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ROTER BRANDENBURGER/007: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 7-8/11


Roter Brandenburger - Juli/August 2011
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg


In dieser Ausgabe:
- Den Kriegstreibern auf die Finger gehauen
- Kein Vergeben - kein Vergessen
- Tapfere Ahnungslosigkeit
- Die Sorben und die Deutschen
- Kommunistische Parteien in Osteuropa
- Sicherheiten
- No paseran
- Faschismus (Teil XIV) 9
- Aus dem Juli- und Augustheft der Roten Kalenderblätter
- Brecht, Lagerfeuer und Politik
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- Roter Bücherwurm
- Impressum

Raute

Den Kriegstreibern auf die Finger gehauen

Vor 50 Jahren begann die DDR ihre Grenzen zu sichern

Der "Mauerbau" geistert nun wieder durch alle Medien. Und was wird uns gezeigt: Maurer, die, natürlich unter Bewachung, eine Mauer errichten. Frauen, die weinend an der Mauer stehen. Und dass 3 Millionen DDR-Bürger das Unrecht in der DDR nicht mehr ertragen konnten und deshalb in den "Westen", in die "Freiheit" geflüchtet sind.

Aber gab es da nicht noch etwas anderes, worüber nicht gesprochen wird?

Ich habe vom ersten Tag an als Volkspolizist die Sicherung der Staatsgrenze in Berlin mitgemacht. Ich stand mit meinen Genossen ohne Zaun einen Schritt von der "Freiheit" entfernt. Aber trotz wortreicher Verlockungen über Lautsprecher, heißer Musik und noch heißerer Prostituierter hat keiner von uns den Schritt getan. Auch ich nicht. Das deshalb, weil ich zu den 16 Millionen DDR-Bürgern gehörte, die in der DDR bleiben und in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen und in Sicherheit ihr Leben gestalten wollten.

Aber konnten wir das? Da konnte z.B. im Krankenhaus eine wichtige Operation nicht ausgeführt werden; Vieh stand unversorgt im Stall; Schulunterricht fiel aus. Und das, weil sich der Arzt, der Bauer, der Lehrer für 20 Pfennige (soviel kostete damals eine Fahrkarte Richtung Westberlin) in den "Westen" abgesetzt hatte. Alles politische Flüchtlinge? Etwa 200.000 im Jahr oder etwa 500 am Tag? Ein großer Teil wurde mit lukrativen Arbeitsverträgen in die BRD gelockt. Andere fielen einfach auf die bunten Werbesendungen der westlichen Medien herein. Aber nicht nur das. Da wurden Kinder vormittags (!) in die für Kinder verbilligten Kinovorstellungen Westberliner Filmtheater gelockt, statt in die Schule zu gehen.

Etwa 60 Tausend "Grenzgänger" verkauften ihre Arbeitskraft an Westberliner Unternehmen, nahmen aber hier die Vorteile des durch Subventionen verbilligten Lebens (Miete, Lebensmittel, Verkehrstarife usw.) in Anspruch. Und dazu kamen die Westberliner, die mit einem Geld-Umtauschkurs von 1:5 bei uns billig einkauften. Oder die Plätze in den Theatern oder bei den Friseuren belegten. Hochwertige optische Geräte wurden von Spekulanten massenweise aufgekauft. Patente wurden nicht bei uns, sondern im Westen angemeldet. Und so weiter.....

Verständlich der Wunsch und die Forderung vieler Bürger der DDR, damit endlich Schluss zu machen. Zumal viele Versuche unserer Regierung, diese Probleme einvernehmlich zu lösen, ohne Erfolg blieben. Denn alles oben Geschilderte war Bestandteil der Gesamtstrategie der herrschenden imperialistischen Kräfte vor allem der USA und Westdeutschlands, die DDR wirtschaftlich und politisch so zu schwächen, dass sie ihnen wie ein fauler Apfel von selbst in den Schoß fällt. Dazu waren ihnen alle Mittel recht, auch die die des militärischen Überfalls. Entsprechende Pläne waren der DDR-Regierung bekannt. Mehrere Manöver mit scharfer Munition in Grenznähe zur DDR ließen diese Gefahr konkret werden.

Und so war es im Interesse sowohl der mit ihrem Staat verbundenen Bevölkerung der DDR als auch der wirtschaftlichen und politischen Existenz der DDR und der Sicherheit der im Warschauer Vertrag vereinten sozialistischen Staaten nur folgerichtig, dass letztere im Einvernehmen mit der Regierung der DDR den Beschluss fassten, die bis dahin offene Staatsgrenze der DDR zuverlässig zu sichern. Das "Geheul der getroffenen Hunde" und der danach einsetzende wirtschaftliche und politische Aufschwung in unserer DDR zeugten von der Richtigkeit dieser Entscheidung. Und deshalb stand ich an diesen Tagen an der jetzt geschlossenen Grenze - ohne Wenn und Aber.

Kuno

Raute

Kein vergeben - Kein Vergessen

Aus dem Aufruf zum Antifa Workcamp in Ravensbrück 2011

Auf zum Antifa-Ravensbrück-Workcamp 2011 vom 30.7. bis 5.8.!

Kein Vergeben, kein Vergessen - das gilt für die Taten von alten und neuen Nazis. Wir wollen nicht vergessen, welches Leid Faschisten über die Welt gebracht haben, wer bei ihren abscheulichen Verbrechen mitgemacht hat und auch nicht wer davon profitiert hat. Die Nazis waren keine UFOs die auf einmal kamen und alles kaputt geschlagen haben, sondern sie waren mit ihrer menschenfeindlichen Ideologie tief in der deutschen Gesellschaft verwurzelt.

Und auch die Grundlage, die den faschistischen Terror möglich gemacht hat, existiert bis heute fort: ein globaler Kapitalismus, der in der Logik von Verwertungszwang, Konkurrenz und Lohnarbeit unser Leben diktiert. Für uns ist dieses Kapitel noch nicht abgeschlossen und das wird es auch nicht. Wir setzen uns mit der Geschichte auseinander. Nach einem ersten antifaschistischen Workcamp in der Gedenkstätte Ravensbrück im Sommer 2010 wollen wir für 2011 an diesen Erfolg anknüpfen. Bis zu 60 junge Antifaschisten werden an verschiedenen Projekten im Siemenslager (welches zum Lagerkomplex Ravensbrück gehört) arbeiten und recherchieren. Dazu werden wir uns aber auch inhaltlich mit Zwangsarbeit, Faschismus, Kapitalismus und aktueller Gedenkstättenpolitik beschäftigen. Mit Videotagebüchern, Pressearbeit, Aktionen und Demos wollen wir diese Inhalte stärker in das öffentliche Bewusstsein rücken, denn Menschenfeindlichkeit und Rassismus haben viele Formen.

Mehr Infos zum diesjährigen Camp findet ihr unter: ravensbrueck2011.blogsport.eu

JWP-MittenDrin e.V.

Raute

Tapfere Ahnungslosigkeit

Der zeitige Redaktionsschluss für die Juli/August-Ausgabe des RB duldet keine Aktualität, ermöglicht aber eine kleine Reminiszenz. Ich hatte das große Glück, vierzig Jahre in der DDR zu leben. Das ist die Hälfte meiner bisherigen Lebenszeit. Konfliktfrei waren jene Jahre nicht. Doch wie aalglatt müsste ein Mensch sein, um vier Jahrzehnte ohne Konflikt zu agieren - oder wie steril die Gesellschaft in der er lebt? Wenn es um die Ursachen selbst erlebter oder gar erlittener Probleme geht, schließen zudem oberflächliche Leute historische wie gesellschaftliche Gegebenheiten einfach aus. Aber ob man die DDR, wie ich, als Lebensglück empfindet oder sie ganovenhaft mittels des Wortes "totalitär" mit dem Staat der Massenmörder und Aggressionskrieger, dem "III: Reich", auf eine Stufe stellt - die DDR ist seit mehr als zwei Jahrzehnten Geschichte....

Mit dem Sieg des Kapitalismus mussten folgerichtig kapitalistische Verhältnisse über uns kommen. Und zwar solche, die vom Finanzkapital diktiert sind, dessen Gewinn- und Eroberungssucht nicht mehr vom "Ostblock" begrenzt wird. Die absehbare Folge von "1989" war demzufolge dauerhafte, Millionenfache Arbeitslosigkeit mit ihren Konsequenzen: Anwachsen von Armut und Untertänigkeit. Die absehbare Folge war Ostausdehnung der NATO, um die wirtschaftliche Vormacht des westlichen Großkapitals bis weit in die Gebiete des einstigen russischen Reiches bzw. der nachfolgenden UdSSR hinein zu garantieren. Abzusehen war demzufolge, dass sich dieses Deutschland sehr bald wieder als Kriegsmacht betätigen würde...

Damals konnte man darauf noch so begründet hinweisen - in den Jahren der Konterrevolution und der monopolkapitalistischen Restauration wollte das fast niemand glauben. Illusionen trieben Massen an, als ginge es im Sommerschlussverkauf um Schnäppchen. Eingedenk der Illusionen, die so gar 1933 bis 1945 fast siebzig Millionen Deutsche bewegten, musste man sich darüber nicht wundern. Überraschend war jedoch die Anzahl jener, die dennoch die Fronten wechselten. Und daspolitische "jein" der PDS, mit ihrer Anpassung an den NATO-Staat und ihrer Verschlagenheit, wenn es um DDR, SED oder MfS geht, ebnete geradezu die Einbahnstraße der Einseitigkeit, Übertreibung und Lüge, vielleicht ungewollt...

Allerdings hätten PDS/Linkspartei auch mit weniger verworrenen Positionen den bisherigen Lauf der Dinge nicht abwenden können, zu tief war die Niederlage und zu gewaltig die Übermacht der nunmehr Herrschenden. Nur stünde heute nicht wieder das ganze Volk ebenso ahnungslos vor dem, was ihm nunmehr bevorsteht, wie 1989. Denn was wir bisher erlebten, war nur Vorspiel. Die soziale Zuchtrute wird im ganzen EU-Raum immer zügelloser benutzt. Angesichts der Auswirkungen wuchert in allen Ländern neuer Nationalismus, manchmal öffentlicher Faschismus. Und das in einer Situation, in der weltweit Bürgerkriege gemanagt werden, um sie oft zur militärischen Aggression der imperialistischen NATO-Staaten auszuweiten. Unser Kriegsministerium kann ungestraft vor dem Bundestag mitteilen, bei der Umgestaltung der Bundeswehr gehe es um deren Einsatzfähigkeit im Ausland für die nächsten Jahrzehnte. Wir gehen glorreichen Zeiten entgegen! Und so hängt unser Schicksal davon ab, ob und wann die Gegenkräfte willens und fähig sein werden, auf diesen groben Klotz einen passenden Keil zu setzen. Ich bin nicht sicher, ob Deutsche danach nochmals Gelegenheit haben werden, sich selbst als Bombengeschädigte, Kriegsgefangene, Vertriebene, Vergewaltigte und vor allem als ewig Unschuldige moralisch über andere Völker zu stellen.

Hans Stahl

Raute

Die Sorben und die Deutschen

Im Unterschied zu den anderen nationalen Minderheiten in Deutschland haben die Sorben kein "Mutterland" wie z. B. die Dänen Schleswig-Holsteins das Land Dänemark. Ebenso wie die anderen nationalen Minderheiten bereichern die Sorben mit ihrer Sprache und Kultur das facettenreiche Kulturleben in Deutschland, besonders in den Ländern Brandenburg und Sachsen. Die Sorben, das westlichste slawische Volk, zeugen davon, dass das slawische Element zu Deutschland gehört.

Ein kurzer Blick auf die Geschichte

Fast bis nach Hannover reichen slawische Wurzeln, wovon noch der Name "Wendland" kündet. Dort sprachen die Menschen noch im 17. Jahrhundert sorbisch. Kaum bekannt ist die Tatsache, dass z. B. in den Dörfern um Cottbus noch vor hundert Jahren ausschließlich sorbisch gesprochen wurde. Die meisten Menschen der Lausitz wissen kaum, dass sie fast alle zumindest teilweise sorbische Vorfahren haben. Der slawenfeindlichen Politik des preußisch-wilhelminischen Staates trotzten mehrere sorbische Vereinigungen. Sorbische Bibelübersetzungen, Sammlungen sorbischen Liedgutes und wissenschaftliche Arbeiten zur Geschichte und Sprache der Sorben konnten bis 1933 veröffentlicht werden. Aber schon um 1910 kujonierten deutsche Lehrer in den Dörfern die sorbisch sprechenden Kinder, indem sie von der ersten Klassen an kein Wort sorbisch sprachen. Viele dadurch bedingte Missverständnisse ahndeten die Lehrer mit dem Rohrstock. Nachdem die deutsche Sprache in die Kinder hineingeprügelt wurde, wollten die Sorben ihre Nachkommen vor diesen Erfahrungen bewahren und gaben das Sorbische kaum noch an ihre Kinder weiter. In der Zeit der faschistischen Herrschaft wurden sorbische Pfarrer in Gebiete ohne Sorben umgesiedelt und dafür nur deutsche Pfarrer in den Dörfern eingesetzt. Das Sorbische wurde als minderwertig diffamiert und das Wort "wendisch" meist abwertend gebraucht. Die Nazis verboten das sorbische Sprechen in der Öffentlichkeit. Sorbischen Orten oktroyierte man deutsche Namen auf.

Wandel in der DDR

Mit der Gründung der Sorbischen Erweiterten Oberschule (EOS) 1952 in Cottbus und der EOS in Bautzen wurde der Grundstein für die Heranbildung einer breiten sorbischen Intelligenz gelegt. Die Abiturienten erhielten die Möglichkeit, am Institut für Sorabistik in Leipzig zu studieren. Danach war ihnen ein Arbeitsplatz in den sorbischen Instituten, Schulen und anderen sorbischen Einrichtungen sicher. Damit wuchs in der DDR eine sorbische Intelligenz heran, die sich aktiv und ideenreich in die Entfaltung der sorbischen Kultur und Sprache und nicht zuletzt in die Gestaltung der sozialistischen Gesellschaft einbrachte. Dabei gab es auch Reibungen und widersprüchliche Entwicklungen, zum Teil wegen der starken religiösen Bindung vieler Sorben, zumal das Brauchtum vor allem in den obersorbischen Gebieten stark von der Kirche gefördert wurde. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass erstmals in der Geschichte Deutschlands das sorbische Volk eine großzügige staatliche Förderung erhielt. Bereits nach dem Ersten Weltkrieg forderte die kleinbürgerlich-bäuerlich sorbische Bewegung nach einer Bodenreform mit Zwangsaufkauf und Aufteilung der Liegenschaften über 75 Hektar. Daran knüpfte die Bodenreform im Herbst 1945 an, wo Tausende sorbische Bauern Land von Großgrundbesitzern und Kriegsverbrechern erhielten. Etwa ein Fünftel der Bevölkerung Sachsens und Brandenburgs gehörte zu den Sorben. Auch bei der Bildung und Entwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften wirkten die Sorben aktiv mit. Die alle vier Jahre stattfindenden Festivals der sorbischen Kultur in Bautzen gestalteten sich zu Höhepunkten des Kulturlebens in der DDR. Dem Vorbereitungskomitee aus Vertretern der Domowina, der Räte der Bezirke, der Gewerkschaft und weiterer gesellschaftlicher Organisationen stand der Staatsekretär des Kulturministeriums, Kurt Löffler, vor. Diese Kulturfeste wurden jeweils durch Kreisfestivals in allen Kreisen, wo Sorben lebten, vorbereitet. Konzerte mit Werken sorbischer Komponisten, Lesungen, Basare mit sorbischen Produkten, Volkstanzdarstellungen, Demonstrationen sorbischer Bräuche wie die sorbische Hochzeit einschließlich kulinarisch einschlägiger Traditionen waren für alle Einwohner bejubelte Veranstaltungen. Im Sorbischen Ensemble und im Sorbischen Theater in Bautzen entfalteten sich sorbische und deutsche Talente gemeinsam. 1951 entstand erstmals in Deutschland eine staatliche sorabistische Forschungseinrichtung in der Nachfolge der privaten 1847 gegründeten "Macica Serbska" - das Institut für sorbische Volksforschung Bautzen. 1957 richteten die Behörden in Hoyerswerda eine Arbeitsstelle "Museum für sorbische Geschichte und Volkskunde" und 1972 in Bautzen ein Museum für sorbische Geschichte und Kultur" ein. Die Ministerin für Volksbildung, Margot Honecker, setzte den zweisprachigen Vordruck für die Schulzeugnisse durch. In 40 Jahren DDR verblasste der negative Bedeutungsinhalt des Wortes "Wenden". Deshalb wurde noch in den 80er Jahren entschieden, in Cottbus das "Wendische Viertel" im Stadtzentrum zu errichten, wo sich die seit dem 14. Jahrhundert von Sorben genutzte Wendische Kirche befindet.

Rückfall in den Kapitalismus

Nach dem Ende der DDR gab es durch die Behörden viele verbale Zustimmung für die sorbische Sprache und Kultur. In Cottbus wurden weitgehend zweisprachige Straßenschilder angebracht, das Wendische Haus eröffnet mit Veranstaltungsangeboten und Verkaufsausstellung sowie das Wendische Museum in der Mühlenstraße (dem Museum für Stadtgeschichte unterstellt) eingerichtet. Doch die Umstrukturierung der EOS zum "Niedersorbischen Gymnasium", wo nicht mehr Schüler ab neunter Klasse, sondern zunehmend Kinder aus deutschem Elternhaus ab fünfter Klasse unterrichtet werden, ließ das Sorbische dort als Alltagssprache verkümmern. Auch die Fördermittel für das Sorbische Ensemble und für die wissenschaftlichen Forschungsstellen werden ständig gekürzt. Immer weniger Abiturienten wählen ein Studium der Sorabistik in Leipzig, weil ihnen ein Arbeitsplatz nach dem Studium nicht mehr sicher ist. Dadurch verstreuen sich die wenigen Angehörigen der sorbischen Intelligenz in alle Teile Deutschlands, je nachdem, wo sie einer bezahlten Arbeit nachgehen können. Die "Sorbenbeauftragte" in der Cottbuser Stadtverwaltung hat keinerlei Entscheidungsbefugnis. Die alte Tradition der Unterdrückung des Sorbischen lebt wieder auf, heute etwas subtiler und bewirkt durch die "Zwänge" des Kapitalismus. Nach wie vor gibt es Bestrebungen, diesem Trend entgegen zu wirken. Der Autor lernte auf Anregung eines Arztes mit sorbischen Wurzeln eine Künstlerin kennen, die aus ärmstem Verhältnissen kommend ihr Talent in der DDR als Malerin und Zeichnerin entfalten konnte. Die heute 83jährige Irmgard Kuhlee aus Spremberg absolvierte die Sorbische Sprachschule in Dissenchen bei Cottbus (nach 1990 abgewickelt) und das Abendstudium der Akademie für Bildende Künste Dresden. Ihr Leben lang war sie der sorbischen Tradition ihrer Großmutter und Mutter in Groß Buckow bei Spremberg verbunden. Ihre Mutter heiratete den Schlosser Johann Lother aus Königsberg an der Oder, der in Groß Buckow 1920 zu den Gründern der Ortsgruppe der KPD gehörte. Irmgard Kuhle erinnert sich genau an die entsetzlichen Kriegsmonate in ihrem Heimatdorf, an die schwere Nachkriegszeit und ihre Schritte hin zu künstlerischer Arbeit. Aus diesen Erlebnissen entstand das Büchlein "Zeitenlauf - Erinnerungen der Künstlerin Irmgard Kuhlee", das im August vergangenen Jahres beim Regia-Verlag Cottbus erschien (siehe RB Juni 2011). Darin erfährt der Leser Wissenswertes über den Alltag in einem sorbischen Dorf, das 1983 dem Tagebau weichen musste. "Nebenbei" lernt der Leser viel über das Wesen des Lebens in der DDR kennen. Eine solche Lebensgeschichte einer fleißigen Arbeiterin und Künstlerin wäre unter kapitalistischen Bedingungen nicht möglich. Der Leser bekommt eine Ahnung, welche schöpferischen Kräfte in den Volksmassen schlummern, die heute massenhaft verkümmern. Viele Beamte und Parteigänger bürgerlicher Parteien äußern die Meinung, dass die Sorben allein für den Erhalt ihrer Sprache und Kultur sorgen müssten. Dahinter steht eine gehörige Portion nationalistischer Überheblichkeit und Ignoranz. Mitteleuropa ist seit zweitausend Jahren ein Schmelztiegel der Nationen. Deutschland gehört dazu - mit seinen französischen, dänischen, slawischen Elementen. Sie bereichern für alle die Kultur in Deutschland. Daraus erwächst die Verantwortung des Staates, diesen Reichtum zu erhalten und zu mehren. Der reale Sozialismus in der DDR zeigte, wohin die Zukunft des Zusammenlebens mit der nationalen Minderheit der Sorben in Deutschland gehen kann und muss. Heute wird der Staat dieser Verantwortung nicht mehr gerecht.

Sebastian Zachow-Vierrath

Raute

Kommunistische Parteien in Osteuropa
(Teil 5 und Schluss)

Von Anton Latzo

Litauen. Im Dezember 1989 erklärte die Kommunistische Partei Litauens ihren Austritt aus der KPdSU. Im Jahre 1990 gab sie die Umwandlung in eine neue Partei unter dem Namen Demokratische Partei der Arbeit Litauens (LDDP) bekannt. Diese vereinigte sich wiederum mit der traditionellen, aber kleinen Sozialdemokratischen Partei Litauens (LSDP). Die neue vereinigte Partei behielt den sozialdemokratischen Namen und wird vor allem von Führungskräften geprägt, die kommunistischer Herkunft sind.

In einem äußerst unstabilen Parteiensystem ist eine Partei, die ihr Konzept auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus aufbaut, gegenwärtig nicht zu identifizieren.

Lettland. Die Sozialistische Partei Lettlands wurde 1994 als Reaktion auf das Verbot der kommunistischen Partei gegründet. Nach verschiedenen Wahlallianzen, die immer wieder auseinanderbrachen, beteiligt sie sich seit 2005 an einer Koalition "Zentrum der Harmonie", die nach den Wahlen von 2010 mit 29 Abgeordneten (von 100) die Opposition bildet. Diese Koalition verbindet die Vertretung der ethnisch russischen Bevölkerungsgruppe und ein Programm mit sozialistischen Zügen miteinander. Sie steht in Opposition zu der aus liberal-konservativen und rechten Parteien gebildeten Regierung. Die Partei kämpft gegen die Korruption im Land und für ein unabhängiges Lettland verbunden mit Gegnerschaft zu "zu viel europäischen Zentralismus".

Estland. Die Estnische Kommunistische Partei hat sich kurz vor der Herstellung der staatlichen Unabhängigkeit Estlands vom Kommunismus losgesagt (25. März 1990). Ein Teil der Kommunisten konstituierte sich im November 1992 in der Demokratischen Arbeitspartei Estlands, die sich im Januar 1998 in Sozialdemokratische Arbeitspartei Estlands umbenannte und im Dezember 2004 in Estnische Linkspartei umwandelte. Seit 2004 ist diese Partei Mitglied der Europäischen Linkspartei. Sie hat keine wahrnehmbare politische Wirksamkeit im Lande.

Georgien. Die Georgische Arbeiterpartei wurde 1995 gegründet. Von Anfang an proklamierte sie eine sozialistische Haltung, befürwortet kostenlose Gesundheitsversorgung, kostenlose Bildung und soziale Dienste. Sie ist gegen die Privatisierung strategisch wichtiger Unternehmen, die sich in georgischem staatlichem Eigentum befinden. Sie hat bei allen Wahlen teilgenommen und Achtungserfolge erzielt.

Außerdem hat sich 1994 die Vereinte Kommunistische Partei Georgiens durch eine Vereinigung der Stalin-Gesellschaft, der Georgischen Kommunistischen Arbeiterpartei und der Union der Georgischen Kommunisten gegründet.

Eine einheitliche, politisch wirksame kommunistische Kraft hat sich noch nicht wieder entwickelt.

Armenien. Die Armenische Kommunistische Partei ist die größte kommunistische Partei in Armenien. Nach eigenen Angaben hat sie etwa 18.000 Mitglieder. Durch Beteiligung an Parlamentswahlen konnte sie bisher keine Sitze erringen.

Aserbaidschan. Die Aserbaidschanische Kommunistische Partei wurde im Jahre 1993 gegründet. Zur Zeit hat sie nach eigenen Angaben 60.000 Mitglieder. Die Partei sieht sich nicht in der Rolle der Nachfolgepartei der KP der Aserbaidschanischen SSR. Allerdings sieht sie sich als de einzig wahre kommunistische Partei in Aserbaidschan.

Sie kritisiert die Kaukasuspolitik der USA und unterhält enge Beziehungen zur KP der Russischen Föderation. Sie unterstützte den derzeitigen Staatspräsidenten bei den letzten Wahlen 2008.

Als Nachfolgepartei der KP der Aserbaidschanischen SSR wird die Partei Neues Aserbaidschan betrachtet. Sie wurde im Dezember 1992 gegründet und zählt nach eigenen Angaben heute über 500.000 Mitglieder. Ihr ideologisches Profil ist stark national und laizistisch geprägt. Als Prinzipien verkündet sie Souveränität, Aserbaidschanismus, aserbaidschanische Solidarität, Fortschritt, Rechtstaatlichkeit und soziale Gerechtigkeit. Sie stellt den Staatspräsidenten, der Sohn des ehemaligen Ersten Sekretärs der KPdSU in Aserbaidschan ist.

Westbalkan (ehemals SFR Jugoslawien) Bis 1990 existierte auf dem Territorium der SFR Jugoslawien als einzige Partei der Bund der Kommunisten Jugoslawiens, der sich aus den Parteien der Teilrepubliken zusammensetzte. Nach der in Zusammenhang mit der Aggression gegen Jugoslawien erfolgten Abspaltung der einzelnen Teilrepubliken von der SFRJ wurden auch die einzelnen Parteien vom Bund der Kommunisten Jugoslawiens gelöst und als selbständige Organisationen tätig.

Nachdem zunächst der Bund der Kommunisten Sloweniens den BdKJ verlassen hatte, löste dieser sich ab Januar 1990 auf. Damit ist auch ein wesentlicher politischer Integrationsfaktor für diesen Raum zerschlagen worden.

In den Teilrepubliken bildeten sich die Nachfolgeorganisationen des BdKJ. Diese hatten aber mit der programmatischen Grundlage des Bundes gebrochen und waren danach teils sozialdemokratisch oder liberal, teils national(istisch) ausgerichtet worden.

Parteien mit kommunistischer Orientierung mussten als Neugründungen entstehen. Sie mussten sich bis heute in Konkurrenz zu den umgewandelten, jetzt zumeist sozialdemokratischen Parteien durchsetzen und gegen den Antikommunismus und Nationalismus bestehen.

Kleinere kommunistische Parteien bestehen z.B. Slowenien (Kommunistische Partei Sloweniens), in Bosnien-Herzegowina (Kommunistische Arbeiter-Partei), in Kroatien (Sozialistische Arbeiterpartei). Ein Bild der Situation wird durch Vorgänge in Serbien vermittelt. Ende November 2009 fand ein Gründungsparteitag der Neuen Kommunistischen Partei Serbiens durch die Vereinigung der Partei der Serbischen Kommunisten mit der Neuen Kommunistischen Partei Jugoslawiens und der Union der unabhängigen Sozialdemokraten statt. Der Vorsitzende, Iosip Broz Joska, (Titos Enkel) erklärte, dass er anstrebe, dass weitere 14 (!) serbische kommunistische Parteien sich seiner Partei anschließen. Auch in Mazedonien, Montenegro sind die kommunistischen Kräfte noch dabei, sich in Form von Parteien mit klarer Ideologie zu organisieren.

Insgesamt ist die Parteienlandschaft in den Republiken stark zersplittert. Die Verbreitung marxistisch-leninistischer Ideologie wird durch den Antikommunismus und durch Nationalismus erschwert. Die Folgen des Krieges sind auch in dieser Hinsicht noch nicht überwunden.

Schlussbemerkung

Insgesamt sind die Organisiertheit und die programmatisch-ideologische Klarheit der Parteien in den einzelnen Regionen und Staaten Osteuropas noch sehr unterschiedlich entwickelt. Der Zustand der Krise, der Zersplitterung und der Defensive der kommunistischen und Arbeiterbewegung in Osteuropa ist noch nicht überwunden.

Der Prozess des Suchens nach Organisation mit klarer und auf Dauer stabiler programmatischer Aussage sowie die Ausrichtung der Politik der Parteien auf die Durchsetzung von Klasseninteressen dürfte noch geraume Zeit in Anspruch nehmen.

Die dazu notwendige Zeit ist von der Entwicklung in den Ländern, aber in sehr entscheidendem Maße von der Zusammenarbeit der Parteien auf der Grundlage des sozialistischen Internationalismus abhängig.

Diese Notwendigkeit besteht grundsätzlich und immer. Sie ergibt sich aber gegenwärtig auch aus der Tatsache, dass die Entwicklung des Kapitalismus offenbar einen Punkt erreicht hat, wo sich die Kapitalakkumulation immer rücksichtsloser vollzieht. Die Menschheit ist mit einem Abschnitt ernster wirtschaftlicher, finanzpolitischer und politischer Krisen, zunehmend härtester Klassenkonflikte und neuer Kriege konfrontiert.

Auf der Grundlage der Auswertung der Erfahrungen einer jeden Partei und unter Anwendung der marxistisch-leninistischen Theorie auf die gegenwärtigen Bedingungen sind die kameradschaftliche Erarbeitung einer klaren sozialistischen Zielstellung als Alternative zum Kapitalismus und der Kampf gegen den opportunistischen Verzicht auf die sozialistische, kommunistische Identität und Programmatik zu einer Existenzfrage geworden.

Raute

Sicherheit

Ein harmloser Sonntagspaziergang sollte in Berlin unternommen werden. Ziel waren Schloss und Garten Schönhausen in Pankow. Wilhelm Pieck hatte dort seine Residenz. Später beherbergte das Schloss Staatsgäste der DDR-Regierung. Schloss und Garten waren gut bewacht.

Geht man jetzt die Ossietzky-Straße in Richtung Schloss, sieht man von weitem schon das geöffnete Tor. Empfangen werden die Besucher nicht freundlich, sondern mit Schildern "Militärischer Sicherheitsbereich! Unbefugtes Betreten verboten! Vorsicht Schusswaffengebrauch!", es wird auch darauf aufmerksam gemacht, dass videoüberwacht wird. Welches Territorium überwacht wird, ist nicht zu erkennen. Es ist davon auszugehen, dass dort nichts harmlos ist, denn beherrscht wird Schönhausen von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik [BAKS]. Für ein sechsmonatiges Seminar im Jahr 2010, informiert eine Broschüre, dass es sich an Führungskräfte aus Bundes- und Länderressorts sowie aus sicherheitspolitischem Umfeld richte. Eingeladen würde vom Chef des Bundeskanzleramtes und dem Präsidenten des BAKS, einem Generalleutnant a. D. "Das Seminar vermittelt einen alle Politikfelder umfassenden strategischen Sicherheitsbegriff." [S. 3] Für das Jahr 2009 sind in der Publikation Namen von neunundvierzig hochrangigen Persönlichkeiten ausgewählt, die an der Akademie referierten. Sicher nicht ohne dass sie dafür beachtliches Honorar erhielten. Militärs, Politiker, Regierungsbeamte, ein Bischof, Journalisten finden sich neben anderen auf der Liste. Kurzum: Die BAKS ist "die höchstrangige ressortübergreifende Weiterbildungsstätte des Bundes auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik." [S. 24] und verschlingt Unsummen an Steuergeldern, wäre hinzuzufügen.

Das Schloss erstrahlt goldig, ein Rokoko - Bauwerk steht genau wir der Garten auf so sicherem Grund wie selten etwas.

Nicht ganz so idyllisch, aber denkmalgeschützt, ist ein Kasernengelände in Berlin Treptow. Militärisch bewacht wird dort das Gemeinsame Terror-Abwehrzentrum [GTAZ]. Das Gemeinsame Internetzentrum gibt es hier ebenfalls. Der Verfassungsschutz leitet eine Expertengruppe aller deutschen Geheimdienste. Es tobt nämlich der Terror und der Cyberkrieg auch schon [Krieg in einer virtuellen Welt, die in Computernetzen existiert] und vor dem schützt uns ein Nationales Cyber-Abwehrzentrum. Diese Einrichtungen sind "Nicht-Behörden" und solche unterliegen keiner Kontrolle. [vgl. ND, 3.6.2011]

Trotz Bundesakademie für Sicherheitspolitik, GTAZ, Nationalem Cyber-Abwehrzentrum, Überwachung durch die Geheimdienste der BRD und zunehmendem, nahezu grenzenlosen Sicherheitswahn legt eine brennende Kabelbrücke bei der Berliner S-Bahn schnell mal den innerstädtischen Verkehr und den ins Umfeld lahm. Und nach wie vor brennen Nobelkarossen, angezündet, so die bisher nicht in einem Fall nachgewiesene Behauptung, von Linksextremisten. Die Feindbilder sind fest gefügt und deshalb wird die Existenz von Einrichtungen wie den genannten nicht in Frage gestellt. Unter anderem dort werden sie erfunden.

Gerhard Hoffmann

Raute

No paseran

Es ist geschafft. Der braune Spuk musste in Neuruppin eine deutlich verkürzte Route nehmen und ist NICHT durchgekommen. Dank dem entschlossenen Handeln der Gegendemonstranten stand ab 11 Uhr eine Blockade auf dem Fontaneplatz in sengender Sonne und Hitze und hielt bis gegen 15.30 Uhr, als endlich die erlösende Nachricht kam: Die Faschos müssen zum Bahnhof umkehren und aus Neuruppin abreisen. Das ist ein Erfolg einer breiten Gegenbewegung, die sich nicht auseinander dividieren ließ. Jung und alt, Singles und Familien mit Kindern, Behinderte und Gesunde, Antifa und VVN, Grüne und Bürgerbewegte sowie Gewerkschafter, Linke und Kommunisten, Christen und Atheisten zeigten zivilen Ungehorsam, stellten sich den Neofaschisten auf der Straße in den Weg und bewiesen: So kann es gehen, nur so kann es klappen und es hat geklappt. Sie sind NICHT durchgekommen. Für den 8. Oktober 2011 hat sich der braune Spuk bereits wieder angedroht, dieses mal in Königswusterhausen. Neuruppin hat gezeigt, wie Antifaschisten agieren sollten, um den Neofaschisten wenigstens nicht die Straßen zu überlassen.

Venceremos -
Martina, Roland und Stefan

Raute

Faschismus
(Teil XIV und letzter Teil)

Der Zusammenhang von Faschismus und Imperialismus wird gewöhnlich mit der Förderung nachgewiesen, die er von den raubgierigsten und aggressivsten Verfechtern des Finanz- und Monopolkapitals erfuhr. Dieser Nachweis ist notwendig. Doch ist der Zusammenhang vielfältiger. Aus Gefüge und Ziel jeder vom Finanz- und Monopolkapital strukturierten Gesellschaft erwächst zwangsläufig eine Lebensweise, eine "Kultur", die deren Notwendigkeiten entspricht und deren Alltag prägt. Folgerichtig wird "Sozialdarwinismus" zum Kern ihrer gängigen Ideologie. Wem ist das bewusst? Von Kita und Schule bis in die herrschenden, reichen Kreise wurde die Auswahl von "Gewinnern" und "Verlierern" zur Gewohnheit. Erfolg und Reichtum, oftmals schon Symbole dessen, bestimmen den Wert von Menschen und Völkern. Selbst der öffentliche Sprachgebrauch trennt die Menschen in "Leistungsträger" und Sonstige. Ob die Gesellschaft in einer Krise steckt oder einen Aufschwung erlebt, richtet sich nicht danach, wie viele Personen vom menschenwürdigen Leben ausgeschlossen sind, sondern wie viel Gewinn eine kleine Menschengruppe macht. All ihre mörderischen Kriege werden angeblich vom ererbten, aggressiven, menschlichen Naturell und keineswegs von der Macht- und gewinnsüchtigen Klasse verursacht. Der "Sozialdarwinismus" erhebt "den Kampf ums Dasein", der die Entwicklung in der Natur antreibt, zur Regel und zum Maßstab menschlichen Verhaltens und der Beziehungen zwischen den Menschen...

Sitten des "Sozialdarwinismus" wirkten zwar lange bevor der Begriff in allen Ausbeutergesellschaften existierte. Doch erst im Imperialismus "wirkt" er total, bis zur Gefährdung der Menschheit. Mit seiner totalen Kontrolle über die von ihm abhängigen Menschen und Völker sowie seinen Massenvernichtungsmitteln, bedeutet aggressiv praktizierter "Sozialdarwinismus" Faschismus. In einer Ära, in der Massenheere für die Kriege des Finanz- und Monopolkapitals unzweckmäßig geworden sind, lässt sich Faschismus nicht einfach an den Riten und Methoden erkennen, die in Deutschland zwischen 1919 und 1945 verübt wurden. Längst werden Polizei- und Sicherheitsfunktionen privatisiert. Längst inszenieren und führen private Söldnereinheiten Bürgerkriege und Kriege. Längst verkam das Gesundheitswesen zur Gesundheitswirtschaft. Längst gerieten Sozialwesen, Schulen, meinungsformende Medien, Sport wie Unterhaltungskunst in die Hände von Privatunternehmen und dergleichen "freien" Strukturen. Nunmehr üben die größten Kapitalgruppen zunehmend direkt Machthandlungen aus, die bisher als "Gewaltmonopol" der Staaten galten. "Sauber" angerichtet wird dieser Prozess als "Befreiung vom Staat" mit Hilfe von Nichtregierungsorganisationen und einer "Zivilgesellschaft". Damit wird der viel gerühmten "bürgerlichen Demokratie" der Todesstoß versetzt, die doch an die Existenz eines "bürgerlichen Staates" gebunden ist. Damit wird sich die Freiheit des gewaltigen "privaten" Finanz- und Monopolkapitals noch ungezügelter austoben, als in den vergangenen 120 Jahren. Und man schaue sich die Menschenrechtler und Zivilgesellschaftler an, die uns frei von jeder Art Staat machen wollen und in deren Phantasie das Finanzkapital plötzlich menschlich wird. Das große Morden in Afrika, Asien und Amerika wird nicht als Globalisierung finanz- und monopolkapitalistischer Herrschaft wahrgenommen. Und schon gar nicht der soziale Zwang in Europa. "Sozialdarwinismus" als Kern faschistischer Ideologie wirkt nun selbst Handlungs- und Struktur beeinflussend im System des Imperialismus, mit barbarischen Folgen. Die aber werden in den Zentren des Imperialismus einfach "weggedacht", wie gehabt. Wird das "sozialdarwinistische" System siegen? Nur wenn wir es nicht erkennen, seine Realität für "natürlich" halten und seinen Millionen Opfern bestenfalls großmütig mit Almosen "helfen".

H. St.

Raute

Aus dem Juliheft der Roten Kalenderblätter

"Mein Vaterland - die Deutsche Demokratische Republik! Sie hat mir alles gegeben!" Mit diesem Bekenntnis erinnerte Genosse Wolfgang Winges vor einigen Jahren in den "Roten Kalenderblättern" an die Gründung der DDR. Viel zu früh hat uns Wolfgang im November des vergangenen Jahres verlassen. Im Namen seiner Potsdamer Genossen schreibt Dr. Heinz Korffmann in seiner Wolfgang Winges gewidmeten biographischen Skizze: "Er war ein Kommunist - wie wir ihn kannten. Er war ein Genosse, dem Solidarität eine Herzenssache war".

"Wir sind Besiegte, aber nicht Zerstörte, auch nicht Gewendete und schon gar keine Überläufer." Unter diesem Motto ergriffen rund 60 Autoren das Wort in dem von Horst Jäkel herausgegebenen Band "DDR - Realität und Hoffnung". Sie ergriffen das Wort, weil sie der Geschichtsfälschung über 40 Jahre DDR mit ihren eigenen Lebenserfahrungen entgegentreten wollen. Arbeiter und Bauern, Wissenschaftler Künstler und Schauspieler, Lehrer, Sportler, Theologen und Juristen, Ärzte, Diplomaten und Offiziere berichten "wie in diesem kleinen Land zwischen Oder, Elbe und Werra gelebt, gearbeitet, gelitten, gelacht und geliebt wurde".

Drei Annotationen beschäftigen sich mit bedeutenden Ereignissen aus der Geschichte der deutschen und der internationalen Arbeiterbewegung. Genosse Leonhard Helmschrott war dabei, als am 12. Juni 1943 das Nationalkomitee "Freies Deutschland" gegründet wurde. Neben Kriegsgefangenen - Soldaten und Offizieren der Wehrmacht - hatten sich an diesem denkwürdigen Tag in Krasnojarsk bei Moskau deutsche Emigranten versammelt, um gemeinsam den Widerstand gegen den Hitlerfaschismus zu organisieren. Anwesend waren bewährte Antifaschisten wie Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Wilhelm Florin, Johannes R. Becher, Anton Ackermann, Edwin Hörnle, Friedrich Wolf, Willi Bredel! Einer der Diskussionsredner war unser Genosse Helmschrott, dem wir im vergangenen Monat zu seinem 90. Geburtstag gratulieren durften.

Genosse Oberst a. D. Karl Dlugosch schreibt über den Polizeirat Jäger, einen Spanienkämpfer, der im Bataillon "Edgar André" vor Madrid kämpfte, nach Frankreich emigrieren musste, an die Gestapo ausgeliefert wurde und die Hölle von Buchenwald überstanden hat. Für die jungen Volkspolizisten, die damals in Gotha ihre erste Ausbildung erhielten, wurde ihr "Spanienkämpfer" zu einem bis heute unvergessenen Vorbild. Der Vorsitzende der Nueva Nicaragua e. V., unser Genosse Wolfgang Herrmann, beschäftigt sich in seinem Beitrag mit der Entwicklung der Sandinistischen Front der Nationalen Befreiung (FSLN) in Nicaragua, deren 50. Jahrestag wir in diesen Tagen begehen.

Prof. Dr. Erich Kundel

Raute

Aus dem Augustheft der Roten Kalenderblätter

In einer biographischen Skizze würdigt Ulla Ermen das literarische Werk von Ludwig Turek. Die meisten unserer Leser haben schon in der DDR Bekanntschaft mit diesem Schriftsteller gemacht. Über das Motiv seiner schriftstellerischen Tätigkeit befragt, antwortet Turek: "Um mitzuhelfen, die Duldsamkeit zu brechen - darum habe ich geschrieben. Nicht für Literaten und Schwärmer, sondern für meine Klasse." Vielleicht wird der eine oder andere nach der Lektüre des Beitrages von Ulla Ermen dazu angeregt, wieder einmal nach einem Buch von Ludwig Turek zu greifen.

Nicht minder empfehlenswert ist die Lektüre eines Buches, das soeben erschienen ist und inzwischen einen breiten Leserkreis gefunden hat. Es ist der authentische Bericht von zwei Zeitzeugen, die über die Maßnahmen zum Schutz der DDR und der sozialistischen Staatengemeinschaft am 13. August 1961 informieren. Inmitten einer Flut von Verleumdungen der DDR und einer beispiellosen antikommunistischen Hetze im Zusammenhang mit dem 50. Jahrestag der Errichtung eines Schutzwalls gegen die imperialistische Bedrohung der DDR und der anderen sozialistischen Länder erbringen Armeegeneral a. D. Heinz Keßler und Generalstabschef a. D. Fritz Streletz den Nachweis: "Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben". Der Beschluss der Warschauer Vertragsstaaten vom 12. August 1961 und die Erklärung Erich Honeckers vom 3. Dezember 1992 vor dem Berliner Schwurgericht - nachzulesen in dem vorliegenden Kalenderheft - sind ein weiterer Beweis dafür, daß sich die sozialistischen Länder gegen die Wohltätigkeit der imperialistischen Länder schützen mußten.

Die beiden folgenden Annotationen vermitteln eine Vorstellung über die historischen Wurzeln der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismus. Der Beitrag von Helmut Naudszus berichtet über die Rolle Preußen-Deutschlands bei der Entfesselung des ersten Weltkrieges. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang die Prognose von Friedrich Engels, der bereits 1887 die Gefahr eines Weltkrieges in Europa und seinen verheerenden Folgen in eindrucksvollen Worten beschrieben hat.

Um die Aggressivität der imperialistischen Machthaber geht es auch in dem Beitrag von Heiner Schultz. Sein Bericht über die Gründung der internationalen Hilfsaktion "Hände weg von Sowjetrußland!" am 7. August 1920 ist ein Musterbeispiel des proletarischen Internationalismus im Kampf gegen die Intervention von 14 kapitalistischen Staaten, die sich die Liquidierung der jungen Sowjetmacht zum Ziel gesetzt hatten. Was den Imperialsten in den Interventionskriegen und Hitler mit seinem Überfall auf die Sowjetunion nicht gelungen ist, das erreichten die imperialistischen Machthaber mit Hilfe Gorbatschows und seiner Clique in den 90er Jahren.

Prof. Dr. Erich Kundel

Raute

Brecht, Lagerfeuer und Politik

DKP-Brandenburg beim Pfingstcamp der SDAJ und beim Pressefest der UZ

Die Brandenburger Landesorganisation hatte beschlossen, an zentralen Aktionen der Partei gemeinsam mit den LV auf DDR-Gebiet teilzunehmen. Zunächst galt es, uns beim zweijährig stattfindende Pressefest unseres Zentralorgans der UZ in Dortmund zu repräsentieren. Hinzu kam in diesem Jahr, dass wir als DKP ein regionales Pfingsttreffen der SDAJ zu organisieren und zu unterstützen hatten, erstmalig im Land Brandenburg. Dabei war schon im Vorfeld klar, dass die Ausrichtung dieser beiden Treffen in einem Monat, größtes Engagement und einen hohen Mobilisierungsgrad der gesamten Parteiorganisation erfordert.

Dabei messe ich dem Pfingsttreffen der SDAJ einen noch höheren Stellenwert als dem Pressefest der UZ zu.

Um unseren LV zu stärken, gehört der Aspekt die Gewinnung junger Menschen.

Und noch ein anderer Punkt scheint mir in diesem Zusammenhang bedeutsam zu sein. Im Land Brandenburg ist es bisher nicht gelungen, einen eigenen Landesverband der SDAJ zu gründen. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Gemeinsame Organisationsformen führen dazu, dass sich die Jugendlichen mit ihren spezifischen Problemen, häufig allein gelassen fühlen.

Das wurde beim Pfingsttreffen deutlich. Zeitweise bis zu 100 Jugendliche der SDAJ Berlin und Leipzig als Organisatoren des Programms, Jugendlichen aus Antifa-Strukturen und andere linke Jugendliche aus Vereinen nutzten das Camp zum gemeinsamen Austausch von Erfahrungen, zur Diskussion, zu sportlichem Wettkampf und zum gemeinsamen Feiern.

Tagsüber dominierten Diskussionsrunden und Foren das Programm, welches von der SDAJ ausschließlich selbst organisiert wurde. Am Abend gab es kulturelle Beiträge: z.B. Brecht-Lesung, Singen von Arbeiterliedern am Lagerfeuer. Die Nächte gehörten Ska, Hip-Hop und Rock. Ein Highlight war der Hamburger Fünfkampf. Im sportlichen Wettstreit wurden Strategien für Demonstrationen und Protestaktionen eingeübt.

Unsere Genossen, die auf verschiedenste Art und Weise, vor Ort, zum Gelingen des Camps beigetragen haben, waren der einhelligen Meinung, dass die SDAJler ein bemerkenswertes politisches Programm auf die Beine gestellt haben. Unsere Genossen, die die Diskussionen und Foren verfolgen konnten, oder selbst bestritten, sprachen mit Hochachtung von der Disziplin und politischen Kenntnis der jungen Leute.

Der Landesvorstand bedankt sich in diesem Zusammenhang besonders bei den Genossen aus den GO Bernau, Eberswalde KW, Strausberg und Templin. Es fehlten dennoch viele Genossen mit und ohne Kinder und Enkelkinder. Somit wurde eine gute Gelegenheit verschenkt, mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, ihre Organisation kennen zu lernen, über ihre Probleme und Erwartungen zu sprechen.

Das Pressefest der UZ in Dortmund war der zweite Höhepunkt im Juni. Das Pressefest ist von jeher der bundesweite Treffpunkt für Kommunisten, mit internationalen Gästen, mit Linken aus anderen Organisationen, mit den Besuchern des Festes aus Dortmund und der Umgebung.

Brandenburg war seit Jahren mit einem eigenen Zelt, mit einem eigenständigen, interessanten Programm vor Ort vertreten.

Nach der im vergangenen Jahr, in Vorbereitung des 19. PT zustande gekommenen engeren Zusammenarbeit der Landesverbände und Koordinierungsgruppen aus dem Osten, hatten wir gemeinsam verabredet, in diesem Jahr ein gemeinsames Zelt der Ostverbände zu gestalten.

Ziel war es, die gemeinsame Arbeit, gemäß den spezifischen Aufgaben und Interessen der Ostverbände zu bekräftigen und darzustellen.

Rückblickend wurde von den beteiligten Verbänden und auch von den Gästen und Besuchern eingeschätzt, dass im Ostzelt das inhaltsreichste, interessanteste Programm geboten wurde. Über drei Tage lösten sich die Programmpunkte im Ein- oder Zweistundenrhythmus ab. Auf unserem Podium standen herausragende Persönlichkeiten aus Politik, Literatur und Kultur Rede und Antwort. Es wurde intensiv diskutiert, es wurde gemeinsam gesungen, es wurde getanzt.

Während der zahlreichen Podiumsdiskussionen u.a. zu Themen wie "Macht und Moral im Kampf der Kommunisten", "Möglichkeiten und Grenzen von Bürgerbegehren" oder "Die Sicherung der Staatsgrenze zu Westberlin vor 50 Jahren" reichte die Kapazität des Zeltes nicht aus. Trotz anhaltendem Regen standen die Besucher in mehreren Reihen in den Zelteingängen, um die Diskussionen verfolgen zu können. Ebenso bei den Autorengesprächen vor allem gemeinsam mit dem Wiljo Heinen Verlag. Die Songgruppe "Albatros" vom DDR Kabinett in Bochum sorgte für den kulturellen Höhepunkt im Zelt. Auf ihrer Web-Seite können wir ihre Einschätzungen betrachten. Das gemeinsame Singen der DDR-Hymne bewies die Aktualität des Textes. gerade heute wieder war: "Lasst das Licht des Friedens scheinen, dass nie eine Mutter mehr, ihren Sohn beweint".

Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatten sich alle Vorbereitungen des Festes, alle Mühe gelohnt.

Detlef Krüger
Stellvertretender Landesvorsitzender der DKP in Brandenburg

Raute

Brandenburger Nachrichten in Rot

Nach- und Neubauten

(Potsdam) Mit ihren Anstrengungen für den Nachbau royalistischer Schlösser und Kirchen in der Landeshauptstadt gewinnen Brandenburgs Regierende die Träger des sprichwörtlichen Geistes von Potsdam für sich. In jüngster Zeit tut sich Linkspartei-Minister Markov hervor, damit der Landtag künftig standesgemäß wenigstens hinter der Fassade des einstigen Potsdamer Hohenzollern-Schlosses amtieren darf. Gegen den Nachbau von Potsdams Garnisonkirche fanden sich allerdings doch einige demokratische oder republikanische Potsdamer zusammen, um Widerstand gegen die Restauration zu wecken.


Arbeitskräftemangel

(Potsdam) Die rot-rote Landesregierung hofft, in zwanzig Jahren leben trotz alledem immer noch etwas mehr als zwei Millionen Menschen in Brandenburg. Ungewiss ist, ob sie dabei beachtet hat, dass soeben die Bundeswehr genau für diesen Zeitraum auf immer mehr bewaffnete Einsätze im Ausland eingestellt wird und der Einsatzführungsstab zu allem Überfluss in Potsdam handelt. Ungewiss ist auch, wie lange der Rest der Welt NATO-Kriegshandlungen in anderen Ländern lediglich äußerst höflich kritisiert. Immerhin geht die Regierung davon aus, in zwei Jahrzehnten sei fast jeder zweite Mensch im Land über 60 Jahre alt. Deshalb werden, so schlussfolgert Minister Baaske, auch die über 65-Jährigen "weiter am Erwerbsleben teilhaben" und wünscht viele altersgerechte Arbeitsplätze. Solche werden nach allen Erfahrungen in Kriegszeiten mehr als genug zur Verfügung stehen, für Alt und Jung.


Nationale Hygiene

(Potsdam) Entschlossenes Vorgehen gegen jene wenigen DDR-Juristen, MfS-Angehörigen und sonstigen einstigen Staatsangestellten der DDR, die nach 1989 treu und brav der Bundesrepublik dienen, fordern Brandenburgs christdemokratische und grüne Landtagsabgeordnete. CDU-Sprecher Dombrowski nannte diese Forderung im Landtag in berüchtigter deutscher Diktion ein Gebot gesellschaftlicher "Hygiene". So sah sich selbst Ministerpräsident Platzeck genötigt, in der Landtagssitzung vom 18. Mai die Scharfmacher darauf hinzuweisen, dass die Hebel der Macht in Ostdeutschland nicht bei einstigen SED- und MfS-Leuten, sondern zu 90 Prozent in westdeutschen Händen liegen. Doch wollen CDU und Grüne die Verantwortung für die heutigen Zustände anderen zuschieben. Die begreifen nicht einmal den Hinweis Egon Bahrs vom 16. Mai d.J.: "Die Stasi-Behörde kann keine Gerechtigkeit schaffen", denn ein sinnvolles Urteil sei nicht möglich, "so lange BND und andere Geheimdienste ihre Akten verschlossen halten". Bahr war immer klüger, denn in Zeiten riskanter Kriege ist es besser, keine "Parteien" mehr zu kennen, sondern nur noch Deutsche.


Bemerkenswert

(Wittstock) Die Innenminister Brandenburgs und Mecklenburgs schlossen Ende Mai ein bemerkenswertes Abkommen. Das gilt vor allem dem Museum im Belower Wald sowie einer Freiluft-Ausstellung im nördlichen Bundesland, die an den Todesmarsch Tausender KZ-Opfer 1945 gemahnen. Leute, die das Morden im III. Reich vergessen machen wollen, verübten in den vergangenen zehn Jahren Anschläge, bei denen einmal das Museum gänzlich zerstört wurde. Die Minister wollen ihre Polizei schützend zu Streifenfahrten und anderen Einsätzen für die Gedenkorte nutzen. Insbesondere soll die Polizei dafür grenzüberschreitende Handlungsfähigkeit in Mecklen- und Brandenburg erhalten. Besser als NS-Aufzüge zu schützen ist das allemal.


Aufschlussreich

(Potsdam) Aufschlussreich sind immer wieder die Sitzungen der Enquetekommission, welche zu prüfen hat, ob der Kampf gegen die DDR in den vergangenen zwanzig Jahren in Brandenburg energisch genug geführt wurde. Am 20. Mai ging es um das Thema "Schulen" und die Landesbeauftragte für Antikommunismus teilte ihre Beobachtung mit, nach der sich viele Lehrer scheuen, die DDR im Unterricht vorgabengetreu zu behandeln. Sie hätten immer noch ein eher zustimmendes Verhältnis zu diesem bösen Land. Offensichtlich geht in die Köpfe derer, die hier selbst gelebt haben einfach nicht hinein, dass sie Tag und Nacht von Häschern, Kerker, Folter und Todesschüssen bedroht waren. Deshalb wurde in der Sitzung empfohlen, bereits den Kindern im Vorschulalter die heutige DDR-Legende beizubringen und die Jugend mittels Spielfilmen die DDR-Realität zu lehren. Auch mehr Klassenfahrten in die aufbereiteten Stasi-Gruselstätten und Gespräche mit antikommunistischen Zeitzeugen sollen für die in heutiger Freiheit festgelegte einheitliche Gesinnung sorgen.

Raute

Gefährlich braunes Edelweiß

Beschaulich und gemütlich ist die Atmosphäre in Bad Reichenhall, dem Kurort im Oberbayerischen. Nett die Cafés, gesund die Alte Saline, ein Erlebnis das alte Salzbergwerk und ein Genuss das Knoblauchsalz von Bad Reichenhall auf der Zunge. "Durchatmen im Alpenklima", wirbt die Homepage der Stadt. Wer das alles so sehen will, wird die General-Konrad-Kaserne der Bundeswehr kaum wahrnehmen. Stationiert sind dort Gebirgsjäger. Hitlers eifriger General Rudolf Konrad, Ritterkreuzträger, Partisanenjäger, hat den Krieg überlebt und rief nach kurzer Gefangenschaft im Mai 1953 zum "Tag der Treue" seine "Kameraden unter'm Edelweiß". Denen erklärte er, dass er hoffe "[...] dass in der neuen Schale die gleichen Männer, die alten Soldaten stecken, die einst Kraft und Ruhm des deutschen Heeres und Stolz des deutschen Volkes waren." [zitiert nach badreichenhall.org/2007//04 - 07.06.2011] Die Kontinuität der Gebirgsjägertruppe von den Massakern auf der Krim, in Griechenland und anderswo bis zu ihren jährlichen Treffen in Mittenwald war zu keinem Zeitpunkt in der Bundesrepublik ernsthaft unterbrochen. So wundert es nicht, dass zum "Tag der offenen Tür" in der Kaserne Waffennachbildungen in die Hände von Schulkindern gegeben werden konnten, mit denen sie auf eine Miniaturstadt schossen, die, getreu dem Bundeswehrfeindbild, mit "Klein Mitrovica" bezeichnet war. Mitrovica ist bekanntlich jene von Serben und Albanern bewohnte Stadt, in der es opferreiche Auseinandersetzungen während des Nazikrieges und des NATO-Krieges gab. Skandalös verhöhnten die "Kameraden unter'm Edelweiß" nicht nur die Opfer von Mitrovica, sie verlegten den Stadtnamen in den "Kreis Zwickau" und stellten damit einmal mehr unter Beweis, was man bei der Bundeswehr alles lernen kann. Erinnert sei an dieser Stelle an die harsche Kritik, die so genannte Bürgerrechtler der DDR an der Wehrerziehung in den Schulen damals übten. Eine dieser Figuren, die diesbezüglich an Gedächtnisschwund leiden, erhielt Anfang Juni den Ludwig-Börne-Preis. Der wird verliehen für hervorragende Leistungen in den Bereichen Essay, Kritik und Reportage und ist verbunden mit der Überweisung von schlichten zwanzigtausend Euro. Bei Entgegennahme des Preises erklärte der Empfänger, dass grundsätzliches Nein zu Militärinterventionen Verrat an den Menschenrechten bedeuten könne. "Bei Antikriegsversammlungen verwirrt mich, dass Redner dasselbe Vokabular benutzen, als ob wir Deutsche Eroberungskrieg führen würden." [zitiert nach MOZ, 6.6.2011] Wenn dieser verwirrte "ehemalige DDR-Bürgerrechtler" [a.a.O.] namens Gauck erklären könnte, weshalb Schulkinder als Gäste in der General-Konrad-Kaserne der Bundeswehr auf den fiktiven Ort Mitrovica schießen üben dürfen, wird zu verstehen sein, dass er Hervorragendes zu leisten in der Lage ist und die zwanzigtausend Euro redlich verdient hat.

Gerhard Hoffmann

Ulrich Sander: "Eine Mordstruppe". Herausgeber Bundesausschuss der VVN-BdA, 2009.
130 S., Broschur DIN A 4, mit Fotos und Kopien, 7,-Euro. Zu beziehen über: http://shop.vvn-bda.de/

Raute

Der rote Bücherwurm empfiehlt

Artikel 23 - Kein Anschluss unter dieser Nummer

In seinem neuesten Buch berührt Horst Schneider ein Thema, das schon fast in Vergessenheit geraten ist - die "Wiedervereinigung" nach Artikel 23. Was führte vor einundzwanzig Jahren zu dem Aufgehen des einen Staates (DDR) in den anderen (BRD)? Wie stand es damals um "die Stellung des Rechts und des Völkerrechts im Prozess der deutschen 'Wiedervereinigung'"? Wie gingen die Verantwortlichen damit um? Horst Schneider vertritt die These, dass "1989/90 das Völkerrecht, die Verfassung der DDR, und das Grundgesetz der BRD, wie auch internationale Verträge, z.B. die von Helsinki, gröblichst verletzt wurden." Er liefert hierzu eine gründliche Analyse der Geschehnisse und deren Voraussetzungen unter juristischen Gesichtspunkten.

Die Maueröffnung - dank einer "Schusseligkeit" von Herrn Schabowski - hätte noch lange nicht das Ende der DDR bedeuten müssen. Was geschah? Die Gunst der Stunde nutzend, wurde die "Wiedervereinigung" in Windeseile über die Bühne gebracht und gesetzliche Hürden umgangen, damit der Prozess der Einheit wenigstens dem Anschein nach legal aussah. Das "von den westlichen Alliierten in Auftrag" gegebene Grundgesetz galt nur für eine Übergangszeit, bis zur Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands. So schreibt es die Präambel vor. "Wäre das Grundgesetz wirklich ernst genommen, bzw. richtig gelesen worden", meint Horst Schneider, "hätte die Vereinigung nach Artikel 146 vollzogen" und das Grundgesetz durch eine neue, vom Volke gewählte Verfassung ersetzt werden müssen. Demnach ist das heutige Grundgesetz null und nichtig. In der Deutschen Demokratischen Republik gab es eine vom Volke frei gewählte Verfassung. Doch der Einigungsvertrag missachtete die Souveränität dieses Staates und seiner Bevölkerung, was einem Verfassungsbruch gleichkam. Unter juristischen Gesichtspunkten betrachtet, hätte der Anschluss der DDR und ihre schnelle Abwicklung nicht stattfinden dürfen, auch völkerrechtlich nicht.

"Die Rechtsbrüche bei der 'Wiedervereinigung'" haben eine Vorgeschichte. Im Grunde wurde die DDR von der Bundesrepublik nie anerkannt und so behandelt, als hätte es keinen Grundlagenvertrag gegeben. Spätestens 1990 zeigte sich, dass mit dem Wandel durch Annäherung nicht der Wandel im politischen Denken der westlichen Verhandlungspartner gemeint war, sondern nur ein Wechsel der Strategie - nämlich der des "vorsichtigen Taktierens". Und was blieb übrig vom Potsdamer Abkommen? "1989 war Deutschland in zwei souveräne Staaten gespalten, einen Friedensvertrag gab es nicht. Die BRD stellte eine Militärmacht dar." Schneider zeigt die Wirklichkeit hinter den der Einheit vorangegangen Verträgen. Welche Interessen verfolgte der Westen mit seiner Entspannungspolitik? Nehmen wir nur mal die Anerkennung der polnischen Westgrenzen durch die Regierung Brandt 1973. Sie war zwar im Warschauer Vertrag völkerrechtlich besiegelt und verbindlich, wurde aber durch die Machtzentren der CDU wieder zurückgenommen. Franz-Josef Strauß erreichte durch eine Verfassungsklage, dass die Grenzen von 1937 innerdeutsch weiterhin galten. Der Grundlagenvertrag, der Warschauer Vertrag, die Verhandlungen in Helsinki und die KSZE hatten Hoffnungen geweckt bei den sozialistischen Partnern. Doch was waren diese Verträge wert, wenn sie so leicht über Bord geworfen werden konnten, wie sich während des "Wiedervereinigungsprozesses" und auch danach herausstellte? Aus den ehemaligen Verhandlungspartnern wurden Verbrecher. Aus dem Vier-Mächte-Abkommen entstand das "Feigenblatt" Zwei-Plus-Vier-Vertrag.... Horst Schneiders Buch ist ein weiteres Dokument zur Entlarvung von Antikommunismus und Gleichschaltung in Politik und Medien. Es stellt "die rechtliche Überwindung eines Unrechtstaates" in Frage. Ein kluges, spannendes und differenziertes Buch.


Horst Schneider: Artikel 23 - Kein Anschluss unter dieser Nummer
Auruspress Dresden 2011 150 Seiten ISBN: 978-3-940183-07-1 Preis 9,90 Euro

Raute

Der rote Bücherwurm empfiehlt

Ein ungewöhnliches Buch

Er war 21 Jahre alt, und er war ein Bauernsohn aus dem kleinen Dorf Unterthürheim bei Augsburg. Als Wehrmachtssoldat lag Leonhard Helmschrott am 9. September 1942 an der Ostfront hinter einem kleinen Strauch und musste eine tiefgreifende Entscheidung treffen, die sein weiteres Leben bestimmen sollte.

Auf sowjetischer Seite angekommen, überlegte er, wie er seine Kameraden am Leben erhalten könne. So entschloss er sich, gemeinsam mit dem sowjetischen Offizier Sacharow in vorderster Linie mit dem Lautsprecher zu ihnen zu sprechen. Die Antwort war für ihn niederschmetternd. Sie schossen mit Maschinengewehren und Granatwerfern.

In sowjetischer Gefangenschaft traf der Autor auf deutsche Kommunisten, die ihn, den Wissbegierigen, behutsam an marxistische Literatur heranführten.

Im weiteren Verlauf des Buches schildert er sein Leben im Gefangenenlager, den Besuch der Antifaschule, die in ihm den Wunsch nach tieferem Eindringen in die marxistisch-leninistische Wissenschaft erweckte. 1943 war er Teilnehmer an der Gründungskonferenz des Nationalkomitees "Freies Deutschland". Als Abgesandter von Bauern trat er an das Mikrofon und legte die Forderungen der Bauern dar, die nach dem Sturz des Faschismus erfüllt werden müssten. Leonhard Helmschrott wurde als Mitglied in das Nationalkomitee gewählt.

Einen breiten Abschnitt im Buch widmet der Autor der Deutschen Demokratischen Republik, ihres Werdens, ihrer Höhepunkte und ihres Unterganges. Er zeigt an seinen Erlebnissen ihre Stärken und Schwächen. Er wirkt dabei nicht als Außenstehender, sondern als Mitgestalter, der kritische und selbstkritische Rückschau hält. All das beschreibt er aus seiner Sicht, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Das Buch mit dem Titel "Sag nie, ich kann nichts tun" ist vom Autor in einer Leseweise geschrieben worden, die einerseits fesselt, aber auch zum Nachdenken über das Gewesene und das Kommende zwingt. Es ist ein Buch, das sowohl die jüngere als auch die ältere Generation anspricht.

Es ist ein Buch über die Lebensgeschichte eines Bauerjungen aus einem kleinen bayerischen Dorf, der in der DDR ein bekannter Journalist und Politiker wurde.

Marlis Huuck

Leonhard Helmschrott "Sag nie, ich kann nichts tun"
Verlag am Park in der Edition Ost ISBN 978 3 89793 269 2 16,90 Euro

Raute

IMPRESSUM

Herausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (DKP) Landesvorstand Brandenburg
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Layout: Jana Berg
Druck: Peter Müller

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Redaktionsschluss für Nr. 09/2011: 10. August 2011


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Quelle:
Roter Brandenburger 7-8/2011, 16. Jahrgang
Herausgeber: Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Landesvorstand
Brandenburg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2011