aber gut, wir leben auch in der Schweiz. In den USA ist es zum Beispiel ganz anders. Arnold Schwarzenegger hat es weit gebracht [wir lachen]. Ob ihn dort jetzt alle politisch toll finden, weiss ich nicht, aber er war einmal der beste Bodybuilder, das zählte etwas. Das ist nicht wie bei uns, wo alle finden ...wääh...!

Bodybuilding hat manchmal fast etwas Subkulturelles, was für ein Bedürfnis wird damit angesprochen?

Also die ganze Bodybuilding-Subkultur hat mich nie interessiert oder ich wusste nicht, dass es das gibt..., das sind die ganzen Steroidkicker, Kampfhundehalter und Schenkkreismörder [lacht] die gehören alle so in diese Subkultur, aber das hat nichts mit Wettkampf zu tun. Die wollen vielleicht einfach nur dicke Arme haben. Aber so einer in der Badehose... das geht nicht. Leider gibt es wirklich diese Szene, die so halb kriminell ist, oder... aber ich weiss nicht genau, warum das so ist. Für mich ist der Sport ja normaler Alltag, jeder kann da reinschauen, es gibt keine Geheimnisse. Ich habe auch Freunde, die nichts damit zu tun haben. Es gibt das Wettkampf-Bodybuilding und die Subkultur, warum die Leute so aussehen wollen, keine Ahnung. Aber der Wettkampfbodybuilder hat schon ein anderes Ästhetikempfinden als Herr und Frau Schweizer.

Für mich ist es auch etwas sehr Männliches. Ein Überzeichnen des männlichen Körpers...

Ja, völlig, klar. Und wenn du es als Frau machst, überzeichnest du den Frauenkörper männlich, das ist noch extremer.

Aber ist das nicht auch noch schwierig, wenn ich als Frau diesen Raum besetze?

Nein. Das ist etwas völlig anderes. Als ich zum ersten Mal an einem Wettkampf war und all diese Bodybuilder gesehen habe, staunte ich schon sehr... da bist du vielleicht auch ein bisschen schockiert...

Nehmen wir die Schweizer Meisterschaft, da hast du die Fitnessklasse und die Bodybuilder, also die Männer. In der Fitness-Klasse hat es oft viele Athletinnen für Schweizer Verhältnisse, so 7-8. Die werden von den männlichen Bodybuildern eher belächelt: "die haben ja nie trainiert und keine Muskeln", oder "das ist ja nur ein Schönheitswettbewerb"... Aber ich denke, dass du es als Frau ebenso schwer hast, wie in anderen so genannten Männerdomänen. Ich werde aber völlig normal behandelt, ich beurteile ja auch vor altem Männer von der Jury aus. Sicher musste ich mir anfangs die Anerkennung der männlichen Athleten erarbeiten, aber das wäre auch so gewesen, wenn ich ein Mann wäre.

Wie lange sind Frauen schon bei den Wettkämpfen präsent?

Das Wettkampf-Bodybuilding für Frauen kam in den 1980er Jahren auf. Damals sahen sie etwa so aus, wie die Fitnesserinnen heute. Heute sind sie viel massiger. Als richtige Bodybuilderin veränderst du dich total, du wirst männlicher im Körperaufbau und das wird dann meistens als unattraktiv gewertet.

Männliche Bodybuilder gelten auch nicht gerade als schön...

Das stört mich auch sehr. Alle tuscheln über die Bodybuilderin, weil sie nicht weiblich genug ist, kein schönes Gesicht mehr hat, aber sie selber hinterfragen sich gar nicht. Das ist typisch, es geht sehr lange, bis der Mann über sein Aussehen definiert wird. Frauen sollen sich immer im aushaltbaren Bereich bewegen. Ich wollte auch nie Bodybuilderin werden, weil ich nicht angeglotzt werden will. Aber ich kenne Frauen, denen ist das völlig egal und ich unterstütze das sehr. Es ist keine Männerwelt mehr, aber du wirst auch von Männern taxiert.

Wie bereitest du dich auf den Wettkampf vor?

Das beginnt 12-16 Wochen vorher, der Hauptteil der Vorbereitung ist Diät, du musst fettlos werden, nicht dünn, sondern fettlos. Ich hab jetzt vor zwei Wochen angefangen und ich muss schauen, dass ich die Muskelmasse behalten kann, mehr oder weniger. Das muss so sein, damit du die Muskeln richtig siehst. Die Diät enthält viel Protein, weil dies die Muskeln erhält und relativ satt macht, also in der Diät wirst du nie richtig satt, aber du kannst es so überleben...

Klingt sehr anstrengend...

Es ist extrem streng und ich frag mich jedes Mal, warum ich diesen Mist mache, aber es gehört einfach dazu. Du machst viel Ausdauer und das Krafttraining wird umgestellt. Die Frauen haben es meistens schwerer, weil sie, anders als die Männer, gegen das Östrogen kämpfen müssen. So Problemzonen der Frau, Oberschenkel, Zellulitis am Hintern, das kommt auch gleich wieder, wenn du weniger trainierst.

Kann eine BodybuilderIn sich ohne zusätzliche Hilfsmittel solche Muskeln antrainieren?

Ich trinke nie Proteinshakes, weil ich das wenige Essen, das ich habe, kauen möchte. Also esse ich Poulets und Eier. Ein männlicher Schwergewichtler ist vielleicht 100 Kg auf der Bühne und "off-season" vielleicht 120 Kg. Der muss extrem viel essen, um diese Masse zu behalten. Also trinkt er diese Shakes, es geht nicht ohne irgendwelche Aminosäurenzusätze, Protein- und Kohlenhydratpulver. Das ist vor altem im Aufbau der Muskelmasse wichtig. Rein über das Essen ist das fast nicht machbar. Essen kostet halt auch mehr. Für den normalen Jungen, der einfach so trainiert, ist es sicher möglich, sich mit normalem Essen zu halten. Aber ab einem gewissen Punkt braucht es die Zusätze. Vieles hat seine Berechtigung, vieles ist aber auch reine Geldmacherei. In Amerika ist das ein riesiges Business.

Gibt es Zusätze, die in den USA legal, hier aber illegal wären?

Ja, ich weiss aber nicht, wie es im Wettkampf-Bodybuilding aussieht... Als ich viel in den USA war, konntest du Prohormone in jedem Vitaminshop kriegen, bei uns läuft das schon unter Anabolika und ist absolut illegal. Wir haben eine unendlich lange Dopingliste (siehe: http://www.wada-ama.org), aber es wird nicht alles getestet. Cannabis wird zum Beispiel nicht getestet, obwohl es auf der Liste ist. Aber das macht im Bodybuilding auch nicht wirklich Sinn. Es kommt immer auf die Sportart an.

Ein weiteres Vorurteil ist, dass in den Studios irgendwie alles zu kriegen ist...

Das ist mir noch nie passiert... es gibt aber sicher so Grüppchen, die riechen einander, glaube ich. Als junger, voll motivierter Mann wirst du vielleicht mehr angesprochen. Es wird auch gedealt, das ist klar. Du siehst auch Anabolika-Wracks... Diese Stoffe sind sehr schädlich für die Organe und können fürchterliche Konsequenzen nach sich ziehen... Das ist Gift mit hunderttausend möglichen Auswirkungen. Man sieht es vor allem bei Jungen, dass die etwas reinlassen und keine Ahnung haben. Die möchten einfach schnell auf ein Resultat kommen, das ist schrecklich...

Kannst du eigentlich vom Sport leben?

Nein, der Sport kostet viel Geld und du kommst auch nicht in die Zeitungen. Wir hatten 2008 eine Frauenweltmeisterin und einen Weltmeister, eine Vizeweltmeisterin, ich wurde Dritte; das ist unglaublich für so ein kleines Land - es interessiert aber niemanden. Aber das musst du halt wissen. Du machst alles, du krampfst, du kannst monatelang nichts essen und musst wahnsinnig trainieren..., du gewinnst mit extrem viel Glück irgendwo in Aserbaidschan an der EM und zuhause interessiert das nur den engsten Kreis. Als Profi wäre es anders, aber da müsstest du in Amerika leben und gute Sponsoring-Verträge haben.

Was ist das für eine komische braune Farbe, die jeweils aufgetragen wird?

[Wir müssen beide sehr Lachen]
Diese Frage kommt immer... Auf der Bühne stehst du unter extremem Licht, du kannst noch so braun aus den Ferien kommen, unter diesem Licht scheinst du weiss. 2008 hatten wir einen schwarzen Weltmeister, auch der musste sich mit brauner Wettkampffarbe einreiben. Mit der Crème bist du durchgehend braun, die Haut wird schöner und samtig, und es ist nicht schädlich. Die Haut wird im ganzen Package juriert. Du versteckst Tattoos, Akne, es gibt eine schönere Linie. Die Farbe wird vor dem Wettkampf eingestrichen, es ist sehr mühsam und eklig. Derjenige, der dich eincremen muss, verabscheut es ebenso, aber es muss einfach so sein, das Bild muss einfach stimmen.

Die Farbe trägt halt auch viel zum Bild des protzigen und dümmlichen Typen bei ...

Ja, klar, du malst dich auch noch an. Das ist glaub schon relativ komisch für Aussenstehende.

Faszinierend, dass du dich dem allem aussetzt.

Das muss dir einfach am Arsch vorbeigehen, das geht auch, du möchtest auf diese Bühne, du hast nur noch den Wettkampf im Kopf. Es rundet das Bild ab. Ich verändere meinen Körper dahingehend, dass er nicht mehr natürlich aussieht, schon das muss dir egal sein. Als Mann steigst du zudem in eine Badehose, die du sonst nie anziehen würdest und machst komische Posen. Das gibt schon einen Tunnelblick, du bist in einer eigenen Welt. Ich kenne aber sehr wenig Leute, die sich in der Öffentlichkeit produzieren. Du gewöhnst dich an diesen Körper, weisst, was er für Aufsehen erregen kann.

Du hast aber auch Lust darauf, oder?

Sicher, ja. Vor allem in der Vorbereitung sehe ich, wie sich mein Körper verändert. Das ist mein Sport, das ist das Beste für mich, ich will das nicht anders. Vor drei Jahren war ich um einiges muskulöser und bin mit meiner Tochter viel in die Badi, da siehst du dann, wie die Leute reden. Aber ich bin ja kein Freak, du siehst einfach meine Muskulatur. Ich will in erster Linie meine Ruhe und habe auch kein Statement, es ist einfach mein Sport. Bei den meisten BodybuilderInnen ist das ähnlich, sie wollen nicht auffallen. Mit der Zeit merkst du es nicht mehr. Trotzdem würde ich zum Beispiel meine Tochter nie im Top von der Schule abholen. Weil, die Kids reden und fragen: "hey, warum hat deine Mutter Muskeln?". Sie will aber jemanden, die aussieht wie eine Mutter und das verstehe ich völlig. Ich habe auch Kolleginnen die als "Tötsch" belächelt werden, was sie überhaupt nicht sind. Aber im Fussball gibt es ja auch Trottel...

Probiert ihr im Verband, gängige Vorurteile abzubauen?

Das ist fast nicht möglich. Ich finde, das muss man auch nicht. Vor ein paar Wochen erschien ein Bericht bei "swissmedic.ch": man fand heraus, dass viel mehr FitnessgängerInnen mit anabolen Steroiden verladen sind als angenommen. Also, das stimmt sicher, aber das ist kein grosser Schock. Aber da war das Sommerloch und sie haben angerufen, Radio, Tele Züri, etc. "Können Sie dazu Statements abgeben?" Nein, kann ich nicht, warum sollte ich? Es ist unmöglich, dieses Bild zu ändern. Vielleicht ändert sich die Zeit wieder, weil in den 1980ern war es viel normaler, diesen Sport zu betreiben.

- JUH -

Raute

Der Unterleib des Prinzen

ZWISCHEN UNSEREN BEINEN DIE WELT

Vor 25 Jahren erschien "Purple Rain", eine Platte, auf die sich in den achtzigern alle einigen konnten. Sowohl alte Punks als auch die schwarz Angezogenen, die Vokuhila-Poppers und die Disco Freaks - Männlein und Weiblein, Schwule, Lesben und Hardcore-Heteros.


1984 war ein schwieriges Jahr für die Popkultur. Punk, New Wave und Post-Punk waren vorbei, HipHop erst am Starten. Am Radio nudelten Bands wie Duran Duran und müllten den Teenagern die Ohren zu. Es gab keine Identifikationsmodelle und es gab keinen Sex in der Musik. Da kam Prince Roger Nelson, kurz Prince, der zu dieser Zeit noch kein Weltstar war. Sein Erfolg zeichnete sich zwar schon ab, bereits zu "Little Red Corvette" (vor "Purple Rain"-Zeiten) hatten alle getanzt - auch richtige Kampflesben, und in dem Song geht's nicht um ein Auto, sondern um eine Vagina und was Mann damit alles anstellen kann.

"Purple Rain" war dann der Überhit. Ein Album voller Lieder über Sex in alt seinen Varianten, voller Masturbationshymnen und Aufforderungen zum Austausch von Körperflüssigkeiten. Damit rettete Prince die Welt - wenigstens für eine Weile.

Diese Musik war unglaublich. Sie brachte das Blut in Wallung und hatte eine direkte Wirkung auf die Lendengegend. Also mir geht es bis heute so. Der Sound war zwar nicht neu, aber genial: eine Mischung aus Sly Stone, Curtis Mayfield, Jimi Hendrix und Little Richard. Treibend, pulsierend, voller Drive und euphorischer Gefühle. Und lief nicht im Berner "Eidgenossen" jahrelang "Purple Rain" als letzter Song? So als Zeichen: es ist Sperrstunde, haut ab, geht heim, aber wenn möglich nicht alleine, liebt euch lieber noch ein wenig, das Erwachen am Morgen wird schmerzhaft genug.

Das Thema dieses Heftes ist der Körper. Da musste ich einfach mit dem musikalischen Zeremonienmeister des Geschlechtsverkehrs, dem Bänkelsänger des Unterleibs kommen. Hey, ich meine, wo sitzt das Rückgrat? - Jedenfalls nicht im Rücken. Wo kommen der untere Teil und der obere Teil des menschlichen Körpers zusammen? Wo ist unsere Mitte? Von wo aus koordinieren sich alle unsere Bewegungen? Wo hockt der Groove? Eben. Sex ist wohl das intensivste Gefühlserlebnis, das wir haben können! Und sprich mir niemand von Liebe, Romantik und anderen Projektionen. Dann nehmt lieber mal wieder den Sigmund hervor. (Natürlich gäbe es da noch den Schmerz.)


P.S. Zu "Purple Rain" gab's ja übrigens einen Film, tatsächlich war der sogar vorher da und das Album fungierte als sein Soundtrack. Erinnert sich jemand? Na, auch egal. Der Film ist eine einzige, schlecht gemachte Peinlichkeit: Prince auf einem violetten Töff, der doppelt so gross ist wie er, dauernd in Rüschenhemden unterwegs, völlig durch den Wind.

Aus dem Film stammt auch das Foto auf dem Albumcover von "Purple Rain". Prince ist ein Meister des schlechten, geschmacklosen Coverartworks. Das war schon immer so. Auf der neuen 3er-CD-Box "Lotus Flower" sieht man den Herrn mit halbem Kopf, der obere Teil wird irgendwie von einem Lichtstrahl durchbohrt, dervon den Sternen kommt. Meine Güte, bekommt er jetzt Messages von Gott, oder was? Und auch die Musik - oh je. Kaum ein packender Song, keine Ohrwürmer, dafür Jazz-Fusion-Gegniedel und Gitarrengewichse bis zum Abwinken.

Also ich kann die neue Platte des Herrn Prince wirklich nicht empfehlen. Legt lieber mal wieder "Purple Rain" auf. Und auch den Song. Aber bitte hört die ganzen neun Minuten - das war noch ein Gitarrensolo dort, da kommen die Tränen, wie eben nach einem guten Orgasmus.

Prince, "Purple Rain" (Warner, 1984)
Prince, "Lotus Flow3er" (Target, 2009)

- TOMI KUJUNDZIC -

Raute

BUCHTIPP IM SEPTEMBER: SCHLÄFER IN DER ERDE

Folgende Zeilen befinden sich nicht am Anfang des Buches von Jula Dech über Hannah Höch. Trotzdem sollte das Buch mit diesem Satz beginnen: "Faschismus, Krieg und Atombomben haben die Welt fundamental verändert. Sie hinterliessen geistige Zerstörung und bilden noch heute unser Traumata.)"

Wie schon so oft beginnt auch diese Buchbesprechung irgendwo am Rande von Berlin, in den Nach-1920er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Viele Künstler und Intellektuelle, die der Zeit das Gesicht gaben, sind verschwunden. Verwunden in Löchern, verschwunden und verheizt in KZ, verschwunden und abgereist ins Exil. Es gibt einerseits die Marlene Dietrich, die mit gepacktem Koffer ins imperialistische Amerika ausgewandert ist. Andererseits ist Klaus Manns Mephisto geblieben. Und es gibt unsentimentalen Anonymen.

Danach, ich will bewusst nur von einem danach sprechen, ergeben sich langsam die neuen Verhältnisse. Es stellt sich die adornische Frage: "Lässt es sich nach Auschwitz noch leben? Macht es noch Sinn zu denken, zu fühlen zu schreiben oder Kunst zu schaffen?"

Spätestens seit Auschwitz wissen wir, zu welchen Folgen Unterscheidungen zwischen Menschen führen können. Spätestens nach Hiroshima wissen wir, dass es möglich ist, mit einem Schlag über 70'000 Menschen verdampfen zu lassen und Städte als Schlacke-Resten zurückzulassen.

Es spricht dabei eine Erfahrung, die in Form von tausend Nägeln bei vollem Bewusstsein durch die Schädeldecke geschlagen wurde.

Die Künstlerin Hannah Höch stellt fest, dass in den Nachkriegsjahren der reine materiale Überlebenskampf herrscht. Es wird versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Die Geistesschätze sind von geringer Priorität. Sie wurden vor dem Krieg sorgsam in Löchern verstaut. Schliefen in der brauen Erde.

Trotzten den Bombenabwürfen, Giftgasangriffen und der Todesmaschinerie. Scheinbar unbeschädigt konnte man sie nach den Kriegswirren wieder aus den Schächten hervorheben. Die Erdkrummen von den Oberflächen wischen.

Bedeutsame Schätze wurden in die neue Zeit gerettet. Doch trotz ihrer stofflichen Anwesenheit schien es, als seien sie nicht gewesen. Die Dinge waren blass geworden. Stille hatte sich breit gemacht. Literatur und Kunst waren Fremde geworden. Die Menschen hatten vergessen und die Grabstücke konnten trotz den schüttelnden Bewegungen nicht mehr aufwachen.


Jula Dech: Sieben Blicke auf Hannah Höch. Edition Nautilus. Biographie von Hannah Höch, der Berliner Dada-Pionierin.
Sie gilt als eine der bedeutensten Künstlerinnen der Fotomontage in den 1920er Jahren.

- SAT -

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Aus Zürichs Oasen

BINZBLEIBTBINZ

Im Mai 2006 zog die Grossfamilie Schoch ins leere Fabrikareal Binz ein und errichtete sich einen alternativen Wohn-, Arbeits-, Kunst- und Lebensraum. Jetzt soll die Binz einem weiteren schicken Bauvorhaben Platz machen.


Das Areal mit seinen drei grossen Hallen, Galerien und Umschwung ist riesig und war bei der Besetzung im Mai 2006 vollkommen leer. Mit Euphorie und Unglauben zogen wir durch die Fabrik, malten uns unsere Schlafplätz und Nischen aus. Es gab eine Raumverteilung und dann wüteten die Baumaschinen. Bald floss das Wasser in verschiedenen erbauten Küchen, Wohnräume entstanden, die Metallwerkstatt zog ein, die Ersten verbrachten ihre Zeit mit Gestaltung der Hallen, dem Errichten einer Bibliothek, dem Bauen des Trainingsraums, und die Materialanhäufung begann.

Das geplante Freestylepark-Provisorium sollte noch im selben Sommer realisiert werden und die BesetzerInnen bald wieder draussen sein. Doch auch ohne die längerfristige Zusage zum Bleiben wurde kreiert, gebastelt und gewütet, als wäre ein Ende nie erwähnt. Auch scheute sich kaum wer, wenn auch einige SpätzünderInnen darunter, sich für den Winter einzurichten. Räume wurden isoliert und Heizungen gebaut. Das Areal war einfach zu schön, um stillzusitzen. Wegen Verzögerungen durch Einsprachen eines benachbarten Hausbesitzers wurde das Freestylepark-Projekt aufgegeben.

Heute, drei Jahre später, haben sich die Hallen gefüllt mit allerlei Baumaterial, Traktoren, Wägen, zig Küchen, Zimmer und Zimmerchen, Klettergärten, Ansammlungen, Malereien und Bepflanzungen. Die ursprüngliche Gestalt der alten Stahlhallen ist kaum noch zu erkennen, sie erinnern eher an einen wuchernden Dschungel aus Dingen. Es leben gegen die vierzig Leuten hier, unzählige weitere nützen den Raum für Projekte und Alltägliches. Die Binz ist ein Treffpunkt geworden, unter anderem auch für junge NachbarInnen, sie ist ein Sprayeratelier, ein Raum für KunststudentInnen, eine Bastelhalle, Werkstatt, Recyclingfabrik, Zirkushalle, Autowerkstatt und ein Materiallager; ein überblickbares Chaos, die Familie Schoch!

Ohne interne Konflikte gings und gehts nicht über die Bühne. Doch die Binz hat sich überhaupt nicht selbst aufgefressen, sie wandelt sich und erscheint immer wieder mit Energie und neuen Ideen.


Der Abbruch droht

Pünktlich zum Jubiläum erreichte uns, durch zufälliges Blättern im Amtsblatt, die Nachricht, dass per Submissionsverfahren Baufirmen gesucht werden, die das Areal auf den 1. Juli 2009 dem Erdboden gleich machen sollten. Der Gebrauchsleihvertrag des Kantons mit der Stadt Zürich ist Ende Juni ausgelaufen, Verwaltung und Zuständigkeit wechseln wieder zum Kanton. Offensichtlich zu raschem Handeln entschlossen, wollte dieser den Abriss der Liegenschaften ohne Kontaktversuch mit der Familie Schoch durchführen. Das Resultat der auf Initiative der Binz gefolgten Verhandlungen war die mündliche Zusicherung, dass bis Ende September nichts passieren würde. Weiter liege es in der Absicht der kantonalen Baudirektion, das Areal baldmöglichst im Baurecht zu vergeben. Dabei sollen in erster Linie marktwirtschaftliche Kriterien zählen, das Grundstück wird dem Meistbietenden überlassen. Sollte der zukünftige Baurechtsnehmer es vorziehen, das Grundstück geräumt und [Altlasten-] saniert zu übernehmen, dann würde am 1. Oktober mit den Abbrucharbeiten begonnen werden.

Auf eine schriftliche Anfrage des Gemeinderates im Stadtrat schrieb dieser: "Der Kanton ist Eigentümer des Areals, und der Stadtrat sieht keinen Grund, sich in dessen Verkaufskonditionen einzumischen", weiter meinte er, es bestehe "keine Notwendigkeit, das Gespräch mit diesem zu suchen", und begrüsste es grundsätzlich, wenn das Grundstück im Baurecht für Wohnungsbau abgegeben würde.


Vorboten des Untergangs

In der Stadt Zürich wird gebaut, ganz massiv sogar. Die letzten Ecken sollten aufgewertet und befriedet werden, die letzten Überbleibsel der alten Quartierstrukturen verschwinden. Mit ihnen die einkommensschwächere Bevölkerung, LohnarbeiterInnen, MigrantInnen, junge TagediebInnen, freie KünstlerInnen, Alteingesessene, SozialhilfebezüglerInnen, all das Gesindel halt. Gentrification ist der Fachbegriff für diese Art der Verdrängung. Es entstehen Luxuslofts, die den traditionellen Büroklotz an Gefragtheit übertreffen, sterile Einkaufswelten, am besten alles zusammen in einem Projekt. Diese Entwicklung zeigt sich zum Beispiel in Wipkingen, wo auf einen Schlag das halbe Quartier daran glauben mussten. Oder an den Säuberungsaktionen im Langstrassenquartier, mit dem geplanten vom Volk - nicht den AnwohnerInnen - abgesegneten finalen Todesstoss Neufrankenschneise. Weiter im Binzquartier, wo nach Eden 1 und Sihlcity gleich drei neue Gebäude mit Lofts und Wohnungen der oberen Preisklasse aus dem Boden gestampft werden sollten, und bald schon an der Weststrasse, die nach der soeben erfolgten Eröffnung des Uetlibergtunnels als Westumfahrung von Zürich, verkehrsberuhigt und dadurch yuppiesiert werden wird. Und wer in den letzten Jahren zwangsläufig an einer Wohnungsbesichtigung war, wo sich die InteressentInnenschlange vom vierten Stock bis auf die Strasse zog, bemerkte vielleicht: gebaut wird zwar, aber sicher nicht für uns. PolitikerInnen und Konsorten haben andere Pläne für dieser Stadt. Wegweisungsartikel, hohe Polizeipräsenz, Schikane und das inflationäre Aufstellen von Kameras sind nur ein weiterer Ausdruck dieser Politik: Die Stadt wird zu einer Art "gated community" für die Kaufkräftigen ohne Makel und Bewusstsein.

Eine der Alternative ist das Besetzen von Häusern. Wir sind uns bewusst, dass auch wir mitverantwortlich sind an der Stadtentwicklung, wir besetzten, wo was leersteht, organisieren subkulturelle Veranstaltungen, hippe Partys mit Bier zum Unkostenpreis, bringen Farbe ins Quartier und üben ungewollt Druck auf die "BesitzerInnen" aus, endlich zu renovieren oder zu bauen. Kurz: wir sind Vorboten des Untergangs. Was wir machen ist hipp. Es braucht nur ein bisschen weniger radikale Inhalte, dafür eher gesetzliche Regelungen à la SP. Dann ist der Charme für die kaufkräftige Gesellschaft und dessen Lifestyle ideal, kreativ und grenzenlos.

Wir aber sollen unsere Siebensachen packen und abhauen, um irgendwann ganz von der Bildfläche zu verschwinden so auch die Binz?

Die Binz gibt es nicht, weil dort keine Miete bezahlt werden muss, sondern weil sie eine Antwort ist auf die Batteriehaltung eines Blocks, auf die Isolierung und tödliche Langeweile, den Verfall, den Konsum und die Fremdbestimmung, das Arbeiten für Geld, um die Befriedigung der tausend materiellen und sicherheitswahnbedingten Bedürfnisse sicherzustellen. Dort hat es Platz für Eigeninitiative und für das Entstehen eigener Wertvorstellungen. Und das ist verdammt wichtig!


Abbruch für Altlastensondierung nötig?

Die Verhandlungen mit dem Kanton laufen auf Hochtouren. Die Planung des Immobilienamts hat sich geändert. Neu soll die Veräusserung des Grundstücks erst erfolgen, nachdem eine Altlasten-Sondierung vorgenommen wurde und bestimmt ist, welche Sanierungen in welchem Umfang notwendig sein werden. Gemäss dem vom Immobilienamt beauftragten Geologen ist dafür ein Abbruch der Gebäude unabdingbar. Nachdem wir am Gespräch vom 13. August 2009 Zweifel darüber ausdrückten, dass ein Abriss für die vorgesehenen Abklärungen unumgänglich sei, haben die kantonalen Behörden eingewilligt, die Sachlage zu überprüfen. Der vom Kanton beaufragte Bauingenieur wird abklären, unter welchen Umständen die Sondierungen bei bestehenden Liegenschaften durchgeführt werden können. Ein von uns bestimmter Geologe wird die Resultate einsehen und in die Beurteilung derselben miteinbezogen. Jedoch meint der Kanton, dass die Mehrkosten zu unseren Lasten fallen werden und wir weiterhin damit rechnen müssen, dass am 1. November Schluss ist.

So oder so, für uns bleibt der Abriss ein Abriss auf Vorrat. Denn Gründe ihrerseits, die ausschliesslich der markwirtschaftlichen Logik folgen, wie Mehrkosten und Kalkulationssicherheiten, stehen aus unserer Perspektive in keinem Verhältnis zu einer mehrjährigen Baubrache. Laut Kanton sei es realistisch, dass frühstens x.x.2012 mit dem Baubeginn zu rechnen ist.

- BINZBLEIBTBINZ.CH -


Weitere Infos und News unter www.binzbleibtbinz.ch

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Mehr als ein Trend

DIE WACHSTUMSVERWEIGERER IN DER WESTSCHWEIZ

"Decroissance" lehnt sich an den englischen Begriff "decline" an und bedeutet soviel wie Wachstumsrücknahme. Ein neues Wirtschaftsmodell erreicht langsam auch die Linken der Schweiz.


Jahrelang herrschte Funkstille. Die Schweiz schien die französische Decroissance-Bewegung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Aber im August 2008 liessen sich in Genf einige Jugendliche vom Genfer Professor Jacques Grinevald zur Gründung eines wachstumskritischen Netzwerks motivieren. Das ROC (Réseau objecteurs de croissance) wurde gegründet. Dann ging alles sehr rasch. Vorträge und Filmabende wurden organisiert. Der Kaufnichtstag - bisher eine Aktion junger Christen - wurde plötzlich von mehreren Linksbewegungen unterstützt. Am Autosalon gab es die kritische Aktion "L'autre salon", die die Autolobby nicht verhindern konnte. In Zeitungen und bei Radio Suisse romande wurde Décroissance zum Thema. In Lausanne entstand ein lokales ROC. Das ROC Neuenburg ist in Gründung begriffen.

Die politische Strategie ist die gleiche wie in Frankreich: Man strebt nicht primär die Gründung einer neuen Partei an, sondern verbündet sich mit antiproduktivistischen Kräften in der gesamten Linksbewegung. Dabei achtet man sorgfältig darauf, dass nicht geschäftstüchtige Trittbrettfahrer, womöglich gar rechtskonservative Umweltfreunde, das ROC für ihre Zwecke missbrauchen.


Das Wirtschaftsgeschehen hat eine Zeitachse

Jacques Grinevald unterrichtet am Institut de hautes études internationales et du développement in Genf. Er arbeitet vor allem in den Themenbereichen nachhaltige Entwicklung und ökologische Ökonomie. 2007 hat er "La biosphère de l'anthropocène" veröffentlicht.


E. Schmitter: Herr Grinevald, wie sind Sie zu Ihrem Arbeitsgebiet der Wachstumsrücknahme gekommen?

J. Grinevald: 1974 arbeitete ich im Pressedienst der Universität Genf. Ich bekam den Auftrag, einen Vortrag von Nicholas Georgescu-Roegen zu organisieren, dessen Werke ich zum Teil kannte. Daraus entwickelte sich eine dauerhafte Freundschaft. Georgescu-Roegen betrachtete mich als seinen ersten Schüler in Europa, wohl zu Recht.

Stimmt es, dass der Begriff "Décroissance" Ihre Erfindung ist?

Ja. Ich habe den Ausdruck benutzt, um das englische Wort "decline" [Rückgang] zu übersetzen, das sich bei Georgescu-Roegen findet, aber auch schon bei Adam Smith vorkommt.

Georgescu-Roegen ist seit Jahrzehnten ein Geheimtipp. Warum ist er so wichtig?

Er hat neue Begriffe in die Wirtschaftswissenschaft [zum Beispiel Entropie] eingeführt. Das hat zur Folge, dass die Ökonomen sich vom mechanistischen Weltbild verabschieden müssen, das bis heute ihr Paradigma geblieben ist. Die Wirtschaft ist nicht wie ein Pendel, bei dem es egal ist, ob es hin oder zurück schwingt. Das Wirtschaftsgeschehen hat eine Zeitachse mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nichts lässt sich ungeschehen machen. Die Schäden, die die Wirtschaft jetzt dem Klima zufügt, kann sie nicht reparieren. Die neoklassischen Ökonomen fürchten diese Wahrheit, wie die katholische Kirche Galileis Erkenntnisse fürchtete, weil sie den irrationalen Charakter ihrer Lehre entlarvt. Deshalb ist Georgescu-Roegen bis heute ein Geheimtipp geblieben.

Kann man die Wirtschaft von ihrem zerstörerischen Wachstumszwang abbringen?

Die Frage ist nicht, ob man kann. Man muss! Es geht nicht nur um die Überwindung des Kapitalismus geht. Es geht um die Überwindung eines Machtstrebens, das untrennbar zum ökonomischen Denken gehört. Die Ökonomen wollen nicht nur Wachstum, sie wollen Wachstum des Wachstums, im Zweifelsfall lieber eine Explosion als Stillstand oder Rückschritt. Sie wollen Eroberung. Ihr Fach ist von einer kriegerischen Mentalität geprägt. Wir aber müssen lernen, Gewaltfreiheit zu einem Grundprinzip unseres Handelns, auch unseres wirtschaftlichen Handelns, zu machen. Unsere gesamte gesellschaftliche Wirklichkeit ist heute von Gewalt und Gewaltdenken beherrscht. Das gilt es zu überwinden.

Wie gehen Sie mit der Tatsache um, dass die Verantwortlichen in Wirtschaft und Politik die Dringlichkeit dieser Anliegen meist ignorieren?

Von den meisten ist keine Lösung zu erwarten; sie sind ja selbst das Problem. Es müsste sich ein externes Element finden lassen, das die Situation deblockiert. Ich sehe gegenwärtig kein solches Element. Aber ich sage Ihnen offen: Ich habe ein fast bedingungsloses Vertrauen ins Leben. Wir dürfen uns in Bezug auf die Zukunft nicht auf unser Hoffen und Bangen verlassen, und auf Wahrscheinlichkeiten schon gar nicht. Meine Zuversicht ist viel grösser als die mathematische Wahrscheinlichkeit einer lebbaren Zukunft. Es gibt ein französisches Sprichwort, dem ich voll zustimme: Das Schlimmste ist nicht stets gewiss (le pire n'est pas toujours sûr).

- ERNST SCHMITTER -


Weitere Informationen auf www.decroissance.ch.


Fünf Vordenker der Wachstumsverweigerung

Nicholas Georgescu-Roegen (1906-1994): Mathematiker und Ökonom. Er hat den Widerspruch erkannt, der zwischen dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik und dem Anspruch auf unbegrenztes wirtschaftliches Wachstum besteht. Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die vollständige Umwandlung von Arbeit in Wärme nicht umkehrbar ist. Deshalb spielt sich unser Wirtschaften in einer ständig sich verschlechternden Ressourcenlage ab. Wenn die Menschheit möglichst lange überleben will, muss sie Wirtschaftsschrumpfung anstreben. Solange die Wirtschaftswissenschaft dies bestreitet, ist sie grundsätzlich lebensfeindlich. Ein wichtiges Werk von Georgescu-Roegen: The Entropy Law and the Economic Process, 1971 (keine deutsche Ausgabe).

André Gorz (1923-2007): Philosoph und Journalist. Er hat schon 1977 in seinem Werk "Ecologie et liberté" gezeigt, dass ein Sozialismus, der auf wirtschaftlichem Wachstum aufbaut, in den Widersprüchen des kapitalistischen Konsumverhaltens gefangen bleibt. Wichtiges Werk: Ökologie und Politik. Beiträge zur Wachstumskrise, Rowohlt, Reinbek, 1977.

Hans Jonas (1903-1993): Philosoph. Sein Hauptwerk heisst "Das Prinzip Verantwortung" (zuerst Insel, Frankfurt, 1979). Jonas zufolge benötigen wir für einen angemessenen Umgang mit den Ungewissheiten der technischen Entwicklung eine "Heuristik der Furcht". (Heuristik ist die Kunst des Problemlösens.) Von ihm stammt der Satz: "Der schlechten Prognose den Vorrang zu geben gegenüber der guten, ist verantwortungsbewusstes Handeln im Hinblick auf zukünftige Generationen."

Ivan Illich (1926-2002): Philosoph und Theologe. Illich hat gezeigt, dass Fortschritt in Teilbereichen unserer Gesellschaft eine Eigendynamik entwickeln kann, die ihn kontraproduktiv werden lässt. Der Philosoph stellt unserer Gesellschaft mit ihren Scheinfortschritten das Bild einer Gesellschaft gegenüber, die sich von Wachstumszwang und Produktivismus befreit. Wichtiges Werk: Selbstbegrenzung, eine politische Kritik der Technik, Rowohlt, Reinbek, 1980.

Serge Latouche (Jahrgang 1940): Wachstumskritischer Ökonom. Er hat in Paris unterrichtet. Sein wichtigster Beitrag zur Wachstumskritik ist der Gedanke, dass wachstumsorientierte Entwicklung nicht die Lösung unserer Probleme ist, sondern das Problem selbst. Wichtiges Werk: Le pari de la décroissance, Fayard, Paris, 2006 (keine deutsche Ausgabe).

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Peace Watch Switzerland

SEHEN UND GESEHEN WERDEN - UNTERWEGS FÜR MENSCHENRECHTE

Peace Watch Switzerland bildet Freiwillige aus und entsendet sie als MenschenrechtsbeobachterInnen in Konfliktregionen. Mit ihrer Präsenz unterstützen die internationalen BegleiterInnen den gewaltfreien Kampf der Zivilbevölkerung um Würde, die Einhaltung der Menschenrechte, Wahrheit und Gerechtigkeit.


"Gestern begleitete ich den Rechtsanwalt E. zu einem Gerichtstermin in eine Stadt im Nordosten", schreibt Bernhard am 30. Mai 2009. Er arbeitet als freiwilliger Menschenrechtsbegleiter für drei Monate mit Peace Watch Switzerland (PWS) in Guatemala. "Zwei Männer sind angeklagt, den leitenden Bauerngewerkschafter Don I. und zwei seiner Söhne ermordet zu haben. Don I. wurde vorgängig verschiedentlich bedroht, weil er sich für die Rückgabe von grossen Landstücken an die Kleinbauern stark gemacht hatte, welche Grossgrundbesitzer sich unrechtmässig angeeignet hatten. Don I. war ein angesehener Mann im Dorf, setzte sich für Gerechtigkeit ein, kämpfte für die Rechte der KleinbäuerInnen. 'Der Prozess ist kompliziert', sagt der Rechtsanwalt. Drohungen an Familienangehörige führten dazu, dass eine kirchliche Organisation sich als Prozessführerin anerbot. Die Angehörigen sind sehr dankbar. Es geht scheinbar wieder einmal mehr um einen Kampf von David gegen einen Goliat. Direkte Augenzeugen für die Morde gibt es nicht. Aber es liegt auf der Hand, dass die Ermordung wohl ein Auftrag der Grossgrundbesitzer war."

Solche Fülle gibt es in Guatemala unzählige, und in kaum einem werden die TäterInnen zur Rechenschaft gezogen. Die Straflosigkeit in diesem Land ist einer der Gründe, weshalb Freiwillige aus Europa und Nordamerika MenschenrechtsaktivistInnen, AnwältInnen, GewerkschafterInnen und ZeugInnen der Massaker der 1980er-Jahre begleiten.

PWS sucht Leute, die bereit sind, als freiwillige, d.h. unbezahlte, MenschenrechtsbeobachterInnen einen Einsatz in Guatemala, Chiapas (Mexiko), Kolumbien oder Palästina/Israel zu leisten. Die erste Station auf dem Weg in eines der Begleitprojekte ist das sechstägige Ausbildungstraining, welches PWS durchführt (siehe Kasten). Im Land selbst werden die Freiwilligen von der PWS-Partnerorganisation in die konkrete Arbeit eingeführt, bevor sie in Teams an ihre Einsatzorte geschickt werden. Während die einen nach zwei oder drei Monaten wieder in die Schweiz zurückkehren, bleiben andere ein halbes oder manchmal sogar ein ganzes Jahr im Einsatz. Viele gehen mit dem Wunsch, "dort" etwas Konkretes tun und "helfen" zu können. Wenn sie zurück kommen, sind sie um prägende Eindrücke und Erfahrungen reicher, sehen einiges in einem anderen Licht und stellen fest, dass die lokale Bevölkerung ihre Präsenz zwar sehr geschätzt hat, dass sie selbst aber auch sehr bereichert wurden. So schreibt eine Freiwillige in ihrem ersten Bericht aus Chiapas: "Am eindrücklichsten waren die Gespräche mit den DorfbewohnerInnen über ihre Situation, die Politik Mexikos, unser Leben in Europa etc. Dabei habe ich eine ganze Menge gelernt!" Und eine junge Frau berichtet aus Guatemala: "Ich habe vor meinem Einsatz die Solidaritätsbewegungen dieser Welt eher belächelt und mich oft gefragt, was diese Solidarität denn bringen soll. Meine Meinung darüber habe ich revidieren müssen. Ich habe im Kontakt mit den Menschen gehört, dass ihnen unsere Anteilnahme viel bedeutet. Der Gedanke, dass die Aussenwelt erfährt, was in Guatemala geschieht, ist diesen Menschen in ihrem Kampf um ein besseres Leben wichtig und gibt ihnen Mut und Kraft. Ihrem Kampf durch eine internationale Präsenz eine Legitimation zu verleihen und ihrer Arbeit für die Menschenrechte ein Gewicht zu geben, stärkt die sozialen Bewegungen hier. Und diese haben eine Stärkung nötig, denn die Zivilgesellschaft wurde während dem 36-jährigen Bürgerkrieg von der Regierung und dem Militär strategisch geschwächt und zersplittert."

Oft ist es für die MenschenrechtsbeobachterInnen schwierig, all die Ungerechtigkeiten und die Armut mitansehen zu müssen, ohne etwas Konkretes dagegen tun zu können. Denn wer begleitet und beobachtet, "tut" oft nicht viel mehr, als durch sein/ihr Dasein zu unterstützen und Solidarität zu zeigen. Die Anwesenheit von internationalen BeobachterInnen kann Menschenrechtsverletzungen verhindern oder, wenn dies nicht gelingt, einer grösseren Öffentlichkeit bekannt machen. Bedrohte Menschen fühlen sich durch die Begleitung ein wenig sicherer. Sie schätzen es, dass die Freiwilligen für einige Zeit auf die Annehmlichkeiten ihres Herkunftslandes verzichten, um sie in ihrem Kampf für Gerechtigkeit und Menschenrechte zu unterstützen.

Die Aufgaben der MenschenrechtsbegleiterInnen sind unterschiedlich. Dazu gehört es, palästinensische Kinder auf ihrem Schulweg, auf dem sie einen israelischen Checkpoint passieren müssen, zu begleiten, eine Demonstration in Chiapas zur Freilassung politischer Gefangener mit Foto- und Videokamera zu dokumentieren, Friedensgemeinden in Kolumbien zu besuchen oder an einer Volksbefragung über die Tätigkeit internationaler Bergbaufirmen im guatemaltekischen Hochland Präsenz zu markieren. Die Menschenrechtsarbeit der PWS-Freiwilligen beruht auf dem Prinzip der Nichteinmischung in Konflikte. Dieses Prinzip ist zentral, denn es gewährleistet, dass die Beobachtenden und ihre Arbeit von den verschiedenen Konfliktparteien anerkannt oder zumindest toleriert werden. Für die Einsatzleistenden bedeutet es aber auch, sich mit dem Äussern von Meinungen zurückzuhalten, sich öffentlich weder auf die eine oder andere Seite zu stellen, noch in einem Konflikt zu vermitteln.

Manchmal gibt es aber auch Lichtblicke, wenn hartnäckige Arbeit Früchte trägt. Dies durfte Bernhard in Guatemala erleben. Knapp einen Monat nach seinem Bericht über den Bauerngewerkschafter Don I. schreibt er am 22. Juni: "Bei der heutigen Gerichtsverhandlung ist das Urteil gefällt worden: Die beiden Männer sind zu lebenslänglicher Haft 175 Jahre) verurteilt worden. Ihr Mord an diesem Mann und seinen beiden Söhnen gilt als erwiesen. Wenn man bedenkt, dass lediglich 2 Prozent der Gewaltverbrechen mit einem Urteilsspruch enden, ist dieses Gerichtsurteil ein riesengrosser Erfolg. Hinzu kommt, dass das Gericht nun ein Verfahren eröffnet, welches die Drohungen (mutmasslich durch die Grossgrundbesitzer) untersuchen soll. Wer weiss - vielleicht gelingt es sogar, die Drahtzieher der Morde zu ermitteln.

Das Urteil ist zuerst ein Erfolg für die hiesige Rechtsprechung. Dann ist es auch ein Erfolg für die kirchliche Organisation, welche diesen Prozess anstrengte. Und selbstverständlich ist es eine Genugtuung für die Angehörigen der Opfer. Es ist aber auch ein Erfolg für Peace Watch Switzerland und all die anderen Organisationen, welche für die Menschenrechte kämpfen. Ein Hoffnungszeichen!"

- YVONNE JOOS -
Peace Watch Switzerland (Projektverantwortliche für Mexiko und Guatemala)


Nächstes PWS-Training für Einsätze in Guatemala, Chiapas (Mexiko) und Kolumbien:

15.-18. Okt. und 29.10-1.11.2009 jeweils Donnerstag 18 Uhr bis Sonntag 16 Uhr; Jugendherberge Zofingen.
Anmeldungen bis Mitte September an:
Peace Watch Switzerland Quellenstr. 31, 8005 Zürich
044 272 27 88 info@peacewatch.ch www.peacewatch.ch


Bildlegende: PWS-Freiwillige beobachten immer wieder Volksabstimmungen über internationale Bergbauprojekte wie hier im Sommer 2006 in Santiago Chimaltenango

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ZUM 9. ANTIFASCHISTISCHEN ABENDSPAZIERGANG IN BERN

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion: Der Beitrag wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Opel-Werke: Gegenwehr ohne Grenzen

REGULIERTE VERTEILUNG VON LEID

Wolfgang Schaumberg war 30 Jahre Lagerarbeiter bei Opel Bochum und 25 Jahre Mitglied des Opel-Betriebsrats. Heute ist er in Rente und engagiert sich unter anderem in der 1972 gegründeten gewerkschaftsoppositionellen Betriebsgruppe "Gegenwehr ohne Grenzen" GoG.


Gaston Kirsche fragt: Hat der Verkauf an Magna und Sberbank schon Auswirkungen für die Beschäftigten?

Wolfgang Schaumberg: Nein. Der Großteil der Belegschaft ist nach wie vor in Kurzarbeit. Bestimmte Bereiche sind jetzt aus der Kurzarbeit raus genommen worden, die für andere Werke und Modelle mitproduzieren. Aber die Debatte ist jetzt angeheizt durch neue Verzichtsforderungen.

Frage: Welche?

Wolfgang Schaumberg: Aktuell geht es um einen seltsamen 10%-Aktienfonds. Die Belegschaften sollen einen Anteil von 10% an Opel aufbringen, insgesamt mit einem Aufwand von einer Milliarde Euro, aufgebracht etwa durch den Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld und die tariflich vereinbarte 4%ige Lohnerhöhung, sowie weiteren Belegschaftsabbau. Von Betriebsrat und IG Metall soll dieser Aktienfonds verwaltet werden. Um dieses Geld zusammen zu bekommen, wird in Bochum der Belegschaft von der Betriebsratsmehrheit beigebracht, an den anderen Standorten hätten die Leute schon ihre Zustimmung signalisiert. Es gibt die Drohung, wenn man dass nicht mitmacht, dann würde Bochum erneut von Schließung bedroht sein - der Gesamtbetriebsrat hätte dieser Regelung ja einstimmig zugestimmt.

Frage: Sollen der Betriebsrat und die Gewerkschaft dann auf Dauer einen 10%-prozentigen Aktienanteil verwalten?

Wolfgang Schaumberg: Ja, aber es noch nicht wirklich klar, ob das bisherige Modell mit dem Aufkauf durch Magna wirklich zum Tragen kommt, in dem dieser 10%-ige Aktienfonds vorgesehen ist. Klar ist, die Regie wird da die Gewerkschaftsbürokratie haben. Dann wäre für Verzichtsleistungen nicht mehr so wie jetzt jedes Mal die konfliktreiche Aufklärung nötig. Diese Aktienbeteiligung wäre ein weiterer Schritt, um die Menschen in die Konkurrenz, in die Wettbewerbszwänge reinzuholen. Und dass sie sich womöglich noch selber gegenseitig treten, um vielleicht mal irgendwann etwas über diesen Aktienfonds zurückgezahlt zu bekommen.

Frage: Was ist bei Opel Bochum anders?

Wolfgang Schaumberg: In Bochum gibt es in der Belegschaft seit langem Opposition zum offiziellen Gewerkschaftsvorgehen - durch Aktionen wie die sogenannten wilden Streiks 2000 über sechs Schichten und im Oktober 2004 über elf Schichten. Die IG-Metall-Führungsleute, wie der Bezirksleiter Oliver Burghardt, die wurden bei uns in Bochum ausgepfiffen. Es gibt eine Stimmung zwischen Wut und Verzweiflung: Man organisiert sich ja nicht in der Gewerkschaft, damit die dann den Verzicht durchzieht. Der Betriebsrat bei Opel Rüsselsheim hat dort anscheinend die Mehrheit der Belegschaft hinter dem Verzichtskurs, aber bei uns ist der sehr umstritten. Verzichtsverträge bekamen wir seit 1993 einen nach dem anderen aufgedrückt. Wir waren damals noch 19.200 Beschäftigte in Bochum, jetzt sind wir nur noch 5.200. Mit jedem Verzicht gingen ein paar tausend Arbeitsplätze flöten, gingen Errungenschaften flöten. Da ist wenig Vertrauen, dass man mit Verzicht seine Zukunft retten könnte. Typisch für die oppositionelle Stimmung in Bochum ist aktuell auch die Tatsache, dass nur hier die IG Metall die Beschäftigten persönlich über Verzichtsleistungen abstimmen lässt. Das sollte eigentlich überall so sein. Denn viele Kolleginnen und Kollegen sind einerseits sehr resigniert, was ihre eigenen Kampfmöglichkeiten betrifft, andererseits - was auch ein Ergebnis der traditionellen Stellvertretungspolitik ist - verstecken sie sich aber aus alter Gewohnheit an die eingeübten Vertretungsstrukturen auch gerne hinter dem Geschimpfe auf "die Gewerkschaft" oder "den Betriebsrat", um nicht selbst aktiv werden zu müssen. Die sollen selber abstimmen, ob sie den Arsch für weitere Zugeständnisse hinhalten wollen oder nicht.

Frage: Gibt es eine Solidarität zwischen den verschiedenen Opel-Standorten oder ein Jeder-kämpft-für-sich?

Wolfgang Schaumberg: Letzteres. Es war für uns 2004 sehr schwierig, dass die Bochumer Opel-Belegschaft alleine blieb mit ihrer Streikaktion. Es gab zwar eine unglaublich breite Solidarität hier in Bochum und Umgebung aus der Bevölkerung, aber es gab keine Unterstützung durch die anderen Belegschaften. Wir haben in den Betriebsräten der Großbetriebe mehrheitlich Leute, die sich aggressiv zum Co-Management bekennen - also einer Strategie der Betriebsräte, die Konkurrenzfähigkeit und Profitabilität "ihres" Unternehmens stärken will. Deren Losung ist: Wir sind hier gewählt worden, müssen hier die Belegschaft vertreten. Jeder übergreifende gewerkschaftliche Standpunkt wird da mit einer Handbewegung weggewischt. Dass ist auch kennzeichnend für das Selbstverständnis der Mehrheit des Betriebsrates in Bochum genauso wie an den anderen Standorten. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz hat das so ausgedrückt: 'Ich bin an erster Stelle Opel-Betriebsrat und erst an zweiter Stelle Gewerkschafter'. Und im Rahmen dieser internalisierten Konkurrenzideologie, da müsse man erstmal gucken, dass der 'eigene' Laden da durchkommt. Und zwischen dem Betriebsratchef von Opel Antwerpen und Klaus Franz in Rüsselsheim und Rainer Einenkel in Bochum, da herrscht eine üble Anmache und Konkurrenz.

Frage: Von 55.000 Opel-Beschäftigten arbeitet ja fast die Hälfte in Werken in Spanien, England, Schweden, Polen, Belgien, Österreich und Frankreich. Die sitzen dann wohl am Katzentisch?

Wolfgang Schaumberg: Klaus Franz ist nicht nur Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates in Deutschland, sondern auch des Euro-Betriebsrates. Er wird öffentlich dargestellt als vorbildlicher Organisator von europäischer Solidarität. Es wird immer gesagt, kein Werk in Deutschland wird geschlossen, und das gilt auch für ganz Europa. Die IG Metall hat hier vor ein paar Tagen ein Flugblatt verteilt, da stand: "Faire Lastenverteilung!" Klaus Franz vertritt das Ziel: Wir wollen erreichen, dass da nicht eine Belegschaft besonders blutet und die anderen erleichtert sind, sondern: 'Geteiltes Leid ist halbes Leid!' Diese regulierte Leid-Verteilung ist offizielle IG-Metall-Linie, um Solidarität zu organisieren. Im Endeffekt ist es Solidarität im Interesse der Aktionäre, der Besitzer des Unternehmens, die so einen Betriebsrat auf ihrer Seite haben. Der akzeptiert, das Leben ist eben so, um Kostensenkungsprogramme kommt man nicht drumherum. Und fertig. Dann wird das Leid verteilt.

Frage: Habt ihr mit Eurem Slogan "Gegenwehr ohne Grenzen" dagegen überhaupt eine Chance? Habt Ihr Kontakte in die Werke in anderen Ländern?

Wolfgang Schaumberg: Zur Zeit haben wir keine funktionierenden Kontakte zu den anderen Standorten. Das war mal anders. Der jetzige Vorsitzende des Antwerpener Betriebsrates zum Beispiel, der war mit uns noch zusammen bei Vauxhall in Ellesmere Port, im Liverpooler Werk, um dort die Verbindung zu englischen Kollegen herzustellen. Der ist auch umgeschwenkt zu diesem aggressiven Co-Management. Wir waren sehr enttäuscht, dass die Leute, mit denen wir in den anderen Werken Kontakt hatten, mit unserer Richtung von gewerkschaftlicher und politischer Arbeit nicht mehr zu tun haben wollten.

Frage: Und Eure Richtung - das wäre die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen statt Co-Management?

Wolfgang Schaumberg: Wir haben nicht Interessenvertretung als Leitlinie, sondern die Ermächtigung von Belegschaften, sich selbst ihrer Haut zu wehren. Wir haben auch bei den Betriebsratswahlen gesagt, ihr könnt uns nicht ankreuzen, wenn ihr glaubt, wir könnten dann für euch die Kohlen aus dem Feuer holen. Dafür bekommt man weniger Stimmen, aber das ist die Wahrheit. Es ist sicher ganz gut, wenn es ein paar Betriebsräte gibt, die aufklären und mobilisieren wollen. Aber das Entscheidende ist doch, ob man als Belegschaft, zusammen in Erscheinung tritt. Das ist unbequem für die Leute, das kennzeichnet auch unsere augenblickliche Schwäche.

Frage: Ihr habt mit Eurer Parole der standortübergreifenden Solidarität woanders keinen Rückhalt?

Wolfgang Schaumberg: Weltweit setzen die Führungen der großen Industriegewerkschaften zuerst auf die nationale Rettung ihrer nationalen Wirtschaft und ihrer eigenen jeweiligen Mitglieder. Der Finanzblase auf den Märkten entspricht über den Köpfen der Gewerkschaftsführungen eine riesige Solidaritätsblase. Das können wir kritisieren. Aber die Leute spüren, dass wir zwar ganz gute Gedanken haben, aber dass dahinter noch keine Macht steht. - Und was die Unterstützung und Aktionsvorschläge aus den Reihen der Linken angeht: sie suchen meist nach kurzfristige Lösungen, ohne zu bedenken, dass die Leute auch in 6 Monaten noch ihre Miete bezahlen müssen.

Meist kommen auch abstrakte Vorschläge zur langfristigen Produktkonversion oder knallharte Aktionsaufrufe ohne die Frage, wer da jetzt wo mit welchen Forderungen wohin marschieren soll... Oft dann noch so Leerformeln "von ganz anderer Gesellschaft", was in dieser naiven Form die Leute eher resigniert über die Linken abwinken lässt.

Frage: Was plant ihr?

Wolfgang Schaumberg: Die Debatte läuft bei uns: Mit welchen Forderungen lässt sich ein 'wir' ausmalen, anknüpfend an die Parole, die Linke jetzt auf die Straße tragen 'wir wollen für eure Krise nicht bezahlen!' Leute sollen sich wiederfinden können und auch eine gewisse Hoffnung haben können, dass unsere Gegenwehr zu Angst und Zugeständnissen bei den Herrschenden führt. In dem Sinne haben wir geschrieben: Wir müssen bleiben, wir halten kein Schild hoch, Opel muss bleiben, Nokia muss bleiben, Karstadt muss bleiben, irgend so eine dumme Rüstungsfabrik soll auch bleiben. Nein, Wir müssen uns davon lösen. Zufällig sind wir in unserem Leben in einer Autofabrik gelandet, oder als Verkäuferin bei Karstadt, weil man sich verkaufen muss, um Leben zu können, seine Arbeitskraft irgendwo verkaufen muss, um Leben zu können. Im Labournet sind unsere GoG-Infos dokumentiert, lassen sich unsere Debatte und Aufklärungs- und Mobilisierungsversuche verfolgen.

- INTERVIEW: GASTON KIRSCHE -

Im Internet: http://www.labournet.de/branchen/auto/gm-opel/bochum/gog.html

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Ein Proletariat ohne Fabriken

DIE SLUMBEVÖLKERUNGEN DES SÜDENS

Die Städte des Südens wachsen. Das tun sie schon lange, und sie wachsen immer schneller. Das wichtigste dabei wird jedoch häufig vergessen: Die Städte wachsen, ohne dass Jobs geschaffen werden. Vor etwa fünfundzwanzig Jahren haben sich Urbanisierung und Industrialisierung entkoppelt. Und so entstand der "Slum" und mit ihm die Klasse der "Urban Poor", der städtischen Armen.


Die globalen Klassenkämpfe 1968 bis 1973 beendeten den Nachkriegsboom, die Offensive der ArbeiterInnen stürzte das Kapital in eine Krise. Dann gingen Grossunternehmen, Regierungen und Nationalbanken zum Gegenangriff über, eine bis heute andauernde Phase brutaler Versuche, die Welt zu Gunsten des Kapitals umzustrukturieren nahm ihren Anfang. Militärdiktaturen massakrierten die sozialen Bewegungen, die massive Erhöhung der Leitzinsen durch die US-Notenbank ab 1979 liess die Schulden der armen Länder explosionsartig ansteigen. Das machte den Weg frei für die "Strukturanpassungsprogramme" des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank: Freigabe der Preise, Privatisierungen, Abschaffung von Sozialleistungen, Freihandel, um nur einige Stichworte zu nennen. Die kapitalistischen Gegenangriffe, bekannt als "neoliberale Globalisierung", waren für die Mehrheit der Menschen eine Katastrophe. Während eine kleine Elite die Reichtümer an sich raffte, stürzten Unterschichten und Mittelschichten in die Armut. Mit der Zerschlagung der nationalen Industrien und der Abschaffung der staatlichen Dienstleistungen wurden Unmengen an Jobs vernichtet. Reguläre und gesicherte Einkommensquellen wurden so selten wie sauberes Wasser. Doch weshalb ging die Landflucht nicht zurück? "Wie konnte Lagos in den 1980er Jahren doppelt so schnell wachsen wie die nigerianische Bevölkerung, während seine städtische Wirtschaft in einer tiefen Rezession versank?" Es ist ganz einfach: IWF und Weltbank haben auch die Landwirtschaft dereguliert, Subventionen und Schutzzölle abgeschafft.[1]

Die Slums werden immer grösser und zahlreicher, heute sind es fast eine Milliarde Menschen, bis ins Jahr 2030 sollen es doppelt so viele sein. Die Menschen, die dort leben, das sind die "urban poor". Das sind sowohl die BewohnerInnen der mit unglaublicher Kreativität an-, auf- und nebeneinander gebauten Hüttensiedlungen aus Wellblech, Holz und Plastik, die in einigen Metern Entfernung vorbeiziehen, wenn man zum Beispiel mit dem Zug aus Bangkok herausfährt oder in Rio de Janeiro mit dem Bus vom Flughafen ins Zentrum fährt. Die Urban Poor sind auch die freundlichen, aber leicht gehetzten Typen, die neben dem Bangkoker Hauptbahnhof hinter einem kleinen mobilen Grill stehen und noch bis spät abends Pouletspiessli braten. Oder die jungen Männer, die Schusswaffen haben und von denen man weiss, dass sie in regelmässigen Abständen die Flughafenautobahn von Rio blockieren, um Touristen auszurauben. Es sind Gestrandete, Arbeitslose der stillgelegten Fabriken, MigrantInnen aus den Dörfern, die der familiären Subsistenzwirtschaft den Rücken gekehrt haben. Die städtischen Armen reproduzieren sich innerhalb einer eigenständigen Ökonomie, die ungeregelt und informell ist. Der Job in der Fabrik oder beim Staat ist da als Hoffnung auf eine bessere Existenz, doch der Eintritt in den formellen Sektor ist ein Privileg.[2]


Das Elend ist in den Städten, in den Städten liegt die Zukunft

Natürlich reichen die internationalen Produktionsketten auch bis in die Hinterhöfe der Slum Cities des Südens, z.B. das Recycling von Computern, "doch letzten Endes ist die Mehrheit der in den Slums wohnenden Armutsbevölkerung in der gegenwärtigen internationalen Ökonomie vollkommen heimatlos." Doch über den Verbrauch von Nahrungsmitteln, Treibstoff und Elektrizität, etc., kurz über den Konsum von Gütern des täglichen Bedarfs sind die Slumbevölkerungen heute in hohem Masse mit dem Weltmarkt verbunden, da die Preise in zahlreichen Ländern freigegeben sind und die einheimische Produktion von Importen abgelöst worden ist. So gibt es auf der einen Seite kein regelmässiges Einkommen und auf der anderen Seite eine starke Abhängigkeit von der Preisentwicklung auf den Finanzmärkten. Im Slum hat es im Grunde schon lange nicht mehr genug zum leben, und doch gibt es kein Massensterben, irgendwie schlagen sich die Menschen durch. Auch in Kinshasa, einer Stadt, in der weniger als fünf Prozent ein regelmässiges Einkommen haben. Und wie gezeigt, kommen immer mehr Menschen dazu, doch "Platz für Neuankömmlinge entsteht nur, wenn sich die Verdienstmöglichkeiten pro Kopf verringern und/oder die Arbeit intensiviert wird, obwohl die Grenzerträge sinken."[3]

Auch wenn mit dem Dichtmachen der Exportfabriken durch die Weltwirtschaftskrise Millionen von WanderarbeiterInnen wieder zurück aufs Land gehen, die Lebensperspektive der Armen liegt heute in der Stadt, sogar in einem Land wie Laos mit offiziell 80 Prozent in der Landwirtschaft beschäftigen Personen (Zahl von 2005), davon zum Grossteil kleinbäuerliche Subsistenzbetriebe. Kamlar, der in einem Dorf aufgewachsen ist und jetzt in einem Guesthouse in Luang Prabang arbeitet, sagte es so: "Und die jungen Leute, die so zwischen 15 bis 20 oder 24 sind, sie gehen weg [aus dem Dorf], gehen irgendwo hin, um Geld zu verdienen, manche wollen Soldaten werden, manche wollen in einer Fabrik arbeiten und Geld verdienen, um sich etwas zu kaufen."

Land-Stadt-Migration ist Proletarisierung. In Laos gibt es keine Slums, aber auch dort ist das Leben in der Stadt kein Zuckerschlecken: "Ich muss dir etwas sagen. Man geht in die Stadt, um Arbeiterin zu werden, verstehst du? Aber die Sache ist die: Gutes Geld, aber harte Arbeit."[4]

Die Stadt ist also enttäuschte Hoffnung, in der Stadt ist es besser und gleichzeitig doch nicht, vor altem wenn es eben keine Fabriken gibt. Doch in der Stadt liegt die Zukunft und das weltweit. Mit der aktuellen Krise gleiten auch die ArbeiterInnen der Exportfabriken in den Boomländern des Südens, wie zum Beispiel in China, tiefer in die Informalität (denn zurück auf dem Land, was wollen sie da?). Somit ist tendenziell nicht die Grossfabrik der Ort, wo sich die Klassenstrukturen herausbilden, sondern die Community. Die politischen Strukturen im informellen Sektor sind nun jedoch dominiert von Patronage und Klientelismus. Klassenkämpfe der Urban Poor benützen deshalb oft Patron-Klienten-Beziehungen und vermeiden die autonome Aktion. Inwiefern dieses opportunistische Verhalten aufständisch-revolutionäre Dynamiken blockiert, müsste erst noch untersucht werden.[5]


Klassenkampf ist "Preiskampf"

Wie dargelegt, sind die Urban Poor ein Proletariat ohne Fabriken mit kaum Möglichkeiten, das Einkommen zu erhöhen. Die Überlebensstrategie besteht deshalb darin, Ausgaben zu reduzieren. Der Fokus, das Terrain liegt demnach in der Reproduktion. Deshalb drehen sich hier Klassenkämpfe eher um "kollektive Konsumption" als um "Einkommen".[6]

Der "Preiskampf" erhielt mit der Krise eine neue Aktualität (siehe Artikel "Preisexplosion und Massenrebellion" in diesem Heft). Die weltweiten "Hungeraufstände" im Frühjahr und Sommer 2008 konnten eine unglaubliche Wucht entwickeln. Wenn aber die Frage gestellt wird, ob die Klasse der Urban Poor, diese weltweite Arbeiterklasse ohne Fabriken, das Potenzial hat nicht nur Regierungen, sondern das Weltsystem als gesamtes zu stürzen, dann muss zuerst gefragt werden: Findet in den Klassenkämpfen um Nahrung, Strom, Wasser, Benzin, Wohnraum, usw. eine politische Neuzusammensetzung statt, formen sich da Solidargemeinschaften, welche die fragmentierende Hackordnung im Slum, die ethnisch-religiöse und rassistische Gewalt zurückdrängen können?

- RPHL -


Literatur

[1] Mario Montano, Bemerkungen zur internationalen Krise, USA 1975, in: Zerowork, Berlin 1988, S. 41-46. / Naomi Klein, Die Schock-Strategie, Der Aufstieg des Katastrophen-Kapitalismus, Frankfurt a.M. 2007, S. 223-226, 231. / Mike Davis, Planet der Slums, Berlin 2007, S. 19.

[2] UN-Habitat, Slum Dwellers to double by 2030, www.unhabitat.org, 2003. / Mike Davis, Planet der Slums, S. 164, 185. / Eigene Beobachtungen vor Ort, 2005 und 2009.

[3] Alexandra Weltz, Digitale Handarbeit, 2008, v2v.cc. /Mike Davis, Planet der Slums, S. 187, 164, 191, 199, 200.

[4] Interview mit Kamlar, Arbeiter in einem Guesthouse, Luang Prabang, 15. April 2009. / Proletarisierung, Weltarbeiterklasse, China und wir, Wildcat # 83, Frühjahr 2009, www.wildcat-www.de, S. 18, 19.

[5] John Walton, Urban Conflict und Social Movements in Poor Countries: Theory and Evidence of collective Action, Berlin 1997, sociology.ucdavis.edu, S. 21.

[6] Wildcat # 83, S. 18, 19. / Mike Davis, Planet der Slums, S. 194. / John Walton, Urban Conflict and Social Movements in Poor Countries, S. 21, 22, 23.

Raute

STORY OF HELL - CA. ausgelassenste Folge

Diese Folge wird Ihnen präsentiert von den versammelten Lücken in der Erzählung

Es ist heiss und kalt. Wie es die Bedingungen sind an dem Ort, um dessen Geschichte es an dieser Stelle, hier und jetzt geht, wie so oft und manchmal nicht. Die Hölle, sie ist los in der Burg. Die Rede ist von heissen Diskussionen und eiskalten Intrigen, der Glut der Leidenschaft und kühler Kalkulation. Wie immer und überall, gerade zu dieser Zeit mehr als zu jeder anderen. Eine Oper mit viel Seife und wenig Gesang, mangelhafter Dramaturgie, unzähligen Akten ohne Fortsetzung, voll von Wiederholungen, mit schlechten Stimmen, die für schlechte Stimmung sorgen, grauenhafter Musik. Würden wir nicht mitten im Saal sitzen, würden wir uns sowas wohl nicht anschauen, aber so gibt es kein entfliehen, wir sind verdammt, das ganze zu erdulden, vom Anfang bis zum Ende. Selbst wenn wir jetzt aufhören zu lesen, das ist immer noch so und bleibt so.

Die Anderen, die nun weiterlesen, sind wie immer eingeladen, sich zu beteiligen, bei der Lektüre aktiv mitzumachen, auf Grund des Textes sich eigene Vorstellungen ausmalend, weitere Perspektiven eröffnend. Solch eine Vorstellung könnte zum Beispiel sein, die Burgbelegschaft hätte beschlossen, fortan mittels Gesang zu kommunizieren, auf dass das Leben auf der Burg interessant genug würde, um fernsehtauglich zu sein. Die Burg als Container sozusagen. Mit dem Verkauf der Rechte an der Sendung könnte das Kulturprogramm unterstützt werden, womit dieses endlich dem Zwang zur Massentauglichkeit entzogen würde. Dem kleinen Publikum, welches Neugier und Entdeckungsgeist bewahrt hat, zur Erbauung und Freude. Und dereinst, würde die Burg zum Verkauf an die Meistbietenden ausgeschrieben, wären mit den zu erwartenden Quoten sicher genügend Mittel vorhanden, um den Laden kurzerhand zu kaufen.

Das würde natürlich weitergehen, Sponsoren würden reihenweise anstehen, ans Tor zu klopfen, Anfragen, Produkte zu plazieren und Werbeverträge würden in den Hof flattern, plötzlich wäre die Burg selbst bei wirtschaftsfreundlichen Kreisen hoch im Kurs. All die Leute, die jahrelang kaum ein Dankeschön oder sonst eine Art Anerkennung für ihr Tun erhalten haben, können endlich ihre Boni einstreichen. Gewohnt, von der Hand in den Mund zu leben, können sie nun etwas zwischen die Finger nehmen, was reinzubeissen sich wirklich lohnt. Musste bisher ein Butterbrot reichen, gibt es heute Käse drauf, Konfitüre, Peanuts-Butter, manchmal Aufschnitt, Schinken oder Salami, oft wird auch über die belegte Scheibe des Brotes ein weiterer Abschnitt des selben Brotes gelegt, mit wahlweise Gurken, Tomaten, gekochtem Ei, oder allem zusammen obendrein, worauf das ganze Sandwich genannt wird und einen bedeutenden Aufstieg vom Butterbrot her darstellt.

Ganz zu schweigen von den Steuergeldern, die gespart werden könnten, fällt schwer angesichts der Mühen, welche der Inland-Geheimdienst anderswo investieren könnte, wäre endlich allen klar wie ungefähr so harmlos wie ein Laientheater im Operettenstadl ein Haufen linksdrehender Aktivisten sein kann, wenn es darum geht, sich in der Disziplin des Debattierens zu üben, gezielt aneinander vorbeizureden, die geschärften verbalen Klingen zu kreuzen, mit rhetorischen Finten Attacken vorzutäuschen um hinterrücks mit vorgelegten Tatsachen dem Gegner den Dolch an den Hals zu legen, bis dass der Konsens erreicht ist. Wie unterhaltsam Diskussionen zwischen tierschützenden Terroristen und wandelnden Chaoten, schwarzen Blöcken und kommunistischen Opium-Abhängigen, freiwilligen Hooligans und militanten Veganen, antikapitalistischen Buchführern und realitätsbezogenen Kunstschaffenden sein können. Wie bunt die Welt plötzlich wird, wenn es darum geht, sie zu verändern. Und genau dafür, meine Damen und Herren, genau dafür war die Burg noch immer gut genug. Und dafür, hochverehrtes Publikum, dafür möchte ich doch an dieser Stelle um einen herzlichen Applaus bitten. Eine Form von Anerkennung für jahrelanges Fronen. Herzlichen Dank.

Raute

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2010