Schattenblick →INFOPOOL →MEDIEN → ALTERNATIV-PRESSE

VORWÄRTS/958: Proteste in Kolumbien


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 31/32 vom 13. September 2013

Proteste in Kolumbien

von Thomas Schwendener



In Kolumbien haben sich Bauernproteste zu einer landesweiten Protestwelle ausgeweitet. Die Protestbewegung ist die grösste und heftigste in der jüngeren Geschichte Kolumbiens.


Auslöser der massiven Proteste in Kolumbien waren Bauerndemonstrationen, die vor allem von den KaffeepflanzerInnen angeführt wurden. Diese leiden unter einem Zerfall des Kaffeepreises und sind auf staatliche Subventionen angewiesen. Die von der Regierung zugesagten Zahlungen hätten die Kaffee-BäuerInnen nie erreicht, erklärten diese. Dem Protest schlossen sich ArbeiterInnen weiterer Landwirtschaftssektoren an. Gemeinsam verlangen sie weitere Subventionen, die Vergüngstigung der Betriebsmittel, bessere Arbeitsbedingungen, erleichterten Zugang zu Land sowie landwirtschaftliche Reservezonen für KleinbäuerInnen. Ausserdem werden Freihandelsabkommen kritisiert, die unter anderem mit den USA und Europa geschlossen wurden und die die meisten Probleme der BäuerInnen erst verursacht hätten.


Ausweitung der Proteste

Die Regierung in Bogota zeigte sich vorerst kaum verhandlungsbereit und verwies darauf, dass bereits genügend Subventionen geflossen und die Mittel ausgeschöpft seien. Die sture Haltung der Regierung sowie ihre aktuelle Politik zogen nicht nur den Unmut der BäuerInnen auf sich. Mittlerweile haben sich LastwagenfahrerInnen und BergarbeiterInnen den Streiks und Protesten angeschlossen. Erstere protestieren gegen die im Februar erfolgte Erhöhung der Treibstoffpreise. Die BergarbeiterInnen fordern bessere Arbeitsbedingungen sowie eine Lockerung von Beschränkungen gegen den informellen Bergbau. Zu diesen beiden Gruppen sind kürzlich die Angestellten des Gesundheits- und Bildungswesens sowie die StudentInnen gestossen. In verschiedenen Städten kämpfen sie gegen eine Liberalisierung des Gesundheitswesens sowie für die Begleichung ausstehender Abfindungen und Rentenzahlungen.

In Bogota und anderen Städten ging die Polizei gewaltsam gegen die Proteste vor. Nachrichtenagenturen berichten von bis zu vier Todesopfern. Allein in der Hauptstadt wurden nach einer 30.000 Protestierende umfassenden Demonstration fast 150 Menschen verletzt und 40 festgenommen. Die Regierung versucht mittlerweile, die Proteste mit Hilfe des Militärs in den Griff zu bekommen; 50.000 Soldaten sollen dafür eingesetzt werden.


Aussicht auf Verhandlungen?

Präsident Juan Manuel Santos stellte einige Verbesserungen der Lage der BäuerInnen in Aussicht und setzt auf den Dialog mit den Protestierenden. Sein Landwirtschaftsminister kündigte Verhandlungen an, falls der Streik und die Strassenblockaden beendet würden. Die DemonstrantInnen zeigen sich aber entschlossen, auf der Strasse zu bleiben. Der Sprecher der Bauerngewerkschaft, César Pachón, begründete dies so: "Wir haben der Regierung zweimal geglaubt (...), als sie uns sagten: Hebt die Blockaden auf und wir verhandeln. Wir taten das - und was haben sie gemacht? Einige öffentliche Akte und Debatten. Es können Jahre vergehen und es wird keine Resultate geben."

Der kolumbianische Verteidigungsminister Juan Carlos Pizon wiederum schaltet auf stur. Er bezeichnete die DemonstrantInnen als "Vandalen und Verbrecher mit finsteren Absichten im Dienste der FARC-Rebellen. Objektiv stärken die Proteste die Position der FARC in den aktuellen Friedensverhandlungen. Die Agrarreformen ist eines der entscheidenden Themen in den laufenden Verhandlungen.

*

Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 31/32/2013 - 69. Jahrgang - 13. September 2013, S. 5
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
und ihre Deutschschweizer Sektionen
Redaktion: Vorwärts, Postfach 2469, 8026 Zürich
Telefon: 0041-(0)44/241 66 77,
E-Mail: redaktion@vorwaerts.ch
Internet: www.vorwaerts.ch
 
vorwärts erscheint 14-täglich,
Einzelnummer: Fr. 4.-
Jahresabo: Fr. 160.-, reduziert (AHV, Stud.) 110.-
Probeabo: 4 Ausgaben gratis


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2013