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OFFENSIV/082: Ausgabe September-Oktober 2009 6/09


offen-siv 6/2009
Zeitschrift für Sozialismus und Frieden

Ausgabe September-Oktober 2009 6/09


INHALT

Redaktionsnotiz

Zur Bundestagswahl
Kommunistische Initiative: Die Qual der Wahl.

Historische Dokumente des Sozialismus
Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu den Dokumentenveröffentlichungen
Walter Ulbricht: Die gegenwärtige Lage und die neuen Aufgaben der SED - Referat bei der II Parteikonferenz der SED, 9. Juli 1952
L.I. Breshnew: Rede auf dem V. Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, 12.11.1968

Kapitalismus heute - aktuelle Analysen
Thomas Waldeck: Schule des Kapitalismus - Lernen und Gesellschaft

Kommunistische Initiative
Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative: Kämpfen wir gemeinsam für die Einheit der Kommunisten!

Politische Ökonomie des Sozialismus
Wolfgang Hoss: Ein marxistisches Sozialismusmodell für das 21. Jahrhundert. Ein Überblick.

Unsere wissenschaftliche Tagung zum 60. Jahrestag der Gründung
der DDR
"...und der Zukunft zugewandt..."

Resonanz
Hans-Georg Vogl: Einfach klassisch! (zu offen-siv 3-09)
Franz Siklosi: Neue Qualität erreicht (zu offen-siv 4-09)
Frank Flegel: Lieber Franz
Helmut Jaeger: Mangelnder Mut der Friedensbewegung (zu offen-siv 4-09)

Raute

REDAKTIONSNOTIZ

In den 40 Jahren der Existenz der DDR war es dem BRD-Imperialismus nicht möglich, sich an internationalen militärischen Interventionen zu beteiligen oder gar auf eigene Faust Krieg zu führen. Seit der Niederlage des Sozialismus in Europa und der erfolgreichen Konterrevolution führt das imperialistische Deutschland wieder Kriege. Ungeachtet aller weiteren Verdienste der DDR lässt uns allein schon diese Tatsache mit Wehmut an die Existenz der DDR zurückdenken.

Wir werden den 60. Jahrestag der Gründung der DDR am 10. und 11. Oktober in Berlin mit einer großen, würdigen, nach vorn gerichteten Tagung begehen. Ihr findet im Heft das ganz konkrete Programm. Und bitte denkt daran: man muss sich vorher anmelden, die Tagungsgebühr beträgt 10,- € und man erhält dafür nicht nur einen Sitzplatz, sondern auch Mineralwasser, Tee, Kaffee und einen Imbiss während der Tagung. Anmeldungen an: Redaktion offen-siv, Frank Flegel, Egerweg 8, 30559 Hannover, Tel.u.Fax: 0511 - 52 94 782, Mail: redaktion@offen-siv.com.

Im Heft findet Ihr neben vorbereitenden historischen Texten Überlegungen der Kommunistischen Initiative zur Bundestagswahl und zum Unvereinbarkeitsbeschluss der DKP, eine interessante Arbeit über die Schule im Kapitalismus und einen weiteren Beitrag zur Diskussion um die politische Ökonomie des Sozialismus. Die Rubrik "Resonanz" rundet das Heft ab.

Veranstaltungen und Veröffentlichungen sind teuer, unser Budget ist knapp. Wir brauchen Eure Spenden, um die DDR-Veranstaltung durchführen zu können, um sie gut dokumentieren zu können, um einen dritten Durchgang des Fernstudiums im Frühjahr 2010 starten zu können, um darüber hinaus einen Teil unserer bisherigen Fernstudenten als "Multiplikatoren", also weitere Teamer für das Fernstudium ausbilden zu können und natürlich auch, um die Zeitschrift offen-siv weiterhin erhalten zu können.

Readaktion offen-siv, Hannover

Spendenkonto Offensiv:
Inland: Konto Frank Flegel, Kt.Nr.: 30 90 180 146 bei der Sparkasse Hannover, BLZ 250 501 80, Kennwort: Offensiv
Ausland: Konto Frank Flegel, Internat. Kontonummer(IBAN): DE 10 2505 0180 0021 8272 49,
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Raute

ZUR BUNDESTAGSWAHL

Kommunistische Initiative: Die Qual der Wahl...

Auch bei diesen Bundestagswahlen haben die Wählerinnen und Wähler wie schon zuvor bei Wahlen auf Bundes-, Landes oder Kommunalebene keine wirkliche Alternative.

Bei allem vorgeschobenen Wahlkampfgetöse steht jedoch schon einiges fest, was die lauten Sprechblasen aller bürgerlichen Politiker übertünchen lassen sollen: egal, was die bürgerliche Farbenlehre als Wahlausgang produzieren oder welche neue Bundesregierung sich hieraus ergeben wird: Die ökonomische, soziale und demokratische Situation wird sich nach den Wahlen in der BRD weiter dramatisch verschlechtern, während immer mehr bundesdeutsche Soldaten deutsche imperialistische Interessen im Ausland verteidigen werden. Zurückkehren werden jedoch immer mehr Zinksärge, was von reaktionären Politikern ausgenutzt werden wird, um in von ihnen angeheizter extrem nationalistischer und chauvinistischer Stimmung alle demokratischen und sozialen Rechte noch weiter abzubauen. Eine noch deutlichere Verschärfung des Aggressionskurses des deutschen Imperialismus ist zu befürchten - egal, wer in Berlin "regiert".

Überall ist immer deutlicher zu spüren: Frustration und Wut der Menschen nehmen zu. Allerdings sind diese (noch) nicht bereit, sich in organisierterer und konsequenterer Form aktiv zu wehren. Und zu wählen gib es auch keine politische Kraft, die tatsächlich und grundsätzlich das imperialistische System in Frage stellt, Forderungen erhebt, die auf seine Überwindung hinauslaufen und die Menschen im außerparlamentarischen Raum in Klassenkämpfen organisiert und orientiert. Gerade in diesen Wahlzeiten wird es brennend deutlich, dass im imperialistischen Deutschland eine einheitliche, marxistisch-leninististische Kommunistische Partei fehlt.

Deshalb können wir keine Wahlempfehlung aussprechen, möchten allerdings jenen, die überlegen, zumindest ihnen bekannte Kandidaten aus ihrem Umfeld zu wählen, folgende Wahlprüfsteine an die Hand geben, um solche Kandidatinnen und Kandidaten kritisch zu überprüfen und gegebenenfalls mit konsequenten Mindestforderungen zu konfrontieren:

Wie stehst Du zum außerparlamentarischen Kampf?
Die entscheidende Frage für jeden gesellschaftlichen Fortschritt in der BRD ist, ob sich die Menschen außerparlamentarisch organisieren und aktive Klassenkämpfe zur Verteidigung ihrer politischen, sozialen und demokratischen Rechte führen.

Welche Schritte zur Verteidigung demokratischer Rechte wirst Du aktiv einfordern?
Der Abbau demokratischer Rechte und der Ausbau aller Repressionsorgane nimmt immer dramatischere und rasantere Formen an. Unter dem Vorwand der angeblichen "Terrorbekämpfung" wird faktisch die gesamte Bevölkerung der BRD unter Generalverdacht gestellt. Deshalb muss auch die Auflösung von sogenanntem "Verfassungsschutz", BND und MAD, Schlussfolgerung aller Forderungen sein, die Maßnahmen aufzuheben, die die demokratischen Rechte in der BRD abgebaut und/oder ausgehöhlt haben. Das bedeutet zum Beispiel die bedingungslose Aufhebung des KPD-Verbots, verbunden mit der Entschädigung aller von ihm Betroffenen (einschließlich derjenigen, die von den Berufsverboten überzogen wurden) und die Aufhebung der Notstandsgesetze.

Wie hältst Du es mit der Diskriminierung der DDR-Bürger?
Nach dem Sieg der Konterrevolution gab die siegreiche bundesdeutsche Bourgeoisie die Losung heraus, die DDR in allen Bereichen zu delegitimieren. Im Zentrum all dessen stand die Verfolgung und Abstrafung von Funktionsträgern der DDR. Zu fordern ist deshalb neben der sofortigen Gleichstellung der Lebensverhältnisse die ersatzlose Streichung aller so genannter Strafrenten sowie die Aufhebung aller Siegerjustizurteile gegen ehemalige Funktionsträger der DDR sowie die bedingungslose Entschädigung aller Betroffenen.

Was tust Du gegen die rasante Militarisierung und die immer aggressiver werdende Rolle des BRD-Imperialismus?
Hier muss es vor allem drei Kernforderungen geben: Austritt aus der NATO, sofortige Streichung des Militärhaushaltes um 75 Prozent und Nutzung der frei werdenden Mittel für soziale Projekte sowie Rückholung aller Bundeswehreinheiten, die im Ausland tätig sind.

Wie wirst Du Dich gegen Faschismus und Neofaschismus einsetzen?
Als ersten Schritt kann es nur das sofortige Verbot der NPD und aller faschistischen wie neofaschistischen Organisationen geben.

Stehst Du für die Einheit im Kampf?
Jeder gesellschaftliche Fortschritt kann und wird in der BRD nur im und durch schärfsten Klassenkampf erkämpft werden. Dies bedarf des Aufbaus einer breiten demokratischen, antiimperialistischen, revolutionären Volksfront, in der die Arbeiterklasse die führende Rolle hat. Deren bewussteste, das heißt kommunistische, Organisation ist deshalb voranzubringen.

Kommunistische Initiative, Vorläufiges Organisationskomitee, 27. August 2009

Raute

HISTORISCHE DOKUMENTE DES SOZIALISMUS

Redaktion offen-siv: Vorbemerkung zu den Dokumentenveröffentlichungen

Wir erinnern im Folgenden an die Zweite Parteikonferenz der SED, bei der die SED den Aufbau der Grundlagen des Sozialismus beschlossen hat. Die Veröffentlichung steht selbstverständlich im Zusammenhang mit dem 60. Jahrestag der Gründung der DDR. Neben der sehr klaren und weitsichtigen Einschätzungen Ulbrichts ist es die sich im Text spiegelnde Atmosphäre dieser Konferenz, die uns zum Abdruck bewogen hat.

Dem beigefügt haben wir eine Rede Breshnews beim Parteitag der polnischen Partei - etwas mehr als 15 Jahre später. Breshnew versucht hier, die polnische Partei und darüber hinaus sicherlich auch die tschechoslowakische und andere aufzurütteln und sie an die marxistisch-leninistische Einheit zu erinnern, aber wenn man genau hinsieht, wirkt er eigenartig hilflos: er sieht die Gefahr und den beginnenden Verfall, aber es bleiben ihm nur Appelle. Wohin dies zaudern führte, wissen wir. Nach zwei kurzen Interimslösungen wurde Gorbatschow sein Nachfolger.

Redaktion offen-siv, Hannover


*


Walter Ulbricht: Die gegenwärtige Lage und die neuen Aufgaben der SED - Referat bei der II Parteikonferenz der SED, 9. Juli 1952

(...) Nach dem Hitlerkriege war die vordringlichste Aufgabe die Wiederherstellung der Friedenswirtschaft. Auf dem Wege von Produktionsauflagen für die einzelnen Industriezweige wurde das wirtschaftliche Leben wieder in Gang gebracht. Die Arbeiterschaft und die technische Intelligenz sowie die antifaschistischen Funktionäre in den Verwaltungsorganen entfalteten eine große Initiative, um die Betriebe und die Versorgung der Bevölkerung wieder in Gang zu bringen.

Die Hauptkräfte der demokratischen Umgestaltung waren damals die Kommunistische Partei, die zielbewusst das in ihrem Aufruf vom 11. Juni 1945 enthaltene Aktionsprogramm zur Durchführung brachte, die sich entwickelnde Aktionseinheit der Arbeiterklasse und der Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien. Das Bündnis der Arbeiterklasse mit der Bauernschaft und die Zusammenarbeit mit den Kleingewerbetreibenden und einem Teil der mittleren Bourgeoisie entwickelten sich. Die Arbeiterklasse hatte zwar bedeutende Funktionen im Verwaltungsapparat, aber die reaktionären Kräfte innerhalb der bürgerlich-demokratischen Parteien hatten damals noch starke Positionen. Die Vertreter der Bourgeoisie führten einen entschiedenen Kampf gegen die Säuberung des Staatsapparates von faschistischen und anderen antidemokratischen Elementen, forderten die Zulassung von Unternehmerorganisationen und suchten die Bodenreform durch Forderungen im Sinne einer kapitalistischen Siedlungspolitik zu verhindern, um die Übergabe des Landes der Junker und Gutsbesitzer an die werktätigen Bauern zu hintertreiben. (...)

Im Kampf um die Beschlagnahme der Betriebe der Kriegsverbrecher wuchs das Klassenbewusstsein der Arbeiterklasse. In der Industrie begann der Aufbau des volkseigenen Sektors der Wirtschaft, während in der Landwirtschaft sich das ökonomische Kräfteverhältnis änderte. Die Macht der Großgrundbesitzer wurde beseitigt und der Mittelbauer wurde zur ökonomisch stärksten Kraft im Dorfe. Außerdem wurden volkseigene Güter und später auch Maschinenausleihstationen in den landwirtschaftlichen Gebieten geschaffen, die dem ganzen Volke gehören.

Gehen wir vom Jahr 1945 aus und setzen wir den Anteil der volkseigenen und genossenschaftlichen Wirtschaft an der Bruttoproduktion gleich Null, so sehen wir, dass dieser Anteil nach der Enteignung der Kriegs- und Naziverbrecher im Jahre 1946 sprunghaft auf 19,5 Prozent anwuchs. Im Jahre 1948 betrug der Anteil der volkseigenen und genossenschaftlichen Wirtschaft an der gesamten Produktion 42,9 Prozent und 1950 54,5 Prozent. Diese stürmische Entwicklung ist das Ergebnis der Wiederherstellung der von den Kriegs- und Naziverbrechern übernommenen Betriebe. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass wir allein im Rahmen des Zweijahrplans bis zum 30. Juni 1950 über 2,5 Milliarden DM in unsere volkseigene Wirtschaft investiert haben. Diese gewaltige Summe überschritt mit 28 Prozent die im Zweijahrplan vorgesehenen Investitionsmittel. Die Arbeiterklasse hat also durch ihre Produktionsleistungen nicht nur bessere Lebensbedingungen geschaffen, sondern auch den volkseigenen Sektor, das heißt ihre eigene Macht und die demokratische Ordnung gestärkt.

Auf dem Gebiet des Handels wurde der staatliche Großhandel organisiert, um zu verhindern, dass die Bevölkerung von den privaten Großhändlern belastet und die Bauern von den Viehhändlern betrogen werden. Die Schulreform sicherte die demokratische Entwicklung und erreichte eine große Förderung des Schulwesens im demokratischen Sinne.

Mit Hilfe des Zweijahrplanes gelang es, die Friedensproduktion zu erreichen. Das größte Verdienst hatten dabei die Aktivisten, die, dem Beispiel Adolf Henneckes folgend, die alten Arbeitsnormen beseitigten und bewiesen, dass die Erhöhung der Arbeitsproduktivität die Grundbedingung für ein besseres Leben ist.

Mit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik, die nach den Worten des großen Stalin einen Wendepunkt in der Geschichte Europas bedeutete, begann ein neuer wichtiger Abschnitt der Entwicklung in Deutschland. Durch die Schaffung der demokratischen Staatsmacht wurden die aggressiven reaktionären Kräfte im Westen aufgehalten und die Grundlagen für die Errichtung eines neuen Lebens des Volkes geschaffen. Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik war ein bedeutungsvoller Schritt im Kampf um die Einheit Deutschlands, denn die Deutsche Demokratische Republik ist die Basis für die Erringung eines einheitlichen, friedliebenden und demokratischen Deutschlands. (...)

Es ist offenkundig, dass die demokratischen, wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritte seit der Befreiung durch die Sowjetarmee den Charakter einer revolutionären Umwälzung tragen. Tatsächlich ging die Macht aus den Händen der Klasse der Kapitalisten in die Hände der Werktätigen in Stadt und Land über, die von der Arbeiterklasse geführt werden. Man hat mir gesagt, dass einige Genossen Schriftsteller sich entschuldigt haben, sie könnten nicht über die neuen Probleme schreiben, da keine Revolution in Deutschland stattgefunden habe. (Heiterkeit) Es stimmt, es wurde bei uns nicht mit der Waffe gekämpft. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die demokratische Umwälzung in Anwesenheit der Sowjetunion, der Befreierarmee, erfolgte. Die ausländischen und westdeutschen Reaktionäre waren zu jener Zeit nicht in der Lage, zur bewaffneten Einmischung überzugehen, da die reaktionären kapitalistischen Kräfte in Ostdeutschland niedergehalten waren und sich nicht zum offenen Widerstand gegen das Volk entschließen konnten. Jeder, der mit offenen Augen und Ohren den Kampf um den demokratischen Fortschritt erlebt hat, erkennt die geschichtliche Bedeutung dieser revolutionären Umwandlung. (...)

1. Die Arbeiterklasse hat im Staat die führende Rolle, sie hat das Bündnis mit der werktätigen Bauernschaft geschaffen. Die Massen des werktätigen Volkes bejahen die Deutsche Demokratische Republik und arbeiten begeistert an der Durchführung der großen Aufgaben des Fünfjahresplans.

2. Die demokratische Staatsmacht wurde weiter gestärkt. Die Mitarbeiter des Staatsapparates lernen immer besser die Leitung des staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Die Übernahme der alten Formen und Methoden der Staatsmacht behindern jedoch die Lösungen der neuen Aufgaben.

3. Der volkseigene und genossenschaftliche Sektor der Wirtschaft ist zur festen ökonomischen Grundlage der neuen Ordnung geworden. Der Anteil der volkseigenen und genossenschaftlichen Betriebe an der Bruttoproduktion der Industrie (...) wird Ende 1952 81 Prozent erreichen. Diese Zahlen zeigen, dass die Beschlüsse der I. Parteikonferenz der SED, in denen der Kampf für die Stärkung des volkseigenen Sektors mit ökonomischen Mitteln gefordert wurde, erfolgreich durchgeführt worden ist. Auf dem Gebiete des Handels wurde der staatliche Großhandel aufgebaut und der staatliche Kleinhandel (HO) erfolgreich entwickelt.

4. In der Landwirtschaft wurde durch die Initiative der werktätigen Bauern, durch die Entwicklung der Maschinenausleihstationen und die Anwendung fortgeschrittener Erfahrungen der Agrarwissenschaft die Erträge über die Planzahlen hinaus erhöht. In einer Reihe Dörfer sind Landarbeiter, werktätige Bauern und frühere Umsiedler durch freien Entschluss zur gemeinsamen Bodenbearbeitung übergegangen, um die moderne Technik besser auszunutzen. (Beifall).

Es besteht kein Zweifel, dass nicht alle Schwierigkeiten auf der bisherigen Stufe unserer demokratischen und wirtschaftlichen Entwicklung gelöst werden konnten. Die demokratische und wirtschaftliche Entwicklung sowie das Bewusstsein der Arbeiterklasse und der Mehrheit der Werktätigen sind jedoch jetzt so weit entwickelt, dass der Aufbau des Sozialismus zur grundlegenden Aufgabe geworden ist. (Die Delegierten und Gäste erheben sich von den Sitzen und spenden lang anhaltenden Beifall.) Auf dem Wege der sozialistischen Entwicklung werden wir alle bei uns vorhandenen Schwierigkeiten überwinden können.

In Übereinstimmung mit den Vorschlägen aus der Arbeiterklasse, aus der werktätigen Bauernschaft und aus anderen Kreisen der Werktätigen hat das Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands beschlossen, der II. Parteikonferenz vorzuschlagen, dass in der Deutschen Demokratischen Republik der Sozialismus planmäßig aufgebaut wird. (Die Delegierten und Gäste erheben sich von den Plätzen, spenden lang anhaltenden Beifall und bringen Hochrufe auf das ZK der SED aus.)

Die Schaffung der Grundlagen des Sozialismus entspricht den Bedürfnissen der ökonomischen Entwicklung und den Interessen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen. Unter der Führung der Arbeiterklasse wird das deutsche Volk, aus dem die bedeutendsten deutschen Wissenschaftler Karl Marx und Friedrich Engels hervorgegangen sind, in der Deutschen Demokratischen Republik die großen Ideen des Sozialismus Wirklichkeit werden lassen! (Stürmischer Beifall.)

Das Hauptinstrument bei der Schaffung der Grundlagen des Sozialismus ist die Staatsmacht. Die volksdemokratischen Grundlagen der Staatsmacht werden ständig gefestigt. Dazu trägt die weitere Festigung des Blocks der antifaschistisch-demokratischen Parteien bei. Dieser Staat der Werktätigen hat zwei Klassen zur Grundlage: Die Arbeiterklasse und die Klasse der werktätigen Bauernschaft. Die beiden Klassen sind durch das Bündnis der Arbeiterklasse mit den werktätigen Bauern verbunden. Außerdem gibt es bei uns die der Arbeiterklasse nahe stehende Schicht der Intelligenz, der eine sehr wichtige gesellschaftliche Bedeutung zukommt und die zum Unterschied von der Intelligenz der kapitalistischen Gesellschaft ihre Arbeit, ihre Kräfte, ihr Wissen in den Dienst der Sache des Volkes stellt. Die führende Rolle hat die Arbeiterklasse in ihren Händen als die fortgeschrittenste Klasse, die von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, von der Partei, die sich von der Lehre von Marx-Engels-Lenin-Stalin leiten lässt, geführt wird. (Starker Beifall.)

Eine große Rolle in unserer demokratischen Entwicklung hat der bereits 1945 entstandene Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien inne und wird diese Rolle auch weiterhin innehaben. Von großer Bedeutung sind die Ausschüsse der Nationalen Front des demokratischen Deutschland, die unter dem Banner des Kampfes für ein einheitliches, friedliebendes, demokratisches und unabhängiges Deutschland die breitesten Schichten der Bevölkerung vereinen.

Die ökonomischen Grundlagen der neuen Ordnung sind der volkseigene Sektor der Wirtschaft, die volkseigenen Güter und Maschinenausleihstationen in der Landwirtschaft sowie die von den Bauern gebildeten Produktionsgenossenschaften.

Was sind die Aufgaben der Staatsmacht in der Deutschen Demokratischen Republik?

1. Brechung des Widerstandes der gestürzten und enteigneten Großkapitalisten und Großagrarier. Liquidierung aller ihrer Versuche, die Macht des Kapitals wieder herzustellen.

2. Organisierung des Aufbaus des Sozialismus mit Hilfe des Zusammenschlusses aller Werktätigen um die Arbeiterklasse. (Wiederholter starker Beifall.)

3. Schaffung der bewaffneten Streitkräfte der Deutschen Demokratischen Republik zur Verteidigung der Heimat gegen die äußeren Feinde, zum Kampf gegen den Imperialismus. (Lang anhaltender Beifall.) (...)

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die reaktionären großkapitalistischen Kräfte in Westdeutschland und in den anderen kapitalistischen Ländern den Aufbau des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik als einen Dorn im Auge empfinden werden.

Es ist auch gewiss, dass der Aufbau des Sozialismus unter den Bedingungen des verschärften Klassenkampfes erfolgt. Lenin sagte einmal, dass der Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus eine ganze geschichtliche Epoche umfasst und dass, so lange diese nicht abgeschlossen ist, die Ausbeuter unausbleiblich die Hoffnung auf eine Restauration behalten und ständig versuchen, diese Hoffnung zu verwirklichen. (...)

Mit der gesteigerten Kriegsvorbereitung verstärken der amerikanische Imperialismus und seine Bonner Vasallen ihre Spionage-, Sabotage-, Diversions-, Zersetzungs- und Schädlingstätigkeit im Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik von Tag zu Tag. Hierbei spielen die deutschen Agentenzentralen, die bürgerlichen Parteien sowie die rechte SPD-Führung in Westdeutschland und Westberlin als Hilfstruppe des anglo-amerikanischen Geheimdienstes eine wichtige Rolle.

Durch Festnahmen der Agenten der Verbrechergruppe Hildebrandt, wie zum Beispiel der Banden Höse-Metz-Weigel und Burianek wurde festgestellt, dass die Verbrechergruppe Hildebrandt-Tillich eine ausschließlich von amerikanischem Geld existierende, dem amerikanischen Geheimdienst unterstehende und von ihm für seine Zwecke benutzte Organisation ist. Das Material für die ausgeübten Terror- und Diversions- sowie Sabotage und Boykotthandlungen stammte aus amerikanischen Beständen und wurde den Banden durch die Hildebrandt-Tillich-Gruppe übergeben.

Leiter dieser Verbrecherorganisation ist der SPD-Funktionär Ernst Tillich, der schon seit langen Jahren für den westlichen Geheimdienst tätig ist. Sein Onkel, Professor Paul Tillich, wohnt noch heute in New York City, Claremont Avenue 99. Unter der Leitung von Tillich wird mit Sprengstoff, Giften, Säuren, Brandsätzen usw. im Gebiete der Deutschen Demokratischen Republik gearbeitet. Mit den Sprengkörpern werden von den bezahlten Agenten der Hildebrandt-Tillich-Gruppe Anschläge auf Brücken an verkehrsreichen Autostraßen und Eisenbahnstrecken, auf Kanäle und Schleusen organisiert. Auch das so genannte "Ost-Büro der SPD" wurde im Auftrage und mit Mitteln des anglo-amerikanischen Geheimdienstes gegründet. Der Leiter des Westberliner Büros in der Langobardenallee 14 ist der SPD-Funktionär Stahl. Diese Zweigstelle wird von den Amerikanern benutzt, um die deutsche Bevölkerung zu terrorisieren und Spionage und Sabotage zu betreiben, wie das Beispiel der kürzlich liquidierten Untergrundgruppe "Berbe" in Cottbus beweist. Die vom Ministerium für Staatssicherheit festgenommenen 21 Mitglieder dieser Bande des SPD-"Ostbüros" wurden von Stahl beauftragt, in Cottbus und Umgebung durch Verbreiten von Flugblättern und Hetzschriften Kriegs- und Boykotthetze gegen die Deutsche Demokratische Republik und die Sowjetunion zu betreiben. Sie waren in Besitz eines Funkgerätes, von Sprengstoffen und teilweise bewaffnet. Es wurde zum Beispiel ein Attentat auf eine führende Persönlichkeit aus einer Volksrepublik bei einem Freundschaftsbesuch in der Deutschen Demokratischen Republik geplant und vorbereitet. Die Bandenmitglieder hatten ferner den Auftrag, schon jetzt für den Fall eines Krieges so genannte "militärische Stützpunkte" zu bilden. Für die Schaffung solcher Banden werden Agenten auf eine Spionageschule in Westdeutschland geschickt.

Eine andere Agentur des amerikanischen Imperialismus, die vom Ministerium für Staatssicherheit kürzlich liquidiert wurde, gehört zu den trotzkistischen Gruppierungen, die schon vor 1933 einen aktiven Kampf gegen die Sowjetunion und gegen die Kommunistische Partei Deutschlands führten. Sie bildeten sich bereits im Jahr 1945 und arbeiten seit Ende 1949 mit dem "Ostbüro der SPD" zusammen.

Der anglo-amerikanische Geheimdienst benutzt ferner zur Ausführung seiner feindlichen Tätigkeiten eine Gruppe, die sich "Exil-LDP" nennt und fast ausschließlich aus geflüchteten LDP-Mitgliedern besteht. (...)

Die Universitäten und Hochschulen in Westberlin und Westdeutschland werden von den imperialistischen Geheimdiensten immer mehr zu einem Reservoir zur Werbung von Agenten benutzt. Besonders ist dies bei der so genannten "Freien Universität" in Westberlin der Fall. Hier werden zum Studium nur solche Personen zugelassen, die die Gewähr bieten, dass sie genügend reaktionär eingestellt und der Deutschen Demokratischen Republik feindlich gesinnt sind und dass sie sich zur Agententätigkeit verwenden lassen.

Bei einem großen Teil der entlarvten Agenten handelt es sich um Mitglieder der LDP, die in der Deutschen Demokratischen Republik an den verschiedenen Universitäten Funktionäre der LDP-Hochschulgruppe waren. Sie hatten fast alle Verbindungen zur amerikanischen Gestapo, während ein anderer Teil mit dem Spionagebüro Blank und dem Kaiser-Ministerium Verbindung aufrecht hielt.

Die gleiche Tätigkeit übt das "Ostbüro der CDU" aus. Unter der Bezeichnung "Exil-CDU" und unter der Bezeichnung "VPO" (Vereinigung politischer Ostflüchtlinge) bestehen zwei Agentenzentralen, die Saboteure und Spione in das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik entsenden.

Die Untersuchungen haben die direkten Verbindungen der amerikanischen, englischen und französischen Spionagestellen mit dem SPD-"Ostbüro" und der Spionageabteilung des Ministeriums Blank sowie mit trotzkistischen Gruppen ergeben. Wir sind überzeugt, dass die sozialdemokratischen Mitglieder und die christlichen Werktätigen diese Tätigkeit der Agenturen des Herrn Kaiser und des SPD-"Ostbüros" und der amerikanischen, englischen und französischen Spionage aufs schärfste verurteilen. Wer für den Frieden ist, muss überall mithelfen, die Spionage- und Sabotageagenturen der imperialistischen Kriegstreiber und ihrer Helfershelfer zu entlarven. (...)

In dieser neuen Lage ist die Organisation der Verteidigung der Heimat die erste Pflicht jedes Patrioten in der Deutschen Demokratischen Republik. (Starker Beifall.) Der Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien erklärte dazu: "Wer gegenüber dem Angreifer den Frieden nicht mit der Waffe in der Hand zu schützen bereit ist, ermuntert den Angreifer und gefährdet den Frieden."

Dies Bekenntnis zur Schaffung einer Volksarmee entspricht dem Willen aller friedliebenden und fortschrittlichen Kräfte. Die Schaffung einer Volksarmee ist aber auch deshalb notwendig, weil das große Werk unseres nationalen Aufbaus gegen die Feinde geschützt werden muss, die es durch Sabotagebanden und militärische Kräfte bedrohen.

Es gibt Leute, die Einwendungen erheben und sagen: Militär ist Militär. Aber das stimmt nicht. Eine Waffe und eine Waffe ist zweierlei. Eine Waffe in der Hand des Pestgenerals Ridgway ist etwas anderes als eine Waffe in den Händen eines antifaschistischen Arbeiters oder werktätigen Bauern. (Lang anhaltender Beifall.) (...)

1. Die nationalen Streitkräfte werden die Armee des vom Imperialismus befreiten Volkes in der Deutschen Demokratischen Republik sein. Sie werden geschaffen in einem Land, wo die Wurzeln des Imperialismus vernichtet worden sind.

2. Die nationalen Streitkräfte werden die Armee zur Verteidigung der Heimat sein, zum Schutze der sozialistischen Errungenschaften unseres Volkes. Möge diese Volksarmee so stark sein, so gut ausgerüstet, so ausgezeichnet die Waffentechnik beherrschend, dass den Feinden des deutschen Volkes der Drang nach militärischen Provokationen vergeht. (Starker Beifall.)

3. Die nationalen Streitkräfte werden die freie und friedliche Arbeit des Volkes und seine Errungenschaften schützen.

4. Die nationalen Streitkräfte werden ein Werkzeug zur weiteren Stärkung der volksdemokratischen Grundlagen unserer staatlichen Ordnung sein.

5. Die nationalen Streitkräfte sollen erfüllt sein vom Hass gegen die amerikanischen, englischen und französischen Imperialisten, die die Bevölkerung der doppelten Versklavung unterwerfen wollen. Sie werden erfüllt sein vom Willen zur Wiederherstellung der Einheit unseres Vaterlandes. Die nationalen Streitkräfte werden sich brüderlich verbunden fühlen mit allen patriotischen Kräften Westdeutschlands. (Starker Beifall.)

6. Die nationalen Streitkräfte sollen erfüllt sein von der unverbrüchlichen Freundschaft zur Sowjetunion und zum Führer der Völker, Generalissimus Stalin. (Lang anhaltender Beifall.) Sie sollen sich verbunden fühlen mit den Ländern der Volksdemokratie, die den Sozialismus aufbauen, sowie mit dem nationalen Befreiungskampf der unterdrückten Völker in den Kolonien und Halbkolonien. (...)

Walter Ulbricht, II. Parteikonferenz der SED, 9. Juli 1952, Berlin; Auszüge. Entnommen aus: Protokoll der Verhandlungen der II. Parteikonferenz der SED; Dietz-Verlag Berlin 1952.

Raute

L. I. Breshnew: Rede auf dem V. Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, 12.11.1968

(...) Genossen, wir leben in einer komplizierten, stürmischen und interessanten Zeit. Der weltweite revolutionäre Prozess, in dessen Mittelpunkt der Kampf der beiden Gesellschaftssysteme unseres Jahrhunderts - des Sozialismus und des Kapitalismus - steht, entwickelt sich unaufhaltsam.

Wir haben in diesem weltweiten Kampf schon sehr viel erreicht. Das sozialistische Weltsystem ist entstanden, hat Fuß gefasst und sein Lebensrecht behauptet. Die Wirtschaft der sozialistischen Länder entwickelt sich, ihre Verteidigung erstarkt, die gesellschaftlichen Verhältnisse werden vervollkommnet und das Leben der Werktätigen wird besser. Gleichzeitig vertieft sich die Zusammenarbeit zwischen den sozialistischen Ländern, festigt sich unser Bündnis mit den revolutionären Kräften in der ganzen Welt. Das Kräfteverhältnis im Weltmaßstab verändert sich weiter zu Gunsten des Sozialismus und seiner Verbündeten.

Die Macht des sozialistischen Lagers ist jetzt so groß, dass die Imperialisten befürchten, im Falle eines direkten Zusammenstoßes mit den Hauptkräften des Sozialismus vernichtet zu werden. Natürlich darf man, so lange der Imperialismus besteht, auf keinen Fall die Kriegsgefahr außer Acht lassen, die die imperialistische Politik mit sich bringt.

Es ist jedoch eine Tatsache, dass die Imperialisten unter den neuen Bedingungen immer häufiger eine andere, hinterhältigere Taktik anwenden. Sie suchen die schwachen Glieder in der sozialistischen Front, halten Kurs auf die ideologische Wühlarbeit in den sozialistischen Ländern. Sie bemühen sich, auf die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder einzuwirken, versuchen, Zwietracht zu sähen und Keile zwischen sie zu treiben, nationalistische Gefühle und Tendenzen zu ermuntern und zu schüren. Sie sind bestrebt, einzelne sozialistische Staaten zu isolieren, um sie dann einzeln an der Gurgel zu packen. Mit einem Wort, der Imperialismus versucht, die Festigkeit des Sozialismus gerade als Weltsystem zu erschüttern.

Die Erfahrungen aus der Entwicklung und dem Kampf der sozialistischen Länder unter diesen neuen Bedingungen in den letzten Jahren, darunter auch die kürzliche Aktivierung der dem Sozialismus feindlichen Kräfte in der Tschechoslowakei, erinnern die Kommunisten der sozialistischen Länder erneut daran, wie wichtig es ist, einige bedeutsame, von der Zeit überprüfte Wahrheiten auch nicht für einen Augenblick außer Acht zu lassen.

Wenn wir unsere Entwicklung auf dem Wege des sozialistischen und kommunistischen Aufbaus nicht verzögern und unsere gemeinsamen Positionen im Kampf gegen den Imperialismus nicht schwächen wollen, müssen wir stets und überall bei der Lösung aller Fragen unserer Innen- und Außenpolitik den Prinzipien des Marxismus-Leninismus unverbrüchliche Treue bewahren, klassenmäßig, parteilich und konsequent an alle gesellschaftlichen Erscheinungen herangehen sowie den Imperialismus an der ideologischen Front entschieden bekämpfen, ohne der bürgerlichen Ideologie irgendwelche Zugeständnisse zu machen.

Gerade auf der prinzipiellen marxistisch-leninistischen Grundlage wurden gewaltige Erfolge bei der sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung der sozialistischen Länder erzielt - Erfolge in einem Tempo, in einer Tiefe und einem Ausmaß, wie sie die Geschichte bisher nicht gekannt hat.

Bei ihren Versuchen, den Sozialismus in Misskredit zu bringen, spekulieren die Ideologen der Bourgeoisie auf Schwierigkeiten und Fehler in der Entwicklung des einen oder anderen sozialistischen Landes. Was kann man hierzu sagen? Ja, Schwierigkeiten in der Entwicklung der sozialistischen Länder gab es, gibt es und wird es wahrscheinlich auch weiterhin geben. Jede Etappe hat ihre Schwierigkeiten.

Einige sind objektiver Natur und durch historische, natürliche und andere Faktoren bedingt. Andere sind subjektiver Art und darauf zurück zu führen, dass nicht die beste Lösung für dieses oder jenes Entwicklungsproblem gefunden wurde, das heißt, es sind Fehlkalkulationen, Irrtümer unterlaufen, man hat noch nicht gelernt, alle der sozialistischen Ordnung objektiv innewohnenden Möglichkeiten voll und ganz zu nutzen.

Die Frage ist, wie man auf die Schwierigkeiten und die begangenen Fehler reagiert.

Wenn Funktionäre vom kleinbürgerlichen Schlage auf Schwierigkeiten stoßen, verfallen sie in Hysterie und beginnen, an allem und jedem zu zweifeln. Die Revisionisten sind bei Schwierigkeiten bereit, alle Errungenschaften zu leugnen, sich von allem Erkämpften loszusagen und alle prinzipiellen Positionen aufzugeben.

Echte Kommunisten dagegen bahnen sicher den Weg vorwärts und suchen nach den besten Lösungen für die Probleme, wobei sie sich auf die sozialistischen Errungenschaften stützen. Sie geben ehrlich zu, dass in der einen oder anderen Frage Fehler begangen wurden, analysieren und korrigieren sie, um die Position des Sozialismus weiter zu festigen, um nicht zurückzuweichen und den Feinden des Sozialismus auch nicht ein Körnchen dessen auszuliefern, was bereits errungen ist, was bereits durch die Anstrengung und den Kampf der Volksmassen erreicht wurde.

Mit einem Wort, man kann mit Gewissheit sagen: Wenn die Partei einen festen kommunistischen Standpunkt hat und dem Marxismus-Leninismus treu ist, werden alle Schwierigkeiten überwunden.

Die Erfahrungen beweisen überzeugend, welche außerordentliche, man kann sagen entscheidende Bedeutung für den erfolgreichen Aufbau des Sozialismus die Sicherung und ständige Stärkung der führenden Rolle der kommunistischen Partei als fortschrittlichste, führende, organisierende und lenkende Kraft der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung im Sozialismus hat.

Die mit der marxistisch-leninistischen Theorie ausgerüstete Partei, die den Willen der Arbeiterklasse und aller Werktätigen zum Ausdruck bringt, ist die entscheidende Kraft im Kampf für den Sozialismus und Kommunismus. Sie ist zugleich der sicherste Garant dafür, dass bei der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft die Interessen aller ihr angehörenden werktätigen Klassen und sozialen Schichten bestmöglichst berücksichtigt und harmonisch aufeinander abgestimmt werden.

Nicht von ungefähr wählen die Feinde des Sozialismus gerade die Kommunistische Partei als erste Zielscheibe für ihre Angriffe. Nicht von ungefähr sind die Revisionisten aller Schattierungen, die den bürgerlichen Einfluss in die Arbeiterbewegung tragen, ständig bestrebt, die Partei zu zersetzen, zu schwächen, ihre organisatorische Grundlage - das Leninsche Prinzip des demokratischen Zentralismus - zu untergraben. Außerdem propagieren sie die Schwächung der Parteidisziplin. Nicht von ungefähr setzen sie "Theorien" in Umlauf, denen zufolge die Partei sich von der Leitung der gesellschaftlichen Entwicklung auf dem gebiet der Wirtschaft, der staatlichen Tätigkeit, der Kultur usw. "fern zu halten" habe. Eine solche Lage würde natürlich für diejenigen sehr günstig sein, die davon träumen, die Entwicklung auf all diesen gebieten in Richtung zum Kapitalismus zu lenken.

Immer größere Bedeutung gewinnen unter den gegenwärtigen Bedingungen so überaus wichtige Seiten der Parteiarbeit wie die ideologische Arbeit, die Herausbildung der Weltanschauung des Menschen der sozialistischen und kommunistischen Gesellschaft und die Entlarvung der bürgerlichen Ideologie.

Aus alledem ziehen die Kommunisten der Sowjetunion - und wir sind gewiss, auch die Kommunisten der anderen Bruderländer - für sich die klare Schlussfolgerung: Man muss mit allen Kräften die Einheit und Geschlossenheit der Partei festigen, ihre führende Rolle bei der Entwicklung der Gesellschaft mit allen Mitteln verstärken und die Formen ihrer Tätigkeit vervollkommnen.

Die Erfahrungen des Kampfes und die reale Einschätzung der Weltlage zeigen eindeutig, dass es für die Kommunisten der sozialistischen Länder lebensnotwenig ist, das Banner des sozialistischen Internationalismus hoch zu halten sowie die Geschlossenheit und Solidarität der sozialistischen Länder ständig zu festigen. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau des Sozialismus und Kommunismus in jedem unserer Länder sowie für den erfolgreichen Kampf des sozialistischen Weltsystems gegen den Imperialismus.

Im Interesse der Verteidigung jedes sozialistischen Landes, im Interesse der Entwicklung seiner Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sind die umfassendste Zusammenarbeit zwischen den Bruderländern, eine allseitige Entwicklung der vielfältigen Beziehungen zwischen ihnen und echter Internationalismus notwenig.

Der Imperialismus setzt in seinem Kampf gegen uns vor allem auf die Spaltung der sozialistischen Länder und damit auf die Schwächung unserer Einheit. Die Solidarität unserer Länder ist ein Schlag gegen die Hoffnungen des Feindes. Diese Solidarität erringt hervorragende Siege. Ein Beispiel dafür ist Vietnam, dessen langjähriger, heldenhafter Kampf gegen die Streitkräfte der größten imperialistischen Macht nicht möglich wäre ohne die aktive und wirksame Hilfe der Sowjetunion, Polens und anderer sozialistischer Länder. Der große Sieg, der vor kurzen vom vietnamesischen Volk errungen wurde, dass die herrschenden Kreise der USA zur Einstellung der Bombardierung und der anderen militärischen Aktionen gegen das gesamte Territorium der Demokratischen Republik Vietnam gezwungen hat, ist zugleich, wie die vietnamesischen Freunde selbst sagen, ein großer Sieg des sozialistischen Lagers und aller friedliebenden Kräfte der Welt.

Von der Kraft unserer Solidarität spricht auch das Beispiel der Deutschen Demokratischen Republik. Jedem ist klar, dass der erfolgreiche Aufbau des Sozialismus unter den komplizierten Bedingungen, in denen sich dieses Land befindet, untrennbar mit der aktiven Unterstützung und Solidarität seitens der anderen sozialistischen Länder, mit der umfassenden wirtschaftlichen Zusammenarbeit und unserem Militärbündnis verknüpft ist. Auch für den Aufbau des Sozialismus in anderen Ländern ist die sozialistische Solidarität von gewaltiger Bedeutung. (...)

Es ist gut bekannt, dass die Sowjetunion nicht wenig für die reale Festigung der Souveränität und Selbständigkeit der sozialistischen Länder getan hat. Die KPdSU ist stets dafür eingetreten, dass jedes sozialistische Land die konkreten Formen seiner Entwicklung auf dem Wege des Sozialismus unter Berücksichtigung der Besonderheiten seiner nationalen Bedingungen bestimmt. Genossen, bekanntlich bestehen aber auch allgemeine Gesetzmäßigkeiten des sozialistischen Aufbaus. Ein Abweichen von ihnen könnte zu einer Abkehr vom Sozialismus selbst führen. Und wenn die inneren und äußeren dem Sozialismus feindlichen Kräfte die Entwicklung irgend eines sozialistischen Landes auf die Restauration der kapitalistischen Ordnung zu lenken versuchen, wenn eine Gefahr für den Sozialismus in diesem Land, eine Gefahr für die Sicherheit der gesamten sozialistischen Staatengemeinschaft entsteht, ist das nicht nur ein Problem des Volkes des betreffenden Landes, sondern ein allgemeines Problem, um das sich alle sozialistischen Staaten kümmern müssen.

Es ist verständlich, dass eine Aktion zur Vereitelung einer Gefahr für die sozialistische Ordnung wie die militärische Hilfe für ein Bruderland eine außerordentliche, notgedrungene Maßnahme ist. Sie kann nur durch direkte Aktionen der Feinde des Sozialismus inner- und außerhalb des Landes hervorgerufen werden, durch Aktionen, die die gemeinsamen Interessen des sozialistischen Lagers gefährden.

Die Erfahrung lehrt, dass der Sieg der sozialistischen Ordnung in dem einen oder anderen Lande unter den heutigen Bedingungen als endgültig betrachtet werden und die Restauration des Kapitalismus nur dann als ausgeschlossen gelten kann, wenn die kommunistische Partei als führende Kraft der Gesellschaft unbeirrt eine marxistisch-leninistische Politik bei der Entwicklung aller Bereiche des gesellschaftlichen Lebens verfolgt, nur dann, wenn die Partei unermüdlich die Verteidigung des Landes, den Schutz seiner revolutionären Errungenschaften stärkt, wenn sie selbst Wachsamkeit gegenüber dem Klassenfeind und Unversöhnlichkeit gegenüber der bürgerlichen Ideologie bewahrt und das Volk in diesem Sinne erzieht, nur dann, wenn das Prinzip des sozialistischen Internationalismus heilig gehalten und die Einheit uns brüderliche Solidarität mit den anderen sozialistischen Ländern gefestigt wird. (...)

Die Imperialisten schaffen Spannungsherde in verschiedenen Gebieten der Erde, verstärken das Wettrüsten, sind bestrebt, die Welt in die Zeiten des "Kalten Krieges" zurückzuführen. In der BRD werden unverhüllt revanchistische Stimmungen geschürt, die den Frieden und die Sicherheit der europäischen Völker bedrohen.

Dieser reaktionären, aggressiven politischen Linie setzen die Länder der sozialistischen Gemeinschaft ihre elastische und realistische, gegenüber den Aggressoren und Revanchisten jedoch unversöhnliche Politik entgegen. Diese klassenmäßige Politik dient der Unterstützung der revolutionären Kräfte, der Kräfte des Sozialismus und des Fortschritts in der ganzen Welt. Gleichzeitig verficht diese Politik die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, tritt für den Verzicht auf alle Versuche ein, Fragen der Beziehungen zwischen den beiden entgegengesetzten gesellschaftlichen Systemen auf militärischem Wege zu lösen, und verfolgt konsequent eine Kurs der internationalen Entspannung. In unserem Kampf für Frieden und Sicherheit der Völker, für die gegenseitige vorteilhafte Zusammenarbeit von Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnungen erringen wir nicht unbedeutende Erfolge, besonders, wenn die sozialistischen Länder koordiniert, in einer Front auftreten.

Aber die Lage erfordert von uns allen hohe Wachsamkeit gegenüber unserem Klassengegner auf dem Schauplatz des internationalen Geschehens. Deshalb ist die gegenwärtig von den Staaten des Warschauer Vertrages als Antwort auf die Kriegsvorbereitungen der NATO vorgenommene Stärkung und Vervollkommnung des Militärapparates unseres Bündnisses der Bruderländer von großer Bedeutung.

Alle, die dazu neigen, die Lehren der Geschichte zu vergessen und sich erneut mit einer Änderung der Landkarte Europas zu befassen, müssen wissen, dass die Grenze Polens, der DDR, der Tschechoslowakei sowie jedes anderen Teilnehmerstaates des Warschauer Vertrages unwandelbar und unantastbar sind. Diese Grenzen werden mit der ganzen bewaffneten Macht der sozialistischen Staatengemeinschaft geschützt. Wir raten allen, die mit Anschlägen auf fremde Grenzen liebäugeln, sich das gut einzuprägen!

Genossen, die Aufgaben der weiteren Entwicklung der Wirtschaft der sozialistischen Staatengemeinschaft unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution erfordern, dass wir uns intensiv mit der Erweiterung und Vervollkommnung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern befassen. Dies kam in dem Referat des Genossen Gomulka gut zum Ausdruck. Diese herangereiften Fragen sollen in Kürze auf einer Beratung der Führer der Parteien und der Regierungschefs der sozialistischen Mitgliedsländer des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe behandelt werden.

Eine umfassende internationale sozialistische Arbeitsteilung, Kooperation und Spezialisierung der Produktion wird es ermöglichen, die Vorzüge des Sozialismus effektiver zu nutzen, die Volkswirtschaft jedes unserer Länder noch schneller zu entwickeln und neue Erfolge im ökonomischen Wettbewerb mit dem Kapitalismus zu erzielen.

Genossen! Die Ideen des Kommunismus sind zu den führenden Ideen unseres Jahrhunderts geworden. Noch niemals zuvor hat sich wohl die bürgerliche Propaganda so aktiv mit Fragen des Kommunismus befasst wie heute. Es ist völlig offensichtlich, dass die Bourgeoisie ein weiteres Wachstum der kommunistischen Bewegung fürchtet, denn diese hat bereits eine weltweite Entwicklung erfahren, große Siege errungen und durch die Errichtung des Sozialismus in Ländern auf drei Kontinenten die Fähigkeit bewiesen, ihre Ideale und Ziele in der Praxis zu verwirklichen.

Die großen Klassenschlachten in den kapitalistischen Ländern zeigen, dass auch dort die Arbeiterklasse und ihr revolutionärer Vortrupp die Offensive gegen den Kapitalismus verstärken und eine Armee der sozialistischen Revolution formieren.

Unter schwierigen Bedingungen, häufig in der Illegalität, Verfolgung und Terror ausgesetzt, kämpfen die kommunistischen und Arbeiterparteien der kapitalistischen Länder selbstlos für die Sache der Arbeiterklasse und des ganzen werktätigen Volkes. Viele von ihnen sind zu einer bedeutenden politischen Kraft geworden. Sie festigen tatsächlich die Verbindungen zu den Massen und tragen die Ideen des wissenschaftlichen Sozialismus, die Ideen der Revolution in die Massen.

In der Welt wachsen die Reihen der Verbündeten der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Imperialismus. Das bringt den unterjochten Völkern die Stunde der nationalen und sozialen Befreiung näher.

Gleichzeitig werden von anderen Bevölkerungsschichten, die neben der Arbeiterklasse an der revolutionären Bewegung teilnehmen, Ansichten und Ideen in diese hineingetragen, die sich von der proletarischen Ideologie unterschieden. Diese nähren manchmal den rechten Opportunismus und das "linke" Abenteurertum in einzelnen Formationen der kommunistischen Bewegung. Es wäre falsch, die Gefahr und die Schädlichkeit solcher Strömungen zu unterschätzen. Bekanntlich gehen die Revisionisten sowohl der rechten wie auch der "linken" Abart trotz aller äußeren Unterschiede in der wichtigsten Frage konform: Sowohl die einen als auch die anderen entstellen die Leninsche Theorie der sozialistischen Revolution und setzen die Rolle der Arbeiterklasse und ihres Vortrupps - der marxistisch-leninistischen Partei - in der sozialistischen Revolution und beim sozialistischen Aufbau herab. Sowohl die einen als auch die anderen weichen von den Prinzipien des proletarischen Internationalismus ab und schwächen damit den Kampf gegen den Imperialismus, hemmen die Entwicklung des revolutionären Prozesses. Sowohl für die einen wie für die anderen ist nationale Beschränktheit bei der Einschätzung vieler sehr wichtiger Probleme des revolutionären Kampfes kennzeichnend, die zuweilen in echten Chauvinismus übergeht.

Natürlich sind alle diese Entstellungen den wahren Kommunisten, die dem Marxismus-Leninismus treu sind, völlig fremd. Der Internationalismus war stets für die kommunistische Bewegung ein wichtiger Kraftquell. Die Interessen der Arbeiterklasse und ihres Kampfes gegen den Kapitalismus, lehrte W. I. Lenin, verlangen die volle Solidarität und die engste Einheit der Arbeiter aller Nationen. Sie verlangen, dass der nationalistischen Politik entgegengetreten wird. Diese Interessen gebieten dringend den Zusammenschluss der Kommunisten zum Schutz der revolutionären Lehre von Marx und Lenin, unsere Waffe im ideologischen Kampf.

Kommunistische Parteien, die unter verschiedenen Bedingungen wirken, können an dieses oder jenes Problem unterschiedlich herangehen. Wir handelten falsch, sähen wir nicht die vorhandenen Differenzen in den Ansichten zu einzelnen Fragen. Einige dieser Differenzen haben unserer Meinung nach ausgesprochen vorübergehenden Charakter und werden in dem Maße verschwinden, wie der Verlauf der Ereignisse Klarheit in das Wesen der strittigen Fragen bringt. Andere scheinen langwieriger zu sein, aber sie dürfen unserer Ansicht nach den gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Gegner für unsere gemeinsamen hohen Ziele nicht behindern.

Das Wichtigste ist, dass die kommunistischen und Arbeiterparteien, auch wenn in den einen oder anderen Fragen Meinungsverschiedenheiten bestehen, nach Wegen und Mittel zur Entwicklung der internationalen Verbindungen suchen und bestrebt sind, die Einheit ihrer Reihen auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus zu festigen. Wir haben unsererseits den kameradschaftlichen Meinungsaustausch stets für nützlich erachtet und sind bereit, zwischen den Bruderparteien aufgetretene Fragen offen zu erörtern. Wir sind überzeugt, dass gerade durch die Festigung unserer Verbindung und der Zusammenarbeit die auftauschenden Probleme im Interesse der Einheit der internationalen kommunistischen Bewegung gelöst werden. Das ist auch natürlich, denn wir haben eine gemeinsame ideologische Grundlage - den Marxismus-Leninismus, einen gemeinsamen Feind - den Imperialismus, und ein gemeinsames Ziel - den Sieg des Kommunismus.

In diesem Licht betrachten wir auch die Vorbereitungen zu einer neuen internationalen Beratung der kommunistischen und Arbeiterparteien. Unsere Partei, die internationalen Beratungen von Vertretern der kommunistischen Parteien große Bedeutung beimisst, setzt sich gemeinsam mit anderen Bruderparteien dafür ein, dass die neue Beratung in nicht allzu ferner Zukunft einberufen wird. Die Kommunistische Partei der Sowjetunion wird alles von ihr Abhängende tun, um die Beratung erfolgreich vorzubereiten und durchzuführen.

Die Situation gebietet den Zusammenschluss der Bruderparteien, um zu einer noch mächtigeren Offensive gegen den Imperialismus übergehen zu können. Für die Kommunisten erklingt heute mit neuer Kraft als Aufruf die unsterbliche Losung unserer Bewegung: "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!" (...)


L.I. Breshnew, V. Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, 12.11.1968, in:
L.I. Breshnew, Auf dem Wege Lenins, Reden und Aufsätze, Berlin 1971, Band 2, S. 339ff

Raute

KAPITALISMUS HEUTE - AKTUELLE ANALYSEN

Thomas Waldeck: Schule des Kapitalismus - Lernen und Gesellschaft

Liegt dem Lernbedürfnis des Schulkindes das Bedürfnis zugrunde, die Welt zu erkennen, ethische Werte durch Einsicht in Zusammenhänge zu entwickeln, um den Notwendigkeiten zu folgen? Oder liegt ein zutiefst egoistisches Bedürfnis zugrunde, einen "eigenen" Weg nicht zu verfehlen, von dem im Regelfall andere fortzudrängen sind?

Der Gesamtkomplex Bildung und Erziehung vollzieht sich im kapitalistischen Kontext adäquat zum Verwertungsprozess des Kapitals mit darausfolgend typischer Entfremdung. Objektiv agiert der Lehrer zuerst als Lehrautomat. Die Produktion von Bildung ist seine wirkliche und alleinige, menschlich entfremdende Aufgabe. Und zweitens entfernt sich das Produkt Bildung von ihm, sobald die Klassenspaltung erfüllt ist, zunächst in diejenigen, welche sozusagen gefressen haben und freßbereit sind wie diejenigen, die zum Fressen bereit stehen; also diejenigen, die diszipliniert werden sollen, um abzuwarten, bis sie gefressen werden.

Vollständig und gezwungenerweise vernachlässigt wird im Kapitalismus die Einheit von Bildung und Erziehung. Denn gesellschaftliche Erziehung würde zur unbedingten Verurteilung kapitalistischer Lebensverhältnisse führen. Die Bildung nimmt also einen "toten, scholastischen Charakter" an(1). Die unmittelbare Umwelt des Schülers als Abbild von Klassenverhältnissen und beinhaltend die Potentiale zu deren Änderung, wird ihm durch mechanistische Aneinanderreihung von Fakten nicht verständlich (dahingestellt, ob wahr oder falsch). Seine eignen Auffassungen und alle Mängel ringsum können ihm nicht klar werden als das, was sie sind: Gesellschaftliche Produkte. Er erkennt nicht den Stoff, aus dem sie bestehn.

Da der Mensch als zuerst gesellschaftliches Wesen seinen vorgeschriebenen Weg als Bildungsfutteral auf der Suche nach Wahrheit verlässt, tritt der Lehrer aus seiner Rolle als Lehrautomat zwangläufig heraus und kommt nicht umhin, "zu beraten". Diese Beratung bedarf im Sinne der Klassenherrschaft einer Steuerung. Eine Verordnung sagt aus: "In Schulen, in denen die Schulkonferenz Bedarf ... feststellt, kann die Schulleiterin oder der Schulleiter ... Beratungslehrerinnen und -lehrer beauftragen. In Nordrhein-Westfalen gilt folgende Definition: Beratung als Dialogprozess zielt auf die kooperative Kreation von Lösungen. Sie findet statt in einer Atmosphäre gegenseitiger Wertschätzung und respektvoller Neugier, die Schwächen und Stärken der beteiligten Personen und der Situation berücksichtigt und nutzt. Die gemeinsam vereinbarten Ziele werden durch Denken, Sprechen und Handeln angestrebt, die Ergebnisse werden überprüft und als Anregung erneut in den Prozess der Beratung aufgenommen. Damit ist Beratung ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung am Beratungsprozess beteiligter Menschen und der Schule insgesamt."(2)

Halten wir fest, was wirklich angestrebt ist: Lösungen, die kreiert werden durch Nutzung von individuellen Stärken. Weiter: "Beratung ist zu verstehen als dialogischer Prozess des Sich-Beratens. Ziel des Prozesses ist Veränderung durch Hilfe zur Selbsthilfe; Menschen erfahren Unterstützung, sich selbst zu ändern."(3)

So etwas nennt der Handelsvertreter "die sanfte Tour". Formalismus kann kaum prägnanter hervortreten. Das mechanistische Prinzip, zu ändern, ist demnach dasselbe wie an der Napola(4).

Grundsätzlich bleibt die kapitalistisch-imperialistische "Pädagogik" idealistische Philosophie und Psychologie im Rahmen von Fachdidaktik. Diese Pädagogik kann, beim besten Willen des Lehrers, für ihn nicht als dialektische Einheit von Einzelwissenschaften nutzbar werden. Sie zerfällt in Fragmente, welche die kapitalistischen Hauptorientierungen, voran den Individualismus, flankieren. Verstärkte positivistisch-empiristische und pragmatische Einflüsse kennzeichnen das imperialistische Erziehungssystem. Der Psychologismus bildet dessen ideologische Hauptrechtfertigung, um den gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang auszuschalten. Nach vollendeter europäischer Konterrevolution trat diese Tendenz nochmals stärker hervor.

Strukturzugeständnisse des bundesdeutschen Bildungssystem mit seiner Dreigliedrigkeit sind der DDR zu verdanken, blieben aber im Ansatz stecken. Rudimentär erkennbar sind diese in der "Gesamtschule", die als - das Bildungsprivileg überwindende - Gesamtschule nie existierte.(5) Im Zuge der Konterrevolution hängen kapitalistische Bildung und Erziehung in der Luft: Die Schullandschaft wird neu diskutiert, der preußische Drill ist noch ad acta und die Wissenschaftlichkeit ohnehin. Bürgerliche Untersuchungen erkennen Bildungsdefizite und forcieren die soziale Selektion. Das zugrundeliegende Dilemma wird fortgesetzt durch Erflehung eines verbesserten "Berufsbildes 'Lehrer' in unserer Gesellschaft..." - "Lehrer sind Elite!", beschwört man.(6) Und man fordert Investitionen ein: "Für die projekttragenden Institutionen ersteht daraus die Möglichkeit... der Selektion und der gezielten Förderung." - Womit nichts anderes gefordert wird als die Vertiefung der Klassenspaltung bei der Bildung. Die Spaltung tritt auch zunehmend deutlich beim Aufblühen der privaten Schulen hervor: "Die Zahlen sprechen für sich: Während im Schuljahr 1998/99 etwa 530.000 Schüler eine private allgemeinbildende Schule in Deutschland besuchten, waren es 2007/08 bereits rund 675.000 Schüler. ... Der Ansturm auf die privaten hat auch für die staatlichen Schulen Konsequenzen: 'Sie haben zu lange geglaubt, eine Monopolstellung zu haben. Das ist jetzt vorbei.'"(7) "Der Aufschwung für die freien Schulen in Berlin hält an. Allein im laufenden Schuljahr wurden 15 berufliche und sieben allgemeinbildende neu genehmigt. Insgesamt hat sich der Anteil der Privatschüler an der Gesamtschülerschaft seit Mitte der neunziger Jahre auf etwa acht Prozent verdoppelt."(8) Dass diese Angebote tatsächlich auf die Bourgeoisie gerichtet sind, wird daran klar, dass sie für den Großteil NICHT bereit stehen: "Mehr als jeder zweite Hamburger (51 Prozent) und sogar 61 Prozent der Mütter und Väter würden ihre Kinder sofort an einer Privatschule anmelden, so das Ergebnis einer Psephos-Umfrage im Auftrag des Abendblatts."(9) Zugleich eröffnet aber die schleichende Privatisierung des Bildungswesens auch ein neues Geschäftsfeld. Schließlich haben alle Bereiche - soweit nicht defizitär - der Kapitalverwertung und letztlich dem Profit offen zu stehen. In Zeiten chronischer Depression bietet eine öffentliche, zwangsweise Aufgabe von Staats wegen eine nette Sicherheit. Vor allem stimulieren allerdings politisch-ideologische Orientierungen der Bourgeoisie wie durch Stiftungen solche Schulen. Diese Entwicklung wird unterstrichen durch die vorauseilende Furcht, nicht profitabel genug sein zu können: "Die Zahl der freien Schulen läge noch höher, wenn sie von der öffentlichen Hand mehr unterstützt würden, betonten gestern Vertreter der freien Träger. Sie wiesen darauf hin, dass die Landeszuschüsse um rund ein Drittel unter dem liegen, was die staatlichen Schulen bekommen."(10)

Die bewusste Erziehung ist vor dem Hintergrund der aufgespaltenen Bildungsertüchtigung weitgehend ausgeschaltet. Makarenko sagt: "Ich bin überzeugt, dass wir gar nichts erziehen, wenn wir nicht das menschliche Gefühl erziehen."(11) Das Gefühl wird anerzogen; entweder durch die bewusst kollektive, also revolutionäre, bolschewistische Umwelt des Kindes oder durch seine seelisch äußerst begrenzte, letztlich reaktionäre Umwelt. Das Gefühl prägt die Lernpsyche. Vor allem während besonders sensibler Entwicklungsprozesse im Jugendalter kann Bildung nur wissenschaftlich fundiert oder als mechanischer "Drill" erfolgreich sein.

Das Gefühl wird natürlich stark bestimmt durch die Atmosphäre, der sich der Schüler in der Schule ausgesetzt sieht.


Gesellschaftliche Lupe Schulhaus

Die Gesamtheit der kapitalistischen Klassenverhältnisse (im Imperialismus zugespitzt) stellt eine umfassende Gewaltanwendung an der Seele des Heranwachsenden dar. Diese Gewalt wendet sich unbewusst gegen die Gesellschaft. Sehr passend dazu formuliert die ZEIT: "Unsere Schule ruft Gegengewalt hervor"(12) ... Ein Gespräch mit dem Berliner Bildungsforscher Wolfgang Edelstein sieht so aus: "(...) Edelstein: Wir wissen, dass aggressive Jugendliche nach Gewaltvideos suchen - und dadurch noch gewalttätiger werden. ... Doch diese Diskussion allein reicht nicht.

ZEIT: Worüber müsste geredet werden? Edelstein: Über die allgemeine Struktur, in die sich dieser tragische Fall einfügt. ... Selbstmorde von Schülern ... sind nicht so selten, wie man denkt. ... Schulangst ist weit verbreitet und wird in großem Umfang medikamentös behandelt. Diese Erscheinungen sprechen dafür, dass 'Gewalt' - in einem strukturellen Sinn - auch auf der Seite der Institution Schule zu suchen ist.

ZEIT: Meinen Sie die Schule in Erfurt? Edelstein: Ich meine nicht speziell diese Schule, sondern Schule allgemein. Nach allem, was wir wissen, hat das Gutenberg-Gymnasium einen guten Ruf. Dort gibt es vermutlich dieselben Probleme wie überall. Die Tat hätte ebenso an jeder anderen Schule passieren können... Lehrer studieren ein Fach, nicht die psychologischen Prozesse des Lehrens und Lernens. Dabei ist Unterricht ein durch und durch psychologisches Geschehen. Doch für diese Anforderungen ihres Berufs werden Lehrer praktisch nicht ausgebildet. ... Die Universität hat sich nie der Aufgabe gestellt, ein angemessenes Berufswissen für Lehrer zu entwickeln. ... Es ist zu erwarten, dass es in Schulen riesige Probleme gibt, weil die Funktion von Schule so definiert ist, weil die Lehrer so ausgebildet werden ­..., wie das heute geschieht."

Dabei ist die mangelhafte Ausbildung der Lehrer allenfalls eine Erscheinung des Kapitalismus, nicht etwa die Ursache für Gewalt. Edelstein ist verständig genug, das anzuerkennen: "Dabei sollten wir nicht einfach der Schule die Schuld zuschreiben: Auch sie ist Opfer der gesellschaftlichen Verhältnisse und natürlich der Sparpolitik. ... nicht nur die Schüler, auch die Lehrer arbeiten derzeit in einem System, in dem sie häufig die frustrierende Erfahrung der Vergeblichkeit ihres Tuns machen."

Das Versicherungsunternehmen Bruderhilfe-Familienfürsorge teilte in Hamburg mit. "An den Schulen in Deutschland gibt es immer mehr gewalttätige Übergriffe. Zu dieser Einschätzung kommen zumindest mehrere hundert Eltern und Lehrer, die im Rahmen einer bundesweiten Studie befragt worden waren. 80 Prozent der Eltern und Lehrer sagten, an den Schulen in Deutschland komme es sehr oft oder oft zu körperlichen Gewalt."(13)

Die Berliner Zeitung zählt am 25. August 2009 auf: "An einer Berliner Schule ist es zu einem neuen Gewaltvorfall gekommen, bei dem ein Jugendlicher schwer verletzt wurde... Siebtklässler stiftete zwei 18- und 19-Jährige an, den Konrektor zu verprügeln... Jugendliche haben den stellvertretenden Direktor der Gottfried-Kinkel-Oberschule in Spandau zusammengeschlagen." (Diese Aufzählung wird fortgesetzt.) "Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) hat gestern die aktuelle Statistik zu Gewaltvorfällen an den Schulen der Stadt veröffentlicht. Danach nahm die Zahl der gemeldeten Vorfälle im Schuljahr 2006/2007 um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Insgesamt 1735. ... Butterflymesser in verschiedenen Größen und Ausführungen: Der Waffenhandel unter Kindern und Jugendlichen vor Wilmersdorfer Schulen funktionierte seit Monaten perfekt." Dazu gibt uns sogar die CDU Rheinland-Pfalz unverdrossen Auskunft: "An den Schulen im Land stieg die Anzahl der registrierten Straftaten in der vergleichenden Betrachtung der letzten Jahre stark an, von 1834 Fällen im Jahr 1997 auf 4860 im Jahr 2004. ­... Sexualstraftaten, wie sexuelle Nötigung, stiegen im Zeitraum der letzten Jahre (2000-2004) erheblich an. ... Im Deliktsbereich der Rohheitsdelikte und der Straftaten gegen die persönliche Freiheit stiegen die Zahlen um 84% auf 1645 Fälle...

Nach einer Studie des BKA(14) 'Aggression und Delinquenz unter Jugendlichen' hat jeder dritte schulpflichtige Junge im Jahr 2003 einen Mitschüler geschlagen oder getreten. ... Eine andere Studie (KFN) besagt, dass fast zehn Prozent der 12.000 befragten Schüler angaben, im letzten halben Jahr massiven Übergriffen ausgesetzt gewesen zu sein. Nach einer Studie der Ruhr-Universität Bochum haben 20 Prozent der Hauptschüler einen anderen Jugendlichen schon einmal so brutal verprügelt, dass dieser einen Arzt aufsuchen musste."(15)

Sämtliche bürgerlichen Untersuchungen suchen krampfhaft nach Ursachen und dem auslösenden Moment für die Gewalt der Heranwachsenden. Ist es die arme und ungebildete Familie? Oder ist es der gewaltbereite Freundeskreis? Dabei tritt ihnen die Lösung schon im gerafften Abbild der grotesken Gesellschaft auf die Füße, das dem Heranwachsenden aus den elektronischen Medien direkt ins Gehirn gestrahlt wird: "Dabei erweist sich - für uns durchaus überraschend - eine spezifische Form des Medienkonsums als besonders bedeutsam: das häufige Sehen von Gewalt-, Horror- und Pornofilmen."(16)

Die Südthüringer Zeitung(17) meldet: "Lehrer werden im Klassenzimmer bedroht, verprügelt oder im Internet zum Gespött gemacht. ... Betroffene Lehrer schweigen, die Schulen melden Vorkommnisse häufig nicht, weil es um Schülerzahlen und damit um Existenzen geht. Der Vorsitzende des Thüringer Lehrerverbandes, Rolf Busch, geht von einer hohen Dunkelziffer aus. Er fordert, mit dem Thema offener umzugehen." Busch erklärt, dass die Lehrer schweigen(18): "Wenn etwas nicht klappt, betrachten sich viele Lehrer selbst als gescheitert." Busch weiter: Gewalt sei "kein auf die Schule beschränktes Problem, sondern eines der Gesellschaft". Daraus folgt für ihn, dass "es die Schule allein nicht lösen kann." Er hat seine Ideen und Konzepte Ministerpräsident Althaus vorgelegt. ... "Ein paar Wochen später habe es ein Treffen gegeben, unter anderem mit Innenminister Karl Heinz Gasser und Kultusminister Jens Goebel (beide CDU). 'Ein Riesenreinfall.' Ergebnis: Es gebe keinen Handlungsbedarf."

In dieser Zusammenfassung wird mitgeteilt(19): "Der Thüringer Lehrerverband untermauert seine Forderung nach mehr Schulpsychologen. Tendenziell gebe es in Thüringen ähnliche Vorfälle wie an den Berliner Schulen."

Naheliegenderweise gibt es kaum Langzeitstudien. Eine seltene Untersuchung bestätigt die Zunahme der Gewalt an Schulen im Zeitraum vor und nach vollzogener Konterrevolution (im von dieser nicht direkt betroffenen Westen): 1995 gaben 24,1 Prozent der befragten Hauptschüler an, einer Clique angehört zu haben, in der manchmal unerlaubte Dinge "gedreht werden". 1972 waren es 7,0. "Irgendwo eingebrochen zu haben" bestätigten 1995: 13,2 - 1972: 1,0.(20)

Übrigens zeigt der Autor "Handlungsperspektiven" auf. "Erstens: Leistung fördern, Schulversagen verhindern, zweitens: Sich den Lebensproblemen einzelner SchülerInnen stellen." Im Klartext heißt das, das Problem verschärfen, weil Leistung unter herrschenden Verhältnissen nicht bei jedem Schüler gleichermaßen steigerbar ist. Somit wird die soziale Differenzierung inklusive psychischer Belastung vorangetrieben. Und zweitens bedeutet die Anerkennung der "Lebensprobleme" - des "Sichstellens" nur die endgültige Aburteilung des Problembehafteten. Dessen Gewaltpotential wird damit wohl nicht verringert.

Natürlich fordern die Vertreter der herrschenden Klasse unlogischermaßen und zwangsläufig nun nicht die Entkapitalisierung der Gesellschaft, sondern wieder die Symptomkur mittels Peitsche: "Normentreue und Regelorientierung müssen wieder stärker Einkehr halten an unseren Schulen. Auch das Schulschwänzen muss offensiv thematisiert und angegangen werden... Nach Informationen des Rats für Kriminalitätsverhütung in Ludwigshafen fehlen inzwischen bis zu 25% der Schüler beim Unterricht."(21)

Die Vereinigung für Suizidprävention teilt mit, dass Selbstmord bei Jugendlichen zweithäufigste Todesursache sei. (In Deutschland passiert alle 47 Minuten ein Selbstmord.)(22)

Wie alle öffentlichen Verwaltungen haben die Schulbehörden den Privatvermögen zu dienen. Nachdem zu deren Gunsten Defizite auf kommunaler und Landesebene künstlich erzeugt werden, müssen die Schulministerien und Schulräte am Ort tagein tagaus zwischen Unmöglichem (was insbesondere personelle Betreuung angeht) und Elternzorn vermitteln. Hier steht die Fachbetreuung, Betreuung durch Sozialarbeiter usw. im Mittelpunkt, da schließlich auch die öffentlichen Schulen einen indirekten Platz auf dem Markte haben und sich trefflich öffentliche Mittel über deren eingesparte Personalkosten in private Kassen schaufeln lassen. Umsomehr personelle Einschnitte sind feststellbar. Die Lehrerausstattung an öffentlichen Schulen ist denkbar knapp; Lehrer geben fachfremden Unterricht, Stunden entfallen. Lehrer werden zum Teil alljährlich an andere Schulen versetzt.(23) Die Freisetzung der Lehrerarbeitskraft gehört dazu, ebenso wie die Verlängerung der Mehrarbeit. Eine Lehrerin sagt: "Meinen Job werde ich voraussichtlich im kommenden Schuljahr verlieren. Warum? Eben wegen dieser 2 Stunden Mehrarbeit. Die Schüler haben deswegen nicht um 2 Stunden länger Schule, nein, das bleibt gleich. Nur die Stunden werden von mir abgezogen und meinen längerdienenden Kollegen aufgebrummt. Die Kollegen dürfen mehr arbeiten, ich muss gehen. Diese Kollegen wollen keine weiteren Stunden mehr, noch dazu unbezahlt!"(24)

Auch die CDU gibt freudig Auskunft: "So ist in den vergangenen Jahren der Anteil der Lehrkräfte, die Sport fachfremd erteilen, dramatisch angestiegen."(25)


Lehrer und Schüler

Seit imperialistischer Zuspitzung der kapitalistischen Widersprüche (um 1900) greift die sogenannte Reformpädagogik um sich. Ihr Ansatz ist vor allem einer der imperialistischen Kultur überhaupt, nämlich der Verschleierung der Klassengegensätze in der Praxis. Der Reformpädagoge delegiert seine bis dahin stets mechanisierte Bildungs- und Erziehungsaufgabe schlicht an das Kind ab, vermittelt Irrationalismen wie (Klassen-)Harmonie, fördert Pragmatismus und Elitedenken. Ein Sozial-Psychologe (vielleicht NOCH eher in Ost als West), der sich dann mit verhaltensauffälligen Kindern, Familienberatung oder ähnlichem befasst, äußert wahrscheinlich Bedenken, dass Kinder und Jugendliche als "Partner", als die sie überall dekretiert werden, Probleme bereiten können. Vielleicht geht er noch weiter und sagt, dass man sich davor fürchten muss, was in diesem Land geschehen kann - nachdem Kinder nur als "Partner" zugelassen werden. Ein "partnerschaftliches" Kind, das in elementaren sozialen Fragen Defizite aufweist und solcherart als "Partner" in Sachen Überwindung dieser Defizite auftritt, wird Partnerschaftsprobleme bereiten. Als wirklicher Partner kann agieren, wer die dazu notwendigen Voraussetzungen hat, was im Widerspruch zur Rolle des Individuums im Kapitalismus steht.

Der Erziehungs- und Lehranspruch an öffentlichen Schulen ist noch immer, wenn auch oft unbewusst, geprägt durch fortschrittliche Maßstäbe, weil realsozialistische und revolutionäre Einflüsse den Kapitalismus-Imperialismus zügelten. Deren Verteidigung wie der Einheit von Bildung und Erziehung und der hervorragenden pädagogischen Erkenntnisse, voran der Sowjetunion, sind das Gebot der Stunde.

Die Lehrpläne lassen den Lehrer im Regen stehen. "Freiräume" zwingen ihm die inhaltliche Planung auf. Wenn bei heutigen Überlegungen die Rede von Zwang für DDR-Lehrer ist, so geht es um nichts anderes, als die bestehenden Mängel zu rechtfertigen. Zunächst wird in einer Studie zur DDR festgestellt: "So enthielten die 1959/60 eingeführten Pläne grundsätzliche Weisungen für den Mathematikunterricht der polytechnischen Oberschule insgesamt, allgemeine Richtlinien für den Unterricht auf den einzelnen Klassenstufen, genaue Stoffangaben und erläuternde Bemerkungen."(26) Und darauffolgend: "Durch die engmaschigen Lehrplanvorgaben wurde der Unterricht von außen stark vorgeprägt. Damit konnten zwar flächendeckend Standards der Unterrichtsqualität und eine Vergleichbarkeit des Wissensstandes gewährleistet werden, doch bedeutete es eine Gängelung sowohl der Lehrer als auch der Schüler."(27)

Der fortschrittliche Lehrer muss es mit der reaktionären herrschenden Kultur aufnehmen, mit durch diese geprägten Ansichten und Verhaltensweisen seiner Schüler, mit dem sozialen Brennpunkt Schule. Man muss hier gar nicht auf Fragen der Kollegialität unter den genannten Voraussetzungen eingehen - und auf die Auswirkungen auf Schulatmosphäre und Lernklima. Dennoch ist sein Kampf nicht aussichtslos. Denn das Kind ist zugleich eingebettet in die Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft. Seine Sinne sind offen für kulturelle Reize, für Entwicklung und Anforderung. Seine Sensibilität ermöglicht die feine Wahrnehmung von Neuartigem, das vom Schematischen (Toten) abweicht. Es nimmt genauso empfindlich reaktionäre wie fortschrittliche Einflüsse auf. Es erkennt am ehesten in der revolutionären Kultur die Wahrheit. Hier setzt der fortschrittliche Pädagoge systematisch ein. Er kann heute und hier einen halbwegs sicheren Posten im Dschungel beziehen und diesen verteidigen. Es liegt an ihm, die Widersprüchlichkeit des Kapitalismus zu nutzen, um den Zweifel an Krieg, an Sozialraub... und letztlich an den Klassenverhältnissen zu verstärken.


Verwilderter Osten

Schließlich scheitert der Kapitalismus gesetzmäßig auch an Alltagswidersprüchen der Schule. Wiederholt werden beispielsweise (durch Umfragen untermauert) Kenntnisdefizite von Kindern und Jugendlichen zur DDR beklagt. Eine große Mehrheit der Schüler in der Ost-Schule sieht sich schlecht oder gar nicht über die DDR informiert.(28) Die Propaganda der Bourgeoisie interpretiert die von den Schülern erkannte Unsicherheit auf ihre Weise. Sie verlangt von Hause aus eine streng verzerrte Sichtweise auf den realen Sozialismus. Und wenn von Zeit zu Zeit Leere sich zeigt oder die Wahrheit in den Erlebnisberichten und Reminiszenzen der Älteren, beginnt sie vermittels ihrer Schreiberlinge hysterisch über den "Mangel an Wissen" zu kreischen. Dieser hysterische Tonfall kommt zustande, weil das Defizit dem einfachen aber fast unaussprechlichen Umstand entspringt, dass Lehrer, welche die DDR kennen, sich zurück halten, um nicht zu lügen. Das Lügen liegt nicht vielen und ist wenig überzeugend. Und der offiziellen Sicht durch authentische Aussagen entgegenzutreten, erfordert Mut. Die momentane Schule bietet dennoch durch ihre Konzeptionslücken Raum, einzugreifen: Die Chance, vormalige DDR-Bürger über sozialistische Wirklichkeit, über ihren Lebenslauf, ihre Entwicklung; die von Gelassenheit und Heiterkeit durchwehte Kindheit und Jugend berichten zu lassen, von Gemeinschaftssinn der Lernbrigaden in Schule und Ausbildung, Timur-Solidarität, zielgerichteter Förderung von Talenten und Interessen, unverkrampfter Körperlichkeit und Verständnis für das Wohl aller in Land und Welt, kann erinnert werden. So oft sich die Zeitungen (namentlich im Osten) jetzt von "Zeitzeugen" in Schulen blähen, welche Untaten des Sozialismus beschwören, so oft finden vielleicht diese anderen Auftritte bereits statt und werden verschwiegen. Aber unvergleichlich viel öfter KÖNNTEN wirklich lehrreiche Aktionen stattfinden. Wir als DDR-Bürger, die den ersten sozialistischen deutschen Staat erlebten, haben die uns obliegende Zeitzeugenrolle wahrzunehmen, um den Schmutz mit dem die DDR beworfen wird, Stück für Stück, von deren Andenken abzukratzen.

Es ist eine nackte und unerbittliche Tatsache, dass die oben beschriebenen Gewaltexzesse an der sozialistischen Schule völlig, auch ahnungsweise fehlten, weil die Bedingungen dafür fehlten. Solche Untersuchungen einmal in der Schule durchzuführen, wäre ein dankenswertes "Projekt".

Der historische Rückfall des Ostens seit 1990 ist auch leicht an der Entmachtung der Pädagogik erkennbar. Bürgerliche Methodik folgt keiner einheitlichen Methodologie, sondern dekretierten Auffassungen mit dem Charakter von Glaubenssätzen. Den Methodiken in der DDR lag dagegen das Aufgehen der Einzelwissenschaften bis zur Allgemeinen Didaktik und der Erziehungstheorie im System der pädagogischen Wissenschaften zugrunde. Die Erziehungsmethodologie hat ihren Platz an den Schulen verloren. Ost-Lehrer schrecken davor zurück, sich der "Pädagogik" noch anzunehmen, weil sie befürchten, den zu DDR-Zeiten üblichen Begriff synonym zu sozialistischer Erziehung zu verwenden. Jawohl, und das müssten sie auch tun. Weil es eben keine andere gesellschaftlich bewusste Erziehung des Menschen (als gesellschaftlichem Wesen) geben könnte als eine sozialistische. Die in den Bildungsbehörden sitzenden und im "Wende"- Schlamm empor gestiegenen Amtsinhaber entblöden sich nicht, den Schulleitern und Lehrern dringende erzieherische Warnungen auszusprechen: Mit der Erziehung in der Schule sei es jetzt vorbei, diese totalitäre Unart ein für allemal abgeschafft! Das Kind komme zum Lernen in die Schule und sonst gar nichts. Einige wenige schlaglichtartige Untersuchungen belegten allerdings ein deutlich höheres Bildungsniveau von DDR-Schülern als in Westdeutschland.

Erwähnt sei kurz, dass das umfassende Lehrerstudium im Sozialismus den oben genannten Forderungen des Bildungsforschers voll entsprach. Die sozialistische Schule war bis 1989 Lichtjahre vom heutigen Stand entfernt. Bereits 1946 führte die Sowjetische Besatzungszone die reale "Gesamtschule" ein.

Der moderne, allmählich festgefrorene Revisionismus führte allerdings auch hier aufs tote Gleis. Gerade in der Pädagogik zog das Zurückdrängen des Klassenbewusstseins während der Nach-Stalin-Ära schwerwiegende Aufweichungserscheinungen des Sozialismus nach sich. Das Gesellschaftsverständnis wurde geschwächt, was die revolutionäre, wissenschaftliche Weiterentwicklung der Methodologie verkümmern ließ. ("Nicht konsequent erfüllt wurde Renneberg zufolge die Forderung nach Erziehung zum funktionalen Denken im gesamten Unterricht."1964, S. 760)(29) Deren verlangsamte materialistisch-dialektische, revolutionäre Reifung unter Bedingungen des veränderten und verschärften Klassenkampfes der siebziger und achtziger Jahre begleitete den historischen Rückschlag. Schematisches Denken griff um sich. Die sozialistischen Persönlichkeiten, welche die Führung einer marxistisch-leninistischen Partei hätten gewährleisten können und sich nicht erst 1989 der Konterrevolution entgegengestellt, sondern deren Stärkung ihrerseits verhindert hätten, fehlten.

Schließen wir mit etwas, das vor gar nicht langer Zeit Wirklichkeit war - der Schulordnung der DDR(30). Dort wird neben demokratischen und anderen Regeln festgelegt: Der Direktor "gewährleistet eine schöpferische, offene und kritische Atmosphäre, die Auswertung und Verbreitung der fortgeschrittensten Erfahrungen der Pädagogen, das einheitliche Vorgehen des Pädagogenkollektivs. Der Direktor fördert die gegenseitige Hilfe, ein vielseitiges geistig-kulturelles Leben und die Initiative aller an der Bildung und Erziehung beteiligten Kräfte..." Diese Normen beherrschten den Alltag, was ich anhand eigner Erfahrung gern bestätige.

Thomas Waldeck, Cottbus


Anmerkungen

(1) Einen Zusammenhang zwischen den tatsächlichne Aufgaben bei der Organisation der Arbeit des Volks und dem Unterricht gab es in der kapitalistischen Gesellschaft nicht. Der Unterricht bekam einen toten, scholastischen, routinemäßigen Charakter...." Lenin, Werke Bd.30, S. 368.

(2) "Beratung als Aufgabe aller Lehrkräfte lt. Erlass vom 8.12.1997. Für die Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer in Nordrhein-Westfalen gilt folgende Definition", www.lernline.de

(3) (ebd.)

(4) Napola - "Nationalpolitische Erziehungsanstalt" der Faschisten

(5) (siehe: Bernd John, Tendenzen der Entwicklung des Schulwesens in der BRD, vergl. Pädagogik.25, 1989)

(6) "Lehrerbildung - Wie sie sein sollte und fallweise schon ist - Ein Vorschlag aus der Sicht eines praxisorientierten Theoretikers", Dr. Michael A. Anton, Ltd. Akad. Dir. LMU München

(7) Hamburger Abendblatt, www.abendblatt.de, 20.01.2009

(8) www.tagesspiegel.de/berlin/Privatschulen-Bildungswesen

(9) www.abendblatt.de, 30.12.2008

(10) www.tagesspiegel.de/berlin/Privatschulen-Bildungswesen, 19.09.2008

(11) Makarenko, Werke Bd. 7, 309

(12) www.mediengewalt.de, Die Zeit, 20/2002

(13) www.jobber.de

(14) Bundeskriminalamt

(15) www.cdu-fraktion-rlp.de

(16) "Gewalt in der Schule - importiert oder selbstproduziert?" Ulrich Meier und Klaus-Jürgen Tillmann, Praxis in der Kinderpsychologie und Kinderpsychatrie, 49.Jg., Heft 1/2000, S. 36-52

(17) http://tlv.de/354.html (2007)

(18) ebd., Thüringer Allgemeine, 12/06 2007

(19) ebd., Ostthüringer Zeitung, 06/04 2006

(20) "Gewalt in der Schule - Erscheinungsformen, Ursachen, Präventionsansätze", Prof. Dr. Klaus-Jürgen Tillmann, Universität Bielefeld

(21) www.cdu-fraktion-rlp.de

(22) 5. Sept. 2006, www.paradisi.de

(23) Hier tritt Brandenburg besonders hervor. Im Zuge eines Coups der Frau Birthler (in den Neunzigern Brandenburger Bildungsministerin - was kein Scherz ist) wurden alle Lehrer mehr oder minder mit Arbeitsplatzverlust-Drohung um Gehaltseinschnitte bis zur Hälfte erpresst. Im Ergebnis nicht erfolgter Personalplanungen müssen Lehrer heute oft Arbeits- und Wohnort wechseln oder werden ohne jede Vorbereitung etwa an Gymnasien oder Geistig-Behinderten-Einrichtungen eingesetzt. 2004 enthüllte eine Studie, dass 33 % der Brandenburger Lehrer am "Burn-Out-Syndrom" leiden.

(24) ifom.mywoman.at/stories

(25) www.cdu-fraktion-rlp.de

(26) "Lehrplan und Lehrplanerarbeitung, Schulbuchentwicklung und -verwendung in der DDR" Peter Borneleit

(27) ebd.

(28) Eine aktuelle Studie der FU Berlin behauptet, dass bayrische Schüler am besten über die DDR informiert seien. Das liegt nahe, weil bei ihnen die Welle von Fälschungen eher verfängt als bei Schülern, deren Eltern auskunftsfähig sind.

(29) Zum Lehrplanwerk des Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts für die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule vom Jahre 1959 und die Lehrpläne für die Erweiterte Oberschulen von 1960 und 1961: "Lehrplan und Lehrplanerarbeitung, Schulbuchentwicklung und -verwendung in der DDR" Peter Borneleit, S. 139

(30) Verordung über die Sicherung einer festen Ordnung an den allgemeinbildenden Schulen - Schulordnung - vom 20. Oktober 1967 (GBl. II Nr. 111 S. 769)

Raute

KOMMUNISTISCHE INITIATIVE

Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative: Kämpfen wir gemeinsam für die Einheit der Kommunisten!

Zum Beschluss des DKP-Parteivorstands, die DKP-Mitgliedschaft mit der Unterstützung der KI für unvereinbar zu erklären

Es ist noch nicht einmal ein Jahr vergangen, seit wir mit unserem Aufruf zur Schaffung einer "Kommunistischen Initiative" an die Öffentlichkeit gingen. In unserem Aufruf hieß es u.a.: "Die Widersprüchlichkeit der Situation der kommunistischen Bewegung in Deutschland zeigt sich immer zugespitzter. Auf der einen Seite wird die Notwendigkeit einer einheitlichen, marxistisch-leninistischen Kommunistischen Partei immer deutlicher; auf der anderen Seite hält der Niedergang der kommunistischen Bewegung in Deutschland an. Sie ist zersplittert, in verschiedene Parteien, Organisationen, Projekte gespalten. Politisch in ihr dominant sind nach wie vor unterschiedlichste revisionistische Konzeptionen. Verschiedene Versuche, in den letzten Jahren zu mehr Einheitlichkeit unter den zersplitterten Kommunisten zu kommen, sind kläglich gescheitert, weil sie über keine klare, marxistisch-leninistische Basis und damit auch keinerlei strategische Konzeption verfügten. Tatsache ist: verantwortlich für die anhaltende Zersplitterung, Schwäche sowie den schleichenden Niedergang der kommunistischen Bewegung (nicht nur) in Deutschland ist der Revisionismus, d.h. die Erosion der politisch-ideologischen wie auch organisatorischen Grundlagen des wissenschaftlichen Sozialismus und damit der Kommunistischen Partei. Gleichzeitig wird jedoch der Wunsch nach Einheit unter den Kommunisten stärker. Die Erfahrungen wie auch die vorhin kurz skizzierte Lage der kommunistischen Bewegung in Deutschland machen es jedoch unrealistisch, darauf zu hoffen, dass eine solche Einheit von den Organisationen herbeigeführt, getragen und umgesetzt wird. (...)

Wir wenden uns daher an alle in Deutschland, die sich als Kommunisten verstehen - ob organisiert, unorganisiert oder nicht mehr organisiert - sowie an alle - besonders junge Arbeiter, Schüler und Studenten -, die nach einem revolutionären Bruch mit dem imperialistischen System streben: diskutiert die Lage! Nehmt Kontakt zum Koordinierungsgremium der Kommunistischen Initiative auf! Propagiert und schafft gemeinsam mit uns eine Kommunistische Initiative, die willens und in der Lage ist, in einem längerfristigen Prozess die Bedingungen für die Formierung einer einheitlichen marxistisch-leninistischen Partei in Deutschland zu schaffen!"

Damit war von Beginn an klar, dass die Kommunistische Initiative (KI) keinerlei Zusammenschluss (auch nicht verkappter!) von kommunistischen Parteien, Organisationen, Zeitschriften oder Projekten ist, sondern ein freiwilliges Zusammengehen von Kommunistinnen und Kommunisten, ob organisiert, unorganisiert oder nicht-mehr-organisiert. Dem würde in logischer Konsequenz widersprechen, wenn die Kommunistische Initiative ihre Unterstützer und Sympathisanten auffordern würde, ihre Organisationen zu verlassen. Das Gegenteil ist der Fall!

Auf dieser klaren Basis haben sich bisher Mitglieder verschiedener kommunistischer Parteien und Organisationen in der BRD, aber mindestens genau so viele Unorganisierte der KI als Unterstützer und Sympathisanten angeschlossen. Zudem gibt es eine wachsende Zahl von Interessierten. Dieser Prozess ist bereits stärker und dynamischer, als wir es bei der Veröffentlichung unseres Aufrufs eingeschätzt hatten. Auch ist festzustellen, dass über die KI und ihre Ziele an der Basis breit diskutiert wird. Dies hat es uns erlaubt, erste organisatorische Basisstrukturen (so in Thüringen, Berlin, Cottbus und Dresden) aufzubauen oder in anderen Regionen dieses vorzubereiten. Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Wochen und Monaten noch deutlich intensivieren.

Jetzt hat der Parteivorstand der DKP auf seiner 7. Parteivorstandstagung am 11./12. Juli 2009 in Essen beschlossen, dass "die Unterstützung der 'Kommunistischen Initiative' mit der Politik und dem Statut der DKP nicht vereinbar" sei: "Deshalb ist eine Unterstützung der 'Kommunistischen Initiative' und die Mitgliedschaft in der DKP nicht vereinbar."

Interessant erscheinen an diesem Beschluss verschiedene Aspekte. Zum einen wird die KI vom DKP-Parteivorstand als so wichtig eingeschätzt, dass dieser sich jetzt gezwungen sah, einen "Unvereinbarkeitsbeschluss" zu fassen. Richtig ist, dass eine wachsende Zahl von DKP-Mitgliedern entweder die KI bereits unterstützt oder aber an ihr interessiert ist. Verschiedene Elemente der Wortwahl des DKP-Parteivorstandsbeschlusses erinnern frappierend an einen diffamierenden Artikel des "Rotfuchs"-Chefredakteurs Klaus Steiniger. So wurde u.a. wahrheitswidrig der KI unterstellt, sie würde andere Organisationen, hier die DKP, als "Steinbruch" nutzen wollen. In der Wochenzeitung der DKP, "unsere zeit", die am 17. Juli 2009 auf Seite 1 über die besagte Parteivorstandstagung berichtete, verknüpft der Autor des Artikels in einem Satzungetüm u.a. den Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die KI mit der vom Parteivorstand ebenfalls ganz offiziell verabschiedeten scharfen Abmahnung der eigenen Genossen aus Sachsen-Anhalt; diese hatten es gewagt, auf ihrer Landesmitgliederversammlung einen Beschluss zu fassen (und diese später zu veröffentlichen), in dem die Parteiführung für ihre Positionierung zu den Europawahlen kritisiert werden. Die KI hat diesen Beschluss der Genossinnen und Genossen aus Sachsen-Anhalt auf der KI-Homepage veröffentlicht (www.kommunistische-initiative.de).

Es bleibt abzuwarten, was jetzt in der DKP passieren wird. Wird der "Unvereinbarkeitsbeschluss" zum Knüppel gegen die vielen kritischen DKP-Mitglieder, die den Kurs ihrer Partei mit zunehmender Sorge betrachten? Wie werden diese Genossinnen und Genossen nun reagieren? Wird die DKP jetzt Kommunisten ausschließen? Wie werden sich alle diese möglichen Entwicklungen auf die weitere politische, ideologische und organisatorische Entwicklung der DKP auswirken?

Wir werden all das schon sehr bald sehen. Wir lassen uns jedoch nicht von unserem Kurs abbringen und freuen uns über jeden Genossen, jede Genossin aus der DKP, die nach ihren Möglichkeiten unser Ziel der Einheit der Marxisten-Leninisten in der BRD unterstützen. Diese wachsende Einheit ist nötig gegen die immer aggressiver werdende imperialistische Barbarei. Diese Einheit, die auf marxistisch-leninistischer Klarheit fußen muss, ist die notwendige Basis für die längerfristig zu formierende einheitliche, marxistisch-leninistische Kommunistische Partei in der BRD!

Kämpfen wir also gemeinsam für die Einheit der Kommunistinnen und Kommunisten in der BRD!

"Kommunistische Initiative in Deutschland", Vorläufiges Organisationskomitee (VOK) Berlin, den 8. August 2009

Raute

POLITISCHE ÖKONOMIE DES SOZIALISMUS

Wolfgang Hoss: Ein marxistisches Sozialismusmodell für das 21. Jahrhundert. Ein Überblick.

Aufhebung der Warenproduktion als Lösung des Wachstumsproblems, des Hungerproblems und des Problems der Überproduktionskrisen.

Im Gegensatz zu Marx und Engels verfügen wir heute über einen großen Fundus praktischer Erfahrungen die der Sozialismusversuch in der Sowjetunion und den anderen ehemaligen Ostblockländern mit sich gebracht hat. Ferner wissen wir heute wie sich die Wirtschaftssysteme nach Marxens Tod weiterentwickelt haben, wir wissen heute unter anderem, wie sich das exponentielle Wachstum der Warenproduktion in den letzten 100 Jahren auf die Ökosysteme vieler Regionen der Erde und auf das Weltklima ausgewirkt hat, wir wissen, daß das exponentielle Wachstum der Warenproduktion und des Kapitals in der Lage ist unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu untergraben, was zu Marxens Lebenszeit nicht vorhersehbar war. Im Bericht des Worldwatch-Institute zur Lage der Welt 1999 findet man unter anderem folgende Einschätzung:

"Wir treten also in ein neues Jahrhundert ein mit einer Wirtschaft, die uns nicht dahin bringen kann, wohin wir wollen. Die Herausforderung besteht darin, eine neue Ökonomie zu entwerfen und aufzubauen, die den menschlichen Fortschritt tragen kann, ohne die Lebensgrundlage zu zerstören - und die allen ein besseres Leben ermöglicht." (Vorwort im Bericht des Worldwatch Institutes zur Lage der Welt 1999).

Ähnlich äußerte sich auch Donella Meadows: "Eine neue Ökonomie würde nicht blindlings jedem Wachstum um jeden Preis hinterherjagen. Sie würde erkennen, dass andauerndes Wachstum auf einem begrenzten Planeten unmöglich ist und dass sie, wenn sie langfristig angelegt sein will, das Konzept des Genug verinnerlichen muss." (Donella Meadows)

Auch eine Einschätzung des Mikropaläontologen Professor Thierstein (Departement Erdwissenschaften der ETH Zürich) geht offenbar in die gleiche Richtung: "Wichtigste Herausforderung: Wachstumsraten senken. Das Bild, das sich aus Untersuchungen von Umweltveränderungen in der Vergangenheit ergibt, ist sicher dominiert von der Tatsache, dass die irdische Biosphäre in den vergangenen 4000 Millionen Jahren sich entwickelt und überlebt hat. Nicht zu übersehen sind jedoch auch die sich häufenden Anzeichen und Daten, welche zeigen, dass die Umwelt und die Lebewesen starken und zum Teil rasch abgelaufenen Veränderungen ausgesetzt gewesen sind. Vieles, was uns aus der kurzzeitigen Perspektive überlieferter menschlicher Erfahrung als gleichbleibend und stabil erscheint, hat sich in der Vergangenheit gelegentlich auch durch natürliche Prozesse in schneller und dramatischer Weise verändert. Des Menschen Einflussnahme auf die globale Umwelt droht jedoch die grössten vergangenen Ereignisse um ein Mehrfaches zu übertreffen. Um diese Einflussnahme zu verringern, scheint es dringend notwendig, von den exponentiellen zu linearen Wachstumsraten überzugehen und diese dann graduell zu verringern." (Hans, R. Thierstein in: "Umweltveränderungen vergangener Zeiten")

Einer Studie, an der einige Ökonomen aus Berlin beteiligt waren, lag die gleiche Einschätzung zugrunde. Allgemeine Aufgabenstellung dieser Studie war die Suche nach neuen ökonomischen Grundprinzipien die ein nachhaltiges Wachstum der Weltproduktion und eine solidarische Verteilung des Reichtums in der Welt möglich machen können. Speziell beschäftigten wir uns mit drei Hauptformen von Krisen in der spätkapitalistischen Entwicklungsphase:

1. Langwellige Überproduktionskrisen

2. Permanente Entwicklungsdifferenzenkrise und das Hungerproblem in der Dritten Welt

3. Überwachstumskrise bzw. das Problem des exponentiellen Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums.

Nach unserer Einschätzung führt die seit Mitte der 70-iger Jahren andauernde langwellige Überproduktionkrise, die heute offenbar vor ihr Absturzphase steht, zu einer drastischen Zunahme der Not von Millionen Menschen. Die ständige Entwicklungsdifferenzenkrise ist die Hauptursache des Hungers und der Armut von Milliarden Menschen. Und die Überwachstumskrise untergräbt die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit. Die bedrohlichste Krise des spätkapitalistischen Systems in der langen Frist ist die globale Überwachstumskrise, aber auch die langwellige Überproduktionskrise und die Entwicklungsdifferenzenkrise treiben heute Millionen Menschen ins Elend und in den Tod.

Die hauptsächlichen Resultate unserer Suche nach Lösungen dieser drei zusammenhängenden Probleme auf der Grundlage einer neuen Ökonomie und einer neuen sozialen Ordnung werden im folgenden zusammengefaßt erläutert.

Das Scheitern des Sozialismusversuchs in den leninistischen Ländern ist ein untrügliches Zeichen für fundamentale Widersprüche im damals praktizierten System der zentralen Planwirtschaft. Insbesondere beim Vergleich der beiden deutschen Staaten kommt man nicht umhin festzustellen, daß die spontanen Regelmechanismen der kapitalistischen Marktwirtschaft in der BRD zu höherer Arbeitsproduktivität geführt haben, als die in der DDR angewandten Methoden der zentralen Planung. Aber auch in den auf Privateigentum gegründeten Marktwirtschaften türmen sich Großprobleme wie Überproduktionskrisen, wachsende Kluft zwischen Armen und Reichen, Raubbau in der Land- und Forstwirtschaft und der Fischerei, Hungersnöte und soziales Chaos in Entwicklungsländern, Zerstörungen natürlicher Lebensgrundlagen durch wirtschaftliches Überwachstum. Die Grundwidersprüche der alten, der kapitalistischen Produktionsweise verschärfen sich offenbar tatsächlich in ihrer späten Entwicklungsphase und bestätigen damit Marxens Voraussage.

Wie aber können diese Probleme gelöst werden?

Da man in der Sowjetunion und anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks die Warenproduktion als Grundlage der sozialistischen Produktion deklariert hatte - die Kennziffer Steigerung der Warenproduktion war z.B. in der DDR eine der wichtigsten Kennziffern für die Jahresendprämie der VEB-Betriebe - kommt man an sich nicht umhin festzustellen, daß die Sozialismustheorie von Marx und Engels in diesen Ländern, nach einigen anfänglichen anderweitigen Versuchen, im grundsätzlichen aufgegeben wurde. Wer aber hat sich in diesem Punkt geirrt, Marx und Engels oder die Theoretiker des letzten Sozialismusversuchs? Jedenfalls stellt die Entscheidung für die Warenproduktion als Grundlage der sozialistischen Wirtschaft eine radikale Revision des Marxismus bzw. eine grundlegende Verfälschung der marxistischen Sozialismustheorie dar. Die Aussagen von Marx und Engels in dieser Hinsicht sind eindeutig: "Mit der Besitzergreifung der Produktionsmittel durch die Gesellschaft ist die Warenproduktion beseitigt ... " (Friedrich Engels, MEW Bd.19, S.226)

"Innerhalb der genossenschaftlichen, auf Gemeingut an den Produktionsmitteln gegründeten Gesellschaft tauschen die Produzenten ihre Produkte nicht aus, ..." (Karl Marx, MEW Bd.19, S.19).

"Gebrauchsgegenstände werden überhaupt nur Waren, weil sie Produkte voneinander unabhängig betriebener Privatarbeiten sind." (Karl Marx, Das Kapital, Erster Band, S. 87).

Warum aber haben die Versuche im 20. Jahrhundert, insbesondere in der Sowjetunion, die Warenproduktion aufzuheben und durch eine neue produktivere Produktionsweise zu ersetzen, damals zum Mißerfolg geführt?

Zur Annäherung an die Lösung des Problems kann man zunächst die Frage stellen, was die wesentlichen Unterschiede zwischen der Warenproduktion und der sozialistischen Nichtwarenproduktion sind bzw. sein müßten. Es hat sich m.E. gezeigt, daß durch die Antwort, daß die Warenproduktion aufgehoben wird, indem das Privateigentum durch gesellschaftliches Eigentum an den Produktionsmitteln ersetzt wird, noch lange nicht die Frage beantwortet ist, welche ökonomischen Prinzipien der neuen Produktionsweise zugrunde liegen sollen. Ungeklärt bleiben damit insbesondere die Fragen, wie nach der Aufhebung der Warenproduktion und des Wertgesetzes die Preisbildung im neuen ökonomischen System funktionieren soll, durch welches Ziel das Gewinnziel der Unternehmen ersetzt werden soll, und wie die Verteilung der Güter ohne den Warenaustausch organisiert werden soll. Es müssen unseres Erachtens vornehmlich vier Prinzipien durch die Sozialismustheorie beschrieben werden, erstens, die Prinzipien der Wert- und Preisbildung im Sozialismus, zweitens, die Prinzipien, die eine höhere Arbeitsproduktivität und eine bessere Motivation für hohe Leistungen der Unternehmen möglich machen, drittens, die Prinzipien der Verteilung des Einkommens, die sich von der alten Verteilung, also von der Aufteilung in Lohn und Gewinn generell unterscheiden, und viertens, die Rolle von Markt und Plan im Sozialismus, einschließlich des Prinzips der Planung eines nachhaltigen gesamtwirtschaftlichen Wirtschaftswachstums.

Eine Lösung des Wert- und Preisbildungsproblems in der nicht auf Warenproduktion gegründeten sozialistischen Wirtschaft der Zukunft wäre unseres Erachtens die folgende.

Wenn erstens, auf die betrieblichen Kosten CK nur noch ein Steuer- und Abgabenaufschlag ST erhoben wird, so daß für den Wert des Produkts die Formel Y=CK+ST gilt, und wenn zweitens, der Staat den Steuer- und Abgabenaufschlag so festlegt, daß alle Ausgaben der öffentlichen Haushalte und der sozialen Sicherungssysteme ersetzt werden können, wozu benötigt dann eine solidarische auf Arbeitseinkommen festgelegte Gesellschaft den Gewinn? Alle gesellschaftlich notwendigen Aufwendungen können in diesem Fall durch den Verkauf der Produkte zum Preis Y=CK+ST regelmäßig ersetzt werden. Waren die Kosten des Unternehmenssektors einer Volkswirtschaft z.B. CK=3000Mrd.€ und die Kosten des öffentlichen Sektors und der sozialen Sicherungssysteme ST=1000 Mrd.€, dann berechnet sich der Aufschlagsatz auf die Kosten zu st'=ST/CK=1000/3000=0,3333=33,33%. Stellt ein Unternehmen ein Produkt mit den betrieblichen Kosten von z.B. CK=9 €/Stck her, dann kann festgelegt werden, daß zur Preisbestimmung ein Kostenaufschlag von 33,33%, also im Beispiel im Betrag von ST=9•0,3333=3€/Stck angerechnet werden muß. Die individuellen betrieblichen Kosten und ein administrativ vorgegebener Aufschlagsatz bestimmen dann den Preis, und nichts sonst weiter. Steigen die Kosten zum Beispiel auf CK=12€/Stck, dann steigt der Aufschlag auf ST=12•0,3333=4€/Stck. Der Steueraufschlag ST steigt also in diesem System, wenn die Kosten steigen. Wäre er Gewinn, dann wäre der Betrieb mit den höchsten Kosten der erfolgreichste, nach dem Motto: um so fauler das Betriebskollektiv um so höher die Kosten und um so höher der Gewinn. Ziel in der sozialistischen Wirtschaft wäre es dann mit möglichst hohen Kosten zu produzieren. Der Widersinn des Profitziels auf Grundlage dieser Preisbildung ist also offensichtlich. Wenn aber kein Profit erwartet wird und prinzipiell im Preis nicht mehr enthalten ist, und wenn der Profit nicht mehr Maß der betrieblichen Leistung ist, dann verschwindet das "Paradoxon" schlagartig - man verkauft die Produkte dann einfach nur zu ihrem gesellschaftlichen Kostenpreis. Ein Produkt, welches den Hersteller und die Gesellschaft mehr kostet als ein anderes, wird zu einem höheren Preis verkauft. Die Information, die der Preis darstellt, ist dann eine sehr direkte und zweckmäßige. Ein niedrigerer Preis zeigt dann an, daß das Produkt mit geringerem Aufwand hergestellt wurde, und ein höherer Preis zeigt den höheren Aufwand an. Der Käufer wählt das gleiche Produkt mit dem niedrigeren Preis und damit das Produkt, welches mit dem geringsten Aufwand hergestellt wurde.

Auf diese Weise wäre unseres Erachtens eine praktikable und ökonomisch vorteilhafte Preisbildung ohne Gewinnaufschlag und ohne das Wertgesetz der Warenwirtschaft möglich. Die Aufteilung des produzierten Einkommens in Lohn und Gewinn würde aufgehoben werden und damit würde der Weg für eine solidarische Verteilung frei gemacht werden.

Aber durch welche Umstände würden auf Basis des gesellschaftlichen Eigentums der Warenaustausch und die Warenproduktion aufgehoben werden? Allein der Hinweis auf einen Ersatz des Privateigentums durch das gesellschaftliche Eigentum erklärt die Sache noch nicht.

Zunächst steht uns Marxens Definition zur Verfügung, daß Waren Produkte sind, die für den Austausch produziert werden. Aber was muß sich ändern, damit die Produkte der sozialistischen Unternehmen nicht mehr für den Austausch produziert werden?

Wenn alle sozialistischen Unternehmen ihre Produkte vollständig in einen Fonds des Volkes bzw. in einen großen Gemeinschaftsfonds liefern würden, und wenn die Produkte der sozialistischen Unternehmen damit zunächst in Volkseigentum verwandelt werden würden, ebenso die Einnahmen aus dem Verkauf aller Produkte, dann würden die Unternehmen ihre Produkte nicht mehr für den Austausch produzieren, sondern eben für die Lieferung in einen Fonds des Volkes. Nach dem Verkauf der volkseigenen Produkte und der zunächst vollständigen Konzentration der finanziellen Mittel in den Händen einer staatlichen Zentrale könnte jeder sozialistischen Unternehmensvereinigung VSU (sozialistischer Konzern oder sozialistische Genossenschaftsvereinigung) nach einem volkswirtschaftlichen Plan jederzeit soviel Geld für Produktionsmittelkäufe und Löhne zugeteilt werden, daß alle nötigen Produktionsmittel gekauft und hinreichende Löhne gezahlt werden könnten. Es würde damit eine neues Verteilungssystem eingeführt werden, das eine solidarische und ökonomisch vorteilhafte Verteilung nach einem volkswirtschaftlichen Plan möglich macht, die mit dem Warenaustausch bzw. mit der Verteilung in der Warenwirtschaft bzw. mit der kapitalistischen Aufteilung des Einkommens in Lohn und Profit nichts mehr zu tun hätte. Das Prinzip der Verteilung wäre ein ähnliches wie im Urkommunismus, d.h. alle Produkte der Gemeinschaft würden zunächst in einen großen Topf des Volkes geliefert und danach nach gesellschaftlichen Übereinkünften und damit nach einem gemeinschaftlichen Plan aufgeteilt bzw. zugeteilt werden, nur eben, im Gegensatz zum Urkommunismus, zunächst in Geldform und nicht sofort in Naturalform. Es würde also zunächst Geld zugeteilt werden, und danach würden die Unternehmen und Haushalte dem gesellschaftlichen Fonds Naturalien nach ihrer freien Wahl im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten entnehmen, d.h. auf dem Markt kaufen. Alle Unternehmen könnten in einem solchen Geldzuteilungssystem aus dem großen Topf des Volkes jederzeit mit den nötigen finanziellen Mitteln versorgt werden, so daß Bankrotte und Massenarbeitslosigkeit jederzeit verhindert werden könnten. In einem solchen System der Produktion der Produkte für die ganze Gemeinschaft anstelle der Produktion für den Austausch durch einzelne Unternehmen, sowie der Verteilung nach gemeinschaftlichen Übereinkünften anstelle der Verteilung über Kapitalbesitz und Gewinn, könnte die heutige Verteilungsweise, die auf der einen Seite Hungernde und Verhungernde auf der anderen Seite Multimillionäre und Milliardäre hervorgebracht hat, überwunden werden.

Das oben kurz beschriebene System der Geldverteilung kann man Globalzuteilungssystem GZS nennen. Nach dem ersten Grundsatz des Systems geben die Produktionsbetriebe ihre gesamten Einnahmen aus Produktverkäufen an den Staat ab. Die Betriebe erhalten ihre finanziellen Mittel für Produktionsmittelkäufe und Löhne damit nicht mehr durch Einnahmen aus Produktverkäufen, sondern durch planmäßige Zuteilungen aus dem Fonds ihrer Unternehmensvereinigung VSU (sozialistischer Konzern, Kombinat, Genossenschaftsvereinigung), und die VSU ihrerseits erhält ihre finanziellen Mittel durch Zuteilungen aus einem staatlichen Fonds nach einem volkswirtschaftlichen Plan. Aber, und das ist entscheidend, die Gelder werden den Unternehmensvereinigungen nicht mit staatlichen Planvorgaben zu ihren Produktionsprogrammen zur Verfügung gestellt, sondern nur mit der allgemeinen Maßgabe, daß das Grundziel ihrer Produktion die Befriedigung der zahlungsfähigen Nachfrage auf dem Markt nach eigenständiger Marktforschung und eigenen Entscheidungen sein muß. Die Regelmechanismen des Marktes könnten auf diese Weise auch weiterhin voll genutzt werden, dies allerdings nur im Rahmen der Globalzuteilungen nach dem Volkswirtschaftsplan.

Die sozialistischen Konzerne und ihre Betriebe würden als freie, sich selbst verwaltende Wirtschaftseinheiten konstituiert werden, die frei über die Produktionsmittel und die zugeteilten finanziellen Mittel verfügen, und die über ihre Produktionspläne unabhängig vom Staat entscheiden können. Das allgemeine Ziel "Befriedigung der Nachfrage auf dem Markt" würde ihnen allerdings als gesellschaftliche Pflicht vorgegeben, und sie könnten letztlich nur diejenigen finanziellen Mittel verausgaben, die ihnen als Globalsummen durch den Volkswirtschaftsplan zugeteilt wurden.

Im Zuge der Globalzuteilung an die sozialistische Unternehmensvereinigung VSU sollte durch die staatliche Plankommission nur vorgegeben werden, welcher Teil für Löhne und Gehälter und welcher für Produktionsmittelkäufe verwendet werden muß. Über alle anderen Verwendungspositionen sollten die Vereinigungen sozialistischer Unternehmen eigenständig und eigenverantwortlich und damit unabhängig vom Staat entscheiden, also z.B. auch über Investitionen in bestimmte Produktionslinien und Projekte. Dem Staat hingegen würde das Recht der Einflußnahme auf die Naturalpläne der Betriebe, auf die Verwendung der finanziellen Mittel der Unternehmensvereinigungen im einzelnen, sowie das Recht der Produktionsleitung prinzipiell entzogen werden. Er würde sich vielmehr auf die Planung des Gesamtprodukts der sozialistischen Wirtschaft im reinen Geldbetrag auf Basis der globalen planmäßigen Verteilung der Finanzen konzentrieren (vgl. Wolfgang Hoss, "Modell einer sozialistischen Marktwirtschaft", Norderstedt Deutschland 2006, Abschnitte 3.2 und 3.8 und 4.3).

Vor der Zuteilung der Globalsumme an das Kombinat ermitteln dessen Betriebe zunächst den zur Befriedigung der prognostizierten Nachfrage voraussichtlich erforderlichen Finanzbedarf für Produktionsmittelkäufe und Löhne, das Kombinat beziffert dann den Gesamtfinanzbedarf und beantragt bei der staatlichen Plankommission eine Zuteilung in dieser Höhe, und die staatliche Plankommission gleicht danach die tatsächlichen Zuteilungen an die Kombinate so ab, daß die geplante volkswirtschaftliche Gesamtausgabensumme nicht überschritten wird.

Die monetären Rahmenbedingungen, insbesondere die Grobverteilung der Finanzen, würden im Globalzuteilungssystem also im volkswirtschaftlichen Maßstab geplant werden, aber die Naturalproduktionspläne würden allein durch die Nachfrage auf dem Markt bestimmt werden. Markt- und Planwirtschaft könnten auf diese Weise in Einklang gebracht werden.

Die Aufgabe des Gewinnziels der Unternehmen wäre kein ökonomischer Nachteil, sondern ein Vorteil, wenn es durch das Ziel maximale Steigerung der Arbeitsproduktivität ersetzt werden würde. Es müßte hierzu allerdings eine neue Methode zur Messung der Steigerung der betrieblichen Arbeitsproduktivität eingeführt werden. Sie könnte wie folgt funktionieren:

In einem sozialistischen Staat mit Globalgeldzuteilungssystem wäre es möglich die Geldzuteilungen der Zentrale an die sozialistischen Unternehmensvereinigungen mit der Rate der Gesamtarbeitszeit wachsen zu lassen. Zum Beispiel bei einem planmäßigen Wachstum der jährlichen Gesamtarbeitszeit im sozialistischen Unternehmenssektor von 1% könnte die Gesamtgeldzuteilung an die Unternehmensvereinigungen ebenfalls um 1%, also mit der Rate des Arbeitszeitwachstums erhöht werden. Das Verhältnis des im Jahr neu produzierten Werts bzw. des Nationaleinkommens N zur insgesamt im Jahr im Unternehmenssektor aufgewandten Arbeitszeit tn wäre damit annähernd eine Konstante. Zum Beispiel bei einen Nationaleinkommen von N=2000Mrd.€ und einem Arbeitszeitaufwand von tn=50Mrd.h wäre ein Neuwert pro Stunde von 2000Mrd.€/50Mrd.h=40€/h produziert worden (also ein durchschnittliches Stundennationaleinkommen von 40€). Der arbeitszeitbestimmte Geldwert wäre damit wG=50Mrd.h/2000Mrd.€=0,025h/€. Im Produkt eines Unternehmens im Preis von Y=150Mill.€ steckt damit die Arbeitszeit von ungefähr t=150Mill.€•0,025h/€=3,75Mill.h. Die Arbeitsproduktivität p wird üblicherweise als Verhältnis der Produktion real Yr zur aufgewandten Arbeitszeit t definiert, so daß für die Arbeitsproduktivität im Ausgangsjahr 0 die Beziehung p0=Yr0/t0 gilt. Für die Arbeitszeit gilt bei im Durchschnitt arbeitszeitbestimmten Preisen die Beziehung t=Y•wG. Damit gilt für die Arbeitsproduktivität der 0. Jahresperiode p0=Yr0/(Y0•wG). Und für die Arbeitsproduktivität des 1. Jahres gilt damit p1=Yr1/(Y1•wG). Und damit gilt für die Steigerung der Arbeitsproduktivität im neuen Jahr im Vergleich zum Vorjahr die Beziehung Ip1=p1/p0 bzw. Ip1=Yr1/(Y1•wG)/(Yr0/wG) bzw. Ip1=Yr1/Y1•Y0/Yr0. Und da im Ausgangsjahr immer Y0=Yr0 gilt und damit immer Y0/Yr0=1 ist, gilt für die Steigerung der Arbeitsproduktivität im neuen Jahr 1 im Vergleich zum Vorjahr die Beziehung Ip1=Yr1/Y1 Steigerung der Arbeitsproduktivität bei arbeitszeitbestimmten Preisen.

Wenn also der sozialistische Staat die Gesamtgeldzuteilungen etwa mit der Rate der im Jahr aufgewandten Arbeitszeit wachsen lassen würde, dann könnte die Steigerung der betrieblichen Arbeitsproduktivität einfach durch das Verhältnis der Produktion real Yr (produzierte Mengen bewertet mit rechnerisch konstant gehaltenen Preisen) zur Produktion nominal Y (produzierte Mengen bewertet mit tatsächlichen Verkaufspreisen) gemessen werden. In dieser Form wird die in den verbrauchten Produktionsmitteln steckende Arbeitszeit mitberücksichtigt. Wenn z.B. im neuen Jahr die Produktion real von Yr0=Y0=150Mill.€ um 4% auf Yr1=156Mill.€ gesteigert wurde, und wenn es dem Betriebskollektiv gelungen ist den Produktionsmittelverbrauch des Vorjahres im Betrag von Cc0=90Mill.€ im neuen Jahr auf Cc1=88Mi.€ zu senken, und wenn der eigene Arbeitszeitaufwand nicht gestiegen ist und daher die Neuwertproduktion unverändert N1=N0=60Mill.€ geblieben und damit das Jahresprodukt des Betriebes zum Preis von Y1=88+60=148Mill.€ verkauft wurde, dann hat der Betrieb die Arbeitsproduktivität auf Ip1=Yr1/Y1=156Mi.€/148Mill.€=1,054 und damit um etwa 5,4% gesteigert.

In dieser Form ist die Steigerung der Arbeitsproduktivität allgemein zwischen den Betrieben vergleichbar meßbar. Es kommt dann darauf an einen möglichst großen realen Reichtum, also zunächst insbesondere möglichst große Mengen der betrieblichen Erzeugnisse mit möglichst niedrigem nominalen Wert, also zu möglichst niedrigen Preisen und damit mit möglichst geringem Arbeitszeitaufwand zu produzieren. Die Steigerung der Arbeitsproduktivität kann damit direkt gemessen werden, so daß der Umweg über eine Steigerung des Gewinns nicht mehr nötig ist (und auch gar nicht mehr möglich ist).

Kurzgefaßt und etwas vereinfacht kann die Methode, die auf Basis der oben skizzierten neuen ökonomischen Prinzipien ein planmäßiges nachhaltiges Wachstum der Gesamtproduktion real einer Volkswirtschaft möglich machen würde, wie folgt beschrieben werden:

Für die Produktion real Yr gilt die Beziehung Yr=p•t. Hierin bezeichnet das Symbol p die Arbeitsproduktivität und das Symbol t die aufgewandte Arbeitszeit. Steigt die volkswirtschaftliche Arbeitsproduktivität in der Jahresperiode z.B. um 3% und bleibt der Gesamtarbeitszeitaufwand unverändert, dann wächst die Produktion real um 3%. Wenn hingegen die Gesamtproduktion real der Volkswirtschaft im Interesse des Umweltschutzes nicht wachsen soll, dann genügte es die Gesamtarbeitszeit um 3% zu verringern, was z.B. bei gleicher Gesamtzahl der Beschäftigten durch Arbeitszeitverkürzung pro Arbeiter um 3% möglich wäre. Durch eine mehr oder weniger große Verkürzung der Arbeitszeit könnte also das volkswirtschaftliche Produktionswachstum real planmäßig geregelt bzw. gedämpft werden.

Wenn bei einem Nullwachstum der Bevölkerung ein Nullwachstum der Produktion real durch Arbeitszeitverkürzung herbeigeführt werden würde, dann würde der produzierte Reichtum pro Kopf zwar unverändert bleiben, aber den Arbeitern und Angestellten würde damit mehr Zeit und Muße für angenehme Freizeitbeschäftigungen zur Verfügung stehen. Die produzierten Mengen würden im Mittel nicht mehr wachsen, aber die Qualität der Erzeugnisse könnte ständig weiter verbessert werden, was einer Reichtumsvergrößerung, trotz realem Nullwachstum, gleichkäme. Wenn z.B. in der Qualität immer bessere Autos produziert werden, dann vergrößert sich der produzierte Gebrauchswert und damit der wirkliche Reichtum auch dann, wenn die gleiche Menge an Autos wie in den Vorperioden produziert wurde. Quantitatives Wachstum wird in diesem Fall durch qualitatives Wachstum abgelöst.

Wenn außerdem die extremen Einkommensunterschiede zwischen der Mehrheit der Bevölkerung und den Superreichen, den Multimillionären und Milliardären, stark verringert werden würden, dann könnte in einem heute reichen Land die große Mehrheit in größerem Wohlstand leben als zuvor, trotz Nullwachstum der Produktion real.

Und die vielen Umweltschutzmaßnahmen würden nicht mehr durch das exponentielle Wachstum überkompensiert werden. Das letztlich in vieler Hinsicht hoffnungslose Anrennen gegen die "Kettenreaktion des exponentiellen Wachstums" könnte sofort planmäßig beendet werden.

Bankrotte und Massenarbeitslosigkeit würde es nicht mehr geben, da alle sozialistischen Unternehmen Mitglieder einer großen nationalen Gemeinschaft wären und aus dem großen Topf der Gemeinschaft jederzeit mit finanziellen Mitteln für die nötigen Produktionsmittelkäufe und Löhne versorgt werden könnten. Es hat sich übrigens herausgestellt, daß es bereits durch das halbherzige und bürokratische zentralstaatliche Geldzuteilungssystem der DDR möglich wurde jederzeit Massenarbeitslosigkeit zu verhindern und das Recht auf Arbeit zu garantieren. Gescheitert ist dieses System natürlich nicht am Prinzip der jederzeitigen Arbeitsplatzsicherung, sondern am Prinzip des leninistischen Staatstrusts, darunter der ökonomisch unzweckmäßigen zentralstaatlichen Naturalproduktionsplanung, die unvermeidlich zu Bürokratie und Ineffizienz in den Produktionssystemen bzw. zu vergleichsweise niedriger Arbeitsproduktivität führen mußte. Das Nachahmen der Warenproduktion auf Basis des leninistischen Staatskapitalismus führt, wie es die Erfahrung gezeigt hat, zu einem ökonomischen System mit niedriger Arbeitsproduktivität im Vergleich zu den privatkapitalistischen Systemen mit ähnlichen Ausgangsbedingungen (Vergleiche z.B. BRD und DDR). Ein neues ökonomisches System bzw. eine neue ökonomische Grundordnung kann im Kampf gegen die alte Ordnung aber letztlich nur erfolgreich sein, wenn sie die höhere Arbeitsproduktivität entwickelt, so wie dies durch Marx beobachtet und dargelegt wurde.

Sehr wahrscheinlich wird die Steigerung der Arbeitsproduktivität, oder die Verhinderung des Sinkens der Arbeitsproduktivität, im 21. Jahrhundert für den Sieg einer neuen, solidarischen und nachhaltigen Ökonomie von entscheidender Bedeutung sein. Das Versiegen der Quellen der ökonomisch und technisch günstigsten Rohstoffe und anderen natürlichen Ressourcen kann eventuell unvermeidlich zu sinkender Arbeitsproduktivität in der Weltwirtschaft führen. Auch die Ökonomie mit der höchsten Arbeitsproduktivität kann dann vielleicht eine sinkende Arbeitsproduktivität nicht verhindern, aber im produktiveren ökonomischen System sinkt die Arbeitsproduktivität langsamer (oder gar nicht), während das weniger produktive System immer weiter zurückfällt. Der Kampf um eine möglichst hohe Arbeitsproduktivität und damit der Kampf um eine möglichst hohe Produktion des Reichtums pro Stunde und pro Arbeitskraft, verliert also auch dann nicht seine zentrale Bedeutung.


Literaturhinweise

Behrens, Fritz, Ware, Wert und Wertgesetz - Kritische und selbstkritische Betrachtungen zur Werttheorie im Sozialismus, Berlin 1961
Behrens, Fritz, Franke, Albert, Domin, Ernst, Zeitsummenmethode, Berlin 1963
Blessing, Klaus, Ist sozialistischer Kapitalismus möglich?, Berlin 2003
Brie, Michael, Wer ist Eigentümer im Sozialismus?, Berlin 1990
Cockshott/Cotrell, Alernativen aus dem Rechner, Köln 2006
Crome, Erhard, Sozialismus im 21. Jahrhundert, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin, 2006
Dieterich, Heinz, Der Sozialismus des 21. Jahrhunderts, Berlin 2006
Engels, Friedrich, Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft, MEW Bd. 19, S.181-210, Dietz Berlin
Gruppe Internationale Kommunisten Hollands, Hrsg. Mergner, Gottfried, Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung, Hamburg 1971
Hoss, Wolfgang, Modell einer sozialistischen Marktwirtschaft, Norderstedt 2006
Kornai, Janos, Das sozialistische System, Baden-Baden 1995
Marx, Engels, Werke, Dietz Berlin
Marx Karl, Engels Friedrich, Manifest der Kommunistischen Partei, MEW Bd. 4, S.459-493, Dietz Berlin. (Der Text kann auch im Internet heruntergeladen werden unter dem Stichwort: "Karl Marx/Friedrich Engels - Manifest der Kommunistischen Partei" in der Google-Suchmaschine)
Matho, Fred, Ware-Geld-Beziehungen im Neuen Ökonomischen System, Lektionen der Parteihochschule Karl Marx beim ZK der SED, Berln, 1965
Moulian, Tomas, Ein Sozialismus für das 21. Jahrhundert, Zürich 2000
Müller, Horst, Sozialwirtschaft als Systemalternative, S. 254-289 in: Müller Horst, Hrsg., Das PRAXIS-Konzept im Zentrum gesellschaftskritischer Wissenschaft, BoD-Verlag Norderstedt, 2005
Nehring, Hartmut, Von vorn beginnen, aber nicht bei Null, in "Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Heft 11, 1990
Peters, Arno, Das Äquivalenzprinzip als Grundlage der Globalökonomie, Vaduz 1996
Sik, Ota, Die sozialgerechte Marktwirtschaft, Freiburg im Preisgau 1990
Steinitz, Klaus, Chancen für eine alternative Entwicklung, Linke Wirtschaftspolitik heute, Hamburg 2005
Wagenknecht, Sahra, Elsässer, Jürgen, Vorwärts und vergessen? Hamburg 1996
Wallerstein, Immanuel, Utopistik, Historische Alternativen des 21. Jahrhunderts, Wien 2002
Wenzel, Siegfried, Plan und Wirklichkeit, St. Katharinen 1998

Raute

UNSERE WISSENSCHAFTLICHE TAGUNG ZUM 60. JAHRESTAG DER GRÜNDUNG DER DDR

"...und der Zukunft zugewandt..."

Sonnabend, 10.10.2009 (Beginn: 10.00 Uhr):

0. Eröffnung und Grußworte

10.00 - 10.25 es sprechen Vertreter/innen der KPD, GRH, KPD(B), Jugendbibliothek Gera

1. Was haben wir verloren?

1.1. Die DDR:

10.25-11.10 - 1.1.1. Hermann Leihkauf(31): Gesellschaftliche Fakten zu 40 Jahren DDR
11.10-11.40 - 1.1.2. Erich Buchholz(32): Die Verfassung der DDR - Recht auf Arbeit in der DDR
11.40-12.00 - 1.1.3. Robert Medernach(33): Das Kulturland DDR
12.00-12.30 - 1.1.4. Nachfragen und Diskussion
12.30-13.30 Mittagspause

1.2. Die internationale Solidarität:

13.30-14.00 - 1.2.1. Achim Reichardt(34): Überblick über die internationale Solidaritätsarbeit der DDR
14.00-14.15 - 1.2.2. Dieter Rolle(35): Das Festival der Jugend in der DDR
14.15-14.30 - 1.2.3. Heinz Langer(36): DDR-Solidarität mit Cuba
14.30-14.45 - 1.2.4. Monika van der Meer37: DDR-Solidarität mit Vietnam
14.45-15.00 - 1.2.5. Wolfgang Herrmann(38): DDR-Solidarität mit Nicaragua
15.00-15.30 - 1.2.6. Ley Ngardigal(39) aus dem Tschad: DDR-Solidarität mit dem Tschad und den Völkern Afrikas
15.30-16.30 - 1.2.7. und 1.2.8. Wahrscheinlich jeweils ein Vertreter aus Südafrika und aus Palästina: DDR-Solidarität
mit dem Kampf gegen die rassistische Herrschaft in Südafrika und mit dem palästinensischen Befreiungskampf
16.30-17.00 - 1.2.9. Nachfragen und Diskussion
17.00-17.45 Kaffeepause

1.3. Die DDR in Europa:

17.45-18.15 - 1.3.1 Harpal Brar(40) aus Großbritannien von der CPGB-ML: Die SED und die kommunistische Bewegung in Großbritannien
18.15-18.30 - 1.3.2. Otto Bruckner(41), Kommunistische Initiative Österreich: Die DDR und die Republik Österreich, die SED und die KPÖ,
die revisionistische Entartung der KPÖ
18.30-18.45 - 1.3.3. Zbigniew Wiktor(42) von der Kommunistischen Partei Polens: Eigenständigkeit und Kooperation,
Einfluss der Parteien aufeinander, Problem der Landwirtschaft in Polen
18.45-19.15 - 1.3.4. Josef Skala(43) von der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens: Eigenständigkeit und Kooperation,
Einfluss der Parteien aufeinander, Problem der revisionistischen inneren Zersetzung/"Prager Frühling"
19.15-19.45 - 1.3.5. Tamila Jabrowa(44) aus der Ukraine: Das Verhältnis der KPdSU zur SED und dessen Bedeutung
19.45-20.15 - 1.3.6. Wahrscheinlich ein Vertreter der Kommunistischen Partei Griechenlands: KKE und SED, Solidarität u.a. im Bürgerkrieg
20.15-21.00 - 1.3.7. Nachfragen und Diskussion


*


Sonntag, 11.10.2009 (Beginn: 9.00)

2. Probleme/Ursachen für die Niederlage

09.00-09.30 - 2.1. Hans-Werner Deim(45): Die militärische Sicherheit der DDR im Kalten Krieg
09.30-10.00 - 2.2. Michael Opperskalski(46): Imperialistische Strategie, Diversion und Revisionismus
10.00-10.30 - 2.3. Dieter Itzerott(47)/Kurt Gossweiler(48) - in beider Auftrag und bei Anwesenheit von Kurt Gossweiler
vorgetragen von Frank Flegel(49): Die Geschichte der SED
10.30-11.00 - 2.4. Heinz Keßler(50): Die letzten Tage von SED und DDR
11.00-11.30 - 2.5. Dieter Hillebrenner(51): Zum "neuen Denken" über Krieg und Frieden in den 80er Jahren
11.30-12.00 - 2.6. Nachfragen und Diskussion

Mittagspause

3. Konsequenzen für die Einschätzung der Gegenwart

13.00-13.15 - 3.1. Michael Kubi(52): Resultate der Konterrevolution in Europa: ungezügelter Imperialismus.
Probleme der Imperialismusanalyse und praktische Konsequenzen
13.15-13.30 - 3.2. Frank Flegel: Antirevisionismus; oder: Klarheit vor Einheit. Überblick über die Resultate des Revisionismus,
Fragen kommunistischer Einheit
13.30-14.00 - 3.3. Michael Opperskalski: Zustand der kommunistischen Bewegung in Europa und Überblick über die aktuelle Situation in der BRD
14.00-14.30 Nachfragen und Diskussion

14.30-15.00 Kaffeepause

4. Möglichkeiten für die Zukunft

15.00-15.30 - 4.1. Thomas Waldeck(53): Grundsätzliches zur Kommunistischen Initiative in Deutschland.
Was will, was ist, was kann die Kommunistische Initiative?
15.30-15.45 - 4.2. Torsten Schöwitz(54): Standpunkt der KPD zur Kommunistischen Initiative
15.45-16.00 - 4.3. Uwe Langer(55): Standpunkt der KPD(B) zur Kommunistischen Initiative
16.00-16.15 - 4.3. Jens Focke(56): Über die propagandistischen Aufgaben der Kommunistischen Initiative
16.15-16.30 - 4.4. Martin Kober(57): Über die Regionalisierung
16.30-16.45 - 4.5. Ingo Höhmann(58): Über organisatorische Möglichkeiten
16.45-18.00 - 4.6. Diskussion, Planungen, Beschlüsse

P.S.: Die GRH hat als Unterstützerin der Veranstaltung einen Redebeitrag zugesagt, dessen Thema konnte bis zu unserem Redaktionsschluss aber noch nicht benannt werden.

Redaktion offen-siv, Hannover


Referenten

(31) Hermann Leihkauf: Diplom-Betriebswirt, Mitarbeiter im ZK der SED, Mitglied der staatlichen Plankommission der DDR

(32) Erich Buchholz: Ordinarius für Strafrecht an der Humboldt-Universität Berlin, Mitarbeiter am Rechtssystem der DDR, internationaler Experte der DDR bei UNO und anderen internationalen Konferenzen; heute als Strafverteidiger tätig, Herausgebergremium offen-siv

(33) Robert Medernach: Mitglied der Kommunistischen Partei Luxemburgs, Herausgebergremium offen-siv

(34) Achim Reichardt: 25-jährige Tätigkeit im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, seit 1982 Generalsekretär des Solidaritätskomitees der DDR

(35) Dieter Rolle: Gelernter Maschinenschlosser, FDJ-Sekretär, Studium zum Diplom-Gesellschaftswissenschafftler an der SED-Parteihochschule, seit 1994 KPD-Mitglied, seit 2007 Vorsitzender der KPD

(36) Heinz Langer: Attaché in Cuba 1964/65, DDR-Botschafter in Cuba 1975-1979 und 1983-1986, zwischendurch Leiter der Handelsmission der DDR in Rio de Janeiro

(37) Dr. phil. Monika van der Meer: 1980 bis 1990 Mitarbeiterin für Asien im Solidaritätskomitee der DDR, bis 2002 Projektmanagerin beim Solidaritätsdienst-international (SODI) für Vietnam, Laos und Kambodscha. Mitglied im Solidaritätsdienst-international e.V. (SODI)

(38) Wolfgang Herrmann: Mitglied der SED seit 1961, Funktionen in FDJ und SED, Studium der Gesellschaftswissenschaften in Moskau von 1975-1978, Berater der DDR in Nicaragua 1985-1988, heute Nicaragua-Solidarität, Vorsitzender des Nueva Nicaragua e.V.

(39) Ley Ngardigal: Vorsitzender der Action Tchadienne pour l'Unité et le Socialisme / Parti Révolutionaire Populaire et Ecologique (ACTUS/PRPE)

(40) Harpal Brar: Vorsitzender der CPGB-ML, erem. Rechtsprofessor, Herausgeber von "Lalkar", Buchautor (u.a. "Imperialismus im 21. Jahrhundert" und "Perestrojka - der endgültige Zusammenbruch des Revisionismus")

(41) Otto Bruckner: Mitglied des Parteivorstandes der KPÖ, nach Ausscheiden Mitglied der Führung der Kommunistischen Initiative Österreich

(42) Zbigniew Wiktor: Mitglied der Kommunistischen Partei Polens, Buchautor.

(43) Josef Skala: Vor der Konterrevolution Vorsitzender des Kommunistischen Jugendverbandes der CSSR, heute Mitglied der KSCM, Distrikt 1, Prag

(44) Tamila Jabrowa: Ehem. KPdSU, Herausgeberin von "Marksism i sowremennost (Marxismus und Gegenwart)

(45) Hans Werner Deim: auf der Offiziersschule 1954 in die SED eingetreten. General im Ministerium für nationale Verteidigung der DDR im Rang des "Chef operativ"

(46) Michael Opperskalski: Journalist und Buchautor, Redakteur von "GEHEIM", internationales Engagement u.a. in Angola, Ghana, Mocambique, Namibia, Südafrika sowie dem Nahen und Mittleren Osten; Mitglied des Vorläufigen Organisationskomitees der Kommunistischen Initiative, Herausgebergremium offen-siv.

(47) Dieter Itzerott: Aufbaukader und Sekretär des Zentralrats der FDJ, Abgeordneter der Volkskammer der DDR, Mitglied der Jugendkommission der SED.

(48) Kurt Gossweiler: Historiker, als junger Soldat zur Roten Armee übergelaufen, Lehrer an der sowjetischen Antifa-Schule in Tula, in der DDR Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR, Faschismus- und Revisionismusforscher; Herausgebergremium offen-siv.

(49) Frank Flegel: Redakteur der Zeitschrift offensiv, Herausgebergremium offen-siv.

(50) Heinz Keßler: Seit 1984 Minister für Nationale Verteidigung der DDR, als junger Soldat zur Roten Armee übergelaufen, Mitbegründer des Nationalkomitees Freies Deutschland, Sekretär des Zentralrats der FDJ, Beauftragter für den Aufbau der Schutz- und Sicherheitsorgane der DDR, Chef der Luftstreitkräfte; Mitglied des ZK der KPD, dann Mitglied des Politbüros des ZK der SED bis 1989.

(51) Dieter Hillebrenner: Oberst a.D. der NVA, Lehroffizier an der Militärakademie "Friedrich Engels", Leiter Lehrstuhl Wissenschaftlicher Kommunismus, Leiter Lehrstuhl Führung der Politischen Arbeit, stellvertretender Kommandeur der Sektion Gesellschaftswissenschaften für Ausbildung, Diplomhistoriker, Zusatzstudium Soziologie; seit 1956 Mitglied der SED, Mitglied der Parteikontrollkommission bei der Politischen Hauptverwaltung der NVA.

(52) Michael Kubi: Vorläufiges Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative, Herausgebergremium offen-siv, Teilnehmer unseres marxistisch-leninistischen Fernstudiums.

(53) Thomas Waldeck: FDJ, FDGB, NVA, seit 1998 Betriebsrat, seit 2000 Vorsitzender, seit 1999 Mitglied der DKP, 2004-2006 Landesvorstand Brandenburg der DKP, dann Rücktritt mit Protesterklärung, 2008 Mitbegründer der "Poetik-Initiative Menschwerdung II" in Fortführung der Erich Koehlerschen Kommunistischen Poetik. Redakteur der Zeitschrift novum, Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative.

(54) Torsten Schöwitz: Offiziersschüler der NVA, Mitglied der SED, heute Mitglied des Sekretariats des ZK der KPD, Teilnehmer unseres marxistisch-leninistischen Fernstudiums.

(55) Uwe Langer: Mit Jens Focke gleichberechtigter Vorsitzender der KPD(B)

(56) Jens Focke: Mit Uwe Langer gleichberechtigter Vorsitzender der KPD(B), Vorläufiges Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative, Herausgebergremium offen-siv

(57) Martin Kober: Gewerkschaftler, Organisationskomitee der Kommunistischen Initiative.

58 Ingo Höhmann: Offizier der NVA, Cuba-Aktivist, Venezuela-Solidarität, Mitarbeiter der "jungen Welt", Herausgebergremium offen-siv.

Raute

RESONANZ

Hans-Georg Vogl: Einfach klassisch! (zu offen-siv 3-09)

Zum Beitrag "Die Finanzkrise und die Eigentumsfrage" von Genossen Prof. Dr. Werner Roß in "offen-siv" 3-09: Einfach klassisch! Das ist das, was wir brauchen, um die Gesellschaft, in die wir mit dem Anschluss der DDR an die BRD hineingestoßen wurden, von A bis Z zu charakterisieren und zu Wertvorstellungen für eine neue und menschliche Gesellschaftsordnung zu kommen mit einer neuen kommunistischen Partei in diesem Lande.

Hans-Georg Vogl, Zwickau


*


Franz Siklosi: Neue Qualität erreicht (zu offen-siv 4-09)

Hallo Frank, ich möchte die Zeitschrift Offensiv nicht mehr beziehen und werde auch den Förderbeitrag ab September nicht mehr überweisen.

Von Anfang an habe ich die Zeitschrift bezogen, alle Ausgaben sind im Schrank geordnet abgelegt, und jeden politischen Schwenk fand meine Unterstützung. Es gab viele entscheidende Punkte - vom Kampf innerhalb der KPF und PDS, der Linkspartei und der DKP. Später Rotfuchs. Auch inhaltlich war es spannend - Ökonomie-Kritik, Taktik und Strategie der Arbeiterbewegung. Alles super! Bevor ich meine Gründe für die Einstellung meiner Unterstützung angebe, möchte ich wie du (Deine herrliche Sozialisation zu Haugs Einschätzung Lenins Empiriokritizismus) meine Sozialisation beschreiben, die zu dieser Einsicht geführt hat.

Als Junge war ich in einem katholischen Kindergarten, wo noch Nonnen, als Erzieherinnen getarnt, die Kinder quälten. Später in den ersten Klassen der Schule wurde in Religion noch jeder vorgelesen, der Sonntags nicht in der Kirche war und der Pfarrer vergab noch Backpfeifen. Für mich ist seitdem jede Art von Kirche und Religion gestorben.

Im weiteren Verlauf meines Lebens habe ich mit verschiedenen Sekten Diskussionen geführt und immer einen Unterschied zwischen der Barmherzigkeit des angeblichen Gottes und des gesellschaftlichen Verhaltens der angeblich von Gott gesandten Boten bemerkt. Für mich besitzen diese Menschen eine körperlich spürbare Falschheit. Und gesellschaftlich standen sie immer auf der Seite der Ausbeuter oder waren selbst welche. Erst mit der Aneignung der marxistischen Religionskritik konnte ich den qualitativen Sprung von der emotionalen auf die gesellschaftliche Ebene schaffen.

Meine Frau wurde in erster Ehe von ihrem Mann geschlagen und gedemütigt. Aus ihren Schilderungen wurde mir die fundamentale Bedeutung der Frauenemanzipation bewusst und nicht nur am Arbeitsplatz, sondern in allen Bereichen der Gesellschaft.

Aus diesen Gründen meiner Sozialisation ist es mir nicht möglich, dem Islam und seinen Protagonisten in irgendeiner Weise gesellschaftliches emanzipatorisches Potential zuzubilligen. Und eine Gesellschaftsform zu unterstützen, die auf den Koran aufbaut, widerspricht jeglicher marxistischer Religionskritik.

Diese Einstellung bezieht sich auf alle klerikalen Staaten. In Indien werden von Hindus Frauen verbrannt, und wären die Hindus Antiimperialisten, würde ich mich entsprechend äußern. Nun habe ich versucht, in meinem Artikel diese Auffassung marxistisch zu belegen und wurde entsprechend abgestraft.

Meine Ansicht: Eins teilt sich in Zwei, nämlich der Imperialismus und seine lumpenproletarischen Helfer, die sich nun gegenseitig bekriegen und einen gemeinsamen Kampf gegen Fortschritt, Aufklärung und Moderne führen, wurde als Unterstützung der Imperialisten angesehen. Aber schon die Debatte Islam und Emanzipation der Frau wurde in der Offensiv nie geführt, wahrscheinlich aus Rücksichtnahme auf das höhere Ziel des antiimperialistischen Kampfes gegen den Zionismus. Dies ist eine Schande!

Ging es bisher in der Offensiv um die Unterstützung der Hamas und Konsorten gegen Israel und den Imperialismus, so wird im Juli-August-Heft eine neue Qualität erreicht. Wer nicht für die Islamisten ist, ist ein Agent der USA. Der Islam ist die letzte friedensstiftende Maßnahme. Die marxistische Religionskritik gehört revidiert.

Damit ist die Katze endgültig aus dem Sack. Wer Antiimperialist ist, aber nicht nach der Scharia leben möchte, ist ein Feind. Dies schließt alle Araber aus, welche nach "westlichen" Maßstäben leben möchten. Das Primat der friedensstiftenden Religion Islam ist ein Märchen und gilt für alle Religionen. Edith David hat zwar in ihrem in der Tradition der Hermeneutik stehendem Artikel versucht, dies zu begründen, aber Hermeneutik ist kein Marxismus. Man kann nicht aus den Schriften einer Religion seine gesellschaftliche Realität ableiten. Im Koran als auch in der Bibel oder Tora steht für jeden das, was er gebrauchen kann. Man muss "hinter" die Religionen schauen, welche konkrete gesellschaftliche Macht durch welche Klassen unter dem Deckmantel der Religion besteht. Aussagen über Religion durch Religion ist wissenschaftlich nicht möglich. Deshalb auch die Revision der marxistischen Religionskritik.

Genau so ist es mit dem Begriff Islamphobie. Dieser Begriff ist ein optimales Todschlagargument, da er vulgärpsychologisiert und keine gesellschaftliche Ableitung hat. Übrigens wird dieser Begriff gerade gerne von den Islamisten benutzt, wenn Mittelalter und Moderne im Kampf liegen.

Also, ich möchte weder im Imperialismus noch in irgendwelchen vormodernen Gesellschaften leben. Für mich ist Afghanistan während der sowjetischen Unterstützung das Referenzmodell, wie Aufklärung in einem islamischen Staat möglich ist und für welches Ziel ein antiimperialistischer Kampf geführt werden sollte. Zur Frage der Religion ist meine Maxime: Religion ist eine Privatsache und darf in keinster Weise gesellschaftliche Macht durch ihre Institutionen und Organisationen besitzen.

Als Letztes: Mir kommt es so vor, als wenn vor lauter auch berechtigter Kritik ihr irgendwann die Bremse nicht mehr gefunden habt und nicht mehr das dialektische Verständnis dafür besitzt, potentielle Bündnispartner marxistisch zu analysieren. Es geht nur noch um Bündnispartner, egal wie. Wer gegen die USA ist, ist unser Freund. Bitte, nehmt mal den Gang raus und reflektiert mal euer Tun. Ansonsten kollidiert ihr, wie die RAF. Und Hermeneutik gegen Marxismus, das muss nicht sein.

Franz Siklosi, Heppenheim


Frank Flegel: Lieber Franz

Du gießt leider das Kind mit dem Bade aus. Dazu drei Anmerkungen:

1. Wir negieren keinesfalls die Marxsche Religionskritik. Die Zeitschrift offen-siv propagiert weder das Christentum noch den Islam. Allerdings untersuchen wir die Klassenfrage. Und die Klassenlinien im nahen und mittleren Osten verlaufen - völlig unabhängig davon, ob das bundesdeutschen Linken gefällt oder nicht gefällt - nicht nur, aber in großem Maße entlang religiös geprägter Bewegungen. Der soziale Gehalt interessiert, nicht die äußere Form. Oder willst Du den Kampf der unterdrückten Iren gegen die britische Okkupation und Vorherrschaft ebenfalls nicht als Klassenkampf anerkennen, weil er im katholischen Kleide daherkommt? Und wie stände es dann mit Thomas Münzer? Auch er wäre dann abzulehnen, weil er die Bauern mit der Bibel in den Kampf gegen Klerus und Adel führte.

2. Zur Frage der Emanzipation der Frau: Die sozialistische Revolution ist die Voraussetzung dafür, dass Hausarbeit und Kindererziehung als gesellschaftliche Aufgaben auch in die gesellschaftliche Verantwortung gelegt werden können und nicht den Frauen - als unrentable Bereiche für das Kapital - unentgeltlich aufgebürdet und dafür das gesamte Frauenbild auf diese Funktion zugeschnitten wurde und immer noch wird. Jeder Schritt schon hier und heute in Richtung größerer Freiheit, größerer Eigenständigkeit und breiterer Entwicklungsmöglichkeiten für die Frauen ist erstens nur durch Kampf zu haben und zweitens selbstverständlich zu begrüßen. Die Kämpfe von Hezbollah und Hamas gegen den us-amerikanischen und israelischen Imperialismus sind keine Kämpfe, die die Emanzipation der Frau als Ziel verfolgen, diese Kämpfe führen aber trotzdem zu einer Veränderung der Rolle der Frau in den betroffenen Regionen.

3. Den Vorwurf des Opportunismus uns gegenüber zu formulieren und die Anklage zu erheben, uns gehe es nur noch um Bündnispartner ("egal wie"), das kann ich, lieber Franz, nur als absurd bezeichnen. Ich möchte Dir dieses "egal wie" an dieser Stelle direkt zurückgeben. In einem Brief an mich brachtest Du als Untermauerung für Deine Einschätzung, dass der Kampf der Hamas keinerlei fortschrittliche Elemente habe, das Argument, dass in Gaza keine Frau im Bikini am Strand sitzen könne. Lieber Franz, das ist die Emanzipationsforderung "egal wie". Neben dem Zweifel, ob denn ausgerechnet der Bikini ein Symbol der Frauenbefreiung ist, möchte ich darauf hinweisen, dass es in Gaza zur Zeit andere Probleme zu lösen gilt.

Frank Flegel, Hannover


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Helmut Jaeger: Mangelnder Mut der Friedensbewegung (zu offen-siv 4-09)

In offensiv 4-09 fand ich wieder das meiste nützlich und interessant. Besonders angetan war ich jedoch vom Beitrag von Irene Eckert: "Persönliche Stellungnahme am 11.7.09". Den von ihr kritisierten mangelnden Mut der Friedensbewegung stelle auch ich generell bei der Mehrheit der Bevölkerung fest und mir scheint das alles die Folge der massiv betriebenen Meinungsmanipulation seitens der Herrschenden durch ihre willfährigen Schranzen in allen Ebenen zu sein.

Helmut Jaeger, Berlin

Raute

Beiblatt zu offen-siv 6/09

Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen!

Vor 70 Jahren begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der deutschen Nazi-Faschisten auf Polen am 1. September 1939. Dieser vom deutschen Imperialismus vom Zaum gebrochene Krieg hatte von Beginn an nicht nur den Charakter eines imperialistischen Raubkrieges, der zum Ziel hatte, eine deutsche imperialistische Vorherrschaft über andere Konkurrenten durchzusetzen; diese Stoßrichtung vermischte sich von Anfang an mit der nazi-faschistischen Ideologie und wurde daher zum so genannten "Vernichtungskrieg im Osten". Sein Kern war der aggressivste imperialistische Versuch, die Sowjetunion und den Sozialismus zu vernichten. Verbrämt wurde dieser imperialistische, nazi-faschistische Kreuzzug mit einer Herrenmenschenideologie, die in ihrer extremsten nazi-faschistischen Form eine fürchterliche Blutspur hinterließ und sich gegen alle richtete, die im Sinne der Nazi-Ideologie anders, "minderwertig" waren: Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle, Polen, Rumänen und viele andere. Damit waren die Massenmorde des faschistischen, imperialistischen Deutschland Teil der imperialistischen Konzeption geworden, mit Hilfe des Faschismus zur dominierenden imperialistischen Großmacht zu werden. Die deutschen Nazi-Faschisten konnten ihre militärischen Aggressionen jedoch erst beginnen, als im Land selber mit brutalstem Terror Friedhofsruhe durchgesetzt worden war. Die ersten Opfer der Faschisten waren die Parteien, Organisationen und Persönlichkeiten der deutschen Arbeiterbewegung, allen voran die Kommunisten. Dann richtete sich der faschistische Terror gegen alle Andersdenkenden bis tief ins bürgerlich-demokratische Lager hinein. Erst als dieser Widerstand niedergerungen schien, richtete sich der Nazi-Terror gegen alle, die von den Nazis als "Untermenschen" bezeichnet wurden, allen voran gegen die Juden und wurde zum Massenmord.

Die Hauptlast des Krieges gegen den Nazi-Faschismus trug in jeder Hinsicht die Sowjetunion. Ihre Rote Armee war es, die die Hauptrolle bei der Niederringung des deutschen Faschismus und der damit verbundenen Befreiung spielte!

Das bluttriefende nazi-faschistische Regime war jedoch in seinem Grundcharakter nichts anderes als die extremst mögliche Diktatur der Bourgeoisie. Das erklärt, warum die Nazi-Eliten nahezu bruchlos die Eliten der imperialistischen BRD wurden. Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem es kroch...

Wir haben es auch heute mit einer wachsenden faschistischen Gefahr in all ihren Facetten zu tun. Die immer aggressivere, chauvinistischere Politik des deutschen Imperialismus nach innen wie außen schafft ein gesellschaftliches Klima und dementsprechende Umständen, in dem neofaschistische, faschistische und rechtsextremistische Parteien, Organisationen und Positionen in der BRD wachsen. Gefährlich sind jedoch nicht nur die offen agierenden neofaschistischen Organisationen à la NPD oder die braunen, kahlköpfigen Schlägerbanden, sondern vor allem jene Personen und politische Kräfte bis tief ins bürgerliche Lager hinein, die extrem chauvinistische, nationalistische, reaktionäre oder neofaschistische Positionen hoffähig machen. In diesem Zusammenhang spielen gerade in den letzten Jahren so genannte "Querfronten" im intellektuellen Lager eine Rolle, deren Aufgabe es ist, eben "quer aller Fronten" Brücken zwischen neofaschistischen / extrem reaktionären Positionen und bürgerlich-liberalen bis hin zu zuweilen linken Positionen zu bilden.

Gerade deshalb erklären wir erneut in aller Deutlichkeit: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!

Den Kommunisten kommt gerade in dieser Zeit die besondere Rolle zu, dies immer wieder festzuklopfen und deshalb auch gegen jede Form von "Querfronten" - seien sie direkt oder indirekt aufgebaut - Stellung zu beziehen. Es wäre wünschenswert, wenn über die Kommunisten hinaus diese Position innerhalb der bundesdeutschen Linken ein nicht hinterfragter Konsens wäre.

Dies ist leider nicht der Fall, wie einige jüngste Beispiele belegen: Ende 2007 schaltete der Berliner Kai-Homilius-Verlag, in dem anerkannte linke Autoren publizierten und publizieren, eine Werbeanzeige im rechtsextremen Blatt "junge Freiheit". In diesem Jahr lässt das Magazin "Hintergrund" (Autoren sind u.a. linke Autoren wie Ekkehard Sieker, Helmut Lorscheid und Ronald Thoden), das sich selbst im Internet und als Print-Ausgabe zur Aufgabe gestellt, Nachrichten gegen den journalistischen "Mainstream" aus linker Perspektive zu verbreiten, einen Herrn Karl Albrecht Schachtschneider zu Wort kommen, der in dokumentierter Nähe zur NPD agiert. Jürgen Elsässer mit seine "Volksinitiative gegen das Finanzkapital" ist hier ebenfalls zu nennen. Er fordert "eine Koalition zur Verteidigung der nationalen Souveränität - von links bis zur demokratische Rechten" gegen den Neoliberalismus der USA. Das sind Beispiele für "Querfronten", deren süßes Gift ansteckend zu sein scheint.

Kommunistinnen und Kommunisten sollten auch in dieser Hinsicht besonders sensibel und konsequent sein. Deshalb ist es sehr bedauerlich, dass das Zentralorgan der "Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)", "Die Rote Fahne", in ihrer September-Ausgabe auf Seite 1 zu den Hintergründen des Nazi-Überfalls auf Polen u.a. schreibt: "Die Folgen des 2. Weltkrieges waren wesentlich verheerender als die des 1. Weltkrieges, die ebenso sehr schrecklich waren. Dem deutschen Großkapital und dessen Rüstungsindustrie stand diesmal das jüdische Kapital als Konkurrenz im Wege - und damit zugleich die gesamte jüdische Bevölkerung in Deutschland und in den von den Nazis eroberten Gebieten." Diese Aussage, verfasst und verbreitet vom Chefredakteur (!) der "Roten Fahne", ist nicht nur falsch, sie bedient darüber hinaus die Nazi-Position vom so genannten "guten schaffenden und bösen raffenden Kapital" und übernimmt Stereotype, mit denen extrem reaktionäre und neofaschistische Kräfte bisher arbeiteten und es bis heute tun.

Damit haben der Autor und das Zentralorgan der KPD der kommunistischen Bewegung in der BRD in einem ihrer Kernbereiche, ihrer konsequent antifaschistischen Haltung, immensen Schaden zugefügt.

Liebe Genossinnen und Genossen von der KPD-Führung, was ist denn in Euch gefahren? Warum seid Ihr an dieser Front so unvorsichtig? Ihr hattet doch schon einmal ernsthafte Probleme, als Ihr voreilig und ungeprüft den Faschisten Nolde an Euren Ständen auftreten ließt und ihn in die Partei aufnehmen wolltet.

Im Sinne unsere gemeinsame Sache bitten wir Euch, umgehend und öffentlich politische und personelle Konsequenzen zu ziehen, um weiteren Schaden von der kommunistischen Bewegung in der BRD und von Euch selbst abzuwenden!

Redaktion "offen-siv"

Raute

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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2009