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ROTER BRANDENBURGER/017: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 6/12


Roter Brandenburger - Juni 2012
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg



Die Geschichte der Arbeiterklasse verteidigen!

Redebeitrag in Ziegenhals am 22.04.2012

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Anwesende, anlässlich der heutigen Kundgebung im Gedenken an den 126. Geburtstag Ernst Thälmanns bin ich freundlicherweise vom "Freundeskreis Ziegenhals" eingeladen worden und möchte euch im Namen der Antifaschistischen Revolutionären Aktion Berlin [ARAB] herzlich begrüßen.

Wie nicht wenige Kommunisten vor und nach ihm, wurde Ernst Thälmann aufgrund seines Kampfes gegen Faschismus und Krieg und für die Rechte der Arbeiterinnen und Arbeiter am 17. August 1944 im KZ Buchenwald von den Nazis ermordet. Die Erinnerung an ihn und seinen Kampf wach zu halten, ist jedoch keineswegs nur die Aufgabe der älteren Generationen, sondern auch für uns als jüngere antifaschistische Organisation eine dauerhafte Verpflichtung. Vieles zum Leben und Wirken Thälmanns ist schon gesagt worden. Von daher möchte ich mich in meinem Beitrag maßgeblich der aktuellen politischen Auseinandersetzungen widmen. Diese nehmen tagtäglich an Schärfe zu.

Deutschland führt wieder Krieg und die Attacken von Kapital, Politik und Medien auf sozial Deklassierte, Migranten, aber auch die Arbeiterschaft im Allgemeinen nehmen stetig zu. Selbstredend ist auch die politische Linke zunehmend den Angriffen der Herrschenden ausgesetzt.

Während die neofaschistischen Terroristen des sogenannten "Nationalsozialistischen Untergrundes" über mehr als 13 Jahre hinweg mit Hilfe der bundesdeutschen Inlandsgeheimdienste bombend und mordend durch die gesamte Republik ziehen konnten, hat die herrschende Klasse es weder Ernst Thälmann noch der politischen Linken insgesamt jemals verziehen, politische Alternativen zum Kapitalismus entwickelt zu haben.

Wir, und das sind Linke aller Couleur, sind derzeit einer Flut von staatlichen und medialen Angriffen und Hetzkampagnen ausgesetzt. Mittels der staatlichen Extremismusdoktrin, die ausgerechnet Nazis und ihre entschiedensten Gegner - Antifaschisten und Kommunisten - gleichsetzt, wird uns allen auch aktuell der Kampf angesagt. Ich will euch dafür gern ein Beispiel nennen, das euch sicherlich nicht unbekannt sein wird:

Eine Berliner Boulevardzeitung machte kürzlich mit der Meldung auf, dass das Thälmann-Denkmal am Eingang des gleichnamigen Parks in Berlin abgerissen werden solle. Dies zumindest fordert die selbsternannte DDR-Bürgerrechtlerin Angelika Barbe. Das Thälmann-Denkmal sei ein "falsches Symbol in Erinnerung an den Kommunismus und seine Verbrechen", so Barbe, die zugleich forderte am bisherigen Standort des Denkmals "das Wort Freiheit als Hochhaus" zu bauen.

Die Forderungen besagter Dame werfen indes Fragen auf. Um welche Freiheit mag es Angelika Barbe wohl gehen? Freiheit, dies bedeutet heutzutage nicht nur die Freiheit einiger weniger, weite Teile der Bevölkerung auszugrenzen und sozial noch weiter zu deklassieren. Freiheit, dies bedeutet heutzutage auch, aus Gier nach Macht und Profit imperialistische Angriffskriege wie etwa gegen Jugoslawien, den Irak, Afghanistan oder Libyen zu führen. Weitere Kriege wie der gegen den Iran oder der gegen Syrien werden mithilfe der gleichen Lügenpropaganda, wie wir sie schon bei den Kriegen gegen den Irak erlebt haben, vorbereitet. Und Freiheit, dass meint in den Augen der selbsternannten Bürgerrechtler offenbar auch die Freiheit, die Geschichte der Arbeiterbewegung zu entsorgen.

Die gleichen Personenkreise, die behaupten, in der DDR gegen die angeblichen Massenüberwachung und die angebliche Beschneidung individueller Freiheiten auf die Straße gegangen zu sein, nehmen sich heute die Freiheit, einen Generalangriff auf die politische Linke zu starten. Und sie nehmen sich - jedenfalls in ihrer großen Mehrheit - die Freiheit, Kriege und das größte Sozialabbauprogramm der Nachkriegsgeschichte namens Hartz IV zu bejubeln. Auch schweigen sie zu der tatsächlichen Massenüberwachung, die übrigens im vergangenen Jahr in Dresden stattfand, als über eine Million Telekommunikationsdaten von den Behörden gespeichert und Antifaschisten bespitzelt wurden, deren "Vergehen" einzig darin bestand, einen faschistischen Aufmarsch verhindert zu haben.

Ich kann mich auch noch sehr genau daran erinnern, als eine sogenannte Bürgerrechtlerin, in diesem Fall war es Vera Lengsfeld (Wollenberger), im Januar letzten Jahres mit ihren Gesinnungsgenossen und den ebenfalls anwesenden antimuslimischen Rassisten der rechten Politsekte "pro Deutschland" die Meinungsfreiheit beseitigen und verhindern wollten, dass im Rahmen der damaligen "Rosa-Luxemburg-Konferenz" über "Wege zum Kommunismus" diskutiert wurde.

Wir werden uns zukünftig auf weitere Angriffe auf das Vermächtnis der Arbeiterbewegung einzustellen haben. Darauf deutet nicht nur die an den Schulen betriebene Geschichtsverfälschung und Hatz auf ehemalige Bürger und Funktionsträger der DDR hin. Dafür sprechen auch die fortlaufenden Forderungen, etwa nach Clara Zetkin, Rosa Luxemburg, oder Karl Liebknecht benannte Straßen umzubenennen. Oder auch die vom Bundesbauminister Peter Ramsauer erhobene Forderung, das Marx-Engels-Denkmal in der Nähe des Alexanderplatzes entfernen zu lassen.

Lasst es mich hier und heute deutlich sagen: Diejenigen, die sich in den vergangenen Jahren als Bürgerrechtler inszenierten, sind das Gegenteil davon. Sie sind Teil der herrschenden Klasse, ja, der politischen Rechten und stehen der Emanzipation der Menschen im Wege.

Für uns als Antifaschistische Revolutionäre Aktion Berlin ist es hingegen eine Verpflichtung, sich dem herrschenden Zeitgeist entgegenzustellen. Im Gegensatz - auch zu manchen Vertretern der Berliner Linkspartei - wollen wir nicht einstimmen in den Chor der Distanzierer, Bedenkenträger und politischen Wendehälse.

Gemeinsam mit allen fortschrittlichen Kräften stehen wir vielmehr - und das gemeinsam mit euch - für eine Verteidigung linker, kommunistischer Geschichte und wollen die politischen Erfahrungen der Arbeiterklasse verknüpfen mit den aktuellen Auseinandersetzungen dieser Tage.

Eine Linke, die die Kernelemente linker Politik - wie den Kampf gegen Krieg, Sozialabbau und Faschismus - nicht offensiv betreibt, ist nicht links! Von daher lasst uns unseren gemeinsamen Kampf verstärken und die Geschichte der Arbeiterklasse, also unserer Geschichte, offensiver verteidigen. Ich will die Gelegenheit nutzen, ein persönliches Wort an die ehemaligen DDR-Funktionsträger zu richten: Trotz aller Hatz gegen Euch und vielleicht auch vorhandener Zweifel an Eurem Wirken und Tun: Lasst uns die Angriffe der Herrschenden mit erhobenem Haupt zurückweisen! Es gibt nichts, was Ihr zu bereuen hättet. Um es mit den Worten von Egon Krenz zu sagen: "Machen wir die DDR nicht schlechter als sie war". Aber vor allem: "Machen wir die BRD nicht besser als sie ist!".

Im Gedenken nicht nur an Ernst Thälmann, sondern an alle unsere Genossinnen und Genossen: Hoch die Internationale Solidarität!

Markus Bernhardt

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Zwang zur Arbeit war nicht Zwangsarbeit

Immer öfter ist neuerdings davon zu lesen, dass es in Strafvollzugseinrichtungen der DDR "Zwangsarbeit" gegeben hätte, von "DDR-Zwangsarbeitern" ist die Rede. IKEA hätte von Zwangsarbeit in der DDR profitiert, wird behauptet. Die "Diktaturbeauftragte" des Landes Brandenburg weiß von "Arbeitssklaven". Zwang zu Arbeit wird in Zwangsarbeit umgedeutet. Unbenommen gab es im Strafvollzug harte, auch gesundheitsgefährdende Arbeit, nicht auszuschließen ist ungerechtfertigt schwere und ungeschützte. Den Begriff Zwangsarbeit anzuwenden, verbietet sich jedoch, denn er ist eindeutig dem faschistischen deutschen-Staat zuzuordnen, der die Zwangsarbeit zu politischer und ökonomischer Herrschaftssicherung einführte und durchsetzte. Dem System der Zwangsarbeit unterlagen beispielsweise jüdische Zwangsarbeiter aus allen von der deutschen Wehrmacht okkupierten Ländern. Bekanntlich kam es ab 1940 in Polen zu regelrechten Menschenjagden, in deren Ergebnis Menschen nach Deutschland verschleppt wurden. Das Polensonderstrafrecht wurde eingeführt, um diese Menschen zu drangsalieren und zu demütigen. Aus den besetzten Gebieten der Sowjetunion wurden so stigmatisierte "OST-Arbeiter" massenhaft gewaltsam zum "Reicheinsatz" gezwungen. Völkerrechtswidrig kamen Kriegsgefangene zum Einsatz und KZ-Häftlinge mussten Zwangsarbeit leisten. Im Spätsommer 1944 waren rund 5,9 Millionen Ausländer, 1,9 Millionen Kriegsgefangene und 400.000 KZ-Häftlinge zur Zwangsarbeit eingesetzt. Das System reichte von der "Arbeitspflicht" bis zur "Vernichtung durch Arbeit". Den Begriff auf den Strafvollzug der DDR anzuwenden, ist eine ungeheuerliche Gleichsetzung und relativiert Verbrechen des deutschen Faschismus. Die ahistorische Begriffswahl bedient Zeitgeist und ist wenig geeignet, tatsächliche Zusammenhänge zu verdeutlichen.

Gerhard Hoffmann

Anmerkung:
Die erneut durchs Dorf getriebene Anti-DDR-Propaganda-Sau braucht einen neuen Namen. Die Sau "STASI" ruft nur noch müdes Gähnen hervor. Neben dem Aspekt der Gleichsetzung von Sozialismus und Faschismus und damit Verharmlosung es Letzteren, sollen die in der DDR stattgefundenen Entwicklungen totgekleistert werden. Die von Gerichten wegen Straftaten verurteilten Häftlinge haben gearbeitet. Arbeit macht den Menschen zum Menschen. Nach der Haftentlassung hatten die Entlassenen dann ein finanzielles Polster für einen Neuanfang. Die Arbeit wurde entlohnt. Dazu wurden die Entlassenen nicht ihrem Schicksal überlassen, sondern bekamen, so erforderlich, eine Wohnung und eine Arbeit zugewiesen. Dazu wurden sie durch ehrenamtliche Helfer betreut. Sie hatten damit stabile Voraussetzungen, um ein neues Leben anzufangen.

Frank Novoce

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Unerträgliche Kriegshetzer

Auf der Erde leben zurzeit schon mehr als sechs Millionen Menschen. Alle (fast alle) wollen in Frieden leben - möglichst gleichberechtigt. Aber eine Minderheit hetzt zum Krieg gegen den Iran und faselt von Präventivschlägen, weil sie sich bedroht fühlen. Da bettelt Netanjahu in der Welt um Bomben gegen den Iran, weil dort Atomkraftwerke erbaut werden. Und die von den USA gelenkte UNO schweigt.

Dabei liegen die Fakten klar auf der Hand: Israel verfügt über Atomwaffen - Iran nicht. Israel unterdrückt die Palästinenser - Iran nicht. Israel führte Krieg gegen Libanon, Syrien, Ägypten - Iran nicht. Israel missachtet zig UNO-Resolutionen - Iran nicht.

Die USA decken die arroganten israelischen Politiker, bedrohen den Iran, führen Krieg gegen Irak, Afghanistan und streben nach der Weltherrschaft - wie einst der deutsche Faschismus. Der Friedensnobelpreis für Obama ist eine Verspottung der ganzen Menschheit. Wir Deutschen (und nicht nur wir, Anm.d.R.) haben schon einmal Faschismus zu spüren bekommen und sollten mithelfen, einen neuen Faschismus zu verhindern.

Horst Jäkel

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Drohnen und Mörder

Nun ist es heraus: Drohnen der NATO-Staaten hatten den Autokonvoi mit Muammar al-Gaddafi geortet und gestoppt. Dann leiteten die Drohnenlenker ihre Spießgesellen in Libyen zu diesem Punkt. Die erschossen den libyschen Revolutionsführer weder im Kampf noch ohne solchen. Die "Freiheitskämpfer" zerfleischten ihn buchstäblich Schlag für Schlag vor laufenden Aufnahmegeräten. Die Untat spricht in ihrer Gesamtheit für sich, ich mag sie nicht kommentieren. Allerdings muss die neue und häufige Art der Kriegstreiberei und Kriegführung der USA und anderer NATO-Staaten endlich begriffen werden.

Jüngst hatte der Iran eine US-Drohne erbeutet und der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Auch die Regierung Pakistans hatte mehrfach Anlass, zornig gegen den Einsatz von Drohnen in ihrem Land zu protestieren. Umso mehr, als diese Flugroboter "nicht nur" Spionage verübten, sondern auch Männer, Frauen und Kinder mordeten. Bisher sind aus zwölf Ländern freche Drohneneinsätze aus anderen Staaten bekannt geworden. Aus US-Geheimdienstkreisen war im April von bis dahin etwa 300 Tötungen durch Auslandseinsätze von US-Drohnen zu hören. Betroffene Länder zählten zu dem Zeitpunkt jedoch bereits mehr als 3.000 Drohnenopfer. Dabei handelt es sich eindeutig um militärische und geheimdienstliche Gewalt und Spionage gegen Länder, mit denen sich die überall bekannten Täter offiziell nicht im Kriegszustand befinden. Bisher ist noch gegen keinen der Verantwortlichen für den blutigen Bruch von Völkerrecht und Menschlichkeit auch nur Anklage erhoben worden. Auch die deutsche Regierung befasst sich eher mit den blauen Flecken der Orange-Revolutionsführerin in der Ukraine, als mit Untaten ihrer Freunde.

Offenbar werden die Folgen heutiger "Eingreifpolitik" nicht bedacht. Bisher sind 15 Staaten vermeldet, die entweder bereits über einsatzfähige Drohnen verfügen oder kurz davor stehen. Selbstverständlich zählt die Bundeswehr darunter, die soeben in Zusammenarbeit mit dem auf diesem Gebiet besonders weit fortgeschrittenen israelischen Militär ihre fliegenden Kampfroboter modernisiert. Wie groß wird das Geschrei ausfallen, wenn eines Tages "feindliche" Drohnen neugierig und treffsicher über NATO-Staaten auftauchen? Was dem einen recht ist, ist dem anderen billig, oder? Zum Glück ist wahrscheinlicher, die anderen gehen weit verantwortungsbewusster mit Krieg und Frieden um als die "westliche Allianz".

Es ist schon schlimm genug, wie hinterhältig die Kriege der Gegenwart hervorgerufen und geführt werden. Inszeniert von Geheimdiensten, Untergrundsöldnern, mit Landsknechten, die von Feld zu Feld ziehen, privaten "Schutztruppen", Heckenschützen, auch "Elitesoldaten" und aufgeputschten Dummköpfen. Nun aber auch noch geführt über Satelliten, mit Drohnen und anderem modernstem Kriegsgerät. Die gefährlichsten der Aggressoren decken sich dabei mit ihren Kernwaffenarsenalen ab und zwingen so andere Staaten, sich zu ducken. Statt Kernwaffen abzurüsten, wie von Friedensnobelpreisträger Obama einst werbewirksam versprochen, wird dieses Teufelszeug einschließlich seiner Trägermittel fortwährend modernisiert. Wollen die Deutschen wieder zu den Letzten gehören, die begreifen, dass es so nicht weiter geht? Und dass eine Regierung dem eigenen Volk verantwortlich und nicht Sitten- und auch noch Scharfrichter über andere Völker ist!

Hans Stahl

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"... und der Zukunft zugewandt"

Auszug aus dem Rundbrief der DKP Prenzlau/Templin, Nr. 2, April 2012 

Wie im Rundbrief Nr. 1 angekündigt, führten wir am 21. April in Templin eine Veranstaltung zu diesem Thema durch. Unser Anliegen war es, mit den linken Kräften der Region darüber zu diskutieren, welche Wege in der Gegenwart eingeschlagen werden könnten, um das kapitalistische System zu überwinden. ...

Klaus Weber (KPD) stellte in den Mittelpunkt seiner Ausführungen, dass ohne die Einheit der Kommunisten der Kampf für gesellschaftliche Veränderungen nicht erfolgreich sein wird. Er vertrat die Auffassung, dass es zurzeit nicht die Kräfte gibt, die in der Lage wären, revolutionäre Veränderungen anzugehen. Er hielt es auch für verfrüht, über die Zukunft zu reden, wenn in der Gegenwart nicht die Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden und um die Einheit der Kommunisten gerungen wird.

Gerhard Rohne (Partei Die Linke) hielt es für richtig, dass linke Kräfte miteinander und nicht übereinander reden. Er vertrat die Überzeugung, dass auf Augenhöhe darüber gesprochen werden sollte, was Linke eint. In seinen Überlegungen spielte die Aufgabe, die Menschen mit den Ideen der Linken zu erreichen, ihnen brauchbare politische Angebote zu unterbreiten und sie für die Vorhaben zu gewinnen, eine wesentliche Rolle...

Mario Berrios Miranda (DKP) ging davon aus, dass die Parteien an den Massen, vor allem aber an der Arbeiterklasse dran sein müssen. Er verwies auf ein Problem der Linken: Wir protestieren und mobilisieren bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Was aber verändern wir? Er meinte, dass wir auf dem Wege zum Sozialismus die richtigen Fragen stellen müssen. Und er stellte welche: Was haben wir der Jugend zu sagen? Was tun wir, wenn die Partei DIE LINKE nicht mehr gewählt werden würde?

In einer lebendigen und konstruktiven Aussprache legten die Teilnehmer interessante Positionen dar: Wir müssen miteinander reden. Noch besser wäre, wenn wir miteinander arbeiten würden. Wir haben einen gemeinsamen politischen Gegner. ... Auf der anderen Seite stellen sich Fragen: Mobilisieren wir mit unseren Ansichten die Massen? Wer soll das alles lesen und verarbeiten? Brauchen wir nicht Quintessenzen?

Ein guter Weg, um an die Interessen der Bürgerinnen und Bürger anzuknüpfen besteht darin, sich für kommunale Probleme zu engagieren...

Resümee:
Erstens zeigte die Veranstaltung, dass Linke verschiedener Parteien durchaus vernünftig miteinander umgehen können. ... Auch. wenn die Eine und der Andere das Anliegen, sich Gedanken über Wege zu gesellschaftlichen Veränderungen für nicht zeitgemäß hielten, so waren sie doch zur Aussprache zu diesem Gedanken bereit.

Zweitens fiel auf, dass es Linken leichter fällt, die Vergangenheit zu reflektieren und die gegenwärtigen Zustände zu interpretieren. Weniger ausgeprägt ist die Phantasie, Wege des Veränderns zu konstruieren. ...

Drittens wurde nicht widersprochen, dass Linke, wenn sie den Sozialismus als Alternative wollen, nichts anderes tun können, als Wege zu finden, wie die Vertretung der arbeitenden Menschen an die Macht gelangen kann. ...

Viertens ist es ein positives Signal, wenn sich die Linken verschiedener Parteien darin einig sind, gemeinsam nächste Schritte zu gehen. Unsere Idee, die Bildungsarbeit und die praktischen Aktionen der linken Kräfte zu bündeln, scheint auf fruchtbaren Boden gefallen zu sein. ...

Wolfgang Herrmann
im Auftrag der DKP-Gruppe Prenzlau/Templin,
Mitinitiator "Aktionseinheit links"

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Bürgerwillen eindeutig

Nun ist es passiert. Das Volk wurde gefragt, wo in Potsdam die neue Schwimmhalle gebaut werden soll. Soll sie an alter Stelle, im Zentrum der Stadt, oder in dem prosperierenden Potsdamer Norden entstehen. Das hätte eine andere Antwort gegeben, als es den Regierenden genehm gewesen wäre. Mit 53 % der Wahlberechtigten beteiligten sich mehr Potsdamer an der Umfrage als zu den Kommunalwahlen. Mit 65 % für den Brauhausberg fiel das Abstimmungsergebnis deutungsresistent eindeutig aus. Nun ist es an der Stadtverwaltung und an den Stadtverordneten den Bürgerwillen umzusetzen. Wir werden sehen, ob in der Frage des Badbaues die "Macht vom Volke" ausgeht.

Leider verhindert der Badbau nicht, dass trotzdem Flächen des Brauhausberges verkauft werden, um darauf Wohnungen zu bauen. Das großzügig angelegte Ensemble mit Blumen, Springbrunnen, Schwimmhalle und der Gaststätte "Minsk" wird damit als ein weiteres Kapitel DDR-Stadtarchitektur zu den Akten gelegt. Mit der Beseitigung der Gebäude des ehemaligen Lehrerinstitutes, des Staudenhofes mit angrenzender Wohnbebauung und des Hotels "Mercure" (das voraussichtlich einem großzügigen Geschenk von "Onkel Plattner" weichen soll) und der Schaffung der Betonwüste "Lustgarten" ist die Mitte von Potsdam umgestaltet und von den Spuren der vierzigjährigen Bauepoche gereinigt.

Frank Novoce

Die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung war hocherfreut, das Angebot des Kunstfreundes Hasso Plattner annehmen zu können. Nur über den Standort soll noch verhandelt werden. Auf Empörung stieß allein der Beitrag des Stadtverordneten Hannes Püschel (Die Andere), der das Angebot Plattners mit einer Grundsatzkritik an hohem Privatvermögen Einzelner kommentierte. Eigentlich wäre das der Part der Abgeordneten der Partei Die Linke gewesen.

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Großes Lob für Potsdamer Studenten

Das Interhotel "Mercure" gehört zu Potsdam, wie Sanssouci

Kein Mensch mit Verstand wird etwas gegen eine geschenkte Kunsthalle haben, in der auch noch Kunst aus der DDR ein neues Zuhause finden soll. Aber muss deshalb ein intaktes Hotel bzw. ein potentielles Studentenwohnheim abgerissen werden, um fanatischen Preußennostalgikern Genüge zu tun?

Potsdam hat genügend geeignete Standorte für eine Kunsthalle (Speicherstadt, "Lustgarten", Schiffbauergasse, Brauhausberg, an der Hauptpost ...). Mit der Rückkehr der Kapitalisten nach 1990 setzte auch in Potsdam eine profitorientierte Abrissorgie ein (Maschinenbau Karl-Marx, VEB Deutsche Schallplatte, ältestes Reichsbahnausbesserungswerk - RAW - Deutschlands, 3 Baubetriebe, 2 Molkereien, eine nagelneue Großbäckerei, mehrere Großgaststätten, 1 Reisebüro mit 28 Wohnungen, 1 Theater-Rohbau ....). Nun profiliert sich in Potsdam ein Milliardär als spendabler Kunstfreund. Wie viele Menschen fragen sich, wie ein Einzelner zu einem Milliardenvermögen kommt, wenn er nur zwei Hände und einen Kopf hat.

Ich bin davon überzeugt, dass viele Potsdamer Studenten und andere von ehrlicher Arbeit Lebende diese Frage beantworten können.

In Potsdam gibt es Kräfte, die gern alle Spuren der DDR beseitigen würden. Das wird ihnen zum Glück nicht gelingen. Allein 36 Hochhäuser aus der DDR bestimmen noch heute die Silhouette unserer Stadt. Ich begrüße den Vorschlag Potsdamer Studenten, das Hotel Mercure in ein Studentenwohnheim umzuwandeln (vgl. RB 05/2012, S. 12).

Horst Jäkel

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Offener Brief der Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche

Sehr geehrter Herr Bischof a.D. Professor Dr. Huber!

Schaut man sich die Informationspolitik der Betreiber des Nachbau-Projekts Garnisonkirche Potsdam spätestens seit Gründung der 'Stiftung Garnisonkirche Potsdam' im Jahr 2008 an, wird man den Eindruck des Taktierens, des Verbreitens von Halbwahrheiten, des Zurückhaltens wichtiger Informationen, fehlender Transparenz und mangelnder Klarheit nicht los. Manche Kritiker sprechen davon, hier werden Nebelkerzen geworfen, die Leute werden für dumm verkauft. In diesem Stil kann man vielleicht Politik betreiben, aber in diesem Stil kann eine Kirche mit den Menschen, ob sie Gemeindemitglieder sind oder nicht, nicht umgehen, allemal wenn sie sich 'ausdrücklich Versöhnung' auf die Fahnen Ihres Projekts geschrieben hat. Man kann nicht Versöhnung predigen und Misstrauen säen. Und für Misstrauen haben in den letzten Jahren vor allem Sie, Herr Professor Huber, und die Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche reichlich gesorgt.

Deshalb fordern wir: Reden Sie endlich Tacheles, Herr Professor Huber!

1. Am 20.3.2012 in der Deutschlandfunk-Sendung 'Ruf und Widerruf - Zum Streit um den Wiederaufbau der Garnisonkirche in Potsdam' wurde durch eine Äußerung von Peter Leineman, Verwaltungsvorstand der Stiftung öffentlich, dass die Wiederaufbaubetreiber ein Drittel der Bausumme des geplanten Wiederaufbaus, also mindestens 33 Millionen Euro, mit öffentlichen Geldern finanzieren wollen. Bis dahin betonten Stiftung und Fördergesellschaft unisono, die Bausumme werde durch private Spenden aufgebracht. ... Warum sagen Sie der Öffentlichkeit nicht die volle Wahrheit? ...

2. 'Versöhnung' ist ein zentraler Begriff des inhaltlichen Konzepts der geplanten Garnisonkirche. Wenn der Begriff so sehr im Zentrum dieses Wiederaufbauprojektes steht, warum haben Sie der Öffentlichkeit bisher nicht erläutert, was Sie damit meinen? Versöhnung mit Gott? Versöhnung mit der Nazi-Zeit, für die diese Kirche wie keine andere in Deutschland sowohl in ihrer historischen, geschichtspolitischen als auch kirchengeschichtlichen Bedeutung steht, Versöhnung also mit etwas, womit man sich nie und nimmer versöhnen kann? ...

4. Herr Professor Huber, wenn Sie wiederholt versucht haben, die Garnisonkirche zum "Ort der Vorbereitung des Widerstands der Männer des 20. Juli" umzudefinieren, wenn Sie die Einweihung des wieder aufgebauten Garnisonkirchenturms für den 30. Oktober 2017 planen und damit an den 200. Jahrestag der Gründung der unierten Kirche in der ehemaligen Garnisonkriche erinnern wollen, ... dann betreiben Sie Geschichtsklitterung. Herr Professor Huber. ...

5. Zuletzt, und das ist vielleicht der beunruhigendste Punkt, Herr Professor Huber, fragen wir Sie, wie Sie es mit der Präsenz und Bedeutung des Militärs, sprich der Bundeswehr, in dieser Kirche halten? Reden Sie Klartext, inwieweit die geplante Garnisonkirche doch wieder und vielleicht hauptsächlich an ihre alte Bestimmung anknüpfen soll, Militärkirche zu sein. In der Deutschlandfunksendung sagten Sie in diesem Zusammenhang "Wir denken, auch wieder unter dem Gesichtspunkt Frieden und Versöhnung, darüber nach, dass an diesem Ort in der besonderen Form an diejenigen erinnert wird, die in Bundeswehreinsätzen der neueren Zeit ums Leben gekommen sind." Was konkret haben Sie damit gemeint? - In ihrem Beschluss vom 17.3.2012 bittet die Kreissynode des Kirchenkreies Potsdam die 'Stiftung zum Wiederaufbau der Garnisonkirche' u.a. es solle "keine ausschließliche Nutzung durch die Bundeswehr, Kooperation mit anderen kirchlichen Partnern" geben. Hat es von Seiten der Stiftung oder von anderer Seite das Ansinnen einer ausschließlichen oder hauptsächlichen Nutzung der Garnisonkirche durch die Bundeswehr gegeben? Wie ist diese Formulierung zu verstehen? ...

Potsdam, 8. Mai 2012

Bürgerinitiative für ein Potsdam ohne Garnisonkirche

Unterstützen Sie uns mit Ihrer Unterschrift unter
www.ohne-garnisonkirche.de oder direkt an
aktion@ohne-garnisonkirche.de

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1. Mai in Wittstock

Unter dem Motto "Lebenswerte Region - Lebenswerte Stadt" feierten die Wittstocker ein vielfältiges und buntes Familienfest auf dem Markplatz in der Innenstadt. Sie wollten damit der Demonstration der Neonazis keine Beachtung schenken. Die Wittstocker Abgeordneten haben sich gegen Aktionen, wie Sitzblockaden, ausgesprochen, weil sie der Meinung sind, dass damit die Neonazis aufgewertet werden.

Als wir um 10:00 Uhr auf dem Marktplatz ankamen, trauten wir unseren Augen nicht. Etwa 1000 Bürger saßen auf Bänken an Tischen und hörten dem Bürgermeister zu. Also setzten wir uns auch. Der Bürgermeister brachte seine Freude zum Ausdruck, weil so viele Wittstocker gekommen waren, um Flagge zu zeigen gegen nationales Gedankengut.

Zeigten sie damit Flagge?

Während danach ein ökumenischer Gottesdienst stattfand, indem unter anderem die biblische Schöpfungsgeschichte vorgetragen, mit Liedern dem Herren gelobtpreist und das "Vater unser" öffentlich laut und stehend zelebriert wurde, war es uns zu bunt. Wir gingen zum Brennpunkt.

Der 1. Mai, der Kampftag der Arbeiterklasse, wurde so missbraucht und entweiht. Nur der Minister der Linken, Helmut Markow, würdigte diesen Tag als Kampftag und sprach sich dafür aus, den Rechten keinen Raum zu geben und sich gegen sie zu stellen.

Während sich die Wittstocker den ganzen Tag friedlich in der Innenstadt ihren Belustigungen hingaben, demonstrierten wir mit wenigen neugierigen Kindern und Jugendlichen sowie einigen Wittstockern und Neuruppiner Linken, Abgeordneten und Antifa-Gruppen an der Absperrung zum Bahnhof.

"Strasse frei für die deutsche Jugend" grölten die etwa 240 Neonazis, unter ihnen auch die NPD-Ortsvorsitzenden aus Neuruppin und Oranienburg. Es gelang den Gegendemonstranten erneut, wie am 14.04.2012 in Neuruppin, die Neonazis zu stoppen. Den Hauptanteil daran hatten, wie auch in Neuruppin, die jungen Antifa-Gruppen. Wütend marschierten die Neonazis zum Bahnhof zurück und dann passierte etwas für uns Unvorstellbares.

Die 240 Neonazis teilten sich auf. Etwa 75 fuhren mit dem Zug nach Pritzwalk und Perleberg. Ein Teil fuhr nach Neuruppin und meldete dort spontan eine Demo an, die von der Polizei nur auf dem Bahnhofvorplatz genehmigt wurde. Einem Teil von Rechten gelang es aber, die Polizeiabsperrung zu durchbrechen und in Richtung Jugendverein "Mittendrin" zu laufen. Obwohl die Polizei in Neuruppin schon aus Wittstock telefonisch informiert wurde, war kein Schutz vor dem Objekt vorhanden. Es kam zu Übergriffen. Es flogen Steine und Flaschen, Autos kamen zu Schaden. Die Polizei ermittelt nun gegen die, die sich gegen die rechten Angreifer verteidigt haben und diese in die Flucht geschlagen hatten bevor die Polizei eintraf. Gegen sie ist eine Anzeige wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs gefertigt. Die Neonazis erhielten nur eine Anzeige wegen Sachbeschädigung.

Der Rest der Neonazis in Wittstock marschierte, nach dem sich die Blockaden auflösten, auf der geplanten Route und grölte ihre Parolen.

Was haben nun die Wittstocker mit ihrem Familienfest erreicht?

Unter dem Motto "Nichts Sagen, Nichts Hören, Nichts Sehen" sind Deutsche schon mal verführt worden!

GMB

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Entpolitisierte Kranzniederlegung

Es gehört zur antifaschistischen Tradition, am 8. Mai, dem Tag der Befreiung, an sowjetischen Ehrenmalen und an Gedenkstätten für die Opfer des Faschismus, ehrende Gedenken zu veranstalten. So auch am 8. Mai in Schwedt. Teilnehmer waren wie immer Mitglieder und Sympathisanten der PdL, der DKP und weitere antifaschistisch orientierte Bürger.

Zum ersten Mal nahm auch der Schwedter Bürgermeister daran teil, der in den zurückliegenden Jahren nur Blumengebinde in seinem Namen niederlegen ließ. Auch die "unabhängige" Märkische Oderzeitung (MOZ) war vertreten, die am folgenden Tag über die Kranzniederlegung berichtete.

Obwohl die Blumengebinde der PdL und DKP Schleifen mit Parteiaufdruck trugen, entging es dem "unabhängigen" Berichterstatter, dass hier Mitglieder dieser Parteien, die auch die Initiatoren dieser Ehrung waren, die Blumen niederlegten. In seinem Bericht erkannte er nur den Bürgermeister und einen begleitenden Stadtverordneten, die an das Ehrenmal herantraten. Die beiden Genossen, die die Blumen niederlegten, waren nur Bürger. In der bildlichen Darstellung (Foto) vermied es der Berichterstatter, die Gebinde der Parteien mit den bedruckten Schleifen zu zeigen. Darin hat die MOZ aber schon Erfahrung. Wenn es nicht anders geht, dann wird der Parteienaufdruck; wie vor Jahren, einfach wegretuschiert, wodurch ein unpolitisches Gebinde entsteht.

Adolf Hoffmann, Schwedt

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Kommunismus (Teil X)

Dieser Teil ist als Reaktion auf Einwände eines Linkspartei-Genossen eine kurze Abweichung aus der Reihe. Er meinte nämlich, der Begriff Kommunismus rufe nur Abwehr hervor. Außerdem könnten wir ohnehin nicht darstellen, wie eine Gesellschaft in ferner Zukunft aussehen werde, wenn der Kapitalismus einmal überwunden sein sollte. Schließlich könnte das vielleicht ein Thema noch nicht geborener Generationen werden - heute mache man sich als Träumer lächerlich.

Der zum Imperialismus gewucherte Kapitalismus hatte vor rund zwei Jahrzehnten einen gewaltigen Sieg errungen. Zeiten der Restauration sind immer mit miesen Stimmungen der Aussichtslosigkeit verbunden. Oft wird kaum bemerkt, wenn das Blatt sich längst zu wenden begonnen hat. Auch sind die jähen Wendungen der Geschichte vergessen, deren es gerade im vergangenen Jahrhundert so viele gab und die häufig nicht einmal wenige Monate zuvor wahrgenommen wurden. Im Übrigen sorgen die EU-Politiker mit ihrer aktuellen Wirtschafts- und Antisozialpolitik, wie auch die USA- und NATO-Politiker mit ihrer arroganten Rüstungs- und Kriegspolitik gerade jetzt für das Heranreifen einer solchen Wendung.

Über kommunistische Voraussicht auf die Zukunft möchte ich nicht streiten, aber doch auf unsere gut 170-jährige Erfahrung im Klassenkampf und bei der Gestaltung völlig neuer Gesellschaftsordnungen hinweisen. Unsere Niederlage ist kein Gegenbeweis, denn sie war eine Niederlage im Kalten Krieg und nicht der Neugestaltung. Das war ein Krieg, der sowohl militärisch als auch wirtschaftlich, sowohl sozial als auch ideologisch-kulturell, sowohl offen und konfrontativ als auch heimtückisch und aus dem Hinterhalt, sowohl politisch als auch anarchisch, unter gewaltigen Opfern geführt wurde. Diesmal war in diesem Krieg der Imperialismus eindeutiger Sieger. Doch er führt diesen Krieg offensichtlich unentwegt weiter - in seinen kalten wie auch heißen, blutigen Formen. Hindern können wir ihn daran nicht. Wir können aber unsere heutigen Kräfte und die enormen Erfahrungen nutzen, um das Blatt zu wenden. Dafür sind die Chancen heute größer als je zuvor - auch wenn sie in der BRD noch kaum erkannt sind.

Auch hindert hirnrissiger Antikommunismus die enormen Erfahrungen zu erschließen, die wir gerade in der DDR bei der Gestaltung der neuen Gesellschaft gewinnen konnten. All die guten Erfahrungen bleiben ein Vorlauf für kommende Zeiten und aus Fehlschlägen ist selbstverständlich ebenfalls zu lernen, ihre Wiederholung kann uns erspart bleiben. Für die ganz Verworrenen: Bei Fehlschlägen ist hier nicht etwa die Rede von "Mauer" und "Stasi". Ohne Kalten Krieg und Imperialismus sind die nämlich für Sozialismus und erst recht Kommunismus völlig überflüssig. Im Kalten Krieg waren sie erforderlich.

Kommunismus als abschreckender Begriff? Je übler die Zeiten, desto penetranter der Antikommunismus. Das ist Fakt. Opportunismus ist kein geeignetes Kraut gegen Imperialismus. Standhaftigkeit ist nicht nur ein Zeichen von Charakter, sondern auch Voraussetzung für Erfolg. Bei der Armut in reichen Ländern, bei der Ausplünderung ganzer Völker, bei lebensbedrohender Hochrüstung und fortwährenden Kriegen darf es nicht bleiben. Die Zeiten ändern sich und es bedarf der allgemeinen Erkenntnis: Kommunisten gehören zu den Aktivisten der notwendigen Veränderung.

H. St.

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AUS DEM GESCHICHTSBUCH

Wir leidens nimmer
Juni 1844 - Weberaufstand in Schlesien

In den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die kapitalistische Produktionsweise in Deutschland in einem rasanten Tempo. Sie machte auch vor dem preußischen Schlesien nicht halt, wo fleißige Weber 12 bis 14 Stunden täglich in Heimarbeit Leinen herstellten. Da Leinen in den deutschen Ländern und auch im Ausland sehr gefragt war, schossen in Schlesien Fabriken mit mechanischen Webstühlen wie Pilze aus der Erde. In der Folge entwickelte sich der Widerspruch zwischen der kapitalistischen und der feudalistischen Produktionsweise. Hinzu kam der Konkurrenzkampf zwischen den Kapitalisten. Ihre Profitsucht fand schon damals keine Grenzen. Die Handweber, jetzt angewiesen darauf, ihre Ware an einen der Fabrikanten verkaufen zu müssen, mussten mit immer geringeren Lohn Vorlieb nehmen. In gleicher Weise wie der Lohn sank, stiegen in den Dörfern die Armut und der Hunger. Sie, die ihre Familien bislang zumindest mit Brot und karger Suppe ernähren konnten, brachten so manches Mal nur noch ein paar schlechte Kartoffeln nach Hause.

Es wurden die Stimmen immer lauter, die diesen elenden Zustand nicht länger dulden wollten. Am 4. Juni 1844 waren es nur wenige Weber aus den Dorfern Pelerswaldau und Langenbielau, die zu einem der Fabrikanten gingen, um über die große Not zu berichten und um mehr Lohn baten. Sie wurden von Bediensteten auseinander geprügelt. Diese Botschaft verbreitete sich in den Dörfern mit Windeseile. Immer mehr Weber verließen ihre Katen und marschierten zu den Fabriken. Begonnen hatte es am 4. Juni mit wenigen, am 6. Juni waren es etwa 3000 Weber und Ausgebeutete anderer Gewerke, die voller Erbitterung und Wut die Fabriken stürmten und die Webstühle und andere Einrichtungen zerschlugen. Als sie auch in die Häuser der Fabrikanten eindrangen, die luxuriösen Einrichtungen und das edle Porzellan sahen, all das, was sie durch ihrer Hände Arbeit dem Ausbeuter ermöglicht hatten, war ihre Zerstörungswut nicht mehr zu halten. Sie sangen dabei das Lied der Weber "Das Blutgericht", dessen Autor und Komponist unbekannt sind. Darin heißt es z.B. "Ihr Schurken all, ihr Satansbrut, ihr höllischen Dämone, ihr fresst der Armen Hab und Gut, und Fluch wird euch zum Lohne. Ihr seid die Quelle aller Not, die hier den Armen drücket, ihr seid's, die ihm das trockne Brot noch vor dem Mund wegrücket."

Das preußische Militär ließ nicht lange auf sich warten. Blutig schlugen sie den spontanen Aufstand nieder.

Kein anderes Ereignis hatte zur damaligen Zeit in Deutschland und auch im Ausland so viel Aufmerksamkeit gefunden, wie der Aufstand der schlesischen Weber. War er doch die erste politische Erhebung der sich formierenden deutschen Arbeiterklasse. Schon in allen Gesellschaftsformationen haben deren innewohnenden Widersprüche Literaten und Künstler angeregt, Werke zu schaffen, die bis in die Gegenwart hinein ihre Aussagekraft behalten haben. So fand auch der schlesische Weberaufstand ein breites Echo in der deutschen Literatur und Kunst.

Es war zu aller erst Heinrich Heine, der bereits im Juli 1844 sein Gedicht "Die schlesischen Weber" vorlegte. Bereits am 10. Juli 1844 wurde es im Feuilleton der in Paris erscheinenden deutschen Zeitung "Vorwärts" abgedruckt. Als Flugblatt in einer Auflage von 50.000 Stück fand es eine weite Verbreitung.


Heinrich Heine

Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
"Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft, gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!"

(1844)


Heinrich Heines Gedicht beschreibt den elenden Zustand der Weber, zeigt ihre Hoffnungslosigkeit, aber auch ihre Bereitschaft, dagegen anzukämpfen. Das wird bereits in der ersten Strophe sichtbar. Die Weber "fletschen die Zähne, Deutschland, wir weben dein Leichentuch, wir weben hinein den dreifachen Fluch". Dieser dreifache Fluch beinhaltet die Kirche, den preußischen König und das falsche Vaterland. Die Weber verfluchen die Geistlichen, die ihnen einreden, die bestehende Ordnung sei gottgewollt und sie auf ein besseres Leben im Jenseits vertrösten. Sie verfluchen den König, als König der Reichen, der alles dafür tut, damit die Herrschenden vom Elend der Weber profitieren können, und sie verfluchen das falsche Vaterland.

In der letzten Strophe sitzen die Weber wieder an ihren Webstühlen, es wiederholt sich der dreifache Fluch, doch jetzt ist es nicht Deutschland, das sie verfluchen, sondern Altdeutschland. Mit dem Wort "Altdeutschland" bringt Heine zum Ausdruck, dass die alte bestehende Ordnung dem Untergang geweiht ist und ein neues besseres Deutschland entstehen muss.

Neben Heine sind es vor allem Ferdinand Freiligarth und Georg Herwegh, die in ihren politischen Dichtungen die elenden Lebensumstände der Ausgebeuteten durch die entstandene Klasse der Kapitalisten und den feudalistischen Staat anprangerten und zum revolutionären Widerstand aufriefen. Erinnert sei an das Gedicht "Aus dem schlesischen Gebirge" von Freiligarth, in dem ein dreizehnjähriger Junge "Rübezahl" sein Leinen verkaufen möchte, damit die hungernde Familie wenigstens Brot zu essen hat.

Georg Herwegh fordert in seinen Gedichten "Der Freiheit eine Gassen" und "Aufruf" den Sturz der feudalen klerikalen Mächte und freiheitliche Verhältnisse. Zu erwähnen ist, dass Heinrich Heine, Ferdinand Freiligarth und Georg Herwegh lange Jahre mit Karl Marx befreundet waren.

Jahrzehnte später, angeregt durch Gespräche mit seinen Eltern, der erstarkenden revolutionären deutschen Arbeiterklasse sowie dem wachsenden Einfluss der Sozialdemokratie, beschäftigte sich der Schriftsteiler Gerhart Hauptmann mit dem Aufstand der Weber und schuf sein sozialkritisches Drama "Die Weber".

In diesem Drama kam zum ersten Mal in der deutschen Theatergeschichte das Proletariat als kollektiver Held auf die Bühne, Realistisch spiegelt es die wachsenden Widersprüche zwischen den Ausgebeuteten, nicht mehr so weiter leben könnenden Weber und der herrschenden Klasse wider, die entsprechend der ihr innewohnenden Gesetzmäßigkeiten die Ausbeutung weiter verschärfen muss.

Es war nicht verwunderlich, dass das reaktionäre preußische Regime eine Aufführung des Dramas verbot. Doch das Lied der Weber, ... so kann es nicht weiter gehen, und das muss anders werden, jetzt auf der Stelle, wir leiden es nie mehr", wurde von den Ausgebeuteten in Stadt und Land gesungen. Auch der Gesang wurde mit der Begründung verboten, er könnte zu Aufruhr und politischen Demonstrationen fuhren.

Nach Aufhebung der Verbote wurde das Drama von G. Hauptmann 1893 zunächst in einer geschlossenen Gesellschaft gezeigt. Am 25.2.1894 folgte die öffentliche Uraufführung im Deutschen Theater in Berlin.

Beeindruckt von den sozialkritischen Positionen in den Werken Gerhart Hauptmanns und anderen Schriftstellern, nahm Käthe Kollwitz in ihren graphischen Werken Partei für die entrechteten und ausgebeuteten Proletarier. Mit dem revolutionären Bilderzyklus "Ein Weberaufstand" kämpfte sie gegen den Hunger, die Arbeitslosigkeit und das Elend.

Marie-Luise Helmschrott

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Brandenburger Nachrichten in Rot

Teddy sticht Stasi

(Potsdam) Stefan Wolle ist wissenschaftlicher Leiter des Berliner DDR-Museums und hat im Auftrag der Enquete-Kommission des Landtages zur Nachwendezeit die märkische Museumslandschaft untersucht. Genauer: die Heimatmuseen, die für Wolle zu wichtigen Orten des "Lernens über die DDR" geworden sind. Was man darin allerdings über die DDR lernen kann, ist höchst unterschiedlich, wie Wolle gestern im Potsdamer Landtag erklärte. Die gute sind natürlich die, die den DDR-Alltag als Diktatur und Unterdrückung darstellen. Schlimm ist natürlich, wenn der DDR-Alltag als etwas ganz normales darstellt. Das ist dann Ostalgie. Ein Grund sieht Wolle in der Unterfinanzierung der Museen. Allerdings wird sich da nicht viel ändern. Nur 120 Museen haben nach Angaben des Museumsverbandes hauptamtliches Personal - und zwar im Schnitt zwei Mitarbeiter. Die wenigsten davon seien pädagogisch geschult. In anderen Ländern liege die Mitarbeiterzahl bei vier bis acht.

Eine Besserung ist für die Kultureinrichtungen kaum in Sicht - im Gegenteil: Das Land zieht sich aus der Finanzierung weitestgehend zurück und sieht die - notorisch klammen - Kommunen in der Pflicht.


Strommarkt bleibt lukrativ

(Potsdam) Der Energieversorger Energie Mark Brandenburg (EMB) vermeldete sinkende Umsätze. Dabei ging vor allem der Verkauf von Erdgas zurück. Lukrativ war dagegen der Verkauf von Strom. Hier konnten Kunden zugewonnen werden. Der EMB-Umsatz sank 2011 um 0,6 Prozent auf 309 Millionen Euro, der Jahresüberschuss stieg dagegen um 25 Prozent auf 20 Millionen Euro.

Um bis zu 70 Prozent werden die Strompreise in Deutschland bis 2025 steigen. Das prognostiziert eine Studie des Karlsruher Instituts für Technologie im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Karlsruhe. Der Ausbau erneuerbarer Energien und die Erweiterung der Stromnetze werden als Kostentreiber genannt. Angesichts oben genannter Zahlen ist dies zu bezweifeln. Hier geht es allein um die Sicherung von exorbitanten Extraprofiten und um die Ausnutzung von quasi Monopolstrukturen.


Kürzungspläne werden konkret

(Neustadt) Der Personenverkehr auf der Bahnlinie zwischen Neustadt und Pritzwalk soll zumindest bis einschließlich 2014 erhalten bleiben. Das war das Versprechen, das Brandenburgs Verkehrsminister Jörg Vogelsänger vor gut einem Monat nach massiven Protesten den Amtsdirektoren und Bürgermeistern in Neuruppin gab. Allerdings war vom Zwang zu deutlichen Einsparungen die Rede. Nun liegen Details zu den offenbar mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) abgestimmten Plänen des Ministeriums vor. Laut den "verkehrlichen und betrieblichen Rahmenbedingungen für ein reduziertes Bahnangebot auf den Linien PE 73 und PE 74" soll der Verkehr auf der Strecke auf jährlich 186.000 Zugkilometer begrenzt werden. Zwischen Kyritz und Pritzwalk fällt die Reduzierung deutlich aus. Derzeit verkehren dort werktags neun und an den Wochenenden sieben Züge je Richtung. Künftig wäre es nur noch einer. Schwer beschnitten würde auch der Bahnverkehr zwischen Pritzwalk und Meyenburg - zumindest an den Wochenenden. Dann soll laut Verkehrsministerium dort gar kein Zug mehr fahren.


Die Kinder werden knapp

(Neuruppin) 60 Prozent weniger Kinder - solch eine düstere Prognose stellt das Landesamt für Bauen und Verkehr Brandenburg (LVB) dem Amt Lindow für das Jahr 2030.

Ähnlich dramatisch sinkt laut LVB-Prognose die Zahl der unter 15-Jährigen im Amt Temnitz (minus 58,8 Prozent) und in den Gemeinden Rheinsberg (minus 46,4 Prozent) und Fehrbellin (minus 45,6 Prozent). Die Kreisstadt Neuruppin steht noch am besten da, verliert aber bis 2030 im Vergleich zu heute auch 28,4 Prozent der Kinder. Insgesamt wird es im Kreis eine Rückgang von über 42 Prozent geben und das wird wohl dramatische Auswirkungen auf die Schul- und Kitalandschaft im Kreis haben. In den Gemeinden im Speckgürtel von Berlin hält sich der Bevölkerungsschwund in Grenzen, der berlinferne Bereich aber blutet langsam aus.

Zwar sterben auch im Speckgürtel von Berlin mehr Menschen als Kinder geboren werden. Doch diese Entwicklung kann durch Zuzüge kompensiert werden. Umso dramatischer ist die Entwicklung im berlinfernen Raum. Dort kommt zum demografischen Wandel noch der Wegzug vieler Menschen dazu. So wird der Kreis Prignitz im Jahr 2030 nur noch 62.000 Einwohner haben - das ist ein Minus von 24,1 Prozent und (gemeinsam mit dem Landkreis Spree-Neiße) Negativ-Rekord in Brandenburg.

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Interview mit Genossin Sieglinde Lange

RB: Du warst in der DDR sehr aktiv. Welchen Beruf hattest Du erworben, und seit wann hast Du Dich politisch betätigt?

Sieglinde: Ich bin 1936 in Wildau Kreis Teltow geboren, ca. eine Stunde von Berlin entfernt. Meine Eltern wurden beide in Polen geboren und sind 1929 nach Deutschland gekommen. Beide Eltern hatten keinen Beruf und waren als Landarbeiter tätig. Sie hatten aber ein Ziel, uns Kindern sollte es immer besser gehen und wir sollten die notwendige Bildung erhalten.

Von 1942 bis 1950 besuchte ich die Grundschule in Wildau. Da die Schule fünf Kilometer von unserem Zuhause entfernt war, mussten wir trotz ständigen Fliegeralarms diesen Weg zweimal täglich zurücklegen.

Meine größte Angst war immer, nicht mehr gesund zu Hause anzukommen. Denn unser Schulweg führte an einer großen Fabrik von Schwarzkopf vorbei. Schwarzkopf produzierte Kriegsmunition und wurde deshalb oft bombardiert.

Durch die ständigen Fliegeralarme und die Angst, nicht zu überleben, reifte in mir schon als Kind der Gedanke, dass ich alles tun werde, um so etwas Grausames mit zu verhindern.

1944 wurde auch unser kleines Häuschen von Bomben getroffen, aber glücklicherweise haben wir überlebt.

Als 1945 die sowjetische Armee bei uns einmarschierte, hatten wir erst Angst vor der Zukunft. Da meine Mutter polnisch sprach, gab es keine Verständigungsschwierigkeiten, und die Soldaten begegneten uns freundlich. Die Jahre von 1945-1948 waren für alle sehr beschwerlich. Trotzdem waren wir froh, dass der Krieg vorbei war.

Mit der Gründung der DDR vertiefte sich bei mir der Gedanke, einen neuen Staat mit aufzubauen, damit alle Menschen in Frieden leben können. Ich trat der FDJ bei und war 1951 beim Weltjugendtreffen in Berlin dabei.

1950 bis 1953 lernte ich den Beruf einer Lebensmittelverkäuferin. Schon in der Lehrzeit beteiligte ich mich an verschiedenen politischen Aktionen. Meine Mutter (1942 geschieden) heiratete 1952 zum zweiten Mal. Mein Stiefvater war Kommunist, der sich von den Faschisten nicht brechen ließ. Nach Folter und Gefängnis in "Freiheit" entlassen, versteckte er ein halbes Jahr den Genossen Hermann Matern in seinem Haus. Die Gespräche mit meinem Stiefvater prägten meine weitere Entwicklung.

RB: Wobei hast Du Deinen Mann kennen gelernt?

Sieglinde: 1953 lernte ich meinen Mann auf einer Kreisdelegiertenkonferenz des Siedlerverbandes Königs Wusterhausen kennen. Er war zu dieser Zeit Angehöriger der KVP in Ziegenhals. Ab 1955 war mein Mann für das MfS tätig. Im gleichen Jahr heirateten wir und 1957 und 1963 wurden unsere beiden Kinder geboren. Unsere Ehe hielt 46 Jahre. Leider hat der Tod mir meinen Mann genommen. Aber unsere gemeinsamen Überzeugungen und unsere tiefgründigen Gespräche halfen uns, alle Höhen und Tiefen unserer gemeinsamen Zeit zu bestehen.

RB: Wie verlief Deine berufliche und politische Entwicklung in der DDR?

Sieglinde: Wie ich schon sagte, war ich von frühester Jugend ein politisch denkender Mensch. Darin unterstützten mich mein Stiefvater, mein Ehemann und viele Freunde. 1958 wurde ich Mitglied der SED. Es war immer mein Bestreben, mich politisch weiterzubilden. Ich besuchte trotz Familie und Beruf die Kreis- und Bezirksschulen, arbeitete ab 1978 beim Rat des Kreises. Ob als Kreisvorsitzende des DFD oder als Vorsitzende der Frauenkommission - all diese Tätigkeiten bereiteten mir Freude.

Ich habe mich in der DDR so entwickeln können, weil hier auch Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, Beruf und Familie zu vereinbaren.

RB: Wie hat Du das Ende der DDR erlebt

Sieglinde: Mit der Niederlage der DDR brach anfangs auch für mich eine heile Welt zusammen. Plötzlich schauten Freunde zur anderen Seite, wenn sie uns sahen. Die Anfeindungen und Verleumdungen gegen meinen Mann nahmen zu und finden leider auch nach 22 Jahren keinen Abschluss. Trotzdem haben wir nicht den Kopf in den Sand gesteckt, denn keiner von uns hatte sich etwas vorzuwerfen. Ich kann heute nicht mehr sagen, wie vielen Menschen ich während meiner Tätigkeit geholfen habe. Ob bei Arbeitsvermittlung, Kindergarten- oder Krippenplatz oder auch bei Wohnungsfragen.

RB: Du warst deinem Mann eine wichtige Stütze, woher nahmst Du die Kraft?

Sieglinde: Ich war sehr froh, wenn ich mit meinem Mann über politische Fragen sprechen konnte und wir uns einen gemeinsamen Standpunkt erarbeitet haben. Die Kraft habe ich aus meiner Überzeugung genommen, denn ich bin bis heute in meinen Überlegungen immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass in der DDR zwar gravierende Fehler gemacht wurden, aber trotzdem war die DDR ein humanistischer Staat. Dabei denke ich an die Unterstützung, die den Frauen und Müttern im Beruf, in der Kindererziehung, in der eigenen Qualifizierung gegeben wurde.

Mit dem Beitritt der DDR zur BRD wurde uns ein kapitalistisches System übergestülpt, dass auf keinen Fall menschenfreundlich ist. Immer mehr wird den Bürgern klar, dass die Reichen immer reicher werden und die Armut sich weiter ausbreitet.

RB: Erst im fortgeschrittenen Alter wurdest du Mitglied der DKP. Was bewog Dich dazu?

Sieglinde: Mitglied der DKP zu werden, obwohl ich noch in der PDS war, war für mich mit vielen Überlegungen und Auseinandersetzungen verbunden. Letztendlich kam ich zur DKP, weil es zwischen mir und meinem Mann immer eine Übereinstimmung zu politischen Fragen gab.

Da man sich in der PDS zu der Zeit nicht entscheiden konnte, wie man mit Angehörigen des MfS umgehen sollte, ist mein Mann nicht der PDS beigetreten. Er wollte aber seine Kraft und Überzeugung noch in einer kommunistischen Partei einsetzen und fand dabei den Weg zur DKP.

Brigitte Müller ist ein guter Agitator und sie versteht es, Menschen mitzureißen. Das war auch bei mir so, und ich bin froh, diesen Schritt zur DKP getan zu haben, denn die Lehren von Marx, Engels und Lenin bewahrheiten sich bis heute.

RB: Was bedeutet für dich politische Heimat?

Sieglinde: Meine politische Heimat habe ich in meiner kommunistischen Partei gefunden. Hier will ich erreichen, dass mit Hilfe linksgerichteter Politik eines Tages alle linken Kräfte gemeinsam handeln, um den Kapitalismus zu überwinden. Solange ich lebe, will ich meine ganze Kraft dafür einsetzen.

RB: Hast du das Bedürfnis, politische Gespräche in Deinem Freundeskreis zu führen?

Sieglinde: Der Austausch zu politischen Fragen, mit der Familie, mit Genossen und Freunden ist mir sehr wichtig. Diese Diskussionen geben mir Kraft und Mut, weiter zu arbeiten. Wichtig ist es, was im eigenen Land und in der Welt passiert. Beispielsweise die Kriegseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan, die Auseinandersetzungen in Nordafrika und die vielen Unruhen in anderen unterdrückten Ländern setzen mich immer wieder in Sorge. Eines zeigt sich darin deutlich, Ausbeutung und Unterdrückung der Menschen führt zur Unzufriedenheit der Bürger und muss dringend beseitigt werden. Die Ostermärsche in unserem Land und die Kundgebungen zum 1. Mai haben gezeigt, dass sich auch in unserem Land der Unmut breit macht. Hier ist es wichtig, dass wir uns mit den Menschen, die protestieren, solidarisch zeigen.

RB: Was würdest Du den jungen Menschen mit auf den Weg geben?

Sieglinde: Ich habe sieben Enkel im Alter zwischen 22 und 28 Jahren und da ergibt es sich automatisch, dass ich mich mit ihnen über politische Probleme unterhalte. Es erstaunt sich aber auch immer wieder, dass sie sich nicht nur auf Tagesfragen konzentrieren, sondern ganz gezielt Fragen zur Entwicklung der DDR stellen. Wie und warum die DDR gescheitert ist. Wie das Leben in der DDR war. Hier muss ich offen und ehrlich sagen, dass von uns nicht immer die Lage real eingeschätzt wurde. Der ideologische Einfluss der westlichen Medien unterschätzt wurde. Die Wirtschaft der DDR wurde durch Spionage und Abwerbung von qualifizierten Fachkräften zielgerichtet ausgebeutet.

Ich sage den jungen Menschen, dass es wichtig ist, sich einen eigenen Standpunkt zu erarbeiten und alle Kraft dafür einzusetzen, dass der Frieden erhalten werden muss und dazu braucht der Mensch einen klaren Klassenstandpunkt, den man mit guter Schulbildung und dem Willen, sich nicht von rechtsradikalem Gedankengut beeinflussen lassen. Zur soliden Bildung meine ich nicht nur, dass man sich am PC gut auskennt, sondern sich auch mit wissenschaftlicher Literatur beschäftigt, dabei besonders unsere Klassiker.

Das Interview führte Brigitte Müller

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Der rote Bücherwurm empfiehlt

Geschichten vom Herrn Keuner oder "Brecht und die hohe Kunst des Einfachen"

"Herr Keuner ging durch ein Tal, als er plötzlich bemerkte, daß seine Füße in Wasser gingen. Da erkannte er, daß sein Tal in Wirklichkeit ein Meeresarm war und daß die Zeit der Flut herannahte. Er blieb sofort stehen, um sich nach einem Kahn umzusehen, und so lange er auf einen Kahn hoffte, blieb er stehen. Als aber kein Kahn in Sicht kam, gab er diese Hoffnung auf, und hoffte, daß das Wasser nicht mehr steigen möchte. Erst als ihm das Wasser bis ans Kinn ging, gab er auch diese Hoffnung auf und schwamm. Er hatte erkannt, daß er selber ein Kahn war."

Poesie und Stil dieser Keuner-Geschichte erinnern beim ersten Lesen an die Anekdoten der alten chinesischen Philosophen. Doch spätestens bei der Pointe, die keinen Schlusspunkt setzt, bemerkt der Leser den Unterschied. Mit dem überraschenden Ende ist der Weg bereitet für den Beginn weiterer Schlussfolgerungen. Die Denkarbeit beginnt von neuem. Nach und nach entfalten sich dem Leser die Aspekte einer vieldeutbaren Erzählung. Schließlich kann er hinter den Zeilen auch eine Botschaft entdecken, die marxistische Auffassung von der Veränderbarkeit der Welt, beispielsweise durch die Erkenntnis der eigenen Kraft...

Tatsächlich hat sich Brecht schon seit den zwanziger Jahren mit der Philosophie des fernöstlichen Landes auseinandergesetzt. Er war begeistert von der Tiefsinnigkeit dieser alten Weisheiten aus dem 5. bis 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Diese alten Texte erschienen dem Marxisten und Dialektiker Bertolt Brecht wie seine eigenen. Wie früh schon beherrschten die Weisen dieser Kultur die Technik des Hinterfragens von vertrautem Denken und Tun. Die wunderbaren Dialoge zwischen dem Weisen und seinen Schülern, oft einfachen Menschen, denen der Philosoph auf seinen Reisen begegnete, die wie aus dem Leben gegriffene Lehrmethode und die daraus entwickelte Dialektik beeindruckten ihn. Besonders angezogen fühlte er sich vom Taoismus des Lao Tse und der sozialkritischen Philosophie des Mo, die sich gegen die festgefügte Ständeordnung der staatstragenden Ideen Konfuzius' wandte.

"Herr Keuner, Der Denkende oder Herr K. kann als ein Alter Ego von Brecht gesehen werden oder einfach als eine eigenschaftslose Figur in der Rolle des dialogisch-dialektischen Vermittlers. Mal ist er Lehrer, mal Kommentator, überrascht zumeist durch unerwartete Antworten, Schlussfolgerungen, Handlungen und andere Reaktionen." Die Keuner-Geschichten, Aphorismen, Parabeln oder Dialoge, sind vieldeutbare Texte, sie hinterfragen politische Situationen und menschliche Haltungen, mal kurz und pointiert, mal ausführlich geschrieben.

Ursprünglich ließ Brecht die Keuner-Figur "in verschiedenen Entwürfen zu seinen Dramen erscheinen, z.B. in der ersten Fassung des Galilei. Brecht verwendete bzw. verfremdete diesen Namen auch als Pseudonym im Me-Ti." Die Geschichten, immer zusammen mit seinen anderen Werken zu sehen, erschienen erstmals in der Heftreihe "Versuche" - experimentelle Texte, Szenen aus Dramen und Gedichten. Eine Auswahl von 39 Texten für die 1949 veröffentlichten Kalendergeschichten machte die Figur des Herrn Keuner weltberühmt.

Vor kurzem erhielt ich diese kleine Werkausgabe des Suhrkampverlages in der schönen gebundenen Form als Geschenk. Das vorliegende Büchlein enthält alle bisher bekannten 121 Geschichten vom Herrn Keuner in chronologischer Reihenfolge. Diese schönen und einfachen Gedankenbilder sind hohe Kunst. Sie geben Stoff und Lust, über das Gelesene nach- und hinauszudenken, versprechen spannende Selbstgespräche oder Dialoge. Außerdem ist Denken die beste Medizin gegen Vergesslichkeit. Deshalb empfehle ich, während einer ruhigen Minute des Tages oder vor dem Schlafengehen eine Geschichte von Herrn Keuner zu lesen. Nicht wahr, "Die Weisheit ist eine Folge der Haltung. Da sie nicht das Ziel der Haltung ist, kann die Weisheit niemand zur Nachahmung der Haltung bewegen" - noch Fragen?

Anmerkungen: Das Zitat im Titel stammt von Thomas Metscher, aus: Marxistische Blätter, 107. Die anderen Zitate wurden den Kommentaren der Frankfurter BrechtAusgabe entnommen.

Ulla Ermen

Bertolt Brecht
Geschichten vom Herrn Keuner
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2006
146 Seiten - 8,00 EUR

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IMPRESSUM

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Redaktionsschluss für Nr. 7&8/2012: 5. Juli 2012

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Quelle:
Roter Brandenburger 6/2012, 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juni 2012