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MELDUNG/753: Medienstudie der TU Dortmund registriert "Entsetzen" über Brexit-Entscheidung (idw)


Technische Universität Dortmund - 03.08.2016

Medienstudie der TU Dortmund registriert "Entsetzen" über Brexit-Entscheidung



Grafik zur Brexit-Medien-Studie: Is Brexit good for EU or Britain? - © TU Dortmund

Grafik zur Brexit-Medien-Studie
© TU Dortmund

Mit einer überwältigenden Mehrheit haben die Zeitungen in Europa und den USA negativ über das Brexit-Votum berichtet - während Russland den Brexit feiert: Das zeigt eine Studie der TU Dortmund zur Medienberichterstattung in 13 Ländern in der Woche nach dem Brexit-Referendum. Prof. Susanne Fengler, Professorin für internationalen Journalismus an der TU Dortmund: "Erstaunlich ist, wie skeptisch die Medien selbst in EU-kritischen Ländern wie Ungarn und Tschechien den Brexit bewerten. Ein möglicher Grund: In ganz Osteuropa ist die Sorge groß, dass Russland von einem Zerfall der EU profitieren wird."

Die Studie wurde vom Erich-Brost-Institut für internationalen Journalismus in Europa an der TU Dortmund - im Rahmen des TU-Projekts European Journalism Observatory (EJO) - durchgeführt. Für seine Analyse nahm das Team des European Journalism Observatory in Kooperation mit dem Reuters Institute der Universität Oxford die Berichterstattung von jeweils drei Zeitungen aus zwölf europäischen Ländern sowie Russland und den USA über den Brexit zwischen dem 25. Juni und 1. Juli 2016 unter die Lupe. Insgesamt wurden hierbei in den dreizehn Ländern 2.127 Artikel aus Zeitungen unterschiedlicher politischer Richtungen kodiert.


Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

• In allen europäischen Untersuchungsländern heben die Medien die negativen Folgen des Brexit-Votums hervor: 56 Prozent der Artikel wurden von den Forscherinnen und Forschern als "anti-Brexit" bewertet. Nur acht Prozent der Beiträge wurden als "pro-Brexit" betrachtet, 36 Prozent als "neutral". "Anti-Brexit"-Artikel überwiegen eine Woche nach dem Referendum auch in Großbritannien selbst - wo zuvor zwei der drei untersuchten Zeitungen die Brexit-Kampagne unterstützt hatten. Selbst in EU-Staaten, die - wie Polen und Portugal - derzeit mit politischen bzw. wirtschaftlichen EU-Sanktionen konfrontiert sind, dominieren kritische Berichte. Thematisiert werden die Gefahren eines EU-Austritts für die EU und Großbritannien selbst, aber auch für das eigene Land. Quer durch Europa argumentieren Medien, dass das Brexit-Votum ein Schlaglicht auf Fehlentwicklungen in der EU wirft.

• Die größte Anzahl von Beiträgen über den Brexit findet sich in den EU-Gründungsstaaten Deutschland und Italien. Hier heben die Zeitungen am deutlichsten den Reformbedarf innerhalb der EU hervor. Erstaunlich: Auch in den EU-kritischen Staaten Ungarn und Tschechien stellen die untersuchten Medien die negativen Folgen eines EU-Austritts Großbritanniens in den Vordergrund. Quer durch Europa heben die Zeitungen insbesondere schädliche Auswirkungen auf die nationalen wirtschaftlichen Interessen hervor. So warnen osteuropäische Zeitungen vor den Folgen des Referendums für osteuropäische Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter in Großbritannien, während portugiesische Zeitungen Einbrüche beim Tourismus befürchten.

• Nur wenige europäische Medien - darunter die zum Berlusconi-Imperium gehörige Zeitung Il Giornale - bewerten das Brexit-Votum positiv. Grundsätzlich stehen linksliberale Medien quer durch Europa dem Votum kritischer gegenüber als konservative Medien, die in allen europäischen Ländern mehr Verständnis für den Ausgang des Referendums zeigen.

• Auch die traditionell sehr auf Innenpolitik fokussierten US-Medien haben überraschend intensiv über das britische Referendum berichtet. Ein zentraler Aspekt in der Berichterstattung US-amerikanischer und osteuropäischer Medien ist die Frage, wie stark Russland von einem EU-Austritt Großbritanniens profitieren wird. In der Tat bewerten die untersuchten Artikel staatsnaher russischer Medien den Brexit positiv. Selbst liberale russische Medien halten sich mit Bewertungen erstaunlich zurück.


Grafik zur Brexit-Medien-Studie: Number of Brexit Articles by Country - © TU Dortmund

Grafik zur Brexit-Medien-Studie
© TU Dortmund


Weitere Informationen unter:
http://de.ejo-online.eu/internationales/brexit-so-haben-die-zeitungen-in-europa-berichtet

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution12

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität Dortmund, Martin Rothenberg, 03.08.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. August 2016

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