Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FACHMEDIZIN

ONKOLOGIE/1275: Antidepressivum als neue Leukämietherapie (idw)


Westfaelische Wilhelms-Universität Münster - 16.03.2012

Antidepressivum als neue Leukämietherapie

Epigenetischer Behandlungsansatz / Antidepressivum in Kombination mit einem dem Vitamin A verwandten Wirkstoff kann als Therapie bei Leukämie wirksam sein / Publikation in "Nature Medicine"


Ein Antidepressivum in Kombination mit einem dem Vitamin A verwandten Wirkstoff kann als Therapie bei Leukämie wirksam sein. Dies hat eine internationale Forschungsgruppe herausgefunden, in der Einrichtungen aus London, Münster und Toronto kooperieren. Die Erkenntnisse der Wissenschaftler wurden jetzt in der renommierten Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlicht.

Bei einer seltenen Form der Akuten Myeloischen Leukämie (AML) ist schon jetzt ein Präparat, das auf einer Vitamin-A-Säure (ATRA) basiert, eine sehr wirksame Therapie. Allerdings ist eine Behandlung damit bei anderen Leukämien unwirksam. Neue Forschungsergebnisse zeigen nun, dass der differenzierende Effekt von ATRA durch die gleichzeitige Behandlung mit dem Antidepressivum Tranylcypromin (TCP) deutlich verbessert werden kann. In ihrer Veröffentlichung konnten die Autoren belegen, dass die Kombination von TCP und ATRA zu einer starken Differenzierung von Leukämiezellen führt.

"ATRA hat bereits jetzt eine seltene Form der Akuten Leukämie in eine gut behandelbare Erkrankung überführt. Wir haben nun einen Weg gefunden, diese sehr wirksame Behandlung möglicherweise auch auf andere Leukämien auszuweiten" sagt Dr. Arthur Zelent vom Institute for Cancer Research in London. Bisher war unklar, warum andere Formen der Leukämie nicht auf ATRA ansprachen. In der aktuellen Studie zeigte sich, dass ein molekularer Block existiert, der durch das Antidepressivum überwunden werden konnte. Von der Medizinischen Fakultät der Universität Münster und dem Universitätsklinikum waren die Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Carsten Müller-Tidow und Prof. Dr. Martin Dugas wesentlich an der Untersuchung beteiligt.

Müller-Tidow, in dessen Labor die Untersuchungen an primären Leukämiezellen durchgeführt wurden, sagt zu den Ergebnissen: "Es ist erstaunlich zu sehen, wie durch Hinzunahme des Antidepressivums der Effekt von ATRA auf die Leukämiezellen verstärkt wird. Die Behandlung von Leukämiezellen durch solche gezielten Therapien ist ein sehr hoffnungsvoll stimmender Ansatz." Prof. Dr. Martin Dugas ergänzt: "Bei den von uns durchgeführten bioinformatischen Analysen zeigte sich eindeutig, dass ein gezielter, epigenetischer Effekt dem Therapieerfolg zugrunde liegt." Unter Leitung von Prof. Müller-Tidow planen die Ärzte und Wissenschaftler nun die Durchführung einer klinischen Studie, bei der ATRA gemeinsam mit dem Antidepressivum bei Patienten mit akuten Leukämien eingesetzt werden soll.

Die Planung ist weit fortgeschritten; das Projekt kann vermutlich in diesem Sommer starten. Insgesamt, so das Forscherteam, zeigten die Ergebnisse, dass neue Therapieansätze mit epigenetischen Therapien auch neue Hoffnung im Kampf gegen eine noch immer lebensbedrohliche Erkrankung bieten.


Redaktion:
Dr. Thomas Bauer
(E-Mail: thbauer@uni-muenster.de)

Literatur:
Schenk T. et al. (2012):
Inhibition of the LSD1 (KDM1A) demethylase reactivates the all-trans-retinoic acid differentiation pathway in acute myeloid leukemia.
Nature Medicine published online
(doi:10.1038/nm.2661)

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/nm/journal/vaop/ncurrent/full/nm.2661.html
Link zur Publikation

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution72


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster, Dr. Christina Heimken, 16.03.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. März 2012