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VORWÄRTS/988: Legalisierung von Cannabis - Die "da oben" machen Dampf


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 3/4 vom 31. Januar 2014

Die "da oben" machen Dampf

von Michi Stegmaier



Seit der Legalisierung von Cannabis im US-Bundesstaat Colorado und in Uruguay kommt neuer Schwung in die in den letzten Jahren etwas eingeschlafene Debatte rund um die Entkriminalisierung des Kiffens. Ausgerechnet aus Genf kommt nun ein neuer Vorstoss.


Wie die "Rundschau" in der Sendung vom 15. Januar berichtete, will ein in Genf gegründetes überparteiliches Komitee das Kiffen mittels sogenannter "Cannabis Social Clubs" legalisieren. Diese Ankündigung kommt insofern überraschend, als die Romandie bis anhin nicht gerade als Kifferparadies bekannt war. Doch das könnte sich jetzt ändern. Das Genfer Projekt erhofft sich neben einer Entkriminalisierung der KonsumentInnen vor allem dem illegalen Handel den Boden zu entziehen.


Spanisches Vorbild

Die Genfer Projektgruppe orientiert sich stark an den "Cannabis Social Clubs, die seit ein paar Jahren in ganz Spanien zu finden sind. Alleine in Barcelona existieren derzeit über 300 Klubs, wo sich Mitglieder legal und zum Selbstkostenpreis mit Cannabis eindecken können. Die Klubs sind als gemeinnützige Vereine organisiert und erwirtschaften keinen Gewinn. Zwar ist in Spanien der Konsum von Cannabis auf dem Papier weiterhin strafbar, trotzdem erklärten verschiedene spanische Gerichte diese Praxis für legal. Seither kommt es zu einem wahren Boom von gemeinnützigen Vereinen, die gemeinsam Cannabis anbauen, die Mitglieder über allfällige Nebenwirkungen beraten und für jeden Kleindealer ein Graus sind.

Geht es nach dem Willen der Genfer Parteien, ausser der SVP, soll dieses Modell auch in der Schweiz Fuss fassen. Zwar rechnet man in Genf mit Ärger aus Bern, betont aber, dass man zum zivilen Ungehorsam bereit sei und auch ohne gesetzliche Grundlage an den Plänen festhalten werde. Oder wie es der Präsident der Projektgruppe, der Soziologieprofessor Cattacin, gegenüber der Rundschau formulierte: "Ich gehe davon aus, dass es zu Experimenten in den Kantonen kommen wird, die vielleicht von Bern mit Skepsis angeschaut werden, aber dann irgendwie toleriert werden würden, denn Bern kann ja nicht die Armee in die Städte schicken."


Schluss mit der Kriminalisierung

Zwar gab es in der Vergangenheit immer wieder Vorstösse für eine Legalisierung, aber entweder wurden die entsprechenden Volksbegehren von den Behörden jahrelang verschleppt, oder die "Legalize it"-Bewegung ist über ihre eigene Unfähigkeit und Entpolitisierung gestolpert. Was angesichts grassierender Verschwörungstheorien und einer gewissen Autoritätsgläubigkeit in der Kifferszene nicht weiter verwunderlich ist. Statt Klartext zu sprechen und deutlich zu sagen, dass Cannabis zwar eine Droge ist, aber eben aus der heutigen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken sei, versuchte die Hanflobby mit allerlei Andichtungen über potentielle medizinische Wunderwirkungen des grünen Krauts eine Freigabe herbei zu schwatzen. Bleibt zu hoffen, dass die Hanflobby diesen Steilpass aus der Politik nutzt und nun von unten eine neue Debatte für eine vollständige Legalisierung lanciert, denn was Uruguay kann, können wir doch alleweil!

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 3/4/2014 - 70. Jahrgang - 31. Januar 2014, S. 3
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Februar 2014