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VORWÄRTS/1591: Weisse Rose, blühe! - 99 Jahre Sophie Scholl


vorwärts - die sozialistische zeitung, Nr. 07/08 vom 28. Februar 2020

Weisse Rose, blühe!

von Sabine Hunziker


99 Jahre Sophie Scholl: Die 1921 geborene Widerstandskämpferin gegen den deutschen Faschismus wurde aufgrund ihres Engagements in der Gruppe "Weisse Rose" ermordet. Was meint widerständiges Kämpfen heute?

Rosen können nicht nur Farben und Düfte haben. Wenn der Stock winterfest verpackt wird, kann es sein, dass die Blumen auch im kommenden Frühjahr und Sommer ihre Blüten in voller Pracht entfalten können. Die weisse Rose steht mit ihrer Farbe seit der Gruppe um Sophie und Hans Scholl für Toleranz und Humanität, mit ihrer Fähigkeit, dem Winter trotzen zu können, auch für nötige Kontinuität des antifaschistischen Kampfes.


Widerstand ist Pflicht ...

Praktisch sah der Widerstand der Rose anfangs der 1940er-Jahre wie folgt aus: Mitglieder in München verschickten ihre aufklärerischen Flugblätter, legten sie in Telefonkabinen oder in Wartesälen hin. Auch in anderen Städten wie Berlin, Hamburg oder Wien wurden Aktionen durchgeführt. Sophie Scholls Mitarbeit bestand in der Herstellung und Verbreitung der Flugschriften, deren Inhalt sich in kurzer Zeit radikalisierte, vom passiven Widerstand bis hin zum Aufruf zum Sturz der Hitler-Regierung.

Insgesamt sechs Flugblätter verfasste und verbreitete die Münchner Widerstandsgruppe. Ein wichtiger Punkt, der in der dritten Schrift dargelegt wurde, gilt noch heute: Widerstand gegen einen verbrecherischen Gewaltstaat ist (sittliche) Pflicht. Jede*r Einzelne soll versuchen, den Nationalsozialist*innen in seinem jeweiligen Lebensumfeld entgegen zu treten und zwar entsprechend der damaligen Situation: So sind beispielsweise rüstungs- und kriegswichtige Betriebe aufgelistet, um Sabotageakte durchzuführen. Aufgerufen wurde auch, Versammlungen sowie Kundgebungen durchzuführen, oder auch Organisationen und Gruppen gegen die nationalsozialistische Partei zu gründen.


... auch heute noch!

Die Botschaft rund um die "Weisse Rose" lautet: Jede*r ist in der Lage, etwas beizutragen zum Sturz des Faschismus. Bald wurde die Gestapo auf diese antifaschistischen Aktionen aufmerksam und es lief eine intensive Fahndung nach den Aktivist*innen. 1943 schnappte die Falle zu. Sophie und Hans Scholl wurden mit Flugblättern in der Münchner Universität verhaftet. Tage später und nach intensivem Verhör der Gestapo wurden die Geschwister Scholl von Vertretern des nationalsozialistischen Regimes ermordet - so wie viele andere Aktivist*innen im Widerstand und mit unterschiedlichen linken Ausrichtungen. 99 Jahre Sophie Scholl - und zum Glück gibt es keinen Nationalsozialismus mehr. Doch der Faschismus ist nicht tot. Wie er bereits vor der "Machtergreifung" von Adolf Hitler da war, so ist er auch heute präsent.

Aktuell hat die rechte Ideologie in der Corona-Krise ein Sprachrohr. Sie sammelt sich unter dem Deckmantel der "Menschenrechte". Oft werden Geflüchtete als Überträger*innen des Virus dargestellt und in den Demonstrationen tummeln sich Personen aus der rechtsextremen Szene oder aus einschlägig bekannten Parteien. Aber auch der Widerstand ist wachsam, denn er weiss: Jede*r ist in der Lage, etwas beizutragen!

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Quelle:
vorwärts - die sozialistische zeitung.
Nr. 17/18 - 76. Jahrgang - 22. Mai 2020, S. 10
Herausgeberin: Verlagsgenossenschaft Vorwärts, PdAS
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2020

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