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VORWÄRTS/778: Portugal - Drei Millionen im Arbeitskampf


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 43/44/2011 vom 2. Dezember 2011

Drei Millionen im Arbeitskampf

von Siro Torresan


Am 24. November erlebte Portugal dem grössten Generalstreik im öffentlichen und privaten Sektor seiner Geschichte. Es war eine beeindruckende Antwort der Arbeiterinnen auf die Spar- und Privatisierungspläne der Regierung.


Bereits an der Pressekonferenz um 13h00 stand für den allgemeinen portugiesischen Gewerkschaftsbund CGTP-Intersindical fest: "Dies ist der grösste Generalstreik der portugiesischen Geschichte, im öffentlichen und im privaten Sektor. Seine Ziele entsprechen der notwendigen Antwort auf die Probleme und den Begehren der Portugiesen". Die CGTP-IN begrüsst die Werktätigen für die "Anstrengung und die Opfer, mit denen sie einen gewaltigen Beitrag zu diesem Generalstreik geleistet haben". Der Gewerkschaftsbund bekräftigt die "Notwendigkeit der Mobilisierung der Werktätigen und der Portugiesen" zur Suche nach Alternativen im Sinne von "Investitionen, Beschäftigung und Schaffung eines Zukunftsprojekts für das Land".

Der Nah- und Fernverkehr (per Flugzeug, Eisenbahn, Bus, Fähre, Metro) wurde weitgehend lahmgelegt. Die Streikenden erzwangen die ganztägige Schliessung der wichtigsten Häfen, Bahnhöfe und Verkehrsbetriebe. Sehr hoch war die Streikbeteiligung naturgemäss bei den öffentlichen Angestellten, die am direktesten von der Sparpolitik der Regierung betroffen sind. Nach allen vorangegangenen Verschlechterungen (Kürzungen von Lohn- und Rentenansprüchen, Beschneidung von Rechten, Streichung von Stellen, Aufhebung oder Privatisierung von Dienststellen), welche die Öffentlichen schon unter der SP-Regierung Sócrates erlitten haben, will die neue PSD/CDS-Regierung Passos Coelho ihnen nun unter anderem die Weihnachts- und Ferienzulagen streichen. Zudem will die Regierung grosse Staatsbetriebe wie die Fluggesellschaft TAP, die öffentliche Radio- und Fernsehgesellschaft RTP privatisieren und die Staatsbeteiligung am Energieunternehmen EDP und anderen Konzernen abwerfen. Fast alle öffentlichen Ämter waren vom Streik stark betroffen. Viele Dutzende von Postämtern und Hunderte von Schulen wurden geschlossen, da man in diesen Betrieben mit einer hundertprozentigen Streikbeteiligung rechnete. Bei den LehrerInnen herrscht eine ausgezeichnete Kampfstimmung. Ihre kämpferische Gewerkschaft Fenprof (Federação Nacional de Professores) weiss fast den gesamten Lehrkörper des Landes hinter sich. Dem Streikaufruf folgten auch die Mehrheit der ProfessorInnen an den technischen Hochschulen und Universitäten.


Wuchtige Beteiligung des Privatsektors

Auch in der Privatwirtschaft haben die Arbeiter und Angestellten Anlass genug zum Streik gesehen. Die Regierung hat die tägliche Arbeitszeit für alle um eine halbe Stunde verlängert, ohne Lohn versteht sich. Die Verlängerung des Arbeitstags ist die Steigerung der Ausbeutung in ihrer rohesten Erscheinungsform: indem der Verschleiss der Arbeitskraft heraufgesetzt wird, entsteht ein absoluter Mehrwert. Im wichtigsten Industriepark des Landes rund um Palmela, wo mehrere ausländische Konzerne tätig sind, erreichte die Streikbeteiligungen in vielen Betrieben 90 Prozent und mehr. Im grossen Volkswagen-Werk Autoeuropa streikten 95 Prozent der ArbeiterInnen. Viele der grossen Betriebe der Textilerzeugung und Verarbeitung und der Schuhindustrie standen still.


Quelle: Kommunisten.ch


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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 43/44/2011 - 67. Jahrgang - 2. Dezember 2011, S. 4
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2011