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ROTER BRANDENBURGER/019: Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg 9/12



Roter Brandenburger - September 2012
Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei - Landesvorstand Brandenburg


In dieser Ausgabe...

- Das Ermächtigungs-Gesetz
- September
- Unsere Lehre lautet Aktionseinheit
- Rückblick zu Erich Honecker
- Opfer des Befreiungskampfes
- Kommunismus (Teil XII)
- Aus dem Geschichtsbuch
- Brandenburger Nachrichten in Rot
- "Der Schrei"
- Roter Bücherwurm
- Anzeigen / Impressum

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Der einfache Frieden

[Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Der Gedichtauszug wurde nicht in den Schattenblick übernommen.]

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Das Ermächtigungs-Gesetz

Minister Schäuble rempelt Verfassungsgericht an

Kaum hatte Minister Schäuble den Saal in Karlsruhe betreten, rempelte er auch schon das Verfassungsgericht an: Eine Verschiebung der Gesetze (des Fiskalpaktes und des ESM-Rettungsschirmes) könne "zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen in der Eurozone" führen. Im Klartext: Das Gericht solle mal flott dem zustimmen, was eine übergroße Koalition aus CDU-FDP-SPD-GRÜNEN, die im Bundestag bereits dem Gesetzentwurf zugestimmt hatten, beschlossen hat. Damit er schnellstens vom Bundespräsidenten unterschrieben werden kann, um Gesetzeskraft zu erlangen.

Was Schäuble will, was die Bundestagsmehrheit abgesegnet hat und was Gauck zu gern unterschreiben würde, ist ein Ermächtigungsgesetz. Was zu beweisen ist (alle Original-Zitate aus dem Gesetz sind weiter unten fett gekennzeichnet):

Im ARTIKEL 1, 1 des Vertrages richten die Vertragsparteien untereinander eine internationale Finanzinstitution ein, die den Namen "Europäischer Stabilitätsmechanismus" ("ESM") trägt. Um schnell klarzustellen worum es geht, wird im KAPITEL 3 und dessen ARTIKEL 8 ein genehmigtes Stammkapital festgestellt, es beträgt 700 Milliarden EUR. Den Begriff Stammkapital kennt man aus Aktiengesellschaften. Die unterliegen einer ziemlich genauen Kontrolle, nicht zuletzt durch ihre Aktionäre. Die würden dem ARTIKEL 9, Abs. 3 nie im Leben zustimmen: Die ESM-Mitglieder verpflichten sich unwiderruflich und uneingeschränkt, Kapital, das der Geschäftsführende Direktor gemäß diesem Absatz von ihnen abruft, innerhalb von sieben Tagen ab Erhalt der Aufforderung einzuzahlen. Denn hier wird weder eine finanzielle Höchstgrenze noch eine zeitliche Anlage-Befristung festgelegt. Stattdessen sagt der ARTIKEL 10 zu möglichen Veränderungen des genehmigten Stammkapitals: Der Gouverneursrat überprüft das maximale Darlehensvolumen und die Angemessenheit des genehmigten Stammkapitals des ESM regelmäßig, mindestens jedoch alle fünf Jahre. Er kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern. Das kann alles heißen: Das Stammkapital zu verdoppeln, zu verdreifachen, oder auch noch mehr aus den Steuergeldern der Bürger herauszupressen.

Und über diesen ersten Katalog schrankenloser Ermächtigung entscheidet der ernannte, nicht gewählte "Gouverneursrat". Der besteht aus den Finanzministern jener Staaten, die den ESM beschlossen haben. Von einer Einspruchsmöglichkeit der nationalen Parlamente oder des Europa-Parlamentes ist an keiner Stelle die Rede. Auch eine Kündigungsklausel ist nicht vorgesehen. Aber es kommt noch schlimmer: Im ARTIKEL 32 wird für die Firma ESM erklärt: Der ESM besitzt volle Rechtspersönlichkeit; er besitzt die uneingeschränkte Rechts- und Geschäftsfähigkeit, a) bewegliches und unbewegliches Vermögen zu erwerben und zu veräußern, b) Verträge abzuschließen, und c) Partei in Gerichtsverfahren zu sein. Also kann die Firma ESM andere verklagen. Aber sie kann nicht verklagt werden, denn im ARTIKEL 32, 3 steht ausdrücklich: Der ESM, sein Eigentum, seine Mittelausstattung und seine Vermögenswerte genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von gerichtlichen Verfahren jeder Art. Damit steht die Firma ESM weit über dem gewöhnlichen Bundestagsabgeordneten. Denn der genießt zwar auch rechtliche Immunität, aber die kann vom Parlament aufgehoben werden. Die Firma ESM ist über solch demokratische Möglichkeiten erhaben.

Damit an der mafiösen Struktur des ESM-Unternehmens kein Zweifel aufkommt, fährt das Gesetz im Artikel 32 fort: 4) Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität von Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs durch vollziehende, gerichtliche, administrative oder gesetzgeberische Maßnahmen. 5) Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen, die sich im Eigentum oder im Besitz des ESM befinden, sind unverletzlich. So stellt sich die Firma ESM außerhalb des Gesetzes und bekräftigt das im ARTIKEL 35 auch für ihr Personal: (1) Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direktoriums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen. Nur der Gouverneursrat selbst, schreibt das Gesetz, kann diese Immunität aufheben.

Während das Grundgesetz in all seiner großen Bescheidenheit noch die Würde des Menschen als unantastbar einstuft, wird in der ESM-AG der Kreis der Unantastbaren ziemlich eingegrenzt. Falls das Bundesverfassungsgericht diesen Anschlag auf die Verfassung nicht stoppen sollte, werden wir es künftig mit einem unkontrollierten Gremium zu tun haben, das unbegrenzt mit Geld um sich schmeißen darf, niemandem verantwortlich ist und niemals vor Gericht muss. Das letzte deutsche Ermächtigungsgesetz war das "Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich" vom 24. März 1933. Es diente nicht dazu, die Republik handlungsfähig zu machen, sondern sie abzuschaffen.

U. Gellermann
www.rationalgalerie.de

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September

Als dieser Hitler deutscher Kanzler wurde, stand ich im 3. Lebensjahr. Als Deutschland begann, Europa zwischen Moskau und dem Nordatlantik, zwischen dem Nordkap und Nordafrika zu erobern, befand ich mich im 9. Lebensjahr. Nur 6 Jahre bedurfte es, um aus der viel gerühmten Weimarer Republik jenen siegreichen Staat zu machen, der den größten Teil Europas besetzen konnte. Jedenfalls bis die Aggressoren vor Moskau standen. Dreieinhalb Jahre danach hatte die Rote Armee Berlin in der Hand. Die zehn Jahre dieses Krieges und der unmittelbaren Nachkriegszeit beeinflussten mein ganzes Leben und bestimmten meine Lebenseinstellung. Obgleich ich fast alles erlebte, was nur in solchen Zeiten zu erleben ist, vermag ich nicht, wirklichkeitsgetreu auch nur annähernd anschaulich zu machen, was Krieg für unzählige Menschen tatsächlich bedeutet. Wie man heute sieht, konnten weder aufrüttelnde Literatur noch bewegende Lieder, weder große Bühnenwerke noch ergreifende Filme, jener großen Mehrheit den Krieg als unerträgliches Verbrechen bewusst machen, die ihn selbst nicht unmittelbar oder überhaupt nicht erlebten.

Man mag nicht immer an das Allerböseste denken, wenn es einigermaßen entfernt scheint. Auch ist Kriegswilligkeit eine ansteckende Krankheit: Zum Beispiel wenn der Irrglaube gepflegt wird, das Schlimme, welches einem im Krieg widerfährt, sei dem bösen Feind anzukreiden, statt den Kriegsschuldigen. Vor allem aber gab und gibt es offenbar Leute und Gruppen, die ihre Probleme durch Krieg lösen, ihre Ziele mit Krieg durchsetzen wollen. Seit 62 Jahren versuche ich mir immer Anfang September ein Bild über das Kräfteverhältnis zwischen den kriegstreibenden Kräften und dem "Rest der Welt" zu machen. In diesem Jahr sind es besonders zwei Erscheinungen, die mich bedrücken. Erstens: Spätestens seit dem "polnischen Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz" und dem Flüchtlingsstrom der "massakrierten Deutschen" aus Polen, sollte zumindest jeder normale Deutsche gelernt haben, wie Kriege inszeniert und Kriegswilligkeit im Volk geschürt werden. Seither lieferte die Geschichte, vom Krieg gegen Vietnam bis in die Gegenwart beim Krieg gegen Libyen, eindeutige Zeugnisse für die Tatsache, dass nicht nur Faschisten mit Heimtücke und Lüge Kriegsursachen und -ziele vernebeln. Dennoch gelingt die Irreführung immer wieder. Zweitens: Nie war mir so bewusst wie in diesem Jahr, dass der politische Kampf für den Schutz des Friedens nicht gegen den Krieg, sondern gegen die Leute und Gruppen geführt werden muss, die Kriege vorbereiten und inszenieren. Das ist ein gewaltiger Unterschied! Krieg muss vor seinem Beginn verhindert werden. Einmal begonnen, gibt es gewöhnlich nur Sieg oder Niederlage - eben durch Krieg! Zu verhindern sind Kriege nur, indem Kriegstreibern, Kriegsbrandstiftern und Kriegsgewinnlern rechtzeitig das ruchlose Handwerk gelegt wird.

Für Kommunisten, die in NATO - und anderen imperialistischen Staaten zu leben und zu kämpfen haben, sollte klar sein: Der politische Kampf gegen die imperialistische Kriegspolitik ist unsere Hauptaufgabe. Umso mehr, als die Gefahr immer größer wird, dass "fernab" liegende Kriege mit Massenvernichtungsmitteln geführt und globalisiert werden. Auch besteht Kausalität der sozialen Verhältnisse und Kriegspolitik. Im Übrigen ist an eine Überwindung des imperialistischen Systems ohne Überwindung seiner Kriegspolitik - so oder so - überhaupt nicht zu denken. Gewiss doch, allzu Viele träumten sowohl am 3.10.90 als auch bei der Euroeinführung von Frieden und haben bis heute nichts begriffen. Es ist also nicht leicht. Doch die Realitäten belegen unsere Positionen immer wieder. Auch stehen wir dem Imperialismus auf Erden nicht alleine gegenüber.

Hans Stahl

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Unsere Lehre lautet Aktionseinheit

Wir dokumentieren Auszüge aus der Rede des Landesvorsitzenden der DKP Brandenburg Mario Berríos Miranda am 19.8.2012 auf der Kundgebung vor der geschändeten und zerstörten Ernst-Thälmann-Gedenkstätte, Ziegenhals anlässlich des 68. Jahrestages der Ermordung Thälmanns.


Liebe Genossen, liebe Freunde, liebe Mitkämpfer

Heute wollen wir an Ernst Thälmann, seine Partei, seinen Kampf gegen Ausbeutung, Faschismus und Krieg erinnern. Aber vor allem wollen wir daran erinnern, dass von diesem Ort aus der organisierte Widerstand gegen den Hitler-Faschismus begann.

Der Name Thälmann ist verbunden mit dem Aufstieg der KPD zur Massenpartei sowie mit großen Massenaktionen in der Weimarer Republik. Früh machten Thälmann und die KPD auf die faschistische Gefahr aufmerksam. ...

Am 3. März 1933 fiel Thälmann den Faschisten in die Hände. Die Partei konnte ihn nicht schützen. Der von führenden Kreisen der NSDAP zunächst geplante Prozess wurde nie eröffnet, Thälmann blieb in Haft. Weltweit entstand eine Massenbewegung für die Freilassung Thälmanns und aller inhaftierten Antifaschisten. Der KPD-Vorsitzende Ernst Thälmann wurde in der Nacht vom 17. zum 18. August 1944 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet...

Mit dem Mord an Thälmann und vielen anderen Kämpfern aus der Arbeiterbewegung wollte das Kapital angesichts der sich abzeichnenden Niederlage des Faschismus schon die Nachkriegsordnung vorbereiten. Die deutsche Arbeiterbewegung sollte enthauptet, eine sozialistische Antwort auf die Verbrechen des Faschismus unmöglich gemacht werden.

Das KPD-Verbot von 1956 sorgte dafür, dass wenige Jahre nach dem Ende der faschistischen Herrschaft gestandene Antifaschisten, Überlebende der KZs und Zuchthäuser erneut wegen ihrer politischen Gesinnung verfolgt, in die Illegalität gedrängt und zu schweren Zuchthaus- und Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Das Ausmaß der darauf gestützten politischen Verfolgung in der BRD ist heute weitgehend aus dem Bewusstsein verdrängt...

Bürgerliche Politiker, Historiker und Publizisten unterscheiden zwischen dem Widerstand bürgerlicher und militärischer Kreise und dem in der Arbeiterbewegung. Warum? Ein entscheidender Unterschied zwischen Ernst Thälmann und den Männern des 20. Juli - deren Ziele und Interessen im Detail sehr verschieden waren - bestand darin, dass der Kommunist den Imperialismus als Wurzel des Krieges erkannt und enthüllt und Hitler lange vor 1933 als Geschöpf deutscher Kriegsinteressenten und Revanchepolitiker bekämpft hatte. Die KPD war die einzige deutsche Partei, die den Faschismus von Anfang an unversöhnlich und konsequent bekämpfte. Taktische Fehler ändern an dieser Tatsache nichts. Die KPD trug die Hauptlast des antifaschistischen Widerstandskampfes und brachte auch die größten Opfer. Wenn das in der DDR gewürdigt wurde, entsprach das den geschichtlichen Tatsachen, und es bedeutete nicht eine Herabsetzung des Widerstands anderer Gruppen.

Diese Tatsache wird im öffentlichen Bewusstsein seit Jahrzehnten unterdrückt, weil es nicht in die politische Landschaft passt, in der die antikommunistische Kreuzzugsmentalität der Hitlerzeit mit neuer Etikettierung überleben konnte. Das Kapital und die Bourgeoisie national und international haben nicht aufgehört, gegen den Sozialismus zu kämpfen...

Mit der Vermittlung des richtigen, verordneten Vergangenheitsbewußtseins sollen treue Staatsbürger herangezogen werden. "Schlimm" dabei, dass noch immer ostdeutsche Schüler die DDR positiver bewerten als ihre westdeutschen Altersgenossen. "Schuld" sind die Gespräche mit den Eltern und Großeltern oder noch schlimmer eine eigene Meinung. Und so attestieren seit Jahren Studien und gleichgeschaltete Medien diesen Jugendlichen undemokratisches Sein...

Wenn der Antikommunismus den Vorwurf betreibt, in der DDR habe es "verordneten Antifaschismus" gegeben, möchte ich auch hier daran erinnern, dass Antifaschismus schon im Potsdamer Abkommen der Siegermächte verordnet wurde, und zwar für das ganze Deutschland und nicht nur für den Osten, und das mit Recht. Dass Antifaschismus selbstverständlich und gelebt wurde ehrt die Menschen der DDR. Heute erleben wir einen verordneten Verfassungsbruch, verordnete Kriegstreiberei, verordneten Schutz von Neofaschisten durch Verfassungsschutz und Parlament. Deshalb jetzt erst recht und für immer: lieber ein verordneter Antifaschismus statt eines geduldeten Neofaschismus!

In dieser Situation "den Klassenkampf zu leugnen oder zu verschleiern ist die schlimmste Art der Heuchelei in der Politik, ist Spekulation mit der Unwissenheit und den Vorurteilen der am meisten zurückgebliebenen Volksschichten ..." so Lenin. Spätestens mit der Niederlage des Sozialismus hat manch einer von uns Klassenkampf in seiner bittersten Form erleben müssen. Wir haben erlebt, wie sorgsam und spitzfindig er zuweilen ist, aber auch wie offen und verdeckt er geführt wird.

Aber für uns heute gilt: Nach der Niederlage der sozialistischen Staaten in Europa ist der Kampf gegen die Kommunistischen Parteien generell und gegen verbliebene Träger des sozialistischen Gedankenguts zur Hauptachse des nationalen und internationalen Klassenkampfes von oben geworden...

Unsere Bewegung steht vor der Alternative: entweder sozialistisch, marxistisch-leninistisch begründete Klassenpolitik oder reformistisch-opportunistische Preisgabe der Interessen der Arbeiterklasse und damit des gesellschaftlichen Fortschritts, des Sozialismus für eine lange Zeit. Das ist für uns ein wichtiger Maßstab für die Bewertung des Handelns jedes Einzelnen, für die Bewertung des Auftretens derjenigen, die Standpunkte formulieren...

Es ist aber nicht zu übersehen, dass sich auch die politischen Folgen aus der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft und die Abwälzung der ökonomischen und sozialen Folgen der Krise auf die Arbeiterklasse mehren und vertiefen. Dabei treten zwei Komplexe in den Mittelpunkt unseres Kampfes. Zum einen die Notwendigkeit, der Verteidigung der bürgerlich-demokratischen Rechte und Freiheiten im Inneren. Und zum anderen der Kampf gegen die sich zunehmend offen zeigende Großmachtpolitik der BRD nach außen.

Leitstern und Garant für erfolgreichen Kampf war und bleibt der mit dem Kommunistischen Manifest ausgerufene Internationalismus. Rosa Luxemburg sagte: "Der Klassenkampf im Innern der bürgerlichen Staaten gegen die herrschenden Klassen und die internationale Solidarität der Proletarier aller Länder sind zwei unzertrennliche Lebensregeln der Arbeiterklasse in ihrem welthistorischen Befreiungskampf. Es gibt keinen Sozialismus außerhalb der internationalen Solidarität des Proletariats, und es gibt keinen Sozialismus außerhalb des Klassenkampfes. Das sozialistische Proletariat kann weder im Frieden noch im Krieg auf Klassenkampf und auf internationale Solidarität verzichten, ohne Selbstmord zu begehen."

Aktionseinheit heute heißt, den Abwehrkampf mit und in den Gewerkschaften weiter zu entwickeln und zu führen. Unterschiedliche Auffassungen, Einschätzungen der politischen Situation dürfen nicht zur weiteren Spaltung der Arbeiterklasse führen. Wir Kommunisten in Brandenburg sehen es als vorrangige Aufgabe an, die Aktionseinheit mit allen Kollegen, mit allen fortschrittlichen Kräfte, vor allen Dingen den sozialdemokratischen und linken, aber auch den parteilosen ohne Vorbehalte und Vorbedingungen weiter zu gestalten.

Diese Gedenkstätte ist unwiederbringlich zerstört worden. Doch die Rechnung ist dennoch nicht aufgegangen. Denn das Gedenken an Ernst Thälmann und seine Genossinnen und Genossen, die im antifaschistischen Widerstand vor, während und nach Hitler kämpften, passiert an jedem Ort an dem antifaschistischer Widerstand entsteht und zur politischen Tat wird, für eine Welt ohne Unterdrückung, Hunger und Krieg.

Unsere Lehre lautet Aktionseinheit gegen Faschisten jeglicher Couleur und Absage an jeden Antikommunismus. Bündeln wir unsere Kräfte sowohl für die Bewahrung der Thälmann-Gedenkstätte im Andenken an die vielen Genossinnen und Genossen, die dem faschistischen Terror zum Opfer fielen und zur Stärkung unseres aktuellen politischen Kampfes.

Zur Aktionseinheit gibt es keine Alternative. Aus der Geschichte zu lernen heißt NEIN zu Faschismus und Krieg. Dafür steht der Name Ernst Thälmann, dafür steht die DKP.


Der ungekürzte Text der Rede wird auf der Internetseite der DKP Brandenburg www.dkpbrandenburg.de veröffentlicht.

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Rückblick zu Erich Honecker"
Auszug aus spotless Nr. 220, edition ost 2009

Wer ihm zu seinem 25. Geburtstag am 25. August 1937 gratulieren wollte, musste den Glückwunsch an das Zuchthaus Brandenburg-Görden adressieren, wo allerdings die Post, die ein Insasse erhalten durfte, streng limitiert war.

An seinem 75. Geburtstag erreichten ihn im Haus des Vorsitzenden des Staatsrates der DDR Berge von Glückwünschen. Darunter war auch der des Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Richard von Weizsäcker: "... gratuliere ich herzlich und übermittle Ihnen meine besten Wünsche. In Erinnerung an unser früheres eingehendes und wertvolles Gespräch, freut es mich, dass sich in den nächsten Wochen die Gelegenheit bieten wird, diesen Gedankenaustausch mit Ihnen weiterzuführen..." Bundeskanzler Kohl schrieb "... wünsche Ihnen gute Gesundheit, Schaffenskraft und persönliches Wohlergehen. [...] freue mich, dass wir uns bei Ihrem bevorstehenden Besuch in Bonn wieder begegnen werden ..."

Die Liste der Gratulanten dieses Tages könnte den Umfang eines Telefonbuchs annehmen. [...]

Zu seinem 80. Geburtstag stapelte wieder ein Gefängnisaufseher die eingegangenen Glückwünsche und händigte ihm keineswegs alle aus, da die Justizverwaltung des Senats von Berlin die Zahl nach den Vorschriften für Häftlinge wie seinerzeit in Brandenburg begrenzt hatte. [...]

Diese "Einführung" illustriert am simplen Beispiel von in unterschiedlicher Umgebung verbrachten Geburtstagsfeiern, wie bewegt das Leben des Erich Honecker war. Und dabei war es in keiner Phase das Leben eines Abenteurers oder eines Vaganten. Es war immer bestimmt von Zielen, die selbst ihm nicht Wohlgesonnene kaum unredlich nennen könnten. [...]

Das Land, für das er die zweite Hälfte seines Lebens hingegeben hatte, wurde zwar von den Landkarten gelöscht, geriet aber deswegen nicht in Vergessenheit. Es beschäftigt noch immer Millionen Gemüter und erbost ständig Politiker, die sicher gewesen waren, dass sich das Vergessen einstellen würde, wenn man Erich Honecker nur eifernd genug als Verbrecher abtut. [...]

Die Grundlage für den nachfolgenden verknappten Lebenslauf hatte Erich Honecker selbst geschaffen, als er in den späten 70er Jahren auf Wunsch des anglo-amerikanischen Verlegermillionärs Robert Maxwell für dessen Buchreihe "Führende Persönlichkeiten der Welt" seinen Lebenslauf zu Papier gebracht [...] hatte.

[...] "Der erste Weltkrieg hatte gut drei Wochen vor meinem zweiten Geburtstag begonnen. Was an Erinnerungen von der Zeit danach blieb, war Vater "im Felde", die Mutter in einer Schlange vor der Bäckerei. [...] Mein Vater war Matrose der kaiserlichen Marine und zeitweise als Marinesoldat in Flandern. Als er heimkehrte - damals Mitglied der USPD - gab es in Wiebelskirchen schon einen Arbeiter- und Soldatenrat. Anfang November 1918 war die Fahne mit dem kaiserlichen Adler auf dem Heereszeugamt in Wiebelskirchen niedergeholt und die rote Fahne aufgezogen worden." [...]

"In unserem Haus trafen sich ab Ende 1918 regelmäßig Kollegen und Genossen meines Vaters. Er duldete, dass ich trotz seiner Bitte, nicht zu stören, mitunter in den Raum kam, in dem diskutiert wurde [...]. Er versuchte mir zu erklären, warum die Reichen reich und die Armen arm sind, wie Kriege entstehen, wer an Kriegen verdient und wer unter ihnen leidet. Mit der Zeit gewann ich ein klares Weltbild." [...]

1933 reiste er zu illegalen Zusammenkünften leitender KJVD-Mitglieder nach Mannheim, Mainz und Frankfurt am Mai, bei denen Erfahrungen des antifaschistischen Kampfes erörtert wurden. Im Mai 1933 übernahm Willi Rom aus Frankfurt am Main im Saargebiet die Funktion des Organisationsleiters des KJVD, um Honecker mehr Zeit für die politische Arbeit zu ermöglichen. Dazu gehörte auch die Reise zum Antifaschistischen Arbeiterkongress Europas vom 4. bis 6. Juni 1933 in Paris. [...]

Anfang Dezember 1935 kam die Gestapo, Bruno Baum, Erich Honecker und anderen Mitgliedern der Bezirksleitung des KJVD in Berlin auf die Spur. [...] Das war am 4. Dezember 1935. Über die folgenden Tage im Hauptquartier der Gestapo in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße und in der Kaserne der SS-Leibstandarte "Adolf Hitler" in Tempelhof schrieb er später: "Solche Tage haben sich während meiner fast zehnjährigen Inhaftierung so nicht wiederholt. Sie gehörten zu denen, die man nicht mehr vergisst. Zugleich waren sie für einen 23-jährigen Tage der Bewährung."

[...] Am 8. Juni 1937 wurde das Urteil gefällt: Bruno Baum bekam 13 Jahre, ich zehn Jahre und Edwin Lautenbach zweieinhalb Jahre Zuchthaus. Außerdem wurden uns die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt. Letzteres führte dazu, dass ich 1939 und selbst noch 1943 bei der letzten Prüfung nicht für 'würdig' befunden wurde, zu Hitlers Wehrmacht eingezogen zu werden. [...]

Als die bundesdeutsche Staatsanwaltschaft 1992 ihre Anklageschrift gegen ihn zu Papier brachte, gehörte dazu nach den Regularien auch ein Lebenslauf. Der verriet, was heute wohl niemand glauben mag: Man hatte zahlreiche Passagen wörtlich aus der Anklageschrift der Gestapo übernommen. [...] Diese Übernahme der Nazi-Formulierungen ließ nur den Schluss zu, dass die bundesdeutsche Justiz wie ihre Vorgänger im Dritten Reich die Tätigkeit Honeckers im antifaschistischen Untergrund nach wie vor als "Hochverrat" betrachtete! [...]

Man mag Erich Honecker vorwerfen, was man will - und das inzwischen angestapelte Arsenal der Vorwürfe ist bekanntlich unermesslich -, festzustellen bleibt: Verraten hat er in seinem Leben nie jemanden und schon gar nicht die Ideale, denen zu dienen er sich als junger Mensch geschworen hatte.

Ich hatte manche Begegnung mit ihm, drei will ich knapp schildern, um mit meinem persönlichen Bild von ihm zu schließen.

Am Abend des 3. Januar 1960 rief er mich zu Hause an und bat mich, in sein Büro zu kommen. Ich fragte nach einem Termin. "Nein, jetzt", antwortete er.

Ich fuhr hin, er erzählte mir, dass der Skispringer Harry Glaß bei den Olympiaausscheidungen mit der BRD in Innsbruck schwer gestürzt und ins Krankenhaus eingeliefert worden sei. Die Mannschaft hatte weiterreisen müssen zur nächsten Ausscheidung. Er bat mich augenblicklich loszufahren, damit sich jemand am nächsten Morgen im Krankenhaus um ihn kümmere: "Er soll spüren, dass er uns am Herzen liegt, auch wenn er keine Chance mehr für Olympia hat." Ich fuhr und stand am Morgen an seinem Bett. Glaß litt unter großen Schmerzen und bat mich flüsternd, ihm ein paar Flaschen gutes Bier zu beschaffen, damit er endlich schlafen könne. Ich konferierte mit dem Arzt. Er akzeptierte die Bier-Therapie.

"Siehste, das meinte ich", sagte Honecker nach meiner Rückkehr.

Eines Tages nahm er mich in seinem Auto von Oberhof nach Ilmenau mit. Das alles überragende Panorama-Hotel war gerade errichtet worden. Man wollte Devisen damit erwirtschaften. Honecker setzte sich mit der Variante durch, die eine Hälfte des Hotels als Gewerkschafts-Ferienheim zu nutzen. Während der Autofahrt erzählte er mir das Motiv seines Vorschlags: "Wir haben uns als Halbwüchsige an den Scheiben der Hotels die Nasen platt gedrückt, in denen die Reichen tafelten. Ich habe mir irgendwann geschworen, dass es in der DDR so etwas nicht geben sollte."

Als der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, der spanische Ex-Faschist Juan Antonio Samaranch, fürchten musste, dass die Sowjetunion und ihre Verbündeten die Spiele 1988 in Seoul boykottieren würden, versicherte ihm Erich Honecker: "Wir werden uns nie mehr an einem Boykott beteiligen."

Samaranch hielt dieses Versprechen für so wertvoll, dass er zu einer von Erich Honecker nach Berlin einberufenen Konferenz der kernwaffenfreien Staaten reiste, obwohl weder er noch das IOC das Geringste mit Kernwaffen zu tun hatten.

Ich fragte ihn nach seinem Motiv und er antwortete mir: "Auf den Mann ist Verlass, das können sie ruhig schreiben."

Ich weiß, dass man das höchstens als Randerlebnisse hinnehmen wird. Ich wollte nichts schreiben, was in ein Epos passt! Noch einmal: Die Zahl derer, die ihm alle Schuld anlasten wollten, war groß. Auch, dass er sich gegen sie nie verteidigte, zeugt für den Menschen Erich Honecker!

Klaus Huhn

Huhn, Klaus: Rückblick zu Erich Honecker
Spotless Band 220
Mit freundlicher Genehmigung der edition ost

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Opfer des Befreiungskampfes

Unter dieser Überschrift erschien in der chilenischen Zeitung "El Mostrador" ein Artikel, den wir aus der UZ gekürzt wiedergeben.


Der rechtsmedizinische Dienst (SML) hat es nach elfjährigen Untersuchungen geschafft, vier verschwundene Verhaftete zu identifizieren, die 1976 in einem Vernichtungslager der Geheimpolizei von Augusto Pinochet ermordet wurden. So haben es am Freitag Justizkreise bekanntgegeben, die unterstrichen, dass es dabei um drei kommunistische Politiker und ein Mitglied des MIR (Bewegung der Revolutionären Linken) geht, die in der so genannten Kaserne "Simon Bolívar", die unter der Leitung der DINA (Inlandsgeheimdienst) stand, ermordet worden waren.

Die Existenz jener Kaserne, aus der kein einziger Gefangener lebend herausgelangte, war bis 2007 unbekannt, als sie der Justiz durch Jorgelino Vergara, alias "El Mocito", einen reuigen DINA-Agenten, bekanntgemacht wurde. Die Identifizierungen, die auf Basis von gut zweihundert Knochenresten gemacht wurden, gehören, wie die Quellen erklärten, den kommunistischen Aktivisten Lincoyán Berríos Cataldo, Horacio Cepeda und Fernando Ortiz Letelier sowie dem MIR-Mitglied Ángel Guerrero Castillo. Erstere gehörten zur dritten geheimen Leitung der Kommunistischen Partei, die in Chile nach dem Putsch Pinochets vom 11. September 1973 agierte. Die beiden vorherigen Leitungen wurden ebenfalls von der DINA ermordet, im selben Jahr 1976. Die Reste der vier Männer werden bald, wahrscheinlich noch am Wochenende, ihren Familienangehörigen zur gesetzlichen und definitiven Bestattung übergeben. Die KP-Mitglieder werden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen in der Gedenkstätte für verschwundene Verhaftete und ermordete Politiker ihre Ruhe finden, welche im Hauptfriedhof der chilenischen Hauptstadt errichtet wurde; Guerrero wird in Puente Alto, nahe Santiago, beerdigt....

In der Kaserne Simón Bolívar agierten die "Brigade Lautaro" und die "Gruppe Delphin" der DINA, wie es das kürzlich erschienene Buch "Der Tanz der Raben" von Javier Rebolledo zeigte, das auf den Aussagen von Jorgelino Vergara basiert. Nach jenem Text wurden die Opfer brutalen Folterungen unterzogen; einige, wie Fernando Ortiz, wurden totgeschlagen. Nach ihrer Ermordung verbrannten die Agenten ihre Gesichter und Fingerabdrücke mit Schweißbrennern.

Im Januar 1979 kommandierte der DINA-Agent Erasmo Sandoval Arancibia, bekannt als "Pete el Negro", eine Gruppe, die die Körper aus der Mine von Cuesta Barriga herausholten um sie später in durch Stücke von Eisenbahnschienen beschwerten Säcken ins Meer zu werfen. Von jener geheimen und illegalen Exhumierung verblieben nur etwa zweihundert Knochenstücke, die nach erschöpfenden, 2001 begonnenen und in ausländischen Laboratorien überprüften Nachforschungen die Identifizierung dieser vier Opfer erlaubten. Die Exhumierung der Leichen gehörte zur Operation "Rücknahme der Fernsehgeräte", welche direkt von Augusto Pinochet angeordnet wurde, nachdem 1978 fünfzehn Leichen von im Sektor Lonquén nahe Santiago ermordeten Bauern entdeckt worden waren. Sandoval, der die Taten in einer juristischen Einlassung zugab, sagte, dass man nach der Ausgrabung der Leichen mehrere tote Hunde in die Mine geworfen hat um vorgefundene Reste zu rechtfertigen, denn ein Bauer hatte die Körper entdeckt und die Vicaría de la Solidaridad (Pfarrei der Solidarität), eine Organisation der Katholischen Kirche, die während der Diktatur die Menschenrechte verteidigte, informiert. ...

Der frühere Agent Sandoval arbeitete bis 2007 in der Behörde der Gemeinde Providencia im Bezirk von Santiago als Sicherheitschef, unter Bürgermeister Cristian Labbé, einem Ex-Oberst, der Mitglied der DINA und Agentenausbilder war. Dennoch wurde "Pete el Negro" entlassen, nachdem seine Taten bekannt wurden.

Die Diktatur hatte damals die Verhaftung der vier jetzt identifizierten Opfer bestritten und gesagt, dass sie "gemeinsam mit anderen Marxisten" nach Argentinien geflohen seien.


Übers.: G. Pohl Quelle und ungekürzte Fassung: UZ vom 3. August 2012

Einer der vier Männer, Lincoyán Yalu Berríos Cataldo, war der Onkel unseres Landesvorsitzenden der DKP Brandenburg, Mario Berríos Miranda, der auch Mitglied des Parteivorstands der DKP ist. Genosse Mario kam als Kind mit seinen von der Diktatur verfolgten Eltern nach Deutschland. Die Redaktion des RB drückt Mario und seiner Familie ihr Beileid aus. Die Beisetzung fand am 28. Juli auf dem Hauptfriedhof Santiagos in besagter Gedenkstätte statt.

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Kommunismus (Teil XII)

Der Kommunismus ist eine Gesellschaftsordnung in der die Herrschaft von Menschen über Menschen endgültig überwunden ist. Sie bedarf also keines Herrschaftsinstruments, wie es der Staat nun einmal in jedem Fall ist. So sehr der Staat in der Periode der Revolution benötigt wird, um die kapitalistischen Strukturen zu überwinden und die sozialistische Gesellschaftsformation zu gestalten; so wichtig er nach bisherigen Erfahrungen auch in der sozialistischen Periode zumindest so lange bleibt, wie feindselige kapitalistische Staaten Sozialismus/Kommunismus bekämpfen - in der kommunistischen Gesellschaft lebend werden die Menschen "Staat" etwa so empfinden, wie aufgeklärte Menschen heutzutage Leibeigenschaft oder Sklaverei.

Antikommunisten verspotten uns gerne für diese Sicht auf die Zukunft. Indem sie im gleichen Atemzug jedoch lauthals nach "freien Schulen", "freier Gesundheitswirtschaft", "freier Forschung", "freier Presse" und dergleichen rufen, machen sie sich noch unglaubwürdiger. Denn sie meinen doch mit "frei" immer Freiheit vom Staat und von "staatlicher Einmischung". Mehr noch, selbst solche Regierenden wie Obama oder Merkel, preisen die Aktivität von nichtstaatlichen, von "Nichtregierungsorganisationen", der "Zivilgesellschaft". Der einigermaßen Informierte weiß inzwischen längst, wie häufig heute derartig freie Organisationen von Staaten oder Großkapitalisten finanziert, ausgestattet und gelenkt werden. Und jeder Denkwillige hat das Kräfteverhältnis zwischen den über die Finanz- und Produktionsmittel verfügenden "Arbeitgebern" und den oft untertänig um Arbeit bittenden "Arbeitnehmern" längst wahrgenommen. Manche Großunternehmen fühlen sich so mächtig, dass sie selbst ihre Kriege "alleine" (das heißt mit gekauften Kriegshandwerkern) führen wollen und bereits führen. Auch für die Ausbeutung der Arbeitnehmer benötigen sie ihren Staat immer weniger.

Der Spott wird ihnen vergehen. Die soziale Gleichstellung der Menschen nimmt der besitzenden Klasse die Freiheit, andere zu beherrschen. Im Kommunismus wird es eine solche soziale Klasse nicht geben. Die soziale Gleichstellung vermeidet Fehlhandlungen, die aus sozialen Nöten, wie auch solche, die aus materiellem Besitzstreben erwachsen Alle Entscheidungen über gesellschaftliche Regeln, Strukturen, Aufgaben und Entwicklungen werden im eigentlichen Sinn des Wortes demokratisch getroffen. Das gilt selbstverständlich auch für die gesamte Produktion. Es ist vielleicht kein Zufall, dass mit der heutigen Informations-, Kommunikations- und Rechentechnik auch zeitgleich die Mittel heranreifen, mit denen sich die Menschen zu ihren Entscheidungen befähigen können und ihr Wille jederzeit zu erkunden ist.

Wer in der DDR gelebt hat kann sich das Werden einer solchen Menschengemeinschaft sicher viel eher vorstellen als derjenige, der nur kapitalistische Verhältnisse kennt. Trotz zwei Jahrzehnten Stasi-Stasi-Hetze meinen fast alle - und zwar je eindeutiger, desto länger sie selbst kapitalistische Verhältnisse erleben - die Beziehungen zwischen den Menschen, der Umgang miteinander, war freier, offener, ehrlicher, geradliniger, teilnahmsvoller und kollegialer. Auch der mit Vorgesetzten. Dabei waren wir noch so weit von einer kommunistischen Gesellschaft entfernt. Das Niveau der Produktivkräfte der sozialistischen Staatengruppe gab nicht mehr her und konnte unter den harten Bedingungen des "Kalten Krieges" nur mühevoll gehoben werden. Dennoch reduzierten bereits die sozialistischen Produktionsverhältnisse die sozialen Unterschiede, sorgten für soziale Annäherung der Menschen und ließen den arbeitenden Menschen viel eher ihre Menschenwürde.

H. St.

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AUS DEM GESCHICHTSBUCH
Der Haager Kongress von 1872 und sein Vermächtnis

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg und der Niederschlagung der Pariser Kommune verschärften die meisten europäischen Regierungen ihre Maßnahmen zur Verfolgung der Arbeiterbewegung. Die Jagd auf Mitglieder der 1864 gegründeten Internationalen Abeiterassoziation (IAA) war eine der wichtigsten Aufgaben von Polizei und Justiz. August Bebel und Wilhelm Liebknecht wurden im März 1872 in dem berüchtigten Leipziger Hochverratsprozess zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt. Anfang September 1872 trafen sich die Häupter der drei großen europäischen Dynastien - Deutschlands, Österreich-Ungarns und Russlands - in Berlin, um ihre Polizeiaktionen zur Verfolgung flüchtiger Kommunarden und die sie unterstützenden Mitglieder der Internationale zu koordinieren.

Zur gleichen Zeit versammelten sich vom 2. bis 7. September 1872 in Den Haag die Delegierten der Internationalen Arbeiterassoziation zu ihrem Jahreskongress. An ihm nahmen 65 Delegierte aus 15 Ländern Europas und den USA teil. Erstmals seit dem Kongress des Bundes der Kommunisten Ende 1847 waren Marx und Engels wieder gemeinsam auf einem internationalen Arbeiterkongress anwesend. Vertreten waren weitere Generalratsmitglieder, wie Leo Frankel, Friedrich Leßner, Walery Wroblewski, Charles Longuet und Eduard Vaillant sowie andere namhafte Funktionäre der IAA, darunter Josef Dietzgen, Adolph Hepner und Louis Kugelmann aus Deutschland, Johann Philpp Becker aus der Schweiz, Friedrich Adolph Sorge aus den USA.

In seiner Begrüßungsrede betonte Marx den prinzipiellen Unterschied zwischen dem Kampf der Arbeiterklasse und den Machenschaften der Regierungen: "Ihr, die Abgeordneten der Arbeiterklasse, versammelt euch, um die streitbare Organisation eines Bundes zu befestigen, dessen Zweck die Emanzipation der Arbeit ist und die Ausrottung der Nationalkämpfe. Fast in demselben Augenblick versammeln sich in Berlin die Würdenträger der alten Welt, um neue Ketten zu schmieden und neue Kriege auszuhecken". (MEW, Bd. 18, S. 137)

Die internationale Arbeiterbewegung befand sich in einem stürmischen Wachstumsprozess. Während der Hochkonjunktur in den frühen sechziger Jahren konsolidierte sich in den fortgeschrittenen Ländern der Industriekapitalismus und dabei formierte sich ökonomisch und sozial die Arbeiterklasse. Zudem hatte die Pariser Kommune wesentlich zu ihrer politisch-ideologischen Entwicklung, zum Erwachen des Klassenbewusstseins breiter Massen beigetragen. Die Streikbewegung erlebte einen Höhepunkt. So führten über 20.000 Ruhrbergarbeiter im Juni/Juli 1872 den bis dahin größten Streik in Deutschland.

Die Ideen des Marxismus fanden immer mehr Anhänger. Das "Kommunistische Manifest" erlebte beispielsweise allein in den USA Ende 1871 drei Auflagen, eine englische, eine französische und eine deutsche. Der erste Band des "Kapital" kam 1872/1873 in der zweiten deutschen Ausgabe heraus. 1872 erschien auch die russische Übersetzung und die Veröffentlichung der französischen Übersetzung begann.

In manchen Ländern war jedoch das Anwachsen der Arbeiterbewegung mit einem Erstarken opportunistischer Kräfte verbunden. In England hatte sich bereits eine Arbeiteraristokratie herausgebildet, die den Einfluss ihrer revisionistischen Bestrebungen auf die Arbeiterbewegung zu verstärken suchte. In Italien und Spanien lehnten die Anarchisten den politischen Kampf ab und drohten mit der Spaltung der Internationale. Unter diesen komplizierten Bedingungen musste die proletarische Bewegung zu neuen Kampfmethoden und Organisationsformen finden.

Schon vor der Pariser Kommune hatte Engels in einem Brief an den Föderalrat der spanischen Arbeiter geschrieben; "Das beste Mittel, um die Arbeiter von der Herrschaft der alten Parteien zu befreien, besteht darin, in jedem Land eine proletarische Partei mit einer eigenen Politik zu gründen, einer Politik, die sich klar von der anderer Parteien unterscheidet, weil sie die Bedingungen der Emanzipation der Arbeiterklasse ausdrücken muss." (MEW, Bd. 17, 5. 288)

Die Lehren der Kommune machten die Bildung selbständiger politischer Parteien im nationalen Rahmen zu einer unmittelbaren Aufgabe der revolutionären Praxis. Eine der Ursachen für die Niederlage der Pariser Kommunarden war der Mangel an einer einheitlichen politischen Führung. Unter den fortgeschrittenen Arbeitern der verschiedenen Länder hatte diese Erkenntnis bereits Fuß gefasst. Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei, 1869 gegründet von August Bebel und Wilhelm Liebknecht in Eisenach, war das erste Beispiel für eine selbständige proletarische Partei im Rahmen eines Landes.

Gestützt auf diese Erfahrungen orientierten Marx und Engels im September 1871 auf der Londoner Konferenz des Generalrats der Internationale auf die Bildung selbständiger Arbeiterparteien in den einzelnen Ländern. Nur sie konnten die großen Aufgaben lösen, die in der mit der Pariser Kommune angebrochenen Epoche standen: die Kräfte der Arbeiterklasse für den zukünftigen Ansturm auf das Kapital zu sammeln, zu organisieren und zu schulen. Diese Linie galt es auf dem Haager Kongress durchzusetzen. Dazu riefen Marx und Engels die proletarischen Revolutionäre in allen Ländern auf.

Die Aufnahme des Artikels 7a über die Notwendigkeit revolutionärer Arbeiterparteien in die Statuten der Internationale wurde zum Höhepunkt des Haager Kongresses. Zum ersten Mal wurde hier in einem programmatischen Dokument der Internationale die Notwendigkeit und die Aufgaben einer Partei des Proletariats dargelegt: "Diese Konstituierung des Proletariats als Partei ist unerlässlich, um den Triumph der sozialen Revolution und ihres höchsten Zieles, der Aufhebung der Klassen, zu sichern." (MEW, Bd. 18, S. 149) Damit wurde festgestellt, dass die Partei die höchste Organisationsform der Arbeiterklasse ist, die das Proletariat und alle Werktätigen in sämtlichen Phasen des revolutionären Kampfes führt und deren Existenz eine wesentliche Voraussetzung für die Eroberung der politischen Macht sowie für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft ist.

Mit diesem Beschluss hatte der Haager Kongress einen Markstein für die weitere Entwicklung der internationalen Arbeiterbewegung gesetzt. Schon in den 70er Jahren kam es in den einzelnen Ländern zur Gründung von Arbeiterparteien. Gleichzeitig wuchs mit der Zunahme der ökonomischen Kämpfe unter den fortgeschrittenen Arbeitern das Bedürfnis nach einer politischen Organisation. Mitte des Jahres 1889 bestanden in Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich. Holland, Italien, Norwegen, Österreich, Schweden, in der Schweiz, in Spanien, Ungarn und in den USA größere Arbeiterparteien. Die Gründung der II. Internationale am 14. Juli 1889 war ein Erfolg der internationalen Zausammenarbeit der marxistischen Arbeiterparteien, die entsprechend den Beschlüssen des Haager Kongresses in den einzelnen Ländern von den fortgeschrittenen Arbeitern geschaffen wurden.

Nach dem Verrat der Führer der II. Internationale an den Interessen der Arbeiterklasse, ist das Vermächtnis des Haager Kongresses zur Bildung revolutionärer Arbeiterparteien auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus auf die kommunistischen Parteien übergegangen. Auch für unsere Partei gilt, was bereis vor 140 Jahren auf dem Haager Kongress beschlossen wurde: "In seinem Kampf gegen die kollektive Macht der herrschenden Klassen kann das Proletariat nur dann als Klasse handeln, wenn es sich selbst als besondere politische Partei im Gegensatz zu allen alten, von den besitzenden Klassen gebildeten Parteien konstituiert." (MEW, Bd. 18, S. 149)

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Aus der Resolution über die Statuten, angenommen vom Kongress der IAA im September 1872

"in seinem Kampf gegen die kollektive Macht der herrschenden Klassen kann das Proletariat nur dann als Klasse handeln, wenn es sich selbst als besondere politische Partei im Gegensatz zu allen alten von den besitzenden Klassen gebildeten Parteien konstituiert.

Diese Konstituierung des Proletariats als politische Partei ist unerlässlich, um den Triumph der sozialen Revolution und ihres Zieles, die Aufhebung aller Klassen, zu sichern.

Die durch den ökonomischen Kampf bereits erreichte Vereinigung der Kräfte der Arbeiterklasse muss in den Händen dieser Klasse auch als Hebel in ihrem politischen Kampf gegen ihre Ausbeuter dienen.

Da die Herren des Bodens und des Kapitals sich ihrer politischen Privilegien stets bedienen, um ihre ökonomischen Privilegien zu verteidigen und zu verewigen und die Arbeit zu unterjochen, wird die Eroberung der politischen Macht zur höchsten Pflicht des Proletariats." (MEW, Bd. 18, S. 149)

Prof. Dr. Erich Kundel

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Brandenburger Nachrichten in Rot

Feuerwehr irrt in der Prignitz umher

(Potsdam) 17 Leitstellen für den Einsatz von Feuerwehr und Rettungskräften gab es bis 2007 im Land Brandenburg. Jetzt sind es nur noch 5. Durch die Zentralisierung soll ... natürlich Geld gespart werden. Als letzte hat die Einsatzzentrale in Potsdam ihren Dienst aufgenommen. Diese ist zuständig für den Nordwesten Brandenburgs, also bis nach Perleberg/Wittenberge (kennt man noch) bzw. Lenzen (Elbe, 30 km vor Dannenberg). Mangelnde Ortskenntnisse sollen durch Karten und andere Hilfsmittel kompensiert werden. Nun kamen Rettungskräfte verspätet zum Einsatz, weil sie durch Anrufer fehlgeleitet wurden bzw. weil die Einsatzbereitschaftsmeldung einer Freiwilligen Feuerwehr (FFW) nicht in das Computersystem eingepflegt wurde.


Ausschuss gegen Ausschreibung

(Bad Belzig) Klatsche für Landrat Wolfgang Blasig (SPD) und seine Verwaltung: Die von ihnen angestrebte erneute Vergabe des Rettungsdienstes in Potsdam-Mittelmark an private Firmen ist schon an der ersten parlamentarischen Hürde gescheitert. Die Mitglieder des Gesundheitsausschusses vom Kreistag haben die umstrittene Beschlussvorlage der zuständigen Ressortchefin Debra Reußner vorgestern Abend in Bad Belzig mehrheitlich abgelehnt.

"Die einzige Stellschraube der Unternehmen ist der Lohn, alle anderen Kosten übernimmt ja ohnehin der Kreis, vom Pflaster bis zum Einsatzwagen", sprach sich Ausschusschefin Astrit Rabinowitsch (Die Linke) für eine Kommunalisierung des Dienstes aus.

Selbst der stellvertretende Ausschusschef und Parteifreund von Blasig, Joachim Lindicke, wandte sich gegen die Vergabe. Er plädierte ebenso wie die Linken für eine Kommunalisierung.

Die Gehälter sind das Hauptargument aus Reußners Abteilung. Laut Verwaltung würden sich die Personalkosten für 184,5 Retter-Stellen im Jahr 2014 nach dem Tarif des öffentlichen Dienstes auf rund 8,93 Millionen Euro belaufen. An die Privaten müsste der Kreis nur ungefähr 7,58 Millionen Euro für die gleiche Anzahl an Stellen überweisen.


Musikschule: Debatte um mehr Geld

(Bad Belzig) Die Lehrer an der Kreismusikschule bekommen vorerst keine Tariferhöhung. Die von den Linken im Kreistag von Potsdam-Mittelmark eingebrachte Beschlussvorlage zur gerechten Bezahlung der Lehrkräfte auch an der Kreisvolkshochschule wird ohne Überarbeitung wohl keine Mehrheit finden. Diese Tendenz deutete sich zumindest im Ausschuss für Bildung und Kultur an.

Die Linke wolle mit einer sofortigen Tarifangleichung auf 100 Prozent für die Festangestellten beider Einrichtungen "ein deutliches Zeichen" setzen, erklärte Kathrin Menz. Ihrer Partei komme es darauf an, dass sich endlich etwas bewege. "Man hat zehn Jahre auf Kosten der Angestellten gespart."

Die anderen Fraktionen hingegen wollen mit einer von der Kreisverwaltung angekündigten stufenweisen Tariferhöhung bis 2015 mitgehen. Diese müsse jedoch noch mit Zahlen untersetzt werden, hieß es. Vor den Protestaktionen der Lehrer (die MAZ berichtete) waren nur 95 Prozent vorgesehen.

Enttäuscht zeigten sich die sieben erschienenen Lehrer. "Von der Verwaltung wurde nicht mit offenen Karten gespielt, sondern taktiert, denn Zahlen liegen bereits vor", kritisierte Vize-Musikschulleiterin Anja Hannemann.


Zufrieden trotz Titelverlust

(Potsdam) Als der Schuhversand Zalando im Frühjahr vergangenen Jahres seine geplante Ansiedlung in Brieselang mit inzwischen 900 Arbeitsplätzen offiziell bekannt gab, hat es wohl nicht nur im Havelland Begeisterungsschreie gegeben. Grund zur Freude hatte auch etwa das Güterverkehrszentrum (GVZ) Großbeeren (Teltow-Fläming). Der Schuhversand nebst dem verbundenen Logistiker Docdata schuf auch hier hunderte Jobs.

Die Zalando-Ansiedlung wirft nur ein Schlaglicht auf die boomende Logistik- und Transportbranche in Berlin-Brandenburg. 150.000 Menschen haben ihren Arbeitsplatz inzwischen hier, mehr als zwei Drittel davon in der Mark. Allein im GVZ Großbeeren, das sich international in der Liste der Top Zehn platzieren konnte, sind in den vergangenen zwei Jahren 1.500 Jobs durch Neuansiedlungen hinzugekommen. Auch die Güterverkehrszentren in Wustermark (Havelland), Freienbrink (Oder-Spree) und Frankfurt (Oder) können über mangelnde Nachfrage nicht klagen. "Durch die Qualität des Standorts stehen wir gut da", heißt es im Potsdamer Wirtschaftsministerium.

Was macht es da, dass Zalando damit Schlagzeilen macht, dass die Mitarbeiter unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten. Nur ein Toilettencontainer in der Halle, Überwachung etc.

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Was verbindet mich bis heute mit der Kommunistischen Partei in Deutschland?

Dem Namen nach war ich nie Mitglied dieser Partei. Aber meine Herkunft hat etwas damit zu tun. Mein Vater, Jahrgang 1895 war gelernter Zimmermann. 1914 wurde er Soldat der Sächsischen Armee und musste in den Krieg. Danach suchte er Arbeit und fand sie im Ruhrgebiet. Da hatte er auch Kontakt zu Genossen und wurde 1920 Mitglied der KPD. Als Kommunist und erfahrener Soldat kämpfte er in der "Roten Ruhrarmee" gegen den Kapp-Pusch. Das führte dazu, dass er aus dem Ruhrgebiet, obwohl er inzwischen mit meiner Mutter aus Essen verheiratet war, ausgewiesen wurde und nach Hause musste. Da fand er wieder Anschluss an die KPD. Dort war er u.a. als Mitglied des Roten Frontkämpferbundes aktiv. Er schützte z.B. Max Holz bei seinem Besuch in Chemnitz.

Aber diese Mitgliedschaft endete mit dem Machtantritt der Faschisten und seiner "Sicherheitsverwahrung" durch die SA am 3. Mai 1933. Das KZ überstand er in Sachsenburg, weil er in Bautzen in Haft kam, bevor die SA-Führung durch die SS abgelöst wurde. Nach der Haftentlassung war er parteilos und "wehrunwürdig". Im Oktober 1944 wurde er ins Strafbataillon 999 eingezogen und der Krieg endete für ihn als Kriegsgefangener der US-Armee auf den Rheinwiesen. Anfang 1946 kam er zurück nach Chemnitz. 1946 trat er wieder der nun zugelassenen KPD bei. Jetzt hatte er Probleme bei der Diskussion über die Vereinigung von KPD und SPD. Mit Sozialdemokraten, die er kannte und der Partei, von der er über ihre schlimme Rolle vor 1933 wusste, in einer Partei?

Als sehr junges Mitglied der Antifa-Jugend hatte ich viel von Hermann Matern (KPD) und Otto Buchwitz (SPD) über die Geschichte erfahren und konnte mit Vater darüber reden. Er wurde als Kommunist Mitglied der SED, bis zu seinem Tode. Ich, inzwischen seit Dezember 1948 auch Mitglied der SED, fand in der Partei meine politische Heimat, als "Kommunist"! Das blieb ich mit vielen Funktionen, die höchste: Mitglied der Zentralen Parteileitung im Apparat des ZK der SED. Ich wurde dann auch Mitglied der PDS. Bis zur Entschuldigung führender Vertreter dieser Partei des "Demokratischen Sozialismus" für die Sicherung der Staatsgrenze der DDR und die "Zwangsvereinigung". Da wurde ich ein parteiloser Kommunist. Mein Freund und Genosse Erich Kundel fand früher einen anderen Weg. Er wurde in Eggersdorf Mitglied der DKP, Herausgeber der kommunistischen "Roten Kalenderblätter". Über ihn kam mein Kontakt zur DKP von Brandenburg. Der besteht bis heute. Die Zeitung "Roter Brandenburger" erreicht mich jeden Monat. Sie finde ich interessanter als die UZ, die ich seit Jahren mit der Sympathie zur KP abonniert habe.

Werner Ettelt

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"Der Schrei"

Die Bilder des norwegischen Malers Edvard Munch mag ich, sie sprechen mich an. Er gilt als einer der Wegbereiter des Expressionismus. Seine dynamischen Kompositionen, ihre starke Symbolkraft und ihre subtile Farbigkeit erregen mich, fordern zum Nachdenken, lösen insofern Freude aus. Von seiner Kunst geht Theatralisches aus, Mitreißendes. Wenn ich das Bild "Der Schrei" ansehe, 1892 von ihm für einen deutschen Kaufmann gemalt - Auftragskunst sozusagen -, kommt mir sein Satz in den Sinn: "Ich fühlte das große Geschrei durch die Natur." Das war des Malers Gedanke, "Der Schrei" vielleicht sein Beweggrund, das Thema bildkünstlerisch zu formulieren. Meine Interpretation bezieht sich, seit ich das Bild kenne, auf gesellschaftliche Zustände. Verzweiflung, Wut, ja auch Ohnmacht über den alles beherrschenden Grundwiderspruch in der kapitalistischen Gesellschaft. Mag sein, Munch wollte das nicht vermitteln, ich sehe es so. Und ich fühle mich bestärkt, seit Anfang Mai diesen Jahres, als eine der vier Versionen des Bildes in New York für schlichte 120 Millionen Dollar versteigert wurde, wie es hieß. Der es ersteigerte, blieb zunächst anonym. Völlige Maßlosigkeit ist sicher ein sehr schmeichelhafter Begriff für einen Vorgang, der so perfide ist, dass "Der Schrei" nicht mehr anders interpretiert werden kann, als die Auflehnung gegen völlig ausgerastete, schamlose und alles verachtende Geldsäcke. Diese Auktion ist eine so schäbige Aktion, dass im "Schrei" von Munch nur noch das Symbol für den Aufschrei im Ringen um eine gerechtere Welt zu sehen ist.

Till

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Der rote Bücherwurm empfiehlt

"Die Garnisonkirche braucht niemand"

von Dr. Frank Baier

1732 ließ Friedrich-Wilhelm I. die "Königliche Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam" erbauen. Schon kurz nach ihrer Einweihung bekam sie vom Volksmund den Beinamen "Geisterhöhle". Warum wohl? Für das Volk wurde diese Kirche nicht errichtet. Der Besuch war dem Hof und seiner Soldateska vorbehalten. Über zweihundert Jahre, bis zur Zerstörung 1945, vereinigte diese "Kirche, Krone, Kanonen und Krieg" (Karl Gass). Ihr militärischer Charakter war überall sichtbar. Wohin das Auge blickte, es spukte nur so von kriegerischer Symbolik - man denke allein an die Kanonenkugel auf dem hohen Turm, die behelmten Engel über der Orgel oder an den zur Sonne aufsteigenden Adler, mit seinen furchterregenden Krallen.

Seit 1990 wurden im vereinigten Deutschland die sogenannten preußischen Tugenden wieder großgeschrieben. Wen wundert da noch die Absicht von ehemaligen Bundeswehroffizieren und andere Korpsgeistern, die Garnisonkirche wieder aufzubauen, mit der Begründung "ihrer Bedeutung als Kunst- und Kulturdenkmal, als Hauptwerk des preußischen Barocks". Schließlich sei sie ja "eng mit der preußisch-deutschen Geschichte verbunden" und stehe symbolisch sowohl "für den Aufstieg der jungen preußischen Hohenzollern-Monarchie" als auch "für den Untergang Preußens". Der "Tag von Potsdam", an dem Hitler vor der Garnisonkirche, in gespielter Demutshaltung, den Handschlag Hindenburgs empfing, wird von den Befürwortern als Missbrauch hingestellt.

Das Vorspiel begann 1984 in der westdeutschen Industriestadt Iserlohn. Auf Initiative von Oberst a.D. Max Klaar gründete man dort die "Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel e.V.". Zu den Vereinszielen gehörte der originalgetreue Nachbau des Glockenspiels der ehemaligen Garnisonkirche. Erst sieben Jahre später, 1991, konnte es der Stadt Potsdam feierlich als Geschenk übergeben und damit der Weg frei gemacht werden für den Wiederaufbau der gesamten Kirche. Doch - ob die Glocken jemals wieder den Stundenchoral "Üb' immer Treu und Redlichkeit bis an dein kühles Grab und weiche keinen Finger breit von Gottes Wegen ab", auf die Potsdamer Bürger herabläuten dürfen, hängt von der Geduld der Menschen ab, die sich seit Jahren gegen den Wiederaufbau wehren.

Zu den schärfsten Kritikern dieses umstrittenen Bauvorhabens gehört Dr. Frank Baier, Wissenschaftler, Freidenker und Mitglied der Potsdamer Friedenskoordination. In seinem jüngst herausgegebenen Buch "Die Garnisonkirche braucht niemand", hat er die ganze Misere um Preußen und seine unselige Kirche zusammenfassend dargestellt, deutsche Geschichte im Spiegel alter und neuer Traditionen beleuchtet. Das Buch ist im Gegensatz zur Garnisonkirche notwendig, weil es aufdeckt und zeigt, welche Kräfte und Tendenzen hinter den Bemühungen um den Wiederaufbau stehen. Baier lässt die Preußenkönige Revue passieren. Er erleuchtet den Zusammenhang zwischen dem Mythos der Reichsgründung 1871 als Weiterführung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Er analysiert die Motive, die zu dem Attentat der Offiziere des 20. Juli 1944 geführt hatten u.v.m. Wäre doch mit dem Potsdamer Abkommen das Kapitel deutsche Geschichte als Militärgeschichte zu Ende geschrieben worden!

Über zweihundert Jahre belegen die Bedeutung der Garnisonkirche für "die Ausnutzung des christlichen Glaubens zur Errichtung der hegemonialen deutschen Ziele." Machthaber aller Coleur ließen in diesem unheiligen Haus die Dankgottesdienste für ihre Siege abhalten, und empfingen hier den göttlichen Segen für die bevorstehenden Kriege, den Rekruten trieb man die Angst aus, vor dem sinnlosen Sterben fürs Vaterland. In dieser Kirche wurden christliche Botschaften ad absurdum geführt, bzw. "dem Dienste der Macht geopfert".

Für Dr. Frank Baier ist die "positive Darstellung Preußens - verbunden mit dem seit langem beabsichtigten Wiederaufbau der Garnisonkirche" - keine Einzelerscheinung. Diese und ähnliche Tendenzen "fügen sich ein in einen seit Jahren laufenden Prozess der Militarisierung der Politik, in dem Krieg wieder zur Normalität und die Verbrechen der Vergangenheit bagatellisiert werden sollen." Baier befürchtet zu Recht, dass mit der Wiedererrichtung nur ein weiterer Wallfahrtsort für neofaschistische Umtriebe geschaffen würde - niemals ein Ort der Besinnung, wie es uns die Befürworter weismachen wollen. Seiner Meinung nach sollte gerade von Deutschland ein Umdenken ausgehen, damit es keiner Gedenkstätte mehr für preußische Un-Tugenden bedarf.

Ulla Ermen


Frank Baier: Die Garnisonkirche braucht niemand
spottless im Verlag Das Neue Berlin 2012; 95 Seiten - 5,95 EURO


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Redaktionsschluss für Nr. 10/2012: 10. September 2012

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Quelle:
Roter Brandenburger 7-8/2012, 17. Jahrgang
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2012